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„Wir danken dir für deine Güte, aber wir bitten dich auch: Zeige deine Macht“ Benedikt XVI. Weihnachten 2010 IN KIRCHE UND WELT SPIRITUELLE LEKTÜRE

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„Wir danken dir fürdeine Güte, aber wirbitten dich auch: Zeige deine Macht“

Benedikt XVI.Weihnachten 2010

I N K I R C H E U N D W E L T

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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„Ich begrüße es, daß 30 Giorni ein kleines Gebetbuch mit den Grundgebeten derChristenheit neu auflegt, die im Laufe der Jahrhunderte gereift sind. Dem kleinenBuch wünsche ich, daß es ein Lebensbegleiter für viele Christen werden kann.“

Aus dem Vorwort von Kardinal Joseph Ratzinger vom 18. Februar 2005(der am 19. April 2005 zum Papst - Benedikt XVI. - gewählt wurde)

WER BETET, WIRD GERETTET

Das Büchlein, von dem 30Giornischon Hunderttausende von Kopiendrucken liess, enthält dieGrundgebete des christlichenLebens, z.B. das Morgen- undAbendgebet, sowie alles, was zumguten Beichten hilfreich ist.

ZUM EINZELPREIS VON NUR €1+ Versandkosten

Bestellen kann man das Büchlein in allen Ausgaben (die italienische Ausgabe ist in zwei Formaten, Groß- und Kleinformat, erhältlich) schriftlich bei 30GIORNIvia Vincenzo Manzini,45 - 00173 Rom, Italien e-mail: [email protected]

ERHÄLTLICH AUCH IN ITALIENISCHER,PORTUGIESISCHER, FRANZÖSISCHER,SPANISCHER, ENGLISCHERUND CHINESISCHERSPRACHE

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SPIRITUELLE LEKTÜRE

Die Heilung der blutflüssigen Frau, Katakombe der Heiligen Marcellinus und Petrus, Rom.

1. Den Kommentar, den Don Giacomo Tantardini in Briefformzu dem Satz Don Luigi Giussanis auf dem Titelblatt der Nr. 4/5 von 30Tage abgegeben hat

2. Auszüge aus der Radiobotschaft von Papst Pius XII. am 29. Juni 1941, Hochfest der Hll. Apostel Petrus und Paulus

3. Den Bericht Lorenzo Cappellettis zum Martyrium der Hll. Johannes und Paulus, Nabor und Felix, sowie des hl. Alexander

Lesen Sie hier als spirituelle Lektüre:

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SPIRITUELLE LEKTÜRE

1 Luigi Giussani, Un avvenimento di vita, cioè una storia – Vorwort von KardinalJoseph Ratzinger – Edit-Il Sabato, Rom 1993, S. 104: „Eine wahre Verfolgung? Genaudas ist es. Der Zorn der Welt richtet sich heute nicht gegen das Wort Kirche, schweigtauch angesichts des Gedankens, dass jemand sich als katholisch definiert, oder ange-sichts der als moralische Autorität beschriebenen Gestalt des Papstes. Ja, es gibt eineformale, sogar ehrliche Ehrfurcht. Der Hass entlädt sich – wird mit Mühe unter-drückt, aber schon bald wird er überfließen – gegen jene Katholiken, die sich als sol-che geben, Katholiken, die sich in der Einfachheit der Tradition bewegen.“

2 Ebd.

Rom, 17. Juni 2011

Heiliges Herz Jesu, ich vertraue Dir und hoffe auf Dich

Liebe Freunde,

die Worte Giussanis auf dem Titelblatt von 30Tage („Nicht im Agnostizismus, sondernim Gnostizismus liegt die Gefahr für den christlichen Glauben“. Don Luigi Giussani in ei-nem Gespräch mit Johannes Paul II. Anfang der neunziger Jahre) und die beiden Kom-mentare von Lorenzo Cappelletti (30Tage, Nr. 4/5, 2011, SS. 58-59) sind ausgesprocheninteressant. Ich möchte eine kleine Anmerkung machen, die helfen soll, diese Worte Giussa-

nis besser zu verstehen – etwas, das in den letzten Tagen eine Ent-deckung für mich war.

Wie oft habe ich die Worte zitiert, die Giussani in dem Interviewvom April 1992 über die Verfolgung derer gesagt hat, „die sich in derEinfachheit der Tradition bewegen“1!

In diesen Tagen aber haben mich auch die anderen Worte über-rascht (wie ein Sonnenstrahl, der alles erhellt), die ebenfalls aus demInterview vom April 1992 stammen: „Der Hass entlädt sich – wird mitMühe unterdrückt, schon bald aber wird er überfließen…“2.

Diese Worte Giussanis sind auch die Worte, die der Apostel Paulusin seinem zweiten Brief an die Thessalonicher schreibt (2 Thess 2, 7),

wo er von dem spricht, der den Hass auf jene zurückhält, die sich inder Einfachheit der Tradition bewegen (Giussani sagt unterdrückt).

Heute ist mir klar (im April 1992 war es das nicht), was und werim April 1992 das Überfließen des Hasses unterdrückt oder zurück-gehalten hat (Giussani deutet das auf eine – wie ich meine – sehr un-missverständliche Weise in besagtem Interview an, nämlich dort, woer dem Begriff “Verfolgung” das Adjektiv “blutig” voranstellt).

Für die Einsicht, die der Glaube angesichts der tragischen Bei-spiele der blutigen Verfolgung in diesen Jahrzehnten schenkenkann, muss wieder an diese Worte Giussanis erinnert werden: „Das

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Don Luigi Giussani dans un entretien

avec Jean Paul II au début des années Quatre-vingt-dix

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En hommage LES CHANTS DE LA TRADITION

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Directeur: Giulio Andreottidans l’Église et dans le monde Directeur: Giulio Andreottidans l’Église et dans le monde

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le dijo don Luigi Giussani

a Juan Pablo II

a principios de los años noventa

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REVISTA MENSUAL AÑO XXIX N. 4/5 - 2011 - € 5

Suplemento LOS CANTOS DE LA TRADICIÓN

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Director: Giulio Andreotti

En la Iglesia y en el mundoDirector: Giulio Andreotti

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Palavras de Dom Luigi Giussania João Paulo II no início da década de 1990

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“Não é o agnosticismo; o gnosticismo, este sim, é que é o perigo para a fé cristã”

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ANO XXIX - N.4/5 - 2011 R$ 15,00 - € 5

Suplemento OS CANTOS DA TRADIÇÃO

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Diretor: Giulio Andreotti

na Igreja e no mundo Diretor: Giulio Andreotti

na Igreja e no mundo

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29. JAHRGANG - 2011 NUMMER 4/5 - € 5

Beilage DIE GESANGE DER TRADITION

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Chefredakteur: Giulio Andreotti

in Kirche und Welt Chefredakteur: Giulio Andreotti

in Kirche und Welt

„Nicht im Agnostizismus, sondern im Gnostizismus

liegt die Gefahr für den christlichen Glauben“Don Luigi Giussani in einem

Gespräch mit Johannes Paul II.

Anfang der neunziger Jahre

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ISSN 0390-4539

Thus Don Luigi Giussani

to John Paul II

at the beginning of the ’nineties

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YEAR XXIX NUMBER 4/5 - 2011 $8 / € 5

Supplement THE CHANTS OF TRADITION

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Directed by Giulio Andreotti

In the Church and in the World Directed by Giulio Andreotti

In the Church and in the World

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Böse gab es auch im alten Rom…“ (auch die ersten Christen waren böse: man muss nur diePaulusbriefe lesen, die Apostelgeschichte; Paulus wurde von den Christen verraten; erstarb, weil ihn die Christen hintergangen haben)“3.

Einige sind der Meinung, dass der, der das Überfließen des Hasses zurückhielt, als derApostel Paulus den zweiten Brief an die Thessalonicher schrieb, der römische Kaiser ge-wesen sein könnte (Thomas von Aquin sagt ausdrücklich, dass derjenige, der das Über-fließen des Hasses zurückhielt, das „imperium romanum / das Römische Reich“ war). We-der der Kaiser noch die Beamten des Reiches schienen sich bewusst gewesen zu sein, dasssie das Werkzeug dieser Vorsehung waren. Und sie waren natürlich keine Christen. Ähnlichkann es auch jenen ergehen, die in den vergangenen Jahrzehnten Werkzeug dieser Vorse-hung waren und auch heute sein können.

Nach den Kaisern Tiberius und Claudius hat sich der Hass dann aber doch mit ganzerKraft entladen: in der großen Verfolgung des Nero.

Kommentar zu einem Satz von Don Luigi Giussani

330TAGE N. 6 - 2011

3 Luigi Giussani, Un avvenimento di vita, cioè una storia – Vorwort von Kardinal Joseph Ratzinger – Edit-Il Sabato, Rom, 1993, S. 295.

