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Acta Medica Scandinavica. Vol. XCI, fasc. IV-V, 1937. Aus cier inneren Abteilung des allgemeinen Krankenhauses zu Jonkoping (Schweden). Hy pophysentransplantationen. Tierexperimentelle Untersuchungen und klinische Ergebnisse. VOll ESKIL KYLIN. In ))Svenska lakartidningeno 1936 habe ich in einer Arbeit mit dem Titel 6enpubertar tvinsoto iiber Tierversuche herichtet, die darauf zielten festzustellen, ob Implantate von Hypophysen- substanz im Korper des neuen Wirtes erhalten bleiben oder zu Grunde gehen und resorbiert werden. Dabei konnte ich mitteilen, dass bei einem Kaninchen das 1 f/2 Monate nach der Transplanta- tion einging, das Implantat in der Mifte nekrotisch war, dass sich dagegen in der Randzone typische Hypophysenzellen mit gut gefarbten Kernen und mit normalem Proloplasma fanden. In der seit dieser Mitteilung vergangenen Zeit habe ich diese Untersuchungen fortgesetzt und will kurz daruber berichten. Ich transplantierte Kalber-Hypophysen, in mehrere kleine Teik zerschnitten, auf Kaninchen. Jedes Teilchen wurde in je eine Tasche des Peritoneums eingenaht. Auf diese Art fuhrte ich 7 Transplantationen durch. Besonders geachtet wurde darauf, dass die Transplantation so bald wie moglich nach dem Schlachten des Kalbes geschah. 1 y2-3 Monate nach der Operation wurden die Kaninchen getotet. Das Implantat wurde ausgeschnitten, in Formalin gehartet und in Serien geschnitten. Die Praparate wurden teils nach v. Gieson teils nach Mallory gefkirbt . 1 % Monate nach der Transplantation war das Hypophysen- parenchym stellenweise nekrotisch, stellenweise nahm es die Far- 1 Bei der Redaktion am 14. Dezember 1936 eingegangen.

Hypophysentransplantationen : Tierexperimentelle Untersuchungen und klinische Ergebnisse

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Acta Medica Scandinavica. Vol. XCI, fasc. IV-V, 1937.

Aus cier inneren Abteilung des allgemeinen Krankenhauses zu Jonkoping (Schweden).

Hy pophysentransplantationen. Tierexperimentelle Untersuchungen und klinische Ergebnisse.

VOll

ESKIL KYLIN.

In ))Svenska lakartidningeno 1936 habe ich in einer Arbeit mit dem Titel 6enpubertar tvinsoto iiber Tierversuche herichtet, die darauf zielten festzustellen, ob Implantate von Hypophysen- substanz im Korper des neuen Wirtes erhalten bleiben oder zu Grunde gehen und resorbiert werden. Dabei konnte ich mitteilen, dass bei einem Kaninchen das 1 f /2 Monate nach der Transplanta- tion einging, das Implantat in der Mifte nekrotisch war, dass sich dagegen in der Randzone typische Hypophysenzellen mit gut gefarbten Kernen und mit normalem Proloplasma fanden.

In der seit dieser Mitteilung vergangenen Zeit habe ich diese Untersuchungen fortgesetzt und will kurz daruber berichten.

Ich transplantierte Kalber-Hypophysen, in mehrere kleine Teik zerschnitten, auf Kaninchen. Jedes Teilchen wurde in je eine Tasche des Peritoneums eingenaht. Auf diese Art fuhrte ich 7 Transplantationen durch. Besonders geachtet wurde darauf, dass die Transplantation so bald wie moglich nach dem Schlachten des Kalbes geschah.

1 y2-3 Monate nach der Operation wurden die Kaninchen getotet. Das Implantat wurde ausgeschnitten, in Formalin gehartet und in Serien geschnitten. Die Praparate wurden teils nach v. Gieson teils nach Mallory gefkirbt .

1 % Monate nach der Transplantation war das Hypophysen- parenchym stellenweise nekrotisch, stellenweise nahm es die Far-

1 Bei der Redaktion am 14. Dezember 1936 eingegangen.

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bung in der gewohnlichen Weise an. Die niittleren Teile der Pra- parate zeigten mehr Nekrose, die Randzone dagegen mehr normales Gewebe. Deutlich zu sehen ist, wie Bindegewebe und Gefasse aus der Umgebung in das implantierte Hypophysenstiick hineinwachsen.

Bessere und schonere Bilder ergaben Praparate, die 3 Monate nach der Implantation gewonnen wurden. Auch hier fanden sich Nekrosen in der Mitte des Implantates. Das Gewebe in der Rand- zone dagegen bot ein Bild, das vollstandig rnit demjenigen normalen Hypophysenparenchyms iibereinstimmte. Im Implantat sah man Gefasse, die aus dem Gewebe des Kaninchens in die Hypophyse hineingewachsen waren. Auch in der Mitte der Teilchen des Implan- tates fanden sich, wie auf der Abbildung 3 ersichtlich ist, Gefasse verschiedener Grosse. Alle drei Zellgattungen der Hypophyse, Hauptzellen, eosinophile und basophile Zellen waren deutlich wahrnehmbar. Auf der Abbildung 5 erkennen wir deutlich baso- phile Zellen aus diesem Transplantat. Abbildung 6 zeigt gleichfalls deutlich eosinophile Zellen. Auf der Abbildung 5 erblickt man eine basophile Zelle dicht an einem kleinen Gefass.

