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25 1 Lernen Sie die Familie der Tasteninstrumente kennen In diesem Kapitel Entdecken Sie, wie ein Tasteninstrument funktioniert Vergleichen Sie akustische mit elektrischen Keyboards Unterscheiden Sie ein Klavier von einer Orgel und von einem quiekenden Schwein U m es ganz deutlich zu machen: Wenn ich Keyboard sage, dann meine ich ein Gerät, das musikalische Töne produzieren kann – ein Tasteninstrument. Ich meine kein Keyboard mit den Buchstaben QWERTZ darauf, das an einem Computer hängt, auf einer Schreibmaschine sitzt oder an einer Raketenabschussrampe bei der NASA. Sie haben also das richtige Buch ge- kauft? Gut. Gleich, ob es ein Klavier, eine Orgel oder ein Synthesizer ist, Ihr Keyboard ist ein wunderbares und fast übernatürliches Instrument. Sie haben Ihr Instrument sehr gut ausgesucht. Keyboards gibt es in allen Formen und Größen. Sie können sehr viele Tasten oder nur wenige haben; sie können große Möbelstücke sein oder kleine Kästchen. Doch egal, welche Größe, welche Form oder welches Aussehen das Keyboard hat, ein Instrument ist wahrscheinlich ein Keyboard, wenn eines der folgenden Dinge passieren kann: Wenn Sie eine Taste oder einen Knopf drücken, dann produziert das Instrument einen musikalischen Ton. Wenn man es bläst, darauf herumprügelt oder daran zupft, dann hilft das nicht viel. Jeder der es sieht, sagt: »Oh, schönes Keyboard!« Wenn Sie noch kein Keyboard gekauft haben, dann sollten Sie dieses Kapitel lesen, sich entscheiden, welche Art von Keyboard Sie interessiert, und dann Ihr Instru- ment kaufen. Vielleicht finden Sie im Geschäft sogar ein Keyboard, das Sie noch aufregender finden, aber diejenigen, die ich in diesem Kapitel erwähne, können zumindest einen Ausgangspunkt darstellen. Akustische Tasteninstrumente Akustisch bedeutet nicht elektrisch. Und deshalb sind akustische Keyboards für Hunger lei- dende Musiker gut geeignet, denn man kann sie auch dann spielen, wenn man die Stromrech- nung nicht bezahlen kann. c01.indd 25 22.10.2008 17:37:12 Uhr

In diesem Kapitel - Wiley-VCH · PDF fileDave Grusin, The Firm – Soundtrack (MCA/GRP) Franz Schubert, Klaviersonate in a-Moll, Alfred Brendel (Philips)

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1 ➤ Lernen Sie die Familie der Tasteninstrumente kennen

1Lernen Sie die Familie der Tasteninstrumente kennenIn diesem Kapitel

EntdeckenSie,wieeinTasteninstrumentfunktioniert

VergleichenSieakustischemitelektrischenKeyboards

UnterscheidenSieeinKlaviervoneinerOrgelundvoneinemquiekendenSchwein

Umesganzdeutlichzumachen:WennichKeyboardsage,dannmeineicheinGerät,dasmusikalischeTöneproduzierenkann–einTasteninstrument.IchmeinekeinKeyboard

mitdenBuchstabenQWERTZdarauf,dasaneinemComputerhängt,aufeinerSchreibmaschinesitztoderaneinerRaketenabschussrampebeiderNASA.SiehabenalsodasrichtigeBuchge­kauft?Gut.

Gleich,obeseinKlavier,eineOrgelodereinSynthesizerist,IhrKeyboardisteinwunderbaresundfastübernatürlichesInstrument.SiehabenIhrInstrumentsehrgutausgesucht.

KeyboardsgibtesinallenFormenundGrößen.SiekönnensehrvieleTastenodernurwenigehaben;siekönnengroßeMöbelstückeseinoderkleineKästchen.Dochegal,welcheGröße,welcheFormoderwelchesAussehendasKeyboardhat,einInstrumentistwahrscheinlicheinKeyboard,wenneinesderfolgendenDingepassierenkann:

WennSieeineTasteodereinenKnopfdrücken,dannproduziertdasInstrumenteinenmusikalischenTon.

