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36 WiM 12114 US-EXPORTKONTROLLE Unsicheres Terrain Die Anti-Terror-Gesetze der USA betreffen auch Unternehmen, die keine Standorte in den USA haben. I!l ie USA vertreten eine exterritoriale Rechts· I auffassung, sodass der Export von Waren und Dienstleistungen aus Deutschland - zusätzlich zum deutschen oder europäischen Ausfuhrrecht - auch der Kontrolle von US·Behör· den unterliegen kann. Das kann auch dann der Fall sein, wenn auf den ersten Blick keine Kon· takte mit den USA bestehen. Diese Besonderheit des US·Rechtes ist durch zwei aktuelle Gerichts· urteile ins Bewusstsein gerückt worden. So be- fand ein New Yorker Bezirksgericht im September die jordan ische Arab Bank für schuldig, bei der Finanzierung von Selbstmordattentätern der Ha- mas geholfen zu haben. Grundlage ist der "Anti- Terrorism Act" aus dem Jahre 1990, der es auch Opfern von Anschlägen außerhalb der Vereinig- ten Staaten gestattet, vor US-Gerichten Klage zu erheben. Dieses Urteil gilt als das erste, bei dem sich eine Bank auf Grundlage dieses Gesetzes verantworten musste. Die Entscheidung machte auch erstmals eine Bank für Rechtsverletzungen ihrer Kunden verantwortlich, obwohl sich das LÖSCH EUROPEAN PATENT ATTORNEYS PATENTANWÄLTE Ihre Nürnberger Patentkanzlei jetzt mitten in der Altstadt - im historischen Schürstabhaus ürnberg· Telefon 0911 5614-600 www.c-Ioesch.de

I!l · 2016. 9. 2. · 36 WiM 12114 US-EXPORTKONTROLLE Unsicheres Terrain Die Anti-Terror-Gesetze der USA betreffen auch Unternehmen, die keine Standorte in den USA haben. I!l I ie

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36 WiM 12114

US-EXPORTKONTROLLE

Unsicheres Terrain Die Anti-Terror-Gesetze der USA betreffen auch Unternehmen,

die keine Standorte in den USA haben.

I!l ie USA vertreten eine exterritoriale Rechts· I auffassung, sodass der Export von Waren

und Dienstleistungen aus Deutschland

- zusätzlich zum deutschen oder europäischen

Ausfuhrrecht - auch der Kontrolle von US·Behör·

den unterliegen kann. Das kann auch dann der

Fall sein, wenn auf den ersten Blick keine Kon·

takte mit den USA bestehen. Diese Besonderheit

des US·Rechtes ist durch zwei aktuelle Gerichts·

urteile ins Bewusstsein gerückt worden. So be­

fand ein New Yorker Bezirksgericht im September

die jordan ische Arab Bank für schuldig, bei der

Finanzierung von Selbstmordattentätern der Ha­

mas geholfen zu haben. Grundlage ist der "Anti­

Terrorism Act" aus dem Jahre 1990, der es auch

Opfern von Anschlägen außerhalb der Vereinig­

ten Staaten gestattet, vor US-Gerichten Klage zu

erheben. Dieses Urteil gilt als das erste, bei dem

sich eine Bank auf Grundlage dieses Gesetzes

verantworten musste. Die Entscheidung machte

auch erstmals eine Bank für Rechtsverletzungen

ihrer Kunden verantwortlich, obwohl sich das

LÖSCH EUROPEAN PATENT ATTORNEYS

PATENTANWÄLTE

Ihre Nürnberger Patentkanzlei jetzt mitten in der Altstadt - im historischen Schürstabhaus

ürnberg· Telefon 0911 5614-600 www.c-Ioesch.de

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SPECIAL: RECHT I STEUERN

Kreditinstitut selbst an Bankregeln gehalten hat.

Ein weiterer Prozess zur Höhe des Schadenser­

satzes für die klagenden Opfer und deren Ange­

hörige steht noch aus.

Beim zweiten Urteil akzeptierte die französische

Bank BNP Paribas eine Rekordstrafe von 8,9 Mrd.

