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E INFÜHRUNG IN DIE I SOTOPENGEOCHEMIE basierend auf Vorlesungen am Mineralogisch-Petrographischen Institut der Universität zu Köln zwischen 1988 und 1994 überarbeitet und ergänzt ab Winter 1999 HEINZ-GÜNTER STOSCH Institut für Angewandte Geowissenschaften Karlsruher Institut für Technologie (KIT-Campus Süd) Manuskript bitte nur zum eigenen Gebrauch verwenden! – Alle Rechte vorenthalten. K Ar U Pb Th Pb Sm Nd La Ce Lu Hf Hf W Rb Sr K Ca Re Os La Ba U He Th He Pt Os Mn Cr Al Mg U Th

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EINFÜHRUNG IN DIE ISOTOPENGEOCHEMIE

basierend auf Vorlesungen amMineralogisch-Petrographischen Institut

der Universität zu Köln zwischen 1988 und 1994

überarbeitet und ergänzt ab Winter 1999

HEINZ-GÜNTER STOSCH

Institut für Angewandte GeowissenschaftenKarlsruher Institut für Technologie (KIT-Campus Süd)

Manuskript bitte nur zum eigenen Gebrauch verwenden! – Alle Rechte vorenthalten.

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Notiz
Isotopengeochemie, Version 2.6.5 (12. Dezember 2013)Dieses Skript ist zur online-Benutzung und zum Ausdrucken gedacht. Benutzen Sie im Bedarfsfall für die online-Verwendung auch die Zoom-Funktion des Acrobat Reader zur Erhöhung der Lesbarkeit auf dem Bildschirm. Wenn Sie im Inhaltsverzeichis auf eine Überschrift oder im Index auf ein Stichwort klicken, sollten Sie automatisch zu der Stelle mit diesem Verweis hingeführt werden. Stichworte im normalen Text sind zum rascheren Auffinden blau markiert.Wenn Sie Teile des Werkes drucken wollen, beachten Sie bitte, dass die Seitennummerierung des Skriptes nicht mit der für den Druck maßgeblichen von Adobe Acrobat übereinstimmt, weil Inhaltsverzeichnis und Index des Skriptes einen anderen Nummerierungstyp aufweisen als der Rest.Auf Postscriptdruckern mag es bei Seiten mit komplexen EPS-Graphiken (z.B. bei solchen mit Farbverläufen oder vielen Mustern), vielleicht auch auf Seiten mit vielen Schriften, zu Ausgabeproblemen kommen; ein dann typischer Fehler ist der "VM error". In diesem Fall versuchen Sie, die entsprechenden Seiten einzeln zu drucken, oder wählen Sie "Als Bild drucken" in den Optionen.Bei hartnäckigen Druckproblemen prüfen Sie gegebenenfalls, ob es eine aktuellere Version Ihres Druckertreibers geben könnte.Das Kopieren von Graphiken (als Pixelgraphiken) für eventuelle Verwendung in anderen Programmen wird am einfachsten sicherlich mit der Kopierfunktion (Kamera) des Adobe Reader funktionieren. Gegebenenfalls vergrößern Sie die Bildschirmanzeige, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.Fehler jeder Art dürfen Sie mir gerne mitteilen! E-Mail: [email protected] 2.6.3: "clumped isotopes" eingeführtGrößere Änderungen gegenüber Version 2.5:- Ergänzung/Überarbeitung der Systeme Lu-Hf und Re-Os- Ergänzung/Überarbeitung der Fission-Track-Methode/ThermochronologieKleinere Änderungen:- Pb-Pb-Methoden- Ungleichgewichtsmethoden- Kosmogene RadionuklideGrößere Änderungen gegenüber Version 2.4:- Ergänzungen bei den Kosmogenen Radionukliden (C-14, Be-10)- Kapitel über Sm-146 - Nd-142 (ausgestorbene Radionuklide) eingefügt- Ergänzungen im Kapitel "Eisen und andere schwere Elemente"Kleinere Änderung:- Aktualisierung im Kapitel "Sauerstoff und Wasserstoff in der Lithosphäre"Größere Änderung gegenüber Version 2.3:- Kapitel über Eisen und andere schwere Elemente eingefügt- Revision im Kapitel über abgeklungene Radionuklide (Hf-W)Kleinere Änderungen:- Ergänzung im Kapitel Re-Os- Revision im Kapitel Lu-Hf- Ergänzung bei Th-U-Pb-Datierungsmethoden- Ergänzung bei den He-Isotopen- Ergänzung bei den Ca-Isotopen- Ergänzung im Kapitel Ursprung der ElementeGrößere Änderung gegenüber Version 2.2:- Kapitel über die Entstehung der Elemente eingefügtGrößere Änderungen gegenüber Version 2.1:- das Konzept der Schließungstemperatur wurde überarbeitet (K-Ar)- Formalismus zur Berechnung von Isochronen eingebaut (Rb-Sr)
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Notiz
SLAP Standard Light Antarctic Precipitation
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Dieses Skript ist bei einer Serie von Vorlesungen im Fach Mineralogie entstanden. Daraus ergibt sich, daß es sich weitgehend mit der Isotopengeochemie von magmatischen Gesteinen, untergeordnet von Sedimenten und Metamorphiten beschäftigt. Große Teile der Anwendungen der stabilen Isotope in den Umweltwissenschaften, der Paläobiologie, der Klimatologie werden Sie da-gegen hier vergeblich suchen, und ich bitte um Nachsicht für dieses Versäumnis. Ich erhebe weder Anspruch auf Vollständigkeit noch Aktualität oder Richtigkeit. Meine beschränkte Zeit wird es mir nur hin und wieder gestatten, das Skript zu aktualisieren, und auch dies nur in jeweils kleinen Bereichen, da ich die Isotopengeochemie in Karlsruhe nicht in der Lehre vertrete.

Wenn Sie sachliche Fehler oder auch Druckfehler und sprachliche Unzulänglichkeiten feststellen, oder falls Ihnen sonstige beklagenswerte Zustände aufstoßen, teilen Sie mir dies bitte mit!

Dank an: die aktiveren der Hörer/innen der damaligen Vorlesungen, namentlich D. Bosbach, U. Fleischer und G. Lorenz sowie an Herrn Kollegen W. Heinrich/Potsdam für Lob, Tadel und Hinweise, welche letztlich den Ausschlag für die Überarbeitung im Winter 1999 gaben. Dank weiterhin an Z. Berner vom IMG/Karlsruhe für diverse Diskussionen. Besonderer Dank gebührt Herrn R.L. Romer/Potsdam für Hinweise auf Fehler und für seine zahlreichen Verbesserungsvorschläge.

letztmals geändert am 12.12.2013

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Inhaltsverzeichnis

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Bücher zur Isotopengeochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Geschichtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4Radioaktives Zerfallsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5Der Ursprung der Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Massenspektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Isotopenverdünnungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Datierungsmethoden – allgemeine Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Das K–Ar-Zerfallssystem (K–Ar- und Ar–Ar-Methoden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33Die K–Ar-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34Die 40Ar/39Ar-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Das Rb–Sr-Isotopensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Das Rb–Sr-System als Mittel der Altersbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Das Rb–Sr-System als Tracer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Die Sr-Isotopenentwicklung der Meteorite und des Erdmantels . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Die Sr-Isotopenentwicklung der Ozeane. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Das Sm–Nd-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55Sm–Nd – Anwendung zur Datierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Nd-Isotope als Tracer und die Korrelation zwischen Sr- und Nd-Isotopen . . . . . . . . . . . . . . 63Modellalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Zweikomponentenmischungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Die Massenfraktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77Das Lu–Hf-Isotopensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Die Hf-Isotopensignatur des subozeanischen oberen Erdmantels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90Die Hf-Isotopenentwicklung der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91Hinweise von den Hf-Isotopen auf das Ausmaß des globalen Recycling . . . . . . . . . . . . . . . 92

Das La–Ce-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95Das K–Ca-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97Die Re–Os-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99Die U,Th–Pb-Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Die U–Pb- und Th–Pb-Isochronenmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112Konkordia und Diskordia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Die Pb–Pb-Methoden („gewöhnliches Blei“ oder „common lead“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125Die Fission-Track-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139Die Ungleichgewichtsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Geschichtliche Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149Die 210Pb-Überschußmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150Die Ionium-Überschußmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151Die 234U-Überschußmethode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154Die 230Th/234U- und 234U/238U-Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156238U–230Th-Ungleichgewichte in Vulkaniten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

Kosmogene Radionuklide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Die 14C-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168Das 10Be . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171Kosmogene Radionuklide in der Kosmochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180Die Beschleuniger-Massenspektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

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Inhaltsverzeichnis

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1863He/4He . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186Xenon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195182Hf-182W-Chronometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199146Sm–142Nd-Chronometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Stabile Isotope • Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214Wasserstoff und Sauerstoff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Sauerstoff und Wasserstoff in Hydro- und Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226Sauerstoff und Wasserstoff in der Lithosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

Kohlenstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252Stickstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258Schwefel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260Calcium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267Eisen und andere schwere Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269Literaturzitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

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Einführung in die Isotopengeochemie

1.0 Bücher zur Isotopengeochemie

C. J. Allègre (2008) Isotope Geology

Cambridge University Press, Cambridge, 512 Seiten, 42 €

[recht gut lesbares umfassendes Lehrbuch von einem der derzeit bedeutendsten Isotopengeochemiker; das Buch hätte ein besseres Lektorat verdient]

A. Basu & S. Hart [Herausgeber] (1996) Earth Processes – Reading the Isotopic Clock

Geophysical Monograph 95, American Geophysical Union, Washington, 437 Seiten, 65 US-$

[zusammenhanglose Einzelartikel von Fachautoren, von Prozessen in der frühe-sten Zeit der Erde bis hin zur industriellen Pb-Verschmutzung reichend]

R. Bourdon, G.M. Henderson, C.C. Lundstrom S.P. & Turner [Herausgeber] (2003) Uranium-Series Geochemistry

Reviews in Mineralogy & Geochemistry 52, Geochemical Society; Mineralogical Society of America, Washington, 656 Seiten

[Abhandlung der Ungleichgewichtsmethoden in Einzeldarstellungen]

D.J. DePaolo (1988) Nd Isotope Geochemistry

Springer-Verlag, Berlin, 187 Seiten, vergriffen

[spezielle Abhandlung eines des Sm–Nd-Isotopensystems]

A.P. Dickin (1997) Radiogenic Isotope Geology

Cambridge University Press, Cambridge, 490 Seiten, Paperback-Ausgabe ca. 35 £

[für die radiogenen Isotope ähnlich umfassend wie das „klassische“ Buch von Fau-re, aber im Gegensatz zu jenem stärker auf die Traceranwendungen in Petrologie/Geochemie und Kosmochemie ausgerichtet]

T. J. Dunai (2010) Cosmogenic Nuclides

Cambridge University Press, Cambridge, 198 Seiten, ca. 35 £

[umfassende Darstellung eines Teilgebietes der Isotopengeochemie]

G. Faure (1986) Principles of Isotope Geology

2nd Edition, John Wiley & Sons, New York, 608 Seiten, ca. 95 US-$

[umfassende Übersicht über radiogene und stabile Isotope]

G. Faure, G (2001) Origin of Igneous Rocks: The Isotopic Evidence

Springer Verlag, New York, 512 Seiten, 80 €

[Darstellung der Entstehung von Magmatiten aus dem Blickwinkel der Isotopen-geochemie, geordnet nach geotektonischer Stellung, mit vielen Einzelbeispielen]

L. Heaman & J.N. Ludden [Herausgeber] (1991) Applications of Radiogenic Isotope Systems to Problems in Geology

Mineral. Assoc. Canada, Short Course Handbook 19, 25Can.$

[Spezielle Darstellung verschiedener Aspekte der Isotopengeochemie in Einzeldar-stellungen]

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Bücher zur Isotopengeochemie

J. Hoefs (2004) Stable Isotope Geochemistry

5th revised and updated Edition, Springer-Verlag, Heidelberg, 244 Seiten, 64.15 €

[umfassende Darstellung der Geochemie stabiler Isotope]

C.M. Johnson, B.L. Beard & F. Albarède [Herausgeber] (2004) Geochemistry of Non-Traditional Stable Isotopes

Reviews in Mineralogy & Geochemistry 55, Mineralogical Society of America; Geo-chemical Society, Washington, 454 Seiten

[Geochemie der stabilen Isotope, vor allen Dingen der schwereren Elemente]

T.K. Kyser [Herausgeber] (1987): Short Course in Stable Isotope Geochemistry of low tempera-ture fluids

Mineralogical Association of Canada (Short Course Vol. 13), (452 Seiten)

[sehr spezielles Werk mit Einzelkapiteln von Fachautoren]

D. Porcelli, C.J. Ballentine & R. Wieler [Herausgeber] (2002) Noble Gases in Geochemistry and Cosmochemistry

Reviews in Mineralogy & Geochemistry 47, Geochemical Society; Mineralogical Society of America, Washington, 844 Seiten

[Edelgase und ihre Isotopenzusammensetzung in Materialien der Erde, der Meteo-rite und anderer Körper des Sonnensystems]

P. W. Reiners & T. A. Ehlers [Herausgeber] (2005) Low-Temperature Thermochronology,

Reviews in Mineralogy and Geochemistry 58, Mineralogical Society of America & Geochemical Society, Washington, 622 Seiten

[Beschreibung von Methoden wie Spaltspuren, (U–Th)/He, Ar–Ar in Einzeldarstel-lungen]

Z. Sharp (2007) Stable Isotope Geochemistry

Pearson Prentice Hall, Upper Saddle River, NJ, 344 Seiten

[Das Buch beschränkt sich auf die „alten“ stabilen Isotope H, C, N, O und S; beson-ders umfassend sind Sedimente und Tieftemperaturprozesse behandelt]

I. Tolstikhin & J. Kramers (2008) The Evolution of Matter – From the Big Bang to the Present Day

Cambridge University Press, Cambridge, 532 Seiten, ca. 55 €

[Der Untertitel sagt alles: Ein Parforceritt von der Entstehung des Universums bis zur Erde heute]

J.W. Valley & D.R. Cole [Herausgeber] (2001) Stable Isotope Geochemistry

Reviews in Mineralogy 43, Mineralogical Society of America, 662 Seiten, 32 US-$

[Geochemie stabiler Isotope in Einzeldarstellungen, von der Petrologie bis zur or-ganischen Geochemie reichend]

J.W. Valley, H.P. Taylor Jr. & D.R. Cole [Herausgeber] (1986) Stable Isotopes in High Tempe-rature Geological Processes

Reviews in Mineralogy 16, Mineralogical Society of America, 570 Seiten, 24 US-$

[umfassende, aber sehr spezielle Übersicht über die Fraktionierung stabiler Isotope bei magmatischen und metamorphen Prozessen]

G.A. Wagner & P. Van den Haute (1992) Fission-Track Dating

Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart, 285 Seiten, ca. 150DM

[umfassende Darstellung der Spaltspurenmethode]

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A. Radiogene Isotopensysteme

2.0 Einführung

2.1 EinleitungJeder Atomkern eines chemischen Elementes hat die gleiche Ordnungszahl Z – bedingt durch die Zahl der Protonen. Verschiedene Kernarten desselben Elementes unterscheiden sich in der Anzahl der Neutronen N und damit in der Massenzahl A = Z + N. Solche ver-schiedenen Kerne eines Elementes bezeichnet man als Isotope. Kernarten ohne Beziehung zu einem Element werden Nuklide genannt, von denen 264 stabil sind. Isobare sind Nuklide mit identischer Massenzahl und gehören damit also verschiedenen Elementen an.

Unter den Elementen gibt es 20, die nur aus einem einzigen stabilen Isotop zusammenge-setzt sind, die sogenannten Reinelemente [Be, F, Na, Al, P, Sc, Mn, Co, As, Y, Nb, Rh, I, Cs, Pr, Tb, Ho, Tm, Au, Bi]. Alle übrigen stabilen Elemente sind aus mindestens 2 in der Natur vorkommenden Isotopen aufgebaut, den Rekord hält Sn mit 10 stabilen Isotopen.

In der Isotopengeochemie betrachtet und mißt man natürliche Variationen in der Isotopen-zusammensetzung einiger Elemente und versucht, daraus Schlüsse abzuleiten. Die Rein-elemente können daher nicht Gegenstand der Untersuchung sein. Isotopenvariationen können auf zweierlei Weise zustande kommen:

a) durch Fraktionierung bei physikalisch-chemischen oder biochemischen Prozessen. Große Effekte zeigen dabei vor allem die leichteren und flüchtigen Elemente H, C, N, O, S, Se, Li, B, Mg, Si und auch Ca, dessen zwei häufigste Isotope mit 40 und 44 einen sehr gro-ßen Massenunterschied aufweisen). Wasserstoff z.B. besteht aus den stabilen Isotopen 1H und 2H (D), Sauerstoff aus 16O, 17O und 18O. Bei der Verdampfung von H2O gehen die leich-ten Isotope beider Elemente etwas bevorzugt in die Gasphase (Atmosphäre). Bei der Photo-synthese nehmen die grünen Pflanzen das leichtest flüchtige der Kohlenstoffisotope, 12C, bevorzugt aus dem Luft-CO2 auf. Fortschritte in der Meßtechnik führen dazu, daß bei immer mehr Elementen natürliche Isotopenvariationen gefunden werden, z.B. auch bei Fe.

Beschreibung und Anwendung dieser Effekte ist der Gegenstand der Geochemie stabiler Isotope.

b) Bei einigen der Elemente, die aus mehr als einem natürlich vorkommenden Isotop bestehen, unterliegt eines der Isotope dem radioaktiven Zerfall direkt oder über eine Kette von instabilen Produkten in einen anderen stabilen Kern, bei dem es sich immer um ein Isotop eines anderen Elementes handelt. In der Nuklearchemie bezeichnet man das radio-aktive Ausgangsnuklid meist als Mutternuklid (kurz „Mutter“), das Zerfallsprodukt als Tochternuklid (kurz „Tochter“). Betroffen von diesem Zerfallsprozeß sind also immer min-destens 2 Elemente. Beim α-Zerfall wird ein He-Kern emittiert; dadurch sinkt die Massen-zahl um 4 Einheiten, die Zahl der Protonen um 2. Beim β–-Zerfall zerfällt ein Neutron im Atomkern in ein Proton, ein Elektron und ein Antineutrino; die Massenzahl ändert sich dabei nicht, die Ordnungszahl erhöht sich um 1. Beim β+-Zerfall wandelt sich ein Proton unter Emission eines Positrons und eines Neutrinos in ein Neutron um; es entsteht also ein Element mit einer um 1 verringerten Ordnungszahl. Beim K-Einfang wird ein Elektron aus der K-Schale durch den Kern eingefangen; durch seine Reaktion mit einem Proton werden ein Neutron und ein Neutrino gebildet, und die Ordnungszahl sinkt um 1. Bei der Spontanspaltung schließlich zerfällt ein schwerer Kern in zwei ungleich große Bruchstücke unter Emission einiger Neutronen. Da magmatische, metamorphe und selbst sedimentäre Vorgänge immer auch eine chemische Fraktionierung zur Folge haben, findet man in der Natur eine mehr oder weniger große Variation der Verhältnisse des Tochterelementes zum Mutterelement einer radioaktiven Zerfallskette. Das wiederum führt über geologische Zeit-

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Einführung

räume zu einer meßbaren Variation in der Isotopenzusammensetzung des Tochterelemen-tes. Diese Effekte sind Untersuchungsgegenstand der Geochemie radiogener Isotope. Iso-topenverhältnisse dienen einerseits zur Altersbestimmung, andererseits als Tracer zur Aufklärung petrogenetischer Prozesse.

ABBILDUNG 1 Ausschnitt aus der Nuklidkarte

2.2 GeschichtlichesIm Jahr 1896 berichtete der Franzose Henri Becquerel* der Akademie der Wissenschaften zu Paris über seine Versuche mit U-Salzen, von denen er fand, daß sie eine Strahlung aus-senden, die Gase beim Durchtritt ionisiert – genauso wie die kurz zuvor entdeckten Rönt-genstrahlen. Davon inspiriert, begannen unmittelbar darauf Marie Curie und ihr Ehemann Pierre† auch andere Elemente und ihre Salze auf mögliche Eigenstrahlung zu untersuchen. Marie Curies Bemühungen führten zu der Entdeckung, daß auch Th eine durchdringende

* 1852–1908; Nobelpreis für Physik 1903 (eine Hälfte); die andere Hälfte ging an Pierre und Marie Curie.

71.66

11.32

7.81

6.59

2.42

99.91

11.07

88.48

100

27.11

3.09

14.97

11.24

13.83

7.44

47.82

52.18

0.200

2.15

14.73

20.47

15.68

24.87

21.90

100

26.72

22.71

12.17

23.85

11.30

17.22

5.73

5.62

0.250

0.193

Ba

La

137.34

Ce140.12

Pr140.91

Nd

ProtonenzahlIsobare

Mas

senz

ahl

Isot

ope

144.24

Sm

Pm

150.35

Eu

Isobare151.96

Gd157.25

Tb

Isotope

158.92

138.91

136

137

138

139140

141

142

143

144

145

146

147

148

149

150

151

152

153

154

155

156

157

158

159

160

135

134

0.089

138Ba ← 138La → 138Ceβ+ β-

α-aktive Nuklide

� β--Zerfall� β+-Zerfall, K-Einfang� α-Zerfall

Ausschnitt aus derNuklidkarte

Die Zahlen in den Boxen geben dieprozentuale Häufigkeit des Isotops ander Zusammensetzung des jeweiligen

Elementes an. Die Zahlen auf der linkenSeite neben den Boxen stellen die

Massenzahlen dar. Die Zahlen unterden Elementsymbolen stehen für das

Molekulargewicht des Elementes.

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A. Radiogene Isotopensysteme

Strahlung aussendet. Außerdem beobachtete sie, daß die natürlich vorkommenden Mine-rale und Erze von U und Th eine noch wesentlich stärkere Strahlung aussenden. Bei der Aufarbeitung von Pechblenden aus den Vorkommen von Joachimsthal im Erzgebirge gelang es den Curies, zwei neue stark strahlende Elemente zu isolieren, die sie Radium und Polonium nannten. Für die Entdeckung der Radioaktivität durften sich die Curies mit Bec-querel den Physik-Nobelpreis des Jahres 1903 teilen.

1899 gelang es Ernest Rutherford*, die radioaktive Strahlung in drei Komponenten aufzu-schlüsseln, die er Alpha, Beta und Gamma nannte. Die α-Strahlen ließen sich schon durch ein Blatt Papier absorbieren, die β-Strahlen durch eine dünne Metallfolie, die γ-Kompo-nente dagegen nur durch dicke Platten von Schwermetallen. Später wurde erkannt, daß die α-Strahlen aus He-Kernen bestehen, die β-Strahlen Elektronen sind und nur die γ-Kompo-nente elektromagnetische Strahlung ist, welche die Eigenschaft der Röntgenstrahlen auf-weist, fast immer aber wesentlich energiereicher ist. Rutherford war es auch, der mit seinen berühmten Streuexperimenten von α-Partikeln an Metallfolien Anfang des 20. Jahrhun-derts nachwies, daß die Atome einen sehr kleinen positiv geladenen Kern haben und von einer Hülle von negativ geladenen Elektronen umgeben sind.

