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III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen Natura non facit saltus“ (Die Natur macht keine Spr¨ unge), dieser Anspruch von Raoul Fournier (1627) galt lange bei der mathematischen Behandlung von Naturvorg ¨ angen. Bei der Anwendung des Funktionsbegriffs auf Probleme der Naturwissenschaften z.B. auf Bewegungsvorg¨ ange in der Physik, aber nat¨ urlich auch bei innermathematischen Anwendungen des Funktionsbegriffs, kann man feststellen, dass die betrachteten Funktionen (Abbildungen), h¨ aufig die folgende Eigenschaft haben: ¨ Andert man das Argument einer Funktion nur wenig, dann ¨ andern sich auch die Funktions- werte nur wenig und zwar ¨ andert sich beliebig wenig, wenn sich gen¨ ugend wenig ¨ andert. Dies kann man in der Sprache genau ausdr ¨ ucken, wir kommen darauf zur¨ uck, wir geben zurecht ur die Stetigkeit eine andere -gleichwertige- Definition, die auf dem Folgenbegriff basiert. Der Be- griff des Grenzwertes einer Funktion uhren wir auf den Stetigkeitsbegriff zur¨ uck. 11 Der Begriff der Stetigkeit Wir betrachten im Folgenden Funktionen, deren Definitionsbereich i.a. eine nicht leere Teil- menge von und deren Werte in liegen, dabei ist wie bisher immer entweder oder . Verallgemeinerungen, etwa auf Abbildungen liegen auf der Hand. Systematisch kommen wir hierauf aber erst sp¨ ater zur ¨ uck. 11.1 Definition (Folgenstetigkeit) Sei und eine Funktion. heißt stetig an der Stelle oder im Punkt , wenn f¨ ur jede Folge mit und , die Bildfolge gegen konvergiert: heißt stetig schlechthin oder stetig auf , wenn an jeder Stelle stetig ist. Ist nicht stetig an der Stelle , dann heißt unstetig in . Bemerkungen: (a) Wegen , kann man die die Stetigkeit charakterisierende Bedin- gung auch als schreiben: Grenzwertbildung und Funktionauswertung d ¨ urfen also vertauscht werden. (b) Die hier definierte Stetigkeit ist eigentlich die Folgenstetigkeit, sie ist jedoch mit der Stetigkeit ¨ aquivalent (vergl. 11.2). Aus den Rechenregeln f¨ ur konvergente Folgen (vergl. 8) folgt sofort:

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionenerz/Kap11_13.pdf · Natura non facit saltus“ (Die Natur macht keine Sprunge),¨ dieser Anspruch von Raoul Fournier (1627) galt lange bei

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III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen

”Natura non facit saltus“ (Die Natur macht keine Sprunge), dieser Anspruch von Raoul Fournier

(1627) galt lange bei der mathematischen Behandlung von Naturvorgangen. Bei der Anwendungdes Funktionsbegriffs auf Probleme der Naturwissenschaften z.B. auf Bewegungsvorgange in derPhysik, aber naturlich auch bei innermathematischen Anwendungen des Funktionsbegriffs, kannman feststellen, dass die betrachteten Funktionen (Abbildungen), haufig die folgende Eigenschafthaben:Andert man das Argument � einer Funktion

�nur wenig, dann andern sich auch die Funktions-

werte nur wenig und zwar andert sich��� ��� beliebig wenig, wenn sich � genugend wenig andert. Dies

kann man in der ����� Sprache genau ausdrucken, wir kommen darauf zuruck, wir geben zurechtfur die Stetigkeit eine andere -gleichwertige- Definition, die auf dem Folgenbegriff basiert. Der Be-griff des Grenzwertes einer Funktion fuhren wir auf den Stetigkeitsbegriff zuruck.

11 Der Begriff der Stetigkeit

Wir betrachten im Folgenden Funktionen, deren Definitionsbereich � i.a. eine nicht leere Teil-menge von und deren Werte in � liegen, dabei ist � wie bisher immer entweder � oder .Verallgemeinerungen, etwa auf Abbildungen�� ����������������������� "! �liegen auf der Hand. Systematisch kommen wir hierauf aber erst spater zuruck.

11.1 Definition (Folgenstetigkeit)

Sei ���# $�%�&� "! und�� ����� eine Funktion.�

heißt stetig an der Stelle ')(*� oder im Punkt ')(+� , wenn fur jede Folge� � � � mit � � (*� und,.-0/�2143 � � ' , die Bildfolge

�5��� � � �6� gegen��� ' � konvergiert:,0-0/�2143 ��� � � � ��� ' �87�

heißt stetig schlechthin oder stetig auf � , wenn�

an jeder Stelle '9(:� stetig ist.Ist�

nicht stetig an der Stelle ';(:� , dann heißt�

unstetig in ' .Bemerkungen: (a) Wegen ' ,.-0/�2143 � � , kann man die die Stetigkeit charakterisierende Bedin-

gung auch als ,.-0/�2143 ��� � � � �:< ,0-0/�2143 � �>=schreiben: Grenzwertbildung und Funktionauswertung durfen also vertauscht werden.

(b) Die hier definierte Stetigkeit ist eigentlich die Folgenstetigkeit, sie ist jedoch mit der�?�+�� Stetigkeit aquivalent (vergl. @ 11.2).

Aus den Rechenregeln fur konvergente Folgen (vergl. @ 8) folgt sofort:

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 204

11.1.1 Satz

Die reelle oder komplexe Betragsfunktion, alle Polynome und rationale Funktionen sind in ihrenjeweiligen Definitionsbereichen stetig.

Wir wiederholen den Beweis etwa fur Polynome: Sei

� � � � �� ' � � ��� ' ��� � � ��� � � 7 7 7 � '

( '�� (� ) ein Polynom; (���� ��';() und� � � � � � � () , eine Folge mit,0-./�21 3 � � ' 7

Dann gilt auch,0-./�2143 ���� ' � und allgemeiner fur jedes (����,0-./�21 3 � �� ' �

und damit auch ,0-0/�2143 � � � � � ,.-0/�2143 � ' � � �� � ' ��� � � ��� �� � 7 7 7 � '�� � ,.-0/�2143 ' � � �� � ,0-0/�2143 ' ��� � � ��� �� � 7 7 7 � ' � ' � '�� � ' ��� � '���� � � 7 7 7 � ' � � � ' �87Wir geben fur die Stetigkeit der -ten Potenz

� (�� �� � � �

� �� � �einen direkten Beweis:Sei '9(: und

� � � � eine Folge mit,.-0/�21 3 � � ' .Als konvergente Folge ist die Folge� � � � beschrankt, es gilt etwa � � � ����� fur alle �+(�� . Dann gilt

auch � '������ . Es gilt dann

� � � � � � � � � � � ' � � � � �� �+'���� � � � � �*' � � �"! � � � ��� ' ��� � �

