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11. Botanik und Pharmacognosie. Die Koloquinthe als N%hrpflsnze. Von F. A. Fluckiger. Citrullus Colocynthis Arnott ist eine einjahrige am Roden kriechende oder etwas klimmende Gurke mit einer kugeligen, 6 bis 8 oder 10 Centimeter im Durchmesser erreichenden Frucht. Dieselbe ist bemerkenswerth durch ihr trockenes schwammiges und ausserst bitteres Fruchtgewebe, welches schon Reit dem Alterthum zu allen Zeiten als Purgans oder Drasticum benutzt worden ist. 81s Trager der Wirkung ist ein eigenthumlicher Stoff, das Colocynthin, erkannt war- den, wovon die Frucht sehr wenig zu enthalten scheiqt, welcher aber in reinem Zustande iiusserst heftig wirkt,*) Die Kenntniss des Colocynthins in chemischer Hinsicht ist freilicli noch hochst unvollstandig. Von ihrer Wirkung abgesehen ist die Koloquinthe oder Bittergurke ihrer weiten Verbreitung wegen rnerliwiirdig. Sie bewohnt das game ungeheure Gebiet der nordafricanischen Wiiste, uberschreitet das rothe Meer, tritt in Arabien**) auf, findet sich wieder jenseits des persischcn Buljens bis zum Caspimeer und geht bis Indien. Hier ist sie gemeixi, sowohl im Nordwesten, z. B. in Adschmir***), als auch auf der sandigen Coromandelkuste. $) Ausserhalb des heissen afri- ) Sogar tadtlich : Wigger’e -Husernann’scher Jahresbericht 1868. 549. **) P a l g r a v e , Arabie centrale. Trad. par Jouvcaux I (1866) 225. ’”) I r v i n e , General and medical topography of Ajmeer. Calcutta t) Roxburgh, Flora indica III. 720. 1841. 209.

II. Botanik und Pharmacognosie. Die Koloquinthe als Nährpflanze

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11. Botanik und Pharmacognosie.

Die Koloquinthe als N%hrpflsnze. Von F. A. F l u c k i g e r .

C i t r u l l u s C o l o c y n t h i s Arnott ist eine einjahrige am Roden kriechende oder etwas klimmende Gurke mit einer kugeligen, 6 bis 8 oder 10 Centimeter im Durchmesser erreichenden Frucht. Dieselbe ist bemerkenswerth durch ihr trockenes schwammiges und ausserst bitteres Fruchtgewebe, welches schon Reit dem Alterthum zu allen Zeiten als Purgans oder Drasticum benutzt worden ist. 81s Trager der Wirkung ist ein eigenthumlicher Stoff, das Colocynthin, erkannt war- den, wovon die Frucht sehr wenig zu enthalten scheiqt, welcher aber in reinem Zustande iiusserst heftig wirkt,*) Die Kenntniss des Colocynthins in chemischer Hinsicht ist freilicli noch hochst unvollstandig.

Von ihrer Wirkung abgesehen ist die Koloquinthe oder Bittergurke ihrer weiten Verbreitung wegen rnerliwiirdig. Sie bewohnt das game ungeheure Gebiet der nordafricanischen Wiiste, uberschreitet das rothe Meer, tritt in Arabien**) auf, findet sich wieder jenseits des persischcn Buljens bis zum Caspimeer und geht bis Indien. Hier ist sie gemeixi, sowohl im Nordwesten, z. B. in Adschmir***), als auch auf der sandigen Coromandelkuste. $) Ausserhalb des heissen afri-

’) Sogar tadtlich : Wigger’e -Husernann’scher Jahresbericht 1868. 549. **) P a l g r a v e , Arabie centrale. Trad. par Jouvcaux I (1866) 225. ’”) I r v i n e , General and medical topography of Ajmeer. Calcutta

t) R o x b u r g h , Flora indica III. 720. 1841. 209.