2.3 Radioaktives ZerfallsgesetzGrundlage der Geochemie radiogener Isotope ist das radioaktive Zerfallsgesetz, das 1903 von Frederick Soddy† und Rutherford aufgestellt wurde. Die beiden schlugen vor, daß die Atome eines radioaktiven Kerns spontan unter Aussendung von Strahlung zerfallen. Nach ihrer Vorstellung ist der Zerfall begleitet von der Aussendung von α- und β-Partikeln, und die Intensität der Strahlung ist proportional zur Anzahl der vorhandenen radioaktiven Atome. Das faßten sie mathematisch in die Gleichung:

−dN/dt = λN [GL 1]

Darin ist N die Zahl der radioaktiven Atome und λ die sogenannte Zerfallskonstante, wel-che die Wahrscheinlichkeit beschreibt, daß ein Atom pro Zeiteinheit zerfällt‡. Diese Glei-chung läßt sich umformen und integrieren zu:

[GL 2]

oder −ln N = λt + C [GL 3]

Die Integrationskonstante C läßt sich aus der trivialen Bedingung bestimmen, daß zur Zeit t = 0 eine ursprüngliche Zahl von radioaktiven Atomen No vorgelegen haben muß, d.h.

C = −ln No [GL 4]

Dies, in GL 3 eingesetzt, ergibt:

† Pierre Curie (1859–1906), französischer Physiker, und Marie Curie (1867–1934), polnisch–französi-sche Chemikerin und Physikerin; für die Entdeckung von Radium und Polonium erhielt M. Curie einen zweiten Nobelpreis (in Chemie) im Jahr 1911.

* neuseeländisch–englischer Physiker (1871–1937), der „Vater der Kernphysik“, 1908 Nobelpreis für Chemie. Rutherford entwickelte ein einfaches Atommodell, das später von Niels Bohr wesentlich verbessert wurde.

† englischer Physiker (1877–1956), Nobelpreis für Chemie 1921; Soddy formulierte um 1913 das Kon-zept der Isotope und zeigte, daß beim α-Zerfall ein Element mit einer um 2 verminderten Kern-ladungszahl entsteht.

‡ Bei den extremen Temperaturen im Innern größerer Sterne (ab dem He-Brennen, einige 100 Millio-nen Kelvin) kann die für uns normale Zerfallskonstante bei einigen β–-Strahlern sehr viel größer werden, z.B. um den Faktor 1010 für 176Lu[1],[2].

− = ∫∫dNN

dtλ

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Einführung

−ln N = λt − ln No [GL 5]

ln N − ln No = −λt

ln(N/No) = −λt

N/No = e−λt

bzw. N = No × e−λt [GL 6]

In dieser Zerfallsgleichung stehen 2 Unbekannte, nämlich No und t. Man kann No jedoch eliminieren, wenn man die Anzahl der durch den Zerfallsprozeß entstehenden Tochter-nuklide D berücksichtigt, da

No = N + D [GL 7]

ist. In GL 6 eingesetzt, ergibt sich damit:

N = (N + D) × e−λt

N × eλt = N + D

D = N × (eλt − 1) [GL 8]

Hierin ist N die Anzahl der Atome des radioaktiven Mutternuklids, die nach einer beliebi-gen Zeit t von einer ursprünglich vorhandenen Anzahl No noch übrig geblieben ist. Das ist die grundlegende Gleichung, um Altersbestimmungen durchführen zu können, denn – zumindest prinzipiell – sind sowohl die Zahl der Tochternuklide als auch die Zahl der noch nicht zerfallenen radioaktiven Mutternuklide bestimmbar. Voraussetzung ist jedoch einer-seits, daß sich der Zerfall in einem geschlossenen System vollzieht, d.h. die gesamte Menge von Mutter- und Tochternuklid bleibt im betrachteten Gestein oder Mineral seit ihrer Bil-dung eingeschlossen. Die zweite Voraussetzung ist, daß λ für jedes radioaktive Nuklid eine Naturkonstante ist. Nach allem, was man weiß, ist das tatsächlich der Fall. Lediglich die Zerfallskonstante des K-Einfangs läßt sich in Einzelfällen geringfügig durch extreme Drücke erhöhen. Das mag nach einer Theorie von M. Dirac auch für die anderen Zerfalls-prozesse im Innern von Sternen gelten. Datierungen an Meteoriten mit verschiedenen Methoden (U–Pb, Sm–Nd, Rb–Sr, Lu–Hf) haben für das Alter unseres Sonnensystems aber Werte von 4.55 Ga ergeben und legen damit die Konstanz von λ nahe.

Anstatt mit der Zerfallskonstanten λ rechnet man in der Isotopengeochemie häufig mit der Halbwertszeit T. Das ist die Zeit, nach welcher von einer ursprünglich vorhandenen Zahl von radioaktiven Nukliden No genau die Hälfte zerfallen ist, also

N = 1/2 No

1/2 No = No × e−λT

ln(1/2) = −λT

ln 2 =λT

T = ln 2/λ [GL 9]

So sind z.B. über den Verlauf der Erdgeschichte (ca. 4.55 Ga) bis heute rund die Hälfte der ursprünglich vorhandenen 238U-Atome (Halbwertszeit ca. 1 Erdalter), aber fast 99% der 235U-Atome (Halbwertszeit ca. 700Ma) zerfallen (siehe Abbildung 2).

Die mittlere Lebensdauer τ ist die Zeit, nach der die Anzahl an radioaktiven Nukliden von No auf N = 1/e abgefallen ist.

Nachdem um die 1900 das Phänomen der Radioaktivität bekannt war, erkannte man auch rasch die potentielle Bedeutung für die Geologie, insbesondere die Frage nach dem Alter der Erde. Der bekannteste Physiker Englands im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, Wil-liam Thomson* – besser bekannt unter dem Namen (ab 1866) Lord Kelvin, berechnete die

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A. Radiogene Isotopensysteme

Abkühlungsgeschwindigkeit der Erde unter der Voraussetzung, sie sei einmal geschmolzen gewesen. In einem berühmten Vortrag 1897 setzte Lord Kelvin das Alter der Erde mit zwi-schen 20 und 40 Ma an – eine Ansicht, die wegen seiner großen Autorität einen erhebli-chen Einfluß auf das Denken der damaligen Zeit ausübte. Einer Reihe von Geologen war dabei jedoch unwohl, da aus der Stratigraphie unter Anwendung des aktualistischen Prin-zips – Konstanz der Sedimentationsraten durch die geologische Geschichte hindurch – ein wesentlich höheres Alter seit dem Beginn des Kambriums abgeschätzt worden war.

Mit Entdeckung der natürlichen Radioaktivität erkannten Physiker und Chemiker rasch, daß der radioaktive Zerfall ein exothermer Prozeß ist. 1904 war es Rutherford klar, daß der radioaktive Zerfall eine große Rolle für die Wärmeproduktion der Erde spielte und daß damit die Erde auf eine weit längere Abkühlungsgeschichte zurückblicken könnte als von Lord Kelvin berechnet. Darüber hinaus wurde Rutherford auch rasch klar, daß der radio-aktive Zerfall des Urans die Möglichkeit bietet, U-Minerale zu datieren. Er versuchte das, indem er die Menge an He maß, die in U-Minerale eingeschlossen ist.

ABBILDUNG 2 Der Zerfall der beiden U-Isotope über den Verlauf der Erdgeschichte

Zur selben Zeit (um 1904) fand ein mit Rutherford kooperierender Amerikaner namens Bertram Borden Boltwood*, daß das U/Ra-Verhältnis in den meisten U-Mineralen konstant ist, und er vermutete außerdem, daß Pb das stabile Endprodukt des U-Zerfalls ist. Aus dem U/Pb-Verhältnis von Uraniniten berechnete er dann deren Alter – in der Rückschau betrachtet sogar relativ exakt. Seine und Rutherfords Ergebnisse erhöhten das Alter der Erde gleich auf rund 1/2 Milliarde Jahre. Einschränkend muß man aber ergänzend anfüh-

* 1824–1907, vielseitiger Physiker, der sich mit Problemen der Elektrizität, Hydro- und Thermodyna-mik befaßte. Für seine Verdienste um die Theorie und Praxis der elektrischen Signalübertragung, die Anwendung bei der Verlegung und Nutzung der transatlantischen Kabel zwischen Europa und Nordamerika fand, wurde W. Thomson zum Baron Kelvin of Largs geadelt (Kelvin ist der Name eines kleinen Flusses der durch den Campus der Glasgow University fließt, an der Thomson gearbeitet hat). Die absolute Temperaturskala ist nach Lord Kelvin benannt.

* 1870–1927, Professor für Radiochemie an der Yale University (1910–1927). Boltwood entdeckte das Ionium (230Th) in der Zerfallskette von 238U, hielt es aber für ein neues Element.

4.55 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0 [heute]

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1.0

rela

tive

Häu

fig

keit

235U

238U

Zeit [Ga]

Relative Abnahme der beidenU-Isotope 238U und 235U über den Verlauf der Erdgeschichte

238U ca. 1 Halbwertszeit,235U ca. 6.5 Halbwertszeiten

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Einführung

ren, daß er auch mit Kenntnis des radioaktiven Zerfalls nicht zu einem auch nur annä-hernd richtigen Alter der Erde gekommen wäre, da er zu seiner Zeit keine Kenntnis vom

TABELLE 1: (wichtige) Methoden der Geo- und Kosmochronologie

Isotopensystem Zerfall Zerfallsarta Zerfallskonstante HalbwertszeitK–Ar 40K → 40Ar [ε] λε = 0.581×10–10 a-1 T = 1.25 × 109 a

[von Weizsäcker 1937, Aldrich & Nier 1948]Ar–Ar 40K → 40Ar

[Merrihue & Turner 1966]Rb–Sr 87Rb → 87Sr [β–] λ = 1.42×10-11 a-1 oder

λ = 1.393×10-11 a-1 T = 48.8×109 a

[Hahn & Welling 1938, Hahn et al. 1943]Sm–Nd 147Sm → 143Nd [α] λ = 6.54×10-12 a-1 T = 106×109 a[Lugmair 1974]La–Ce 138La → 138Ce [β–] λβ ≈ 2.58×10-12 a-1 T ≈ 97 109 a[Tanaka & Masuda 1982]Lu–Hf 176Lu → 176Hf [β–] λ = 1.865×10-11 a-1 T = 37.2×109 a [Herr et al. 1958, Patchett et al. 1980]Re–Os 187Re → 187Os [β–] λ = 1.666 ×10-11 a-1 T = 41.6×109 a[Herr et al. 1961, Luck & Allègre 1983]Pt–Os[Walker et al. 1991]

190Pt → 186Os [α] λ = 1.542 ×10-12 a-1 T = 449×109 a

K–Ca 40K → 40Ca [β–] λβ = 4.962×10-10a-1 T = 1.25×109a[Ahrens 1950, Marshall & DePaolo 1982]U–Pb 238U → 206Pb [8α,6β–] λα = 1.5512×10-10a-1 T = 4.468×109a

235U → 207Pb [7α,4β–] λα = 9.848×10-10a-1 T = 0.7038×109aTh–Pb 232Th → 208Pb [6α,4β–] λα = 4.9475×10-11a-1 T = 14.01×109aPb–Pb [207Pb/204Pb–206Pb/204Pb, 208Pb/

204Pb–206Pb/204Pb][Holmes 1946, Houtermans 1946]Spaltspurenmethode (Fis-sion Tracks)

nutzt die Störungen aus, die in Kri-stallen durch die Spontanspaltung

von 238U erzeugt werden

λf = 8.46×10-17a-1

[Price & Walker 1962]U-Ungleichgewichtsme-thoden,

230Th – 238U λ230 = 9.217×10-6 a-1 T = 75.2×103a

anwendbar über die letzten ca. 3×105 a, auch wenn es durch einen Prozeß zur Trennung von 238U und seinen Folge-produkten, z.B. 230Th, kam [Picciotto & Wilgain 1954]kosmogene/ausgestorbene Radionuklide, produziert durch Wechselwirkung (Spallationsprozesse) der kosmischen Strahlung mit Materie (Atmosphäre der Erde, Oberfläche von Himmelskörpern ohne nennenswerte Atmosphäre, z.B. Mond) und/oder nur vorhanden im frühen Sonnensystem:14C [Libby 1946] 14N +

1n → 14C +

1H λ = 1.209×10-4 a-1 T = 5.73×103a10Be λ = 0.500×10-6 a-1 T = 1.387×106 a26Al 26Al → 26Mg [β+] λ = 0.968×10-6 a-1 T = 0.716×106 a36Cl λ = 2.25×10-6 a-1 T = 0.308×106 a53Mn 53Mn → 53Cr [ε] λ = 1.87×10-7 a-1 T = 3.7×106 a92Nb 92Nb → 92Zr [ε] λ = 1.93×10-8 a-1 T = 3.6×107 a107Pd 107Pd → 107Ag [β–] λ = 1.07×10-7 a-1 T = 6.5×106 a146Sm 146Sm → 142Nd [α] λ = 1.02×10-8 a-1 T = 68×106 a182Hf 182Hf → 182W [β–, β–] λ = 7.7×10-8 a-1 T = 9×106 a

a. α, β, ε = Zerfall durch α- oder β–-, β+-Strahlung bzw. Elektroneneinfang

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A. Radiogene Isotopensysteme

Mechanismus des Wärmetransports in der Erde haben konnte[3]. Die frühen Datierungsme-thoden, also die U,Th–He-Methode ist zwar zwischenzeitlich als unzulänglich betrachtet worden, weil man glaubte, daß Minerale das entstandene He diffusiv abgäben; inzwischen weiß man aber diese Methode in der „Thermochronologie“ einzusetzen, um – ähnlich wie mit der Spaltspurenmethode – die Abkühlungsgeschichte von Plutoniten und Metamor-phiten oder die Erosionsgeschichte von Gebirgen abzuleiten, denn wenn die Temperaturen genügend niedrig sind, verhalten sich die Minerale auch gegenüber He wie geschlossene Systeme[4]. In der Folgezeit bis heute sind zahlreiche Methoden der Geochronologie ent-wickelt worden, die sich von Fall zu Fall einsetzen lassen und z.T. sehr zuverläßlich sind. Die wichtigeren Methoden sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

Es gibt noch einige andere Methoden, die in der Geologie oder Archäologie gelegentlich Anwendung zur Altersbestimmung finden wie Thermolumineszenz, Dendrochronologie oder Warwenchronologie; sie können jedoch nicht Gegenstand einer Abhandlung über Isotopengeologie sein. Unmittelbar einsichtig ist sicherlich, daß zum einen das Alter, zum anderen die Zusammensetzung einer Probe bestimmt, welche der aufgeführten Methoden prinzipiell geeignet sind, um eine gestellte Aufgabe zu lösen.

2.4 Der Ursprung der ElementeDie Elemente des Sonnensystems stammen im wesentlichen aus zwei Quellen*:

• der primordialen Nukleosynthese in den ersten Minuten des Universums,

• der Nukleosynthese in Sternen

Das Alter des Universums wird nach den Daten der Wilkinson Microwave Anisotropy Probe(WMAP) mit 13.7±1% Ga angesetzt[5],[6]. Nach dem Standardmodell war die Temperatur nach ≈3 Minuten nach dem kosmologischen Beginn, dem Urknall (Big Bang), soweit gefal-len, daß Protonen und ein geringer Anteil an Neutronen vorlagen; oberhalb von 109K wur-den Fusionsreaktionen zwischen den einfachsten Kernbausteinen möglich, z.B.

p + p → D + e+ + ν;

p + n → D + γ

D + D → 3He + n

n + D → T + γ

n + 3He → 4He + γ

(p = Proton, n = Neutron, e+ = Positron, ν = Neutrino, D = Deuterium, T = Tritium). Dane-ben entstand wahrscheinlich ein Teil des 7Li. Die häufigsten Kerne waren 1H (= p) und 4He. Da es keine stabilen Nuklide mit den Massenzahlen 5 und 8 gibt, wurden Elemente mit Massenzahlen >7 durch Reaktion zwischen den beiden häufigsten Nukliden nicht gebildet. Am Ende der primordialen Nukleosynthese – ≈103s nach dem Urknall – soll die Materie des Universums zu etwa 76% aus Wasserstoff und 24% aus Helium und Spuren von Li bestan-den haben. Die Zusammensetzung des Universums erscheint überraschend, nämlich nur zu ca. 4% insgesamt aus Materie zusammengesetzt, die wir kennen. 23% ist der Anteil „dunkler Materie“ (die mit der bekannten Materie kaum oder nicht wechselwirkt) und der große Rest von 73% soll aus „dunkler Energie“ bestehen, deren Wesen unbekannt ist, der Schwerkraft entgegenwirkt und für eine Beschleunigung der Expansion des Universums verantwortlich gemacht wird[5].

* Ein lesenswertes populärwissenschaftliches Buch zu diesem Thema unter Betonung des histori-schen Aspektes ist: M. Chown (2002) Die Suche nach dem Ursprung der Atome, Deutscher Taschen-buch Verlag, München, 315 Seiten, 16 €

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Einführung

380000a nach dem Urknall soll die Tempe-ratur des Universums auf unter 3000K gefallen sein; Elektronen und Atomkerne von H und He kombinierten zu neutralen Atomen. Strahlung konnte nicht mehr mit freien Elektronen wechselwirken, sondern sich frei fortpflanzen; das Universum wurde „durchsichtig“. Diese kosmische Hintergrundstrahlung wurde durch Deh-nung der Raumzeit zunehmend langwelli-ger und läßt sich heute im Mikrowellenbe-reich nachweisen; sie entspricht der Strahlung eines schwarzen Hohlraum-strahlers von (heute) 2.73K. Das „dunkle kosmische Zeitalter“ war mit der Bildung der ersten Sterne 200–300 Ma nach dem Urknall vorüber[6],[7].

Für die Bildung der Elemente schwerer als He im Universum (mit Ausnahme von Li, Be und B) ist die stellare Nukleosynthese verantwortlich. Die Lebensdauer von Ster-nen hängt direkt von ihrer Masse ab: Je massereicher der Stern, desto rascher ver-braucht er seinen Vorrat an Brennstoff. Am Ende der Lebensdauer von Sternen oberhalb von etwa 0.8 M� (M� = Masse unserer Sonne) steht ein Abwerfen der Gase der Hülle; dadurch gelangen auch schwerere Elemente in den interstellaren Raum und können als Saatmaterial für zukünftige Sterngenerationen dienen. Die erste Sterngeneration verfügte nur über H und He als Startmaterial; jüngere Sterne dagegen ent-halten zunehmend mehr Anteile an schwereren Elementen bei ihrer Bildung.

Sterne entstehen durch lokale Kontraktion besonders kalter Bereiche (<10K) von Molekül-wolken (Abbildung 3), wobei je nach Größe der Molekülwolke Hunderte oder gar Tausende von Sternen gebildet werden können. Die Akkretion eines Sternes von der Größe der Sonne mag dabei rasch vonstatten gehen (105a[8]). Nach Ende der Akkretion ist ein Stern von 1 M� erheblich größer als die Sonne und hat eine höhere Leuchtkraft; er kontrahiert nun unter dem Einfluß der Gravitation langsam weiter. Ein Stern von Sonnengröße durchläuft dann die T Tauri-Phase, bei welcher durch einen intensiven Sternenwind Gas und Staub aus der Umgebung fortgeblasen werden. Die Energie stammt in dieser Phase noch aus der Akkretion. T Tauri-Sterne sind Li-reicher als unsere Sonne; dies liegt wahrscheinlich daran, daß Li schon ab ca. 2.5×106K durch thermonukleare Reaktionen abgebaut wird[9]. Wenn durch die Kontraktion die Temperatur im Kern ca. 10×106K erreicht hat – bei einem Stern von 1 M� nach einigen 107a, werden die Fusionsreaktionen gezündet, die He aus H auf-bauen. Sterne mit Massen von mindestens 0.08 Sonnenmassen erreichen dieses Stadium. Die Fusionsreaktionen werden dabei durch einen stark temperaturabhängigen quantenme-chanischen Tunneleffekt ermöglicht; ohne diesen Mechanismus würde die Kernverschmel-zung erst bei Temperaturen in der Größenordnung von 10×109K ablaufen. Auf diese Art der Synthese von Helium aus Wasserstoff wurde zuerst von Houtermans* und Atkinson† hinge-wiesen, nachdem Gamow‡ den α-Zerfall als Konsequenz des Tunneleffekts gedeutet hatte.

* Friedrich Georg Houtermans (1903–1966), deutscher Physiker; nach dem zweiten Weltkrieg wandte er sich dem Gebiet der Altersbestimmung zu. Nach ihm ist das Holmes-Houtermans-Modell der Ent-wicklung der Pb-Isotopenzusammensetzung der Erde benannt (siehe Seite 125).

ABBILDUNG 3 Sternbildung im Nebel NGC1748 in der Großen Magellanschen Wolke. Derhellste (und heißeste) Stern hat eine Masse vonca. 45 M�. Der eher bescheiden aussehendeStern exakt im Zentrum hat ca. 30 M� und istfast 200000-mal heller als die Sonne. Sein hefti-ger Sternenwind hat bereits einen erheblichenTeil des Gase der Umgebung fortgeblasen undein „Loch“ von ca. 25 Lichtjahren Durchmessergeschaffen. Aufnahme des Hubble Space Tele-scope (http://oposite.stsci.edu/)

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A. Radiogene Isotopensysteme

Die stets ablaufende Fusionsreaktion (Proton–Proton-Zyklus) lautet

1H(p,e+ν)D(p,γ)3He(3He,2p)4He + 26.2 MeV[10] (MeV = Megaelektronenvolt) [GL 10]

Der Energiegewinn ergibt sich dabei (und bei allen anderen Fusionsreaktio-nen und in analoger Weise bei Zerfallsreaktionen) nach der Einsteinschen Gleichung E = mc2 aus dem Massendefekt*.

Der Stern erreicht mit die-sem Wasserstoffbrennen die sogenannte Hauptreihe im Hertzsprung–Russell-Diagramm † (HR-Dia -gramm, Abbildung 4). Bei etwas höheren Temperatu-ren von mehr als 14×106K gibt es eine konkurrierende Reaktion, die das Vorhan-densein von 12C voraus-setzt, welches die jüngeren Sterne aber bereits bei ihrer Ents tehung aus e iner molekularen Wolke erwor-ben haben; dies ist der CNO-Zyklus – nach den Entdeckern auch Bethe‡–Weizsäcker ¶ -Zyklusgenannt, bei dem C, N und O als Katalysatoren die-nen:

12C(p,γ)13N(e+ν)13C(p,γ)14N(p,γ)15O(e+ν) 15N(p,α)12C + 25.0 MeV [GL 11]

Oberhalb von ca. 20×106Kdominier t der CNO-Zyklus. Eine Nebenreaktion im CNO-Zyklus erzeugt zusätzliches 14N:

15N(p,γ)16O(p,γ)17F(e+ν) 17O(p,α)14N [GL 12]

† Robert d‘Escourt Atkinson (1898–1982) englischer Physiker und Astronom, lehrte ab den 1960er Jah-ren an der Indiana University

‡ George Gamow (1904–1968), russisch-amerikanischer Physiker; Gamow gilt mit seinen Studenten Ralph Alpher (1921–2007) und Robert Herman (1914–1997) auch als Erfinder der „Big Bang“-Hypo-these. Sie glaubten zunächst, alle Elemente seien beim Urknall entstanden und sagten die Existenz der kosmischen Hintergrundstrahlung voraus, die erst ≈20 Jahre später entdeckt wurde.