� � � � �+'�� � �"! � � � � � � ��� � # � � � �+'�� mit # � �

�"! �� � � � � ��� � 7

Weil die rechte Seite gegen Null konvergiert, konvergiert auch die linke Seite gegen Null, d.h. esgilt ,0-0/�2143 � � � � � � � � � ' � ' � 7

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 205

11.1.2 Weitere Beispiele und Bemerkungen

(a) Die Dirichlet-Funktion ��� � ����� ��� mit

� ��� �� �2� falls � rational� � falls � irrational

ist an keiner Stelle ' ( � � ���� stetig. Ist namlich ' ( � � ���� rational, so wahlen wir eine Folge� � � � ,0-./� 143 � � ' , fur welche die � � irrational sind. Dann gilt��� � � � �

, also auch,.-0/�2143 ��� � � � � � � ��� ' �87Ist '"( � � ����� irrational, so wahlen wir eine Folge

� � � � mit,0-0/�2143 � � ' , fur welche die � �

rational sind. Dann gilt��� � � � � , also auch,.-0/�2143 ��� � � � � � � ��� ' �87

(b) Die Riemann-Funktion�)��� � �������� mit

��� ��� � ��� � falls � rational und � � ��� (Darstellung gekurzt:� ��� ��� �2� (�������� � �� � sonst

ist unstetig in allen rationalen Punkten aus� � ���� und stetig in allen irrationalen Punkten aus� � ���� .

Der Beweis der Unstetigkeit in den rationalen Punkten verlauft nach dem gleichen Muster,wie bei Beispiel (a):Ist ';( � � ��������� , dann wahlt man eine Folge

� � � � mit � � ( � � ����� , � � irrational und,0-0/�2143 � � ' .Dann ist

��� � � � �, also auch

,0-./�2143 ��� � � � �.

Der Beweis, dass�

in allen irrationalen Punkten '( � � ���� stetig ist, sei als Ubungsaufgabegestellt (vergl. auch Ubungsaufgabe ???).Versuchen Sie, den Graphen von

�fur wenigstens fur einige Argumente � ( � � ���� zu skizzie-

ren.

(c) Die Großte-Ganze Funktion� � � � � �� �� � � � /������ � ("!4� � � �$#ist unstetig fur alle

� ("! , stetig fur alle� ()� �%! .

Beweis: (a) Wir zeigen, dass� � an jeder Stelle

� ("! unstetig ist. Dazu wahlen wir die Folge� � � � mit � � � � � �� fur alle � (�� . Dann gilt,.-0/� 143 � � �

, aber mit� � � � ist

,.-0/�2143 ��� � � � ,.-0/�2143 �'& � � ��)( ,.-0/�2143 � � �*� � � �+� � � ��� � �

Die Bildfolge konvergiert also nicht gegen den Funktionswert��� � � .

(b) Wir zeigen, dass� � � � an jeder Stelle ';()� �,! stetig ist.

Nach der Definition von� � gibt es genau eine ganze Zahl

�mit�.- ' -/� � � und

��� ' � � '0� � 7Ist nun

� � � � eine beliebige reelle Folge mit,.-0/�2143 � � ' 7

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 206

321-1

3

2

1

��

� �� �

� �

� �

� �

� �

Abbildung 9: Skizze des Graphen von� �

Zu � / -�� � ' � � � � � � � ' #�� �gibt es dann ein � � � � ( � , so dass � � � � '�� -

fur alle �*( � mit ��� gilt.Nun gilt

� � � �+' � - ��� ' �* - � � - ' � und hieraus folgt wegen der Wahl von �.- � � -/� � �fur alle ���� . Dann gilt aber fur alle ������� � � � � � � � � �also gilt ,0-./� 143 ��� � � � � ��� ' �87

Ubungsaufgabe:Geben Sie fur

� (+! eine Folge� � � � � � � ( � , fur welche

,0-./�2143 � � � (+! gilt, fur welche

aber die Bildfolge��� � � � � � � � divergiert.

(d) Die Funktionen� � �� ��� � �� � �� �� � ������ �

� � �� � � � ���� �� � � � �� � � �sind stetig.Denn wir wissen: Konvergiert die komplexe Zahlenfolge

� � � � gegen � ( , dann konvergiertdie Folge

� �� � � gegen�� und die Folge

� ��� � � � �6� konvergiert gegen ��� � ��� bzw.� � ��� , und die

Folge� � � � � � konvergiert gegen � � � .

11.2 ������� Charakterisierung der Stetigkeit

Einleitend haben wir schon bemerkt, dass Stetigkeit von�

an der Stelle � folgendes bedeutet:��� ��� andert sich beliebig wenig, wenn sich � nur hinreichend wenig andert.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 207

Wir beweisen gleich den folgenden

11.2.1 Theorem (Aquivalenzsatz fur Stetigkeit)

Ist� � ����� eine Funktion, ';(:� . Dann sind folgende Aussagen aquivalent:

(a) Fur jede Folge� � � � , � � (:� , mit

,0-./�21 3 � � ' konvergiert die Bildfolge� ��� � � �6� gegen

��� ' � :,0-./� 143 ��� � � � ��� ' � �d.h.

�ist (folgen-)stetig in ' .

(b) Zu jedem � � �gibt es ein � �

, so dass fur alle � (:� mit � � �+'�� - gilt

� ��� ��� � ��� ' � � - � 7 ( �%�+�� Stetigkeit von�

in ' )(c) Zu jeder � � Umgebung ��� �5��� ' �6� gibt es eine �� Umgebung ��� � ' � mit��� � ��� � � ' �6� ��� � � ��� ' � �87 (Umgebungsdefinition der Stetigkeit in ' )

Beweis : Wir zeigen:� ' � � ��� � � ��� � � � ' � und

�� � ��� � � .Wir zeigen zunachst

�� � � � ' � :Die � � �� Bedingung sei also erfullt und es sei

� � � � eine Folge mit � � ()� und,.-0/�2143 � � ' .Zu zeigen ist:

,0-0/�2143 ��� � � � ��� ' � . Ist � � �beliebig vorgegeben, dann wahle man dazu ein � �

nach Definition der ���:�� Stetigkeit. Weil� � � � gegen ' konvergiert, liegen in � � � ' � fest

alle Folgenglieder, d.h. es gibt ein ��( � , so dass fur alle �*( � mit �� � gilt� � (���� � ' � ��� � � � �+'�� - fur ���� 7Nach Voraussetzung folgt dann

��� � � � ��� � � ��� ' �6� oder aquivalent � ��� � � � � ��� ' � � - � fur alle���� , d.h.

,0-./�21 3 ��� � � � ��� ' � .� ' � � �� �Sei also jetzt

�folgenstetig in ' .

