12
AU FSATZ E Hundert Jahre Schliissel-SchloD-Prinzip : Was fiihrte Emil Fischer zu dieser Analogie?"" Frieder W. Lichtenthaler" Emil Fischers Schliissel-Schlo&Prinzip, mit dem er die Spezifitat der Wirkung von Enzymen veranschaulichte, hat Ge- nerationen von Wissenschaftlern das mentale Bild der molekularen Erken- nungsprozesse geliefert und dadurch nicht nur die Entwicklung der Orgmi- schen Chemie nachhaltig beeinfluDt, sondern ebenso die der Biologie und der hlediziii durch U bertragung dieses Prin- zips auf elementare Lebensvorgange. DaB seit der erstmaligen Verwendung dieser uberaus fruchtbaren Hypothese einhundert Jahre vergangen sind, legt nicht nur nahe, uns ihre Bedeutung aus heutiger Sicht zii vergegenwartigen; fast wichtiger scheint, den kreativen Prozes- sen nachzuspuren und die konstruktiven Folgerungen nachzuvollziehen, die Fi- scher zur Schliissel-SchloB-Analogiege- fiihrt haben, und zu verfolgen, wie sich die Verwendung dieser Hypothese in an- dere Bereiche verlagerte. Dies versucht dieser Beitrag vor dem Hintergrund des damaligen Wissensstandes und der um 1890 vorherrschenden Ansichten; er of- fenbart unter anderem, dalj Fischers ausgepragte Abneigung gegen jede Art von Spekulation ihn davon abhielt, diese Analogie weiterzufuhren, d. h. sie auf die naheliegenden Fragen auszu- dehnen ,,Was dreht den Schlussel?" und ,,Welche Tiiren werden dann geoffnet?". Auljer einer geri ngfiigigen Verfeinerung des Bildes - der Unterscheidung von Haupt- und Spezialschliissel, urn dem Befund Rechnung zu tragen, daB einige Hefen eine groLlere Zahl von Hexosen vergaren als andere - finden sich nur Aussagen, die die Grenzen dieser Schlussel-SchloD-Hypothese darlegen, z.B. 1898: ,,Tch bin weit entfernt, diese Hypothese den ausgcbildeten Theorien unserer Wissenschaft an die Seite stellen zu wollen, und ich gebe gern ZLI, daB sie erst d a m eingehend gepruft werden kann, wenn wir imstande sind, die Enzy- me im reinen Zustand zu isolieren und ilire Configuration zu erforschen." Es waren andere, vornehmlich P. Ehrlich und F. Lillie durch ihre Einfuhrung des Stereokomplementaritatsprinzips in die Medizin und die Biologie, die die Schliis- sel-SchloD-Analogie quasi zu einem Dogma in der Erklarung elementarer Lebensprozesse werden lieBen. Ich halte Lehre und Studium der Izistorischen Entwicklung der W'issenschaft fir zinentbehrlich ... Unsere Lehrhiicher verscgen durin. Richard Willstattcr"' Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogiezur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen von Wissenschaftlern das mentale Bild der molekularen Erken- nungsprozesse geliefert und dadurch nicht nnr die Entwicklung der Organischen Cheinie maBgeblich beeinfluRt, sondern durch die Ubertragung auf elementare Lebensvorgange auch die der Biologie rind der Medizin. Fischers zukunftsweisende Arbeit. in der er die Schliissel- SchloB-Metapher zum ersten Ma1 verwendete, erschien 1594 in den Berichten dcr Deutschen Chemischen Gesellschaftt'zl. DaB [*I Prof. Dr. F. W Lichtenthaler Institut fiii Organische Chzinie der Technischen Hochschule PeterrenslraRe 22. D-64287 Demistadt 7elefax. Int. + 6153/16-6674 ["'I Nach einem Gedenkvortrap bei der European Research Conference .,Supram~lecufarChemistry: I00 Years SchJoD-Schlussel-Pdnzip" in Maim am 12. August 1994. seitdem ein Jahrhundert vergangen ist. bietet willkommenen Anlali, uns die Bedeutung dieser iiberaus fruchtbaren Hypothe- se zu vergegenwartigen und sie aus heutiger Sicht neu zu bewer- ten - und dies nicht nur aus historischen Grunden oder, um wichtige Fakten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, son- dern auch, um den kreativen Prozessen nachzuspiiren und die konstruktiven, logischen Folgerungen nachzuvollziehen, die letztlich dam gefuhrt haben. Diese zu erkennen und zu verste- hen ist sicherlich Voraussetzung dafur, die GroBe und Bedeu- tung von Fischers Arbeiten in ihrem historischen Zusammen- hang zu ermessen. Jeder Versuch, nach hundert Jahren dem nachzuspiiren. was Fischer zur Schlussel-SchloD-Analogie fuhrte, muD zum damali- gen Wissensstand und zu den um 1890 vorherrschenden Ansich- ten zuruckgehen, aber auch zu der wissenschaftlichen Schule, aus der Fischer hervorging. Fischer studierte zunichst. ab 1870, an der Universitat Bonn, an der er Vorlesungen von A. Kekulk und R. Clausius besuchte, iibersiedelte jedoch bereits 1872 an die Universitiit StraRburg, trat dort in den Wirkungskreis von Adolf Baeyer ein und promovierte bei ihm 1874 - im Alter von nur 22 Jahren. Ein Jahr spiiter, bereits selbstandjg in Baeyers Laboratorium arbeitend, entdeckte er durch Zufall das Phenyl- 2456 CJ VCH l+rlajy,rre~ellsthaft inhH, D-69451 Wemhem, 1994 00~4-8249!'94~~323-2456 S 10 00 f 2S& Angen Chem. 1994, IO6, 2456-2467

Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

AU FSATZ E

Hundert Jahre Schliissel-SchloD-Prinzip : Was fiihrte Emil Fischer zu dieser Analogie?""

Frieder W. Lichtenthaler"

Emil Fischers Schliissel-Schlo&Prinzip, mit dem er die Spezifitat der Wirkung von Enzymen veranschaulichte, hat Ge- nerationen von Wissenschaftlern das mentale Bild der molekularen Erken- nungsprozesse geliefert und dadurch nicht nur die Entwicklung der Orgmi- schen Chemie nachhaltig beeinfluDt, sondern ebenso die der Biologie und der hlediziii durch U bertragung dieses Prin- zips auf elementare Lebensvorgange. DaB seit der erstmaligen Verwendung dieser uberaus fruchtbaren Hypothese einhundert Jahre vergangen sind, legt nicht nur nahe, uns ihre Bedeutung aus heutiger Sicht zii vergegenwartigen; fast wichtiger scheint, den kreativen Prozes- sen nachzuspuren und die konstruktiven Folgerungen nachzuvollziehen, die Fi-

scher zur Schliissel-SchloB-Analogie ge- fiihrt haben, und zu verfolgen, wie sich die Verwendung dieser Hypothese in an- dere Bereiche verlagerte. Dies versucht dieser Beitrag vor dem Hintergrund des damaligen Wissensstandes und der um 1890 vorherrschenden Ansichten; er of- fenbart unter anderem, dalj Fischers ausgepragte Abneigung gegen jede Art von Spekulation ihn davon abhielt, diese Analogie weiterzufuhren, d. h. sie auf die naheliegenden Fragen auszu- dehnen ,,Was dreht den Schlussel?" und ,,Welche Tiiren werden dann geoffnet?". Auljer einer geri ngfiigigen Verfeinerung des Bildes - der Unterscheidung von Haupt- und Spezialschliissel, urn dem Befund Rechnung zu tragen, daB einige Hefen eine groLlere Zahl von Hexosen

vergaren als andere - finden sich nur Aussagen, die die Grenzen dieser Schlussel-SchloD-Hypothese darlegen, z.B. 1898: ,,Tch bin weit entfernt, diese Hypothese den ausgcbildeten Theorien unserer Wissenschaft an die Seite stellen zu wollen, und ich gebe gern ZLI, daB sie erst d a m eingehend gepruft werden kann, wenn wir imstande sind, die Enzy- me im reinen Zustand zu isolieren und ilire Configuration zu erforschen." Es waren andere, vornehmlich P. Ehrlich und F. Lillie durch ihre Einfuhrung des Stereokomplementaritatsprinzips in die Medizin und die Biologie, die die Schliis- sel-SchloD-Analogie quasi zu einem Dogma in der Erklarung elementarer Lebensprozesse werden lieBen.

Ich halte Lehre und Studium der Izistorischen Entwicklung der W'issenschaft f i r zinentbehrlich ...

Unsere Lehrhiicher verscgen durin. Richard Willstattcr"'

Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen von Wissenschaftlern das mentale Bild der molekularen Erken- nungsprozesse geliefert und dadurch nicht nnr die Entwicklung der Organischen Cheinie maBgeblich beeinfluRt, sondern durch die Ubertragung auf elementare Lebensvorgange auch die der Biologie rind der Medizin.