100000

10000

1000

100

10

1

0.1

0.01

0.001

50000 40000 20000 10000 7000 5000 3000 2000

Oberflächentemperatur [K]

Leu

chtk

raft

rel

ativ

zu

r So

nn

e

Spektralklasse

O B A F G K M

1000R�

100R�

10R�

1R�

0.1R�

0.01R�

0.001R�

Hauptreihe

Sonne

Weiße Zwerge

Zentralsterne

planetarischerNebel

B laueÜberr iesen

Rote

Überr iesen

Rote R iesen

Sonnen-radien

ABBILDUNG 4 Eine Version des HR-Diagramms. Nach dem Ste-fan-Boltzmann-Strahlungsgesetz ist die Leuchtkraft L proportio-nal zur Oberfläche (oder dem Quadrat des Radius) und zur vier-ten Potenz der Temperatur. Blaue Sterne sind heiß, rote sind kalt.Die meisten Sterne befinden sich in ihrer Entwicklung auf derHauptreihe (Wasserstoffbrennen im Kern). Während ihrer T Tau-ri-Phase sollte die Sonne heller (weil größer) und vielleicht etwaskühler gewesen sein als heute; ihre Position wird daher etwasoberhalb und rechts der heutigen gewesen sein. Wenn der Was-serstoff im Kern verbraucht ist, verlassen die Sterne die Hauptrei-he wieder nach rechts oben (massearme Sterne; die Sonne wirdzu einem Roten Riesen) bzw. rechts (massereiche Sterne).

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Einführung

Die Verweildauer eines Sterns auf der Haupt-re ihe des HR-Dia-gramms ist durch das Wasserstoffbrennen im Kern bestimmt und macht den weitaus längsten Te i l der Lebensdauer des Sterns aus. Diese wiederum hängt sehr stark von der Masse ab (verglei-che Tabelle 2); masse-arme Sterne verbrau-chen ihren Kernbrennstoff erheblich langsamer als massereiche.

* Beim Proton–Proton-Zyklus bilden sich letztlich aus 4 1H-Atomen insgesamt 1 4He-Atom, 2 Positro-nen und zwei Neutrinos; außerdem bleiben 2 der 4 Elektronen des Wasserstoffs übrig. Der Massen-defekt ergibt sich damit zu �m = 4×1.0078250 – 4.0026032 – 4×0.0005486 = 0.0265024 Massenein-heiten (die Neutrinos haben keine nennenswerte Ruhemasse) oder 0.0265024×1.6605402×10-27 = 4.40083×10-29 kg. Für die Energiefreisetzung erhält man damit �E = �m×c2 = 4.40083×10-29 [kg] ×2997924582 [m2/s2] = 3.95527×10-12 [kg m2 s-2 = J] bzw. 3.95527×10-12 / 1.602177×10-13 = 24.69 MeV. Dazu kommt noch die Vernichtungsstrahlung von Elektronen und Positronen (1.02 MeV je Elek-tron–Positron-Paar), also 26.73 MeV. Davon werden ca. 2% durch die Neutrinos davon getragen, die nicht nennenswert mit Materie wechselwirken und dem System daher verloren gehen; es ver-bleiben 26.2 MeV.

† benannt nach Ejnar Hertzsprung (1873–1967), dänischer Chemiker und Astronom, und Henry Norris Russell (1877–1957), amerikanischer Astronom an der Princeton University

‡ Hans Albrecht Bethe (1906–2005), deutsch-amerikanischer Physiker, seit 1935 an der Cornell Univer-sity in Ithaca, Nobelpreis für Physik 1967 für Arbeiten zur Energieumwandlung in Sternen; nach der Machtergreifung der Nazis in die USA emigriert.

¶ Carl Friedrich von Weizsäcker (1912–2007), Bethe und Weizsäcker erarbeiteten die Reaktionen dieses Zyklus unabhängig voneinander 1937–1939.

TABELLE 2: Verweildauer von Sternen auf der Hauptreihe des HR-Diagramms[8]

Masse [Sonne = 1]

Oberflächen–temperatur [K]

Leuchtkraft [Sonne = 1]

Zeit auf Haupt-reihe [Ga]

25 35000 80000 0.003

15 30000 10000 0.015

3 11000 60 0.50

1.5 7000 5 3

1 6000 1 10

0.75 5000 0.5 15

0.50 4000 0.03 200

3.4

3.3

3.2

3.1

3.0

2.9

2.8

3.5

4.3 4.2 4.1 4.0 3.9 3.8 3.7 3.6log TOberfläche

log

L/L

Gesamtdauer desH-Brennens im Kern65×106a

Kontraktionsphase2.2×106a

H-Brennen indicker Schale1.3×106a

He-Brennenin dickerSchale

H-Schale wirddünner 8×105a

He-Schale wirddünner; Expansion:AGB-Stern

erste Phase desHe-Brennens imKern 6×106a

Hauptphase desHe-Brennens imKern 9×106a

Konktraktion; He imKern geht zur Neige

konvektive Hülle wirdtiefer: Fusionsproduktegelangen an Oberfläche

konvektive Hülle wirdflacher, rasche Kon-traktion 106a

Beginn des 3α-Prozesses

Phase der RotenRiesen 5×105a

1

3

4 5

6

10

13

15

16

18

20

21

22

2317

ABBILDUNG 5 Entwicklung eines Sterns der Masse 5M�, nachdem er bei einer Oberflächentemperatur von 20000K und einer Leuchtkraft von 600L� die Hauptreihe des HR-Diagramms verläßt (Punkt 1); nach [10], leicht verändert

12

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A. Radiogene Isotopensysteme

Wenn etwa 95% des Wasserstoffs im Kern verbrannt sind, kontrahiert der Kern wieder, weil nun der Strahlungsdruck des Kerns nicht mehr ausreicht, die Gravitationskräfte zu kom-pensieren[10]; der Stern verläßt die Hauptreihe des HR-Diagramms (Abbildung 5). Wenn etwa 99% des H im Kern verbrannt sind, erlischt dort die Fusion. Der Kern kontrahiert wei-ter und kühlt wegen der fehlenden Wärmequelle ab. Durch die Kontraktion des Kerns wird Gravitationsenergie frei, wodurch die H-Schale um den Kern so weit erhitzt wird, daß dort eine Fusion von H nach He einsetzt. Kleine Sterne, bei denen die Masse ihres He-Kerns <0.5 M� ist (die Gesamtmasse <0.8 M�), schrumpfen bei zu niedriger Temperatur. Der nächste Schritt der Fusion, das He-Brennen, wird nicht mehr möglich, und ihre Entwick-lung ist beendet.

Diese H-Schale der größeren Sterne wird mit der Zeit dünner, der Kern aber durch die Anla-gerung von He durch das Schalenbrennen mächtiger. Als Folge kontrahiert der Kern rascher und wird wieder heißer. Andererseits brauchen die Photonen aus der Fusionsquelle nun keinen so weiten Weg mehr nach außen wie zuvor, so daß sie die äußere Hülle des Sterns stärker aufheizen, in welcher der Temperaturausgleich konvektiv erfolgt. Die Hülle dehnt sich erheblich aus: der Stern ist zu einem (Roten) Riesen geworden. Wenn die Sonne dieses Stadium erreicht, wird sie sich bis ungefähr an die Erdumlaufbahn aufblähen.

Infolge der effizienten konvektiven Durchmischung lassen sich Fusionsprodukte aus dem CNO-Zyklus (14N) in diesem Stadium auch in den Spektren der Sterne erkennen. Die Riesen sind nicht mehr in der Lage, ihre gesamte äußere Hülle an sich zu binden; Folge ist ein mehr oder minder starker Massenverlust, typischerweise von 0.1ppm M� pro Jahr. Als Roter Riese wird die Oberflächentemperatur der Sonne zwar geringer sein als die heutige, aber infolge der erheblich größeren Oberfläche wird ihre Leuchtkraft weit über der heuti-gen liegen (vergleiche die berechnete Änderung der Leuchtkraft für einen 5 M�-Stern in Abbildung 5 auf dem Weg von der Hauptreihe zum Roten Überriesen).

Wenn die Temperatur im He-Kern des Sterns infolge Kontraktion und das Hinzufügen von Masse aus dem H-Schalenbrennen ca. 90×106K erreicht hat, setzt das stark temperaturab-hängige He-Brennen der 3α-Reaktion ein:

4He(α,γ)8Be(α,γ)12C + 7.3 MeV [GL 13]8Be ist ein extrem instabiler Kern. Erst bei dieser hohen Temperatur wird die Reaktion ermöglicht; im thermodynamischen Gleichgewicht steht ein einziges Atom 8Be ca. 109

Atomen 4He gegenüber, und die Reaktion von He zu Be ist zudem endotherm (-0.1 MeV). Eine weitere wichtige Reaktion beim He-Brennen führt zum Sauerstoff:

12C(α,γ)16O + 7.16 MeV [GL 14]

Des weiteren werden unter Umständen noch Ne und Mg gebildet[11]:

16O(α,γ)20Ne + 4.73 MeV [GL 15]

20Ne(α,γ)24Mg [GL 16]

Als Nebenreaktion, die freie Neutronen liefert, die zum Aufbau schwererer Isotope und Ele-mente dienen können, sei genannt:

20Ne (p,γ) 21Na (e+ν) 21Ne (α,n) 24Mg [GL 17]

Das im CNO-Zyklus gebildete 14N kann temperaturabhängig reagieren zu

14N(α,γ)18F(e+ν)18O(α,γ)22Ne [GL 18]

Die letzte Teilreaktion erfordert besonders hohe Temperaturen und findet daher nicht immer statt. Aus diesen Reaktionen ist zu erkennen, daß die Nukleosynthese für die leich-ten Elemente (H, He, C, N, O) zu einer Dominanz der Isotope mit geraden Massenzahlen führt; Isotope von C, N und O treten beim H-Brennen nur untergeordnet auf.

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Einführung

Beim He-Brennen dehnt sich der Kern des Sterns als Folge der Wärmeproduktion aus. Die Hülle um den Kern wird kälter und das H-Brennen setzt dort aus. Die Hülle kontrahiert, und der Stern wird vorüber-gehend kleiner. In masseärmeren Sternen setzt das He-Brennen mit kurzfristigen Instabilitäten schlag-artig ein (der sogenannte Helium-Blitz). Wenn das He im Kern verbrannt ist, liegt ein Gemisch aus weitgehend C und O vor, zu dessen weiterer Fusion erheblich höhere Temperaturen nötig sind, die in Sternen mit einem C–O-Kern unterhalb ca. 1.44 M�

(der Chandrasekhar-Grenze*) nicht erreicht werden. Nach Verbrauch des He im Kern schrumpft dieser wieder; die frei werdende Gravitationsenergie bewirkt, daß die 3α-Reaktion in einer Hülle um den Kern zündet; um diese herum vollzieht sich weiter-hin die Verbrennung von H zu He: der Stern enthält einen zwiebelschalenförmigen Aufbau. Die Hülle dehnt sich wieder aus: der Stern wird größer als je zuvor. Unsere Sonne mag in diesem Stadium einen Durchmesser erreichen, der bis an die Umlaufbahn des Mars reicht. Massereiche Sterne (> ca. 8M�) wer-den noch größer; sie werden dann Überriesengenannt (Abbildung 6). Sterne auf diesem „asym-ptotischen Riesenast“ (kurz: AGB-Sterne – asympto-tic giant branch stars; Abbildung 5) des HR-Diagramms verlieren noch mehr Masse ihrer Hülle als im Stadium der Roten Riesen. Das Abstoßen der Hülle erfolgt dabei im Spätsta-dium periodisch und katastrophal, z.B. als Folge der He-Blitze beim He-Schalenbrennen. Während eines solchen Ereignisses wirft ein Stern mit einer Masse von weniger als ca. 8 M�

die gesamte noch verbliebene Hülle ab; es bleibt der ausgebrannte C–O-Kern als heißer Weißer Zwerg zurück, der infolge seiner intensiven UV-Strahlung die Gashülle zum Leuch-ten anregt. Diese ausgestoßenen Gashüllen (Abbildung 7) sind als Planetarische Nebel

bekannt, die sich innerhalb von 105 Jahren soweit vom Weißen Zwerg entfernt haben, daß sie aufhören zu leuchten. Die Gashülle des ehemaligen Sternes reichert damit das interstel-lare Medium mit schweren Elementen an, die in einer fernen Zukunft in neue Sterne ein-gebaut werden. Der Weiße Zwerg, typischerweise von der Größe der Erde und einer Dichte

* Subrahmanyan Chandrasekhar, indisch-amerikanischer Physiker (1910 – 1995), Nobelpreis 1983 für seine Arbeiten über die Sternentwicklung

ABBILDUNG 6 Der Rote Überriese Be-teigeuze (α-Orionis), ca. 600 Lichtjahreentfernt, ≈750-mal größer und 20-malschwerer als die Sonne sowie mit1000-mal höherer Leuchtkraft ver-sehen. Beteigeuze ist ein veritablerKandidat für eine „baldige“ (innerhalbvon vielleicht 105a) Supernova. Bilddes Hubble Space Telescope (http://antwrp .gs fc .nasa .gov/apod/ap980419.html)

ABBILDUNG 7 Der Planetarische Ringnebel M57 im Sternbild Leier, ca. 2000 Lichtjahre entfernt und rund 1 Lichtjahr im Durchmesser. Der Weiße Zwerg, der die Gase ausgestoßen hat, ist unmittelbar im Zentrum als Punkt zu sehen. Weiße Zwerge haben zu Beginn Oberflächentemperturen von 105 K und mehr (hier ca. 120000K). Der innere Ring des Nebels (blau-violett) be-steht aus heißem Wasserstoff; es folgt ionisierter Sauerstoff (grün). Das äußere Rot ist ionisierter Stickstoff. Die Farben ent-sprechen ungefähr den tatsächlichen. Nach unserem derzeitigen Verständnis der Sternentwicklung wird die Sonne in vielleicht 6 – 7 Ga als ein Weißer Zwerg enden, nachdem sie ihre Hülle als pla-netarischer Nebel abgeworfen hat (http://oposite.stsci.edu/).

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A. Radiogene Isotopensysteme

um 109kg/m3, kühlt sehr langsam ab, bis er nach vielleicht 1 Ga eine Temperatur um 5000 K an der Oberfläche erreicht hat.

In massereichen Sternen geht die Nukleosynthese weiter, und sofern ihre Anfangsmasse größer als ca. 8 M� ist, enden sie in einer Explosion. Bei einer Kerntemperatur um 0.6×109K setzt das Kohlenstoffbrennen ein[11]; Neutrinos werden für den Energietransport wichtiger als Photonen:

12C(12C,n)23Mg – 2.63MeV (endotherm) [GL 19]

12C(12C,α)20Ne + 4.62MeV [GL 20]

12C(12C,p)23Na + 2.24MeV [GL 21]

Die erste dieser Reaktionen verläuft stark temperaturabhängig; bei 0.8×109K ist die Wahr-scheinlichkeit dieser Reaktion nur 0.01%, bei 2×109K aber schon gut 5%; die beiden ande-ren Reaktionen laufen mit gleicher Wahrscheinlichkeit ab. Es tritt noch eine Vielzahl wei-terer Reaktionen mit Protonen, α-Teilchen und Neutronen auf. Insgesamt entstehen beim C-Brennen signifikante Mengen an 16O, 20Ne, 23Na, 24Mg und 28Si. Ab ca. 1×109K zerfällt 20Ne durch Photodisintegration:

20Ne(γ,α)16O [GL 22]

Die dabei frei werdenden α-Teilchen werden vor-wiegend durch noch vor-handenes 20Ne eingefan-gen und reagieren damit zu 24Mg und dieses mit einem weiteren α zu 28Si. Ab ca. 2×109K findet das Sauerstoffbrennen statt, wobei die beiden wichtig-sten Reaktionen zu Phos-phor und Silizium führen:

16O + 16O → 31P + p+ 7.68 MeV [GL 23]

16O + 16O → 28Si + α + 9.59 MeV [GL 24]

TABELLE 3: Entwicklungsstadien eines Sternes von 25 Sonnenmassen[8]

StadiumTemperatur im Kern [K]

Dichte im Kern [kg/m3] Dauer

H-Brennen 4×107 5×103 7 Ma

He-Brennen 2×108 7×105 0.5 Ma

C-Brennen 6×108 2×108 600 a

Ne-Brennen 1×109 4×109 1a

O-Brennen 1.5×109 1×1010 0.5 a

Si-Brennen 2.7×109 3×1010 1 Tag

Kernkollaps 5.4×109 3×1012 <1 s

Explosion ≈ 109 variabel Sekunden

56Fe →

26p+30n

3 4He → 12C 4

4He → 16O

4 16O → 56Fe + 2

4He

4 1H → 4He

1H, 4He

X 12C →

20Ne, 24Mg, 28Si, 32S, 40Ca

ABBILDUNG 8 Modell des Aufbaus eines massereichen Sternes unmittelbar vor seiner Explosion als Typ II-Supernova[10]. Nach Ablauf des Si-Brennens im Kern zerfällt das gebildete 56Fe in Protonen und Neutronen, und der Kern kollabiert zum Neutronenstern (gestrichelt ange-deutet), besonders massereiche Sterne wahrscheinlich sogar zu einem Schwar-zen Loch, aus dem nicht einmal mehr Photonen entweichen können.

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Einführung

Durch weitere Reaktionen bildet sich vor allem aus 31P das Isotop 32S, das am Ende des Sau-erstoffbrennens neben 28Si das häufigste Nuklid ist.

Bei weiter steigender Temperatur setzt ab ungefähr 2.7×109K das Siliziumbrennen ein. Dabei ist die direkte Verschmelzung von zwei 28Si-Kernen wegen der hohen Coulomb-Bar-riere (gegenseitige Abstoßung) nicht möglich. Hunderte von Einzelreaktionen bauen viele Isotope der Elemente bis hin zu Fe und Ni auf. Hier endet die Fusion, weil 56Fe die höchste Bindungsenergie aller Isotope je Nukleon aufweist; das bedeutet, daß zur Bildung der schwereren Elemente Energie zugeführt werden muß. Zudem werden unter stabilen Bedin-gungen im Kern eines Sternes keine genügend hohen Temperaturen erreicht, um schwerere Elemente durch Reaktionen mit geladenen Teilchen aufzubauen. Dazu sind freie Neutro-nen nötig, bei deren Einfang durch einen Atomkern keine Coulomb-Barriere überwunden werden muß.

Die Reaktionen vom Kohlenstoffbrennen bis zum Siliziumbrennen vollziehen sich zuneh-mend rascher (Tabelle 3). In der Modellvorstellung sollte jeder neue Schritt der Nukleosyn-these einher gehen mit dem Schalenbrennen des vorhergehenden Schrittes um den Kern herum. Um diese Schale herum befindet sich eine Schale, in welcher der nächst niedrige Fusionsschritt abläuft und so fort. Der Stern sollte demnach einen zwiebelschalenförmigen Aufbau zeigen (Abbildung 8). Nach Ablauf des Siliziumbrennens besteht der Kern weitge-hend aus 56Fe. Dichte und Temperatur sind nun so immens hoch geworden, daß die Pho-tonen eine genügend hohe Energie erreicht haben, um die Fe-Kerne spontan zu zerlegen:

56Fe(γ,4n)134He [GL 25]

4He(γ,2n)2p [GL 26]

Die Elektronen im Kern können, auch wenn sie sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, keinen genügend hohen Strahlungsdruck mehr aufbauen, um der Gravitation standzuhalten. Der Kern des Sterns kollabiert, und die Elektronen werden in die Protonen „gepreßt“ und reagieren mit diesen zu Neutronen und Elektronen-Neutrinos:

p + β– → n + ν [GL 27]

Der Kern des Sterns zerfällt in Sekunden-bruchteilen in einen extrem kompakten Neutronenkern von vielleicht 10 – 20 km Durchmesser bei einer Dichte von 4×1017 kg/m3 (Dichte von Atomker-nen) und einer Masse von 1.4 bis ≈ 3 M�. Damit ist der Kern nun extrem steif und nicht weiter komprimierbar, aber zunächst extrem heiß (1011 K). Die innere Hülle des Sterns fällt mit sehr hoher Geschwindigkeit nach unten, prallt am Kern ab und bildet eine nach außen gerichtete Schockwelle, welche zusammen mit einer Flut von Neutrinos (Neutrino–Antineutrino-Paare, die durch die extreme Hitze des Neutronenkerns gebildet werden und helfen, den Kern abzu-kühlen und ihn zu stabilisieren) die äußere Hülle des Sterns fortbläst. Der massereiche Stern hat eine Supernova-Explosion vom Typ II erlitten (Abbildung 9). Das Material um den Kern herum wird sich durch die Schockwelle und die Neutrinos stark aufheizen. Die

ABBILDUNG 9 Der Crab-Nebel in ≈6500 Lichtjah-ren Entfernung, Relikt eines Supernova-Ausbruchs,der nach chinesischen Quellen im Jahr 1054 sicht-bar wurde. In seinem Zentrum befindet sich (nichtsichtbar) ein Pulsar – ein Neutronenstern (http://www.spacete le scope .org/ images/html/heic0515a.html).

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A. Radiogene Isotopensysteme

Element- und Isotopenhäufigkeiten werden hier wahrscheinlich massiv verändert. Nach Berechnungen sollen insbesondere große Mengen an 44Ca, 48Ti, 49Ti, 52Cr, 55Mn und 56Fe gebildet werden[11]. Zurück bleibt ein extrem kompakter, heißer(106K an der Oberfläche) und rasch rotierender (Millisekunden) Neutronenstern von nur wenigen (101 km) Kilome-tern Durchmesser. Im Millisekundenbereich bis in den unteren Sekundenbereich pulsie-rende Radioquellen (Pulsare) werden Neutronensternen zugeschrieben.

Wenn die Masse des Kerns >3 M� ist, gibt es keinen Gleichgewichtszustand für die Materie mehr: der Kern kollabiert zu einem Schwarzen Loch, einer sogenannten Singularität. Selbst Licht kann dann innerhalb des Schwarzschild-Radius*

[GL 28]

nicht mehr entkommen (G = Gravitationskonstante [6.67×10-11m3/(kg × s2)], c = Lichtge-schwindigkeit [3×108m/s], M = Masse). Damit erhält man für ein Schwarzes Loch der Masse 5 M� (M� = 1.99×1030kg) einen Schwarzschild-Radius von lediglich ≈14750m! Bei Sternen mit einer Anfangsmasse von mehr als rund 25 M� endet der Kernkollaps in einem Schwar-zen Loch; damit ist wahrscheinlich keine Supernova-Explosion verbunden, sondern ein Gammastrahlenausbruch. Der Schwarzschild-Radius ist erstaunlicherweise proportional zu M und damit zum Volumen V und nicht proportional zu V1/3, so dass er mit der Masse überproportional wächst. Ein massives Schwarzes Loch im Kern einer Galaxie (1010 Son-nenmassen) hätte bereits einen Schwarzschild-Radius, der 2×105-mal dem Abstand Sonne–Erde entspricht.

Die Explosionshülle der Supernova breitet sich mit einigen Dutzend Kilometern pro Sekunde in den interstellaren Raum aus und reichert diesen mit vielen – auch schweren – Elementen des Periodensystems an. Das hat seine Ursache darin, daß in der Nähe des Neu-tronenkernes extrem hohe Neutronenflüsse zur Verfügung stehen, die, vom 56Fe der inner-sten Hülle des Sterns ausgehend, insbesondere neutronenreiche Isotope der schweren Ele-mente durch den sogenannten r-Prozeß aufbauen können (r für rapid; siehe Abbildungen 11 und 12 zur Erläuterung). Auch die Existenz von Th und U in der Natur läßt sich nur so erklären.