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30TAGE N. 6 - 20114

Im Gebet bitten wir, dass es auch heute noch etwas oder jemanden geben möge, der „diegeheime Macht der Gesetzwidrigkeit“ (2Thess 2, 7) unterdrückt oder zurückhält. Wir erflehenes als Bitte um Wunder, und wir tun dies mit dem Gebet der heiligen Messe, dem Gebet Jesu,und mit dem heiligen Rosenkranz, dem Gebet der Mutter Jesu mit ihren Kleinen und Armen.

Wir bitten darum im Gebet, indem wir die Worte des Paulus lesen:

„Brüder, wir schreiben euch über die Ankunft Jesu Christi, unse-res Herrn, und unsere Vereinigung mit ihm und bitten euch: Lasst euchnicht so schnell aus der Fassung bringen und in Schrecken jagen, wennin einem prophetischen Wort oder einer Rede oder in einem Brief, derangeblich von uns stammt, behauptet wird, der Tag des Herrn seischon da. Lasst euch durch niemand und auf keine Weise täuschen!Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch derGesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, der Widersa-cher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt,dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt.

Erinnert ihr euch nicht, dass ich euch dies schon gesagt habe, als ichbei euch war? Ihr wisst auch, was ihn jetzt noch zurückhält, damit er erstzur festgesetzten Zeit offenbar wird. Denn die geheime Macht der Ge-setzwidrigkeit ist schon am Werk; nur muss erst der beseitigt werden, dersie bis jetzt noch zurückhält. Dann wird der gesetzwidrige Mensch allensichtbar werden. Jesus, der Herr, wird ihn durch den Hauch seinesMundes töten und durch seine Ankunft und Erscheinung vernichten.Der Gesetzwidrige aber wird, wenn er kommt, die Kraft des Satans ha-ben. Er wird mit großer Macht auftreten und trügerische Zeichen undWunder tun. Er wird alle, die verloren gehen, betrügen und zur Unge-rechtigkeit verführen; sie gehen verloren, weil sie sich der Liebe zurWahrheit verschlossen haben, durch die sie gerettet werden sollten. Dar-um lässt Gott sie der Macht des Irrtums verfallen, sodass sie der Lügeglauben; denn alle müssen gerichtet werden, die nicht der Wahrheit ge-glaubt, sondern die Ungerechtigkeit geliebt haben.

Wir müssen Gott zu jeder Zeit euretwegen danken, vom Herrn ge-liebte Brüder, weil Gott euch als Erstlingsgabe dazu auserwählt hat,aufgrund der Heiligung durch den Geist und aufgrund eures Glaubensan die Wahrheit gerettet zu werden. Dazu hat er euch durch unserEvangelium berufen; ihr sollt nämlich die Herrlichkeit Jesu Christi, un-seres Herrn, erlangen.

Seid also standhaft, Brüder, und haltet an den Überlieferungenfest, in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei esdurch einen Brief. Jesus Christus aber, unser Herr, und Gott, unser Va-ter, der uns seine Liebe zugewandt und uns in seiner Gnade ewigenTrost und sichere Hoffnung geschenkt hat, tröste euch und gebe euchKraft zu jedem guten Werk und Wort.

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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530TAGE N. 6 - 2011

Im Übrigen, Brüder, betet für uns, damit das Wort des Herrn sichausbreitet und verherrlicht wird, ebenso wie bei euch. Betet auch dar-um, dass wir vor den bösen und schlechten Menschen gerettet werden;denn nicht alle nehmen den Glauben an. Aber der Herr ist treu; er wirdeuch Kraft geben und euch vor dem Bösen bewahren. Wir vertrauenim Herrn auf euch, dass ihr jetzt und auch in Zukunft tut, was wir an-ordnen. Der Herr richte euer Herz darauf, dass ihr Gott liebt und unbe-irrt auf Christus wartet.“

(2Thess 2, 1 – 3, 5)

In meinem einfachen Gebet und bei der Heiligen Messe, die das Gebet Jesu ist, möch-te ich voller Rührung all jenen danken, die für mich beten, und für die Liebe „Vergeltʼs Gott“sagen, die Sie mir vor allem in dieser Zeit zeigen.

Don Giacomo

Post scriptum Möge dieser Brief einfach nur die Gelegenheit für eine Gebetsbitte sein. Die Bitte um

ein Gebet in Seinem Namen, also in Seiner Gnade. Wie wichtig, entscheidend, ist es doch,immer, und vor allem in gewissen Momenten, in der Gnade Gottes zu leben und zu beten.Denn: „Wer gut beichtet, der wird heilig.“ Wird heilig, d.h. ihm ist es dank einer besonderenHilfe der Gnade gegeben, in der Gnade Gottes zu leben.

Möge dieser Brief also die Gelegenheit für eine Bitte um Wunder sein. Ja, um Wunder,gemäß SeinerVerheißung. Der Herr schenke auch diese Liebe, diese weise Klugheit der Kinder.

Der Gute Hirt,

Calixtuskatakombe,

Rom.

Kommentar zu einem Satz von Don Luigi Giussani

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A n diesem Hochfest der heiligen ApostelPetrus und Paulus sind euer frommer Ge-danke und eure Zuneigung, liebe Kinder

der universalen katholischen Kirche, mit folgen-dem triumphierenden Vers auf Rom gerichtet: „ORoma felix, quae duorum Principum – es cons-ecrata glorioso sanguine! / O glückliches Rom,das du geweiht wurdest vom ruhmreichen Blut die-ser beiden Fürsten!“ Aber die Glückseligkeit Roms,die eine Glückseligkeit des Blutes und des Glaubensist, ist auch die eure; denn der Glaube Roms, derhier am linken und am rechten Ufer des Tibers be-siegelt wurde mit dem Blut der Apostelfürsten, istder Glaube, der euch verkündet wurde und derauch weiter auf der ganzen Welt verkündet wird.Ihr freut euch über das Gedenken und den GrußRoms, weil ihr in euch den Widerhall der universa-len Romanität eures Glaubens verspürt.

Rom, das 19 Jahrhunderte lang das Rom derKaiser war, wurde vom ruhmreichen Blut des erstenStellvertreters Christi und dem des Lehrers der Völ-ker zum Rom Christi getauft, als ewiges Zeichen derunvergänglichen Herrschaft der heiligen Autoritätund des unfehlbaren Lehramts des Glaubens derKirche. Und in diesem Blut hat man die ersten Sei-ten einer herrlichen neuen Geschichte von den hei-ligen Kämpfen und Siegen Roms geschrieben.

Habt ihr euch nie gefragt, was die kleine Grup-pe verängstigter, in der großen heidnischen Stadtverstreuter Christen empfunden haben muss,

nachdem sie die sterblichen Überreste der beidengroßen Märtyrer in aller Eile begraben hatten – ei-nen zu Füßen des Vatikans, den anderen an der ViaOstiense – und sich dann zusammenfanden; diemeisten in den einfachen Unterkünften der Skla-ven oder einfachen Handwerker; andere in ihrenprunkvollen Villen? Wie allein, wie verwaist müs-sen sie sich nach dem Verlust der beiden großenApostel gefühlt haben! Der erst kurze Zeit zuvorvon der Grausamkeit des Nero gegen die noch jun-ge Kirche entfesselte Sturm brauste nun erbar-mungslos über sie hinweg. Vor ihren Augen standnoch deutlich das schreckliche Bild brennenderMenschen, die des Nachts als lebende Fackeln dieGärten des Kaisers erhellten; der vielen, bei Zirkus-spielen und auf den Straßen grausam hinge-schlachteten Opfer. Es schien, als hätte die uner-sättliche Grausamkeit alle verschlungen, hatte siedoch auch jene beiden Säulen getroffen und nie-dergerissen, deren bloße Anwesenheit den Glau-ben und den Mut der kleinen Christengruppe stärk-te. Wie sehr muss der Schmerz in diesem blutigenAbendrot ihre Brust zusammengeschnürt haben,als sie sich des Trostes und der Gesellschaft dieserbeiden mächtigen Stimmen beraubt, der Grausam-keit des Nero und dem schrecklichen Arm der kai-serlichen römischen Macht ausgeliefert sahen!

Zur Verteidigung gegen die Härte und die mate-rielle Kraft des Tyrannen und seiner Helfershelferaber hatten sie den Geist der Kraft und der Liebe

30TAGE N. 6 - 20116

Im Sturm wirkt die Zärtlichkeit des Herrnfür seine Kinder „Der Himmlische Vater wird auch weiterhin mit starker Sanftmutihre Schritte lenken, die wie die der Kinder sind, wenn sie sich nurvon Ihm führen lassen und auf die Kraft und Klugheit Seiner Liebezu ihnen vertrauen.“ Papst Pius XII. 1941 am Hochfest der heiligen Apostel und Märtyrer Petrus und Paulus.