Fischers zukunftsweisende Arbeit. in der er die Schliissel- SchloB-Metapher zum ersten Ma1 verwendete, erschien 1594 in den Berichten dcr Deutschen Chemischen Gesellschaftt'zl. DaB

[*I Prof. Dr. F. W Lichtenthaler Institut fiii Organische Chzinie der Technischen Hochschule PeterrenslraRe 22. D-64287 Demistadt 7elefax. Int. + 6153/16-6674

["'I Nach einem Gedenkvortrap bei der European Research Conference .,Supram~lecufar Chemistry: I00 Years SchJoD-Schlussel-Pdnzip" in Maim am 12. August 1994.

seitdem ein Jahrhundert vergangen ist. bietet willkommenen Anlali, uns die Bedeutung dieser iiberaus fruchtbaren Hypothe- se zu vergegenwartigen und sie aus heutiger Sicht neu zu bewer- ten - und dies nicht nur aus historischen Grunden oder, um wichtige Fakten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, son- dern auch, um den kreativen Prozessen nachzuspiiren und die konstruktiven, logischen Folgerungen nachzuvollziehen, die letztlich dam gefuhrt haben. Diese zu erkennen und zu verste- hen ist sicherlich Voraussetzung dafur, die GroBe und Bedeu- tung von Fischers Arbeiten in ihrem historischen Zusammen- hang zu ermessen.

Jeder Versuch, nach hundert Jahren dem nachzuspiiren. was Fischer zur Schlussel-SchloD-Analogie fuhrte, muD zum damali- gen Wissensstand und zu den um 1890 vorherrschenden Ansich- ten zuruckgehen, aber auch zu der wissenschaftlichen Schule, aus der Fischer hervorging. Fischer studierte zunichst. ab 1870, an der Universitat Bonn, an der er Vorlesungen von A. Kekulk und R. Clausius besuchte, iibersiedelte jedoch bereits 1872 an die Universitiit StraRburg, trat dort in den Wirkungskreis von Adolf Baeyer ein und promovierte bei ihm 1874 - im Alter von nur 22 Jahren. Ein Jahr spiiter, bereits selbstandjg in Baeyers Laboratorium arbeitend, entdeckte er durch Zufall das Phenyl-

2456 CJ VCH l+rlajy,rre~ellsthaft inhH, D-69451 Wemhem, 1994 00~4-8249!'94~~323-2456 S 10 00 f 2S& Angen Chem. 1994, IO6, 2456-2467

Page 2: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

F. W. Lichtenthaler AUFSATZE

Abb. 1. Bild der Baeyer-Gruppe 1878 im Ldboratorium der Universitit Miinchen (Raum der Verbrennungsanalyse) . Die Idcntifizierung der Personen stammt von Fischers Hand [6].

hydrazinL3], das das Schlusselreagens in seinen Zuckerarbeiten werden sollte, als er es zehn Jahre spaterL4] auf die damals ver- fiigbaren Zucker anwendete.

Die Schule Adolf Baeyers (1835- 1917151), aus der Fischer hervorging, war ~ zunachst in StraI3burg und dann von 1875 an fur vier Jahrzehnte an der Universitat Miinchen - eine ausge- sprochene Talentschmiede, wie ein Gruppenbild aus dem Win-

ter 1878 (Abb. 1) fast wortlich belegt: Der breite Abzug im Hintergrund erinnert zweifellos mehr an eine Schmiede als an ein chemisches Laboratorium. In der Mitte Baeyer mit auffal- lendem Hut; daD mehrere andere ebenfalls Kopfbedeckungen tragen, weist wohl darauf hin, daD im Winter 1878 schlecht geheizt wurde. Rechts neben Baeyer, selbstbewuBt, mit hoher Miitze, der 25jahrige Emil Fischer, drei Jahre nach seiner Pro-

Frieder W Lichtenthaler, geboren 1932 in Heidelberg, studierte von 1952 bis 1956 Chemie an der Universitat Heidelberg und promovierte bei I? Cramer uber Enolphosphate. Nach drei Postdoc-Jahren an der University of California, Berkeley. bei Hermann 0. L. Fischer - einzi- gem der drei Sohne Emil Fischers, der den Ersten Weltkrieg uberlebte - huhilitiei-te er sich 1963 an der Technischen Hochschule Darinstadt und ist dort seit 1968 Professor fur Organische Chemie. Seine Forschungsaktivitaten umfassen die Entwicklung enantiomerenreiner Bausteine aus Zuckern, ihre Verwendung zur Synthese yon Oligosacchariden und komplexen Nicht- kohlenhydrat-Naturstoffen, die Computersirnulation chernischer und biologischer Eigenschaf- ten von Zuckern sowie Entwicklungsarbeiten zur Nutzung yon Kohlenhydraten als nachwurh- sende Rohstoffe.

Angew. Chern. 1994,106,2456-2467 2457

Page 3: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

100 Jahre Schlussel-Schloll-Prinzip AUFSATZE

motion; links Jacob Volhard (1834-1910), Leiter der analyti- schcn Abteilung, dessen Nachfolger Fischer sowohl in Miinchen (1879) als auch in Erlangen (1 882) werden sollte.

In Munchen verfolgte Fischer mehrere klassisch-organische Forschungsthemen: Die Phenylhydrazone von Acetaldehyd, Benzaldehyd und Furfural wurden in ihrer Struktur eindeutig abgekliirt[71, er fiihrte gemeinsam rnit seinem Vetter Otto Fi- scher- (Abb. 1, ganz links sitzend) ausgedehnte Untersuchungen uber Rosanilinfarbstoffe durch[*], und 1881 begann er seine Pu- rin-Arbciten rnit Untersuchungen zur Struktur des Caffeins['], die spater zur Klassifizierung der Purine fuhren sollten. Im Alter von 30 Jahren, 1882, folgte Fischer einem Ruf auf das Ordina- riat fur Chemie an der Universitlt Erlangen. Dort setzte er sich intensiv mit der Umwandlung von Phenylhydrazin in N-Hetero- cyclen auseinander["], was unter anderem zu der nach ihm be- nannten Indolsynthese fuhrte" '].

Erst 1884, d. h. nachdem er Baeyers EinfluBsphare iiber zwei Jahre verlassen hatte, begann er in Erlangen seine Untersuchun- gen iiber Kohlenhydrate, indem er die damals verfiigbaren Zuk- ker Glucose, Fructose, Galactose, Rohrzucker, Maltose und Lactose init Phenylhydrazin zur Reaktion brdchteC3, ' *I. Die da- bei erhaltenen Hydrazone und Osazone haben nicht nur bei der Identifizierung der bekannten Zucker wertvolle Dienste gelei- stet, sic waren auch bei der Synthese neuer von groBem Nutzen. So entdeckte er 1888 - da war er bereits an die Universitat Wiirzburg gewechselt - auf diesem Weg eine neue Hexose[l3]: Vorsichtige Oxidation von Mannit init Salpetersaure lieferte ein Gemisch, das zwar als solches nicht charakterisiert werden konnte, jedoch bei Umsetzung mit Phenylhydrazin in der Kalte ein kristallines Phenylhydrazon ergab, das sich zu dem aus Glucose erhaltenen als isomer erwies (Abb. 2 ) . Seine saure Hy-

drolyse lieferte eine Mannit bis dahin unbekannte

Hexose, der Fischer 1 HNO, wegen ihrer Beziehung zu Mannit den Namen

Auf dieser Stufe von Fischers rein chemisch- synthetischen Arbei-

Phenylh ydrazon Phenylhydrazon ten, in einer der vier Schmp. I88 'C S c h w 144 - 145 T Veroffentlichungen mit

Hirschberger iiber Mannose" - ' 5l , fin- den wir ziemlich unver-

Mannore Glucose Mannose gab['31.

1

J

Hi T 1 PhNHNH2 WNHNH2

\ PhNHNH2

Phenylgiucosazon mittelt den knappen Satz[13]: ,,Durch Bier-

Schmp. 204 'C

Abb. 2. Synthese von Mannose 1888 aus Mannit [13], kurz bevor sie in der Natur ent- hefe wird der Zucker deckt wurde 1161. (Mannose) auch in

stark verdiinnter waB- riger Losung bei Zim-

mcrteinperatur in lebhafte Garung versetzt." Hefe in seine Un- tersuchungen einzubeziehen war fur Fischer keineswegs fernlicgend, denn besonderes Interesse an den Fermentations- vorgangen hatte er bereits in jungen Jahren bekundet. Ausloser war das Unternehmertum seines Vaters Laurens Fischer, eines erfolgreichen Geschaftsmanns, der sich 1870 - Emil war gerade 18 Jahre alt - rnit einer erheblichen Summe an der Griindnng einer Hrauerei beteiligte. Dieses Unternehmen, das spater in eine

Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, ist heute als Dortmun- der Aktienbrduerei bekannt; Laurens Fischer war mehrere Jahrzehnte Vorsitzender ihres Aufsichtsrates.

Tm Winter 1876/1877 verbrachte Emil Fischer drei Monate an der Universitat StraBburg - auf Baeyers Anregung offenbar, denn er hatte eine Assistentenstelle am Munchner Institut inne .-, um seine Kenntnisse in quantitativer Analyse im Labora- torium von Prof. Rose zu vertiefen. Eine Passage aus Fischers Autobiographie schildert seine ersten Begegnungen mit Hefe in sehr bezeichnender Weise[' 'I :

,,Wahrend des Wintersemesters 1876/77 hielt ich mich wie- der in StraBburg auf und lernte dort durch Dr. Albert Fitz, ein wohlhabender Weingutsbesitzer aus der Pfalz, das Buch von Pasteur ,Etudes sur la biere' kennen, das kurz vorher erschienen war. Der geniale Forscher hatte darin seine Er- fahrungen uber die Verunreinigung der Bierhefe durch ande- re Mikroorganismen und deren schadlichen EinfluB auf die Beschaffenheit des Bieres niedergelegt. Als ich davon mei- nem Vater berichtete, bat er mich dringend, die Materie griindlich zu studieren, und da diese mich auch wissenschaft- lich interessierte, so erklarte ich mich gerne dazu bereit. Ein feines Mikroskop wurde sofort angeschafft und rnit Hilfe von Dr. Fitz und dem Botaniker Prof. de Bary habe ich dann in Stranburg Studien iiber Schimmel-, SproR- und Spaltpilze angestellt, die mir spater bei den Zuckerarbeiten sehr zustat- ten gekommen sind. Zunachst muRte ich aber die neuen Kenntnisse praktisch verwerten. Darum bin ich mit meinem Mikroskop fur einige Wochen nach Dortmund gezogen, urn den Beamten der Brauerei die neuen Errungenschaften klar zu machen. Wahrscheinlich war ich der erste Chemiker in Deutschland, der diesen Versuch unternahm, und ich muB gestehen, daB ich bei den Mannern der Praxis auf groBes Milltrauen stieD. Man bemiihte sich auf alle iniigliche Weise, mich irre zu fuhren, besonders mit falschen Angaben uber den Ursprung und die Beschaffenheit der zu priifenden Hefe- sorten.

