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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. 142 NOTIZEN elastischen Gel dagegen ein lockeres Kartenhausgerüst2 (Abb. 2) vorliegt. Die nur teilweise Reversibilität der Volumenänderung im Bändergerüst hängt damit zu sammen, daß nur die mit der Plättchenebene senkrecht zum Schwerefeld liegenden Bänder eine weitgehend elastische Verformung erleiden. Mit diesen Vorstellungen über den unterschiedlichen Bau der Gerüste stimmt überein, daß bei Kaolinit die Kristalle wegen der dichten Packung deT austauschfähi gen Kationen nur durch zweiwertige Kationen zu festen Bändern vernetzt werden können, aber nicht durch ein wertige Kationen 3. Bei den Werten in der Tab. 1 fällt auf, daß das Volu men des Bändergerüstes von reinem Ca-Kaolinit in dest. Wasser bei der kurzzeitigen Einwirkung eines verhält nismäßig starken Schwerefeldes (200 g ) kaum, unter dem Einfluß des Erdfeldes (lg) bei längerem Stehen dagegen wesentlich erniedrigt wird. Dieses Verhalten erinnert an die „dilatancy“ genannte Erscheinung4 (Osborne-Reynolds - Phänomen). Es hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß bei einer momen tanen Volumverkleinerung durch Veränderung der Bän der etwa nach alle in der Oberfläche fixierten negativen Ladungen praktisch gleichzeitig gegen die austauschfähigen Ca- Ionen verschoben werden müßten. Eine solche gleich zeitige Verschiebung ist aber unwahrscheinlich, wie der zeitliche Verlauf des Kationen-Austausches zeigt. Eine ausführliche Beschreibung der Versuche erfolgt an anderer Stelle. 2 U. H ofmann , Chemie 55, 283 [1942]. 3 A. W eiss , Z. anorg. allg. Chem. 299, 92 [1959]. O sborne R eynolds , Philos. Mag. (5) 20, 469 [1885]; H. F reundlich , Thixotropy, Paris 1935; E. J. W. V erwey u. J. H. de B oer , Recueil Trav. chim. Pays-Bas 57, 383 [1938], Aminosäuren. 5. Mitt. 1: Altersabhängigkeit des Gehaltes einiger Aminosäuren im Blut und „Normalisierung“ durch Cysteinzufuhr Von R andolph R iemschneider Aus der Freien Universität Berlin, Lehrstuhl für Biochemie, und dem Hamburger Privatlaboratorium des Verfassers 2 (Z. Naturforschg. 16 b. 142—143 [1961] ; eingeg. am 19. August 1960) Vom Alter tierischer Organismen abhängige Konzen trations-Änderungen von Aminosäuren im Blut sind mehrfach beobachtet worden. Zum Beispiel sinkt nach C. I. P arhon und S. O eriu 3 bei Ratten mit zunehmen dem Alter die Methionin-Konzentration des Blutserums, während die Cystin-Konzentration ansteigt. Cystein- gaben bewirken Konzentrations-Änderungen in dem Sinne, daß Methionin- bzw. Cystinspiegel auf Werte erhöht bzw. gesenkt werden, die man bei jungen Ratten findet. Die Untersuchungen von W. C. R ose und R. L. Wixom 4 am Menschen weisen ebenfalls in diese Richtung. Diese Beobachtungen interessierten uns so wohl im Rahmen von Untersuchungen über die „Schutz wirkungen“ von Verbindungen mit aktiven und poten tiellen SH-Gruppen und Vorstufen davon 5 sowie auch im Zusammenhang mit Versuchen zur Beeinflussung von Stoffwechselvorgängen durch unphysiologische Aminosäuren, die der Asparaginsäure und Glutamin 1 4. Mitt., Mh. Chem. 90, 924 [1959]. - Anschrift für den Schriftverkehr: Hamburg-Blankenese, Postfach 13 664. 3 C. I. P arhon u. S. O eriu , 4th Congr. internat. Assoc. Geron tology, Meran, Juli 1957. säure konstitutionell nahestehen [d. h. zur Auslösung von Prozessen, die Störungen des Eiweißhaushaltes und der Fortpflanzungsfähigkeit von Schädlingen (In sekten) zum Ziel haben]6. In diesem Zusammenhang und zur weiteren Stütze einer „Altersabhängigkeit des Gleichgewichtes R —SS —R ^ 2 R —SH“ haben wir an einem größeren Tiermaterial zunächst folgende Teilfragen studiert: Ändern sich Asparagin- und Glutaminsäurespiegel mit zunehmendem Alter der Versuchstiere und wenn ja, ver mag Cysteinzufuhr „Normalisierung“ zu bewirken? Läßt sich ein Einfluß von Cysteinvorstufen, z. B. Serin, oder auch von Verbindungen, die bei der Spaltung im Organismus Cystein liefern, z. B. Thiazolidincarbon säure, auf das Cystein-Cvstin-Gleichgewicht nachwei- sen? Versuchsergebnisse Die an 910 Versuchstieren (Ratten und Meerschwein chen) gewonnenen Resultate sind in Tab. 1 zusammen gestellt. Man erkennt, daß der Asparaginsäuregehalt des Blutserums der Tiere mit zunehmendem Alter sinkt, der Glutaminsäurespiegel erhöht wird (Versuchsreihe Nr. 1 —3, 6 —8). Durch perorale Cysteinapplikation an alte Versuchstiere läßt sich „Normalisierung“ der Aspa ragin- und Glutaminsäure-Konzentrationen erreichen (Nr. 4 und 9). — Serinzufuhr bewirkt bei Tieren vor geschrittenen Alters Erhöhung des Cystein- und Absin- 4 W. C. R ose u . R. L. W ixom, J. biol. Chemistry 216, 764 [1955]. 5 Vgl. z.B. R. R iemschneider . Z. Naturforschg. 16b, 75 [1961], 8 Unveröffentlichte Versuche.