Wir fuhren ein Widerspruchsbeweis und nehmen an, dass die � � �� Bedingung i.a. nichterfullt ist. Dann gilt: Es gibt ein (Ausnahme) � � � �

, so dass fur alle � �ein � ()� existiert,

fur das zwar � � �*'�� - , aber � ��� � � � ��� ' � � � � gilt.Wenn dies fur alle � �

gilt, dann gilt dieses insbesondere fur �� , �*( � beliebig. Es gibtalso ein � � � �

und zu jedem � ein � � (:� mit

� � � �*'�� - �� und � ��� � � � � ��� ' � � � �

fur alle � (�� .Die Folge

� � � � konvergiert offensichtlich gegen ' (� �� � ist eine Nullfolge), aber die Bildfolge

konvergiert nicht gegen��� ' � . Das ist ein Widerspruch zur vorausgesetzten Folgenbedin-

gung. Deshalb war unsere Annahme falsch, d.h. die �?� �� Bedingung ist doch erfullt, wenn�in ' folgenstetig ist.��� � ��� �� � ist offensichtlich aufgrund der Definition des Begriffs � � Umgebung bzw. �� Umgebung.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 208

11.2.2 Bemerkungen und Beispiele

(a) Ist ����� und� � ����� eine reellwertige Funktion und veranschaulicht man sich

�mit Hilfe

von ��� ' ��� � � � , dann bedeutet die Stetigkeit von�

in ' folgendes:Fur beliebiges � � �

sei

� � � � � � ��� � (�� �:� � ��� ' � � � - ��� ' � � � #der � � Streifen (der Breite � � ), dann gibt es dazu ein � �

, so dass fur alle � (:� � � � � ' � gilt��� � � ( � � , d.h. man kann den Graphen von�

uber � � � � � ' � in einem Kasten von beliebigkleiner Hohe einsperren (siehe Abb.10).

f(a)+e

a-d a a+d

f(a)-e

f(a)Se

Graph(f)

RI

RI

Abbildung 10: �%�+�� Stetigkeit von�

in 'Das wird in der Regel von � und der Stelle ' abhangig, wahlt man ein beliebiges � , wirdman in der Regel auch verkleinern mussen.Zur Veranschaulichung von Funktionen

�*� � � � �&� � kann man sich zwei Exemplarevon vorstellen, in der einen Ebene denkt man sich die Punkte von � aufgetragen (wobei� sein kann), in der anderen Ebene die Bildpunkte

��� � � , � (:� . (siehe Abb.11)Zu einem beliebig vorgegebenem � � Umgebung � � � ' � mit

��� � ��� � � ' � � � � � � ��� ' �6�

f(a)f

f(D)

U (f(a))e

D

dU (a)

a

Abbildung 11: Umgebungsdefinition der Stetigkeit in '(b) Die Quadratwurzelfunktion

� �� � �� �� �ist in jedem Punkt '9(�� stetig.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 209

Beweis : Ist ' �und � � �

beliebig vorgegeben, so kann man � � � wahlen, denn wegender Monotonie der Wurzelfunktion gilt dann

� � � � - �fur alle � mit

� � � - � � . Ist ' � �, so formen wir zunachst um:

� � ' � �+' � � ' 7Hieraus erhalt man, dass man � '�� � wahlen kann, denn wenn � � �#' � - und� (:� gilt, so ist

� � � '�� - ' � � � ' - � 7

(c) Allgemeiner gilt: Fur jedes� (�� ,

� � , ist die�-te Wurzel

� � � � �stetig.

Beweis : Wir verwenden die Ungleichung��� � � � '4� � � ��� �� � ' � � �fur ' � � � �

.Beweisen Sie die Ungleichung

��� � mit Hilfe des binomischen Satzes, indem Sie

' � � � '4� � � � � ���fur ' � �

zeigen.Seien nun � � '9()�� und � � �

beliebig vorgegeben. Man kann � � wahlen, denn esgilt dann fur � � �*'�� -

� � � � � '���� �� � � �*'�� - � � � � � 7

(d) Wir beweisen nochmal die Stetigkeit von� � � � � �� �� � � �fur nicht ganzzahlige Argumente '9(:� .Es gibt genau eine ganze Zahl

�mit

�.- ' -/� � � .Man wahle � / -�� � '4� � � � � � �*' # (Zeichnung!),

dann folgt aus � � �+'�� - � � � � � '0� � - �fur jedes positive � .Zu jedem � � �

kann man also stets dasselbe wahlen.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 210

(e) Das zur vorgegebenen Toleranzschwelle � zu bestimmende wird i.a. von � und der Stelle 'abhangen.Als einfaches Beispiel betrachten wir �� �

� �� � �

Wir wissen, dass�

stetig ist (nach dem Folgenkriterium), geben aber nochmals zur Einubender Technik einen �%�+�� Beweis.

Fur � � ' () versuchen wir unter der Voraussetzung � � �*'�� - � ��� � � � ��� ' � � � � � �*' � �

so durch einen von � unabhangigen Ausdruck nach oben abzuschatzen, dass wir aus demgroßeren Ausdruck die Zahl mit der gewunschten Genauigkeit berechnen konnen. Es gilt

� � � �+' � � � � � �+' � � � � ' � � � � � '�� � � �*'��� � � � � � � '�� � � � �*'��- � � � � � � '�� � 7

Aus � � �*'�� - folgt� � � ��� '���� � � �+'�� - � also

� � � - � '�� � und � � � � � '�� - � � '�� � 7Wir wollen � �

so bestimmen, das � � � ' � � � � �wird.Da lediglich der Einschrankung � �

unterworfen ist, sonst aber beliebig ist, betrachtenwir nur Zahlen mit

� - � � .Dann gilt

� � � �*' � � - � � � ' � � � � � � � '�� � � � 7Aus der Bedingung

� � � ' � � � � � � erhalt man

� �� � ' � � �

Wahlt man daher von vornherein � - � / - �$� �2� �� � '�� � � # �

dann folgt aus� ��� � � � ��� ' � � - � � � '�� � � �� � � � '�� � � �

fur alle � mit � � �+' � - � ��� ��� � ��� ' � � - � � � '�� � � � � �

� � '�� � � � 7Ubungsaufgabe:Versuchen Sie nach dem gleichen Schema einen �?�*�� Beweis fur die Stetigkeit von�� �

� �� ���

zu geben.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 211

(f) Funktionen�)� ����� , fur die es eine Konstante

� �gibt, so dass fur alle � � �9(:� gilt

� ��� ��� � ��� � � ��� � � � � ��� �sind stetig auf � .Solche Funktionen nennt man auch Lipschitz-stetig (Rudolf Lipschitz, 1832-1903). Im Fall� - � spricht man auch von einer Kontraktion.Fur den Stetigkeitsbeweis setze man �� falls

� � �und � falls

� �.

Das zur Toleranzschwelle � � �zu bestimmende ist also unabhangig von der betrachten-

den Stelle.

Beispiele fur Lipschitz-stetige Funktionen auf sind:

( � ) die linear-affine Funktion

� � ' � � () �� �� ' � � �

mit� � ' � .

Insbesondere sind alle konstante Funktionen auf und ����� Lipschitz-stetig;

( � ) die Funktionen � � �� ��� � �� � �� �� � ������ �� � �� � � � ���� �� � � � �� � � �

mit der Lipschitz-Konstanten� � ;

(g) Ist � � �2� � ��� und��� � � irgendeine Funktion, dann ist

�stetig im Punkt ' � . Zu

beliebig vorgegebenem � � �wahle wir namlich etwa �

� , dann folgt aus � � � � � - �� und� ()� notwendig � � , also ist

� ��� � � � ��� ' � � � - �fur jedes � � �

.Mit dem Folgenkriterium kann man so argumentieren:Ist� � � � eine Folge mit � � (�� und

,0-0/�2143 � � � , dann liegen fast alle Folgenglieder in ����� � � ,

das heißt feast alle Folgenglieder � � sind gleich 3. Dann ist auch��� � � � ��� � � fur fast alle � ,

d.h.,0-0/�2143 ��� � � � ��� � � .

Verallgemeinerung:Ist '9()� ein isolierter Punkt von � , d.h. gibt es eine � -Umgebung ��� � ' � ( � � �

) mit �"� ��� � ' � � ' # , dann ist jede Funktion�� ����� stetig in ' .

11.2.3 Bemerkung

Stetigkeit in einem Punkt ' ( � is eine lokale Eigenschaft, d.h. ist� � � � � eine Funktion

und '( � , dann ist�

genau dann stetig in ' , wenn es eine � -Umgebung von ' gibt, so dass dieEinschrankung � � � ����� � ' �stetig in ' ist.Ist � � � � ��� � ' � , dann ist

� � � naturlich stetig in ' , wenn�

stetig in ' ist, denn jede Folge� � � � ,� � (�� , die gegen ' konvergiert, konvergiert auch in � gegen ' .

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 212

12 Rechenregeln fur stetige Funktionen

Wie wiederholen nochmals (vergl. @ 11.1.1)

12.1 Satz

Sind� ��� � � � � stetig in '+( � , dann sind auch

� � � und� � stetig in ' . Insbesondere ist

�stetig in ' fur jedes

(�� . Ist außerdem � � ' � � �, dann ist�

�� ��� � � � ()�)��� � � � � � # ���

stetig in ' .Beweis Ist

� � � � eine Folge mit � ()� und,0-./�2143 � � ' . Dann gilt

,0-0/�2143 ��� � � � ��� ' � und,0-./�21 3 � � � � � � � ' � wegen der Stetigkeit von

�bzw. � in ' .

Nach den Rechenregeln fur Folgen (vergl. @ 8) folgt,0-0/�2143 �5� � � � � � � � ,0-./� 143 ��� � � � � ,0-0/�2143 � � � � � ��� ' � � � � ' � �5� � � � � ' � 7Ist� � � � eine Folge mit � � ()� � und

,0-0/�2143 � � ' , dann gilt,0-./� 143 � � � � � � � ' � � � � � 7Wegen � � (:� � ist � � � � � � �

, daher folgt

,.-0/�2143 ��� � � � ,0-./� 143 �

� � � � � �� � ' � �

�� ' �87

Die allgemeine Behauptung folgt jetzt aus �� � � �� 7

Aus Satz 12.1 folgt, dass die stetige Funktion� � � � � eines � -Vektorraums, sogar eine � -

Algebra bildet.Aus dem Satz ergibt sich nochmals die Stetigkeit von Polynomen in � bzw. und die Stetigkeitrationaler Funktionen auf ihren jeweiligen Definitionsbereichen. Ist namlich � ��� ,

� ��� Polynome,so ist � � � (: �� � ��� � #eine endliche Menge (nach dem Fundamentalsatz der Algebra) und

� � � ��� � � � � � � () �� � ��� � � #So ist z.B. die rationale Funktion

� � � � �� � � � � � � � �*� �� � � �stetig auf � .Stetigkeit ist auch mit dem Zusammensetzen von Funktionen vertraglich.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 213

12.2 Satz

Sind � und � �#� und� � ����� und � � � ��� Funktionen und ist

�stetig in ';(:� und � stetig

in�%� ��� ' � , dann ist die Zusammensetzung � � �� � � � stetig in ' .

Schlagwort: Die Zusammensetzung stetiger Funktionen ist stetig.

Beweis: Ist� � � � eine Folge mit � � ()� und

,0-./�21 3 � � '9(�� und � � � ��� � � � .Dann ist

� � � � eine Folge in � mit

� ��� ' � ,0-./�21 3 ��� � � � ,0-./�21 3 � � 7Wegen der Stetigkeit von � in

� ��� ' � , gilt

� �5��� ' �6� � �� � ,0-0/�2143 � � � � � ,.-0/�2143 � � ��� � � � � ,0-./�21 3 � � � � � � � � �87

Geben Sie einen weiteren Beweis fur Satz 12.2 mit Hilfe der �%�+�� Stetigkeitsdefinition.

12.3 Folgerung

Insbesondere sind mit�

auch�� � � � � � � � � und

� � stetig. Als Zusammensetzung stetiger Funk-tionen ist z.B. � � � � � � � stetig.

12.4 Bemerkung

Sind� � � ��� und � � � ��� stetige Funktionen und gilt� � � ��� � �

dann gilt��� ��� � � ��� fur alle � (:� .

Die Werte einer stetigen Funktion auf � sind also durch ihre Werte auf � schon eindeutig bestimmt.Hieraus folgt z.B., dass die Menge � � � � � � � � � (�� � � � � � � � � � stetig # der stetigen Funktionenauf � , die gleiche Machtigkeit wie � hat:

� � � � � ��� � �87Beweis der Bemerkung: Zu zeigen ist: Es gilt

��� � � � � � � fur alle � (�� , wenn� � � � � � gilt.