Als ich aber rnit Hilfe des Mikroskops ohne Miihe die verdorbenen Hefesorten herausfand, wurde man ernster. Es ist mir zwar nicht gelungen, einen der Manner zuin richtigen Gebrauch des Mikroskops heranzubilden und dadurch eine dauernde Kontrolle der Hefe einzurichten. Aber meine Be- lehrung iiber die Art, wie gute Hefe und dainit auch das Bier verdorben werden kann, fie1 doch auf guten Boden."

Durch diese Aktivitaten hatte Fischer offensichtlich eine be- sondere Vorliebc fur dieses Gebiet entwickelt, denn er be- merkt[l']: ,,Die Pilzchemie hat mich damals so interessiert, daB ich bei llngerem Aufenthalt in StraDburg sicherlich eigene For- schungen auf diesem Gebiete angestellt hatte."

Unter diesen Umstanden war es fur Fischer (Abb. 3) nahelie- gend zu priifen, ob sich die neu synthetisierte Hexose, die durch die in Abbildung 2 zusammengestellten Reaktionen als 2-Epi- mer der Glucose identifiziert werden konnte, durch Hefe verga- ren lassen wiirde. Als spater racemische Zucker durch die Unter- suchungen der Formose-Reaktion zuganglich waren, wurde es ubliche Laborpraxis, ihre Vergarbarkeit durch ,,gewohnliche Bierhefe" zu iiberpriifen. Neben dein Nachweis, da13 o-Manno- se bei der Vergarung durch Hefe neben Kohlendioxid tatsachlich Ethanol bildet [' 'I, ergab sich so eine Reihe weiterer wichtiger

2458 Angea. Cham. 1994, 106, 2456-2467

Page 4: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

AUFSATZE E W. Lichtenthaler

Abb. 3. Emil Fischcr (1852-1919) im Jahr 1889 [ I X ] .

Befunde (Abb. 4): Von racemischer Glucose, Mannose, Galac- tose und Fructose wird nur jeweils die D-Komponente ver- goren, so daR die verbleibenden L-Zucker isoliert oder in Form ihrer Hydrazone und Osazone charakterisiert werden konnten.

Das Studium der Garfahigkeit der Zucker blieb ein Neben- produkt seiner Synthesearbeiten, bis er Ende 1892 das Ziel sei- ner damaligen Untersuchungen erreicht hatte : die Entratselung der relativen Konfigurationen der Zucker auf der Basis der Theorie von LeBel und van't Hoff - eine experimentelle und

CHO CHO I I

HCOH I

HCOH I

HCOH I

HCOH I

HCOH I I

HCOH HCOH I I

CHzOH CHzOH

HOCH

o-Allose o-Altrosc

CHO I

HCOH I

HCOH I

HCOH I

CHzOH

0 - R i b o x

CHO CHO I I I I

I HCOH

I HCOH

I I HCOH HCOH

I I

HOCH

HOCH

HCOH

HOCH

CHzOH CHzOH D-Glucose D-Mannose

CHO I I

HCOH I

HCOH I

CHZOH

HOCH

D-Ara bi nose

D -Mannose D, L-Fructose D, L-Mannnse

D, L-Galactose

L-Gulose o-mnnno-Heptose n-glum-Heptose

D,L-Glucose

D-Gulose

- CO, + Ethanol - L-Fructose - L-Mannose - L-Glucose - L-Galactose -X- -X- -X- -X-

Abb. 4. Fischers fruhe Beobdchlungen (3888 1892) zur Fermentation kern mit Bierhefe [27].

intellektuelle GroBtat, die nicht nur die Basis fur den Zucker- stammbaum (Abb. 5 ) schuf, wie er sich noch heute ~ hundert Jahre spater - in unseren Lehrbuchern findet. Vielmehr war zugleich ein iiberzeugender Beweis fur die Richtigkeit der 1891 noch nicht allgemein anerkannten Theorie von van't Hoff und LeBel erbracht, der wesentlich zur eigentlich erst danach einset- zenden systematischen Entwicklung der organischen Stereoche- mie beitrug.

Der AbschluD dieser Arbeit, erreicht durch genial geplante, souverln ausgefuhrte Synthesen in Verbindung mit scharfsinni- gen Folgerungen aus den Ergebnissen, brachte Klarheit und Ordnung in diese Naturstoffklasse und stellte die Kohlenhydrat- chemie auf eine rationale BasisIz8I. Fur Fischer war das Errei- chen des gesetzten Zieles jedoch AnlaD, sich nun mit noch kom-

CHO CHO I I

I I

I I

I I I

CHzOH I

HOCH HCOH

HCOH HCOH

HOCH HOCH

HCOH HCOH

CHIOH D-GUIOSC D-IdOK

CHO I

HCOH I

HOCH I

HCOH

CHzOH I

D-Xylose

CHO CHO I i

HCOH HOCH I I

HOCH HOCH I I

HOCH HOCH I I I I

HCOH HCOH

CHzOH CHzOH o-Galactose D-Talou

CHO 1 I

I I

HCOH I

CHzOH

D-LYXOse

HOCH

HOCH

CHO CHO 1 I

HCOH I

HCOH I

CHzOH o-Erychrore

I HOCH

I HCOH

I CHzOH

D-Threose

I CHzOH

D-Glycerinaldehyd

Abb. 5. Zuckerstammbaum fur die D-Aldosen.

Angew. Chem. 1994. 106,2456-2467 2459

Page 5: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

100 Jahre Schlussel-SchloB-Prinzip AUFSATZE

P

d a 1 1 it? ttt ttt ttt ttt ttt ttt

ttt ttt t

tit

plexeren Themen, mit biologischen Phanomenen auseinander- z u s e t ~ e n [ ~ ~ ~ :

--

I ttt ttt ttt ttt ttt ttt ttt

ttt ttt ttt

- -

-

,,Nachdem die Systematik der Monosaccharide mit der Fest- stellung der Configurationsformeln im Wesentlichen zum Abschluss gelangt ist, liegt es nahe, die Erfahrungen, welche zu diesem Ziele gefiihrt haben, auch fur die Zwecke der bio- logischen Forschung nutzbar zu machen."

Aus den friihen Beobachtungen zur Garfahigkeit der Zucker (Abb. 4), die mehr den Charakter orientierender Tests als sorg- Sam geplanter Experiinente hatten, folgte fur Fischer eindeutig, da13 ,,die gewohnliche Hefe der Bierbrauer", die er bislang ver- wendet hatte, nicht rein war und die Ergebnisse daher irrefiih- rend sein konnten. So begann er zusammen mit Hans Thierfel- der13"] eine systematische Untcrsuchung des Verhaltens natiirlicher und synthetischer Zucker gegeniiber einer groBen Zahl von Hefesorten. Dies fiihrte zur ersten dcr vier grundlegen- den Veroffentlichungen in den ,,Berichten" von 1894["]. Fi- scher kam dabei der gluckliche Umstand zugute. dalj ihm durch seine Zuckerarbeiten eine stattliche Zahl seltener Zucker zur Verfiigung stand. In keinem Bereich der Chemie war eine so groBe Auswahl an Isomeren verfiigbar, wenn auch einige nur in geringer Menge zuglnglich wareni3']:

,,Da die Bereitung der kiinstlichen Zucker zum Teil recht miihsam ist und die Versuche vielfach variiert werden mus- sten, so haben wir zur Ersparung von Material ein kleines GargefaB von beistehender Form benutzt" (Abb. 6).

C

Abb. 6. Hefefermcntation yon Zuckern im Halbmi- kromalhtab [31]. a = Girkolbchen in Original- groWe. b = Giiraufsatz. c = Ba(OH),/H,O. Bei- spielhafter Ansatz: 70 mg Zucker in 0.35 mL H,O, 0.35 mL wPBriges Hefeextrakt; Sterilisation. Zu- gabe von 13 mg reiner Hefespezies; 3-10 d bei 24- 28 'C.