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

142 NOTIZEN

elastischen Gel dagegen ein lockeres K artenhausgerüst2 (Abb. 2) vorliegt. Die nur teilweise Reversibilität der Volumenänderung im Bändergerüst hängt damit zu­sammen, daß nur die mit der Plättchenebene senkrecht zum Schwerefeld liegenden Bänder eine weitgehend elastische Verformung erleiden.

Mit diesen Vorstellungen über den unterschiedlichen Bau der Gerüste stimmt überein, daß bei Kaolinit die Kristalle wegen der dichten Packung deT austauschfähi­gen Kationen nur durch zweiwertige Kationen zu festen Bändern vernetzt werden können, aber nicht durch ein­wertige Kationen 3.

Bei den Werten in der Tab. 1 fällt auf, daß das Volu­men des Bändergerüstes von reinem Ca-Kaolinit in dest. Wasser bei der kurzzeitigen Einwirkung eines verhält­nismäßig starken Schwerefeldes (200 g ) kaum, unter dem Einfluß des Erdfeldes ( l g) bei längerem Stehen dagegen wesentlich erniedrigt wird. Dieses Verhalten erinnert an die „dilatancy“ genannte Erscheinung4

( O s b o r n e - R e y n o l d s - Phänomen). Es hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß bei einer momen­tanen Volumverkleinerung durch Veränderung der Bän­der etwa nach

alle in der Oberfläche fixierten negativen Ladungen praktisch gleichzeitig gegen die austauschfähigen Ca- Ionen verschoben werden müßten. Eine solche gleich­zeitige Verschiebung ist aber unwahrscheinlich, wie der zeitliche Verlauf des Kationen-Austausches zeigt.

Eine ausführliche Beschreibung der Versuche erfolgt an anderer Stelle.

2 U. H o f m a n n , Chemie 55, 283 [1942].3 A. W e i s s , Z. anorg. allg. Chem. 299, 92 [1959].

O sb o r n e R e y n o l d s , Philos. Mag. (5) 20, 469 [1885];H. F r e u n d l ic h , Thixotropy, Paris 1935; E. J. W. V e r w e y u. J. H. d e B o e r , Recueil Trav. chim. Pays-Bas 57, 383 [1938],

A m inosäuren. 5. M itt. 1:

Altersabhängigkeit des Gehaltes einiger Aminosäuren im Blut und „Norm alisierung“

durch Cysteinzufuhr

Von R a n d o l p h R i e m s c h n e i d e r

Aus der Freien Universität Berlin, Lehrstuhl für Biochemie, und dem Ham burger Privatlaboratorium des Verfassers 2(Z. Naturforschg. 16 b. 142— 143 [1961] ; ein geg . am 19. August 1960)

Vom Alter tierischer Organismen abhängige Konzen­trations-Änderungen von Aminosäuren im Blut sind mehrfach beobachtet worden. Zum Beispiel sinkt nach C. I. P a r h o n und S. O e r i u 3 bei Ratten mit zunehmen­dem Alter die Methionin-Konzentration des Blutserums, während die Cystin-Konzentration ansteigt. Cystein- gaben bewirken Konzentrations-Änderungen in dem Sinne, daß Methionin- bzw. Cystinspiegel auf Werte erhöht bzw. gesenkt werden, die man bei jungen Ratten findet. Die Untersuchungen von W. C. R o s e und R. L. Wixom 4 am Menschen weisen ebenfalls in diese Richtung. Diese Beobachtungen interessierten uns so­wohl im Rahmen von Untersuchungen über die „Schutz­wirkungen“ von Verbindungen mit aktiven und poten­tiellen SH-Gruppen und Vorstufen davon 5 sowie auch im Zusammenhang mit Versuchen zur Beeinflussung von Stoffwechselvorgängen durch unphysiologische Aminosäuren, die der Asparaginsäure und Glutamin­

1 4. M itt., Mh. Chem. 90, 924 [1959].- Anschrift für den Schriftverkehr: Hamburg-Blankenese,

Postfach 13 664.3 C. I. P a r h o n u. S. O e r i u , 4th Congr. internat. Assoc. Geron­

tology, Meran, Juli 1957.

säure konstitutionell nahestehen [d. h. zur Auslösung von Prozessen, die Störungen des Eiweißhaushaltes und der Fortpflanzungsfähigkeit von Schädlingen (In­sekten) zum Ziel haben]6.

In diesem Zusammenhang und zur weiteren Stütze einer „Altersabhängigkeit des Gleichgewichtes R — SS — R ^ 2 R — SH“ haben wir an einem größeren Tiermaterial zunächst folgende Teilfragen studiert: Ändern sich Asparagin- und Glutaminsäurespiegel mit zunehmendem Alter der Versuchstiere und wenn ja, ver­mag Cysteinzufuhr „Normalisierung“ zu bewirken? Läßt sich ein Einfluß von Cysteinvorstufen, z. B. Serin, oder auch von Verbindungen, die bei der Spaltung im Organismus Cystein liefern, z. B. Thiazolidincarbon­säure, auf das Cystein-Cvstin-Gleichgewicht nachwei- sen?

V e r s u c h s e r g e b n i s s e

Die an 910 Versuchstieren (Ratten und Meerschwein­chen) gewonnenen Resultate sind in Tab. 1 zusammen­gestellt. Man erkennt, daß der Asparaginsäuregehalt des Blutserums der Tiere mit zunehmendem Alter sinkt, der Glutaminsäurespiegel erhöht wird (Versuchsreihe Nr. 1 —3, 6 — 8). Durch perorale Cysteinapplikation an alte Versuchstiere läßt sich „Normalisierung“ der Aspa­ragin- und Glutaminsäure-Konzentrationen erreichen (Nr. 4 und 9). — Serinzufuhr bewirkt bei Tieren vor­geschrittenen Alters Erhöhung des Cystein- und Absin-

4 W . C. R ose u . R . L. W ix o m , J. biol. Chemistry 216, 764 [1955].

5 Vgl. z.B. R . R ie m s c h n e id e r . Z. Naturforschg. 16b, 75[1961],

8 Unveröffentlichte Versuche.

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NOTIZEN 143

N r.der Versuchstiere A m inosäuregehalt im B lutserum y/m l * *

V ersuchs­reihe

A lter(B ehandlung)

