Hämorrhoidentherapie – State of the Art 2017 · PDF fileHämorrhoidalleiden I Corpus cavernosum recti I Sklerosierungstherapie nach ... Insgesamt gibt es ca. 3,5 Millionen Be-handlungsfälle

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    Falk Gastro-Kolleg

    Falk Gastro-Kolleg 4/2017 | 1

    Dr. Bernhard Strittmatter

    Falk Gastro-Kolleg

    Darm

    Titelbild: Hmorrhoidenoperation im 12. Jahrhundert

    Hmorrhoidentherapie State of the Art 2017Zusammenfassung

    Das Hmorrhoidalleiden gehrt zu den hufigsten Erkrankungen in den Industrienatio-nen. Eine Behandlung sollte grundstzlich nur bei Auftreten von Beschwerden erfolgen. Die Therapiemglichkeiten reichen von konservativen Manahmen bis hin zur Operation streng symptomorientiert und stadienadaptiert. Operative Verfahren werden individuell gewhlt und entsprechend dem Befund und Ausma des Prolapses eingesetzt. Resezie-rende Verfahren gehen mit der geringsten Rezidivrate einher und gelten nach wie vor als Goldstandard.

    Schlsselwrter

    Hmorrhoidalleiden I Corpus cavernosum recti I Sklerosierungstherapie nach Blond I Gummibandligatur nach Barron I Operation nach Milligan-Morgan I Hmorrhoidenarterienligatur I Hmorrhoidektomie nach Ferguson mit Radiofrequenzexzision I Stapler-Hmorrhoidopexie nach Longo

    Dr. Bernhard StrittmatterPraxisklinik Die KoloproktologenWirthstr. A Freiburg

  • Falk Gastro-Kolleg 4/2017 | 2

    Hmorrhoidentherapie State of the Art 2017

    Einleitung

    Das Hmorrhoidalleiden ist eine der hufigsten Erkrankungen in den Industrienationen. Im Laufe ihres Lebens sind etwa 70% aller Erwachsenen irgendwann einmal betroffen.

    Die Therapie des Hmorrhoidalleidens ist abhngig vom Beschwerdebild des Patienten und reicht von konservativen Manahmen bis hin zur operativen Therapie. Asympto-matische Hmorrhoiden mssen nicht behandelt werden. In Deutschland liegt die Inzidenz fr eine rztliche Behandlung bei 4%. Insgesamt gibt es ca. 3,5 Millionen Be-handlungsflle pro Jahr, davon werden etwa 50.000 Patienten stationr operiert [1, 2].

    Definition und Pathogenese

    Beim Gesunden befinden sich oberhalb der Linea dentata arteriovense Gefpolster, das Corpus cavernosum recti (CCR), das zur Feinkontinenz des Sphinkterorgans beitrgt [3]. Bei unphysiologischer Hyperplasie dieser Gefe, die als Schwellkrper fungieren, spricht man von Hmorrhoiden, wenn zustzlich Beschwerden auftreten, vom Hmorrhoidalleiden.

    Die Ursache des Hmorrhoidalleidens ist multifaktoriell und wird auch in der Literatur kontrovers diskutiert [4]. Die genetische Disposition spielt in der tiopathogenese eine groe Rolle. So fhrt mglicherweise eine vense Abflussbehinderung zur Hyperplasie des CCR. Als gesichert gilt heute auch ein vernderter Kollagenstoffwechsel. Das CCR wird durch ein dichtes Netzwerk von glatt gestreiften Muskelfasern und Kollagenfila-menten im oberen Analkanal fixiert. Degenerative Vernderungen dieses Halteappa-rats haben eine Dislokation des Hmorrhoidalpolsters in den Analkanal zur Folge [3, 5]. Unsere Ernhrungsgewohnheiten mit faserarmer Ernhrung bewirken eine Druckstei-gerung im Kolorektum und fhren zu einem erhhten Sphinktertonus. Daneben spielen auch Umwelteinflsse sowie die chronische Obstipation und Pressen bei der Defka-tion eine Rolle.