Diese Anordnung zur Priifung der Ciiirfahigkeit einer Sub- stanz im HalbmikromaDstab war fur die damalige Zeit sehr kunstvoll entworfen, denn sie ermoglichte, mit 70 mg eines Zuk- kers zu arbeiten. wobei das die Probe aufnehmende Kolbchen nur ein Volumen von ca. 1 mL hatte. Es ist heute nicht ohne Reiz zu sehen, wie ausgeprlgt Fischers Flhigkeit fur minutiose Beob- achtungen war[31]:

,,In allen Flllen, auch wenn der Zucker nicht garflhig ist, beobachtet man bei dieser Versuchsanordnung die Entwick- lung einer kleinen Menge von Kohlensaure, welche die Ober- flache des absperrenden Barytwassers mit einer diinnen Schicht von Carbonat iiberzieht. Da diese Erscheinung sogar dann eintritt, wenn kein Zucker in der Fliissigkeit enthalten ist, so wird sie offenbar von der geringen Menge von Kohlen-

hydra1 veranlasst, welches in der Hefe selbst und in dem aus ihr bereiteten Decoct vorhanden ist. Ganz anders gestaltet sich der Vorgang, wenn das Material leicht giirbar ist. Das vorgelegte Barytwasser wird nicht al- lein sehr stark getriibt, sondern auch vollig durch den Ueber- schuss der Kohlensaure neutralisiert und schliesslich ver- schwindet der Zucker ganz. In der Mitte stehen diejenigen Falle, wo das Material erst in garungsfahigen Zucker verwandelt werden muss, wie bei den spater erwahnten Beispielen von Glucosiden, und wo infol- gedessen die Garung langsam erfolgt ... Indessenist auch hier die Menge der entwickelten Kohlensaure immer so gross, dass man iiber den wirklichen Eintritt der Ggrungen nicht im Zweifel sein kann."

Beobachtungen dieser Art fiihrten zu den Befunden in Sche- ma 1, einer Reproduktion aus der e r~ ten[~ ' I der vier Veroffentli-

s. PSStOrianUS I . . s. Partorianus I1 . s. Ppstorisnus 111 . S. cerevisiae I . . . S. ellipwideus I , , S. ellipsoidens 11 . , S. Marrianus . . . S. rnembrsnaefaciens Brauereihefe. . . . Brennereihefe . . . Milchzuckerhcfe . . s. productivus. . .

lil!l; 1 J S

. ttt ttt ttt

. ttt tt? tt

. ttt ttt ttt , ttt ttt ttt , ttt ttt tt . ttt ?tt t . ttt ?tt tt?

, ttt ttt ttt . ttt ttt t . ttt ttt -

- - -

. tt , ttt t

chungen[2,29*3's 321, die zu diesem Thema in der zweiten Halfte von 1894 erschienen: d-Mannose, d-Fructose und, in geringe- rem AusmaB, d-Galactose ahneln der d-Glucose in ihrem Gar- verhalten ebenso wie Rohrzucker (Saccharose) und Maltose, und eine der Hefen (,.Milchzuckerhefe") vergart Rohrzucker und Milchzucker (Lactose), llRt jedoch Maltose unberiihrt. Keine der Hefen vermochte einen der synthetischen Zucker zu vergaren.

Fischer schien besonders iiber den Befund verwundert zu sein, daB Talose, das 2-Epimer der Galactose, von Hefe nicht ange- griffen wird (Abb. 7), denn er bemerktL311:

,,d-Talose steht zur d-Galactose in demselben Verhaltnis, wie die Mannose zur Glucose. Da aber schon Galactose schwie- riger vergirt als die beiden anderen, so geniigt die kleine weitere geometrische Verschiebung, um der Talose &as Gar- vermogen ganzlich zu nehmen."

Bei der Ausdehnung dieser TJntersuchungen auf naturliche und synthetische Glucoside fand Fischer, daD diese sich hin- sichtlich ihres Verhaltens gegeniiber Hefeextrakten und dem Ex- trakt aus bitteren Mandeln (,,Invertin" bzw. ,,Emukin") ein-

2460 Anges. Chem. 1994. 106,2456-2461

Page 6: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

AUFSATZE F. W. Lichtenthaler

COH COH COH COH r t . C . 0 ~ ~ 0 . 6 . ~ H . ~ ; . o H H O - ~ . H ~ 0 . h . H HO.C.H ~ 0 . 6 . ~ HO 6 , ~

H . b . O H I I . k - O H H O - d H 110.6.11

H . & . O H H.C.OH H.L.OH H & . O H I I

CH, . OH CH, OH CH, . OH CH,OH

d-Glucose d-lannose d-Galactose d-Tnlose

++ + +++ + - Abb. 7. Vergirbarkeit von Hexosen durch Hefen [31].

dcutig in Gruppen einteilen lassen. Obwohl beide Extrakte sich spater als Enzymgemische erwiesen. spaltet ersteres nur x-gluco- sidische Bindungen. wahrend Emulsin, ebenso spezifisch, nur 8-Glucoside hydrolysiert (Tabelle 1 ) .

Tahelle 1. Spaltbarkeit von Glycosiden [2. 321 ~~ ~

Glycosid Hefeenzym Emulsin [b] (Invertin) [a]

Methyl-z-o-glucosid + ~

Ethyl-n-~-glucosid + ~

Saccharo5e + Maltose + Methyl-a-~-glucosid ~

MethJ.l-r-o-mannosid - - Meth yl-r-D-galactosid ~ - Etliyl-s-o-galactosid - -

Methyl-[~-u-glucosid ~

Phenyl-P-n-glucosid + Methyl-B-D-galaccosid +

-

-

+ ~

~ Lactose + [a] WGDriges Extrakt luftgetrockneter Bierhefe (Suc,chnromjces cercvisiile. Typ Frohberg). [b] WaRrigea Extrakt aus bitteren Mandeln.

Die zweite der 1894 erschieiienen Arbeiten zur Fermentation mit Hefen12], den bescheidenen Titel ,,Einfluss der Configura- tion auf die Wirkung der Enzyme" tragend (Abb. 8), beschreibt einige dieser Ergebnisse in niichterner, wissenschaftlicher Dik- tion; Fischer lafit, wie in den meisten seiner uber 500 Abhand- lungen, die Ergebnisse ohne jede Ausschmuckung fur sich selbst sprechen. Gegen Ende der Arbeit gibt er wie iiblich seine Ab- sichten kund, was er als nachstes zu tun gedenkt: Heranziehung verwandter Enzyme wie der Glucase, des Ptyalins, des Myrosins und der Pankredsfermente und Ausdehnung der Versuche auf die selteneren Oligosaccharide wie Isomaltose, Turanose. Meli- biose und Melitriose (Abb. 9). Sodann, kurz vor einigen allge- meinen abschlieljenden Bemerkungen und der Danksagung - in der Coda quasi, musikalisch ausgedruckt - versucht Fischer die Beobachtungen zusarninenzufassen und zu veranschauli- chen. Der diesbeziigliche Abschnitt enthllt erstmals die ent- scheidende Metapher, die auch iiber diesem Beitrag steht:

,,Die beschrankte Wirkuiig der Enzyme auf die Glucoside l ime sich also auch durch die Annahme erkliren. dass nur bei ahnlichem geometrischem Bau diejenige Annaherung der Molekule stattfinden kann. welche zur Auslosung des chemi- schen Vorganges erforderlich ist. Um ein Bild zu gebrauchen, will ich sagen, dass Enzym und Glucosid wic Schloss und Schlussel zu einander passen miissen, urn eine chemische

545. E m i l Fischer: Eiduas der Configuration a u i die Wirkung der Enzyme.

[Aus dem I. Berliner UniversiWts-Laborst0riunr.l (Vorgetrapen in der Sitzung vom Verfasser.)

Das verschiedene Verhalten der stereoisomeren Hexosen gegeo Hefe hat T h i e r f e l d e r ond mich zu der Hypothese gefuhrt, dass die activen chemisehen Ageotien der Hefezelle nur in diejenigen Zucker eingreifen kBnnen , mit denen sie eine verwandte Configuration b e sitzen ').

Diese etereochemische Auffassung des Gahrprocesses musste an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn es m6glich war, iihnliche Ver- schiedeiiheiten auch bei den voni Organismus abtreonbaren Fermenten, den sogenaunten Eiizymen, festzustellen.

1)as iet mir nun in unzweideutiger Weise zoniicbst f i r zwci glu- cosidspalteride Enzyme, das Invertin und Emulsiii, gelungen. Das Mittel dazu boten die kCnstlichen Glucoside, welche nach den1 ran mir aufgefuudeneu Verfahren aus den verscbiedenen Zuckern und den Alkoholen in grosser Zahl bereitet werden kBnnen 1). Zum Vergleich wurdm aber auch melirere naturliche Producte d w aromatiechen Reihe und ebenso einige I'olysacchuride, welclie ich sls die G l u c o - s i d e d e r Z u c k e r s e l b s t betracbte, in den Rrpis der Untersucbung gerogen. Das Ergebnivs derselben 16sst sich iu den Satz zusnmmen- filsneii, dass die Wirkung der beiden Enzyme in auffallender Weise von der Confjguration des Glucosidmolekuls abbangig ist.

V e r s u c h e m i t I n v e r t i n . Das Enzym llsst sich bekanntlich BUS der Rierhefe mit Wasser

auslaugeri und soll RUS der Lirsung dirrch Alkohol unverhdert ge- f-llt werden. Aus den spiiter angefiihrten Granden hube ieb auf die Ianlirung derrselben verzichtet. Die nachfolgenden Vrrsuche sitid viel- mebr direct mit einer klar filtrirten Liisung angestellt, welche durch I5etiindige Digestion von 1 Theil lufttrockener Hierhefe (Saccharo- mjces eerevisiae, Typus F r o h b e r g , Reincoltut) mit 15 Theilen Waaser bei 30-35O bereitet war.

I) Diese Bericbte 27, 2036.

Abb. 8. Titelseite dcr zwcitcn [2] von Fischers vier grundlegenden Arbeiten zum EinfluB der Konfiguration auf die Wirkung der En7yine.