* benannt nach dem deutschen Physiker und Astronomen Karl Schwarzschild (1873–1916), Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam

ABBILDUNG 10 Eta Carinae, ca. 7500 Licht-jahre entfernt, mit ungefähr 120 M� einer der gewichtigsten bekannte Sterne (im Zentrum der zentralen Explosionswolke nicht auszumachen) in unserer Galaxis. Die äußere rote Hülle ist bei einer Explosion ent-standen, die um 1830 sichtbar gewesen ist und Eta Carinae damals zum zweithellsten Stern am Himmel gemacht hat. Eta Carinae ist rund 4×106-fach heller als unsere Sonne und hat bei der großen Masse eine nur ge-ringe Lebenserwartung (wenige Ma). Ster-ne dieser Masse gelten als extrem instabil und können jederzeit in einer „Hypernova“ enden, wobei der Kern direkt in ein Schwar-zes Loch zerfällt (mögliche Ursache „lan-ger“ Gammastrahlenblitze). Quelle: http://www.seds.org/

RGMc

MMSchwarzschild

Kern= ≈232

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Einführung

Viele andere Isotope der schweren Elemente entstehen durch den s-Prozeß (s für slow, Abbildungen 11 + 12) bei geringen Neutronenflüssen über vergleichsweise lange Zeit. Als Entstehungsumgebung werden die Hüllen massereicher Sterne (>8 M�) genannt, die sich irgendwann zu Supernovae entwickelt haben bzw. entwickeln werden, und die inneren Hüllen der AGB-Sterne*. Dort werden durch Nebenreaktionen wie

22Ne(α,n)25Mg [GL 29]

13C(α ,n)16O [GL 30]

freie Neutronen gebildet, die von anderen Kernen wieder eingefangen werden können. Vor allem die erste dieser beiden Reaktionen soll in den massereichen Sternen von entschei-dender Bedeutung sein[13].

ABBILDUNG 11 Die drei für die Bildung der schwereren Elemente in Sternen relevanten Pro-zesse: Beim s-Prozeß (blaue Pfeile und Linien) fängt ein stabiler Atomkern ein Neutron ein; es entsteht ein Isotop desselben Elementes mit einer um 1 höheren Massenzahl. Wenn dieses Isotop stabil ist, werden weitere Neutro-nen eingefangen, solange bis ein instabiles Isotop gebildet wird, dessen β–-Halbwertszeit klein ist im Vergleich zur mittleren Zeitdauer für den Einfang eines weiteren Neutrons. Das Isotop zerfällt dann in ein gleich schweres Iso-top des Elementes mit der nächst höheren Ordnungszahl (gestrichelte rote Linien). Beim r-Prozeß (rote Pfeile und gestrichelte Linien – diese kennzeich-nen generell in der Skizze den β–-Zerfall) ist die Zahl der zur Verfügung ste-henden Neutronen so groß (die mittleren Einfangszeiten für Neutronen durch ein Nuklid liegen in der Größenordnung von 10-4s), daß radioaktive Isotope weitere Neutronen einfangen, bevor die β–-Zerfallsrate überwiegt.

* Paul W. Merrill (1887–1961) identifizierte 1952 Tc in Spektren von einigen Roten Riesen. Da das längstlebige Isotop, 98Tc, nur eine Halbwertszeit von 4.2 Ma hat, muß das Tc in den Riesensternen entstanden sein. Das wurde als Indiz für das Ablaufen des s-Prozesses in solchen Sternen gewertet.

p

p

(n,γ)

nur s

nur snur s

nur s

s, rs, r

s, r

s, r

s, r

s, rs, r

Neutronenzahl N

s, rs, r

r

rr

r

β-

β-

Pro

ton

enza

hl Z

18

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A. Radiogene Isotopensysteme

Es entstehen neutronenreiche Nuklide. Erst wenn auf diese Weise Nuklide mit sehr kurzen Halbwertszeiten entstanden sind (diese Nuklide haben 10 – 20 Neutronen mehr als das schwerste stabilste Isotop des betreffenden Ele-mentes), vollzieht sich der β–-Zerfall rascher als der Einfang eines weiteren Neutrons. Die Dauer des r-Prozesses wird mit Sekunden angegeben; des-halb muß als Ursache ein explosiver Prozeß angenommen werden, z.B. eine Supernova. Inzwischen wird auch die Kollision zwischen zwei Neutronen-sternen eines Doppelsternsystems als Mechanismus diskutiert; dabei bilden sich nach Simulationen Spiralarme um ein massives Zentralobjekt (das zu ei-nem Schwarzen Loch wird?), in denen bei rascher Druckentlastung und ex-tremen Temperaturen eine Vielzahl von Nuklearreaktionen ablaufen könnte. Insgesamt 32 stabile Nuklide auf der neutronenarmen Seite der Elemente sind weder dem s- noch dem r-Prozeß zugänglich. Diese Nuklide sind stets mit nur geringen Häufigkeiten am Aufbau des jeweiligen Elementes betei-ligt. Für ihre Bildung wird ein p-Prozeß angenommen (p für Protonenein-fang). Im Innern massereicher Sterne stehen kurz vor oder bei einer Supernova-Explosion bei Temperaturen von 2 – 3×109K wahrscheinlich ge-nügend Protonen zur Verfügung, um aus den im s-Prozeß (oder r-Prozeß) gebildeten Nukliden durch (p,γ)-Prozesse die neutronenarmen Nuklide zu erzeugen. Bei diesen extremen Temperaturen sind (γ,n)-Prozesse (Photodi-sintegration) eine Alternative. Umgezeichnet nach [11]; siehe auch [12].

ABBILDUNG 12 Illustration der s-, r- und p-Prozesse am Beispiel des Zinns. Sn ist das Element mit den meisten stabilen Isotopen (10), bedingt durch eine „magische“ Pro-tonenzahl (hier: 50). Der s-Prozeß verläuft über die stabilen Cd-Isotope, bis mit dem 115Cd ein Isotop erreicht ist, daß mit einer Halbwertszeit von 54h durch β–-Zerfall in 115In übergeht. Daraus bildet sich über Neutroneneinfang 116In, das mit einer Halbwertszeit von 13s in 116Sn zerfällt. Dieses ist durch das stabile 116Cd von einer Bildung über den r-Prozeß abgeschirmt, also ein reines „s-Isotop“. Durch erneuten Neutroneneinfang geht 116Sn in die stabi-len Isotope 117Sn bis 120Sn über. Diese vier Nuklide können aber genausogut durch den r-Prozeß entstehen, weil es keine stabilen Isotope leichterer Ele-mente mit diesen Massenzahlen gibt, so daß deren β–-Zerfall erst bei 117Sn bis 120Sn endet. Wenn 120Sn ein weiteres Neutron einfängt, entsteht radio-aktives 121Sn, das mit einer Halbwertszeit von 27h in stabiles 121Sb zerfällt. Die stabilen Isotope 122Sn und 124Sn können deswegen nicht (oder nicht in beträchtlicher Menge) durch den s-Prozeß entstehen, sondern sind reine r-Prozeß-Nuklide. Für die stabilen Isotope 112Sn, 114Sn und 115Sn gibt es keine

Cd, 48

In, 49

Sn, 50

Sb, 51

110 111 112 113 114 116

113 115

112 114 115 116 117 118 119 120 122 124

121 123

p-Prozeß

nur s s + r s + r s + r s + r

12.5% 12.8% 24.1% 12.2% 28.7% 7.5%

62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

4.3%

57.4%

95.7%

42.6%

1.0% 0.65% 0.35% 14.5% 7.7% 24.2% 8.6% 32.6% 4.6% 5.8%

⎫ ⎪ ⎪ ⎬ ⎪ ⎪ ⎭

Z

N

54h

112d

13s

27h 40m

2.8d

r-Prozeß

Pfad des s-Prozesses

nur r-Prozeß

nur r nur r

⎧ ⎨ ⎪ ⎪ ⎩

19

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Einführung

Bildungsmöglichkeiten durch s- oder r-Prozeß. Sie sind daher p-Prozeß-Nu-klide, was auch durch die geringe Häufigkeit nahegelegt wird. 115Sn könnte z.B. entstehen, wenn durch ein hoch energetisches Photon ein Neutron aus 116Sn entfernt wird. 114Sn könnte durch Protonenbeschuß von 113In (eben-falls ein p-Nuklid) erzeugt werden. Verändert nach [11] bzw. [17].

Der sogenannte p-Prozeß (p für Protoneneinfang und/oder Photodisintegration) schließ-lich ist für die Entstehung neutronenarmer stabiler Nuklide relevant (Abbildungen 11 und 12). Welche Isotope der schweren Elemente dem s- und welche dem p-Prozeß zugänglich sind, läßt sich Abbildung 13 entnehmen.

ABBILDUNG 13 Die Bildung der Isotope der schweren Elemente durch s- und r-Prozeß. Der s-Prozeß folgt der blauen Kurve und endet beim 209Bi. Stabile Isotope eines Elementes mit ungerader Massenzahl haben in der Regel höhere Einfang-querschnitte für Neutronen als solche mit gerader Massenzahl. Erstere wer-den daher bevorzugt durch weiteren Neutroneneinfang beim s-Prozeß abgebaut. Daher sind die Isotope eines Elementes mit ungerader Massen-zahl in der Natur meist geringer als die Isotope mit gerader Massenzahl (das-selbe gilt auch für die Elemente mit gerader und ungerader Ordnungszahl, Abbildung 14). Die Existenz eines s-Prozesses ist belegt, seitdem 1952 in den Spektren von Roten Riesen das Element Tc nachgewiesen wurde[14]. Tc besitzt keine stabilen isotope. Die beiden längstlebigen Isotope weisen nur Halbwertszeiten um 4 Ma auf. Tc muß daher tief im Innern der Riesen syn-thetisiert und konvektiv an ihre Oberfläche transportiert werden. Durch den r-Prozeß entstehen neutronenreiche radioaktive Nuklide mit kurzen Halb-wertszeiten (durch die hellroten Felder ausgewiesen), die 10 bis 20 Neutro-nen mehr enthalten als stabile Isotope der jeweiligen Elemente. Durch mehrfache β–-Zerfälle entstehen stabile Isotope von Elementen mit höherer Ordnungszahl (rote Punkte). Dem r-Prozeß sind auf diese Weise Elemente bis zur Massenzahl von etwa 270 zugänglich. Bei den „magischen“ Neutro-nenzahlen 82 und 126 entsteht ein Rückstau, weil solche Nuklide im Ver-gleich zu den benachbarten stabiler sind und besonders kleine

N =

50

100

100

90

90

80

80

70

70

60

60

50

50

40

40

30

20110 120 130 140 150 160 170 180 190

Neutronenzahl N

Pro

ton

enza

hl Z

Zr

SeGe

KrSr

MoRu

PdCd

SnTe

XeBa

CeNd

SmGd

DyEr

YbHf

WOs

PtHg

PbPo

RnRa

ThU

PuCm

CfFm

Z = 28

N =

82

A = 130

A = 138

Seltene Erden

Z = 50

N =

126

Z = 82

A = 195

A = 208U + Th

r-Prozeß-Pfadfür T = 109K

Spal

tung

in z

wei

ung

leic

h gr

oße

Kern

e

N =

184

r-Prozeß-Nuklides-Prozeß-Pfad

β --Zerfall

von Fe

0.5s

2s

4s

Zeit für einen Aufbau-zyklus ca. 5s

20

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A. Radiogene Isotopensysteme

Neutroneneinfangquerschnitte aufweisen. Ein zunächst entstandenes Sr- oder Y-Isotop mit 82 Neutronen wird demnach kein weiteres Neutron auf-nehmen, sondern β–-Zerfälle in andere Elemente erleiden, bevor weitere Neutronen eingefangen werden. Nach [11] bzw. [17], verändert.

ABBILDUNG 14 Normierte Häufigkeit der Elemente im Sonnensystem[15],[16]. Der starke Ab-fall von Sauerstoff bis Titan spricht sehr für den Ursprung dieser Elemente durch Fusionsprozesse. Besonders häufig unter diesen Elementen sind Nukli-de mit Massenzahlen, die ganze Vielfache von 4 (He!) darstellen (12C, 16O, 24Mg, 28Si, 32S, 40Ca, 44Ca, 48Ti, 52Cr, 56Fe). Jenseits von Fe oder Ni werden die Elemente durch Neutroneneinfang gebildet. Markant ist die im Vergleich zu den benachbarten Elementen geringere Häufigkeit der Elemente mit un-gerader Ordnungszahl (mit wenigen Ausnahme Nuklide mit ungerader An-zahl an Protonen und gerader Anzahl an Neutronen); dies ist Ausdruck der höheren Wirkungsquerschnitte für Neutroneneinfang der Elemente mit un-gerader Ordnungszahl. Die solare Häufigkeit der Elemente entspricht nähe-rungsweise (mit Ausnahme von H und He) auch der „kosmischen Häufigkeit“, wie sie in der Photosphäre vieler Sterne gemessen werden kann. Das Rohmaterial, aus dem die Sterne entstehen, scheint demnach zumin-dest in unserer Galaxis relativ gut durchmischt zu sein. Im Detail mag sich dieser Schluß allerdings als nicht ganz korrekt erweisen. Im galaktischen Halo gibt es viele alte (kleine) Sterne, während im Zentrum der Milchstraße viele massereiche junge existieren. Die stellare Entwicklung – und damit die Verteilung von schweren Elementen – wird sich daher im Zentrum von Ga-laxien erheblich rascher vollziehen als im Halo.

10-2

10-1

100

101

102

103

104

105

106

107

108

109

1010

Häu

figke

it re

lati

v zu

106 A

tom

en S

i

Th

Th

U

U

H

H

He

He

Li

Li

Be

Be

B

B

C

C

N

N

O

O

F

Ne

Ne

Na

Mg

Al

Al

Si

Si

P

S

S

Cl

Ar

Ar

K

K

Ca

Ca

Sc

Ti

V

Cr

Cr

Mn

Mn

Fe

Fe

Co

Ni

Ni

Cu

Cu

Zn

Zn

Ga

Ge

As

Se

Br

Kr

Rb

Rb

Sr

Sr

Y

Zr

Nb

Mo

Mo

Tc

Ru

Rh

Pd

Pd

Ag

Ag

Cd

In

Sn

Sb

Te

I

I

Xe

Xe

Cs

Ba

La

Ce

Ce

Pr

Nd

Nd

Pm

Sm

Sm

Eu

Gd

Tb

Dy

Ho

Er

Tm

Yb

Lu

Hf

Hf

Ta

W

Re

Re

Os

Os

Ir

Pt

Pt

Au

Hg

Tl

Pb

Pb

Bi

La

Lu

in den ersten Minuten nach dem Urknall entstanden

entsteht in Sternen der Hauptreihe (z.B. unserer Sonne) durch H-Verbrennung

entstehen in Molekülwolkendurch Reaktionen mitkosmischer Strahlung

Elemente, die in Roten Riesensynthetisiert werden

Elemente, die in Typ II-Supernovae (r-Prozeß) undin Roten Riesen (s-Prozeß) gebildet werden

21

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Einführung

Abbildung 14 zeigt die Häufigkeit der Elemente im Sonnensystem. Auffällig ist die sehr geringe Häufigkeit der leichten Elemente Li, Be und B. Diese werden bei der stellaren Nukleosynthese weitgehend ausgeschlossen. Das bei der primordialen Nukleosynthese entstandene 7Li wird in Sternen sogar bereits ab ca. 3×106K durch Reaktion mit Protonen weitgehend zu He abgebaut (Li-Gehalte in T Tauri-Sternen sind höher als in Sternen der Hauptreihe des HR-Diagramms). Man nimmt an, daß Li, Be und B ihre Existenz zum gro-ßen Teil Spallationsreaktionen in molekularen Wolken verdanken. Hochenergetische kos-mische Partikelstrahlung (insbesondere Protonen, α-Teilchen) trifft auf die Kerne schwere-rer Elemente (C, N, O) und zerlegt sie. Li, Be und B entstehen demnach nicht durch den Aufbau aus leichteren, sondern durch die Zerstörung schwererer Elemente.

In Abbildung 15 ist ein Vergleich der Häufigkeiten der leichteren Elemente gegeben, wie sie in Supernovae vom Typ II und vom Typ Ia beobachtet werden*. Diese Modellrechnungen scheinen zu zeigen, daß eine bessere Überein-stimmung zwischen Supernovae vom Typ II und der Materie des Sonnensystems besteht als zwi-schen Typ Ia-Supernovae und dem Sonnensystem, mithin, daß das Material des Sonnensystems in massereichen Sternen syntheti-siert worden ist. Einschränkend ist zu sagen, daß die Häufigkeiten der leichten Elemente niedriger wer-den, wenn man für die Rechnun-gen eine kleinere Masse für den Stern annimmt, der in der Super-nova vom Typ II explodiert, als 25 M�

[10].

Die molekulare Wolke, aus wel-cher das Sonnensystem entstan-den ist, mag den Sternenstaub von ≈103 vergangenen Stern enthalten haben[22]. Mit einem Massenanteil von ≈1.6% an Elementen schwerer als Helium gilt die Sonne als Stern der dritten Generation. Die ersten Sterne im Universum hätten nur Wasser-stoff und Helium als Brennmaterial gehabt und die ersten schweren Elemente erzeugt, wel-che die Sterne der zweiten Generation bei ihrer Bildung bereits zur Verfügung gehabt hät-ten.

Der Hinweis auf die Existenz von radioaktiven Nukliden mit kurzen Halbwertszeiten (siehe Kapitel 16.2, Seite 195 und Kapitel 16.3, Seite 199) im frühen Sonnensystem erfordert , daß der (letzte) Supernova-Ausbruch, der Material in der präsolaren Wolke deponiert hat, allen-falls einige 107a vor der Bildung der Meteorite erfolgt sein kann, in denen Hinweise auf sol-che ausgestorbenen Nuklide gefunden wurden. Das Sonnensystem ist eventuell nicht an der Stelle unserer Galaxis geboren worden, an der es sich heute befindet, sondern gut 6000 Lichtjahre näher am Zentrum[20]. Die größere Materiedichte dort könnte einen größeren Anteil an schweren Sternen mit entsprechend geringer Lebensdauer, eine höhere Dichte an Sternen je Volumeneinheit und eine größere Häufigkeit an Supernova erzeugt haben als im Bereich des Spiralarms, an dem sich die Sonne heute befindet.

Chondritische Meteorite enthalten in ihrer feinkörnigen Grundmasse geringe Mengen (einige 100 ppm) an nicht säurelöslichen Rückständen von nm- bis μm-großen Mineralen

1

0

-1

-2

-310 20 30 40 50 60

SN II

SN Ia

CO

NeMg

Al

Si

P

S

Ca

Mn

Cr

V

TiSc

Massenzahl

log

Häu

figke

it re

lati

v zu

r sol

aren

Häu

figke

it

Fe

ABBILDUNG 15 Vergleich der normierten (auf solareHäufigkeit und auf 56Fe) Elementhäufigkeiten zwischenSupernovae vom Typ Ia und (für 25 M�) vom Typ II. Ins-besondere bei den leichten Elementen (gelber Bereich)entsprechen die Häufigkeiten der Supernovae II der sola-ren Häufigkeit besser. Daraus hat man geschlossen, daßSupernovae dieses Typs den Hauptteil der Masse liefern,die in molekularen Wolken das Rohmaterial für neueSternengenerationen darstellen. Umgezeichnet nach

22

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A. Radiogene Isotopensysteme

wie SiC, C (Mikrodiamanten und Graphit), Al2O3, Si3N4 und MgAl2O4 (Spinell) mit varia-blen und z.T. exotischen Isotopenzusammensetzungen. Nachdem der Ursprung dieses Materials lange zeit enigmatisch war, glaubt man inzwischen, daß sie präsolare Körner dar-stellen. Auf Grund der Isotopenzusammensetzungen könnten sie sich in Roten Riesen gebildet haben und mit dem starken Sternenwind dieser Giganten in den interstellaren Raum verdriftet worden sein. Andere Isotopenzusammensetzungen deuten auf eine Entste-hung in Supernovae hin. Leicht lesbare Zusammenfassungen dazu bieten [18] und [19].

* Supernovae vom Typ I unterscheiden sich von denen des Typs II durch das Fehlen von Wasserstoff-linien in ihren Spektren. Supernovae vom Typ Ia entstehen vermutlich, wenn in einem engen Dop-pelsternsystem aus einem Weißen Zwerg (M� ≥ 1) und einem massereichen großen Begleiter (einem Roten Riesen) Material auf den Weißen Zwerg überströmt, das an dessen Oberfläche sporadisch zu Helium oder Kohlenstoff fusioniert wird (Novae-Ausbrüche), oder wenn zwei Weiße Zwerge inein-anderstürzen[21]. Wenn dabei die Chandrasekhar-Masse von ca. 1.4 M� überschritten wird, wird der Stern instabil und kollabiert. Die dabei frei werdende thermische Energie bewirkt eine explosions-artige Elementsynthese im Weißen Zwerg, beginnend mit Kohlenstoffbrennen, bis hin zu 56Ni, das über 56Co (Halbwertszeit ca. 77 Tage) in 56Fe zerfällt. Die bei diesem Zerfall freigesetzte γ-Strahlung macht Supernovae vom Typ Ia zu den hellsten aller Supernovae. Die insgesamt frei werdende Ener-gie reicht aus, um den Stern in einer thermonuklearen Explosion vollständig zu zerstören. Da die Ausgangssterne ungefähr dieselbe Masse haben, sind die bei der Explosion ablaufenden Prozesse dieselben und daher auch die Leuchtkurven beim anschließenden radioaktiven Zerfall. Supernovae vom Typ Ia werden daher als „kosmische Leuchtfeuer“ benutzt, um den Abstand zu weit entfernten Galaxien zu ermitteln. Im Unterschied dazu entstehen Novae durch denselben Mechanismus des Überströmens von Wasserstoff auf einen Weißen Zwerg, wenn dessen Masse deutlich unterhalb der Chandrasekhar-Grenze bleibt; es findet dann nur Kernfusion des übergeströmten Wasserstoffs statt. Supernovae der Typen Ia und II sind ungefähr gleich häufig und ereignen sich in unserer Galaxis im Schnitt zusammengenommen zwei- bis dreimal pro Jahrhundert. Supernovae der Typen Ib (kei-ne H-, aber He-Linien in den Spektren) und Ic (weder H- noch He-Linien) lassen sich vermutlich auf einen Kernkollaps zurückführen und unterscheiden sich damit nicht vom Typ II[23]. Wasserstoff (Typ Ib) bzw. sowohl Wasserstoff als auch He (Typ Ic) wurden zuvor vom Stern abgestoßen. Für eine Supernova aus dem Jahr 1993 im Spiralnebel M81, die zu Beginn wie eine Typ-II-Supernova er-schien und innerhalb einiger Wochen die Charakteristika einer Typ-Ib-Supernova annahm, wurden inzwischen starke Hinweise auf die Existenz eines massereichen Begleiters gefunden[24].

23

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Einführung

2.5 MassenspektrometrieDie Entwicklung der Isotopengeochemie zu einem der leistungsfähigsten Bereiche der Geo-wissenschaften wäre nicht möglich gewesen ohne die Erfindung und Entwicklung geeigne-ter Meßgeräte, den Massenspektrographen, mit deren Hilfe Isotopenverhältnisse i.a. wesentlich genauer gemessen werden können als mit den ursprünglich allein zur Verfü-gung stehenden Zählrohren. Mit den letzteren lassen sich außerdem ja nur Zerfallsprozesse registrieren, d.h. man hat keinen Zugang zu den stabilen Endprodukten des Zerfalls, also den Tochternukliden (siehe Zerfallsgleichung).

Die ersten massenspektrographischen Arbeiten wurden von dem englischen Physiker J.J. Thomson* mit einem von ihm entwickelten „Parabelspektrographen“ in Cambridge durch-geführt. Bei diesem Gerät wird ein Strahl positiv geladener Ionen durch ein elektrisches und ein diesem parallelen Magnetfeld abgelenkt. Ionen gleicher Masse, aber unterschiedli-cher Energie können auf einer Photoplatte entlang einer Parabel nachgewiesen werden. Damit gelang es Thomson 1910 zu zeigen, daß Neon aus verschiedenen Atomarten zusam-mengesetzt ist, den Isotopen 20Ne und 21Ne. 1918/19 wurde diese Bauart des Massenspek-trographen unabhängig voneinander durch F.W. Aston† in Cambridge und A.J. Dempster‡

an der University of Chicago verbessert durch Entwicklung von Fokussierungsverfahren (meist Doppeltfokussierung), die es erlaubten, den Ionenstrahl zu bündeln und höhere Strahlenintensitäten zu erzielen.

ABBILDUNG 16 prinzipieller Aufbau eines Massenspektrometers

Der heutige Typ des Massenspektrometers (-„meter“ weil die Registrierung des Ionenstroms nicht mehr durch Belichtung von Photoplatten erfolgt, sondern kontinuierlich durch elek-tronische Messung) geht zurück auf ein Design des einfachfokussierenden Gerätes, das A.O. Nier¶ 1940 einführte. Ein solches Massenspektrometer, das schematisch in Abbildung 16 wiedergegeben ist[25], besteht aus drei wesentlichen Teilen, (i) der Ionenquelle, (ii) dem Analysator mit Trennrohr und Elektromagnet und (iii) dem Kollektor, einem Faraday-becher oder Elektromultiplier.

* Joseph John Thomson (1856–1940), englischer Physiker, Professor in Cambridge, entdeckte 1897 das Elektron, Nobelpreis für Physik 1906

† Francis W. Aston (1877–1945), Schüler von J. J. Thomson, erhielt 1922 für die Konstruktion des Mas-senspektrographen den Physik-Nobelpreis. Mit diesem Instrument konnte er in den folgenden Jah-ren 212 natürlich vorkommende Isotope identifizieren.

‡ Arthur Jeffrey Dempster (1886–1950), amerikanischer Physiker, Entdecker von 235U¶ Alfred Otto Nier (1911–1994) amerikanischer Physiker an der University of Minnesota; er bestimmte

als Erster die Isotopenzusammensetzung des Urans.

V

60°

Vakuum-pumpe

Ionen-quelle

Durchführungen fürBeschleunigungsspannung

und Filamentstrom

Kollektor

Analysator

zur digitalenSignalaufzeichnung

ElektromagnetIonenstrahl

24

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A. Radiogene Isotopensysteme

Werden feste Proben ana-lys ie r t , dann i s t d ie Ionenquelle eine soge-nannte Thermionen-quelle (siehe Abbildung 17[26]), das Massenspek-trometer ein Thermio-nenmassenspektrometer, und das Verfahren wird als TIMS (thermal ioniza-tion mass spectrometry) abgekürzt. Dabei wird die Probe – ein chemisch rein aus einem Gestein oder Mineral isoliertes Metall-salz – auf ein schmales (≈1mm breites, ≈10mm langes ≈0.02mm dickes) Bändchen aus einem hochschmelzenden Metall (Re, Ta, W) aufge-tragen. Die Ionisierung erfolgt beim Austritt des Metalls (z.B. Sr, Nd, Pb) aus der glühenden Oberfläche des Filamentes. Die positiv geladenen Ionen werden dann in einem Hochspan-nungsfeld in der Ionenquelle beschleunigt (typischer Wert: 8kV) und auf einen Eintritts-spalt gegen das Trennrohr hin fokussiert. Im Trennrohr gelangt der Ionenstrahl in das magnetische Sektorfeld eines Elektromagneten, dessen Polschuhe so ausgerichtet sind, daß die magnetischen Feldlinien senkrecht zur Flugrichtung der Ionen stehen (Abbildung 19). Ein solches magnetisches Sektorfeld wirkt auf Ionen verschiedener Masse und Energie ähn-lich wie ein optisches Prisma auf Strahlung von unterschiedlicher Frequenz. Die Ionen werden auf Kreisbahnen abgelenkt, entsprechend ihrem Verhältnis von Masse m zu Ladung e, mit anderen Worten, die Ablenkung von der geraden Flugrichtung ist umso grö-ßer, je kleiner die Masse oder größer die Ladung ist (I.a. dampfen aber nur die einwertigen Metallionen vom Filament ab, also z.B. Sr+, Nd+, Hf+).

Die auf diese Weise den Massen entspre-chend separierten Ionen fliegen dann auf getrennten Bahnen weiter zum Kol-lektor, meist ein oder mehrere Metallbe-cherchen (Faradaybecher). Das Magnet-feld wird so eingeregelt, daß einer der Ionenstrahlen (der also eine einzige Masse repräsentiert, z.B. 87Sr) einen Schlitz in einer vor dem Faraday ange-brachten Platte durchfliegt und im Fara-daybecher aufgefangen wird, während die übrigen Strahlen (z.B. 84Sr, 86Sr und 88Sr) auf die geerdete Schlitzplatte oder bereits vorher auf die Wände des Trenn-rohrs prallen und neutralisiert werden. Die durch den Ionenstrom dem Auffän-ger zugeführte Ladung wird über einen hochohmigen Widerstand – typischer-weise 1011Ohm – abgeleitet. Die Span-nungsdifferenz, die auf diese Weise an den beiden Enden des Widerstandes erzeugt wird, wird verstärkt und mit einem Digitalvoltmeter (DVM) gemes-sen. Ein typischer Wert für den Ionenstrom, der z.B. bei einer Sr-Analyse für das häufigste Isotop (88Sr) eingestellt wird, ist 1–2×10-11A, was sich auf dem DVM in 1–2 Volt umsetzt. Im

Schema einer Ionenquelle

Ionisierungsbändchen [Re, Ta, W]

Ziehblende [z.B. 1750V]

Abschirmblende [z.B. 1580V]

Fokussierungslinsen [z.B. 1580V]

y-Ablenkung [z.B. 0-50V]z-Ablenkung [z.B. 300V]

Eintrittsspalt [0V]

ABBILDUNG 17 Schema des Aufbaus der Ionenquelle eines Therm-ionenmassenspektrometers

ABBILDUNG 18 Links ein Einzelfilament, auf dasdie zu analysierende Substanz aufgetragen wird.Rechts ein Dreifachfilament; hier wird die Sub-stanz auf die beiden Seitenfilamente aufgetragen,von denen sie natürlich auch abgedampft werden.Das Zentralfilament dient zur Kontrolle der Ionisa-tion [aus P.J. Potts (1992) A Handbook of SilicateRock Analysis, Blackie, Glasgow, 622 Seiten.].

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Einführung

Fall eines Massenspektrometers mit nur einem Kollektor werden die verschiedenen Ionen-strahlen eines Elementes im Abstand von einer oder mehreren Sekunden in den Faraday-becher geschickt, indem man das Magnetfeld des Elektromagneten variiert. Schneller wäre und denselben Effekt hätte es, anstatt dessen die Beschleunigungsspannung zu verändern. Das führt jedoch zur Defokussierung der Ionenoptik und wird deshalb in der Praxis nicht gemacht.

Bei der derzeitigen Genera-tion der Thermionenmas-senspektrometer besteht der Auffänger aus mehreren (bis zu neun) einzelnen wenige mm brei ten Faradaybe-chern, so daß meistens alle Ionen e ines E lementes gleichzeit ig in separate Becher aufgefangen werden. Da bei einem solchen Multi-kollektor natürlich jeder Becher se inen e igenen Ableitwiderstand hat und mit einem separaten DVM verbunden ist, spart man mit dieser Methode erheb-l i ch an Meßze i t und erreicht, zumindest prinzipiell, auch eine höhere Präzision.

Noch einige Bemer-kungen zur Bewe-gung der Ionen im Magnetfeld:

Durch die Beschleu-nigungsspannung Vin der Ionenquelle nimmt ein Ion der Masse m und Ladung e die kineti-sche Energie

E = eV = 1/2 mv2 [J = N×m = kg×m2/s2] [GL 31]

auf , wobei v d ie Geschwindigkeit des Ions ist. Beim Ein-tritt ins Magnetfeld der F lußdichte B(Tes la = V × s /m 2 ) werden diese Ionen auf Kreisbahnen mit Radius r abgelenkt. Die Ablenkung ergibt sich aus einem Gleichgewicht zwischen der magnetischen Kraft B×e×V und der Zentripetalkraft m×v2/r:

B×e×v = m×v2/r [GL 32]

Bildkurve A' A''3

A''2

A''1

Φm

ABBILDUNG 19 Prismenwirkung eines homogenen magneti-schen Sektorfeldes; Abbildung eines ionenemittierenden Punk-tes A' durch ein magnetisches Sektorfeld mit dem Sektorwinkelfm für drei verschiedene Massen bei senkrechtem Eintritt desMittelstrahls des Ionenbündels ins Sektorfeld; Ionen verschiede-ner Massen und gleicher Energie gelangen längs der Bildkurve

, , zur Fokussierung. A1'' A2

'' A3''

ABBILDUNG 20 Ansicht eines Thermionenmassenspektrometers [Micro-mass Sector 54 – http://www.micromass.co.uk]. In der Mitte die Ionen-quelle, in die bis zu 20 Proben in einen Probenwechsler geladen werdenkönnen. Rechts der Auffänger, der mit bis zu neun Faradaybechern be-stückt sein kann.

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A. Radiogene Isotopensysteme

oder, nach v aufgelöst: v = B×e×r/m.

Dies, in GL 31 eingesetzt, ergibt:

e×V = 1/2 m×B2×e2×r2/m2

V/e = 1/2B2×r2/m

[GL 33]

(A = Ampere). Verwendet man in dieser Gleichung atomare Masseneinheiten m’ = m/1,66054×10-27 kg) und setzt den Wert für eine elektrische Elementarladung (e’ = e/1,60219×10-19 A×s) ein, so erhält man, wenn B in Tesla und V in Volt eingesetzt wird:

Wenn B in Gauß angegeben wird, r in cm, m in Atommassen und e×V die Voltenergie der Ionen ist, dann erhält man:

[GL 34]

Da der Radius der Ionenbahn durch den Radius des Trennrohres gegeben ist und die Hoch-spannung bei der Analyse zweckmäßigerweise nicht verändert wird, bleibt als Variable nur B, um bei Massenspektrometern mit nur einem Faradaybecher den Ionenstrahl auf der Kreisbahn aufzufangen.

So muß man z.B. B = 0.3960 Tesla einstellen, um den 88Sr+-Strahl bei einer Beschleuni-gungsspannung von 8000V mit einem „normalen“ Massenspektrometer zu messen (Radius des Trennrohres r = 12 Zoll = 30.48cm, m = 87.9056, e = 1):

Ein Multikollektormassenspektrome-ter ist in Abbildung 20 dargestellt. Es gibt daneben andere Verfahren, die sich zur Trennung von geladenen Teil-chen in speziellen Fällen oder auch all-gemein eignen. Dadurch gehören z.B. die Flugzeitspektrometer, die Ionen unterschiedlicher Masse auf Grund ihrer unterschiedlichen Flugzeit ent-lang einer vorgegebenen Strecke tren-nen, oder die Bahnstabilitätsspektro-meter, bei denen die Ionen zum Durchlaufen des Spektrometers bestimmten Stabilitätsbedingungen genügen müssen.

Zu den le tz teren gehören d ie Quadrupolmassenspektrometer, bei

denen die Massentrennung durch Schwingung der Ionen in einem hochfrequenten elektri-schen Quadrupolfeld erfolgt (Abbildung 21). Das Feld wird durch vier zylindrische paral-lele Stabelektroden erzeugt, an dem an je zwei sich gegenüberliegende Elektroden eine mit einer hochfrequenten Wechselspannung überlagerte Gleichspannung angelegt wird. Die

me

B rV

= ××⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

××

××

×2 2

2

V sm

m

V=

V sm

=

kg ms A

s

m

2

22

2

2

2

32

22 =kg

A s×

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

me

B rV

'' .

= ×× ×−

2 2

82 0721 10

B = × × ××

=−87 9056 2 0721 10 8000

1 0 30480 3960

8

2

. ..

. Tesla

ABBILDUNG 21 Prinzip eines Quadrupolmassen-filters

27

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Einführung

in das Feld eingeschlossenen Ionen führen senkrecht zu ihrer Flugbahn Schwingungen aus. Bei geeignet eingestellten Werten der Hochfrequenzamplitude und der Gleichspannung können nur Ionen bestimmter Massenzahl zum Auffänger gelangen, die im Quadrupolfeld stabil schwingen. Ionen anderer Massenzahl schwingen instabil; ihre Schwingungsampli-tude wächst rasch an; sie werden von der Flugbahn abgelenkt und prallen auf die Stab-elektroden. Solche Quadrupolspektrometer eignen sich für die Analyse von Gasen; sie fin-den Verwendung z.B. in ICP-MS-Geräten und in Knudsenzellenspektrometern.

Seit den 1990-er Jahren hat sich eine weitere Revo-lution vollzogen, nämlich die Kopplung von ICP zur Verdampfung und Ionisie-rung der Probe mit einem Magnetsektormassenspek-trometer zur Trennung der Isotope und ihre Registrie-rung mittels Multikollek-torsystem (Abbildung 22). Während sich Quadrupol-massenspektrometer infolge einer unzureichen-den Peakform (Das „Dach“ des Peaks ist über einen kleinen Massenbereich nicht flach) wenig zur prä-zisen Bestimmung von Isotopenverhältnissen eignen – zumal bei Verwendung eines Plas-mas als Ionenquelle – trifft diese Beschränkung auf die kombinierten Geräte nicht mehr zu, und sie erreichen fast die Präzision von Thermionenmassenspektrometern. Da da Plasma zudem eine um mehrere tausend Grad höhere Temperatur aufweist als das Metallbändchen einer Thermionenquelle, lassen sich mittels ICP auch Elemente effektiv ionisieren, bei denen dies bei der klassischen Massenspektrometrie nicht möglich ist. Dazu gehören z.B. Hf[27],[28] und W[29].

In einem ICP-Massenspektrometer ist dem Magneten meist ein elektrostatischer Massen-analysator (ESA) vorgeschaltet. Die Kraft F [N = kg×m/s2], die im elektrischen Feld auf eine Ladung e [A×s] wirkt, ergibt sich als Produkt aus elektrischer Feldstärke Ee [V/m] und Ladung e:

(Ee ist eigentlich ein Vektor mit der Richtung der Kraft). Die Flugbahn eines Ions im ESA ergibt sich als Gleichgewicht zwischen elektri-scher Kraft und Zentripetalkraft:

oder, da 1/2m×v2 der kinetischen Energie E der Ionen beim Verlassen der Ionenquelle ist:

ABBILDUNG 22 Beispiel für ein doppeltfokussierendes ICP-MS[Plasma 54 von VG Elemental – http://www.thermoelemen-tal.com/]. Der ICP-Teil befindet sich rechts, der Auffänger links.

+ + +

– – –

+

ABBILDUNG 23 schematische Skizze der Ab-lenkung von Ionen im elektrischen Feld alsFunktion ihrer Energie

F E ee= ×

× ×

×× × × × ×

⎢⎢⎢⎢

Vm

A s =

kg ms A

mA s = kg m s

2

32

⎥⎥⎥⎥⎥

E e m v re × = × ×2

28

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A. Radiogene Isotopensysteme

Die Flugbahn kann damit als abhängig von der Energie der Ionen angesehen werden. Ionen mit höherer Energie werden im ESA weniger stark abgelenkt als Ionen mit geringerer Energie (Abbildung 23).

2.6 IsotopenverdünnungsanalyseFür eine Altersbestimmung muß gemäß GL 8 sowohl die Anzahl der noch vorhandenen Atome (oder eine ihr proportionale Größe, z.B. die Konzentration in m/g) des radioaktiven Mutternuklids als auch die der bereits durch den Zerfallsprozeß entstandenen Tochter-nuklide bekannt sein. Das läßt sich nach dem Verfahren der Isotopenverdünnungsanalyse machen. Diese Methode beruht auf der Messung der Isotopenzusammensetzung (oder mindestens eines Isotopenverhältnisses) eines Elements in einer Mischung. Die Mischung besteht aus der unbekannten Menge des zu bestimmenden Elementes in der Probe, der eine exakt abgemessene Menge eines sogenannten Spikes zugefügt wurde. Ein solcher Spike ist eine Lösung, die ein (selten 2) Isotop(e) des zu bestimmenden Elements hoch angereichert über dessen Häufigkeit im normalen in der Natur vorkommenden Element enthält. Z.B. besteht Rb aus den beiden Isotopen mit den Massenzahlen 85 und 87, von denen das letztere in 87Sr zerfällt. Das Verhältnis von 85Rb zu 87Rb im natürlichen Rb beträgt 2.593. Als Spike für die Rb-Konzentrationsbestimmung nimmt man i.a. eine Rb-Verbindung, in der 87Rb mit einem Massenseparator (einem Massenspektrometer) hoch angereichert wurde, so daß das 85Rb/87Rb-Verhältnis des Spikes nahe Null ist.

Die Formel für die Konzentrationsberechnung läßt sich folgendermaßen ableiten. Man beschränkt die Betrachtung dabei zunächst auf 2 Isotope des zu bestimmenden Elementes oder genauer, auf ein Isotopenverhältnis. Die Zahl der Atome des einen Isotops der Probe

(vor Zugabe des Spikes) soll mit bezeichnet werden, die des zweiten Isotops mit

die entsprechende Anzahl der Atome beider Isotope im Spike sei und ,

die in der Mischung (Probe + Spike) sei und . Für die Zahl der Isotope gelten dann die einfachen Massenbilanzgleichungen:

[GL 35]

und [GL 36]

Dividiert man beide Gleichungen durcheinander, also:

und schreibt im Zähler für

E eEr

rE

E eee

× = ⇒ =×

×

×

×

××

2 2kg m

sVm

A s=

kg ms

kg ms

2

2

2

2

2

3 AAm

A s

=kg m s A ms kg m A s

= m2 3

2 2

×

× × × ×× × × ×

⎢⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

N AProbe

NBProbe NSpike

A NSpikeB

NMixA NMix

B

N N NMixA

ProbeA

SpikeA= +

N N NMixB

ProbeB

SpikeB= +

N

N

N N

N NMixA

MixB

ASpikeA

BSpikeB=

+

+Probe

Probe

N NN

NNA B

A

BB

Probe ProbeProbe

ProbeProbe=

⎝⎜⎞

⎠⎟= NN

N

A

B

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ Probe

29

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Einführung

sowie

dann ergibt sich:

In d ieser Gle i -chung ist die einzige Unbe-kannte, da das Iso-topenverhältnis N A /N B für den Spike bekannt ist und für die Probe dem konstanten i rd i schen oder solaren Verhältnis entspricht*. Das entsprechende Verhäl tni s der Mischung läßt s ich le icht mit dem Massenspek-trometer messen. Obige Gleichung muß also nur noch nach aufge-löst werden:

[GL 37]

Die Anzahl der A-Atome in der Probe ergibt sich anschließend zu:

* In allen Fällen, in denen das betrachtete Element mindestens zwei natürlich vorkommende Isotope hat, die weder radioaktiv sind noch radioaktiv gebildet werden, sind die hier abgeleiteten Formeln gültig, weil das Verhältnis NA/NB der Probe so gewählt werden kann, daß es eine Naturkonstante ist. Ausnahme ist das Pb, bei dem von vier Isotopen drei durch Zerfall aus U und Th entstehen.

N NN

NNA B

A

BB

Spike SpikeSpike

SpikeSpike=

⎝⎜

⎠⎟ = NN

N

A

B

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ Spike

NN

NNN

NA

B

BA

B⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+

Mix

ProbeProbe

SpikeBB

A

B

B B

NN

N N

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+Spike

Probe Spike

0.0

1.0

2.0

3.0Rb-85

Rb-87

Probe Spike Mischung

Illustration der Isotopenverdünnungsanalyse

2.6

1

0.1

1.6

2.72.6

Mo

le R

b

ABBILDUNG 24 Beispiel einer Isotopenverdünnungsanalyse

N BProbe

NBProbe

N

NN

NNN

NBA

BMix

BA

BMix

Probe Spike

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= PProbeProbe

SpikeB

A

BB

A

BSpi

NN

NNN

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ kke

N

NNN

NN

B

BA

BSpike

A

BMi

Probe

Spike

=

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ xx

A

BMix

A

BNN

NN

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ Probe

30

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 38]

Beispiel: Der Aufschluß von 50mg eines Phlogopits wird mit 3g einer Rb-Spikelösung ver-setzt. Das natürliche Rb besteht aus den beiden Isotopen 85Rb und 87Rb in einem Verhältnis von 2.593. Das 85Rb/87Rb-Verhältnis des Spikes betrage 0.02047, und der Spike enthalte 1.046×10-8m 87Rb pro g Lösung. (NA/NB)Mix sei 1.200. Da die Konzentrationsangabe m/g über die Avogadrosche Zahl direkt der Zahl der Atome pro g Lösung proportional ist, begnügen wir uns mit der Berechnung der Konzentrationen C.

und

(Umrechnung in N: Ergebnis × 6.023×1023 Atome)

Ist die Konzentrationsangabe Prozent oder ppm erwünscht, braucht das Ergebnis nur noch mit dem Atomgewicht des natürlichen Rb multipliziert zu werden:

CProbe = 9.547×10-8 [m] × 85.47 [g/m] = 8.160×10-6g Rb

oder 8.160×10-6[g]/50×10-3[g]×106 = 163.2 ppm.

Die Isotopenverdünnungsmethode ist ziemlich tolerant gegenüber der Menge an zugefüg-tem Spike, solange nur diese Menge einerseits nicht verschwindend gering gegenüber dem Isotop in der Probe ist und die Menge in der Probe nicht verschwindend gering gegenüber dem Isotop im zugefügten Spike. Dies erkennt man, wenn man beide Seiten von GL 37durch dividiert und den Zähler auf der rechten Seite ausmultipliziert:

[GL 39]

Wenn die Menge an zugefügtem Spike extrem gering ist, geht der Nenner der Gleichung gegen 0. Ist die Menge zu groß, ist (NA/NB)Spike ≈ (NA/NB)Mix, und der Zähler geht gegen 0. Wenn aus demselben Probenaufschluß allerdings sowohl Konzentrationen als auch ein radiogenes Isotopenverhältnis bestimmt werden sollen, dann darf die Spike-Menge nicht zu groß werden, weil der Spike in der Regel nicht nur aus einem Isotop besteht. Ein 84Sr-Spike z.B. wird auch 86Sr und 87Sr enthalten, und dessen Beitrag muß exakt korrigiert wer-den können, um das 87Sr/86Sr-Verhältnis der Probe zu bestimmen.

N NNN

A BA

BProbe ProbeProbe

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

C g m gBProbe = × × × −−3 1 046 10

0 02047 1 2001

8[ ] . [ / ]. ... .

.200 2 593

2 657 10 8 87

−= × − m Rb

C m RbAProbe = × × = ×− −2 657 10 2 593 6 890 108 8 85. . .

C C C m RbA BProbe Probe Probe= + = × −9 547 10 8. .

NSpikeA

N

NNN

NN

B

A

B

ASpike

A

BM

Probe

Spike

= −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

1iix

A

BMix

A

BNN

NN

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥Probe

31

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Einführung

2.7 Datierungsmethoden – allgemeine BemerkungenInfolge der unterschiedlichen Halbwertszeiten der Mutternuklide in den verschiedenen Zerfallssystemen ist klar, daß ihrer Anwendung zur Altersbestimmung Grenzen gesetzt sind. Zusätzliche Einschränkungen werden durch die Art (Chemismus) der zu datierenden Gesteine oder Minerale auferlegt sowie durch ihre thermische Geschichte, die Wachstums-geschwindigkeit und Wachstumsdauer von Mineralen kontrolliert. Mit verschiedenen Isotopensystemen können an demselben Gestein in Extremfällen sogar unterschiedliche Ereignisse datiert werden. Das ist besonders einleuchtend bei der Fission-Track-Methode (Kapitel 13.0, Seite 139) und andere Methoden der Niedrigtemperatur-Thermochronolo-gie, die stets die jüngsten Alter liefern, weil die durch die Spontanspaltung von 238U verur-sachten Störungen in einem Mineral schon bei niedriger Temperatur durch Ausheilpro-zesse verschwinden oder weil z.B. He bereits bei Temperaturen, wie sie in der oberen Erdkruste herrschen, rasch aus einem Kristall diffundiert; daher eignen sich solche Metho-den z.B. zur Rekonstruktion der tektonischen Hebungsgeschichte eines Orogens und der Abtragungsgeschwindigkeit an der Erdoberfläche. Oft genug stellt auch die Dateninterpre-tation den Geowissenschaftler vor Probleme, und es ist zu hinterfragen, ob ein vermeint-lich nicht in einen geologischen Rahmen passendes Alter nicht auf ungeeigneter Proben-wahl, ungeeigneter Wahl der Datierungsmethode, Störungen des Isotopensystems oder mangelhafter Feldarbeit beruht. Einem Alter wird sicherlich eine geologische Bedeutung beigemessen werden dürfen, wenn verschiedene Isotopensysteme (z.B. Rb–Sr und Sm–Nd) innerhalb der Fehler identische Werte liefern. Andererseits ist es durchaus plausibel, mit verschiedenen Methoden der Geochronologie unterschiedliche Alter für dasselbe Mineral zu erhalten, insbesondere wenn damit verschiedene Phasen des metamorphen Wachstums datiert werden.

32

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A. Radiogene Isotopensysteme

3.0 Das K–Ar-Zerfallssystem (K–Ar- und Ar–Ar-Methoden)

Kalium gehört zu den Hauptelementen der meisten Gesteine, und es ist das siebthäufigste Element der Erdkruste. Zudem hat 40K eine für die radiometrische Datierung günstige Halb-wertszeit, die gut 1/4 des Alters der Erde entspricht. Obwohl damit zwei wesentliche Voraus-setzungen für eine weite Anwendbarkeit der beiden Methoden erfüllt sind, erlegen die Art des Zerfalls von 40K und die chemische Zugehörigkeit des Zerfallsprodukts – 40Ar, ein Edel-gasisotop – der Anwendbarkeit einige Restriktionen auf.

Die Radioaktivität des K ist seit 1906 bekannt (gemessen von Campbell & Wood auf Ver-mutung von J. J. Thomson, 1905). Erst 1935 jedoch gelang es A. O. Nier, das Isotop 40K als Verursacher der Radioaktivität zu identifizieren. Basierend auf theoretischen Überlegungen von C.F. von Weizsäcker (1937), gelang Aldrich & Nier 1948 der Nachweis, daß ein Teil des 40K tatsächlich in 40Ar zerfällt und nicht nur in 40Ca. Gut 89% der 40K-Atome zerfallen unter β–-Emission in 40Ca, die restlichen knapp 11% unter Elektroneneinfang in 40Ar (siehe Abbildung 25[30]).

ABBILDUNG 25 40K erleidet einen dualen Zerfall in 40Ar und in 40Ca.

Kalium hat 3 in der Natur vorkommende Isotope, 39K (Häufigkeit 93.2581 ±0.0029%), 40K (0.011668±0.000008)[31] und 41K (6.7302±0.0029%). Das Edelgas Ar hat ebenfalls 3 natür-lich vorkommende (stabile) Isotope, deren Häufigkeit in der Atmosphäre folgendermaßen ist[32]: 36Ar 0.3336±0.0004%, 38Ar 0.0629±0.0001% und 40Ar 99.6035±0.0004%. Daraus ergibt sich ein atmosphärisches 40Ar/36Ar-Verhältnis von 295.5. Mehr als 99.9% des atmo-sphärischen Ar stammen letztlich aus dem Zerfall von 40K. Die Isotopenzusammensetzung des Ar in Gesteinen ist nicht konstant, sondern eine Funktion ihres K-Gehaltes, Alters und ihrer thermischen Geschichte.

0.0

MeV

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

1.6

18 19 20

40Ca

Ordnungszahl

89,14% machen einen β--Zerfallin den Grundzustand von 40Ca(Zerfallsenergie 1.32 MeV)

0.2% machen einen Elektronen-einfang in den Grundzustand von40Ar (Zerfallsenergie 1.51 MeV)

10,66% machen einen Elektronen-einfang in einen angeregten Zustand40Ar (Zerfallsenergie 0.05 MeV)

Zerfall des angeregten Zustandesvon 40Ar in den Grundzustandunter γ-Emission (1461 KeV)

40K�

� �

33

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Das K–Ar-Zerfallssystem (K–Ar- und Ar–Ar-Methoden)

3.1 Die K–Ar-MethodeAuf Grund des dualen Zerfalls von 40K muß man 2 Zerfallskonstanten unterscheiden, λβ für den λ–-Zerfall in 40Ca und λε für den Zerfall unter Elektroneneinfang in 40Ar. Die Addition beider ergibt die Gesamtzerfallskonstante:

λ = λβ + λε = 5.543×10−10 a−1.

Die derzeit international akzeptierten und verwendeten partiellen Zerfallskonstanten betragen λβ = 4.962×10-10 a-1 und λε = 0.581×10-10 a-1. Demgegenüber gibt es aber nur eine Halbwertszeit:

T = ln2/ λ = 1.250 ×109 a.

Von partiellen Halbwertszeiten zu sprechen, ist sinnlos, auch wenn formal in der Zerfalls-gleichung mit einer derartigen Größe gerechnet werden kann. Die Zerfallsgleichung GL 8, auf das K–Ar-System und das K–Ca-System angewandt, lautet:

D = N×(eλt – 1)

[GL 40]

Hierin stellt der erste Term auf der rechte Seite den Teil des K dar (für ein gegebenes Alter t), der in 40Ar zerfallen ist, der zweite den Teil, der in40Ca zerfallen ist. Es gilt daher:

[GL 41]

Im einfachsten aller denkbaren Fälle erhält man das Alter eines Gesteins oder Minerals, indem man GL 41 nach t auflöst:

[GL 42]

Damit dies tatsächlich ein geologisch sinnvolles Alter darstellt, muß eine Reihe von Vor-aussetzungen erfüllt sein. Die wichtigsten sind:

• Zur Zeit t=0 (magmatisches oder metamorphes Alter) enthielt die Probe kein 40Ar.

• Von t=0 bis heute war die Probe ein geschlossenes System für K und Ar. Das heißt, es fand keinerlei Austausch von K und Ar mit der Umgebung statt (weder Abgabe noch Aufnahme).

Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, braucht man in einer Probe nur die Konzentrationen von 40K und 40Ar zu bestimmen, um nach GL 42 das Alter zu berechnen. Für die 40K-Bestimmung genügt es, den Gesamtkaliumgehalt zu messen, z.B. flammenphotometrisch, da die Isotopenzusammensetzung des K in der Natur zumindest im Rahmen der erforder-lichen Meßgenauigkeit konstant ist. Das gilt selbstverständlich nicht für das Ar. Zur Kon-zentrationsbestimmung nach der Isotopenverdünnungsmethode muß der Probe ein Spike zugesetzt werden; dazu wird ein Argongas benutzt, das hoch an 38Ar angereichert ist (≈99.9%). Dieser Spike wird dem Probenargon zugemischt, das durch Erhitzen im Vakuum – meist bis zum Schmelzen – aus der Probe ausgetrieben wird.

Unter den beiden oben genannten Bedingungen ist die erste in der Regel erfüllt. Als Edel-gas wird das Argon strukturell nicht oder zumindest nur sehr schwach im Kristallgitter gebunden. Daher kann man meist davon ausgehen, daß bei der Gesteinsanatexis eine Ar-Entgasung des Magmas eintritt, so daß bei der späteren Kristallisation auch kein Ar zum

40 40 40 401 1Ar Ca K e K et t+ = −( ) =+

× × −( )λ ε β λλ λλ

= × × −( ) + × × −( )λλ

λλ

ε λ β λ40 401 1K e K et t

40 40 1Ar K e t= × × −( )λλ

ε λ

tArK

= × × +⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

11

40

40λλ

λεln

34

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A. Radiogene Isotopensysteme

Einbau in die Minerale zur Verfügung steht. Schon bei mittelgradiger Metamorphose ist die Entgasung von Mineralen wie Hornblenden oder Hellglimmern oft vollständig – abhängig von der Metamorphosetemperatur und -dauer. Wenn diese Metamorphite aus Sedimenten abgeleitet sind, enthalten die Minerale aber oft noch etwas atmosphärisches Argon aus der sedimentären Vorgeschichte der Probe, was eine Korrektur der gemessenen 40Ar-Menge um den atmosphärischen Beitrag erforderlich macht. Die geringe Bindung des Ar an die K-hal-tigen Minerale hat aber auch seine Nachteile. Selbst bei tiefen Temperaturen kann es pas-sieren, daß das in einem K-reichen Mineral entstandene radiogene 40Ar nicht quantitativ darin verbleibt, sondern teilweise durch Diffusion verloren geht. In anderen K-haltigen Mineralen desselben Gesteinsverbandes kann dann der gegenläufige Effekt eintreten, daß sie 40Ar aus der Umgebung aufnehmen. 40Ar-Überschuß wird sogar in gegenüber der Umge-bung K-reichen Gesteinen beobachtet. An solchen Mineralen ermittelte Alter hätten keine geologische Bedeutung. Im ersten Fall ergäbe sich ein zu niedriges, im zweiten Fall ein zu hohes Alter infolge der Gegenwart von sogenanntem Überschußargon. Zu den Mineralen, die sich nach allgemeinen Erfahrungen für die K–Ar-Datierung gut eignen, zählen Amphibole, Biotite und Feldspäte aus vulkanischen Gesteinen sowie Amphibole und Glim-mer aus Plutoniten und Metamorphiten. Gesamtgesteine sind meist unbrauchbar mit der Ausnahme von jungen Vulkaniten, sofern sie vollkommen frisch erhalten sind.

Von einer früheren Arbeitsgruppe der Universität Bern, die sich mit der Problematik der Datierung der alpinen Metamorphose befaßt hat, wurde in den 1960er Jahren der Begriff der „Schließungstemperatur“ in die Isotopengeologie eingeführt, nachdem man beobach-tete, daß Muskovit und Biotit aus Gesteinen von vermutlich gleich alten Einheiten charak-teristische Altersvariationen zeigten, die mit dem Grad der Metamorphose zu korrelieren schienen[33]. Und zwar sind die K–Ar- und Rb–Sr-Alter von Glimmern aus niedrig metamor-phen Gesteinen höher als die aus höher metamorphen Einheiten desselben Komplexes. Es scheint also eine charakteristische Temperatur zu geben oder, vorsichtiger gesagt, ein Tem-peraturintervall, unterhalb dessen der Isotopenaustausch mit der Umgebung zum Erliegen kommt und das Mineral auch über geologische Zeiten als geschlossenes System betrachtet werden kann.

Das Konzept der Schließungstemperatur beinhaltet, daß die Diffusion der einzige Para-meter ist, der diese Temperatur bestimmt. Diffusionsprozesse von Ionen oder Atomen in Kristallen sind thermisch aktiviert; sie gehorchen oft einer einfachen Arrhenius-Beziehung des Typs

D = Do × e-E/RT [GL 43]

(D = Diffusionskoeffizient, Do = Diffusionskoeffizient T → ∞ [cm2/s], T in Kelvin, R = Gas-konstante [cal/(mol×K)], E = Aktivierungsenergie des Diffusionsprozesses [cal/mol]). Auf Grund dieser exponentiellen Beziehung zwischen Diffusionskoeffizient und Temperatur wird man annehmen dürfen, daß das Temperaturintervall, innerhalb dessen die Diffusion praktisch zum Erliegen kommt, gering ist. Nach M.H. Dodson[34] kann die Schließungstem-peratur Tc nach der folgenden iterativ zu lösenden Gleichung abgeschätzt werden:

[GL 44]

Hierin ist A ein dimensionsloser Geometriefaktor (55 für eine Kugel, 27 für einen Zylinder und 8.7 für eine ebene Schicht), a eine charakteristische Dimension des Korns, entspre-

chend dem Radius im Fall einer Kugel und die zeitliche Änderung der Tempera-tur des Gesteins oder Minerals [K/s], bei dieser Anwendung als Abkühlgeschwindigkeit (negatives Vorzeichen) zu interpretieren. Je rascher ein Gestein abkühlt, desto höher ist demnach die Schließungstemperatur.

ER T

A D R T

E T ac

c

×=

− × × ×

× ×

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟

ln .0

2

2

T dT dt.

/=

35

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Das K–Ar-Zerfallssystem (K–Ar- und Ar–Ar-Methoden)

In Abbildung 26 ist der Zusammen-hang zwischen Schließungstempera-tur und Abkühlgeschwindigkeit am Beispiel der Sr-Diffusion in natürli-chem Diopsid illustriert. Der geolo-gisch relevante Bereich entspricht Abkühlungsgeschwindigkeiten -dT/dt von 10o– 104 K/Ma, wofür die Schlie-ßungstemperatur des Diopsids zwi-schen ≈800 und 950°C liegt.

Die Diffusionskoeffizienten D haben extrem niedrige Werte – ≈10-14– 10-17

cm2/s im Fall der Sr-Diffusion in Diop-sid. Diffusionslängen oder -wege xkönnen mit Hi l fe der Re la t ion

abgeschätzt werden. Daraus errechnet sich im Fall, daß D=10-15

cm2/s i s t , e ine Dif fus ionslänge x≈0.18cm für t = 106a = 3.15×1013s, d.h. ein Sr-Atom im Diopsid diffun-diert pro 106a ≈0.18cm weit.

Das Konzept der Schließungstempera-tur ist in der Folgezeit zunächst weit-gehend akzeptiert worden. Inzwischen wird aber zunehmend und auch rigo-ros Kritik daran geäußert. Neben der Diffusion werden die Deformation von Gesteinen und Mineralen, die eine Rekristallisation der Minerale ver-ursacht, und die Rolle von Fluiden auf Korngrenzen für noch wichtiger gehalten. Bei Abwesenheit von Flui-den muß zudem ein anderes Mineral als Reaktionspartner zur Verfügung stehen, und außerdem muß zwischen den austau-schenden Mineralen ein Ladungsausgleich bewerkstelligt werden. Villa[36] macht auf zahl-reiche Widersprüche innerhalb der originalen Kalibrierung der Schließungstemperaturen aufmerksam und auf innere Widersprüche in vielen anderen Studien. So weist er zum Bei-spiel auf eine Kompilierung von Altersdaten aus den Zentralalpen hin, die anzuzeigen scheint, daß Rb–Sr-Alter von Muskoviten höher liegen (Eozän) als U–Pb-Alter von Monazi-ten (Oligozän). Daraus wurde gefolgert, daß die Schließungstemperatur von Monazit für das U–Pb-System mit ca. 420 °C deutlich unterhalb der für Rb–Sr im Muskovit liegt[37], für die ca. 500 °C angenommen wurde. Villa argumentiert demgegenüber, die Muskovite seien nicht ausschließlich Neubildungen der alpinen Metamorphose und enthielten noch Anteile an herzynischem radiogenem 87Sr, so daß ihre eozänen scheinbaren Alter tatsäch-lich Mischalter zwischen herzynisch und alpin seien, während die Monazite Neubildungen der Metamorphose im Oligozän wären. Gut belegt scheint immerhin, daß zonierte Mon-azite scharfe Altersunterschiede zeigen, die der Zonierung entsprechen[39]. Das bedeutet, daß die Diffusion während des thermischen Ereignisses, das zur Bildung von Anwachssäu-men führte, nicht rasch genug erfolgte, um die U–Pb-Isotopenunterschiede auszugleichen. Daraus wiederum ergibt sich, daß die Schließungstemperatur des Monazits für die Diffu-sion von Pb erheblich über 420 °C liegen muß. Bei der Datierung von Hellglimmern aus grünschiefer- bis amphibolitfaziellen Metagraniten der Alpen mittels der Ar–Ar-Methode wurde gefunden, daß die Anwesenheit von reliktischem Phengit in Hellglimmer einher

800

900

1000

1100

1200

1300

1400

1500

0 1 2 3 4 5 6 7 8log dT/dt [K/Ma]

Sch

ließ

ung

stem

per

atur

[°C

]

Abhängigkeit derSchließungstempera-tur von Diopsid für Sr-

Diffusion von derAbkühlrate

ABBILDUNG 26 Sr-Diffusion in Diopsid: Abhängigkeitder Schließungstemperatur von der Abkühlgeschwin-digkeit. Die Berechnung der Kurve erfolgte nach der

Gleichung: . Sie

beruht auf experimentellen Untersuchungen zur Sr-Diffusion in natürlichem Diopsid. Angenommen wur-de bei den Berechnungen ein Kornradius von 0.2cmund A=55 (Kugelgestalt des Minerals); die Aktivie-rungsenergie wurde zu 97 kcal/mol bestimmt, undD0 = 54cm2/s.

T [ C]dTdtc � = − ⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

⎡⎣⎢

⎤⎦⎥ −22440

20.9log 273

x Dt≅

36

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A. Radiogene Isotopensysteme

geht mit ererbtem 40Ar – auch dies ein Hinweis darauf, daß selbst mittelgradige Metamor-phosen nicht unbedingt in der Lage sind, das K–Ar-System von Hellglimmer vollständig auf Null zurückzusetzen[38]. Auf der Basis seiner Neubewertung der zur Verfügung stehen-den Literaturdaten gibt Villa[36] für einige Minerale und Isotopensysteme neue Schlie-ßungstemperaturen an (Tabelle 4 – vergleich auch Tabelle 12 auf Seite 144), die allerdings nur gelten, wenn Ionendiffusion der geschwindigkeitsbestimmende Faktor ist, Fluide nicht vorhanden sind und Rekristallisation nicht stattfindet. Ob diese Schließungstemperaturen sinnvoll anwendbar sind, muß dann für jede Anwendung eigens geprüft werden. Die in der Tabelle angegebenen Temperaturen sind z.B. für K–Ar in Amphibol gegenüber früheren Annahmen unverändert geblieben, während sie für dasselbe System in den Glimmern um 100 – 150 °C höher liegen.

Aus diesen Daten läßt sich ablesen, daß – sofern die genannten Voraussetzungen für ihre Anwendbarkeit auf metamorphe Gesteine erfüllt sind – die Isotopensysteme häufig schon auf dem Höchststand der Metamorphose eingefroren sein werden. Für Bedingungen der nied-rig- bis mittelgradigen Metamorphose sollte eine Datierung dann das Alter liefern, welches der Kristallisation der für die Altersbestimmung verwendeten metamorphen Minerale ent-

TABELLE 4: „Schließungstemperaturen“ [Tc] für einige Minerale und Isotopensysteme[36]

Mineral Zirkon Biotit Muskovit Apatit Amphibol Muskovit Titanit Xenotim Monazit Granat

Zerfall Fission-Track

K–Ar K–Ar U–Pb K–Ar Rb–Sr U–Pb U–Pb U–Pb U–Pb

Tc [°C] 350 450 500 500 550 – 650 600 – 650 680 750 770 850 – 1000

100200300400500600700

800

900

100200300400

400

500100200300

500

0

10

20

0

5

10

15

0 200

80

400 600 800

0 200 400 600 800

30

40

50

60

Tief

e [k

m]

0

10

20

30

40

50

60

Tief

e [k

m]

P [k

bar

]

0

5

10

15P

[kb

ar]

T [°C]Entfernung

(a)

(b)

(c)

Oberfläche

Oberfläche

OP

OP

OP

OP

UP

UP

UP

UP

0 200 400 600 800 1000T [°C]

0

4

8

12

16

20

P [k

bar

]

vor derÜberschiebung

gleich nach derÜberschiebung

gestörte Geotherme

„steady state“-Geotherme

0

10

20

30

40

50

60

Tiefe [km]

0

10

20

30

40

50

60

Tiefe [km]

0

10

20

30

40

50

60

Tiefe [km]

UP

OP

T ∞-Geotherme

sich entwickelnde Geothermenund resultierender P,T-Pfad

20 40

60

100

ABBILDUNG 27 Thermisches Modell einer Orogenese[40]. Eine (rasch ablaufende) Über-schiebung verdoppelt die Mächtigkeit der Kruste (b). Da-durch werden heiße Gesteine (OP) über kalte (UP) gestapelt. 20 Ma nach dem tektonischen Ereignis möge Hebung einset-zen (0.35 mm/a), die durch Erosion an der Oberfläche kompensiert wird. Dabei be-schreiben die Gesteine einen im Uhrzeigersinn gekrümmten Druck–Temperatur–Zeit-Pfad (c). Für die beiden Gesteinspa-kete UP und OP modelliert man Pfade, die durch die blau-en Kurven dargestellt sind. Die roten Kurven entsprechen Geothermen, wobei die Zahlen für die Alter in 106a nach dem tektonischen Ereignis stehen. Man erkennt, daß tiefere Ge-steine ihre maximale Tempera-tur erst erheblich später errei-chen als flacher gelegene. Im Fall von UP und OP beträgt der Zeitunterschied rund 30 Ma!

37

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Das K–Ar-Zerfallssystem (K–Ar- und Ar–Ar-Methoden)

spricht. Erst bei der hochgradigen orogenen Metamorphose, wenn ein Gesteinspaket lange Zeit hindurch hohen Temperaturen ausgesetzt bleibt, wäre zu erwarten, daß verschiedene Minerale und verschiedene Isotopensysteme verschiedene Alterswerte liefern, die Punkten auf der langsamen Abkühlungskurve des Gesteins entsprechen, also Abkühlalter darstellen. Systematische Zonierungen der Hauptelemente von Mineralen aus solchen Gesteinen, einer Temperaturerniedrigung entsprechend, könnten unabhängige Indizien dafür liefern. Ergänzend sei bemerkt, daß thermische Modelle von Orogenesen zeigen, daß tiefer gele-gene Gesteinspakete ihre maximale Temperatur später erreichen als flacher gelegene, wobei der Altersunterschied leicht einige 107a erreichen kann (Abbildung 27[40]). Wenn Isotopen-alter die maximale Metamorphosetemperatur anzeigen, sollten derartige Altersunter-schiede häufig auflösbar sein. Andererseits zeigen viele ehemalige hoch metamorphe Kom-plexe Anzeichen der Anpassung an niedrigere Metamorphosegrade, z.B. durch Bildung von Amphibolen und Biotiten in basischen Granuliten oder in Eklogiten, belegen also durch zirkulierende Fluide verursachte chemische Reaktionen unter anderen P–T-Bedingungen.

Nach diesem Exkurs nun zurück zur K–Ar-Datierung: Die unter-schiedliche Eignung verschiede-ner Minerale sei in Abbildung 28an einem Beispiel demonstriert, bei dem K–Ar-Alter von Minera-len aus einem proterozoischen Gneis an dessen Nähe zu einem tertiären Plutonit gemessen wur-den[41].

Das K–Ar-System wird heute be-vorzugt für die Datierung geolo-gisch junger Gesteine (Meso- bis känozoisch) eingesetzt. Es ist oft die einzige Methode, mit der das Erupt ionsa l te r ganz junger (<107a) Vulkanite ermittelt wer-den kann. Bei polymetamorphen Gesteinen wird es die Abkühlung nach der letzten (mittelgradigen) Metamorphose datieren oder ein Mischalter hin zu einem älteren Ereignis. Bei geologisch alten Ge-steinen nehmen die Probleme von Ar-Entgasung oder Ar-Über-schuß zu. Zur Datierung von Metamorphosen ist das nachfolgend beschriebene Ar–Ar-Ver-fahren besser geeignet. Nichtsdestoweniger hat das K–Ar-System in den 1960er Jahren we-sentlich dazu beigetragen, den kanadischen Schild altersmäßig zu gliedern, indem man acht strukturelle Provinzen unterschied, die jeweils durch eine Orogenese stabilisiert wur-den. Als Beispiel sei die K–Ar-Altersstruktur der Grenville-Provinz im Osten Kanadas er-wähnt (Abbildung 29[25]). Die Grenville-Orogenese im Jungproterozoikum ist gesichert ei-ner Kollision zweier Kontinentalplatten zuzuschreiben. In der Grenville-Provinz variieren die K–Ar-Alter systematisch um mehr als 200Ma, wobei die höchsten Alter im Westen an der Grenze zur älteren Superior-Provinz, in der sich eine Überprägung durch die Grenville Orogenese nicht mehr nachweisen läßt, gefunden werden. Die großen Altersunterschiede innerhalb der Grenville-Provinz erklärt man dadurch, daß der westliche Teil früher empor-gehoben wurde und damit abkühlte als der Ostrand.

Besondere Bedeutung hat das K–Ar-System für die Kalibrierung der geologischen Zeitskala des Phanerozoikums gespielt. Sedimente lassen sich leider nur selten absolut exakt datie-ren, während sie biostratigraphisch sehr fein gegliedert werden können. Die absolute Kali-

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1 10 100 1000 10000

K-A

r-A

lter

[Ma]

Abstand vom Kontakt [m]

grob

er B

iotitHornblende

Feldspat

ABBILDUNG 28 Variation der K–Ar-Alter von Mineralen ineinem Quarz-Feldspat-Biotit-Gneis nahe dem Kontakt zueinem 55 Ma alten Quarzmonzonit (Colorado Front Ran-ge/U.S.A.)

38

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A. Radiogene Isotopensysteme

brierung der Zeitskala erfolgte v.a. mit Hilfe von stratigraphisch genau eingeordneten Vul-kaniten.

3.2 Die 40Ar/39Ar-MethodeDies ist eine Variation der K–Ar-Methode, die 1966 von C.M. Merrihue & G. Turner vorge-schlagen wurde. Der K-Gehalt der Probe wird hier durch Messen der Menge an 39Ar bestimmt, die durch Bestrahlung in einem Kernreaktor mit schnellen Neutronen durch die Reaktion 39K(n,p)39Ar produziert wird. 39Ar ist radioaktiv und zerfällt mit einer Halbwerts-zeit von 269a in 39K. Wegen dieser langen Halbwertszeit darf man das 39Ar als über den Ver-lauf der Ar–Ar-Isotopenanalyse stabil ansehen.

Steckt man eine Probe in einen Kernreaktor, dann werden viele Kernreaktionen ausgelöst, vor allem (n,γ)- und (n,p)-Reaktionen. Betrachtet man ein einziges Isotop eines beliebigen Elementes dieser Probe, dann läßt sich die Zahl N der durch eine bestimmte Kernreaktion gebildeten Nuklide (z.B. durch 39K(n,p)39Ar) nach der Gleichung

[GL 45]

berechnen, wobei X die Zahl der Targetkerne ist (z.B. 39K), Δt die Bestrahlungsdauer (in s), σ(E) der Wirkungsquerschnitt der Reaktion (cm2) bei Neutronen-energie E und ϕ(E) der Neutro-nenfluß (n×cm-2×s-1) bei der Neutronenenergie E; integriert wird von der Schwellenenergie der Reaktion ET bis ∞ (oberhalb von ≈15MeV geht der Neutro-nenfluß im Reaktor bereits gegen 0). Für die Reaktion 39K(n,p)39Ar) werden schnelle(=energiereiche) Neutronenbenötigt. Die Zahl der produ-zierten 39Ar)-Atome erhält man, indem man in GL 45 für X = 39K und für N = 39Ar) setzt. Demge-genüber ist die Zahl der durch den Zerfall von natürlichem 40K über das geologische Alter t der Probe gebildeten 40Ar-Atome gegeben durch GL 41:

40Ar = λe/λ × 40K × (eλt – 1).

Dividiert man beide Gleichun-gen durcheinander, dann erhält man:

[GL 46]

Mit dieser Formel läßt sich leider nicht direkt rechnen, vor allen Dingen, weil örtliche und zeitliche Variationen des Neutronenflusses in der Bestrahlungseinrichtung eines Reaktors nicht genau genug bekannt sind. Man kann sich jedoch damit behelfen, daß man zusam-men mit den Proben bekannten Alters mehrere Proben eines Flußmonitors bestrahlt. Das

N X t E E dEE ET

= × × ( ) × ( ) ×=∫Δ σ ϕ

1100

1050

Gren v i l le Fron t

1000

950

900

1175

960

9551095

965

870

830880

935

930

950

1125

1070

1075950

940

850940

920

895

0 100 200

Meilen

ABBILDUNG 29 Metamorphosealter (in Millionen Jahren)der Grenville-Provinz im Osten von Kanada, basierend aufK–Ar-Daten granitischer Gneise

40

39

40

39

1 1ArAr

KK t

e

E E dE

t

E

= × × × −( ) ( )∫

λλ σ ϕ

ελ

Δ

39

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Das K–Ar-Zerfallssystem (K–Ar- und Ar–Ar-Methoden)

ist ein Mineral, dessen K–Ar-Alter man genau kennt. Zur Auswertung zieht man dann aus GL 46 einen probenspezifischen Parameter J heraus, den man als

[GL 47]

definiert und bestimmt die J-Werte für die Flußmonitore aus Gleichung GL 46 zu

[GL 48]

wobei t das exakt bekannte Alter des Mine-rals ist, das als Flußmonitor dient. 40Ar ist das Argon, das während des geologischen Alters des Flußmonitors aus dem Zerfall von 40K entstanden ist, 39Ar das radioaktive Argon, das während der Reaktorbestrah-lung des Flußmonitors aus dem 39K ent-standen ist. Ein Beispiel für die Ermittlung der J-Werte ist in Abbildung 30 gegeben[42]. Das 40Ar/39Ar-Verhältnis wird dann nach Austreiben aus der Probe durch einen Schmelzaufschluß massenspektrometrisch bestimmt. Die örtliche Variation des Neu-tronenflusses im Reaktor erfaßt man dadurch, daß man mehrere Proben des Flußmonitors mit den Proben zusammen bestrahlt. Man erhält auf diese Weise für die Flußmonitore einen Satz von J-Werten, aus denen man das für jede der Proben unbekannten Alters spezifische J interpolie-ren kann. Das Alter dieser Proben resultiert dann durch Auflösen von GL 48 nach t.

Der Vorteil der Ar–Ar- über die konventio-nelle K–Ar-Methode liegt darin, daß man das Alter einer Probe an exakt derselben Teilprobe durch Messung eines einzigen Isotopenverhältnisses erhält. Man umgeht dadurch die Probleme, die durch eine inhomogene Verteilung von K und Ar in der Probe resultieren; zumindest wenn nur kleine Probenmengen vorhanden sind, muß beim Teilen dieser Probe in solchen Fällen mit Fehlern gerechnet werden. Andererseits darf nicht über-sehen werden, daß die Ar–Ar-Methode sehr aufwendig ist. Man braucht außer einem Mas-senspektrometer noch Zugang zu einem Reaktor; die Proben müssen eine hohe Neutronen-dosis empfangen, damit das 40Ar/39Ar-Verhältnis nicht so groß ist, daß sich meßtechnische Probleme (durch Nichtlinearität des Digitalvoltmeters des Massenspektrometers) ergeben (Günstig sind Werte zwischen ≈0.01 und 100). Dadurch werden die Proben stark radioaktiv und sind unangenehm zu handhaben. Bei der Reaktorbestrahlung selbst finden uner-wünschte Nebenreaktionen statt, für die Korrekturen anzubringen sind, z.B. 42Ca(n,α)39Ar, 40K(n,p)40Ar, 41K(n,d)40Ar und 40Ca(n,n+α)36Ar. Die letztgenannte Reaktion stört die Kor-rektur, die meistens für die Anwesenheit atmosphärischen Argons in den Proben durchzu-führen ist, nach:

[GL 49]

JKK

t E E dEE

= × × × ( ) ( )∫λ

λσ ϕ

ε

39

40 Δ

JeAr Ar

t

= −λ 140 39/

1

2

3

4

5

6

7

8

1.8 2 2.2 2.4

Ermittlung von J bei Ar-Ar-Analysen

Posi

tion

in d

er B

estr

ahlu

ng

skap

sel

J×10-2

Flußmonitor 1

Flußmonitor 2

Flußmonitor 3

ABBILDUNG 30 Ermittlung des Faktors J bei Ar–Ar-Analysen

40

39

40

39

ArAr

ArAr

gemessen

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−Probe

2295 536

39. ×⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

ArAr

gemessen

40

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A. Radiogene Isotopensysteme

wobei der Faktor 295.5 das 40Ar/36Ar-Verhältnis der Atmosphäre ist. Schließlich müssen bei sehr feinkörnigen Proben (<1μm) bei der Reaktorbestrahlung selbst Rückstoßeffekte in Betracht gezogen werden, welche die 39Ar-Atome durch die (n,p)-Reaktion erleiden, wodurch sie aus den Mineralkörnern entweichen können. Dieser Effekt läßt sich eliminie-ren, indem man die Probe vor der Reaktobestrahlung in eine Quarzglaskapsel füllt, die eva-kuiert und zugeschmolzen wird[43],[44]. Bei der Bestrahlung wird dann das gesamte aus der Probe freigesetzte 39Ar in der Kapsel angesammelt; sein relativer Anteil kann zudem über die Menge an 37Ar bestimmt werden, das durch eine (n,α)-Reaktion aus 40Ca entsteht und ebenfalls durch Rückstoß aus der Probe in die Kapsel gelangt[45].

ABBILDUNG 31 ungewöhnliches Entgasungsverhalten eines Xenoliths aus einem Basalt

Ar–Ar-Datierungen werden meistens nach der Methode des stufenweisen Ausheizensdurchgeführt. Dabei wird das Argon in mehreren Stufen aus der Probe ausgetrieben, wobei die Temperatur schrittweise (z.B. in 200°C-Schritten) bis zur Schmelztemperatur (oder bis kein Argon mehr entweicht) erhöht wird. Die Ar-Isotopien werden bei jedem Schritt gemessen, korrigiert, und ein Alter wird berechnet. Idealerweise sollten die Alter für jeden Ausheizschritt identisch sein. Wenn das der Fall ist, dann werden das Ar–Ar- und das K–Ar-Alter identisch sein. Die Stärke des Ar–Ar-Systems liegt aber darin, daß man auch für gestörte Systeme, bei denen das K–Ar-System versagt, noch verläßliche Daten erhalten kann. Für solche Proben beobachtet man Alter, die zunächst steigen oder fallen und sich erst bei höheren Ausheiztemperaturen auf ein konstantes Niveau einpendeln, das Plateau-alter, das als das wirkliche Alter angesehen wird. Das bei tiefen Temperaturen abgegebene Ar stammt bevorzugt aus den Randpartien der Minerale oder ist das am schwächsten gebundene Ar. Die zu niedrigen Alter dieses bei tiefen Temperaturen abgegebenen Argons kommen bei K-reichen Mineralen dadurch zustande, daß 40Ar aus den äußeren Bereichen der Minerale entweicht – bei retrograden Metamorphosen z.B. oder infolge von Diffusions-prozessen bei „normalen“ Temperaturen in der Kruste; infolgedessen haben diese Zonen ein für ihr Alter zu niedriges 40Ar/K- (und nach der Reaktorbestrahlung 40Ar/39Ar) Verhält-nis. Zu hohe Alter des bei tiefen Temperaturen ausgetriebenen Argons treten bevorzugt (aber bei weitem nicht nur) bei K-armen Mineralen auf, bei denen die Randbezirke 40Ar durch Diffusion von „außen“ aufgenommen haben – z.B. aus benachbarten K-reichen Mineralen; dadurch haben diese Zonen ein zu hohes 40Ar/K. Ein Beispiel für ein Plateau-

kumulativer Anteil des entgasten 39Ar

0.1

1

10

30

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

Ar-Entgasungsverhalten einesGranitxenoliths in Basalt

(Sierra Nevada, Kalifornien)

Plateaualter (entspricht dem Eruptionsalter des Basalts)

sch

ein

bar

es A

lter

[Ma]

Temp

eratur [°C]

Temperatur

Alt

er

41

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Das K–Ar-Zerfallssystem (K–Ar- und Ar–Ar-Methoden)

alter ist in Abbildung 31 für einen ≈100Ma alten Granitxenolith in einem ≈100000a alten Basalt angeführt[46]. Bei niedriger Temperatur entgast zunächst ein Argon, das einem höhe-ren als dem Eruptionsalter des Wirtsbasalts entspricht. Dieses locker „gebundene“ Ar gelangte offensichtlich durch junge Diffusion in den Xenolith. Bei mittleren Temperaturen zwischen ca. 500 und 1000 °C entgast dann ein großer Teil des gesamten Argons, für das sich ein scheinbares Alter ergibt, das dem der Eruption des Wirtsbasalts entspricht. Bei Temperaturen oberhalb 1000 °C entweicht dann ein immer noch erheblicher Anteil von Argon, das einem höheren Alter entspricht; dabei handelt es sich sicherlich um Ar, das seit der magmatischen Kristallisation des Granits gebildet wurde und das bei der Aufnahme des Xenoliths durch den Basalt und während des raschen Transportes an die Erdoberfläche nicht vollständig entgaste.

Eine neue Entwicklung der Ar-Isotopengeochemiker, ermöglicht durch die Ver-fügbarkeit einer Genera-tion hochempfindlicher Massenspektrometer, ist das Laserverfahren[ 4 7 ] . Dabei wird durch Laserbe-strahlung ein Teil eines Mineralkorns verdampft. Das Ar entgast und kann massenspektrometrisch gemessen werden. Auf diese Weise kann man Altersprofile über einzelne Minera lkörner gewin-nen[48] und erhält Informa-tionen, die man durch die normale Ar–Ar-Analyse nur vermuten kann. So zeigt sich z.B., daß man für Phlo-gopite aus Xenolithen, die in Kimberliten innerhalb von vielleicht Tagen aus dem Erdmantel an die Erd-oberfläche gelangt sind, in den Kernen noch Alter identifizieren kann, die dem Alter ihrer Bildung entsprechen, während die Ränder Alter ergeben, die dem Erupti-onsalter des Kimberlits gleich sind (Abbildung 32[49]), obwohl die Temperaturen der Kim-berlitmagmen viele hundert Grad über der Schließungstemperatur der Glimmer liegen. Dies mag aber auch darin begründet sein, daß in den Xenolithen die Phlogopite die einzi-gen K-Minerale sind und unter allen Mineralen für Ar den höchsten „Verteilungskoeffizi-enten“ aufweisen, so daß der Phlogopit selbst bei 1000 °C effektiv ein geschlossenes System darstellt.

Wie komplex die Altersinformationen sein können, die sich aus den Ar–Ar-Analysen eines einzigen porphyroblastischen Muskovit-Kristalls aus einem polymetamorphen Glimmer-schiefer aus dem Nordosten der USA ergeben, ist in Abbildung 33 dargestellt[50]. Der Glim-merschiefer ist während der Grenville-Orogenese zwischen ca. 1.1 und 0.8 Ga entstanden und wurde von zwei jüngeren Metamorphosen und Deformationen erfaßt, denen die Bil-dung feinkörnigerer Hellglimmer und von Chloritoid zugeschrieben wird und damit eine Wiederaufheizung auf rund 400 – 500 °C. Dennoch haben große Partien des porphyrobla-stischen Muskovits noch hohe Alter bewahrt, die auf eine Bildung während der Grenville-

2500

2000

1500

1000

500

0

sch

ein

bar

es A

lter

[Ma]

700600500400300200

Eruptionsalter (394±2 Ma)

Entstehungsalter

1000

Abstand vom Rand [μm]

Kornzentren

ABBILDUNG 32 Scheinbare Ar–Ar-Alter von drei Phlogopitkör-nern aus einem granulitfaziellen krustalen Xenolith, der in einemLamprophyr transportiert wurde (Kola-Halbinsel)

42

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A. Radiogene Isotopensysteme

Orogenese hindeuten. Die Diffusion bei diesen Temperaturen war offensichtlich nicht effektiv genug, um das radiogene Argon aus dem Innern des Kristalls nach außen zu trans-portieren, was höhere „Schließungsalter“ als früher angenommen für Muskovit anzeigt (vergleiche auch Diskussion auf Seite 35 bis Seite 38. Allerdings erscheint die Altersvertei-lung der Meßpunkte innerhalb des Kristalls nicht sonderlich systematisch.

ABBILDUNG 33 Links: Zeichnung eines Muskovit-Porphyroblasts; die feinen Linien stellen Risse dar. Mit „SM“ sind einige bei der Analyse entstandenen Risse ausge-wiesen, die Schlagspuren entsprechen. Die mit dem Laser erzeugten Krater sind farblich ausgewiesen, wobei die Zahlen dem Alter in Ma entsprechen. In den dunkleren (grünen) Farben sind Krater mit Altern > 750 Ma darge-stellt, in den helleren (gelben) Farben Krater, für die jüngere Alter gemessen wurden. Die jüngeren Alter treten entlang den deformierten Ecken des Kri-stalls auf und an einem großen Riß, der quer durch den Kristall verläuft. Die hohen Alter kommen im Innern des Kristalls vor und entlang der Wachs-tumskanten unten. Rechts: Graphische Darstellung der Alter als Funktion des Abstandes Kornmitte – Kornrand. Mit G, T und A sind drei Metamorpho-sen in Nordamerika bezeichnet: Grenville, Taconian, Acadian.

[110]

[010]

470

446

466

709

842914

934

884

868

789

838

708855

638680818

863893 897

850

790840

887

967

Wachstumskante

892

988

462

426

720

901519

418551

794

397

SM

300

400

1000 750 500 250 0

Entfernung [mm]

Alt

er [M

a]

500

600

700

800

900

min

max

T

A

G

„Kern“ „Rand“

1 mm

43

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Das Rb–Sr-Isotopensystem

4.0 Das Rb–Sr-Isotopensystem

Grundlage dieses Isotopensystems ist der Zerfall von 87Rb in 87Sr unter Aussendung eines β–-Teilchens. Als international akzeptierte Zerfallskonstante gilt derzeit ein Wert von 1.42×10-11 a-1. Vor 1977 waren sowohl 1.39×10-11a-1 als auch 1.47×10-11a-1 in Gebrauch. Umrechnungen sind daher beim Vergleich älterer Literaturdaten vorzunehmen! Diese Unsicherheiten sind darauf zurückzuführen, daß der Zerfall von 87Rb nur von einer Zerfall-senergie von 275KeV begleitet wird, was die Messung der spezifischen Aktivität schwierig macht. Der wahre Wert der Zerfallskonstante könnte allerdings niedriger liegen als 1.42×10-11 a-1. Tatsächlich haben Nebel et al. für drei relativ rasch abgekühlten Magmatite (aus Südafrika, Südgrönland und Nordsibirien), deren U–Pb-Alter präzise bekannt sind, eine Zerfallskonstante von (1.393±0.004)×10-11a-1 abgeleitet[51].

Rb als Alkalimetall und Sr als Erdalkalimetall verhalten sich geochemisch sehr unterschied-lich und können daher bei magmatischen, metamorphen und selbst sedimentären Prozes-sen stark fraktionieren, was sich in einer extremen Variation der Rb/Sr-Verhältnisse zwi-schen fast 0 (z.B. in manchen ultrabasischen und basischen Gesteinen) und >2 äußert (insbes. in sauren Magmatiten). Da bei der magmatischen Differentiation der generelle Trend einer Erhöhung des Rb/Sr-Verhältnisses zu beobachten ist, eignet sich das Rb–Sr-System vor allen Dingen zur Datierung von sauren und intermediären Magmatiten und Metamorphiten.

Grundlage der Datierung ist auch wiederum die modifizierte Zerfallsgleichung GL 8:

die für das Rb–Sr-System lautet:

Anders als beim K–Ar-System kann man jedoch hier nicht davon ausgehen, daß zur Zeit t = 0 in dem Gestein oder Mineral kein 87Sr vorhanden gewesen ist. 87Sr ist ja ein Isotop des natürlichen Sr, das als Spurenelement bei der Bildung von Gesteinen bereits in mehr oder weniger größeren Mengen vorhanden ist (siehe Tabelle 5). Das zur Zeit t = 0 schon vorhan-dene 87Sr soll im folgenden als 87Sro bezeichnet werden (Es wird auch als 87Sri bezeichnet, wobei i für initial steht). Damit ergibt sich:

[GL 50]

TABELLE 5: Typische Rb- und Sr-Konzentrationen einiger Gesteinstypena

a. Diese Werte können nur als grobe Hinweise gelten und tatsächlich in jedem Gesteinstyp um ein Mehrfaches schwanken

Gesteinstyp Gew.-ppm Rb Gew.-ppm SrPeridotit <0.2 10

Tholeiit 1 100

Alkalibasalt 50 800

Ca-reicher Granit (Granodiorit) 110 500

Ca-armer („normaler“) Granit 170 100

Tonschiefer 140 250

Tiefseeton 110 180

Sandstein 50 50

Karbonat 3 600

D N e t= −( )λ 1 ,

87 87 1Sr Rb e t= −( )λ

87 870

87Sr Sr Srgesamt radiogen= +

87 870

87 1Sr Sr Rb egesamtt= + −( )λ

44

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A. Radiogene Isotopensysteme

Wie schon GL 37 der Isotopenverdünnungsanalyse zeigte, mißt man in der Massenspektro-metrie stets Isotopenverhältnisse und nicht die Anzahl der Atome eines Isotops. Als Bezugsisotop wählt man dabei eines, das stabil ist und das auch nicht aus einem Zerfalls-prozeß gespeist wird, d.h. dessen Anzahl in der Probe seit ihrer Bildung konstant geblieben ist oder zumindest sein sollte. Beim Sr kämen dafür prinzipiell die Isotope 84Sr, 86Sr und 88Sr in Frage. Konventionell benutzt man 86Sr, weil es in den meisten Proben ähnlich häufig ist wie 87Sr, so daß man keine unhandlich großen (wie im Fall von 87Sr/84Sr) oder kleinen Ver-hältnisse (87Sr/88Sr) erhält. Dividiert man GL 50 durch 86Sr, dann ergibt sich:

[GL 51]

Diese Gleichung ist die Grundlage für alle Altersbestimmungen nach der Rb–Sr-Methode. Nach Ersetzung durch die jeweiligen Isotopenverhältnisse gilt sie analog auch für Isotopen-systeme wie Sm–Nd, Lu–Hf, Re–Os oder K–Ca. Diese Gleichung ermöglicht eine zweifache Anwendung des Rb–Sr-Systems in Geo- und Kosmochemie, (a) als Mittel der Altersbestim-mung, und (b) bei Kenntnis des Alters eines Gesteins dient der (87Sr/86Sr)o-Wert als Tracer zur Aufklärung von petrogenetischen Prozessen.

4.1 Das Rb–Sr-System als Mittel der AltersbestimmungIn GL 51 stehen zwei Verhältnisse, die man messen kann, nämlich 87Sr/86Sr, das direkt aus der massenspektrometrischen Analyse resultiert und 87Rb/86Sr, das mit Hilfe der Isotopen-verdünnungsanalyse gemessen werden kann. Da mit (87Sr/86Sr)o und t aber zwei unbe-kannte Größen verbleiben, ist obige Gleichung für eine einzige Probe nicht zu lösen. Die Gleichung ist dagegen lösbar, wenn man eine Serie (mindestens zwei) von genetisch zusammengehörenden Proben analysiert – z.B. mehrere Minerale aus dem Handstück eines magmatischen Gesteins oder mehrere Proben, aus verschiedenen Partien eines Gesteins-körpers entnommen. Man muß dabei voraussetzen, daß alle Proben der Serie

• zur selben Zeit aus einem homogenen Material entstanden sind – dann war zur Zeit t=0das (87Sr/ 86Sr)o für alle Proben identisch – und

• daß im Anschluß an den Zeitpunkt t=0 jede der Einzelproben ein geschlossenes System war, d.h. es erfolgte kein Elementaustausch mit der Umgebung; – bei der Abkühlung ei-nes Granits z.B. wird bei irgendeiner Temperatur jeglicher Austausch von Sr und Rb selbst im Mineralkornbereich zum Erliegen kommen.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, läßt sich GL 51 als Geradengleichung der Form

Y = a + bx

auffassen, wobei x das für eine Probe gemessene 87Rb/86Sr ist und Y das aus der Geradenglei-chung errechnete 87Sr/86Sr and der Stelle x. Jedes Datenpaar (87Rb/86Sr, 87Sr/86Sr) bildet in einem x–y-Diagramm einen Punkt auf (oder nahe) einer Geraden mit der Steigung (eλt – 1), aus der sich das Alter errechnen läßt. Der Schnittpunkt der Geraden mit der y-Achse ergibt (87Sr/86Sr)o, den sogenannten Initialwert. Die Gerade heißt Isochrone, weil jede Probe auf ihr das gleiche Alter hat. Das Diagramm heißt Isochronendiagramm oder gelegentlich nach seinem Erfinder auch Nicolaysen-Diagramm. Im strengen Sinn kann man von einer Iso-chrone nur dann sprechen, wenn alle Probenpunkte innerhalb der experimentellen Fehler darauf liegen. Vielfach wird aber die Bedingung „(87Sr/86Sr)o = identisch für alle Proben“ nicht erfüllt sein. Bei einem Granitpluton wird man z.B. nur selten davon ausgehen dür-fen, daß das Magma ursprünglich völlig homogen war, da infolge der hohen Viskosität gra-nitischer Magmen eine effektive Durchmischung nicht stattfinden kann. An den Rändern des Plutons kann es zudem zur Aufschmelzung von und damit zur Kontamination durch Nebengestein kommen. Eine derart verursachte zusätzliche Variation ist daher nicht immer Anzeichen einer späteren Störung des Rb–Sr-Systems. Liegen von einer Serie die meisten der als kogenetisch erachteten Proben nicht auf der Geraden, dann wird die Iso-chrone zu einer den Geochronologen höchst unbefriedigenden „errorchron“. Beispiele für

87

86

87

860

87

86 1SrSr

SrSr

RbSr

e t=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+ −( )λ

45

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Das Rb–Sr-Isotopensystem

Isochrone und „errorchron“ sind in den Abbildungen 34 und 35 angegeben. Ob dem Alter, das aus der Steigung der „errorchron“ resultiert, eine geologische Bedeutung zukommt, muß von Fall zu Fall beurteilt werden. Die Versuchung, einer derart schlecht definierten Geraden eine Altersrelevanz zuzusprechen, ist besonders groß bei Xenolithen der tiefen Kruste und des oberen Erdmantels. Bei solchen Proben fehlt die stratigraphische Kontrolle, und daher kann nur auf Grund von geochemischen und petrologischen Daten gemutmaßt werden, ob die Xenolithe einer Serie kogenetisch sein können oder nicht.

Es dürfte unmittelbar einsichtig sein, daß ein Isochronenalter umso vertrauenswürdiger ist, je größer die Probense-rie ist und je mehr Da-tenpunkte einer Pro-benserie auf der Iso-chrone liegen. Durch zwei Datenpunkte läßt sich natürlich immer eine Gerade legen, und die Interpretation von Zweipunktgeraden als Isochronen ist häufig anfechtbar, zumal dann, wenn darauf großartige Interpreta-tionen aufgebaut wer-den sollen, die ander-weitig nicht gestützt sind.

Die Konstruktion einer Isochrone erfolgt im ein-fachsten Fall durch eine Geradenanpassung mit-tels linearer Regression. Das Wesen der einfachen linearen Regression ist es, Fehler nur in einer Richtung (meist y) und zudem alle Fehler als gleich groß anzuneh-men. Dies sind jedoch keine sehr sinnvollen Annahmen, da sowohl das Rb/Sr- als auch das87Sr/86Sr-Verhältnis mit Meßfehlern behaftet sind, die meist vonein-ander verschieden sind – in diesem Fall ist der Fehler im Rb/Sr in der Regel erheblich höher als der im 87Sr/86Sr, weil sich der Rb-Gehalt nicht sehr präzise bestimmen läßt.

0 0.04 0.08 0.12 0.16 0.200.7036

0.7040

0.7044

0.7048

0.7052

87Rb/86Sr

87Sr/8

6 Sr

Sr-Isochronendiagramm für einenEklogit (Münchberger Gneisgebiet)

Gesamtgestein

CpxI, II

AmphibolGranat

Phengit

t = 393±16Ma

87Sr/86Sr)0 = 0.703952±0.000016

ABBILDUNG 34 Beispiel für eine Rb–Sr-Isochrone: Eklogit aus Münch-berger Gneisgebiet

Schema einer „Errorchron“

0.7100

0.7075

0.7050

0.7000

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.287Rb/86Sr

87Sr/8

6 Sr

ABBILDUNG 35 Bei einer „errorchron“ liegen die meisten Datennicht auf der Geraden.

46

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A. Radiogene Isotopensysteme

Zur Konstruktion von Isochronen liegen seit den späten 1960er Jahren Ansätze vor, die Fehler sowohl in x- als auch in y-Richtung berücksichtigen[52],[53]. Nach York (1969[53]) und detailliert ausgeführt bei Kullerud (1991)[54] berechnet sich die Steigung der Isochrone zu

[GL 52]

und der Schnittpunkt mit der y-Achse (Initialwert) zu

[GL 53]

Darin sind xi und yi die Meßwerte (z.B. 87Rb/86Sr und 87Sr/86Sr). und stehen für die gewichteten Mittel (Zentroide) der Regressionsgerade bezüglich x und y, errechnet zu

und [GL 54]

und sind die analytischen Fehler für jeden Datenpunkt i bezüglich x und y. Wisteht für die Gewichtung, die dem Datenpunkt i beigemessen wird:

[GL 55]

Datenpunkte mit kleinen Fehlern werden folglich bei der Regression höher gewichtet als solche mit großen Fehlern. Die Steigung b der Isochronengleichung läßt sich iterativ mit der gewünschten Genauigkeit aus GL 52 ermitteln; darin sind für und die Definitio-nen nach GL 54 in GL 52 einzusetzen. Die Iteration führt in wenigen Schleifen zum Ziel, wenn der iterierte b-Wert als neuer Schätzwert für b verwendet wird. Anschließend läßt sich der Initialwert nach GL 53 berechnen. Die beste Gerade ist die, für welche der nach-folgend definierte MSWD-Wert sein Minimum erreicht. Die Fehler in der Steigung und im Initialwert ergeben sich ungefähr zu

und [GL 56]

Der Fehler in der Steigung ist demnach abhängig vom Fehler, der den Daten in x- und y-Richtung zugewiesen wird (über Wi), und von der Verteilung der Datenpunkte entlang der Geraden relativ zum Zentroid (über (xi – )2), nicht aber davon, wie gut die Datenpunkte auf der Isochrone liegen. Dagegen variieren die „expandierten Fehler“

[GL 57]

über den MSWD-Wert mit der Güte, mit welcher die Daten auf der Isochrone liegen – genauso wie bei einer einfachen x–y-Regression. Der Parameter „MSWD“ (mean standard weighted deviation) wird häufig verwendet, um die Qualität der Regression zu beurteilen; er ist definiert als:

bW y Y x X b y Y

W x

i i y i x ii

i i

i i

=−( ) −( ) + −( )⎡

⎣⎤⎦

∑ σ σ2 2

XX x X b y Yy i x ii

i i( ) −( ) + −( )⎡⎣

⎤⎦∑ σ σ2 2

a Y bX= −

X Y

XW x

W

i ii

ii

=∑

∑Y

W y

W

i ii

ii

=∑

σ xiσ yi

Wbi

x yi i

=+

12 2 2σ σ

X Y

σ b

i ii

W x X= ±

−( )∑1

2 σ σa b

i ii

ii

W x

W= ±

∑∑

2

X

σ σ σ σbexp

b aexp

aMSWD MSWD= =und

47

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Das Rb–Sr-Isotopensystem

[GL 58]

dabei entspricht Di dem Abstand des Datenpunktes i von der berechneten Regressionsgera-den in y-Richtung:

Falls die analytischen Fehler normal-verteilt sind und falls die gesamte Streuung der Daten um die Regressions-gerade allein auf Analysenfehler zurückgeführt werden kann, sollte MSWD mit 95%iger Wahrscheinlich-

keit in einen Bereich fal-

len, wobei n der Anzahl an Analysenda-ten entspricht[56],[55]. MSWD-Werte, die erheblich größer sind, zeigen eine dar-über hinausgehende Streuung der Daten an – die Isochrone wird damit zur errorchron – oder vielleicht auch, daß die Analysenfehler unterschätzt wurden. In Tabelle 6 ist für einen syn-thetischen Rb–Sr-Datensatz[54] der MSWD-Wert als Beispiel ermittelt und in Abbildung 36 als Funktion des Alters aufgetragen worden. Der errechnete Wert von 0.76 liegt knapp oberhalb des

Intervalls von .

Dennoch dürfte die Annahme gerecht-fertigt sein, daß die Streuung der Datenpunkte um die beste Gerade durch die Analytik erklärt werden kann und daß die Gerade als Isochrone angesehen werden darf.

Der MSWD-Wert kann allerdings nicht uneingeschränkt als Maß für die Qualität einer Regressionsgerade angesehen werden. Insbesondere ist MSWD vom Alter der Proben und vom Mutter/Tochter-Elementverhältnis abhängig[55], wie durch eine Betrachtung des

TABELLE 6: Beispiel für die Berechnung von MSWD für einen Datensatza

a. Initialwert a der Regressionsgerade ist 0.71988±0.00003; Alter ist 352.3±0.8 Ma, woraus für die Steigung b ein Wert von 0.005015 resultiert. Für dieses Alter ergibt sich ein minimales MSWD oder auch ein minimales

Probe (i) 87Rb/86Sr �-87Rb/86Sr 87Sr/86Sr �-87Sr/86Sr Wi Di

1 0.503 0.0025 0.72240 0.00002 1.789E+09 -0.000002 0.0074

2 5.959 0.0298 0.74991 0.00002 4.400E+07 0.000147 0.9561

3 6.981 0.0349 0.75504 0.00002 3.222E+07 0.000152 0.7474

4 7.989 0.0399 0.75970 0.00002 2.468E+07 -0.000243 1.4520

5 8.961 0.0448 0.76466 0.00002 1.965E+07 -0.000157 0.4840

6 10.043 0.0502 0.77033 0.00002 1.567E+07 0.000087 0.1189

7 99.725 0.499 1.21968 0.00002 1.599E+05 -0.000297 0.0141

MSWD: 0.756

MSWDW D

n

i ii=

∑ 2

2

D y a b xi i i= − +( )

3.0

2.5

2.0

1.5

1.0

0.5

MSW

D

355354353352351350Alter [Ma]

ABBILDUNG 36 Abhängigkeit des MSWD-Wertesvon der Zeit für den Datensatz in Tabelle 6. Derminimale MSWD-Wert liefert das „beste Alter“ derIsochrone.

1 2 2± −( )n

1 2 7 2 1 0 63± −( ) = ± .

S W Di ii

= ∑ 2.

W Di i2

48

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A. Radiogene Isotopensysteme

Gewichtungsfaktors (GL 55) abgeschätzt werden kann. In vielen Fällen ist der analytische Fehler für x (Mutter/Tochter) erheblich größer als für y. So liegt z.B. ein typischer Fehler im 87Rb/86Sr bei mindestens ±0.5% des Meßwertes, während der Fehler im 87Sr/86Sr nur ca. ±0.00002 bis ±0.00003 (einige 10 ppm des Meßwertes) beträgt. Daraus ergibt sich, daß bereits nach geologisch kurzer Zeit und schon für mäßig hohe Rb/Sr-Verhältnisse der Fak-tor gegenüber dominiert. Wi wird mit steigendem Alter – und auch mit steigen-dem Mutter/Tochter-Verhältnis – kleiner und MSWD damit ebenfalls. Aus einer ursprüng-lich beträchtlichen Streuung der Daten um die Regressionsgerade über die analytischen Fehler hinaus kann somit allein durch Alterung eine Regressionsgerade mit einer geringe-ren Streuung entstehen. Anders gesagt: eine Streuung der Daten, die bei geologisch jungen Proben als Hinweis auf Probeninhomogenität gedeutet würde, könnte in geologisch alten Proben allein der Analytik zugeschrieben werden.

Für das Mutter/Tochter-Verhältnis, z.B. 87Rb/86Sr, nimmt man in der Regel als analytischen Fehler einen prozentualen Anteil des Meßwertes an, z.B. 0.5%; demgegenüber ist der Fehler in einem Isotopenverhältnis wie 87Sr/86Sr kaum von seiner Höhe abhängig, sondern in erster Näherung konstant. Aus GL 52, Seite 47 läßt sich dann ablesen, daß die Regression über den Faktor Wi die Datenpunkte mit niedrigem Mutter/Tochter-Verhältnis höher gewichtet als solche mit einem hohen.

Was eine Isochrone bedeutet, läßt sich an-schaulich auch in ei-ner 87Sr/86Sr – Zeit-Auftragung zeigen, ei-nem sogenannten Iso-topenentwicklungs-d iagramm (Abbi l -dung 37). Gegeben seien 4 Minerale eines Gesteins mit sehr un-terschiedlichen Rb/Sr-Verhältnissen. Mit Hilfe der GL 51 läßt sich für jedes einzelne Mineral (87Sr/86Sr)omit den gemessenen Rb/Sr- und 87Sr/86Sr-Verhältnissen für je-den beliebigen Zeit-punkt t in der Vergan-genheit zurückrech-nen. Da die Minerale kogenetisch sind, erhält man einen Schnittpunkt aller 4 Geraden und kann t (das Isochronenalter) und (87Sr/86Sr)o direkt ablesen. Was durch eine Isochrone da-tiert wird, ist von Fall zu Fall zu untersuchen und entscheiden.

b xi

2 2σ σ yi

2

050100150200250300350400450500

Zeit [Ma]

Gesamtgestein

Cpx

Phengit

Metam

orphosealter Amphibol

0.7036

0.7040

0.7044

0.7048

0.7052

87Sr/ 86Sr

Illustration der Sr-Isotopenent-wicklung eines Eklogits

(Münchberger Gneisgebiet)

ABBILDUNG 37 Rb–Sr-Isotopenentwicklungsdiagramm für einenEklogit aus dem Münchberger Gneisgebiet

49

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Das Rb–Sr-Isotopensystem

In metamorphen Gesteinen wird man mit Hilfe der Rb–Sr-Methode (sowie mit den meisten ande-ren Methoden) durch Mineralanaly-sen in der Regel den Zeitpunkt der Meta-morphose datieren*. Über die magmati-sche oder sedimen-täre Entwicklung davor wird man auf diese Weise keine gesicherten Infor-mat ionen mehr erhalten können. (s iehe Abbildung 38). Angenommen ein Granit sei zur Zeit ti erstarrt. Auf Grund ihrer unter-schiedlichen Rb/Sr-Verhältnisse wird 87Sr/86Sr in den ver-schiedenen Minera-len und im Gesamt-ges te in unterschiedlich schnell wachsen. Erfolgt irgendwann später eine Metamorphose, so wer-den sich infolge der Aufheizung die 87Sr/86Sr-Verhältnisse in den Mineralen in Richtung des Wertes des Gesamtgesteins bewegen, und die Erinnerung an das magmatische Alter geht verloren. Durch die Metamorphose wird also die Rb–Sr-Uhr auf 0 zurückgesetzt und wieder neu gestartet. Wenn bei der Metamorphose keine allzu hohen Temperaturen erreicht wurden und wenn die Metamorphose „trocken“ ist, (→ niedrige Diffusionsge-schwindigkeiten, Abwesenheit von Fluiden), wird die Uhr aber möglicherweise nicht oder unvollständig zurückgesetzt (siehe auch Diskussion der Schließungstemperatur, Seite 35und folgende). Da die Wahrscheinlichkeit, daß eine Isotopenhomogenisierung bei der Metamorphose über große (km) Bereiche erfolgt, kann durch weit entfernt voneinander genommene „Großproben“ eines Metamagmatits eventuell das magmatische Alter noch rekonstruiert werden. In solchen Fällen wird man wahrscheinlich keine Geraden erhalten, welche die strengen Bedingungen einer Isochrone erfüllen. Wenn mehrere voneinander unabhängige Isotopensysteme (z.B. Rb–Sr und Sm–Nd) dabei ähnliche oder gleiche Alters-werte liefern, sollte ihnen eine geologische Bedeutung zukommen.

Positive Korrelationen zwischen 87Sr/86Sr und Rb/Sr für Gesamtgesteine können allerdings auch Mischungslinien zwischen zwei Endkomponenten darstellen, insbesondere zwischen zwei Magmen; darauf wird in einem späteren Kapitel eingegangen (Kapitel 6.0, Seite 69).

* Es lassen sich allerdings Fälle denken, in denen eine niedriggradige Metamorphose den ehemals magmatischen Mineralbestand weitgehend intakt gelassen hat oder wenn unter trockenen Bedin-gungen Mineralreaktionen unvollständig abgelaufen sind; in solchen Fällen können sich gravieren-de Störungen der Isotopensysteme zeigen; unter günstigen Umständen mag sich das magmatische Alter noch abschätzen lassen.

Hypothetische Entwicklung der Sr-Isotopie ineinem System mit Zweistufengeschichte

magmatischesAlter

Metamorphosealter(Isotopenhomogenisierung) heutige Isotopie

87Sr/ 86Sr

� � �

Glimmer

Gesamtgestein

Apatit

Glimmer

K-Feldspat

Anorthit

Zeit [Ma]

ABBILDUNG 38 Hypothetische Zweistufenentwicklung eines Gesteins;die Homogenisierung durch die Metamorphose löscht im dargestelltenIdealfall die „Erinnerung“ an die vorherige Geschichte aus. Je niedrigerdie Temperatur, je „trockener“ die Metamorphose und je weniger pene-trativ die Deformation ist, desto größer ist aber die Wahrscheinlichkeit,daß diese Zurücksetzung der Isotopenuhr nicht vollständig erfolgt.

50

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A. Radiogene Isotopensysteme

4.2 Das Rb–Sr-System als Tracer

4.2.1 Die Sr-Isotopenentwicklung der Meteorite und des Erdmantels

Bei der Untersuchung magmatischer Gesteine hat sich seit den 1960er Jahren gezeigt, daß das Rb–Sr-Isotopensystem nicht nur nützlich zur Altersbestimmung ist, sondern daß die 87Sr/86Sr-Isotopie hilfreich als Tracer für die Aufklärung petrogenetischer Prozesse sein kann, ähnlich wie manche Spurenelemente Aufschlüsse darüber geben können. Die konti-nentale Erdkruste ist im Verlauf der Erdgeschichte letztlich durch Differentiationsprozesse aus dem Erdmantel entstanden. Dabei haben sich sowohl Rb als auch Sr in den Gesteinen der Erdkruste angereichert, das Rb infolge seiner größeren Inkompatibilität erheblich stär-ker als das Sr. D.h. die Rb- und Sr-Konzentrationen und v.a. das Rb/Sr-Verhältnis sind in der Erdkruste wesentlich höher als im Erdmantel, und infolgedessen hat sich in der Kruste über den Verlauf der Erdgeschichte auch ein erheblich höheres und infolge innerkrustaler Diffe-rentiation extrem variables 87Sr/86Sr herausgebildet als im Erdmantel, der eine niedrige und vergleichsweise homogene Sr-Isotopenzusammensetzung hat.

Die (87Sr/86Sr)o-Werte magmatischer Gesteine bergen oft Informationen über deren geochemische Geschichte, insbeson-dere die Natur des Materi-als, aus dem sie entstan-den sind – Kruste oder Mantel. Das ist deswegen möglich, weil man aus der Analyse von jungen Ozeanbodenbasalten und kontinentalen Basalten die heutige Sr-Isotopie des oberen Erdmantels kennt . Zum anderen kann man indirekt die Sr-Isotopenzusammenset-zung der Erde zur Zeit ihrer Entstehung ableiten und damit die Entwick-lung des 87Sr/86Sr im Erd-mantel über den Verlauf der Erdgeschichte abschätzen. Die Isotopenzusammensetzung der Erde zur Zeit ihrer Bildung ist durch die Untersuchung von Meteoriten ableitbar. Meteorite sind Bruchstücke ehemals größerer Kör-per des Sonnensystems, von denen man annimmt, daß sie mehr oder weniger zeitgleich (auf ±50 – 100Ma) mit der Erde entstanden sind. Die chondritischen Meteorite stellen unfraktionierte Solarmaterie dar; sie sind reich an flüchtigen Komponenten und haben infolge hoher Rb/Sr-Verhältnisse heute wesentlich höhere 87Sr/86Sr-Verhältnisse als die Erde – d.h. die Steigung der Rb–Sr-Isochronen für die Chondrite ist groß. Ihr initiales 87Sr/86Sr ist daher stark zeitabhängig und wenig geeignet, ein brauchbares initiales 87Sr/86Sr für die Erde zu liefern, da man nicht unbedingt davon ausgehen darf, daß sie exakt zeitgleich mit der Erde entstanden. Man hat daher das initiale 87Sr/86Sr von einem anderen Meteori-tentyp abgeleitet, den basaltischen Achondriten, die im Anschluß an ihre Entstehung eine kurze Phase der chemischen Differentiation mitgemacht haben; sie müssen nämlich aus einer Schmelze kristallisiert sein. Außerdem haben sie sehr niedrige Rb/Sr-Verhältnisse (<0.02). