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Identifikation von Lösungsstrategien bei der
mentalen Rotation im Kindergartenalter
Ergebnisse einer latenten Klassenanalyse
Claudia Quaiser-PohlUniversität Siegen
Tobias AmbergerUniversität Trier
Gliederung
1. Mentale Rotation im Vorschulalter2. Der Bilderrotationstest - BiRT3. Lösungsstrategien bei
Raumvorstellungsaufgaben 4. Lösungsstrategien im BiRT5. Ergebnisse der Latent Class Analyse
6. Ergebnisse der LatentTransition Analyse
Mentale Rotation im Vorschulalter?
nach Piaget: Vorstellung von Bewegung (mentale Rotation) erst beim Übergang zum konkret-operationalen Stadium (mit 7-8 Jahren) möglich
widersprüchliche empirische Befunde Merkmale des Aufgabenmaterials wie
Konkretheit, Bekanntheit und Salienz der Stimuli beeinflussen die mentale Rotationsleistung
keine Geschlechtsunterschiede
Der Bilder-Rotationstest (BiRT)
Hinze (2002); Quaiser-Pohl (2003)
Stimuli:farbige 3-dimensionaleAbbildungen von Tieren und Menschen
Anforderung:Rotation in der Bildebene
Testumfang:12 (16) Items plus2 Beispielitems
1 Standardreiz und 3 Vergleichsreize(1 rotiert; 2 gespiegelt)
Zielgruppe:4- bis 6Jährige
Warum Analyse vonLösungsstrategien im BiRT ?
Hinweise: Deckeneffekt nach
Förderung bimodale Verteilung der
Testwerte Strategieunterschiede
bei Rotationsaufgaben bei Erwachsenen
als Indikator für Entwicklungsprozesse
Lösungsstrategien bei Aufgaben zum räumlichen Vorstellen
whole approach
holistische Strategien
Barratt (1953)
Cooper (1976)
Lohman & Kyllonen (1983)
Schultz (1991)
räumlich-visuelle Strategien
part approach
analytische Strategien
nicht räumlich-visuelle Strategien
verbal-analytische Strategien
move object move self key feature
Lohman & Kyllonen (1983)
Analyse von Lösungsstrategien bei Raumvorstellungsaufgaben lautes Denken (French, 1965; Grüßing, 2002) intro- bzw. retrospektive Berichte (Schultz, 1991) Diskussion über die Aufgabenbearbeitung (Myers,
1957) Reaktionszeiten (Putz-Osterloh, 1977) Blickverhalten (Just & Carpenter, 1985) Item Response Theorien (Glück et al., 2002; Lohaus
et al., 1994) LCA bzw. LTA (Geiser et al., 2004; 2006)
Bei der Lösung von mentalen Rotationsaufgaben beteiligte kognitive Prozesse
Phase A Phase B Phase C
Just & Carpenter (1985)
Kyllonen, Lohman & Woltz (1984)
Such- oder Enkodierphas
e
Rotations- oder
Synthese-phase
Vergleichs-phase
Rosser et al. (1985)
Erkennen der unter-
schiedlichen Ausrichtung
Entwicklung einer
Strategie
Urteil über Überein-
stimmung
Erhebung derLösungsstrategien im BiRT
1. durch retrospektive Interviews (Rohe, 2006) Im Anschluss an die Durchführung des BiRT anhand von 2 Items (Item 9 „Bär“; Item 8 „Frau mit Ball“) „Warum meinst du, dass diese Abbildung die richtige bzw.
die falsche ist?“
2. durch statistische Analysen (Amberger, 2006) Replikation der gefundenen Lösungsstrategien durch
Modelltestung mit Latent Class Analyse (LCA) Analyse der Veränderung der Strategie nach einem
Training mit Latent Transition Analyse (LTA)
Lösungsstrategien im BiRT holististisch analytisch geringste
Winkeldiskrepanz Details vergleichen gleiche Blickrichtung immer die erste bzw.