236 Dic Koloquinthe als Niihrpflanze.

canisch - asialischen Wiisteiigebietes , welches als die eigent- liche Heimat dieser zierlichen Gurke zu betrachten i u t , ge- deiht sie auch in Syrien his Aleppo und iiberschreitet diew Breite, indem sie unter 36O40' noch am spanischen Cap de Gatas) vorkommt. In gleicher Breite ungefahr wird die Biltergurlre , Ilixeayyocqi&, auch von der griechischen Insel Melos beherbergt , wo sie nach v. H e Id r e i c h 's **) Urtheil wild wilchst. Wir diirfen daher wohl dasselbe von der Insel Cypern vermuthen, wo die Pflanze bei Jeri unweit Nicosia schon seit dem Mittelalter*%$) zur Ansfuhr der Frucht angebaut wird. Iiumerhin mogen die Araber auch die Verbreitung der Rittergurke Iwie so mancher anderer Nutzpflanzen gefordert haben. Schon im 3. Jahrhundert nach Chr. finden wir sie in der nabathaischen (mesopotnmischen) Landwirthtichaft t) und zur Zeit der arabischen Herrschaft in Spanien. Gegen Endc des 10. bis in das 12. Jahrhnndert nennen die arabischen Schriftsteller uber spanische Landwirthschaft die Koloquinthe als Culturpflanze.tt)]

In Europir aber gedeiht sie nur noch in den genannten xiidlichsten Strichen, SO dass ,, Coloquentidae, " deren Anbau K a r l d e r G r o s s e im Jahre 812 in Deutschland verord- nete,ttt) nicht wohl die Bittergurke, sondern vie1 eher etwn Momordica Elalerium bedeutet.

Siidwjirts dagegen findet sich unsere Pflanze wieder auf den Cap Verdischen lnseln ( G r i s e b a c h ) und selbst , nach 31 i q 11 e 1, iuf den Sundainseln.

*) G r i s e b a c h . **) Nutzpflanzen Griechenlands. Athen 1862. 50. ***) M a s L a t r i e , Histoire de l'ile de Chypre, III (1861) 498

Cuhrt als Producte Cyperns an1 Ende des XV. Jnhrhunderts neben Sesam, TIanf, Zucker, Oliven, Storax, Johannisbrod, auch ,, C o 1 o q u i n t i d a " auf.

t) M e y e r , Geschichte der Rotrtnik I11 (1856) 69. tt) So in H a r i b ' s Calender bei D u r e a u d e l a M a l l e , Climato-

logie compar6e dl: l'Italie et de l'dndalousie anciennes et mod. Parip 1849 p. 81 und in Ibn-al-Awam, Libre d'agriculture, traduit p. C l h e n t - IIollet 11 (1866) 226.

ttt) P e r t z , Monumenta Germaniae hist. 111 (1835) 181.

Die Koloquinthe a l s Niihrpflsnze. 837

Die grosse siidafricanische Wiiste Kalahari besitzt eben- falls eine Bittergurke, welche aber nicht mit derjenigen der Sahara identisch, wenn auch mit ihr sehr nahe verwandt ist. Jene siidliche Art ist nemlich eine bitterfriichtige Form der Wassermelone, C i t r u 1 1 u s v u 1 g a r i s Schrader , welche auch als eigene Speciea, C i t r u l l u s a m a r u s oder C i t r u l l u s caf fe r Schrader, aufgefasst worden ist.*) So sehr auch die essbare siisse Wassermelone +rind die bittere in ihrem Ge- Rchmacke verschieden sind, so vollkommen gleich sind ihre Stammpflanzen, ein Verhiiltniss, das ja auch bei dem Mandel- baume, so wie in Betreff der Wurzelbildung bei Manihot ntilissima wieder vorkommt.