    Diagnostik und Stadieneinteilung

    Die hufigsten Symptome beim Hmorrhoidalleiden sind peranale Blutung, gefolgt von Pruritus, Brennen und Nssen. Fortgeschrittene Stadien fhren zum Prolaps und zur Strung der Feinkontinenz und in ausgeprgten Fllen sogar zur Inkontinenz. Alle Symptome sind unspezifisch und knnen auch heimtckisch sein; so kann sich hinter vermeintlich harmlosen Hmorrhoiden ein Karzinom verbergen. In der Anamnese soll das individuelle Beschwerdebild, das fr die Therapiewahl entscheidend ist, eruiert werden.

    Diagnostik und Stadieneinteilung des Hmorrhoidalleidens erfolgen durch Inspektion, Palpation und Proktoskopie. Zustzlich sollte zum Ausschluss anderer Erkrankungen eine Rektoskopie und bei nicht sicherer Blutungsquelle eine Koloskopie erfolgen. Die Ausprgung der Hmorrhoiden wird nach Goligher mithilfe einer Grad- oder Stadien-einteilung klassifiziert [6] (Tab. 1).

    Stadieneinteilung nach Goligher

    Grad l: nur im Proktoskop erkennbare Vergrerung

    Grad II: beim Pressen auen sichtbar, spontane Retraktion

    Grad III: Spontanprolaps, manuelle Reposition mglich

    Grad IV: fixierter Prolaps, nicht reponibel

    P Das Hmorrhoidalleiden gehrt zu den am hufigsten vorkommenden Erkrankungen in den Industrienationen.

    P Die Therapie des Hmorrhoidalleidens ist abhngig vom Beschwerdebild des Patienten.

    P Die Ursache des Hmorrhoidalleidens ist multifaktoriell.

    P Die hufigsten Symptome beim Hmorrhoidalleiden sind peranale Blutung, Pruritus, Brennen und Nssen. Schmerzen sind eher atypisch.

    Tab. 1

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    Hmorrhoiden 1. Grades knnen nur mit dem Proktoskop exakt beurteilt werden. Mit der alleinigen Palpation knnen Hmorrhoiden nicht diagnostiziert werden. Hmor-rhoiden 2. Grades sind beim Pressen als prolabierende Hmorrhoidalkomplexe auen sichtbar und retrahieren sich wieder spontan. Bei Hmorrhoiden 3. Grades prolabieren die Hmorrhoiden spontan bei der Defkation und beim Pressen; sie knnen noch manuell reponiert werden. Bei Hmorrhoiden 4. Grades sind der gesamte Hmorrho-idalplexus und der Analkanal nach auen verlagert und der Anal- und Hmorrhoidal-prolaps ist fixiert und irreponibel. Der Prolaps kann nur segmentr oder komplett zir-kulr ausgeprgt sein. Diese Einschtzung spielt bei der operativen Verfahrenswahl eine wichtige Rolle.

    Hmorrhoiden 1. Grades

    Hmorrhoiden 3. bis 4. Grades

    Behandlungsziele beim Hmorrhoidalleiden

    Die Behandlungsziele beim Hmorrhoidalleiden sind:1. Beseitigung von Symptomen2. Wiederherstellung der Anatomie und Physiologie

    Die Therapie sollte symptomorientiert und stadienadaptiert erfolgen. Dies kann durch unterschiedliche Therapieanstze wie durch die Reduktion des arteriellen Zustroms, durch lokale Refixation der Mukosa und Submukosa, durch Resektion von berschs-

    P Hmorrhoiden 1. Grades knnen nur mit dem Proktoskop diagnostiziert werden.

    Abb. 1

    Abb. 2

    P Die Therapie sollte symptomorientiert und stadiengerecht erfolgen.

  • Falk Gastro-Kolleg 4/2017 | 4

    sigem Gewebe sowie durch die Refixation des Anoderms erreicht werden (Tab. 2). Oft werden die Therapieverfahren miteinander kombiniert. Auf keinen Fall darf das CCR ausgerottet werden.