Nun gibt es aber zu jedem � (� eine Folge� � � � von rationaler Zahlen mit

,0-./�2143 � � � . Aus��� � � � � � � � � und der Stetigkeit von�

folgt dann��� � � ,0-./�2143 ��� � � � ,.-0/�2143 � � � � � � � � �87

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 214

13 Abbildungseigenschaften stetiger Funktionen

Unsere alltagliche Stetigkeitsvorstellung unterstellt, dass”stetige“ Veranderungen oder Ablaufe

(etwa Bewegungsvorgange) keinen abrupten, jahen Schwankungen unterworfen sind. Die ����� Definition der Stetigkeit bringt diese Vorstellung exakt zum Ausdruck. Die folgenden Satze sindebenfalls Prazisierungen des oben beschriebenen Sachverhalts, insbesondere werden wir sehen,dass -obwohl Stetigkeit eine lokale Eigenschaft ist- sie haufig auch Ruckschlusse auf den globalenVerlauf der Funktion (z.B. Existenz von Maxima und Minima) gestattet, insbesondere wenn manuber den Definitionsbereich � zusatzliche Forderungen stellt ( � z.B. ein Intervall oder � kompakt).

13.1 Eine einfache Abbildungseigenschaften stetiger Funktionen

Wir beginnen mit einem einfachen Satz, der etwa fur die Integralrechnung nutzlich sein wird.

13.1.1 Satz

Ist��� � � � stetig in '+( � und gilt

��� ' � � �, dann gibt es eine �� Umgebung von ' , so dass��� ��� � �

fur alle � (���� � ' � ��� gilt.

Beweis : Zu � � �� ���� � � � � �

gibt es ein � �, so dass fur alle � ( � � � ' � ��� gilt

� ��� � � � ��� ' � � - � 7Aus

� ��� � � � � ��� ' � � ��� ��� ' � � ��� ��� � � ��� ' � � � � � ��� ' � ��

� �folgt die Behauptung unmittelbar.

Bemerkung:Ist�

insbesondere reellwertig und etwa��� ' � � �

, dann gibt es eine �� Umgebung � � � ' � , so dassfur alle � ( � � � ' � ��� gilt ��� � � � � 7Wenn also eine stetige reellwertige Funktion an einer Stelle ' ihres Definitionsbereichs einen po-sitiven Wert annimmt, dann gibt es eine Umgebung � � � ' � , so dass fur alle � ( � � � ' � , soweit siezum Definitionsbereich von

�gehoren, die entsprechende Werte auch positiv sind:

a

f(a)

U (a)δ

RI

RI

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 215

13.2 Stetige reellwertige Funktionen auf Intervallen: Der Nullstellensatz von Bolza-no und der Zwischenwertsatz

Besonders angenehme Abbildungseigenschaften haben stetige reellwertige Funktionen mit einemIntervall als Definitionsbereich.

13.2.1 Satz (Nullstellensatz von Bolzano, B.Bolzano (1817))

Ist �&� � ein (echtes) Intervall (d.h.� � � ) �+� ��� � eine stetige Funktion und sind ' � � ( � ,' - �

und gilt ��� ' � - �und

���� � � �bzw.��� ' � � �

und���� � - � �

dann existiert ein � (�� ' � � � mit��� � � �

.

13.2.2 Bemerkung

Die Aussage des Satzes ist anschaulich klar, vgl. dazu die folgende Abbildung

f(a)

f(b)

a = a0

b = b0 RI

RI

Hier kommt nochmals der wesentliche Unterschied zwischen � und � zum Ausdruck. Die Aussagewird namlich falsch, wenn man nur im Korper � der rationalen Zahlen arbeitet. Ist etwa � � � � (�?� � � � � � # und �� � � �� � � � � � �die stetige Funktion, dann ist

��� � � � � - �und

��� � � � � �, aber bekanntlich (vgl. ???) gibt es

keine rationale Zahl � mit��� � � � , d.h. � � � . (Schlagwort:

� ist irrational)

Beweis von 13.2.1: Wir geben einen konstruktiven Beweis mit Hilfe der Intervallhalbierungsmetho-de. Wir konstruieren induktiv eine Intervallschachtelung

� ' � � � � �5� ��( � � , in� ' � � � mit folgen-

den Eigenschaften:

(1)� ' � � � � � � � ' ��� � � � ��� � � fur � (��

(2)� � �*' � �� � �� � fur � ( � �

(3)��� ' � � � �

und���� � � �

fur �*( ��� .Induktionsanfang: Wir setzen

� ' � � � � � � � ' � � � ;Induktionsschritt: Wenn das Intervall

� ' � � � � � (mit den Eigenschaften (1), (2), (3)) bereits de-finiert ist, so setzen wir

� � ' � �� �

� (Intervallmitte)

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 216

Dann konnen im Prinzip 3 Falle auftreten:

1. Fall:��� � � �

und wir setzen � � . Damit haben wir eine Nullstelle gefunden.

2. Fall:��� � � � �

und wir setzen� ' � � � � � � � � ' � � � �

3. Fall:��� � � - �

und wir setzen� ' � � � � � � � � � � � � �

Obwohl im ersten Fall unser Verfahren schon beendet ist, fassen wir den ersten und denzweiten Fall zusammen:Falls

��� � � �gilt, setzen wir

� ' � � � � � � � � ' � � � � .

0 12

a = a0 a = a1 2 a

3

3

b = b b = b = b RI

RI

Fur das neue Intervall� ' � � � � � � � sind wieder die Eigenschaften (1) und (3) erfullt und� ' � � � � � ist eine Intervallschachtelung. Nach dem Intervallschachtelungsprinzip gibt es eine

Zahl � mit � ( � ' � � � � � fur alle �*(�� � und � ,0-./� 143 ' � ,.-0/�2143 � � .Wegen der Stetigkeit von

�in � gilt dann auch,0-0/�2143 ��� ' � � ,.-0/�2143 ����� � � ��� � � 7

Wegen der Monotonie des Grenzwertes folgt aus (3)��� � � ,.-0/�2143 ��� ' � � � �und

��� � � ,.-0/�2143 ����� � � � �d.h. es gilt

��� � � �.

13.2.3 Beispiele

(1) Existenz�

-ter WurzelnFur jede

� ( � und jede � (:� , � � �, gibt es ein (eindeutig bestimmtes) � (�� mit � � � .

Zum Beweis betrachten wir die stetige Funktion

� � � � �� �� � � � � 7Es gilt

� � � � � � � �und

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � (nach der Bernoullischen Ungleichung) � � � � � �+� � � � � 7

Es ist also � � � � - � - � � � � � � und da � als Polynom auf ganz � stetig ist, gibt es nach demNullstellensatz ein � ()� mit

� - � - � � � mit � � ��� �, d.h. � � � .

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 217

(2) Ist� � � � � �� �� � � � ' � � � � � � � � 7 7 7 � ' � �

(� (�� � � ungerade und ' � ()� fur

� � � 7 7 7 � � ) �also ein Polynom ungeraden Grades, dann hat � mindestens eine reelle Nullstelle, d.h. esgibt (mindestens) ein � ()� mit

� � � � �.