die dritte Lösung Raten
Lösungsstrategien im BiRT retrospektive Interviews (Rohe, 2006)
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50%
Rater und keine Antwort
3er Strategen
1er Strategen
gleiche Blickrichtung
Detail vergleichende Analytiker
geringste Winkeldiskrepanz zu 0°
Analytiker
Holistiker
t1t2
Modell erwarteter Lösungsstrategien
GeeigneteStrategie*
Bedingt geeignete Strategie**
Ungeeignete Strategie***
geringste Winkeldiskrepanz
Gleiche Blickrichtung
Holistiker und Analytiker
1er Strategen
3er Strategen
Detail vergleichende Analytiker oder Rater
Erkennen der unterschiedlichen
Ausrichtung
Entwicklung und Anwendung einer Lösungsstrategie
Urteil über
Übereinstimmung
* eher räumlich-visuelle, aber auch verbal analytische Strategie
** (räumlich-)visuelle und (verbal-)analytische Strategien
*** Sonstige nicht-räumliche Strategien
Amberger (2006)
Stichprobet1 TG zu t2 KG zu t2 kein t2
Hinze (2002) 109 - - 109
Köhler (2005) 94 - 94 -
Bremer (2005) 59 - - 59
Rademacher et al. (2005) 95* 48 43 4
Wender et al. (2005) 18 - - 18
Grimm (2006) 76 - - 76
Rohe (2006) 114 56 55 3
GESAMT 565 104 192 271
t1: erster Messzeitpunkt; t2: zweiter Messzeitpunkt; TG: Trainingsgruppe; KG: Kontrollgruppe; * zu t1 nur Item 1-4 bearbeitet
Amberger (2006)
Ergebnisse derLatent Class Analyse
BIC-Werte und Anzahl freier Parameter der unterschiedlichen Klassenlösungen
Unrestringiertes Modell
Teilrestringiertes Modell
Vollständig restringiertes Modell
Anzahl Klassen
Freie Para-meter
BICFreie Para-meter
BICFreie Para-meter
BIC
1 Klasse 12 8026 - - - -
2 Klassen 25 7193 - - - -
3 Klassen38
7099 - - -
4 Klassen 51 7042 - - - -
5 Klassen 64 7067 - - - -
6 Klassen 77 7105 13 6960 5 7011
7 Klassen 90 7154 - - - -
Amberger (2006)
Ergebnisse derLatent Class Analysen
00,10,20,30,40,50,60,70,80,9
1
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Item
LSW
Holistiker und Analytiker geringste Winkeldiskrepanz gleiche Blickrichtung
00,10,20,30,40,50,60,70,80,9
1
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
ItemLS
W
1er Strategen 3er Strategen Detail vergleichende Analytiker und Rater
Itemprofil der 6-Klassenlösung (N = 565)
Amberger (2006)
Häufigkeitsverteilung der Lösungsklassen
Lösungsklassen N %
Holistiker und Analytiker 178 31,5
GeringsteWinkeldiskrepanz 94 16,6
Gleiche Blickrichtung 115 20,4
1er Strategen 25 4,4
3er Strategen 66 11,7
Detail vergleichende Analytiker bzw. Rater
87 15,4
Amberger (2006)
Weitere Ergebnisse
1. Die Lösungsstrategie steht in Zusammenhang mit der Testleistung dem Alter der Kinder dem Rotationswinkel
2. Die Lösungsstrategie ist nicht abhängig vom Geschlecht
Amberger (2006)
Lösungsstrategie und Testleistung (η2 = .74)
Lösungsklassen N M SD
Geeignete Strategien 142 10.47 1.31
Bedingt geeignete Strategien 174 4.86 1.78
Ungeeignete Strategien 154 4.41 1.56
Amberger (2006)
Lösungsstrategie und Alter(η2 = .22)
Lösungsstrategie Alter in Monaten SD Minimum Maximum
Geeignete Strategie 70.4 5.95 52 83
Bedingt geeignete Strategie 64.0 7.53 48 81
Ungeeignete Strategie 61.0 7.91 48 76
Amberger (2006)
Lösungsstrategie und Alter
Lösungsklasse Alter in Monaten SD Minimum Maximum
Holistiker und Analytiker 70,4 5,95 52 83
Geringste Winkeldiskrepanz 62,8 8,35 48 78