Wirkung auf einander ausiiben zu konncn. Diese Vorstellung hat jedenfalls an Wahrscheinlichkeit und an Wert fur die stereochemische Forschung gewonnen, nachdem die Er- scheinung selbst aus dem biologischen auf das rein chemi- sche Gebiet verlegt ist. Die Erfahrung, dass die Wirksamkeit der Enzyme in so ho- hem Grade durch die molekulare Geometrie beschrankt ist, diirfte auch der physiologischen Forschung einigen Nutzen bringen. Noch wichtiger fur dieselbe aber scheint inir der Nachweis zu sein, dass der friiher vielfach angenommene Unterschied zwischen der chemischen Tatigkeit der lebenden Zelle und der Wirkung der chemischen Agentien in Bezug auf molekulare Asymmetrie tatsachlich nicht besteht."

Emil Fischer hat eine ganze Reihe iiberragender forscheri- scher Leistungen erbracht:

die Entratselung der Zuckerkonfigurationen['- 'I, das klassi- sche Beispiel exakter mathematischer Beweisfiihrung in einer experimentellen Wissenschaft, die Klassifizierung der Purine[33] und die Synthese der ersten N ~ c l e o s i d e ~ ~ ~ ] , die Schaffung der chemischen und biologischen Grundlagen der Proteinchemie durch scine ausgedehnten Arbeiten iiber Aminosauren, Peptide und P r ~ t e i n e ~ ~ ~ I und die ErschlieRung der komplexen Naturstofiklasse der Flech- tenstoffe und Gerb~ to f fe '~~] .

Angeii C'lirm 1994, 106, 2486 2461 2461

Page 7: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

100 Jahrc Schliissel-SchloB-Prinzip AUFSATZE

Abb. 9. SchluR dzr Publikation von Fischer 121, die crstmals die Schlussel-SchloB-Metayher enthiclt

Die Schliissel-SchloD-Metapher jedoch, ein Bild, eine Analo- gie, eine Metapher, beilaufig am Ende einer inil niichternen experimentellen Fakten gespickten Veriiffentlichung erwihnt ~

entwickelte pliitzlich ein Eigenleben und wurde zu einem der am haufigsten zitierten Konzepte der vergangenen hundert Jahre. Offensichtlich entsprach die Schlussel-SchloB-Analogie einem konzeptionellen Bedurfnis der Zeit, denn iiberraschend schnell bildete sie die Basis fur die noch kaum eritwickelten Wechselbe- ziehungen zwischen Chemie, Biologie und Medizin - sicherlich zur Uberraschung von Fischer, der dieses Bild nicht weiterent- wickelte. Er nahm offenbar bewuRt davon Abstand - zumindest in gedruckter Form -, diese Analogie weiterzufiihren zu den naheliegenden Fragen, was den Schliissel dreht und welche Tii- ren dann geoffnet werden. Die einzige Erweiterung, die sich finden laDt - in einer umfassenden 43-Seiten-Ubersicht uber seine Zuckerarbeiten 1894 - ist eiiie geringfiigige Verfeine-

.,Ganz anders liegt die Sache bei der Wirkung der Enzyme und der Gahrungsfermente, wo ein tief eingreifender chemi-

scher ProzeB je nach der Configuration des Gahrmaterials leicht oder gar nicht stattfindet. Hier iibt offenbar der geo- metrische Bau auf das Spiel der chemischen Affinitaten einen so groBen EinfiuD, daB inir der Vergleich der beiden in Wir- kung trctcnden Molekiile mit Schliissel und SchloB erlaubt zu sein schien. Will man auch der Tatsache, darj einige Hefen eine griiDere Zahl von Hexosen als andere vergahren konnen, gerecht werden, so IieWe sich das Bild noch durch die Unterscheidung von Haupt- und Spezialschliissel vervollstandigen."

Es lag nahe, das Kanzept der Schliissel-SchloB-Komplemen- taritat auf die asymmetrische Synthesc in der Pflanze anzuwen- den, vornehmlich auf die Assimilation. Fischer hatte 1889 im Zuge der sich durch sein Zuckerarbeiten langsam herausscha- lenden Konfigurationszusammenhlnge eine Entdeckung ge- macht, die fur biologische Fragen besondere Bedeutung crlan- gen sollte: die asymmetrische Synthese" 'I . Beim Nacharbeiten der bereits von Kiliani durchgefuhrten Cyanhydrinsynthese mit dcr naturlichen L-Arabinose["l stellte er fest, daD nach der Hy-

2462 Angew. Chem. 1994, 106,2456-2467

Page 8: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

F. W. Lichtenthaler AUFSATZE

drolyse die angeblich nur ~-Mannonsaure enthaltende Reak- tionslvsung noch eine zweite Verbindung enthielt, namlich die dazu 2-epimere ~-Glucons lure[~ '~ :

L-Arabinose L-Mannonszure t-Glu consaure

Tatsachlich ist dies das erste Beispiel einer asyminetrischen Syn- these, was Fischer mit folgenden Worten k~mrnent ie r te [~~] :

,,Die gleichzeitige Bildung von zwei stereoisomeren Produk- ten bei der Addition von Blausaure an Aldehyde, welche hier zum ersten Male beobachtet wurde, ist sowohl in theoreti- scher wie in praktischer Beziehung recht beachtenswert."

Diesem ersten Fall einer asymmetrischen Synthese folgte bald cin zweiter. denn die Reduktion von Fructose rnit Natrium- amalgam lieferte nicht nur Mannit, sondern auch S~rbit '~ ' ' . Die grundsatzliche Bedeutung dieses Befundes wurde klar erkannt :

,,Die Reduktion der Fructose ist die zweite Reaktion, welche in der Zuckergruppe durch die Entstehung eines asymmetri- schen Kohlenstoffatoms zwei stereoisomere, nicht miteinan- der kombinierbare Produkte liefert. Die gleiche Erscheinung wird man unzweifelhaft noch ofter beobachten und hochst- wahrscheinlich auch allgeinein bei solchen Korpern wieder- finden, deren Molekul bereits asymmetrisch ist."

H- $2oH -OH CHIOH CHPH L O HO-LH

HO-6 -H HO-LH HO-LH H-~--oH NnHg ~ - 4 - 0 ~ HA-OH H -6 -OH H--~-QH H-!-OH

~ H ~ O H JHPH ~ H , O H

D-Fructose D-Mannit D-Sorbit

Vier Jahre splter, unter dem Eindruck der enzymatischen Arbeiten Fischers, hatten diese niichternen chemischen Befunde ihre biologische Entsprechung gefunden. Eine Passage aus einer der vier grundlegenden Arbeiten von 1894[2'1 IaBt den Grad der Einsicht in die Zusammenhiinge besonders deutlich werden:

,,Diese Vorstellung gibt, wie mir scheint, eine einfache Lo- sung fur das Rdtsel der natiirlichen asymmetrischen Synthe- se. Die Bildung des Zuckers vollzieht sich, wie die Pflanzen- physiologen annehmen, im Chlorophyllkorn, welches selbst aus Iauter optisch aktiven Stoffen zusammengesetzt ist. Ich denke mir nun. daD der Zuckerbildung die Entstehung einer Verbindung von Kohlensaure oder Formaldehyd rnit jenen Substanzen vorausgeht und daB dann die Kondensation zum Zucker bei der schon vorhandenen Asymmetrie des gesam- ten Molekiils ebenfalls asymmetrisch verlauft.

Deren Asyrnmetrie erklart sich also ohne weiteres aus der Natur des Baumaterials. Sie liefern selbstverstandlich auch den Stoff zu neuen Chlorophyllkornern, welche wieder akti- ven Zucker bereiten, und auf diese Art pflanzt sich die opti- sche Aktivitiit von Molekul zu Molekul fort, wie das Leben von Zelle zu Zelle geht. Es ist also nicht notig, die Bildung der optiseh aktiven Sub- stanzen im Pflanzenleibe auf asymmetrische Krafte zuruck- zufiihren, welche auIJerhalb des Organismus liegen, wie Pa- steur vermutete. Die Ursache liegt vielmehr in dem che- mischen Molekiil des Chlorophyllkorns, welches den Zucker bereitet, und rnit dieser Vorstellung ist der Unterschied zwi- schen der natiirlichen und der kiinstlichen Synthese ginzlich beseitigt."

In einem 1894 gehaltenen Vortrag iiber ,,Die Chemie der Koh- lenhydrate und ihre Bedeutung fur die Physiologie" hat er die- sen Sachverhalt nochmals in etwas allgemeinerer Form darge- leg t f4l1 :

,,Wer die Assimilation endgiiltig aufklaren will, der wird auch die speziellere Frage behandeln mussen, warum die Pflanze nur optisch aktiven Zucker bereitet, wahrend die chemische Synthese die inaktiven Produkte liefert. Dieser Gegensatz erschien Pasteuer, welcher die Lehre der moleku- laren Asymmetrie geschaffen hat, so fundamental, dass er die Bereitung aktiver Substanzen geradezu fur ein Vorrecht des Organismus hielt. Durch den Fortschritt der Wissen- schaft ist der einst so hoch angesehenen Lebenskraft auch dieser letzte Schlupfwinkel genommen worden; denn wir sind jetzt im Stande, solche aktiven Substanzen ohne jegliche Beihilfe eines Lebewesens kunstlich darzustellen."