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730TAGE N. 6 - 2011

Die Radiobotschaft Pius’ XII. vom 29. Juni 1941

Die Krypta von Papst Cornelius in der Calixtuskatakombe, Rom.

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30TAGE N. 6 - 20118

empfangen, der stärker ist als Tod und Qual. Undda sehen Wir ihn förmlich vor Uns, den alten Li-nus, der von der nun verwaisten Gemeinde als er-ster gerufen worden war, an die Stelle des verstor-benen Petrus zu treten. Wir sehen ihn, wie er, vorErregung zitternd, die Seiten in die Hand nimmt,auf denen der wertvolle Text des Briefes geschrie-ben steht, den der Völkerapostel an die Gläubigenin Kleinasien geschrieben hat; und wie er langsamdiese Sätze des Segens, des Vertrauens und desTrostes verliest: „Gepriesen sei der Gott und Vaterunseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns in seinemgroßen Erbarmen neu geboren, damit wir durchdie Auferstehung Jesu Christi von den Toten einelebendige Hoffnung haben... Deshalb seid ihr vollFreude, obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit untermancherlei Prüfungen leiden müsst.... Beugt euchalso in Demut unter die mächtige Hand Gottes …Werft alle eure Sorge auf ihn, denn er kümmertsich um euch.... Der Gott aller Gnade aber, der

euch in (der Gemeinschaft mit) Christus zu seinerewigen Herrlichkeit berufen hat, wird euch, die ihrkurze Zeit leiden müsst, wieder aufrichten, stärken,kräftigen und auf festen Grund stellen. Sein ist dieMacht in Ewigkeit!“ (1Petr 1, 3.6; 5, 6-7.10-11).

Auch Wir, liebe Söhne und Töchter, habendurch einen unergründlichen Ratschluss Gottesnach Petrus, nach Linus und hundert anderen heili-gen Päpsten die Sendung erhalten, unsere Brüderin Jesus Christus im Glauben zu stärken (vgl. Lk22, 32). Ebenso wie ihr, zieht es auch uns das Herzzusammen bei dem Gedanken an den Wirbelsturmdes Bösen, des Leidens und der Furcht, der heuteüber die Welt hinwegfegt. […]

Angesichts einer solchen Ansammlung des Bö-sen, der Tugendproben und Prüfungen jeder Artkann der menschliche Verstand, das menschlicheUrteil leicht die Orientierung verlieren, dem Irr-tum anheimfallen. Und vielleicht ist auch in den

Detail der Graffitis in der Katakombe des Sebastian, Rom. Dort steht zu lesen: „Paule et Petre petite pro Victore / Paulus und

Petrus, betet für Victor“.

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Herzen von mehr als einem von euch jenerschreckliche Zweifel aufgekeimt, der nach einemerfahrenen Unglück – wie dem Tod der beidenApostel – schon viele, nicht ganz so starke Chri-sten gequält hat: Wie kann Gott das zulassen? Wieist es möglich, dass ein allmächtiger, unsagbarweiser, unendlich gütiger Gott soviel Böses zu -lässt, das Er doch so leicht verhindern könnte? Solässt sich auch Petrus, noch unvollkommen, beider Ankündigung der Passion Christi zu demspontanen Ausruf hinreißen: „Herr! Das darfnicht mit dir geschehen!“ (Mt 16, 22). Nein, meinGott – denken diese Christen – Deine Weisheit,Deine Güte, Deine Ehre selbst können unmöglichzulassen, dass soviel Böses, soviel Gewalt die Weltbeherrschen; es [das Böse] macht sich lustig überDich, triumphiert durch Dein Schweigen. Wo sindDeine Macht, Deine Vorsehung geblieben? Müs-sen wir also zweifeln an Deiner göttlichen Herr-schaft, an Deiner Liebe zu uns?

„Du hast nicht das im Sinn, was Gott will, son-dern was die Menschen wollen“ (Mt 16, 23), sagteChristus zu Petrus, wie er es bereits dem Volk Ju-das durch den Mund des Propheten Jesaja kundtunließ: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken,und eure Wege sind nicht meine Wege“ (Jes 55, 8).

Vor Gott sind alle Menschen wie Kinder. Alle,auch die klügsten Denker, die erfahrensten Führerganzer Völker.

Sie wollen sofortige Gerechtigkeit und entrüstensich über die vergängliche Macht der Feinde Gottes,über das Leid und die Demütigung der Guten. Der

Himmlische Vater aber, der im Licht Seiner Ewig-keit die Geschicke der Zeit umfängt, durchdringtund beherrscht, wie den heiteren Frieden der Zeitenohne Ende; Gott, der heilige Dreifaltigkeit ist, vollerErbarmen mit der menschlichen Schwäche, derUnwissenheit und Ungeduld der Menschen; Gott,der die Menschen aber auch zu sehr liebt, als dassIhn ihre Schuld von Seinen Wegen der Weisheit undLiebe abbringen könnte, wird auch weiter seineSonne über Bösen und Guten scheinen und es überGerechte und Ungerechte regnen lassen (Mt 5, 45).Mit starker Sanftmut wird er ihre Schritte lenken, diewie die der Kinder sind, wenn sie sich nur von Ihmführen lassen und auf die Kraft und Klugheit SeinerLiebe zu ihnen vertrauen.

Was bedeutet es, Gottvertrauen zu haben?Gottvertrauen zu haben bedeutet, sich mit der

ganzen, von Gnade und Liebe gestützten Willens-kraft der Allmacht, der Weisheit und der unendli-chen Liebe Gottes zu überlassen – trotz aller Zwei-fel angesichts der offensichtlichen Widrigkeiten. Esbedeutet, daran zu glauben, dass nichts Seiner Vor-sehung entgeht, in der universalen Ordnung eben-so wie in der kleinsten Einzelheit. Es bedeutet, dassnichts auch noch so Großes, noch so Kleines, ge-schieht, ohne dass es vorgesehen, gewollt oder er-laubt worden wäre, stets von Ihm gelenkt zu denhöchsten Zielen, die allzeit Ziele der Liebe zu denMenschen sind. […]

Wegen des Glaubens, der in den Herzen derMenschen schwächer geworden ist, wegen des ¬

Die Radiobotschaft Pius’ XII. vom 29. Juni 1941

Fractio panis, Calixtuskatakombe, Rom.

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Hedonismus, der das Leben einlullt und formt,sind die Menschen geneigt, jedes physische Un-glück dieser Welt als Übel – und zwar als absolutesÜbel – zu betrachten. Sie haben vergessen, dassder Schmerz am Anfang des menschlichen Le-bens steht; dass es der Weg ist zum Lächeln desKindes in der Wiege; sie haben vergessen, dass ereine Projizierung des Kreuzes von Golgota aufdem Weg der Auferstehung ist; sie haben verges-sen, dass das Kreuz oft ein Geschenk Gottes ist –ein Geschenk, das notwendig ist, um der göttli-chen Gerechtigkeit auch unseren Sühneteil anzu-bieten; sie haben vergessen, dass das einzig wahre

Übel die Schuld ist, die Gott beleidigt; sie habenvergessen, was der Apostel sagt: „Ich bin über-zeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeitnichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit,die an uns offenbar werden soll“ (Röm 8, 18); dasswir unseren Blick auf den Urheber und Vollenderdes Glaubens, Jesus, richten müssen, der in derErwartung der Freude das Kreuz erduldet hat (vgl.Hebr 12, 2).

Auf den gekreuzigten Christus auf Golgota, Tu-gend und Weisheit, die die Welt zu sich bekehrt,blickten in den unsäglichen Leiden der Verbrei-tung des Evangeliums, mit Christus ans Kreuz ge-nagelt, die beiden Apostelfürsten, Petrus am Kreu-ze sterbend, Paulus das Haupt unter dem Schwertdes Schlächters beugend, Lehrmeister und Zeu-gen dafür, dass im Kreuz Trost und Heil liegen unddass man nicht ohne Schmerz in der Liebe Christileben kann. Auf dieses Kreuz, das erstrahlt als derWeg, die Wahrheit und das Leben, blickten die rö-mischen Protomärtyrer und die ersten Christen inden Stunden des Schmerzes und der Verfolgung.