Ob in der griechischen Bezeichnung der Bittergurke : Kolokgnthe, oder eben so hiiufig Kolokynte, schon oine An- Hpielung auf ibr massenhaftes Vorkommen liegt oder nichl, mag dahin gestellt bleiben.**) Es ware allerdings berech- tigt, indem viele aufmerksame Reiseude sic als eine in sehr grosser Zahl auftretende Bewohnerin jener sonst so trostloa pflanzenleeren Gebiete hervorheben. So Bruce, Bnrckhard t , Vogel, Schweinfurth und wie sie alle heissen die For- scher, welche sich fur die IVissenschaft irn heissen Wiisten- sande abgemuht haben. Lassen wir in ihrer rrller Xamen den Meister der Pflanzengeographie, G r i s e l ac h, sprechen.*”*)

,,Die Hiiufigkeit einer am Boden kriechenden Cucurbi- tacee, der Koloquinthe, Citrullus Colocynthis, ihre weite, wahr- scheinlich durch Vogd geforclerte Verbreitung ist ein ausge- zeichnetes Beispiel von der Herrschaft des Lebens auch in der Wiiste, wie mit so wenig Feuchtigkeit und wahrend einer

*) P a p p e . Florae capenais medicae prodr. 1857 p. 14. - H a r - v e y nnd S o n d e r Flora capenclis IT (1868) 494. - G r i s e b a r h , Ve- getation der Erde I1 (1872) 578.

220 leitet dim Wort von Kolossos ab, womit zunachst, der riesigen Grosse wegen , die Kiir- bisse , unt,er Hinzufugung der hau6gen Endsilbe L VT oder u v 3 bexeic!inet werden.

**) H e h n , Eulturpflanzen und Hausthierc ete.

***) Die Vegetation der Erde 11 (1874) 97.

238 Die Koloquinthe a l s Niihrpflanzc.

so kurzen Zeit des Wachsthums doch eine saftige") Frucht von der Grosse einer Orange gebildet und mit eigenthumli- chen Stoffen ausgestattet wird."

Begreiflich dass Menschen und Thiere sich bemuht haben, dieser Bewohnerin der Wiiste abzugewinnen , was sie nur irgend bieten kann. Das Fruchtmark wird in Adschmir ohne Nachtheil von Buffeln gefressenw) und nach E. V o g e l ' s Wahrnehmung dient es in der Sahara auch den Straussen zur Nahrung.-) Hierdurch wird ohne Zweifel die weitere Verbreitnng der Koloquinthe nach allen denjenigen Punkten des unwirthlichen Gebietes kraftig gefordert, wo sich nur irgend die Bedingungen zum Gedeihen dieser geniigsamen Pflanze verwirklichen , welche erwiinschte Abwechslung in die Einformigkeit der Wuste bringt.

Daran freilicb ist nicht zu denken, dass ihr Fruchtmark auch dem menschlichen Nahrungsbediirfnisse zu gute kommen konne; es ist auffallend genug, dass dieses trotz der ener- gischen Wirkung des Colocynthins obigen Andeutungen zu- folge bei Thieren der Fall ist. Die Bitterkeit haftet aber in geringerem Grade den Samen an und diesen Umstand hat sich der Instinct der Stiimme zu Nutze gemacht, welche jene weiten %ume durchstreifen und begreiflicherweise mit hochster Begier nach vegetabilischer Kost spahen, an welcher es ihnen sicherlich oft genug gebricht.

In P e r e i r a ' s Elements of Xateria medicat) finde ich schon die Angabe, dass die Samen der Bittergurke nach Cayt. L y on in Nordafrica ein wichtiges Nahrungsmittel bilden. Einem neuern beriihmten Sahara - Forecher , D u v e y r i e r, j-j-) aufolge iet dieses, und zwar schon seit dem Alterthum der Fall bei den Tebus oder Tibbus, den Troglodyten der Alten,

*) Saftreich ist die Koloquinte much in friechem Zustnnde nicht eigent-

**) I r v i n e 1. c. ***) Petermann's Jdittheilungcn 1855. 247. t) Vol. TI. part. 2. (1857) 212. t t ) Ler Touarcgs du Nord.

lich, 80 vie1 ich weise.

Paris 1864. 171,

Die Koloquinthe als Niihrpflanze. 239

Dieser Wustenstamm bereitet die Samen der Bittergurke durch Rosten und Kochen zu einer Nahrung, welche D u v e y - r i e r nicht eben verwerflich fand.

