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ComputergestiitzteKrankenhaus-Informationssysteme
Ein computergestutztes Krankenhaus-Informationssystem (KIS) umfasst aileSoftware- und Hardware-Systeme, die zur Erfassung, Verarbeitung und Speicherung von administrativen, medizinischen und medizin-technischen Daten in einemKrankenhaus, sowie zum elektronischen Datenaustausch zwischen Gesundheitseinrichtungen, eingesetzt werden. Die Aufgabe eines KIS liegt in der Unterstiitzung desadministrativen, medizinischen und technischen Personals bei der
Unterstiitzung des Patientenbehandlungsprozesses (Abb. 12.1),Unterstiitzung der Leistungserbringungsprozesse,Unterstiitzung der Dokumentations- und Verwaltungsprozesse.
Abb. 12.1. Patientenbehandlungsprozess.
304 12 Computergestlitzte Krankenhaus-Informationssysteme
Aile dazu anfallenden Daten sollen
am Ort ihrer Entstehung einmal erfasst werden,redundanzarm und sicher gespeichert werden,zum benotigten Zeitpunkt autorisierten Personen in geeigneter Weise zur Verfiigung gestellt werden.
Die Kornplexitat eines KIS, sowie dessen schrittweise Einfuhrung, fiihren in derPraxis dazu, dass in einem KIS durchaus Komponenten unterschiedlicher Hersteller eingesetzt werden. Damit leiten sich wichtige Anforderungen an die Architekturvon KIS ab, wie z.B.:
Sicherstellung des strukturierten und autorisierten Datenzugriffes von allen berechtigten Software-Systemen, z.B. auf die elektronische Patientenakte,Sicherstellung des elektronischen Daten- und Nachrichtenaustausches zwischenden einzelnen Software-Systemen, z.E. KIS, RIS, PACS,Sicherstellung der Betriebszuverlassigkeit, z.B. beim Ausfall von Computernetzwerken oder Datenbankmigrationen,Sicherstellung der Datenhaltung bzw. Datensicherung, z.B. bei unterschiedlichenBetriebssystemen und iiber die gesetzliche vorgeschriebene Dauer von 30 Jahren.
Software-Architekturkonzepte (siehe Abschnitt 7.3.2) bieten heute erprobte Architekturszenarien zur Realisierung modularer und sicherer Informationssysteme. Diezunehmenden Standardisierungsbestrebungen (IHE, Norm EN 62304, u.a.) werdenkiinftig noch mehr Einftuss darauf nehmen, die Voraussetzung fur die Modularitat(Flexibilitat) und Sicherheit (Nachhaltigkeit) von Informationssystemen zu unterstiitzen.
Die Komponenten eines computergestiitzten Krankenhaus-Informationssystemslassen sich den Bereichen
administrative Systeme (z.E. Rechnungswesen, Apotheke),Patientenverwaltungssystem (z.B. Elektronische Patientenakte, Arztbriet),Informationssysteme in der Medizin (z.E. Ambulanzunterstiitzende-, Pftege-,Fachabteilungs- bzw. Klinische- und Leistungsstellen-Informationssysteme) sowie Medizinprodukte-Software (z.B. Bildarchivierungs- und -kommunikationssystem, medizinische Expertensysteme in der Diagnostik)
zuordnen (Abb. 12.2). Diese werden durch Datenverwaltungssysteme, wie z.B. Datenbanksysteme oder digitale Archive, unterstiitzt. 1mWeiteren wird auf ausgewahlteInformationssysteme eingegangen.
12.1 Administrative Systeme
12.1.1 Verwaltongs- und Logistik-Systeme
Verwaltungssysteme im Krankenhaus miissen die gesetzlichen und spezifischen Anforderungen im Gesundheitswesen abbilden konnen und Schnittstellen fur den elek-
12.1 Administrative Systeme 305
FacilityManagementSystem
u.a.
PflegeInformationssystem
I EKG,EEG,
'-------------'
Informationssysteme in der Medizinund medizinische Software
AmbulanzunterstiitzendeInformationssysteme
Leistungsstellen-Informationssysteme, z.B.:
IRadiologie- I ILabor- Iinformationssystem informationssystem
IBildgebendeModalitat
Krankenhausverwaltung undI-- Logistik- Informationssysteme
z.B. Rechnungswesen, Apotheke
PatientendatenverwaltungssystemW f-- Elektronische Patientenakte
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Fachabteilungs- und Klinische Informationssystemez.B. Chirurgie-, HNO-, Augen-, Gynakologie-Tnf.sys..Patientendatenmanagementsysteme (z.B. Intensivstation)
Abb. 12.2. Computergesttitztes Krankenhausinformationssystem.
tronischen Datenaustausch vorsehen. Zu clenwichtigsten Komponenten cleraclministrativen Systeme zahlen
clas Rechnungswesen unci Leistungsabrechnungssystem (z.B. Jahresabschliisse,Leistungsclatenabrechnung mit Kostentragern),clasMaterialwirtschaftssystem (z.B. Bestancls- unciVerbrauchsbewertung),clasPersonalmanagementsystem (z.B. Dienstplan unci Reisekostenabrechnung).
Logistik-Systeme unterstlitzen clas Krankenhauspersonal bei ihren prozessbezogenen Tatigkeiten, wie beispielhaft:
Verwaltung: Beschaffungswesen (z.B. Bestellkostenrecluktion unci elektronischeBestellfallabwicklung),Pfl.ege: Kiiche (z.B. optimierte Lebensmittelplanung clurchEssensbestellsystem),Meclizin: Apotheke (z.B. optimierte Meclikamentenbestellung clurch clezentraleApotheken- unciAblaufclatenverwaltung).
306 12 Computergestlitzte Krankenhaus-Informationssysteme
12.1.2 Facility Management-Systeme
Als Facility Management (FM)-Systeme im Krankenhaus werden Software-Systemebezeichnet, die die lebenszyklusbegleitende Bewirtschaftung, Organisation und Verwaltung von Sachressourcen ermoglichen:
Gebaude und Raume, z.B. Untersuchungsraume,Technische Infrastruktur, z.B. Computer-Netzwerkkomponenten,Medizingerate, z.B. EKG-Gerate.
Betrachtet man dabei die Medizingerate, soil ein FM-System Geratedaten, sowiedie Prozesse zu deren Inspektion, Wartung und Instandsetzung verwalten (digitalesGeratebuch).
FM-Systeme konnen so Informationen fur die regelmatlige Wartung, die zeitgerechte Ersatzgerateplanung, Geratestatistiken, z.B. Mengen- und Kostentibersichtensowie ausschreibungsrelevante Informationen, z.B. Zuverlassigkeit, zur Verfiigungstellen.
Weiters konnen FM-Systeme die Krankenhaustechniker bei der Gebaudeplanungund -verwaltung untersttitzen, insbesondere, wenn das System CAD- und CAPFunktionalitaten mit Stticklistenfunktionen unterstlitzt.
12.2 Patientenverwaltungssystem
12.2.1 Patientendatenverwaltung
Das Patientenverwaltungssystem umfasst die Funktionen zur Verwaltung der Patientendaten. Neben den Aufgaben der prozessbezogenden Datenerfassung, wie z.B,Patientenaufnahme und -entlassung werden die Daten der medizinischen Leistungserbringung in abrechnungsrelevanten Datenformaten codiert, z.B. ICD (siehe Abschnitt 2.5.5). Damit kann die Leistungsverrechnung an die Kostentrager elektronisch unterstlitzt abgewickelt werden, z.B. mittels Nutzung von EDIFACT oder xDTFormaten (siehe Abschnitt 2.5.4). Neben den abrechnungsrelevanten Daten werdenauch aile patientenbezogenen Daten gespeichert, die fiir die gesetzliche Nachweispflicht tiber die medizinischen Leistungen erforderlich sind. Damit umfasst das Patientenverwaltungssystem neben den reinen verwaltungsrelevanten Daten auch wichtige medizinische Daten. Diese gemeinsame Nutzung patientenbezogener Daten imPatientenverwaltungssystem sowie auch in einzelnen medizinischen Informationssystemen ist in der Software-Architektur des Informationssystems (siehe Abschnitt7.3.2) besonders zu berticksichtigen.
12.2.2 Elektronische Patientenakte
Die elektronische Patientenakte in einem Krankenhaus-Informationssystem fasst dieabrechnungs- und dokumentationsrelevanten Patientendaten zusammen, wie z.B. die
12.3 Medizinische Leistungsstellen-Informationssysteme 307
Anamnesedaten, Behandlungsplane und -verIauf, Diagnose-, Therapie- und Pftegeleistungen, Arztbriefe. Die Daten werden entweder direkt in der elektronischen Patientenakte gespeichert oder iiber Referenzen verwaltet. Elektronische Patientenaktenbilden heute nicht nur einzelne Faile, z.B. Krankenhausaufenthalte, ab, sondern berilcksichtigen zunehmend den gesamten krankenhausinternen klinischen Pfad.
Auf die elektronische Patientenakte wird Iiber unterschiedliche Informationssysteme von unterschiedlichen Berufsgruppen zugegriffen. 1m Informationssystem sinddafiir benutzerspezifische Sichten auf die Patientendaten ebenso vorzusehen, wie diesorgfaltige Dokumentation der Datenzugriffe.
Damit kommt der Datenmodellierung und dem IT-Systementwurf eine besondereRolle zu. Insbesondere zu berilcksichtigen sind z.B, das Zugriffszeitverhalten aufBilddaten sowie die Datensicherung und Datensicherheit.
12.3 Medizinische Leistungsstellen-Informationssysteme
Medizinische Leistungsstellen-Informationssysteme haben eine enge Schnittstellezum Patientenverwaltungssystem. Die elektronische Patientenakte als zentrales Objekt eines Krankenhaus-Informationssystems stellt Stamm- und Falldaten fiir die medizinischen Informationssysteme zur Verfugung. Diese wiederum erganzen die Patientenakte urn abteilungs- bzw. leistungsspezifische Informationen. Oft sind Funktionen wie die Patientenaufnahme ahnlich, wenn auch inhaltlich zu unterscheiden, z.B.Aufnahme in das Krankenhaus, Aufnahme auf eine Station nach einer Verlegung.
12.3.1 Radiologieinformationssystem
Die Leistungserbringung in der Radiologie wird durch nachfolgende Systeme wesentlich unterstiltzt:
Bildgebende Modalitaten mit ihren medizinischen Bildern (z.B. Einzelbildern,Bildserien, Videosequenzen),Befundungsarbeitsplatze,Bildarchivierungs- und -kommunikationssystem zur Verwaltung und Ubermittlung der medizinischen Bilder sowie mit Bildnachbearbeitungfunktionen bzw.Software-Systemen zur intelligenten Bildverarbeitung und -interpretation
und dem eigentlichen
Radiologieinformationssystem zur Dokumentation und Verwaltung admininstrativer und medizinischer Daten tiber die Leistungserbringung.
Zu den wichtigsten Funktionen eines Radiologieinformationssystems (RIS) zahlen:
Schnittstelle zum Patientenverwaltungssystem, insbesondere der elektronischenPatientenakte,Schnittstelle zum PAC-System (Abb. 12.3),
308 12 Computergestlitzte Krankenhaus-Informationssysteme
KlS
RIS
PACS
Leistungsanfordernde FacharztAnforderung
Stelle, z.B. Lungenambulanz - ,
Radiologieinformationssystem Radiologe
BefundOJ S
Arbeitslisten- Befund- - ,. ,t; OJol +'en
erstellung erstellung ~ >,OJ en+' en~ eoOJ ~
I' :;:: ;::jol
~c,Arbeits- Bildarchivierungs- und
OJ ~.0liste '" OJ
-kommunikationssysten 'S >Modalitat ~
OJ
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DICOM (~ild-...
~+',!<i OJ
MPPS darstellung bearbeitungj/ OJ :;::fil ol
c,I Referenz
-(Archiv und Kommunikation)
'T'
Bild(serie) ~ DICOM St.C.
,." -( Bildgebende Mod.li'"Radiolog. Radiologietechnische EndoskopieFachkraft Nuklearmedizin
Abb. 12.3. Zusammenwirken von RIS und PACS.
Terminplanung der radiologischen Untersuchung,Medizinische Leistungsplanung (Arbeitslisten) und -dokumentation (Medikamenten- und Kontrastmittelplanung, Strahlendosis-Dokumentation),Dokumentation abrechnungsrelevanter Leistungen,Befunderstellung, -verwaltung und -verteilung, unter Berilcksichtigung vonSpracherkennungssystemen und der elektronischen Signatur,Schnittstelle zu digitalen Untersuchungsmodalitaten, insbesondere DICOMbasierte Arbeitslisten,Schnittstelle zur elektronischen Patientenakte.
Das Radiologiesystem ist als Leistungsstellen-Informationssystem mit verschiedenen Fachrichtungen, z.B. der Kardiologie, Dermatologie, Pathologie, vernetzt. Esist festzuhalten, dass fur die elektronische Kommunikation der medizinischen Bilddokumente zwischen den Fachabteilungen und der Radiologie die Kompatibilitat dercomputergestiltzten Systeme sichergestellt werden muss, z.B. DICOM-Fahigkeit gemaB der Vereinbarungen im DICOM conformance-statement.
12.3.2 Laborinformationssystem
Das Laborinformationssystem unterstiltzt die Verwaltung und Organisation des Laborbetriebes. Es ist dazu mit den leistungsanfordernden Stellen und dem Patienten-
12.4 Pflegeinformationssystem 309
verwaltungssystem vernetzt. Laborgerate konnen bei Vorhandensein elektronischerSchnittstellen mit dem Laborinformationssystem verbunden werden. Die Aufgabendes Laborinformationssystems liegen in der
Auftragserfassung (z.B. Annahme der Proben und Barcode-Etikettierung),Probenmanagement (z.B. Probenidentifikation, -einschleusung, -verteilung),Befundmanagement (z.B. Befundprasentation, -ausgabe, - kommentierung),Messplatzunterstlitzung.
Der Datenaustausch zwischen den Laborgeraten und dem Laborinformationssystem,sowie im Weiteren mit dem KIS erfolgt meist nachrichtenorientiert im HL7-Format(siehe Abschnitt 2.5.4).
12.3.3 Operationssaal-Planungs- und -Dokumentationssystem
Das Operationssaal (OP)-Planungs- und -Dokumentationssystem stellt neben derFunktionalitaten der Saal- und Gerateplanung wichtige Aufzeichnungen tiber dieOperation selbst sowie fur die Pftegedokumentation sicher. Dazu zahlen
Operationsdauer- und Arbeitsschritte (z.B. OP-Saal, Abruf von der Station, Einschleusen),Operationsteam (z.B. Operateure, Assistenten, Anasthesist) und Personalwechselwahrend einer Operation,Patientenlagerung,Materialdokumentation (z.B. Instrumente, Katheder),Begleitinformation (z.B. Medikamente, Blutsperren),Hygienedokumentation (z.B. Desinfektion, Enthaarung).
Die OP-Berichterstellung kann elektronisch gestlitzt, zum Teil mit spracherkennenden und videobasierten Systemen, durchgefuhrt werden. Das mit dem Bericht entstehende OP-Protokoll wird der elektronischen Patientenakte zugeordnet.
12.4 Pflegeinformationssystem
Ein Pftegeinformationssystem untersttitzt die im Pftegedienst stehenden Personenentlang des gesamten Pftegeprozesses inklusive der Intensivpftege. Dabei werden
Verlaufskurven, z.B. Vitalparameter, Beatmungsparameter, Patientenstatus,Therapiekurven, z.B. Medikamente, Infusionen,Pftegekurven, z.B. Pftegeplanung, Massnahmen- und die Behandlungsdokumentation
aktualisiert und erfasst, sowie im elektronischen Patientenakt (siehe Abschnitt12.2.2) erganzt. Damit ist das Pftegeinformationssystem mit dem Krankenhausinformationssystem vernetzt.
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12.5 Lernplattformen
Computergestiitzte Software-Systeme werden zunehmend Bestandteil in der medizinischen Aus- und Weiterbildung (computer based training). Es gibt eine Vielzahl vonmehr oder weniger eng abgegrenzten Einteilungen dieser Software-Systeme (Schulmeister, 2001) z.B.:
computer-based training (CBT),web-based training (WBT),e-Learning (Dittler, 2002).
Wichtige Unterscheidungsmerkmale computergestutzter Ausbildungssysteme sindderen Funktionalitaten in den Aspekten
Wissensbasis, z.B. ist das Wissen statisch oder dynamisch erweiterbar?Interaktionsfahigkeit, z.B. ist Wissen passiv verfugbar oder wird der Anwenderdialog- und fallbasiert gefuhrt?Integration im Ausbildungskonzept, z.B. kann Detailwissen tiber Wissensebenenerworben werden, steht ein Betreuer online oder zumindest elektronisch fur Beratungen zur Verfiigung und ist das Software-System vollstandiger Ersatz oderErganzung im Ausbildungsmodul?
Die Funktionalitat von Lernumgebungen (Kramme, 2007) lasst sich in folgende Teilegliedern:
Benutzerverwaltung, z.B. Studierende und Lehrende mit Rollen und Rechtevergabe,Kursmanagement, z.B. Buchung von Kursen und Anmeldung fiir Tutorials,Lernplattform, z.B. Werkzeuge und Trainingsmodule,Autorenwerkzeuge, z.B. Werkzeuge fur die Erstellung von Lehrinhalten,Kooperierendes Arbeiten, z.B. White-board-Funktionalitaten fiir Studierende,Datenbanken und Nachschlagewerke, z.B. Anatomieatlanten-Zugriff,elektronisch-gestutzte Tutorials mit den Betreuern, z.B. multimediale OnlineIntensivbetreuung,Prufungsabwicklung, z.B. dislozierte Prufungsabnahme,elektronisch gestiitzte Bewertungssysteme, z.E. Evaluierungen.
Der Einsatz von Lern- und Lehrsystemen erfolgt heute
als integriertes Modul in klassischen Ausbildungsformen (blended learning),bei Priifungsabwicklungen,in der Fort- und Weiterbildung in Form von Distance-Learning Konzepten.
Als Beispiel einer kommentierten e-Learning Datenbank fur die Medizin kannKELDAmed erwahnt werden.