Blickt auch ihr, liebe Söhne und Töchter, soauf euer Leid; und ihr werdet nicht nur dieKraft finden, es fügsam anzunehmen, son-dern es sogar zu lieben, euch seiner zu rüh-men, so wie auch sie es geliebt und sich seinergerühmt haben: die Apostel und die Heiligen,unsere Väter und älteren Brüder, die doch ausdemselben Fleisch gemacht waren wie ihrund mit demselben Empfinden ausgestattetwaren wie ihr. Betrachtet euer Leid und eureMühsal durch den Schmerz des Gekreuzig-ten, durch den Schmerz der Jungfrau, demunschuldigsten und an der Passion des Herrnam stärksten Anteil nehmenden Geschöpf –und lernt zu verstehen, dass die Ähnlichkeitmit dem Bild des Sohnes Gottes, König derSchmerzen, der erhabenste und sichersteWeg zum Himmel und zum Sieg ist. Blicktnicht nur auf die Dornen, wenn euch derSchmerz erfasst und peinigt, sondern blicktauf das Verdienst, das aus euren Schmerzenerblüht wie die Rose einer himmlischen Blu-me. Dann werdet ihr mit der Gnade Gottesden Mut und die Stärke jenes christlichenHeroismus finden, der zugleich Opfer undSieg ist und Frieden, der jeden Sinn über-steigt; ein Heroismus, den euer Glaube von

euch fordern darf.„Endlich aber [sagen wir mit den Worten des

Petrus]: seid alle eines Sinnes, voll Mitgefühl undbrüderlicher Liebe, seid barmherzig und demütig!Vergeltet nicht Böses mit Bösem noch Kränkungmit Kränkung! Stattdessen segnet...: So wird inallem Gott verherrlicht durch Jesus Christus. Seinist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit“(1Petr 3, 8-9; 4, 11). q

Die Krypta der Päpste, Calixtuskatakombe, Rom.

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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„W ie viele heute in der Taufe erneuerte Seelen haben dichgeliebt, o Herr Jesus, und haben gesagt: 'Köstlich ist

der Duft deiner Salben: Zieh mich her hinter dir, lass uns eilen'(Hld). Sie wollten den Wohlgeruch der Auferstehung des Herrnvernehmen.“

Ambrosius, De Mysteriis VI, 29

„Lasst uns oft an Jesus Christus denken, denn das Christen-tum ist die Verkündigung, dass Gott Mensch geworden

ist, und nur wenn wir unsere Beziehungen zu Gott so intensivwie möglich leben, "riskieren" wir, es ihm gleichzutun. “

Don Luigi Giussani, 11. Februar 2005Elf Tage vor seinem Tod

Die Taufe,

Detail eines Freskos der 3.

Sakramentskapelle in der

Calixtuskatakombe, Rom.

Das Martyrium der Heiligen Johannes und Paulus,

Nabur und Felix, sowie des hl. Alexander

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W as wir von ihnen wissen, stammt aus da-maligen liturgischen Texten und aus ei-ner Abschrift der Passio aus dem 6.

Jahrhundert. Das hat viele die Nase rümpfen las-sen. Als wäre die christliche Liturgie nicht das Ge-dächtnis von Ereignissen, die tatsächlich vorgefal-len sind und könne es sich leisten, Märchen zu er-zählen! Dabei haben wir es doch gerade der Passiozu verdanken, wenn im letzten Jahrhundert nichtnur die römische Villa entdeckt wurde, in der Jo-hannes und Paulus den Tod gefunden haben, son-dern auch ihre Tuffstein-Gräber und die Confessio,die der römische Senator Byzans und sein SohnPammachius einige Jahre später an dieser Stelle er-richten ließen.

Die Brüder Johannes und Paulus werden uns alshohe Beamte am kaiserlichen Hof vorgestellt. Con-stantina, die 354 n.Chr. verstorbene Tochter KaiserKonstantins, hatte ihnen einen Teil ihres Erbes ver-macht. Doch darüber kam es schon bald mit demneuen Kaiser Julian zum Streit. Als Christen wolltenes Johannes und Paulus natürlich nicht hinnehmen,dass ihre Güter zugunsten der falschen heidnischenGötter beschlagnahmt würden. Das Streitobjektkönnte die Villa gewesen sein, die man unter dernach ihnen benannten Basilika auf dem Monte Ce-lio in Rom entdeckt hatte und die die Anwesenheitvon Christen bezeugt.

Den geschichtlichen Zeugnissen zufolge ist Juli-an nie nach Rom gekommen, und dieser Überliefe-rung folgt auch die Passio. Sie beginnt zwar mit denWorten des Kaisers, stellt die Geschehnisse abernicht so dar, als sei Julian persönlich dabei gewe-sen: „Euer Christus sagt im Evangelium, dass wernicht alles aufgibt, was er besitzt, nicht sein Jünger

sein kann“. Mit dieser ethischen Erpressung will Ju-lian die Beschlagnahmung der Güter rechtfertigen,die die beiden Brüder erhalten haben. Eine Aussa-ge, die nicht zu begreifen wäre, wenn sie nicht vonjemandem stammte, der vom christlichen Glaubenabgefallen war. Was ja auch in der Moderne zur Re-gel geworden zu sein scheint.

Als der Kaiser die beiden Christen auffordert,ihm die Treue zu halten, geben sie ihm verächtlichzur Antwort: „Du hast den Glauben aufgegeben,um Dingen zu folgen, die wie Du weißt, nichts mitGott zu tun haben. Wegen dieser Abtrünnigkeitmüssen wir uns abwenden von dir.“ Und deshalb –so fahren sie fort – entziehen wir uns auch „a so-cietate imperii vestri“.

Da schickt Julian den beiden Brüdern eine Bot-schaft voller Schmeicheleien, aber auch unverhoh-lener Drohungen: „Auch ihr wurdet am Hof erzo-gen und könnt euch nicht weigern, mir zur Seite zustehen, ja, ihr sollt – das ist mein Wunsch – sogar un-ter den Ersten meines Hofes sein. Doch seid auf derHut: wenn ihr meine Huld verschmäht, kann icheuch nicht ungestraft lassen!“ (In der Tat „verleiteteJulian viele Christen zum Glaubensabfall“ – wussteschon der Geschichtsschreiber Sokrates zu berich-ten, „,und er tat dies teils mit Schmeicheleien, teilsmit Geschenken“). Besonders zahlreich waren dieAbtrünnigen in den Reihen der Soldaten, aber auchdie Kleriker machten keine Ausnahme.

Die Brüder lassen ihm folgende Antwort zukom-men: „Wir tun dir kein Unrecht, denn nicht eine an-dere Person stellen wir über dich, sondern Gott al-lein, der den Himmel, die Erde, das Meer und alles,was dazu gehört, erschaffen hat. Deinen Zornfürchten die, die den weltlichen Dingen anhängen.

Die Heiligen Johannes und Paulus26. Juni

Sie waren Palastbeamte am kaiserlichen Hof. Kaiser Julian Apostata wollte,dass sie ihrem Glauben abschwörten. Als sie sich weigerten, ließ er sie töten.Auch ihre Freunde erlitten das Martyrium. Ein christlicher Senator war der erste, der ihnen Verehrung entgegenbrachte.

von Lorenzo Cappelletti

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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Wir aber fürchten nur den Zorn des ewigen Gottes.Sei daher gewiss, dass wir niemals deinen Kult tei-len werden (numquam ad culturam tuam), nochgedenken, an deinen Hof zu kommen.“

Der Kaiser gewährt ihnen zehn Tage Bedenk-zeit, „damit ihr zu mir kommt aus freien Stücken,und nicht aus Zwang“.

Die Brüder erwidern: „Betrachte die zehn Tageals schon verstrichen“; was Julian mit unverhohle-ner Ironie kommentiert: „Meint ihr denn, dass dieChristen Märtyrer aus euch machen werden…?“

Daraufhin riefen Paulus und Johannes ihreFreunde zu sich: Crispus, einen Priester der römi-schen Gemeinde, Crispinian und Benedicta. Ihnenerzählten sie alles. Sie feierten gemeinsam die Eu-charistie, luden noch andere Christen ein und tra-fen die letzten Verfügungen bezüglich ihrer Güter.So vergingen die zehn Tage. Am elften wurden sieunter Hausarrest gestellt.

Als Crispus und die anderen Freunde davon er-fuhren, kamen sie sofort herangeeilt, doch um-sonst, Man gewährte ihnen keinen Einlass. Statt-dessen kam der römische Richter Terentian (der

später, nach seiner Bekehrung, die Passio verfas-sen sollte) mit seinen Beamten. Er forderte die bei-den Brüder, die gerade beteten, auf, ein Götzenbildzu verehren, und drohte ihnen, sie im Falle einerWeigerung an Ort und Stelle mit dem Schwert hin-richten zu lassen, „denn es geziemt sich nicht, dassMänner, die am Hofe aufgewachsen sind, öffentlichhingerichtet werden.“ Julian wollte keine Märtyrerunter den Christen. Und wenn er es schon nichtverhindern konnte, so durfte es zumindest nicht be-kannt werden.