Einen Hauptsitz der Tibbus hat N a c h t i g a l 1870 im Lande Tibesti besucht und in ausfuhrlicher Schilderung*) kennen gelehrt,, nemlich das wilde Gebirgsland Tu, welches sich in 1 7 O und 18O ostl. Liinge von Greenwich uber unge- fahr 5 Breitengrade (18O bis 22O nordl. Br.) erstreckt und sich in seinen Hochgipfiln bis 7000 Fuss iiber das Meer erhebt. In den Anfigen zahlreicher Flussthaler dieser Land- schaft hat eine etwas kraftigere Vegetation den Tibbus da und dort danernde Wohnsitze ermoglicht, von denen aus sie nomadisirend auf die Weideplatze der Kameele und Bur Ernte der Koloquinthenkerne ziehen. Von den Nahrungsver- hiiltnissen dieser Tibbu - Resade (Felsen - Tibbus) entwirft. N a c h t i g al, nach den Erfahrungen seines dortigen ge- zwungenen Aufenthaltes, ein ausserst dusteres Bild. **) In den westlichen Thalern wenigstens stiitzt sich ihre kiimmer- liche Existenz fast ganz auf die Milch ihrer Ziegenheerden, wozu nur wenige erbarmliche Producte der Pflanzenwelt kommen. Darunter eteht obenan der Same der Koloquinthe, Aler genannt. Die Noth zwingt die Felsen-Tibbus zu eehr sorg%altiger Behandlung dieser Samen. Zuniichet werden sie in starken Sacken getreten, urn die letzten Reste des bittern Pruchtmarkes abzulosen. Hierbei miisseii die harten Samen ohne Zweifel unverletzt bleiben und werden hernach dnrch Worfeln rein erhalten. Weniger klar ist der Zweck der folgenden Behandlung ersichtlich, welche nach dem genannten Beisenden darin besteht, dass die Samen mit Asche (von Kameelmist) gemengt auf glatter Steingrundlage mit einem abgerundeten Steine bearbeitet werden. Vermuthlich begiin- stigt die Asche den Angrifl' der harten, sonst beinahe schlupferigen Samenschale, welcher freilich erst durch Befeuch-

") Zeitschrift der Gesellschaft fh Erdkunde zu Berlin V (1870) 216.

* ) 1. c. p. 838. 289 und folg.

240 bie koloquintte als Nihrpflanze.

tung recht zu crreichen ware, wovon aber nicht die Rede ist. Diese Behandlung zertriimmert und beseitigt die Schale und damit auch, wie sich weiterhin ergeben wird, schon die Hauptriienge des Bitterstoffes. Nochmaliges Worfeln liefert nun die Samenkerne ziemlich rein in die Hande der fleissigen Arbeiter. Die Beseitigung der Samenschale wird vermuthlich von andern Stiimmen durch Rostung erreicht, wie die erwiihnte Angnbe D u v e y r i e r ’ s schliessen l b t .

Die Kerne werden endlich , Th c h t i g a 1 ’ s Darstellung zufolge, aufgekocht , wohei die Tibbu- Resade dem Wasser i’risches Laub des Ethelbuschee beigeben.

Die letzte Spur der Bitterkeit entziehen sie den Kernen durch kaltes Wasser, worin sich, wie wir wissen, das (2010- cynthin allerdings auflost. Die entbitterten Kerne trocknen die Tibbus schliesslich an der Sonne und geniessen sie zer- i5eben und mit gleichfalls getrockneten und gepnlverten Dal teln als angenehmes , besonders auf Reisen sehr bequemeR Nahrungsmittel.

Die ZweckmIissigkeit des letztern Zusatzes leuchtet ein, da durch die Auswasserung der Koloqninthensamen ihr ohne- liin geringer Zuckergchalt wahrscheinlich fast ganx wegge- tiihrt wird; nothwendig miissen sie dabei ausserdem auch an Fett einbiissen. Das ganze Verfahren der Tibbus lauft also, wie man sieht, auf Concentration des Stickstoffgehaltes der Samon iind auf Beseitigung des Colocynthins hinaus nnd man wird zugeben miisscn, dass eie sich dam der zweckmiissig Rten Mittel bedienen, welche ihnen in ihren diirftigen Ver haltnissen irgend zuglnglich sind. Eine so rationelle Ver werthung der bescheidenen Gabe der Natur, wie sic in diesen Samen vorliegt, ist in der That bemerkenswerth.