A sparagin­säure

G lu tam in­säure Cystein Cystin M ethionin

1 Ratten jung 62 71 _ _ 192 m itte l 55 75 — — 133 a lt 41 90 5 62 94 a lt

(m it C ystein beh an d e lt *)55 78 — — 18

5 a lt(m it Serin beh an d e lt *)

— — 12 50 —

6 Meerschweinchen jung 40 52 — _ —7 m itte l 36 55 — — —8 a lt 25 60 3 54 —9 a lt

(m it C ystein behandelt *)38 48 — — —

10 a lt(m it Serin beh an d e lt *)

— — 8 47 —

11 Ratten jung — — — — 2012 a lt — — 6 59 813 a lt

(m it Thiazolid incarbonsäure behandelt)

14 46 17

Tab. 1. Die an 910 Versuchstieren gewonnenen Versuchsergebnisse (M ittelwerte). * Die 28-tägige Cystein- bzw. Serinbehand­lung bestand in der peroralen Applikation von 40 y/g Versuchstier pro Tag. ** ü b e r die verwendeten Methoden der Amino­

säurebestimmung wird an anderer Stelle ausführlich berichtet werden.

ken des Cystinspiegels (Nr. 5 und 10). Thiazolidincar­bonsäure, injiziert, vermag wie Cystein selbst den Methionin- und Cysteingehalt des Blutserums gealterter Versuchstiere zu erhöhen (Nr. 11 —13). — Die Zu­nahme des Methioningehaltes im Blut alter Versuchs­tiere nach Thiazolidincarbonsäure-Zufuhr als potentiel­lem Cystein ist ein weiterer Beweis dafür, daß bei alten Tieren die Reaktionsfolge: Methionin -» Homocystein —̂ Cystathionein->Cystein 7 (gestört ist und) umgekehrt werden kann. Daß Serin — ebenso wie Cystein und Methionin — bei alten Tieren das Cystein-Cystin- Gleichgewicht nach der Cysteinseite hin zu verschieben vermag, hängt damit zusammen, daß Serin als „Cystein- vorstufe“ in die genannte Reaktionsfolge eingreift. Das Absinken der Asparaginsäure-Konzentration beim Altern wird verständlich, wenn man die Ansicht vertritt, daß die Asparaginsäure in die Homoserin-Synthese ver­wickelt ist, und bedenkt, daß bei alten Ratten — im Gegensatz zu jungen Tieren — Umkehrung der Reak­

7 V . D u V ig n e a u d u . M itarbb. J. biol. Chemistry 155, 646 [1944]; N. H . H o r o w itz , J. biol. Chemistry 171, 255 [1947].

tionsfolge Methionin —► Cystein -f Homoserin möglich ist. Die Beobachtung, daß über längere Zeit erfolgende Cysteinzufuhr den Asparaginsäurespiegel des Blutes alter Tiere normalisieren kann, steht mit den bereits erwähnten, durch Cysteinapplikation bedingten Ver­änderungen des Methionin- und Cystein-Gehaltes des Blutes alter Ratten im Einklang. Daß sich diese Ver­hältnisse auch in einer Änderung der Glutaminsäure- Konzentrationen wiederspiegeln, ist zu erwarten: Die Glutaminsäure nimmt im Stoffwechselgeschehen eine sehr zentrale Stellung ein und steht zur Asparaginsäure in enger Beziehung. Zusammen mit anderen Experi­menten stützen alle diese Ergebnisse die Vorstellungen über eine Verlagerung von R —SS —R ^ 2 R —SH- Gleichgewichten im Alter nach der Disulfidseite hin (C y stin ^ Cystein; G lutathionoxyd.^G lutathion red.), kompensierbar durch Zufuhr von Verbindungen mit aktiven oder potentiellen SH-Gruppen oder Vorstufen davon. Die Untersuchungen werden fortgesetzt.

Den Herren U. B e c k e r und G. R ie m s c h n e id e r se i für ihre M itarbeit an diesen 1956— 1959 durchgeführten Untersuchungen, der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t für die Förderung d ieser Arbeiten bestens gedankt.