Die beiden Brüder antworteten dem Richter:„Für uns gibt es keinen anderen Herrn als den einzi-gen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, den zuverleugnen sich Julian nicht gescheut hat. Und nun,da ihn Gott verlassen hat, will er auch andere mitsich ins Verderben ziehen.“

Ein paar Stunden später wurden die beidenChristen hingerichtet. Man schrieb den 26. Juni362 n. Chr. Sie wurden in aller Eile im Wandelgangder Villa verscharrt, in der sie gelebt hatten. Danachverbreitete man das Gerücht, sie seien ins Exil ge-schickt worden. ¬

Betender, Cubiculum der „Fünf Heiligen“, Calixtuskatakombe, Rom.

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Crispus, Crispinian und Benedicta ahnten, wel-ches Geschick die beiden ereilt hatte, aber sie konn-ten nur noch um sie trauern und beten, dass man ihrGrab finden würde. Ihre Gebete wurden erhört.Doch auch sie wurden vom Sohn des Terentian ent-hauptet. Die Priester Pimenius und Johannes sowieFlavian, der angesehene ehemalige Präfekt vonRom, bestatteten die Leichen der neuen Märtyrerneben Johannes und Pau lus. Diese „Massen-Be-stattung“ in ein- und derselben römischen Villa stießbei vielen Kritikern auf Unglauben, ja rief sogar Be-lustigung hervor. Die Entdeckung der Gräber dürfteinzwischen aber wohl viele eines Besseren belehrthaben...

Die Passio weiß im folgenden zu berichten, wieder Sohn des Terentian, als er in das Haus der Mär-tyrer kam, auf einmal anfing zu schreien und be-hauptete, von Johannes und Paulus gepeinigt zu

werden. Terentian war zutiefst erschrocken, warfsich mit dem Gesicht zu Boden und versuchte, sichzu rechtfertigen: er sei Heide, stammelte er, und ha-be nur den Befehlen des Kaisers gehorcht; er wäresich seiner Tat nicht bewusst gewesen. Er bekehrtesich und empfing noch am folgenden Osterfest dieTaufe. Doch auch er und sein Sohn fanden einengewaltsamen Tod. Pimenius und Johannes bestat-teten auch sie im Haus des Johannes und des Pau-lus.

Eine Kette von Gewalttaten, die einer voreinge-nommenen Kritik als Mittel zum Zweck erscheinenmag – vielleicht, um einen Zusammenhang herzu-stellen zwischen Geschehnissen, die zu verschiede-nen Zeiten und an verschiedenen Orten stattgefun-den haben; vielleicht um die Entdeckung so vielerReliquien an einem einzigen Ort zu erklären; oderaber auch nur, um die Geschichte mit einer phanta-

Die Erweckung des Lazarus, Katakombe der Hll. Marcellinus und Petrus, Rom.

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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sievollen Auflistung von Namen und Fakten auszu-malen, interessanter zu gestalten. Tatsächlich aberist zu bedenken, dass die einzig sichere Informationüber die Haltung Julians zur Religion seine Abnei-gung gegen die Verehrung der Märtyrer ist. Er warnämlich der Meinung, dass sie der Erfüllung derOrakel im Wege stünde. Ein blinder Aberglaube ausAngst vor der einfachen Konkretheit eines Ge-dächtnisses. Voller Verachtung schrieb er: „Die Kir-chen der Christen, die man gewöhnlich über denGräbern von Märtyrern errichten lässt, sind nichtsals schmutzige Leichenhallen und Knochenhäuser.[...] Die Galiläer haben nichts anderes getan, als dieWelt mit Grabstätten und Friedhöfen zu füllen.“ Füruns ein kostbares Zeugnis für die Greifbarkeit deschristlichen Ereignisses.

Im März 363 n.Chr. begann der Krieg gegen diePerser. Die heidnischen Götter, denen Julian wie-der die Geschicke des Reiches anvertraut hatte,schienen ihm zunächst noch hold zu sein. Er konnteeinen Sieg nach dem anderen für sich verbuchen,war immer an vorderster Front, um seine Soldatenanzufeuern. Doch am 26. Juni 363, genau ein Jahrnach dem Martyrium der beiden Brüder, setzte eintödlicher Pfeil seiner tragischen Utopie ein jähesEnde. Sein Nachfolger Jovian war Christ. Die Kir-che konnte ihre Freiheit wiedererlangen. (Obwohles ja, wie schon der heilige Augustinus lehrt, nichtunbedingt mehr Freiheit gibt, wenn sich ein Kaiser„christlich“ nennt). Als der neue Kaiser von derTragödie erfuhr, die sich in der Villa auf dem Celi-us-Hügel abgespielt hatte, ließ er Senator Byzansrufen, der ebenfalls Christ war, und beauftragte ihnmit der Suche nach den sterblichen Überresten derMärtyrer. Byzans und sein Sohn Pammachius er-richteten über den Reliquien der Märtyrer zunächsteine Kapelle, dann eine Basilika, die nicht nur dieNamen des Johannes und Paulus bewahrt hat, son-dern auch die ihrer Erbauer: Byzans und Pamma-chius. So bleibt die Geschichte dieser Heiligen, dieebenfalls am Kaiserhof lebten, mit der der Märtyrer-brüder verflochten.

Pammachius war wie sein Vater Senator undentstammte dem römischen Patriziergeschlecht derFurier. Die meisten römischen Patrizierfamilien wa-ren an der Schwelle zum 5. Jahrhundert noch Hei-den. Pammachius war eine Ausnahme. Er war einerder angesehensten Christen in Rom und im Senat.Drei seiner Freunde beschreiben ihn in ihren Brie-fen mit zu Herzen gehenden Worten: die Heiligen

Hieronymus, Augustinus und Paulinus von Nola.Hieronymus war mit ihm zur Schule gegangen,

nannte ihn „den Freund und Gefährten der Ju-gendzeit“. In einem seiner Briefe spielt er mit demgriechischen Wort pammacharios auf den Namendes Freundes an: „Dein Name erweist sich als Pro-phezeiung, und du dich als Kämpfer vieler Schlichegegen den Teufel und die feindlichen Mächte!“ (alspammacharios bezeichnete man einen Athleten,der in der Arena alle Mittel anwenden durfte, umseine Gegner zu besiegen). Dem Spott seiner pur-purgekleideten Amtsbrüder im römischen Senatbegegnete Pamacchius mit schlauer Ironie (einerIronie, die Julian Apostata, in hilaritate tristis,fremd war). „Er lacht selbst am meisten über die,die ihn verhöhnen“, schrieb Hieronymus. Eine fürdie Christen sehr nützliche Gabe – und überdies ei-ne, die dem Pammachius die Bewunderung seinerheiligen Freunde sicherte, die auch in Glaubens-dingen seinen Rat suchten. Er war es, der den Bi-schof von Rom, Siricius, auf die Irrlehren aufmerk-sam machte, die sich in der Kirche zu verbreitenbegannen (wie die des Jovinian). Und Pammachiuswar es auch, und mit ihm „fast die gesamte Bruder-schaft von Rom“, der Hieronymus auf die SchriftPeri Archon des Origenes hinwies. Pammachiushatte sie gerade in der lateinischen Übersetzungdes Rufinus erhalten. „Wir haben darin viele Stel-len gefunden, die unseren einfachen Verstand inAufruhr versetzen und uns wenig rechtgläubig er-scheinen“, schrieb der Senator.

Im Jahr 397 starb Paulina, die junge Gattin desPammachius. In seinem Beileidsbrief schriebHieronymus: „Eine Perle glänzt auch im Schmutzund ein reiner Edelstein erstrahlt auch im Schlamm.Es ist die Verheißung des Herrn: “Ich werde die ver-herrlichen, die mir die Ehre erweisen.” Wer will,kann diese Worte auf die Zukunft beziehen... Ich fürmeinen Teil sehe, dass sich diese Verheißung für ihnschon in diesem Leben erfüllt hat... Wir habenmehr erhalten, als wir gegeben haben. Eitlen Tandhaben wir verschmäht und können nun große Din-ge unser eigen nennen. Christus hat seine Ver-heißungen erfüllt und uns noch das Hundertfachedazugegeben.“

Als die Horden Alarichs am 24. August 410Rom plünderten, war nicht nur das Schicksal derStadt, sondern auch das des Pammachius besiegelt.Aber was ist das schon im Vergleich dazu, in dasBuch der Stadt Gottes eingetragen zu sein!