Ich habe mich um so mehv zii niiherer Untersuchung derselben aufgefordert gefuhlt, als sie bei der pharmaceuti- when Verwendung der Koloquinthen, wie mir jetxt scheinen will, ohne znreichendeu Grnnd beseitigt zii werden pilegen.

Die F r u c h t d e r K o l o q n i n t h e zeigt quer durch- Rchnitten sechs Fiicher, deren jedea einen, das Fnichtmark in verticaler Richtung durchsetzenden, Sarnsntrager darbietet.

Die lfoloqnintbe als Niihrpdanze. 941

Letztere tragen an kurzen, weissen Nabelstrangen eine Menge Samen; ihre Zahl in der ganzen Frucht erreicht 200 bis 300, fallt also bei dem massenhaften Auftreten der Pflanze sehr in das Gewicht.

Die S a m en sind bis 7 Millimeter lang , 6'"" breit nnd 2"" dick, entweder flach oder etwas gewolbt, die Riinder abgerundet und glatt. Das eine Ende des Samens la& in eine kurze sanfte Spitze aus, das andere ist breit gerundet, so dass der Umriss des auf der Seitenfiche liegenden Samens eiformig erscheint Das Durchachnittegewicht eines Samens

Die Oberflache der Samen schwankt zwiechen braungel- ber und graubrauner beinahe etwas in griin ubergehender Farbung; in einer nnd derselben Frucht trifft man aber auch weisse Samen, welche in ihrer Ausbildung gehemmt oder noch nicht zur Reife gelangt waren, wenigetens ist der Keim in den weissen Bamen gewohnlich verkummert. Die Ssmen- achale ist glanzend nnd glatt; erst die Loupe zeigt ihre etwas kornige Beachdenheit. Der Nabel bildet eine kurze, helle dicbt nnterhalb der Spitze am Rande des Samens ein- gelassene Linie; etwas langer und mehr vertieft sind zwei ungefar 1 Millimeter lange Furchen f, welche auf jeder Sei- tedache des Samens gegen die Spitze hin lanfen.

betriigt 45 Milligrm.

Arob. d. Phmnn. 111. Rolhe. 1. Bdr. 3. Heft. 16

242 Die Koloquinthe ale Nahrpflonee.

K o l o q u i n t h ensamen .

A, durch die Loupe gesehen: 1) Halfte der Samenschale, die Breitseite darbietend. -

2) Liingsschnitt durch den Samen parallel zu Fig. 1. --

3) Liingsschnitt senkrecht auf Fig. 1. 4) Querschnitt durch eincn Samen.

f’ Furchen mit ungefdrbtem Parenchp gefullt, it Nabel.

7- Wiirzelchen, k Cotyledon, t Samenschale.

R Querschnitt durch die Samenschale , nngefihr 200 ma1 vergrossert

a Cuticula, b Epidermis, c d g Steinzellen-Gewebe (Sclerenchym), dessen innersta

Schicht g aus einer einzigen zusammenschliessenden Reiha ciibischer Zellen besteht.

Durch Druck oder weit besser durch Kocben mit WaR- 8er lasst sich die sehr harte Samenschale law des Randea von der Spitze an sprengen, jedoch nur bis gegen dae breite Ende hin, wo der Zusammenhang der Schale fester ist. Der weiche, weisse Kern fiillt die letztere ganz atis und besteht aus zwei nicht gut trennbaren Cotyledonen k, k, welche flach auf einander liegen und das wenig ausgebildete Wurzelchen 1’

nach der Samenspitzc hin nur wenig vortreten lassen. Daa SamenhSntchen, welches die Kerue umschlicant, haftet ziemlich

Die Koloquinthe ah Klmpflance. 243

fest 3n der Schale. Da letztere ungefahr l/* Millimeter dick ist, so betragt ihr Gewicht durchschnittlich doppelt so viel, wie das der Samenkerne.

Sorgfaltig von den letzten Resten des so ausserst bit- tern Fruchtmarkes befreite Samen schmecken immer noch stark bitter. Diese Bitterkeit kommt in weit hoherem Grade den Schalen d s den Kernen zu; ein einzelner Kern schmeckt nur milde olig, aber mehrere zusammen gekoetet, lamen einen deutlichen bittern Geschmack erkennen.

- Legt man die Samen in kaltes Wasser, so werden sie in geringem Grade schliipferig ohne dass eine auffallonde Quellung stattfindet. Das abgegossene Wasser enthalt den- noch eine ziemlich ansehnliche Menge Schleim, welcher durch neutrales essigsaures Blei , nicht vollstiindig durch Alkohol, gar nicht durch Eisenchlorid oder Borax gefiillt wird. Auch der Bitterstoff geht hierbei in Losung iiber und kann durch Gerbstoff losung niedergeschlagen werden. Es iet daher eigenh lich sehr f r a g l i c h , ob die Pharmacopoen gut d m n thun, die S am e n von der pharmaceutischen Verwendnng a u s z u - 9 c h 1 i e s s e n. Mi t Riicksicht auf ihren unleugbaren Bitter- stoffgehalt wiirde ich diese Vorschrift nicht ferner unter- stutzen.

Der wiisserige Auszug der Sgmen wird durch Eisen- chlorid nur ganz unerheblich gefarbt, durch Jod nicht ver- iindert und reagirt schwach sauer. Da in demselben durch Kaliumjodhydrargyrat keine Trubung hervorgerufen wird , so ist anzunehmon, dass der Geschmack nicht durch ein Alkalo'id mitbedingt wird.

Unter dem Yikroskop findet man die Samenschale von einer glashellen etwa 10 Mikromillimeter diclien Cuticula a bedeckt, wolche ziemlich fest haftet. Die Epidermis b besteht aus einer Reihe radial gestellter Zellen, deren BusRere Wiinde stark verdickt sind und hauptsachlich den in Wasser loslichen Schleim abgeben , ohne jedoch die Erscheinung des Aufquel- lens in dem Maasse darzubieten wie so viclo andere Samen. Die niclit sehr weite Hohlung der Epidermiszellen enthalt einen braiinen kornigen Inhalt, welcher durch weingeistigee

1G*

244 Die Koloquinthe ale Nahrpflanzo.

Eisenchlorid schwarzlich gefarbt wid. Die Dicke der Epi- dermis erreicht kaum 50 Mikromillimeter, das ubrige Gewebe der Schale ist ganz aus zierlich geschichteten Steinzellen c d g gebaut. Diejenigen Schichten dieses Sclerenchyms, welche dicht unter der Epidermis liegen (c), so wie diejenigen unter der Innenflache der Schale bei c', sind klein im Ver- hiiltnisse zu den grossen unregelmassigen Steinzellen, welche die Mittelschicht der Samenschale zusammensetzen. Da- gegen zeichnen sich die Steinzellen, welche die ganze innere Wandung der Samenschale auekleiden , durch ihre ansehnliche Grosse und wiirfelige Gestalt sehr aus. Sie sind dicht gedrangt zu einer schon dem unbewaffneten Auge erkennbaren dunklern einzelligen Schicht g zusammen- gefugt. Am Scheitel des Samens ist das sonst sehr feste Steinzellengewebe etwae lockerer ; in den 4 schon erwahnten Furchen findet man sehr weite Zellen ohne festen Inhalt, deren ungefarbte derbe knorpelige Wande in kochendem Wasser nicht auffallend veriindert werden. Ich sehe daher keine besondere Aufford erung dam, dieses Gewebe als Schleim- zellen zu bezeichnen, unter welchem Namen Berg*) dm- selbe auffihrt. Jod farbt die Steinzellen, nicht die Cuti- cula, gelb.