Die Idee des Beweises besteht darin zu zeigen, dass� � � � fur genugend große positive �

positiv und fur genugend kleine negative � negativ ist.Wir schreiben fur � � �

� � � � � � < � � ' � � �� � 7 7 7 � ' �� � =� ��� �! ��� ��� � � � � ���

Fur alle � ()� mit � � � ?� / � ��� � � � � � ' � � � � � 7 7 7 � � � � '���� # gilt dann wegen � � � � � � � � � � �� � � � � �+���

' � � �� � ' � � �� � � 7 7 7 � ' �� � � � ' � � � �� � � � � ' � � � �� � � � � 7 7 7 � � ' � �

� � � �� �

� � � �� � � 7 7 7 � �

� � �� � �

�M.a.W., es gilt fur die betrachteten �

� �� � �

� � � �+� � ��

und daher insbesondere �� � �

� � �fur die betrachteten � .Wahlen wir also ein � � � �

mit � � � � � � , dann ist� � �� � � � � � � � � � � � � � � �

also� � � � � � �

.Wahlen wir � � � � � , dann ist � � - �

und da�

ungerade ist gilt � �� - �und� ��

� � �� � � � � � � � � � � �

also� � � � � - �

.Nach dem Nullstellensatz von Bolzano gibt es also ein � mit � � - � - � � und

� � � � �. In

beiden Beispielen handelt es sich um Spezialfalle des Fundamentalsatzes der Algebra.

Ein Polynom ungeraden Grades kann mehrere reelle Nullstellen haben, z.B. das Polynom� �� � � � � �� � � � � � (siehe Abb. 12).

Wie wir wissen, braucht ein Polynom geraden Grades mit reellen Koeffizienten keine reelleNullstellen zu besitzen.Das einfache Beispiel ist das quadratische Polynom

� � � � � �� �� � � � �

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 218

–10

–8

–6

–4

–2

0

2

4

6

8

10

y

–3 –2 –1 1 2 3x

Abbildung 12: Graph des Polynoms � � � � � � .

13.2.4 Korollar (Zwischenwertsatz)

Ist ��� � ein echtes Intervall und� � � � � stetig und sind ' � � ( � , ' - �

und ist

irgendeinereelle Zahl mit ��� ' � � � ���� � oder

���� � � � ��� ' � �dann gibt es stets (mindestens) ein � ( � ' � � � mit

��� � � .

Zum Beweis sei oBdA��� ' � - - ���� � .

Wir betrachten die stetige Funktion

� � � ' � � � � � �� �� ��� � � � 7Fur sie gilt

� � ' � ��� ' � � - �und � ��� � ����� � � � � 7

Nach dem Nullstellensatz von Bolzano gibt es ein � ( � ' � � � mit � � � � �, d.h. mit

��� ��� .

Naturlich folgt aus dem Zwischenwertsatz (ZWS) der Nullstellensatz von Bolzano als Spezialfall.In Wirklichkeit sind sie aber aquivalent.

Eine weitere aquivalente Formulierung fur den Zwischenwertsatz ist

13.2.5 Korollar

Ist � � � ein echtes Intervall und� � ��� � eine stetige Funktion, dann ist das Bild

��� � � wiederein Intervall.

Kurz: Das stetige Bild eines Intervalls ist ein Intervall

Zum Beweis beachte man:Ist � ! , dann ist

��� � � ��� ! � ! und ! ist per Definition auch ein Intervall. Besteht � nur auseinem Element, etwa � � ' # , dann ist

��� � ' # � � � ��� ' � # � ��� ' � � ��� ' � � , also ein Intervall.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 219

0

2

4

6

8

10

y

–4 –2 2 4x

Abbildung 13: Graph des Polynoms � � � � .Ist � ein echtes Intervall (

� � � ), dann kann man den ZWS anwenden:Mit je zwei Funktionswerten, die von

�angenommen werden, wird auch jeder

”Wert dazwischen“

angenommen, diese Eigenschaft charakterisiert aber gerade die Intervalle (vgl. Ubungsaufgabe??? auf Blatt ???).

13.2.6 Bemerkung

Man konnte auf die Idee kommen, dass der ZWS fur stetige Funktionen charakteristisch ist, d.h.wenn eine Funktion

� � � ' � � � � � jeden Wert zwischen��� ' � und

����� � annimmt, dass sie dannauch stetig ist.Die Funktion

� ��� � ����� ��� mit ��� ��� � � � falls � rational,� � � � falls � irrational,

nimmt jeden Wert zwischen��� � � �

und��� � � � an, ist aber nur im Punkt ' �

� stetig (vgl.Beispiel ???)

1

12_

1

12_a = RI

RI

Wir werden jedoch bald den erstaunlichen Satz beweisen:Ist� � ����� monoton und ist

��� � � ein Intervall, dann ist�

stetig. ( �&� "! � � beliebige Funktion)

Eine einfache Folgerung aus dem ZWS ist auch der folgende Fixpunktsatz:

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 220

ba

a

by = x

RI

RI

Abbildung 14: Geometrische Veranschaulichung des Fixpunktsatzes

13.2.7 Satz (Fixpunktsatz)

Sind ' � � (�� �%' - �und ist

���� ' � � ��� � stetig und gilt��� � ' � � � � � � ' � � � , dann gibt es (mindestens)

ein� ( � ' � � � mit

��� � � �, d.h.

�hat in

� ' � � � (mindestens) einen Fixpunkt. (siehe Abb. 14)

Beweis : Wir betrachten die stetige Funktion

� � � ' � � � � �"�� �� ��� � � � � 7Wegen

��� ' � ( � ' � � � und���� � ( � ' � � � gilt � � ' � �

und � �� � � �. � hat also in

� ' � � � (mindestens)eine Nullstelle, diese ist ein Fixpunkt von

�.

Dieser Fixpunktsatz ist ein Spezialfall des sog. Brower’schen Fixpunktsatzes (siehe z.B. Konigsber-ger, Analysis 2). Fixpunktsatze sind in der Analysis ein starkes Hilfsmittel zum Beweis von Existenz-aussagen. Man vergleiche hierzu auch Ubungsaufgabe ??? von Blatt ???.Der ZWS ist aquivalent zur Aussage, dass das stetige Bild eines Intervalls wieder ein Intervall ist.Der Typ des Intervalls kann sich dabei aber andern:Betrachtet man z.B. �� � �*� ���� � � �� �� � � �

1-1 RI

RI

dann ist��� �>�+�2����� � � � ����� oder

� - � � � � � ��� � � �"�� �� � -�� � �dann ist �

-�� � � � � ��� � � � � � ����� , das offene Intervall wird also auf das abgeschlossene (sogar kompakte)Intervall

� � �2���� abgebildet. Diese Eigenschaft des (reellen) Sinus werden wir in @ 13.3 beweisen.Wir werden jedoch bald sehen:Ist

� ' � � �?� � ein kompaktes Intervall und� �)� ' � � ��� � stetig, dann ist das Bildintervall

��� � ' � � � �wieder ein kompaktes Intervall.Wir zeigen zunachst, dass abgeschlossene bzw. kompakte Intervalle, also Intervalle vom Typ

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 221

� ' � � �5��' � � (�$�%' � �, im Sinne einer allgemeinen Kompaktheitsdefinition, tatsachlich abgeschlos-

sen bzw. kompakt sind.”Kompakt“ war bis jetzt nur ein Name fur das Intervall

� ' � � � .13.3 Stetige Funktionen auf kompakten Mengen, der Satz vom Maximum und Mi-

nimum

13.3.1 Definition

Eine Teilmenge � � � ( � � oder � ) heißt abgeschlossen, wenn der Grenzwert jeder kon-vergenten Folge

� ' � � �%' � ( � , wieder in � liegt. Die leere Menge ! zahlen wir ebenfalls zu denabgeschlossenen Mengen.