Die Heiligen Johannes und Paulus

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K aiser Julian Apostata (Flavius Claudius luli-anus), der – wie schon sein Name sagt – alsder Verräter schlechthin gilt, wurde Ende

des Jahres 331 in Konstantinopel geboren. SeineMutter hat er nie kennengelernt, sie starb nur weni-ge Monate nach seiner Geburt. Ein paar Jahre spä-ter verlor er auch den Vater. Er fiel einer Mordseriezum Opfer, die 337 begann, als der Kaiser starb,der der Kirche die Pforten des Römischen Reichesgeöffnet hatte. Damit gewährleistet war, dass diedrei Söhne Konstantins (Konstantin II., KonstantiusII. und Konstans) ungestört regieren konnten, wur-den alle männlichen Verwandten der Seitenlinieder Familie Konstantins systematisch beseitigt. DieStaatsraison kennt bekanntlich kein Pardon. Nie-mand blieb verschont – außer dem gerade einmal 6Jahre alten Julian und seinem Bruder Gallus, derkaum älter war und von derart schwacher Gesund-heit, dass man annahm, dass er ohnehin bald einesnatürlichen Todes sterben würde.

Auf Veranlassung seines Vetters Konstantius II.wurde Julians Erziehung zunächst Bischof Eusebi-us von Nikomedien anvertraut, dem eigentlichenAnführer der Arianer, und nach dessen Tod 342Georg von Kappadokien, ebenfalls ein Arianer.Die beiden waren nicht nur formale Häretiker,sondern zutiefst unaufrichtige Menschen. Die Ari-aner, eine politische Gruppierung, die den christli-chen Glauben für ihre Pläne benutzte, verfolgtenschon zu Lebzeiten Konstantins nur ein Ziel: diereligiöse Vorherrschaft am kaiserlichen Hof. Unddanach trachteten auch die beiden Erzieher – anJulian hatten sie kein wirkliches Interesse. Der ein-zige Einfluss, den sie auf ihn ausübten, bestanddarin, dass sie jegliches Interesse des Knaben amchristlichen Ereignis im Keim erstickten: Das wardie schleichende Fäulnis der Häresie, von der Juli-an befallen war.

Mit dem Eunuchen Mardonius wurde dem Kna-ben Julian ein Privatlehrer zur Seite gestellt, der inihm die Leidenschaft für die Philosophie und diehellenistische Kultur erweckte. Mardonius wurde

später abgelöst von dem Neuplatoniker Maximusvon Ephesus (Julians wahrem Meister und Vorbild,um es mit Dante auszudrücken), der den Prinzen inmagisch-religiöse Praktiken aller Art einführte. Dashohe neuplatonische Ideal war auf das Niveau ei-ner billigen “göttlichen Zauberei” herabgesunken.

Im Alter von 20 Jahren kehrte Julian demchristlichen Glauben den Rücken und lebte mehrals ein Jahrzehnt in heimlicher Apostasie. In dieseZeit fiel auch seine Heirat mit Helena, der Schwe-ster des verhassten Konstans. Man kann sich un-schwer vorstellen, wie diese Ehe verlaufen ist. Kon-stans hatte überdies im Jahr 354 Gallus, den Halb-bruder Julians, töten lassen, um Julian verstehen zugeben, welches Los auch ihn erwartete. Als Julian355 von Konstans als Caesar nach Gallien ge-schickt wurde, geschah das in Wahrheit in der Ab-sicht, ihn loszuwerden. Tatsächlich herrschte zu je-ner Zeit in der Verwaltung und im MilitärwesenGalliens, das mit seiner Grenzlage eine besonderswichtige Rolle für das Schicksal des Reiches spielte,ein großes Durcheinander. Entgegen aller Erwar-tungen gelang es Julian jedoch nicht nur, sich dortzu behaupten, sondern sich auch die Bewunde-rung der Soldaten zu sichern, die ihn 359 zum Au-gustus ausriefen. Das Schicksal schien sich zu sei-nen Gunsten zu wenden, die Götter schienen ihmgewogen.

Nach dem Tod des Konstans wurde Julian alsKaiser gefeiert. Erst jetzt bekannte er öffentlich denAbfall vom Christentum und ließ das Heidentumwiedererrichten: die Tempel wurden erneut für denKult geöffnet, im Heer wurde die Götterverehrungwiedereingeführt, den christlichen Lehrern derGrammatik- und Rhetorikunterricht untersagt.

Julian verstand sein Vorgehen weniger alsRückkehr denn als Reform des Heidentums, ausdem letzten Endes jedoch nur ein entarteter Ab-klatsch des christlichen Glaubens wurde. Julianwollte eine vorbildliche heidnische Priesterhierar-chie, schrieb die Organisation des Kultes bis in diekleinsten Einzelheiten vor, forderte von den heidni-

“VERRÄTER” IST SCHNELL GESAGT

Die Geschichte des abtrünnigen römischen Kaisers, der vom christlichen Glauben abfiel und sich wieder den heidnischen Göttern zuwandte.

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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schen Priestern die Verkündigung der helleni-schen Dogmatik (das dogmatische Heidentum istin Wahrheit ein monstrum) und rief zu Werken derLiebe auf: „Es ist eine Schande!“, schrieb Julian anTheodor, den heidnischen Pontifex von Galatien.„Obwohl keiner der Judäer um Almosen betteltund die gottlosen [christlichen] Galiläer nicht nur ih-re eigenen, sondern auch unsere Bettler versor-gen, rühren wir selbst für unsere Bedürftigen kei-nen Finger!“

Der Glaubensabfall Julians hatte etwas Fatalesan sich. Er verfiel dem Wunsch, das Heidentumwieder aufleben zu lassen, forderte von sich undden anderen Kohärenz und verlor sich im Laby-rinth mystischer Regungen in dem Versuch, sich

dem wenig anziehenden rationalistischen ariani-schen Christentum zu entziehen, das man aufge-drängt hatte. Dabei bemerkte er nicht, dass er des-sen Fluch gerade dadurch fortführte. So kam es,dass nicht nur die Rückkehr der heidnischen Götterausblieb – auch die Gnade Christi rückte in immerweitere Ferne. Und die öffentlich zur Schau gestell-te Toleranz Julians, der sich als Philosoph zu gebenpflegte (sein Vorbild war Mark Aurel) und blutigePogrome ablehnte, nahm immer deutlicher diebrutalen Züge einer offenen Verfolgung an. Vor al-lem im Osten und in Afrika, wo die meisten Revol-ten tobten, war der Blutzoll hoch – und in Rom, woam 26. Juni 362 die Brüder Johannes und Paulusden Märtyrertod erlitten. q

Grabnische in der anonymen Katakombe in der Via Anapo, Rom.

Die Heiligen Johannes und Paulus

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„Man kann sich wohl unschwer vor-stellen, wie überrascht und erfreutich war“: Mit diesen Worten be-

schrieb Giovanni Battista Montini, damals nochBischof von Mailand, seine Reaktion auf dieNachricht von der Auffindung der Schädel derheiligen Märtyrer Nabor und Felix. Überbrachthatte sie ihm der Bischof von Namur zu Weih-nachten 1959. „Wir dürfen uns glücklich schät-zen angesichts dieses außergewöhnlichen Fun-des, der uns zum Studium unserer eigenen religiö-sen Geschichte einlädt“, erklärte Montini. „Durchein von Ambrosius geknüpftes Band ist diese Ge-schichte an das Gedächtnis dieser Heiligen ge-bunden. Und sie lädt uns nicht nur dazu ein, derBedeutung zu gedenken, die die Verehrung derReliquien in unserer ambrosianischen Spiritua-lität spielte, sondern gemahnt uns auch, unsereVerehrung dieser pignora [Unterpfänder] unse-res Glaubens zu erneuern.“

Und Unterpfand des Glaubens der MailänderChristen waren diese beiden Heiligen tatsächlich:Sie waren zugleich sicheres Zeichen, Pfand undGeiseln, entsprechend den verschiedenen Bedeu-tungen des lateinischen Wortes pignora. Damithatte man endlich Namen, die man auf denGrundsteinen der Kirche von Mailand einschrei-ben konnte, die zur Zeit der Verfolgung unter Dio-kletian noch sterilem martyribus (ohne Märtyrer)war, wie der heilige Ambrosius später sagte.Durch die Gebeine dieser Heiligen besaßen dieMailänder endlich ein Unterpfand ihres Glaubens.

Die Heiligen Nabor und Felix12. Juli

297 n.Chr. Zwei Soldaten der kaiserlichen Armee kommen aus Afrika nach Mailand. Und erleiden in Lodi den Märtyrertod. Obwohl sie Fremde sind und fern der Heimat sterben, sind sie für Ambrosius wie ein Senfkorn…, das die Kirche Mailands entstehen lässt.

von Lorenzo Cappelletti

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Die beiden Märtyrer stammten aus dem fernenOstafrika, genau gesagt aus Mauretanien. Siegehörten wahrscheinlich zum Stamm der Gaetu-ler, aus dem das spätantike Römische Reich seineSoldaten rekrutierte. Stationiert aber waren sie inMailand, wo damals Kaiser Maximianus Herculi-us mit seiner Eliteeinheit residierte. Sie waren al-so “solo hospites terrisque nostrisadvenae”(“Gäste unseres Landes, und vorüber-gehend auf unserem Boden”), wie es der heiligeAmbrosius formulierte. Dennoch wurden sie zuden Mediolani martyres, den Mailänder Märty-rern schlechthin. Ihre wahre Geburt, ihr dies na-talis, erfolgte nämlich nicht im Blut ihrer fleischli-chen Mutter, sondern im Blut des Martyriums.Wie in vielen anderen Fällen, hat auch bei ihrem

Tod einer der anwesenden Christen ihr Blut auf-gefangen. Es wird bis zum heutigen Tag in zweiGlasampullen aufbewahrt.