Wennmanesbläst,daraufherumprügeltoderdaranzupft,dannhilftdasnichtviel.

Jederderessieht,sagt:»Oh,schönesKeyboard!«

WennSienochkeinKeyboardgekaufthaben,dannsolltenSiediesesKapitellesen,sichentscheiden,welcheArtvonKeyboardSieinteressiert,unddannIhrInstru­mentkaufen.VielleichtfindenSieimGeschäftsogareinKeyboard,dasSienochaufregenderfinden,aberdiejenigen,die ichindiesemKapitelerwähne,könnenzumindesteinenAusgangspunktdarstellen.

Akustische TasteninstrumenteAkustischbedeutetnicht elektrisch.UnddeshalbsindakustischeKeyboardsfürHungerlei­dendeMusikergutgeeignet,dennmankannsieauchdannspielen,wennmandieStromrech­nungnichtbezahlenkann.

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Die Innereien

BeidenmeistenakustischenKeyboardsentsprichteineTasteeinerodermehrerenSaiten,die innerhalbdes Instruments verborgen sind.WennSie auf eineTastedrücken,dannlöstdieseinenMechanismusaus,derdieSaitenanschlägt,diemitdieserTasteverbundensind.DieSaitebeginnt,sehr,sehrschnellzuvibrieren.DerProzessderVibrationvollziehtsichinBruchteilenvonSekunden–etwasoschnell,wieeinKolibrimitdenFlügelnschlägt.IhrOhrempfängtdieseVibrationen,undSiehörenMusik.

UmeineVorstellungzuerhalten,wieschnelldiesgeschieht,solltenSiezueinemKlaviergehenundeineTastedrücken.SoforthörenSieeinenTon.Dasistverdammtschnell.

DamitdieSaitennichtdieganzeZeit vibrieren,gibt es einenweiterenMechanismus,denDämpfer,derüberdenSaiteninnerhalbdesKlaviersangebrachtist.DämpfersindinderRegelausFilzgemacht,derdieSaitenruhighält,weilerkeineVibrationenerlaubt.WennSieaufeineTastedrücken,dannlöstdieserTastendruck,außerdasserdenMechanismusinGangsetzt,derdieSaiteinVibrationversetzt,aucheinenMechanismusaus,derdenDämpfervonderSaiteabhebt.

DergrundsätzlicheUnterschiedzwischendenverschiedenenArtenakustischerKeyboardsistderTypdesMechanismus,derdieSaiteninVibrationbringt.DieunterschiedlichenMechanis­menkönnensehrunterschiedlicheTönehervorrufen.

Damals, als noch niemand badete

VorlangerZeit(vorvielenJahrhunderten)gabeseinsehrfrühesKeyboardinFormderHydraulis,einerWasserorgel.SiewurdeimrömischenZirkusgespielt,undmanließdiePfeifenertönen,indemmaneinenSchiebereglerbewegte,undnichtdadurch,dassmanaufTastendrückte.

KurzeZeitspätergabeseinetragbare Orgel,dieKnöpfestattTastenhatte,undspäterdieKirchenorgelmitmehrerenTastaturen (Manualen),mitdenenman jeweils eineReihevonPfeifenbespielte.

Schon1435entwickelteHenryArnoultdeZwolle verschiedeneTasteninstrumente,beidenenmandurchdasDrückenaufTastenSaiteninVibrationversetzte.ZudiesenfrühenModellengehörtedasKlavichord,dasspäterzurGeburtdesCembalosführte.DiesebeidenSaiteninstrumenteunterschiedensichdurchdieArtundWeise,wiejedeSaiteangespieltwurde,unddurchdenentsprechendenMechanismus.