Gleiche Blickrichtung 65,0 6,66 51 81
1er Strategen 60,0 9,25 48 75
3er Strategen 61,6 7,31 48 76
Detail vergleichende Analytiker und Rater 60,7 8,00 48 76
Amberger (2006)
Prozentueller Anteil „Holistiker und Analytiker“ an der Gesamtstichprobebezogen auf das Alter
0%
25%
50%
75%
100%
48 52 56 60 64 68 72 76 80
Alter in Monaten
Ante
i an
der G
esam
tstic
hpro
be
Amberger (2006)
0
2
4
6
8
10
12
48 52 56 60 64 68 72 76 80
Alter in Monaten
Rohw
erte
im B
iRT
Ergebnisse derLatent Transition
Analyse (LTA)
Hinweise auf systematische Veränderung der Lösungsstrategie
durch Training geeignete Strategien werden
häufiger verwendet
Ergebnisse der LTA:Wechsel der Lösungsklasse in Trainings- und Kontrollgruppe
TG KG
Lösungsklasse t1 t2 t1 t2
Holistiker und Analytiker 30% 63% 26% 41%
geringste Winkeldiskrepanz 21% 14% 15% 9%
gleiche Blickrichtung 21% 14% 23% 22%
1er Strategen 4% 0% 5% 2%
3er Strategen 12% 5% 13% 8%
Detail vergleichende Analytiker und Rater 12% 4% 18% 18%
Amberger (2006)
Latente Klassenübergangswahrscheinlich-keiten von t1 (Zeilen) zu t2 (Spalten)
TG 1 2 3 4 5 6
1 1.00 .00 .00 .00 .00 .00
2 .42 .41 .17 .00 .00 .00
3 .89 .00 .00 .00 .00 .11
4 .08 .63 .29 .00 .00 .00
5 .41 .00 .28 00 .31 .00
6 .00 .25 .52 .00 .11 .12
KG 1 2 3 4 5 6
1 .95 .00 .00 .00 .00 .05
2 .03 .45 .35 .00 .17 .00
3 .53 .00 .35 .00 .03 .09
4 .13 .03 .24 .32 .00 .28
5 .28 .00 .10 .00 .23 .39
6 .00 .14 .36 .00 .08 .42Amberger (2006)
Ausblick BiRT als „Entwicklungsdiagnostikum“
Erfassung des individuellen Entwicklungsstandes der mentalen Rotationsfähigkeit durch die Analyse des Lösungsmusters über alle Items
Frühe Identifikation von Leistungsgruppen (rechenschwache, leserechtschreibschwachen, mathematisch begabten Kinder) anhand des Alters/Zeitpunkts, zu dem eine bestimmte Lösungsstrategie beherrscht wird.
Ein DANK gilt Jeanette Antemann, Madeleine Bremer,
Christian Geiser, Marion Grimm, Antje Günther, Anja Köhler, Wolfgang Lehmann, Sina Marke,
Jeanne Rademacher, Anna Rohe, Nicole Trautewig, Daniela Wagner
und allen Kindern und Studierenden,die an den Untersuchungen beteiligt waren.
Lösungsstrategien beim BiRT
„wenn ich den Bär so drehe (Handbewegung), ganze Figur 27%/48.6% dann guckt er so wie hier“ drehen
Beispiel/Erläuterung Strategie Häufigkeit t1/t2 (in TrainingsGruppe)
besonders auf den Kopf Drehen 0.9%/4.5% des Bären bzw. den Ball eines Teils bei der Frau achten der Figur
immer die 3. bzw. Favorisierung 18%/9% bzw. immer die bestimmter 1. Antwort Antwortpositionen
bei Item „Bär“ Antwort Lösung mit 22.5/23.4% mit 45%-Winkel geringster Winkeldiskrepanz
Lösungsstrategien beim BiRT
„hat das Fell auf dem Rücken so wie …“; Details 9%/1.8%
„weil ihre Schuhe vergleichen anders sind“
Beispiel/Erläuterung Strategie Häufigkeit t1/t2 (in TG)
“guckt genauso gleiche 9.9%/6.3% wie der hier“ Blickrichtung
“weiß nicht“ keine Antwort 12.6%/6.3%
bzw. Raten
Klasse 1 2 3 4 5 6
1 .93 .01 .04 .00 .01 .02
2 .00 .73 .10 .00 .04 .13
3 .04 .12 .70 .00 .02 .12
4 .00 .03 .02 .80 .00 .15
5 .07 .12 .04 .00 .73 .04
6 .01 .04 .12 .03 .04 .76
Die Klassenzuordnungswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Lösungsklassen (fett gedruckt)
Ergebnisse derLatent Class Analyse
Amberger (2006)