Als eine Art “Vorspiel” zur Christenverfolgungunter Diokletian wurden ab 297 n.Chr. die Trup-pen “gesäubert” und die Soldaten, die den Göt-zenkult ablehnten, degradiert. Als entdeckt wurde,dass Nabor und Felix Christen waren, wurden siemit dem Schwert enthauptet.

Schon seit Mitte des 3. Jahrhunderts war dasHeer Hauptstütze der kaiserlichen Macht. Und mitseiner Hilfe wollte man einen weiteren Grundpfei-ler der wankenden Herrschaft zurückerobern: dieantike religiöse Tradition. Die Treue zu ihr galt alseinziges Kriterium für Wahrheit, Moral und Ord-nung. So war es kein Zufall, dass sich die beidenHauptkaiser des Römischen Reiches, Diokletianund Maximianus, 289 n. Chr. die Beinamen Jovi-us bzw. Herculius gaben. Durch die “Selbstadop-tion“ in die traditionellen römischen Götterge-schlechter wollten sie ihren Machtanspruch neubegründen. Philosophen wie Theoteknos oderder Neuplatoniker Hierokles versuchten, diese re-ligiöse Begründung der Politik mit ausgeklügeltenÜberlegungen zu erklären. Unterstützung fandendie Kaiser auch bei der Priesterkaste der Haruspi-ces, den traditionellen Hütern des römisch-etrus-kischen Heidentums. Diese machten vor allem dieChristen für das “Schweigen” der Gottheit – dasVersagen ihrer Prophezeiungen – verantwortlich.

Wenn man dem Bericht ihrer Passio aus dem5. Jahrhundert glauben darf, waren Felix und Na-bor schon Christen, als sie nach Mailand kamen,und fanden nicht erst in Italien zum Glauben, wieder Hymnus des heiligen Ambrosius nahelegt.Auf italienischem Boden aber unterzog man sieeinem rituellen Verhör und wollte sie zwingen,den Göttern des Reiches zu opfern. Als sie sichweigerten, richtete man sie in Lodi hin, wahr-scheinlich auch, um die dortige Christengemein-de einzuschüchtern. Eine Frau konnte ihre sterbli-chen Überreste bergen und brachte sie nach Mai-land, wo man ihnen schon bald große Verehrungentgegenbrachte. Der heilige Ambrosius ent-deckte in der Nähe ihrer Gräber auch die Gebeineder Heiligen Protasius und Gervasius, deren Spu-ren sich fast gänzlich verloren hatten. Nur noch ¬

Cubiculum des Leo, Comodilla-Katakombe, Rom.

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einige der Ältesten der Gemeinde erinnerten sichan sie. “Senes repetunt audisse se aliquandohorum martyrum nomina, titulumque legisse.Perdiderat civitas suos martyres quae rapuitalienos” (“Die Alten sagen, dass sie die Namendieser Märtyrer (Protasius und Gervasius) ver-nommen und auf einer Inschrift gelesen haben.Die Stadt, die die Märtyrer von anderen raubte,hat nun ihre eigenen”).

Der Kult der wiederentdeckten Märtyrer stellteschon bald den des Nabor und des Felix in denSchatten. Und auch die Basilika, die Ambrosiusihnen zu Ehren errichten ließ, war größer als diekleine antike Basilika Narboriana, deren Spur sichin der Neuzeit verliert.

Ja, sie waren Unterpfänder: “Granum certesinapis res est viIis et simplex: si teri coepit vimsuam fundit... Granum sinapis martyres nostrisunt Felix, Nabor et Victor: habebant odoremfidei sed latebant. Venit persecutio, arma po-suerunt, colla flexerunt, contriti gladio per to-tius terminos mundi gratiam sui sparsere mar-tyrii, ut iure dicatur: in omnem terram exiit so-nus eorum” (“Ein Senfkorn ist eine wahrhaftdemütige und einfache Sache: Erst wenn man esauseinanderbricht, entfaltet es seine Kraft... Auchunsere Märtyrer Felix, Nabor und Viktor sind wieSenfkörner: den Wohlgeruch des Glaubens aberverbreiteten sie nur im Verborgenen. Als die Ver-folgung begann, legten sie die Waffen nieder undneigten das Haupt. Vom Schwert getötet, verbrei-teten sie die Gnade ihres Martyriums bis an dieEnden der Erde, denn man sagt mit gutem Recht:ihre Stimme ging in die ganze Welt hinaus”).

Während Viktor einen festen Platz in Mailandfand (von seinen Kameraden getrennt nicht nur imHeer, sondern auch im Martyrium), konnte sichdie Kraft des Senfkorns der Heiligen Nabor undFelix noch weiter in der Welt ausbreiten.

Zunächst aber geriet ihre letzte Ruhestätte inVergessenheit. Im Jahre 1200 erhob sich über ihreine Kirche, später ein Franziskanerkloster. ImHerbst 1797 funktionierte man die Gebäude zueiner Kaserne um, die zuerst Reiterregimenter,dann die durchmarschierenden französischenTruppen beherbergen musste. In seinem Hym-nus schrieb der heilige Ambrosius über Naborund Felix: „Man hat sie einem gottlosen Heerla-

ger entrissen.“ Nun aber befanden sie sich erneutdarin – wenn auch nicht lange: In den Wirren derdamaligen Zeit konnte ein französischer Soldatder Gebeine habhaft werden, die man in kostba-ren Büsten der Heiligen aufbewahrt hatte. So ka-men sie nach Namur, das damals, wie fast ganzEuropa, unter französischer Herrschaft stand(und das so sehr an den lateinischer Namen Na-bor, oder anders geschrieben: Navor erinnert).So konnten sie dem Erzbischof von Mailandzurückgegeben werden, dem später, als Papst,die Aufgabe zukam, weit mehr als nur die „religiö-se Geschichte“ und die „ambrosianische Spiritua-lität“ bewahren zu müssen, wie er es 1959 ausge-drückt hatte. Bis auf die Knochen abgemagertund mit tränenerstickter Stimme musste Paul VI.damals seine Treue zu Jesus Christus heraus-schreien und sich von der kostbaren kulturellenHülle lösen, in der er aufgewachsen war. Er mus-ste diesen er drückend gewordenen Kokon able-gen, um den Weg einschlagen zu können, der ihnzu einer ungeahnten Freiheit führte und ihngleichzeitig zu einem Jünger in der Gegenwartund im Fleische dieser heiligen Märtyrer machte.Jesus hatte zu Petrus gesagt: “Als du noch jungwarst, hast du dich selbst gegürtet und konntestgehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt ge-worden bist, wirst du deine Hände ausstreckenund ein anderer wird dich gürten und dich führen,wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzu-deuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichenwürde“ (Joh 21,18–19). q

Muttergottes mit Kind, Priscilla-Katakombe, Rom.

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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E ine Gruppe von Christen war auf der Fluchtaus Mailand, Sitz des Augustus des westli-chen Teils des Römischen Reiches, Maximi-

anus Herculeus, und seines Hofes. Sie waren aufdem Weg nach Como. Es mag um den Sommerdes Jahres 303 gewesen sein; Tag und Monat sindunbekannt. Die Namen der Männer aber hat unsdie Tradition überliefert. Auf ihrer Stirn stand derName des Lammes geschrieben, wie hätten sie al-so jemals in Vergessenheit geraten können?

Es handelte sich um den Signifer Alexander, ei-nen Offizier, dem die ersten Reihen der Triarii un-terstanden (Elitesoldaten, die als letzte in dieSchlacht geschickt wurden); seine Soldatenfreunde

Cassius, Severinus, Secundus und Licinius; Fidelis,den treuen geistlichen Sohn des heiligen Bischofsvon Mailand, Maternus; zwei kaiserliche Beamte,Carpophorus und Exanthus, die sich als Christen zuerkennen gaben, als Alexander und seine Kamera-den verhaftet wurden. Diese Männer bildeten diebunt zusammen gewürfelte Gruppe, die im Be-kenntnis des einen Glaubens so vereint war, dass sieihren heidnischen (impius) Gefängniswärter Silla-nus mit dem Wunder ihrer Einheit verblüfften (forteviderat miraculum: so geschah es, dass er Zeuge ei-nes Wunders wurde).

Wohl aufgrund der wichtigen Position, die sie in-nehatten, gelang es Carpophorus und Exanthus, ¬

Der hl. Alexander26. August

Man schrieb das Jahr 303 n.Chr. Eine Gruppe von Soldaten, die sich zumChristentum bekehrt hatte, wurde wegen ihres Glaubens eingekerkert. DieGefängniswärter waren verblüfft über ihren Zusammenhalt. Dann gelangihnen die Flucht – und der Fluchtweg wurde gleichzeitig der Weg zum Ruhm.

von Lorenzo Cappelletti

Fractio panis, Priscilla-Katakombe, Rom.

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Alexander und seine Kameraden aus dem Kerker zubefreien und ihnen – mit Hilfe des Fidelis – zur Fluchtzu verhelfen. Sie taten es in der Hoffnung, Alexan-der und seinen Kameraden die schwere Prüfung desKerkers und der Folter zu ersparen, die sie zum Ab-fall vom Glauben hätte bewegen können. DieseChristen wussten, dass sie sich ihres Glaubens nichtbrüsten mussten. Auch ein Fluchtweg war gut ge-nug, um Gott zu verherrlichen.

Weil sie Christen waren, wurden Alexander undseine Kameraden in den Mailänder Kerker “Zebe-deo” geworfen (in cippo constricti), über dem Endedes 5. Jahrhunderts eine Kirche errichtet wurde, dieheute eine der ältesten Mailänder Pfarrkirchen ist.

Zwischen 297 und 298 begann die von KaiserDiokletian angeordnete Verfolgung auch in denReihen der Soldaten zu wüten. Da diese die Pflichthatten, den römischen Gottheiten öffentlich zu hul-

digen, waren sie eine leichte Zielscheibe. Unnöti-ges Blutvergießen wollte man vermeiden – schonweil der Zusammenhalt des Heeres damals absolu-te Priorität hatte. Die thebäische Legion beispiels-weise, zu der besagte Soldaten gehörten, sollte inGallien eingesetzt werden, wo es immer wieder zuAufständen kam und schon seit Jahrzehnten Anar-chie herrschte. Disziplin war also das Gebot derStunde. Und ein Teil – um nicht zu sagen der Groß-teil – dieser Disziplin bestand darin, dass die Le-gionäre des römischen Heers den Göttern bei be-stimmten Gelegenheiten Dankopfer bringen mus-sten. Daran wurden die Loyalität der Truppen unddie maxime der Offiziere gemessen (Was ist heuteschon anders?). Alexander und seine Kameradenweigerten sich jedoch, diesem Kult zu dienen, undwurden eingekerkert. Doch wie wir wissen, ersan-nen sie einen Fluchtplan...

Die Griechische Kapelle, Priscilla-Katakombe, Rom.

SPIRITUELLE LEKTÜRE

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Es dauerte allerdings nicht lange, bis sie vonihren Verfolgern eingeholt wurden. Ihre Passio be-richtet, dass Carpophorius and Exanthus am 7. Au-gust gefangen genommen und in der Ortschaft Sel-votta (Como) ermordet wurden. Dasselbe Datumgibt das Römische Martyrologium als dies natalisdes Cassius, Severinus, Secundus, und Licinius an;eine diesen Märtyrern gewidmete Passio gibt es al-lerdings nicht. Fidelis, der sich – wie seine Passioberichtet – von den Kameraden getrennt hatte,wurde kurze Zeit später ebenfalls gefangen genom-men und in Samolaco (Sondrio) getötet. Alexanderwar der einzige, der zurück nach Mailand gebrachtwurde. Der Kaiser war ihm sehr gewogen und ge-bot ihm mehrfach, den Göttern ein rituelles Opferzu bringen. “Usque nunc quidem adhaesisti mihi/ bis jetzt warst du mir teuer.”

In dieser Zeit, die inzwischen offiziell als christ-lich bezeichnet werden kann (4./5. Jahrhundertn.Chr.), wurden Kaiser Maximianus und andereHerrscher oft als blutrünstige und grausame Tyran-nen betitelt – und hier machte auch die PassioAlexandri keine Ausnahme (die wohl auf diese Zeitzurückgeht, zumindest die ursprüngliche Fassung).So wird Maximianus in der Passio Alexandri “sae-vissimus et crudelissimus” genannt, wobei sie

sich, wie wir gesehen haben, sogar widerspricht.Und wenn es auch stimmt, dass diese römischenHerrscher mächtige Männer ohne allzu großeSkrupel waren, so muss man doch sagen, dass Ma-ximianus, seine Nachfolger und ihre Beamten dieChristen nicht mit willkürlicher Grausamkeit be-handelten. Die Tradition und das Gesetz zwangensie, formale Gesten des Gehorsams zu fordern. Esstimmt zwar auch, dass Formalitäten keine großeBedeutung mehr hatten: das hatten die Christenam eigenen Leib erfahren und deshalb auch nur all-zu gut verstanden. Für die Heiden aber waren For-malitäten nach wie vor wichtig, vor allem, wenn esum die Religion ging, die genau genommen “rigo-rose Wiederholung der Zeremonien” bedeutete(nicht umsonst leitet sich das Wort religio von “rele-gere” [= wiederholen] ab).

Kein Wunder also, dass man einen Suchtruppausschickte, um der Flüchtigen habhaft zu werden.Wie uns die Passio Alexandri berichtet, lautete derBefehl aber nicht, sie zu töten, sondern sie wiederins Gefängnis zurückzubringen (dann aber wurdensie, wie so oft der Fall, Opfer ausufernder Grausam-keit). Überraschend, wenn auch historisch gesehendurchaus plausibel (immerhin war der Gefangeneein hoher Offizier) ist, dass nur Alexander dem

Der hl. Alexander

Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige, Griechische Kapelle, Priscilla-Katakombe, Rom.

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Tod entkam, ja, dass man mit allen Mitteln versuch-te, sein Todesurteil abzuwenden; ihn sogar unterAndrohung von Gewalt zwingen wollte, den römi-schen Göttern zu opfern.

Wie uns die Passio berichtet, gelang Alexan-der erneut die Flucht. Er überquerte den Fluss Ad-da und versteckte sich in den Wäldern um Berga-mo. Seine Verfolger konnten ihn jedoch auf-spüren, und als er sich erneut weigerte, den heid-nischen Göttern zu opfern, war sein Schicksalbesiegelt: er wurde enthauptet. In einer instinkti-ven Geste der Barmherzigkeit und Offenheit fürdie Gnade (wie dereinst Maria Magdalena, MariaSalome oder Maria des Jakobus) barg eine Fraunamens Grata seine sterblichen Überreste undübergab sie Bergamo als pretiosissimus thesau-rus, damit er als historisch sicherer und unkon-ventioneller Grundstein für die Kirche hier die-nen konnte.

Vielleicht wollte der berühmte italienische Dich-ter Alessandro Manzoni – der nach seinemGroßvater benannt wurde und wie er den Namendes Märtyrers trug – im 17. Kapitel der Promessi

Sposi (Die Brautleute) seinen Romanhelden Ren-zo denselben Fluchtweg durch die Wälder von Mai-land nach Bergamo nehmen lassen wie dereinstder Signifer Alexander. Wie Alexander war auchRenzo auf seiner Flucht allein, gehetzt und vollerFurcht, aber im Gegensatz zu ihm musste Renzonicht einmal in der Roman-Fiktion sein Leben op-fern. Unsere Soldaten aber hatten, wenn auch ge-gen ihren Willen, bereits ihren Leib als Opfer dar-gebracht, als man in Mailand, Bergamo und Comonoch nicht wusste, was das Christentum war. Siehatten sich mit einer in den Augen der Heiden un-verständlich erscheinenden Hartnäckigkeit gewei-gert, den Götzen zu opfern, um sich selbst dem le-bendigen Gott als lebendiges Opfer darzubringen.Und damit haben sie die Worte des Paulus wahrwerden lassen, die sie vielleicht gar nicht kannten:“Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne icheuch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges undheiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; dasist für euch der wahre und angemessene Gottes-dienst.” loghikèn latreían: dieser einzige logischeGottesdienst, der des Menschen würdig ist. q

Betender, Priscilla-Katakombe, Rom

30TAGE N. 6 - 201124

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SPIRITUELLE LEKTÜRE

„W ie viele heute in der Taufe erneuerteSeelen haben dich geliebt, o Herr Je-

sus, und haben gesagt: 'Köstlich ist der Duftdeiner Salben: Zieh mich her hinter dir, lass unseilen' (Hld). Sie wollten den Wohlgeruch derAuferstehung des Herrn vernehmen“

Ambrosius, De Mysteriis VI, 29

BEILAGE ZU NR. 6 - 2011 VON 30TAGE