In diesem Zusammenhang mochte ich auch kurz eine Beobach- tung erwahnen, die meines Erachtens von grossem Wert ist. A n den Implantaten habe ich deutlich gesehen, dass solche Hypo- physenstiickchen, die durch die Hypophysenkapsel begrenzt waren, mehr zu Nekrose neigten als solche Stiickchen, die an allen Seiten Schniltflachen haften. Die Beobachtung zeigt uns, wie wichtig es ist, bei den Transplantation dafiir zu sorgen, dass die Hypophysen- kapsel entfernt wird. Die Moglichkeiten fur eine Gefassversorgung wachsen, wenn die Beriihrungsflache zwischen den1 Implantat und dem Gewebe des neuen Wirtes so innig wie moglich wird. Weiter habe ich bei diesen Untersuchungen beobachtet, dass die Implantation umso hesser gelang je kleinei die Hypophysenstiickchen waren. Es ist also wichtig, die Hypophysen in kleine Stiickchen zu zerschneiden, ehe die Transplantation vorgenommen wird.

Aus diesen Untersuchungen ergibt sich die Moglichkeit der Implantation von Hypophysenstiickchen; die so implantierten Hypophysen wachsen an und konnen 3 Monate lang vaskularisiert bleiben.

Die nachste Frage ist, ob diese implantierten Hypophysen im Korper des neuen Wirtes tatsachlich iunktionieren. Urn diese Frage zu beantworten, stehen zwei Wege offen. Man kann bei

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Tieren, die nach Hypophysenexstirpation Symptome einer Hypo- physenunterfunktion zeigen, eine Hypophysentransplantation aus- fuhren. Werden die Tiere wieder gesund, so kann man den Schluss ziehen, dass die neuimplantierte Hypophyse funktioniert. Man kann aber auch bei Menschen, die an typischen Symptomen eines Hypopituitarismus leiden, Hypophysentransplantation ausfuhren, um zu sehen, ob die typischen Symptome verschwinden, und die Patienten gesund werden.

In den letzten zwei Jahren habe ich bei 28 Fallen der s.g. Sim- mondschen Krankheit Hypophysentransplantationen ausgefuhrt. Die dazu verwendeten Hypophysen stamniten von Kalbern und wurden, in kleine Teilchen zerschnitten, in das Omentum eingenaht.

Vor kurzer Zeit hahe ich in klinischer Wochenschrift uber 23 von diesen Fallen berichtet. Weiterhin habe ich in einem Aufsatz, der im Arch.f.kl. Med. im Druck ist, eingehend uber 18 von diesen Fallen berichtet. Es ist deshalb nicht notwendig, diese Falle hier eingehend zu beschreiben. Nur eine kurze statistische Angabe mag noch eingefugt werden. Es handelt sich, wie gesagt um 28 Kranke. Die Ergebnisse sind aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich.

Tabelle. Erst in letzter Zeit operierte und darum nicht beurteilte Kranke 5

Ungebessert. Gestorben 3 Monate nach der Operation.. . . 1 Gestorben bei der Operation ............................ 1

Arbeitsfahig und gesund ................................ 15 Bedeutend gebessert .................................... 4 Nicht wesentlich gebessert .............................. 2

Summa 28

In der Gruppe Harbeitsfahig und gesund)) ist die Mehrzahl, wie sie mir schreiben ogesunder, als sie je gewesen sindn. Einige Kranke sind zwar weniger krtiftig und arbeitsfahig als gesunde Leute im allgemeinen, sie sind aber deutlich leistungsfahiger, als sie es seit mehreren Jahren gewesen waren.

Zwei der Kranken sind Landarbeiterinnen und sind der sehr anstrengenden Arbeit gewachsen. Zwei Kranke sind Lehrerinnen und konnen den Unterricht wie gewohnlich erteilen. Eine Patientin ist Studentin und setzt ihre Studien fort. Ein Patient ist Ingenieur und fuhlt sich vollstandig gesund und arbeitsfahig. Zwei studieren im Gymnasium. Eine ist Kontoristin U.S.W.

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Die Zunahme des Korpergewichtes schwankt in der Gruppr ))Gesundew zwischen 5-30 Kg. Die durchschnittliche Zunahme war 12.2 Kg. Die grossten Zunahme waren 30, 21, 20, 17, 17, 14 Kg.

Der Grundumsatz stieg in diesen Fallen bis zu normalen Werten. Bemerkenswert ist indessen, dass die Erhohung des Grundumsatzes recht lange auf sich warten liess. In einigen Fallen sind noch nicht normale Werte des Grundumsatzes erreicht, obwohl eine deutliche Erhohung festzustellen ist.

Bemerkenswert ist auch, dass der herabgesetzte Blutdruck bis zu normalen Werten stieg. Dies zeigt meiner Meinung nach, dass der Hypophyse eine grosse Bedeutung fur die Blutdruckregulierung beizumessen ist.

Ich fasse die Ergebnisse dieser llntersuchungsserie susammen. Es ist mir durch tierexperimentelle Untersuchungen gelungen festzustellen, dass eine Hypophysentransplantation von einer Tierart auf eine anderen gelingen kann, und zwar in dem Masse, dass das Implantat vaskularisiert wird und wenigstens drei Monate lang erhalten bleibt. Als wichtige Bedingungen fur einen guten Erfolg bei der Hypophysentransplantation sind folgende zu erwahnen. Die implantierten Hypophysenteile sollen moglichst klein sein. Die Hypophysensiiickchen miissen frische Schnittflachen haben. Die Kapsel der Driise ist t u enilernen. Die Transplanfation sol1 so bald wie moglich nach dem Schlachten des Tieres ausgefiihrt werden.

Durch eine statistische Zusammenstellung von 28 Fallen Sim- mondscher Krankheit, bei welchem Hypophysentransplantation durchgefuhrt wurde, konnte ich feststellen, dass in den allermeisten Fallen ein guter Erfolg erreicht wurde. Die gute Wirkung bleibt wenigstens .zwei Jahre bestehen.