Mit diesen Worten hatte Fischer klar die vorherrschende An- sicht seiner Zeit verworfen, daD der Vorgang der Fermentation unaufloslich an die lebende, rnit einer ,,vis vitalis" ausgestattete Zelle gebunden ist. Ublicherweise wird Eduard Buchner, dem 1897 die Gewinnung eines zellfreien, garfahigen Hefeextrakts gelang[421, zugeschrieben, die Pasteurschen Vorstellungen ein- deutig widerlegt zu haben. Obige Passagen aus Fischers Publi- kationen belegen nachdrucklich, daB dieser bereits 1894 zu die- sem SchluB gekommen war.

Als Fischer 1894 erstmals die Schliissel-SchloR-Analogie ver- wendete, urn die Spezifitit der Enzymwirkung zu veranschauli- chen, war er 42. Er lebte weitere 25 Jahre, ein Zeitraum, in dem er die stattliche Zahl von uber 400 Arbeiten p~bl iz ie r te [~~] . Das Schliissel-SchloR-Konzept jedoch erwahnte er nur noch in dreien: 1902 in seinem Nobel-Vortrag, eher beilaufig, ohne na- her darauf einzugehent441, in seiner Faraday Lecture 1907 - ein einziger Satz des 19seitigen Abdrucks envahnt die A n a l ~ g i e [ ~ ~ I - und 1898, am Ende einer 28seitigen Zusammenfassung mit dem gewichtigen Titel ,,Bedeutung der Stereochemie fur die Phy~io logie"[~~~. Darin fand es Fischer erforderlich, den An- wendungsbereich des von ihm verwendeten Bildes klarzustellen, sicherlich weil andere den von ihm gedachten Rahmen betracht- lich iiberschritten hatten:

,,Der Grund dieser Erscheinungen liegt aller Wahrschein- lichkeit nach in dem asymmetrischen Bau des Enzymmole- kuls. Denn wenn man diese Stoffe auch noch nicht im reinen Zustand kennt, so ist ihre Ahnlichkeit mit den Proteinstoffen

Arigen. Chwn. 1994, 106, 2456- 2467 2463

Page 9: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

AUFSATZE 100 Jahre Schlussel-SchloB-Prinzip

doch so groB und ihre Entstehung aus den letzteren so wahr- scheinlich, daB sie zweifellos selbst als optisch aktive und mithin asymmetrische molekulare Gebilde zu betrachten sind. Das hat zu der Hypothese gefiihrt, daB zwischen den Enzy- men und ihrem Angriffsobjekt eine Ahnlichkeit der moleku- laren Configuration bestehen mu& wenn Reaction erfolgen soll. Um diesen Gedanken anschaulicher zu machen, habe ich das Bild von Schloss und Schlussel gebraucht. Ich bin weit entfernt, diese Hypothese den ausgehildeten Theorien unserer Wissenschaft an die Seite stellen zu wollen, und ich gebe gern zu, daB sie erst dann eingchend gepriift werden kann, wenn wir imstande sind. die Enzyme im reinen Zustand zu isolieren und ihre Configuration zu erfor- schen'' [461.

Paul Ehrlich zum Beispiel hatte von 1897 an die Schliissel- SchloB-Komplementaritiit durch Entwicklung seiner ,,%iten- kettentheorie der Immunitiit" in die damals junge Disziplin der Immunologie eingefuhrt. GemaB einer Illustration aus einer Pu- blikation von 1900[471 (Abh. 10) besitzt jede Zelle eine Anzahl

Ahb. 10. Ehrlichs Seitenkettentheorie 7ur Erklarung der Immunreaktion in einer Darstellung von 1900 [47].

von ,,Seitenketten", die Toxine im Sinne einer Schliissel-SchloB- Wechselwirkung binden; dies lost eine starke Vermehrung dieser Seitenketten am. die die Zelle abstoBt und die so in den Bhit- strom gelangen. Bei den Krankheiten, die zu dauernder Immu- nitlt fiihren. sind so viele freie .,Seitenketten" (Antikorper) im Blut, daB nennenswerte Fixationen von Toxinen an die Zelle nicht erfolgen konnen.

Das Konzept der Schliissel-SchloW-Komplementaritiit fie1 auch in der Embryologic auf fruchtbaren Boden, wo es 1914 Lillie verwendctc, um das Erkennen zwischen Spermium und Eizelle zu beschreibenr4x11. Seine Ideen fal3te er in einem bis in kleinste Detail ausgearbeiteten Schliissel-SchloW-Diagramm (Abb. 11) zusammen - ein reichlich riskantes Unterfangen im Hinblick auf die wenigen zum damaligen Zeitpunkt verfugba- ren, experimentell gesicherten Befunde,

Symbols \ 6 i I

sperm receptor

foreign sperm

spermophile group

ovophile group

anti-fertilizin

4 egg receptor

p& blO?d inhibitor

Ahb. 11. Lillies Thcorie dcr Rcfruchtung von 1914 [4X]: Segment 1 zeigt die Situa- tion vor der Bcfruchtung, in Segment 2 bindct das Spcriniuni an die spcrmophile Gruppc eines hypothctischcn ,.Fertilizins". wodurch dic ovophilc Gruppc aktiviert und an den Ei-Rezcptor gcbundcn wid . Antiferiilizin-Molekiile besetzen dann diesc Bindungsstellen. uni weitere Befruchtung auszuschliefien. Die weiteren Seg- mente beziehen sich auf Uberlegnngen. deren Diskussion hier entbehrlich ist.

Ehrlich iibertrug das Konzept der Stereokomplementaritat aus dem Bereich chemischer Reaktionen in Losung auf Reaktio- nen an der Zelloberfliche: wahrend Lillie und andereL4'] es auf Zcll-Zell-Wechselwirkungen ausdehnten. So sahen die ersten beiden Jahrzehnte nach Fischers Schliissel-SchloR-hnalogie ei- nen reichlich unkontrollierten Wildwuchs aus der Chemie her- aus in esscntielle Bcreiche der Medizin und Biologie, und die Ideen wurden entlang des Weges imnier spekulativer.

Der nun groBerc zeitliche Abstand entzerrt iiianche Perspek- tiven. Beide Theorien hatten nur insoweit Bestand, als sie in sehr verallgemeinerter Form die Zusammenhange erkennen lassen und daraus resultierendc Forschungsaktivitlten konkretisieren. Dort aber, wo sie zu sehr ins Detail gefiihrt wurden, hahen sie sich als fdsch crwicsen. Dabei war der Boden wissenschaftlich gesicherter Tatsachen zu weit verlassen worden: es war versucht worden. Phiinomene zu erklhren, die vie1 zu komplex waren, als daB sie sich zu jener Zeit grundlegendem Versthndnis oder einer sinnvollen Deutung erschlossen hatlen.

Im Gegensatz zu diesen Theorien von Ehrlich, Lillie und an- derenr491 hat Fischers Schlussel-SchloB-Analogie auch hundert Jahrc spater noch ihren Platz in den Annalen der Wissenschaft als ein aufierordentlich fruchtbares Konzept - vielleicht gerade weil sie in ihren Details nicht spezifiziert und in ihren Folgerun- gen nichl ausgeschopft wurde. Denn so blieb geniigend Spiel- raum fiir die Vorstellungen von Chemikern ebenso wie von Bio- logen und Medizinern.

Fischer hatte ein untrugliches Gespur fur wichtige For- schungsbereiche der Organischen Chemie und brachte uniiber-

2464 Aiigew. Chein. 1994, 106, 2456-2467

Page 10: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

F. W. Lichtenthaler AUFSATZE

troffene Kreativitat in die Konzeption von Experimenten und deren souverane Ausfiihrung ein. Der wohl markanteste Cha- rakterzug seiner naturwissenschaftlichen Wesensart ist jedoch die ausgepragte Abneigung gegen jede Art von Spekulation. Seine groBen Erfolge bestechen gerade dadurch, daB sie mit einem Minimum an theoretischen Voraussetzungen auskom- men und ihr Ziel durch klare, folgerichtige Anwendung dieser wenigen theoretischen Vorgaben in geistreich ersonnenen und kunstvoll ausgefuhrten Experimenten erreichen.

Zwei Beispiele mogen diesen Wesenszug naher belegen. In einem Brief an T. W Richardsr501 uber die um 1912 kontrovers diskutierte Walden-Umkehr - Fischer hatte wesentliche experi- mentelle Beitrage zu diesem Thema geliefertr5'] - schreibt er:

,,Ich selbst habe an theoretischen Dingen nicht so vie1 Ver- gniigen. Die Beschaftigung mit der Walden'schen Um- kehrung war fur mich eher eine Abschweifung und Er- holung nach der langjahrigen Proteinarbeit. Jetzt haben sich ubrigens so viele beschrinkte Kopfe auf diese Frage gestiirzt, daB einem der GenuB daran ganz verdorben wer- den kann. ''

Das zweite Beispiel bezieht sich auf die urn 1914 immer noch offene Frage zur RinggroBe von Fructose und Glucose im Rohr- zucker und zur Art der Verknupfung der beiden Zucker (For- mulierungen siehe Abb. 12). Fischer gibt klar seine Einstel- lung[521, die in dieser Form sicherlich auch auf die Schlussel-SchloB-Analogie anwendbar ist :

,,Uber die Art, wie der Fructoserest im Rohrzucker gebun- den ist, wissen wir nichts Bestimmtes, sodaB hier der Speku- lation noch vie1 Spielraum gelassen ist. Ich verzichte aber gerne darauf, ihn zu benutzen."

CHpOH

E. Fischer, 1893

CH,OH CH,OH OHCH CH

B. Toll HCOH 0

_ _ lens, 1914

d-Gluccm d-Fructose

Abb. 12. Konstitutionsformeln fur Saccharose yon Tollens [53, 551 und Fischer (541.