13.3.2 Beispiele

Ist � � � ' � � � � � ein abgeschlossenes Intervall ( ' � � ( � � ' � �) und ist

� ' � � eine konvergenteFolge mit ' � ( � und

,.-0/�2143 ' � � � ( � � , dann gilt wegen ' � ' � � �auch ' � ,.-0/�2143 ' � � � �

,

also � ( � ' � � � , d.h. ein abgeschlossenes Intervall ist abgeschlossen im Sinne der Definition.

Ein offenes Intervall � ' � ��� ( ' � � ()� � ' - �) hat diese Eigenschaft nicht:

Fur die Folge� ' � � mit ' � ' � � � �� � ��� ( � , gilt ' � (�� ' � � � � � ' � � ist konvergent, aber es gilt,.-0/�2143 ' � '�(�� ' � ��� .

Die folgenden beiden Hilfssatze zeigen, wie man abgeschlossene Teilmengen in � oder kon-struieren kann.

13.3.3 Hilfssatz

Sind� � � "� � stetige Funktionen ( ��� � � � � �;( � ) und sind ' � � 7 7 7 � ' � ( � reelle Konstanten,

dann ist die Menge � � � � (: $� � � � ��� � ' � � 7 7 7 � � � � ��� ��' � # abgeschlossen.

Zum Beweis sei� � � � eine konvergente Folge von Elementen � � ( � und � � ,.-0/�2143 � � . Wegen

� � ( � ist� � � � � � �#' � fur alle �*( � und alle

� ( � �2� � � 7 7 7 ��� # . Wegen der Stetigkeit der� � gilt dann

auch � � � � � ,0-0/�2143 � � � � � � �#' � fur� ( � � � � � 7 7 7 ��� #

d.h. � ( � , � also abgeschlossen.

13.3.4 Beispiele

Abgeschlossene Mengen, die man so konstruieren kann sind:

(a) Die abgeschlossene Kreisscheibe

� � � ' � � � � () � � � �+'���� � # � '9(: � � (:�$� � � �

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 222

Beachte: � � � ' � � ' #a r

RI

RI

(b) Die 1-Sphare � � � � � (: � � � � � #

1

i

RI

RI

(c) Die sog.”Modulfigur“

� � � � (� � � � � �2��� ��� � ��� �� � � ��� ���

1

i

12_1

2_- RI

RI

13.3.5 Hilfssatz

Sind � � � 7 7 7 � � � �"� abgeschlossen, dann ist auch � � � � � � 7 7 7 � � abgeschlossen, d.h.die Vereinigung endlich vieler abgeschlossenen Mengen ist wieder abgeschlossen.Ist� ��� � ����� ein System abgeschlossener Menge, dann ist auch ������ �� abgeschlossen, d.h. der

Durchschnitt beliebig vieler abgeschlossenen Mengen ist wieder abgeschlossen.Der zweite Teil ist auf Grund der Definition evident, der erste Teil sei als Ubungsaufgabe gestellt.Man beachte jedoch, dass die Vereinigung beliebig vieler abgeschlossenen Mengen nicht wiederabgeschlossen zu sein braucht, wie etwa das folgende Beispiel.

13.3.6 Beispiel

� � � �� # � �*( � , zeigt: Jede � � ist abgeschlossen, aber

� 3�� ! � � �

�� � � �� � �� � 7 7 7 � �� � 7 7 7 �

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 223

ist nicht abgeschlossen, da die Folge� � � � �� �� � , also � � ( , zwar konvergiert in

, ihr Grenz-

wert 0 aber nicht in

liegt.

13.3.7 Definition (kompakt)

Eine Teilmenge # � � heißt kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschrankt ist. (Beschranktheißt: Es gibt ein � ()� , so dass fur alle � ( # gilt � � ����� ).Die leere Menge ! rechnen wir ebenfalls zu den kompakten Mengen.

13.3.8 Beispiele

(a) Fur jedes ';(: und jedes � ()� sind die abgeschlossenen Kreisscheiben

� � � ' � � � () $� � � �*'���� � #kompakt, ebenso die Intervalle

� '4� � � ' � � � �#� .

(b) Die 1-Sphare� � � � () $��� � � � # ist kompakt.

(c) Die Modulfigur�

aus @ 13.3.4(c) ist nicht kompakt.

Die beiden Hilfssatze uber abgeschlossene Mengen ergeben analoge Satze fur kompakte Men-gen. Es gilt etwa

13.3.9 Hilfssatz

(a) Die Vereinigung endlich vieler kompakten Mengen ist wieder kompakt.

(b) Der Durchschnitt beliebig vieler kompakten Mengen ist wieder kompakt.

(c) Ist # ��� kompakt und � ��� abgeschlossen, so ist der Durchschnitt � � # wieder kompakt.

Kompakte Mengen konnen jedoch eine sehr komplizierte Struktur haben. Man vergleiche hierzuetwa die Konstruktion des Cantorschen Diskontinuums (Cantorsche

”Wischmenge“) bei Konigsber-

ger: Analysis 1 (Abschnitt 7.5). Eine brauchbare Charakterisierung kompakter Mengen erhalt manmit Hilfe des Satzes von Bolzano-Weierstrass.

13.3.10 Lemma (Bolzano-Weierstrass-Charakterisierung von ”kompakt“)

Eine Teilmenge # � � ist genau dann kompakt, wenn jede Folge von Elementen aus # eineTeilfolge besitzt, die gegen ein Element aus # konvergiert.

Beweis : Sei # kompakt, also abgeschlossen und beschrankt. Dann ist jede Folge� � � � � � � ( # ,

beschrankt und besitzt nach dem Satz von Bolzano-Weierstrass fur Folgen eine konvergenteTeilfolge. Der Grenzwert dieser Folge liegt aber in # , da # abgeschlossen ist.

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 224

Umgekehrt besitzt jede Folge aus # eine Teilfolge, deren Grenzwert in # liegt.

Wir zeigen zunachst, dass # abgeschlossen ist. Denn ist� � � � irgendeine konvergente Folge

mit � � ( # und� � ,.-0/�2143 � � , dann gilt auch

� ( # , denn nach Voraussetzung hat� � � � eine

konvergente Teilfolge� � � � � mit �

� ,.-0/�2143 � � � ( # .

da aber jede Teilfolge einer konvergenten Folge den selben Grenzwert wie die Ausgangsfolgehat, gilt also

� � ( # . # ist also abgeschlossen.

Wir zeigen, dass # auch beschrankt ist. Ware dies namlich nicht der Fall, dann gibt es zujedem ��( � ein � � ( # mit � � � � � � . Eine solche Folge

� � � � kann aber keine konvergenteTeilfolge besitzen.

Wir betrachtet nur stetige Funktionen�

mit kompaktem Definitionsbereich

, dabei sei

zunachsteine beliebige nicht leere kompakte Teilmenge

�#� .

13.3.11 Fundamentallemma

Ist # ��� und kompakt und� � # ��� stetig, dann ist auch das Bild

��� # � kompakt.

Kurz: Stetige Bilder kompakter Mengen sind kompakt

Diesen Argument werden wir haufig anwenden.

Beweis : Wir zeigen, dass mit # auch �� ��� # � die Bolzano-Weierstrass-Eigenschaft fur

”kom-

pakt“ hat.

Sei dazu�5��� � � � � eine Folge in

��� # � � � � ( # . Da # kompakt ist besitzt� � � � eine Teilfolge� � � � � , die gegen ein Element

� ( # konvergiert. Wegen der Stetigkeit von�

konvergiert danndie Bildfolge

� ��� � � � �6� gegen��� � � ( ��� # � . Nach @ 13.3.10 ist daher

��� # � kompakt.

Eine besonders wichtige Anwendung des Fundamentallemmas ist der Satz vom Maximum undMinimum.

13.3.12 Theorem (K.Weierstraß, 1861)

Ist # �"� kompakt ( � ! ) und�+� # � � eine stetige Funktion, dann gibt es Elemente � � � � ( #

und � � � � ( # , so dass fur alle � ( # gilt��� � � � � � � ��� ��� � ��� � � � � �M.a.W: Eine stetige reellwertige Funktion auf einer nicht leeren kompakten Menge # nimmt dortihr globales Maximum und ihr globales Minimum an.

Da��� # � eine kompakte Teilmenge von � ist, ist

��� # � beschrankt (und � ! ), also existieren

� - ����� ��� ��� � � ( # # und � � ����� � ��� ��� � � ( # # 7Weil es Folgen

� � � � mit � � ( # bzw.� � � � mit � � ( # und ,0-0/�2143 ��� � � � bzw. � ,0-./�2143 ��� � � �gibt und

� � � � bzw.� � � � gegen Elemente aus # konvergieren, etwa � � � � � ,0-./�21 3 � � ( # und

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 225

� � � � ,0-./�2143 � � ( # , gilt also ��� � � � � � und � ��� � � � � � , d.h. &( ��� # � und � ( ��� # � und

damit ��� � � � � � � ��� � � � ��� � � � � � fur alle � ( # 713.3.13 Bemerkung

Die Kompaktheit ist in @ 13.3.12 wesentlich, so ist Funktion� � � � ���� � �"�� �� ��

stetig auf � � ���� , aber nicht beschrankt.

0

2

4

6

8

10

y

0.2 0.4 0.6 0.8 1x

�besitzt zwar ein Minimum (mit dem Wert 1) an der Stelle � � , aber kein Maximum.

Hatten wir die gleiche Funktion auf dem offenen Intervall � � ��� � betrachtet, dann besitzt sie dort auchkein Minimum.

13.3.14 Korollar

Ist� ' � � ���"� ein kompaktes Intervall ( ' � � (*� � '�� �

) und� �$� ' � � � � � stetig, dann ist auch das

Bild��� � ' � � � � ein kompaktes Intervall.

Beweis : Wir wissen schon, dass��� � ' � � � � wieder ein Intervall ist. Da aber # � � ' � � � kompakt ist,

ist auch��� # � kompakt und

/ -�� � ��� � � � � ( � ' � � � # � ��� � ' � � � �und

� / � ��� ��� � � � � ( � ' � � � # � ��� � ' � � � � �daher gilt

��� � ' � � � � � *� � � .Fur komplexwertige Funktionen mit nicht leerem kompakten Definitionsbereich gilt

13.3.15 Korollar

Ist # ��� kompakt ( � ! ) und� � # �� stetig, dann gibt es Elemente � � und ��� ( # mit

� ��� � � � ��� � ��� ��� �� � ��� ���:� �fur alle � ( # .

III. Stetigkeit, Grenzwerte bei Funktionen 226

Zum Beweis braucht man nur die auf stetige Funktion � � � den Satz 13.3.12 anzuwenden.

13.3.16 Eine kleine Anwendung

Ist # � � kompakt ( � ! ), dann gibt es zu jedem Punkt � �( # eine Punkt� ( # , so dass fur alle� ( # die Ungleichung

� � � � ��� � � � � �gilt.Das bedeutet, es gibt einen Punkt

� ( # , der von � minimalen Abstand hat.

Zum Beweis braucht man nur zu beachte, dass die stetige��� � ��� ��� � � # � �"�

� �� � � � � �auf # ein absolutes Minimum besitzt.

p

z

kK

Zum Abschluss erwahnen wir eine weitere Eigenschaft von stetigen Funktionen mit kompaktemDefinitionsbereich: Ist � �"� kompakt ( � ! ) und

�*� # � � stetig, dann gilt: Zu jedem � � �gibt

es ein � �, so dass fur alle � ���9()� mit � � � � � - gilt

� ��� ��� � ��� � � � - � 7Diese Eigenschaft, die stetige Funktionen mit kompaktem Definitionsbereich haben, ist die sog.gleichmaßige Stetigkeit. Eine gleichmaßig stetige Funktion ist naturlich stetig. Im allgemeinen hangtdas zu vorgegebenem � � �

zu bestimmendes von � (was selbstverstandlich ist) und von derbetrachteten Stelle '9(�� ab, wie unsere konkreten Beispiele zeigen.

Manchmal kann man jedoch ein universelles finden, das fur alle Punkte des Definitionsbereichsdie Stetigkeitsbedingung erfullt. Wir kommen hierauf spater (bei der Integralrechnung) ausfuhrlichzuruck.

Zeigen Sie als Vorbereitung:

(a) � � � � ���� � � �� �� � �ist gleichmaßig stetig auf

� � ����(b)

� � � � ���� � �"�� �� ��