Die Cotyledonen endlich zeigen in ihrem dunnwandigen Pdrenchym keine auffallenden Verhaltnisse ; der Zellinhalt besteht aus kleinen runden Kornchen, yvelche im polarisirten Lichte nicht krystalloPdische Structur darbietsn. Bus Car- minlosung nehmen diese Kornchen den Farbstoff auf und wer- den durch Jod in Jodkaliumlosung gelbbraun, durch salpeter- Raures Quecksilberoxydul roth und durch alkalisches Kupfer- tartrat violett gefarbt, wonach sie fur Protei'nstoffe zu halten sind. Einige Reihen des Gewebes der innern Flache der Cotyledonen sind aus senkrecht zu dieser Beriihrungsflache verlangerten ansehnlichern Zellen gebaut ; die oberflachliche Schicht dagegen besteht aus weit kleinern Zellen , welche als knorpelige derbe fes t zusammenhangende Haut den ganzen

*) Darstellang u. Beschrdning dcr offlcinellen Gewtichse. Heft 25. Taf. 6,

Die Koloquinthe ids Nahrpflrnze. 245

Keim umscliliessen. Diese innere Samenhaut namentlich erwei8t sich durch die starken Fiirbungen, welche ihr jene eben genannten Reagentien ertheilen , als reich an Eiweiss. Aber selbst die sclerenchymatischen Schichten der Famen- schale , wenigstens die innern, scheinen in den Zellwiinden noch etwas Eiweiss zu enthalten, denn sie werden durch Jod gelb und durch salpetersaures Quecksilberoxydul nach einiger Zeit roth gefarbt.

Feine Schnitte aus den Cotyledonen der Koloquinthen- samen zeigen nnter concentrirtem Glycerin grosse Oeltropfen ; durch Zusatz von Wasser oder von Xalilauge wird ein weit reichlicherer Austritt von Oel herbeigefM.

Zucker liess sich auf mikrochemischem Wege nicht nach- weisen; docb enthalt der Same eine geringe Menge dessel- bon. Wird nemlich das wasserige Decoct durch neutrales essigsaures Blei vom Schleime befrei t und das concentrirte Filtrat nach dem Erkalten mit alkalischem Kupfertartrat ver- setzt, so scheidet sich nach kurzer Zeit etwas Kupferoxydul- hydrat aus. Der Zucker krystallisirt nicht.

Fur den N a h r n n g s w e r t h der Samen kommen daher das fette Oel und der Proteingehalt in Betracht, wenn von dem Zucker abgesehen wird. Zur Bestimmung des erstern habe ich 8,029 Grm. bei 1000 getrockneter Samen gewiihlt, welche in ungefahr gleicher Menge aus braunen, gelblich- grauen und weissen gemischt , der durchschnittlichen Be- schaffenheit der ohne Auslese aus den Friichten zu gewin- nenden Samen entsprechen mochten. Die in Arbeit genom- menen Samen aerquetschte ich mit groblichem Quarzpulver, bis keine nnzerrissenen Theilchen mehr wahrgenommen wur- den und brachte das Gemenge in eine spitz ausgezogene Glasrohre, worin es 20 bis 30 Male von heissen Aether- dampfen durchdrungen wurde. In dem Kolbchen blieben nach dem Verjagen des Aethers 1,2925 Oel = 16,94 pC. zuriick. Dieses Oel zeigt eine hochst unbedeutende gelbliche Flirbung, ist sehr dickflussig, ohne jedoch in der Winterkalte zu erstar- ren und schmeckt nicht bitter, sondern milde. In Beruhrung mit Untersalpetersaure wird es nicht feat, wonach es den

246 Die Koloquinthe a le Niihrpflanre.

trocknenden Oelen beizuzahlen ist. Doch verdickt es sich in dunner Schicht an der Luft nur langsam.