Abb. 13. Emil Fischer urn die Jahrhundertwende.

Das SchluBwort dieser Wiirdigung einer der herausragenden Gestalten unserer Wissenschaft (Abb. 13, 14) und ihrer Schlus- sel-SchloD-Analogie zur Beschreibung der Enzym-Substrat- Wechselwirkung, wodurch sie die Wechselbeziehungen von Che- mie, Biologie und Medizin maDgeblich beeinfldte, sei Fischer selbst gegeben. In seiner am 18. Oktober 1907 an der University of London gehaltenen Faraday Lecture[45] hringt er seine Uber- zeugung zum Ausdruck, daR man theoretische Uberlegungen nur insoweit anstellen sollte, als sie auf beobachteten Tatsachen beruhen:

,,Fur die Ausbildung der experimentellen Methoden und der Theorien war im vorigen Jahrhundert die Loslosung der Or- ganischen Chemie von der Biologie notig. Mit dem heutigen analytischen und synthetischen Rustzeug kann die Chemie diese Gemeinschaft wieder erneuern, zu ihrer eigenen Ehre und zum Nutzen der Biologie. Denn die Aussicht, einen bes- seren Einblick in die wunderbaren Stoffwechselvorgdnge des tierischen und pflanzlichen Lebens zu gewinnen, wird die Organische Chemie und die Biologie dazu fiihren, mit ge- meinsamer Zielsetzung zusammenzuarbeiten. Um auf diesem schwierigen Felde Trrtumer moglichst zu ver- meiden und uns vor ubcrtriebenen Hoffnungen mit dem un- ausbleiblichen Gefolge von Enttluschungen zu schiit7en, konnen wir nichts Besseres tun, als dem grol3en Vorbilde Faradays nachzueifern, der stets ohne vorgefal3te Meinung in feinfiihlender Weisc den Erscheinungen folgte und auch in seinen theoretischen Vorstellungen nur sinnlich wahrnehm- bare Tatsachen ausdrucken wollte."

Diese Zuruckhaltung in der Interpretation experimenteller Befunde ist in unserer Wissenschaft heute ebenso angebracht wie vor einhunderl Jahren; in der sich in einer besonders aktiven Entwicklungsphase befindlichen Erforschung molekularer Er- kennungsprozesse ist sie wohl gar unumganglich, um zu erken- nen, wie weit wir heute in unseren Erklarungsversuchen gehen sollten und was den nachsten hundert Jahren zu iiberlassen ist.

Eingegangen ain 25. August 1994 [A 801

Angew. Chem. 1994,106, 2456-2467 2465

Page 11: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

100 Jahre Schlussel-SchloB-Prinzip AU FSATZ E

Abh. 14. Emil Fischer um 1910 in seincm Lahoratorium (Friedrich-Wilhelm-Uni- vcrsitit Berlin, Hcssischc StraBe) [6].

[I] R. Willstitter. Aus meinem Leben, Verlag Chemie, Weinheim, 1973, S. 324. [2] E. Fischer, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1894. 27, 2985-2993. [3] E. Fisher, Ber. Drsch. C'item. Ges. 1875,H. 589-599; G. B. Kauffman, R. P.

[4] E. Fischcr, Brr. D i d . Chmi. Ces. 1884. 17, 579-584. [5] R. Huisgen, Angsw. Chem. 1986, 98, 297-311; Angew. Chsm. Inf . Ed. Engl.

1986,25,297-311. [6] a) Das Original und zahlrcichc andcre Photographien befinden sich im Emil-

Fischer-NachlaB der Bancroft Library. Der wisscnschaftliche NachlaU Emil Fischers besteht aus 34 Kartons an Material: Labornotizen, Manuskripte. unter anderem Entwurfe zur Autobiographie Aus nieiiwn Lebm, und ca. 3000 Briefe, die Fischer wahrend seiner 40jHhrigen wissenschaftlichen Karriere er- reichten, 2.B. 157 Briefe ails den Jahren 1889-1915 von seinem Lehrer und Freund A. yon Baeyer, andere von F. Beilstein (11). A. Hantsch (56), F. Haber (39, J. H. van't HoK (31), A. W. von llofmann (9, A. von Kekult: (6). H. Kiliani (lb), V. Meyer (46), W. Nernst (67), B. Tollens (20), P. Walden (33),0. Wallach (46) und R. WillstHtter (33): Fischers intensive Kontakle zur lndustrie dokumenlieren 181 Briefe von C. Duisberg (aus den Jahren 1895 -1919), von den Farbcnfahrikcn Bayer (271), der BASF (54). Boehtinger Mannheim (1 16), den Farbwerken Hoechst (50) und Merck (33). Der Nachlafi gelangte nach Berkeley durch H. 0. L. Fischer (1888-1960 [6b], Emil Fischers S o h , der diese Sammlung auf alle Stationen seiner ungewohnlich kosmopolitischen Kar- riere initgenomnien hatte: Privatdozent in Berlin. Professor fur Pharmazeuti- sche Chemie in Basel. Direktor des Banting Tnstituts, Toronto, und Professor fur Biochemie an dcr University of California. Berkeley. h) F. W. Lichtenthalcr, Carbolzydr. Res. 1987, 164, 1-22.

[71 E. Fischer,Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1876,9, 880-891 ; JlrstusLiebigs Ann. Cliem. 1878,190. 384 ~188.

[8] E. Fischer. 0. Fischer, Ber. Dtsch. Claem. GeA. 1876, 9, 891-900; Justus Liebigs Ann. Chem. 1878. 194. 242-303; Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1880, 13, 2204 - 7207.

[91 E. Fischer, Ber. Dtsch. Cheni. Ges. 1881, f4: 637-644,1905-1915; ihid. 1882, 15, 29-33, 453 -456; Jusius Liebigs Ann. Chem. 1882. Z t S , 253-320.

[I01 E. Fischer, F. Jourdan. Ber. Dtsch. Chern. Ges. 1883, 16, 2241-2245; E. Fischer, 0. IIess, ibid. 1884, 17. 559-568: E. Fischer, Justur Lirbigs Ann. Chem. 1886. 236. 116-126.

[Ill P. A. Roussel, J . Chenz. Educ. 1953. 30, 122-125: B. Robinson, Chem. Rev. 1963.63. 373 -401.

Ciula, .I Ciim. Educ. 1977, 54, 295.

[12] , . E d Fischers Beweis der Konfiguration von Zuckern: eine Wurdigung nach hundert Jahren": F, W. Liehtenthaler. Angeit . Chem. 1992. 104, 3577-1593: Angew. Chenz. Int. Ed. Engl. 1992, 3 t , 1541 - 1556.

[I31 E. Fischer, J. Hirschberger, Ber. Dtsrh. C h m . Ge7. 1888, 21, 1805-1809. [I41 E. Fischer, J. Hirschberger, Brr. Dtsch. Chem. Ces. 1889, 22, 365-376, 1155-

[ l S ] E. Fischer, J. Hirschherger, Ber. Dtsch CIiem. Ges. 1889, 22, 3218- 3224. [I61 R. Gans, W. E Stone, B. Tollens, Ber. Dtsrh. Chem. Ges 1888,21.2148-2152;

K. Gans, B. Tollens, Jusustus Liebigs Ani7. Chem. 1888, 24Y, 245 257; R. Reiss, Ber. Utsch. Cliem. Ges. 1889. 22, 609 613.

1171 E. Fischer. Airs meinem Leben, Springer, Berlin, 1987, S. 18-20 und 70 (Neu- auflage der ursprunglichen Fassung von 1922 mit englischein Kommentar von B. Witkop).

1181 Bild aus dem Gratulationshand fur Angust von Kekulk anlifilich seines 60. Geburtstags am 6. September 1889. Das Originaldokument hefindet sich im Kekule-TcilnachlaB des Inctitut? fur Organische Chcmie der Technischcn Hochschule Darmstadt.

1156.

[19] E. Fischer, J. Tafel, Ber. IXrrh. Chrm. Gm. 1889, 22, 97-101. [20] E. Fischer. Ber. Dtsch. Chem. Gcs. 1890. 23, 370-394. [21] E. Fischer, Ber. Drsclz. Cliem. Gss. 1890. 23. 2611-2624. [22j E. Fischer. J. Hertz. Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1892, 25, 1247-1261. [23] E. Fischer, R. Stahel, Bey. Drsch. Clzem. Ges. 1891, 24. 528-539. [24] E. Fischer, 0. Piloty, Ber. Dfsch. Clzem. Ges. 1891, 24. 521 ~527. [25j E. Fischer, F. Passmore, Ber. Drscti. Chum. Ges. 18W, 23, 2226-2239. [26] E. Fischer, Justus Liebigs Ann. Chem. 1892, 270, 64 -107. [27] a) In den Ahhildungen 4 und 5 ist die erst allmPhlich erkannle Zugehiirigkeit

der emzelnen Zucker und ihrer Derivate zu D- und r-Reihe bereits angegeben. Hierbei is1 hervorzuheben. dafi Fischer erst 1890 [27 b] die Symbole d und I einfiihrte (vgl. Schema 1 und Abb. 7). und zwar mit einer zunachst auf den Drehsinn hezogenen Bedeutung. Rosanoft' brachte 1906 [27c] und Wohl und Freudenbei-g 1923 [27d] die Verwendung der Symhole dund iaufeiiic logischc, genetische Basis, indem sie die bciden cnantioincren Glyccrinaldehyde als Bc- zugssuhstanzcn eiiifuhrten; demnach gehoren alle Zucker. die sich durch suk- zessive Kiliani-Fischcr-Synthcsen voin d-Glyccrinaldehyd ableitcn, dcr d- Reihe an. Die heute allgemein anerkannte D-/L-Notation [27e] hat sich ah etwa 1940 durchgesetrt. b) E. Fischer. Ber. Drsth. Chem. Ges. 1890,23, 370-394: c) M. A. Rosanoff, J . Am. Chem. SOF. 1906,28,114- 121 ; d) A. Wohl. K. Freu- denberg, Ber. Dtsch. C'hem. Ges. 1923, 56, 309-313; ej Rules of Carbohydrate Nomenclature, No. 4 and 5 in The Carbohydrates, Vul. lIB(Hrsg.: W P i p a n , D. Horton), Academic Press, New York, 1970, S. 809fC,

[ZS] Neben Lit. [I21 existieren weitere einschllgige Darstellungen iiber Fischers Klirung der relativen Konfigurationen der Zucker, 2.B.: ,.End Fischer's Dis- covery of the Configuration of Glucose": C. S. Hudson, 3. Chrm. Ednc. 1941. 18. 353 357; ,,Emil Fischer and His Contribution to Carbohydrate Chemi- stry": K. Freiidenherg. Adv. Carhohydr. Chem. 1966, 213 1-38.

[29] E. Fischcr, Ber. Drsch. Chem. Ges. 1894, 27, 3159-3232: Zitat von S. 3228. [30] Hans Thierfelder (1858- 1930) studierte Medizin an der UniversitLt Rostock,

promovierte dort zum Dr. med. (1884). wechselte dann zu Hoppe-Seyler an der UniversitPt StraBburg, wo er 1887 mit eincr Arbeit iiber Chemie und Stoff- wechsel der Glucuronsaure hahilitierte. Zusammen mit Hoppe-Seyler gab er das Handbuch der pliysiologisch- und patholo~isch-~Iirmirhen Anal.vse (6. Auflage, 1893) heraus. 1891 trat er eine Stelle am Hygienischen Institut der Universitat Berlin an, was ihn in Kontakt mit Emil Fischer brachte und die gemeinsamen Arbeiten ,.Uber das Verhalten verschiedener Zucker gegen reine Hefen" [31] induzierte. Ah 1909 war Thierfelder Professor fur Physiologische Chemie an der Universitat Tubingen. Kurzbiographie: E. Klenk, Z. Physiol. Chum. 1931, 203. 1-9.

1311 E. Fischer, H. Thierfelder. Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1894. 27, 2031 -2037. [32] E. Fischer, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1894. 27, 3479-3483. 1331 E. Fischer. Untersuchungen in der Puringruppe 11882-1906j, Springer. Berlin,

1341 E. Fischer, B. Helferich, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1914, 47, 210-235. [35] E. Fischer, Untersurhungen iiber Afninosa~iren, Polypeptide und Proteine I

(1899-1906). Springer. Berlin, 1906; II (1907-1919) (Hrsg.: M. Bergmann), Springer, Berlin, 1923.

1361 E. Fischer, L'ntersucliungen iiber Depside und Gerbstoffe (fY08- 19f9), Sprin- ger, Berlin, 1921, 524 Seiten.

(371 6. Fischer, F. Passmore, Bey. Dtsch. Chem Ges. 1889, 22. 2728 2736; E. Fischer, ibid. 1890; 23, 2611-2624.

1381 H. Kiliani, Ber. Disch. Chrm. GP.Y. 1885, 18, 3068-3072; 1886, 19, 211-227. 1391 E. Fischer. BET. Drsch. Chem. Ces. 1890, 23, 2114-2141: Zitat von S. 2134. [40] E. Fischer, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1890, 23, 3684-3687. 1411 E. Fischer, Rede, gehalten zur Feier des Stiftnngstages der militiirarztlichen

Bildungsanstalten am 2. August 1894, Verlag A. Hirschwald, Berlin, 1894, 1 36; Zitat von S. 30.

1907.

1421 E. Buchner, R. Rapp. Oer. Drsch. Chem. Ges. 1897, 30, 2668-2678. [43] a) Fischer verlagerte von etwa 1896 an seine Hauptforschungsaktivitaten auf

die systeniatische Erschlieljung von Peptiden [35], Purincn [33] und Gerbstof- fen [36], ohne jedoch sein besondcres lnteresse an Zuckern nnd ihrem Verhal- ten gegeuuhcr Enzymen aufzugeben [43 h], Von seinen beiden letzten Veroffent- lichungcn 143 el, eingegangen in der Redaktion von Hoppe-Sev/er's Z . Phvsiol.

2466 Angew. (%em. 1994,106,2456-2467

Page 12: Hundert Jahre Schlüssel-Schloß-Prinzip: Was führte Emil ... · Emil Fischers vielzitierte Schliissel-SchloB-Analogie zur Ver- anschaulichung der Spezifitat von Enzymen hat Generationen

F. W. Lichtenthaler AUFSATZE

Chem. am 14. Jali 1919. FischersTodestag, trigt dieerste denTitel .,EinfluI3der Striiktur dcr 1-Glukoside auf die Wirkungdes Emulsins'.. b) E. Fischer, Linter- m-hungen iiber Kohlenl!wlrute und Ferrnerite IJ(iYU8 1919). Springer, Berlin, 1922. 543 Seiten: c) E. Fischer. Hoppe-Seykr's Z . Physiol. C'hem. 1919, 107. 176-202; ibid. 1919, IO8, 3-8.

[44] Nobcl Lerturcs Inchding Presentdon Spreches und L.ui6rc~~lr.s Biu,yrlrphic.r, , 1901 - 1931 (Hrsg.: Nobel Foundation), Elsevier. Amsterdam,

1966. S. 15-39, [4S] Faraday Lecture on ,,Synthetical Chemistry in its Relation to Biology": E.

Fischer, J. Chml. SUC. (London) 1907, 91, 1747-1765. Die deutsche Fassung trigt den Titel ..Organische Chemic und Biologie" und wurde als Broschiire gedruckt, Springer, Berlin, 2. Aufl., 1912. 28 Sciten.

[46] ,,Bedeutung der Stereochemie fur die Physiologie" : E. Fischcr, Hoppe-Seyler'.? Z . Physioi. C'hem. 1898, 26, 60-87; Zitat von S. X2:83.

[47] ,,On Immunity, with Special Reference to Cell Life": P. Ehrlich, Proc. R . Soc. London, 1900. 66, 424-448; Zitat von S. 433.

[48] .,The Mechanism of Fertilization in Arbuciu": I-. R. Lillie, J. Exp. Zool. 1914, 16, 523-590.

[49] ,,Intellectual Tradiliuns in the Life Sciences: Stereocomplementarity": S. F. Gilbert, J. P. tireenberg, Persp. Bid Med. 1984. 38, 18-34.

[50] Aus einem Brief kin Theodore William Richards (1868-1928), Professor an der Harvard University. vnm 11. November 1912. Richards hatte bei W. Ostwald in Leipzig ein Postdoc-Jahr verbracht und hattc 1907 im Fischcrscheu Institut eine Gastprofessur innc. Im Emil-Fischer-NachlaD dcr Bancroft Library, Ber- keley, befinden sich 39 Briefe von Richards aus den Jahren 1905-1915 (Origi- nale) und Fischers Antworten (in Kopie)

[51] E. Fischer, Jlrsrrrs Liebigs .4nn. Chem. 1911, 381, 123 141; ibirl. 1911, 386, 374-386; ibid. 1912, 350-362.

[52] E. Fischer, Eer. Dfscli. C'hem. Ges. 1914, 47, 1980-1989; Zitat von S. 1984.

[53] B. Tollens. Ber. Dtsch. C'hem. Ces. 1883. 16, 921 -924; Formel auf S. 923.

[54] E. Fischer, Eer. Dtsch. Chem. Ges. 1893. 26. 2400-2412; Formel auf S. 2405.

[55] B. Tollens, Kurzes Hmdbuch der Kohbniiydmte, J. A. Barth Verlag, LeipLig, 1914, S. 363.

Neu in der ,,Angewandten" ab 1995: Keywords Ab Januar 1995 sollen zu jedem Beitrag Keywords gedruckt werden, die dann auch die Basis fur das Stichwortjahresregister bilden. Autoren werden gebeten, ab sofort ihre Manuskripte mit Keywords (zwischen Haupttext und Literaturverzeichnis) zu versehen und dabei folgende Punkte zu beachten:

1 . Die Jahresregister in den Dezemberheften der vergangenen Jahre geben einen Eindruck von der

2. Es sollten maximal funf Keywords sein, darunter moglichst mehr allgemeine als spezielle (z. B.

3. Bitte keine ,,Komma-Versionen" verwenden, d. h. ,,chemische Sensoren", nicht ,,Sensoren, chemisch" als Stichwort.

4. Bitte ,,. . . verbindungen" in Kombination mit Elementnamen verwenden, also ,,Eisenverbin- dungen", ,,Bromverbindungen" und nicht ,,Eisenkomplexe".

5. Bitte Komplexe nach dem koordinierenden Atom (,,Komplexe mit Stickstoffliganden") oder nach der koordinierenden Verbindung (,,Arenkomplexe", ,,Carbenkomplexe") klassifizieren, wenn die Eintragung unter dem Elementnamen nicht als ausreichend erachtet wird.

Art der verwendeten Stichworter.

2 + 1).

Die Redaktion wird sich bemuhen, ein moglichst einheitlich gestaltetes Jahresregister sicherzu- stellen.

Angzn Chem. 1994, 106, 2456-2467 2467