DiefrühenVersionenderTasteninstrumentehattennursehrwenigeTasten–10bis20–,dochmitjedemneuerenModellwurdedieZahlderTastenvergrößert.DaswarauchdieGeburtsstundeeinerimmernochbeliebtenVerkaufsstrategieinderMusikbranche:ManmachtebestimmteProdukteüberflüssig,umimnächstenJahrmehrneueInstrumenteverkaufenzukönnen.

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PianosPianossinddieverbreitetstenakustischenTasteninstrumente,undesgibtsieindreiunter­schiedlichenGrößen:

Der Flügel (siehe Abbildung 1.1):WahrscheinlichbrauchenSieeinWohnzimmervonderGrößeeinesTanzsaals,umeinesdieserInstrumentedarinaufstellenzukönnen.WennSienichtineinemSchlosswohnen,dannkönntenSiesichüberlegen,einenStutzflügelzukaufen,diekleinereVersiondesFlügels.

Das Klavier (siehe Abbildung 1.2):DieserelativkleinenInstrumentestellenSiemitderRückseitegegendieWandIhresWohnzimmers.

Der Stutzflügel:EristdasKinddererstenbeidenPianoarten!DiesistganzeinfacheinekleinereVersiondesgroßenFlügels.

AlsMusikbeispiel1dieserCDhörenSiedenwunderbarenKlangeinesKlaviers.ZuersthörenSieeinenAusschnittausErikSatiesklassischemWerk»TroisGym­nopédies«,gefolgtvonAusschnittenausScottJoplins»MapleLeafRag«.

Abbildung 1.1: So einen zu besitzen, ist riesig.

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Abbildung 1.2: Aufrecht steht das Klavier

TausendevonStückenwurdenfürdasKlaviergeschrieben.UmeinekleineAuswahlverschiedenerKlavierstilezuhören,solltenSiediefolgendenCDsantesten:

AlanFeinberg,Fascinatin’ Rhythm(Argo)

DaveGrusin,The Firm – Soundtrack(MCA/GRP)

FranzSchubert,Klaviersonate in a-Moll,AlfredBrendel(Philips)

GeorgeWinston,December (WindhamHill)

DeckelDerFlügelhateinenenormgroßenDeckel,denSiemiteinemeingebautenStützstabhochstel­lenkönnen.WennSiedenDeckelöffnen,dannkönnenSievielemetalleneSaitenundandereKomponentensehen,vielleichtsogardieAutoschlüssel,dieSieletztenMonatverlegthaben.

DaderKlangeinesFlügelsvondenSaiteninnerhalbdesInstrumentsherrührt,erhaltenSieei­nenlauterenundvollerenTon,wennSiedenDeckeleinesFlügelsbeimSpielenoffenlassen.

AuchdasKlavierhateinenDeckel–undaucheineStütze,mitdermanihnoffenhaltenkann,dochnormalerweisewirdsienurvondenKlavierstimmernverwendet,damitderDeckeloffenbleibt,währendsiedieSaitenstimmen.DerKlangeinesKlavierswirdnichtdramatischverändert,wennmandenDeckeloffenlässt.Statt­dessenkönnenSiedasKlaviereinStückvonderWandabrücken,damitsichderKlangwenigerdumpfanhört.

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Meister aller Instrumente

VielebetrachtendieTasteninstrumentealsdievielseitigstenInstrumenteinderMusik.DiesesgroßeStatementkannichmiteinigenFaktenuntermauern

(auchmiteinigen,dieetwaszweischneidigsind):

SiekönneneinegroßeBandbreitevonLautstärkenproduzieren–vonganzleisebissehrlaut.

SiekönnenmehralseineNotegleichzeitigspielen.

EssindgestimmteInstrumente(siesindinderLage,unterschiedlicheTönezuspielen,imGegensatzzudenungestimmtenTrommelnundBecken).

SiehabendengrößtenStimmbereichallerInstrumente,vonganztiefbissehrhoch.

SiekönnenalsSolo­oderauchalsBegleitinstrumentgespieltwerden.

Manchekönnensogarprogrammiertwerden,sodasssiealleinspielen.