Das E i w e i s s ist wie 80 haufig in zwei Formen vor- handen. Ein geringer Theil desselben geht nemlich in kaltes Wasser uber und triibt dasselbe, doch nur sehr schwach, beim Kochen oder nach Zusatz von Essigsiiure oder Phenol, die Hauptmenge aber wird von den unter dem Mikroskop sichtbaren in Wasser nicht loslichen Komchen gebildet. 2,7875 Grm. im Waeserbade getrockneter Samen von glei- cher Art, wie die zur Oelbestimmung genommenen, werden mit Quarzpulver zerrieben und mit Natronkalk verbrannt. Die Ammoniakdampfe werden von S a h a u r e absorbirt, der Salmiak bei 80° bis 90e, zuletat bei gewohnlicher Temperatur uber Schwefelsaure zur Trockne gebracht und durch Umkrystalli- siren weiss erhalten. Er lieferk 0,271 geschmolzenes Chlor- silber , woraus sich 0,1004 Chlorammonium ergaben. *) Diese Zahl entspricht 0,0265 Stickstoff; der Same hatte also 0,950 pC. Stickstoff geliefert, welche mit 6,25 multiplicirt (da in dem Eiweisse ungefahr 16 pC. Stickstoff vorkommen), einen Eiweissgehalt von 5,93 pC. ergeben. Wahrend das Mikro- skop im Gewebe der Cotyledonen dicht gedriingte Eiweiss- k6rner erkennen lasst , ist der durch die Analyse ermittelte Procentsatz gering ; der Widerspruch erklart sich daraus, dase ja auf die Samenkerne niir ein Drittel des Gesammtge- wichtes der Samen fdllt.

Dem entsprechend wurde sich der Protei'ngehalt der Kerne allein rerdreifachen. Was von Eiweiss in den Zell- wanden des Sclerenchyms g d steckt, dsrf nicht hoch ange- schlagen werden; die Schalen geben bei der trockenen De- stillation natiirlich saure Dampfe.

Den Gehalt der Samen an u n o r g a n i s c h e n S t o f f c n habe ich in verschiedcnen Versuchen von 2,48 bis 2,1 pc. schwankend gefunden. Damit contrastirt der hohe Aschen- gehalt des lockeren Fruchtmarkes, nemlich 11 pC., wic ich

*) Direct gewogen zeigte der Salmiak 0,119 Gewieht.

Weiterc bryolugiache Xotizeu uus dem lihongebiqe. 247

whon friiher hervorgehobcn habe.") - In der Asche der Samen konnte ich, wenigstens vermittelst der Sodaperle in der Oxydationsflamme, kein Mangan finden.

Lufttrockene Samen verlieren bei looo durohschnittlich 7,17 pC. Wasser.

Wie sich von vornherein erwarten liess, enthalten die Roloquinthensamen die gewohnlichen Nahrstoffe und zwar, wenn die Samen unverandert in Betracht gezogen werden, nur in geringer Menge. Faasen a i r aber die von den Wiistenbe- wohnern zubereiteten Kerne allein ins Auge, so ist eine mit iingefahr 48 pC. fetten Oeles und 18 pC. Eiweiss ausgestat- h t e Substanz, welche in reichlicher Menge ohne alle Pflege geerntet werden kann, in jenen von der Natur vernachlgssig- ten Landstrichen nicht gering anzuschlagen und wir miissen dem Instincte der genannten Volkerachaften alle Anerkennung zollen, dass sie auf dieses Nahrungsmittel verfallen sind.

Weitere bryologische Notimen aus dem Rhhgebirge. Von A d e l b e r t G e h e e b , Apoth. in Geisa.**)

,, Wem's die Alpen einmal angethan, " sagt Dr. L o r e n t z in einer friiheren Nummer (1868) der ,,Flora," ,den lassen sie nicht wieder 10s , und wenn der Herbst kommt , die Zeit des Wanderns, dann kehrt das Heimweh in die Brush ein und zieht uns unwiderstehlich zum Hochgebirge." - Und die Rhon, sie ist dem Moossammler eine Art Alpenwelt! Wo D i c r a n u m Mi ih lenbeck i i Friichte treibt und L e p t o - t r i c h u m g 1 a u c e a c en s seine blaugriinen Raschen ausbrei- tet, - wo das priichtige M u l g e d i u m n l p i n u m bliiht und im Grase auf luftiger Hohe L y co plod i u m a 1 p i n u m griint, -

*) Lehrbuch der Pharmakoguosie 596. **) ills Separataldruck aus der ,,Flora'' vom Herrn Verf. erhalten. Man vergleiche die friiheren Artikel Desselben in Archiv 11, 146,

59 und 146, 89 M d 170. E. A.