Dollar. Wie das US-Justizministerium mitteilte,

habe die Bank durch Transaktionen in Dollar-Wäh­

rung das US-Finanzsystem genutzt, um Personen

und Institutionen zu unterstützen, die mit den Us­

sanktionierten Staaten Sudan, Iran und Kuba Kon­

takt haben. Neben weiteren Strafen darf BNP ein

Jahr lang nicht in US-Dollar verrechnen.

"Das US-amerikanische Recht ist bei Geschäften

oft dabei, ohne dass man es bemerkt", erläutert

Rainulf Pichner, Experte für Zoll- und Außenwirt­

schaftsrecht der IHK Nürnberg für Mittelfranken.

Selbst wenn ein Flugzeug ohne Zwischenlandung

in den USA nur den US-Luftraum nutze, gelte der

Transport "als Lieferung aus den USA". Deshalb

sei man auch als Unternehmen ohne direktes US­

Geschäft nicht vor US-Klagen gefeit.

Das US-Exportkontrollrecht enthält auch Rege­

lungen für Ausfuhren aus Drittländern wie z.B.

aus Deutschland. Die US-Ausfuhrbestimmungen

("Export Administration Regulations" - EAR) geI­

ten sowohl im zivilen Bereich als auch für Dual­

use-Güter (Güter wie beispielsweise die Steue­

rungstechnik für ein Kraftwerk, die sowohl zivil

als auch militärisch genutzt werden können). Die

Liste der Kriterien, bei denen es sich aus amerika­

nischer Sicht um einen sogenannten Re-Export

von US-Gütern handelt, ist lang. Germany Trade

and Invest (G TA 1), die Gesellschaft der Bundes­

republik Deutschland für Außenwirtschaft und

Standortmarketi ng, nen nt Regelfälle: Betroffen

sind beispielsweise Güter, die über die USA beför­

dert werden. Eine Genehmigung der US-Behörden

kann auch bei in Deutschland hergestellten Gü­

tern mit US-Anteil notwendig sein. Hier gilt eine

Mindestschwelle von 25 Prozent an US-amerika­

nischen Vorprodukten. Die Genehmigungspflicht

sinkt auf eine Zehn-Prozent-Schwelle, wenn in

sogenannte terroristenunterstützende Staaten

geliefert wird.

Zuständige US-Behörde

Für die Genehmigung ist in diesen Fällen das Bu­

reau of Industry and Security (BIS) in Washington

De zuständig, das dem US-Handelsministerium

zugeordnet ist. Knifflig wird es beispielsweise

bei deutscher Software, die mit US-Software "ge­

bündelt" ("bundled") oder durch lizensierte US­

Software-Patente programmiert wurde. Pichner

sieht hier erhebliche Schwierigkeiten, den ameri­

kanischen Ursprungsanteil exakt zu klären.

Den exportierenden Unternehmen in Deutsch­

land rät das GTAI zu einem vierstufigen Prozess:

Erstens Klassifizierung des (re-)exportierten

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SPECIAL: RECHT I STEUERN

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Gutes, zweitens Klärung des Empfängerlandes,

drittens Kläru ng der Em pfängerinstitution oder

-person und viertens Prüfung des Einsatzfeldes

des Produkts oder der Dienstleistung.

Für die Klassifizierung gilt die US-Güterkontroll­

liste ("Commerce Control List" - CCL) mit einer

"Export Control Classification Number" (ECCN).

Die ECCN entspricht weitgehend der deutschen

bzw. europäischen Ausfuhrlistennummer und

ist in fünf Produktgruppen und zehn Kategorien

gegliedert. Unterfällt ein Produkt den US-Aus­

fuhrbestimmungen (EAR) und ist es nicht gelistet,

wird es mit EARgg gekennzeichnet. "EARgg-Güter

sind üblicherweise Verbrauchsgüter geringer

Technologiehöhe, wie z.B. Kugelschreiber oder

Büroklammern", führt das GTAI aus. Besteht bei

dem Empfängerland gemäß der Länderliste

(Commerce Country Chart) ein Kontrollgrund,

ist eine Lieferung grundsätzlich genehmi­

gungspflichtig. Kontrollgründe sind neben

Waffen- oder Nuklear-Aspekten auch die

nationale Sicherheit, bei der außer Ka­

nada jedes Empfängerland kontroll­

pflichtig ist.