Sicherlich,IhrNachbarkannseineKlarinettesehrlautundsehrleisespielen(leider),abererkannimmernureineNotespielen.IhrFreundmitderGeigekannzweioderdreiNotengleichzeitigspielen,abererkannnurdieHälftederNotenspielen,dieeinKeyboardspielenkann.Undrichtig,dasPearl­Jam­KonzertamFreitagbrachteaucheinSchlagzeugsolo,aberkonntemandamitsummen?

Die Anordnung der SaitenImFlügelliegendieSaitenhorizontal,imKlavierstehensieaufrecht.HiermüssendieSaitendiagonalangeordnetwerden,–dieSopransaitenkreuzendieBasssaiten–umimkleinerenKlavieruntergebrachtzuwerden.

DerUnterschiedinderAnordnungderSaitenhatEinflussaufdenKlangderbeidenInstrumente:

DieSaitenineinemKlavierstehensenkrechtzumBoden,unddeshalbbleibtderKlangdesKlaviersauchnahedemBoden.

DieSaitenineinemFlügelliegenparallelzumBoden,unddeshalbbewegtsichderKlangvomBodennachobenundfülltdenRaum.

DieSaiten ineinemKlavier sindgrößtenteils ineinemhölzernenGehäuseverborgen,dasnichtsoleichtgeöffnetwerdenkann,unddeshalbhörtsichderKlanggedämpftan.

DieSaiten in einemFlügel liegendirektunter einemDeckel, der geöffnetwerdenkann,umeinenvollerenKlangzuermöglichen.

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Der alte Bartel brauchte mehr Lautstärke

EntgegenallgemeinerAuffassunghießderErfinderdesKlaviersnichtSteinway,erhießauchnichtAlec,Billy,SteveundwarauchnichteinerderberühmtenBaldwin­Brüder.Nein,dasKlavierwurdevoneinemitalienischenCembaloherstellerim18.Jahrhunderterfunden,derdenNamenBartolomeoCristoforitrug(1655–1731).

AneinemTagimJahre1709,nachdemerschondasx­teCembalopolierthatte,dachtesichMeisterCristofori:»StattdassjederTastendruckdasAnzupfeneinerSaitebewirkt,könnteauchjederTastendruckeineSaiteanschlagen.«Ziemlichpoetisch,nichtwahr?(Natürlichinterpretiereichdas,weilichschließlichnichtdabeiwarundaußerdemnichtItalienischspreche.)

DeralteBartelzögertenichtlange,sondernsteigerteseinenUmsatz,indemerdasneueCembaloherstellte,beidemdieSaitenangeschlagenwurden.DerMarktvorteil?AndersalsbeimCembalo,beidemimmerdiegleicheLautstärkegespieltwird,ganzgleich,wiehartmanindieTastenhaut,konntedasneueInstrumentallemöglichenLautstärkenspielen.UnddeshalbwurdedieseneueErfindungPianofortegenannt,dasistderitalienischeAus­druckfürleiseundlaut.

WeshalbdasforteimLaufederJahreweggelassenwurde,istwahrscheinlichgenausoauf­regendinformativwiederGrunddafür,dassmanstattRobertnurnochBobsagt.Esistfastüberflüssiganzumerken,dassdieItalienerim18.Jahrhundertziemlichtrendywaren.WeshalbsolltemaneinWortmitfünfSilbensagen,wennauchdreiausreichten?

DasPianowarkeinsofortigerErfolg.AufdenPartysderdamaligenZeit,beidenenesWeinundKäsegab,hörtemandieganzeZeithitzigeDebattenüberden»langweiligenKlang«und»dasFehlenvonAnschlagkultur«beimneuenPiano.(Oh,einKönigreichfüreineZeitmaschine!)

NachvielenJahrenundvielenVerbesserungenwarfensoprominenteKomponistenwieBeethoven,HaydnundeinTypnamensMozartalleLogiküberBordundschriebenStückefürdiesesverrückteInstrument.

Tasten und HämmerDiemeistenakustischenKlavierehabenheuteeineReihevon88schwarzenundweißenTasten.WennSie87,89odernur32Tastenhaben,dannsindSiewahrscheinlicheinemBetrugauf­gesessen!Jededer88Tastenistmiteinemkleinen,mitFilzüberzogenenHammerverbunden,demMechanismus,derdieSaiteanschlägt,wieinAbbildung1.3zusehenist.WennSieeineTastedrücken,dannschlägtderrichtigeHammergegeneineodermehrereSaiten,dieeinerbestimmtenMusiknoteentsprechen.

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Abbildung 1.3: Damit können Sie Ihre Ideen »hämmern«.

Ist das da in Ihrem Wohnzimmer ein Ruckers?

WennIhresnobistische,GeigespielendeFreundindemnächstsagt:»Schatz,ichspielenuraufeinerStradivari«(dassinddieInstrumentedesbestenGeigenbauersderGeschichte),dannsolltenSiedieserHerausforderungbegegnen:»Nunja,ichspieleimmeraufeinemRuckers.«UnddannsolltenSiesienachgrauemPerückenpuderfragen.

HansRuckers(etwa1555–1623)wirdalsderberühmtesteCembalobauerangesehen,dendieWeltjekannte.SchonimzartenAltervon20JahrenbegannderFlame,seineeigenenTasteninstrumente inbisherunerreichterQualitätzubauen. Ihmgelangesauch, sichnebenbeialsErfinderhervorzutun,alserdemInstrumenteinezweiteTastatureinbaute.

LeiderhabennurwenigeseinerSchöpfungenüberlebt.Esscheint,dassdieGehäusederInstrumente so schön waren– die Malereien und die Intarsienarbeiten–, dass Kunst­händleranfingen,dieInstrumentezukaufen,zuzerlegenunddieEinzelteilevonRuckersCembalosinganzEuropazuverkaufen.

CembalosDieZahlderHaushalteindenVereinigtenStaaten,indeneneinCembalosteht,istungefährgenausogroßwiedieZahlderHaushalte,dieBeethovenaufdemTürschildstehenhaben.Cembalossindheutesoselten,dassmankaumglaubenmag,dasssiefrüherinEuropadergroßeHitwaren.

WennSiezufälligeinmaleinCembalofinden–vielleichtineinemMuseum–,dannwerdenSiebemerken,dassCembaloswiePianosaussehen(sieheAbbildung1.4).AchtenSiejedochaufdenverziertenDeckeleinesCembalos.HeutemüssendieKeyboardspielermitganzeinfachenschwarzenKistenauskommen.

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Abbildung 1.4: Ein prächtig verziertes Cembalo

BeimanchenCembalossindauchdieFarbenandenTastenumgekehrt–wieauchbeieinigenaltenKlavieren.Ichbinsicher,dasseseinengutenGrunddafürgab,diesspäterzuändernundmehrweißealsschwarzeTastenzubauen–wahrscheinlichgabesElfenbeinimÜberfluss.

DasCembalomagzwardemPianosehrähnlichsehen,aberwennSieeineTasteaneinemCembalodrücken, dannwerdenSie denUnterschied zwischen einemCembalound einemPianosofortbemerken.

HörenSiedenUnterschiedzwischeneinemCembaloundeinemKlavier(Musik­beispiel1).Musikbeispiel2bietetIhneneinenAusschnittausBachs»DasWohl­temperierteClavier«,aufeinemCembalo.

Das Cembalo erhält seinen anderen Klang, weil die Saiten im Instrument aufandere Weise in Vibration gebracht werden. Statt mit einem Hammer sind dieTasteneinesCembalosmitkleinenHakenoderFederkielenverbunden,diesehrnaheanjederSaiteangebrachtsind.WennmanaufeineTastedrückt,dannreißtderentsprechendeHaken(auchPlektrum)eineSaitean–ungefährso,wieeinHillbilly­MusikerseinBanjozupft.