    Therapieanstze

    Basistherapie Reduktion des arteriellen Zustroms lokale Refixation von Mukosa/Submukosa Resektion von berschssigem Gewebe Reposition des Anoderms

    Akute uere Hmorrhoiden

    Bei akuten sogenannten ueren Hmorrhoiden handelt es sich meist um Analvenen-thrombosen, die in der Regel konservativ oder durch Exzision in Lokalansthesie the-rapiert werden knnen. Ein seltener Notfall ist die akute Inkarzeration. Hierbei treten die Hmorrhoiden nach auen und es kommt zu einer Einklemmung des prolabierten Hmorrhoidalgewebes. Es entsteht ein sehr schmerzhafter Zustand, der mglichst rasch in Allgemeinnarkose reponiert werden muss. Eine Operation des zirkulren Pro-lapses sollte man im akuten Zustand mglichst vermeiden, da es zur Stenose und zu Kontinenzstrungen kommen kann. Nach Reposition und antiphlogistischen und anal-getischen Manahmen bildet sich das inkarzerierte Hmorrhoidalgewebe meist zurck.

    Konservative Therapie

    Prventive Manahmen sollten bei allen Patienten mit Hmorrhoidalleiden unab-hngig vom Stadium als Basistherapie eingeleitet werden. Im Vordergrund stehen die Umstellung der Ernhrung auf ballaststoffreiche Kost, ausreichende Flssigkeits-zufuhr, sportliche Bettigung und Verbesserung des Stuhlverhaltens mit Vermeiden von Pressen bei der Defkation. Diese basistherapeutischen Manahmen sind durch Studien gesichert. Eine Metaanalyse von 7 Studien zeigt in der Ballaststoffgruppe bei 47% eine signifikante Besserung von Pruritus, Nssen und Prolaps und bei 50% eine Reduktion der Blutung [7, 8].

    Medikamentse Therapie

    Mit adstringierend, anti-inflammatorisch, analgetisch oder lokalansthetisch wirken-den Suppositorien, Salben, Pasten oder Cremes knnen Symptome gelindert werden. Topische Glukokortikoide drfen nur kurzfristig gegeben werden, da eine Daueranwen-dung zur Atrophie der Haut fhren kann. Substanzen wie die Flavonoide haben bei systemischer Einnahme einen nachweisbaren vasoprotektiven und venentonisierenden Effekt und einen positiven Einfluss auf postoperative Blutungen [9]. Eine Cochrane-Analyse von 24 randomisierten kontrollierten Studien bei 2334 Patienten zeigt, dass die Phlebotonics einen signifikant positiven Effekt auf die in der Studie geprften Symptome wie Schmerzen, Blutungen, Pruritus und Nssen haben [10].

    Sklerosierungstherapie

    Therapie der Wahl bei Hmorrhoiden 1. Grades ist die Sklerosierungstherapie nach Blond oder Blanchard, wobei in Deutschland vorwiegend die Sklerotherapie nach Blond mit Ethoxysklerol (310%ig) angewendet wird. Hierbei wird das Verdungsmittel direkt in das Hmorrhoidalgewebe injiziert [11, 12]. In 7080% der Flle sistiert die Hmorrhoi-dalblutung nach der Sklerosierung. Zudem hat die Methode mit 0,76,5% eine relativ geringe Komplikationsrate. Nachteilig ist die hohe Rezidivquote, die im Langzeitver-lauf mit bis zu 70% angegeben wird [1].

    Tab. 2

    P Schmerzhafte uere Hmorrhoiden sind meist Analvenenthrombosen.

    P Topische Glukokortikoide drfen nur kurzfristig gegeben werden.

    P Therapie der Wahl bei Hmorrhoiden 1. Grades ist die Sklerosierungsbehandlung nach Blond.

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    Gummibandligatur nach Barron

    Bei Hmorrhoiden 1. und 2. Grades ist die Gummibandligatur (GBL) nach Barron das Verfahren der Wahl. Hierbei wird das berschssige Hmorrhoidalgewebe oberhalb der Linea dentata mit einem latexfreien Gummiring abgebunden. Die zustzliche In-jektion von Polidocanol in das ligierte Hmorrhoidalgewebe soll ein Abrutschen des Gummirings verhind