Bei den Empfängern sind zu­

sätzlich die Sanktionsrege­

lungen des "Office of Foreign

Assets Control" (OFAC) zu be­

achten, wenn das Land einem

US-Embargo unterliegt. Darüber

hinaus ist u.a. zu überprüfen, ob an dem Export

oder der Transaktion "Parteien" beteiligt sind, die

sich etwa auf der Denied Persons List (US-DPL)

finden. Allein auf dieser Liste sind rund 500 Per­

sonen aufgeführt, denen durch das BIS befristet

oder unbefristet die Exportprivilegien entzogen

wurden. Die US-Behörde definiert in der "US-En­

tity List" zusätzlich Personen und Unternehmen,

die ein erhebliches Risiko für die Verbreitung von

Massenvernichtungswaffen oder Trägertechno­

logien darstellen. Zu beachten ist auch die "Spe­

cially Designated Nationals List" mit Personen

oder Unternehmen, gegen die Wirtschaftssankti­

onen verhängt wurden.

International agierende Konzerne haben vor die­

sem Hintergrund große Compliance-Abteilungen,

die die Regeltreue auch der Re-Exporte im Blick

haben. Zunehmend werden auch deren kleine

und mittlere Zulieferer aufgefordert, spezielle

Erklärungen abzugeben, stellt Pichner fest. Mitt­

lerweile bekomme er pro Jahr rund 100 Anfragen

zum Re-Exportrecht der USA.

"Der Arm des Oktopus wird immer länger", kons­

tatiert der US-Rechtsexperte Hans-Michael Kraus

von Smith, Gambrell & Russeli, der mit der Nürn­

berger Kanzlei Rödl & Partner zusammenarbei­

tet. Er sieht in den letzten Jahren eine "deutliche

Sensibilisierung" deutscher Mittelständler, denn

die Zahl der Fälle, in denen sich US-Gerichte für

Exportfälle selbst für zuständig erklären, habe

deutlich zugenommen. So ermögliche der 2010

verschärfte "Foreign Account Tax Compliance

Act" (Facta) den US-Gerichten, alle in den USA

Steuerpflichtigen besser zu kontroll ieren. Letzt­

lich könne zum Beispiel der "Chef einer Sparkasse

vor ein US-Provinzgericht gezerrt werden", wenn

diese ein Konto für einen US-Bürger führt, auf

dem es zu Unregelmäßigkeiten kommt.

Vorsicht auch in China geboten

Problematisch kann es laut Kraus auch werden,

wenn deutsche Unternehmen in China ihre oft­

mals halbstaatlichen Geschäftspartner groß zum

Essen einladen. Denn in der Praxis seien viele Mit­

telständler, die in China aktiv sind, auch in den

USA präsent. Dann greife sowieso das US-Recht

und damit der "Foreign Corrupt Practices Act"

(FCPA), der den Kreis der verbotenen Empfänger

("Foreign Officals") sehr weit definiert. Als sol­

che gelten nicht nur Staatsbedienstete, sondern

auch Privatpersonen oder Unternehmen, die im

Auftrag des Staates handeln. In China seien Un­

ternehmen häufig in irgendeiner Weise mit dem

Staat verbunden, warnt Kraus.

Welchen Einfluss das derzeit zwischen der EU

und den USA verhandelte Transatlantische Frei­

handelsabkommen (TIIP) auf die unterschied­

lichen Rechtsbegriffe haben wird, ist für die

Außenwirtschaftsexperten Kraus und Pichner

derzeit noch nicht absehbar. Auf jeden Fall se­

hen sie auf die Wirtschaft einen höheren Kon- ~

trollaufwand zukommen, der Beratungsbedarf ~ werde größer werden.

&J www.export.gov/ecr

www.gtai.de

Thomas Tjiang ~ N >. 0>

g' .D

b

~

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Heike Eßer
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Heike Eßer
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