VieleCembaloshabenmehralsnureineTastatur,auchManualgenannt.DieswareineschnelleLösungfürdasgroßeProblemdiesesInstruments:Ganzgleich,wiefestmanaufeineTastedrückte,dieLautstärkebliebimmergleich.DurchdasHinzufügeneinerzweitenTastaturund

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voneinpaarweiterenausgeklügeltenMechanismenkanndieMelodielautergespieltwerden(aufderunterenTastatur)alsdieBegleitung.

HörenSiesichCembalo­Musikan,wiemansiehörensollte...aufdemCembalo:

DomenicoScarlatti,Sonaten,TrevorPinnock(Archiv)

AntonioVivaldi,Die vier Jahreszeiten,NigelKennedyunddasEnglishCham­berOrchestra(EMI);indiesemStückhörenSiedasCembalonichtsosehrwiedieGeigen,aberSiekönnenesimmerhinimHintergrundhören.

JohannSebastianBach,Konzert in d-MollfürCembalo,IgorKipnismitSirNevilleMarrinerunddenLondonStrings(CBS)

Wie heißt das doch gleich wieder?

EinKonzertisteineKomposition,diefüreinOrchesterundeinodermehrereSoloinstru­mentegeschriebenwurde.UnddeshalbhörenSieineinemKonzertdasganzeOrchesterwildspielen,gefolgtvomSoloeinesPianisten,CembalistenoderKammbläsers.

EineSonateisteineKomposition,dieinbesondererFormfüreinSoloinstrumentgeschrie­benwurde.EsgibtSonatenfürKlavier,Cembalo,Geigeundsoweiter.

AndereBegriffe,wieFuge,Passacaglia,Mazurka,BagatelleundvieleanderekommenindenTitelnvonWerkenfürTasteninstrumentevor.Ummehrüberdieseundandereklas­sischeMusikbegriffezulernen,solltenSieschnellinsAutosteigenoderaufIhrFahrradspringen,umsichbeiIhremBuchhändlereinExemplarvonKlassik für DummiesvonDavidPogueundScottSpeckzuholen,ebenfallserschienenbeiWiley­VCH.

OrgelnWieichfrüherindiesemKapitelschonerklärte,bedeutetakustischsovielwienicht elektrisch.Esbedeutetnicht,Saitenzuhaben.Deshalbmussichjetztschnellbetonen–sonstkönntenSiemichLügnernennen–,dassaucheineOrgeleinakustischesKeyboardist.AllerdingshatsiekeineeinzigeSaite.Stattdessenhatsie...Pfeifen.

EineOrgelwerdenSiekaumimHausIhrerNachbarnfinden–höchstens,wennIhrNachbarmitNachnamenGatesheißt,aberdasisteineandereGeschichte.OrgelnfindetmaninKirchen,Synagogen,UniversitätenundmanchenKonzertsälen.

NichtumsonstwirddieOrgeldieKöniginderInstrumentegenannt:KirchenorgelnsinddiegrößtenundkomplexestenakustischenInstrumentederWelt.EssindriesigeMonstermitvielen, vielenPfeifenunterschiedlichsterGröße. JedePfeifehateineneinzigartigenKlang.WennmanmehrerePfeifenmiteinanderkombiniertspielt,dannkönnensieandereKlänge,dienichteinerOrgelentsprechen,produzieren–Trompete,Flöte,GeigeoderauchdasQuiekeneinesSchweins.Nun,esmussjanichtunbedingtdasQuiekeneinesSchweinssein,abermiteinerOrgelkannmaneinegroßeVielfaltvonKlängenproduzieren.

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DerTonwirddadurcherzeugt,dassLuftdurchdiePfeifenunterschiedlicherGrößegeblasenwird.WennIhrOrganistsichnichtderHilfevonetwa100Musikenthusi­astenmitRiesenlungeversicherthat,dannbefindetsicheinsehrgroßerBlasebalghinterderOrgel–verborgenvordemAnblickdesPublikumsundverborgenvorKindernmitscharfenGegenständen.DerBlasebalgdrücktLuftdurchdiePfeifen.JelängerdiePfeife,umsotieferistihrKlang.

DiemeistenKirchenorgelnhabenmehrereManuale.JedeTasteaufeinemManualkann1bis100 Pfeifen ansprechen. Welche Pfeifen von einer Taste angesprochen werden, wird durchkleineKnöpfe,dieRegister,kontrolliert,dieinderNähederTastenangebrachtsind.

WennSiedieMöglichkeithaben,dannsolltenSieIhreHändeeinmalaufdieTasteneinerOrgellegenund–wiemanimShowbusinesssagt–alleRegisterziehen.Jede(undichmeinewirk­lichjede)Note,dieSiespielen,wirdgleichzeitigwunderbarunderschreckendklingen.AbersicherlichnichtsoschrecklichwiederOrganist,wennerruft:»Werwardas?Kommraus!«

HörenSieMusikbeispiel3aufderCD,undvernehmenSiedendröhnendenKlangeinerKirchenorgel mit einem Ausschnitt aus BachswunderbarerToccata und Fuge in d-Moll.

WennIhnenderKlangderOrgelgefällt,dannsolltenSieandereklassischeStückehören,diespeziellfürdieseskomplexeundeindrucksvolleInstrumentgeschriebenwurden.

JohannSebastianBach,Toccata und Fuge in d-Moll,E.PowerBriggs(CBS);Passacaglia und Fuge in c-Moll,VirgilFox(RCA)

Camille Saint­Saëns, Symphonie Nr. 3 (Orgel), Peter Hurford mit CharlesDutroitunddemMontrealSymphonyOrchestra(London)

AndrewLloydWebber,Phantom of the Opera–BroadwayCastAlbum(Polydor)

Andere Holzkisten mit lustigen NamenDieJahrhundertehabendenAufstiegundFallvonInstrumentenmitsolächerlichenNamenwiePsalter,Virginal,Spinett,OttavinaundHarmoniumgesehen.AlldieseakustischenKey­boardswarenKästenmitSaitendarin,dieauf irgendeineWeisedurchTasten inVibrationversetztwurden.

Elektrische KeyboardsFürweitauswenigerGeld,alsSiefüreinakustischesKeyboardausgebenmüssen–dieSpedi­tionskostenmöchteichgarnichteinmalerwähnen–,könnenSieeinelektrischesKeyboardkaufen,dassichanhörenkannwiejedesandereInstrumentaufderErde(undauchwieeinakustischesKeyboard).

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Muttern und Schrauben (und Griffe und Knöpfe)AuchohneIhremelektrischenKeyboardmiteinemSchraubendreheroderSchneidbrennerzuLeibezurücken,könnenSiewahrscheinlichdavonausgehen,dass innendrinkeinevi­brierendenSaitensindwiedie,diemanineinemakustischenKeyboardfindet.

StattdessenproduzierteinkleinesDing,dasmanOszillatornennt,eineKlangquelle,dieübereinenLautsprecherverstärktwird.Ichwillnichtzutechnischwerden,aberderLautsprechervibrierttatsächlichundschicktdieVibrationenanIhrTrommelfell,wodurchSiedenKlanghörenkönnen.

DieelektronischeKlangquellewirddurcheineReihevonSchaltern,KnöpfenundSchiebernmanipuliert,diedieFormderKlangwelledesTonsverändernkönnen.IchwillandieserStellenichtanfangen,denwissenschaftlichenHintergrundvonKlangwellenweiterzuerklären.Ver­trauenSiemireinfach–SieschließenIhrKeyboardandieSteckdosean,drückeneineTasteundesproduzierteinenTon.

SynthesizerSynthesizerkönnennahezujedesInstrumentoderjedenKlangeffektimitieren,denmansichnurvorstellenkann,undzusätzlichjedeMengeGesummeundGedröhn,dassichganzcoolanhört.IhrSynthesizerkannklingenwiedasgesamteWienerPhilharmonie­Orchester,unddasinIhremWohnzimmer–undSiebrauchennichtmalKaffeeundzusätzlicheStühlezubringen.

EinSynthesizeristinderMusikbrancheallgemeinalsSynthoderSynthiebekannt,hateineMengeTasten,Knöpfe,SchalterundSchieber,diedieFormderKlangwelle,dievomOszilla­torproduziertwird...ach,lassenwirdas.DadrinsindalsoeineMengeSachen,diedieTöneverändern.

Sie wollen ein paar coole Sounds hören? Hier sind sie. Musikbeispiel 4 bietetverschiedeneBlips,BlubbsundsonstigeKlängevonverschiedenenSynthesizern.EinervonihnenhörtsichsogarwieeinganzesOrchesteran.

WennesIhnengelingt,ausIhremSynthesizerwirklichguteSoundsherauszulocken,dannwollenSiewahrscheinlich,dassanderedasauchhören,nichtwahr?DasgiltauchfürdiefolgendenKünstler:

WendyCarlos,Switched-On Bach(CBS)

Kraftwerk,The Mix (EMI)

TheResidents,Duckstab/Buster & Glen(EuroRalph)

Jean­MichelJarre,Oxygene(Dreyfus)

MauriceJarre,Witness – Original Soundtrack(VareseSarabande)

Vangelis,Chariots of Fire – Original Soundtrack(Polydor)

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Kein magerer Beitrag

Nicht lange nachdem Thomas Edison entdeckt hatte, wie man den New Yorker TimesSquare beleuchten konnte, begannen andere, die Elektrizität in Musikinstrumente zuleiten(seienSievorsichtigbeiderOboe!).

ImJahr1924machteJörgMagereinigeVersuche,Tönesynthetischzuerzeugen.SeineSchöpfungenkonnteneinenahezuunbegrenzteZahlvonTönenimitieren,indemermiteinerReihevonKnöpfenundSchalterndenKlangleichtveränderte.

Seither oszilliert die ganze Welt. Obwohl moderne Synthesizer wesentlich komplexer(unddankenswerterweiseauchwesentlichanwenderfreundlicher)sindalsMagersersteVersuche,bleibtdasPrinzipdasgleiche.

Elektronische Klaviere und OrgelnElektronischeKlaviereundOrgelnsindeingroßerErfolg.EinfachindieSteckdosestecken,undschonkommenalleKindergelaufen.JedesdieserInstrumenteistsehrkompaktgebaut,sogarkleineralseinnormalesKlavier,undkann10bis20unterschiedlicheKlängeproduzie­ren–einschließlichKlavier,Orgel,Trompete,GeigeundBanjo.

Weil diese Geräte die Fähigkeit haben, die Klänge anderer Instrumente zu imitieren, sinddieseKeyboardsengeVerwandtedesSynthesizers.Tatsächlichbenutzensieauchdasgleiche»Gehirn«wieeinSynthesizer.DerUnterschiedjedochist,dassmandieKlängenichtverändernkann.Sicher,mankannzwischenTrompeten­undKlaviersoundwechseln,aberdenKlangderTrompeteselbstkannmannichtverändern.

DochTausende,jasogarMillionenvonKundensindüberhauptnichtdaraninteressiert,Tönezuprogrammieren.SiesindglücklichmitdenTönen,dieihnenzurVerfügungstehen,undwollennurMusik spielen.Und sogeht derWahnder elektronischenKlaviereundOrgelnimmerweiter.

VieledieserelektronischenInstrumentehabenzusätzlichnocheineRhythmus-abteilung. Man drückt einen einzigen Knopf, und schon hat man eine stetigeSchlagzeugbegleitungfürden»YankeeDoodle«.(Oderwiewär’smitBossaNova?)

InMusikbeispiel5isteineelektronischeOrgelamWerk;siespielt»HereComestheBride«,komplettmitRhythmusbegleitung.

MehrüberdieverschiedenenArtenelektrischerKeyboards,Synthesizer,ElektrikorgelnundihrewohlhabendenHerstellererfahrenSieinKapitel16.

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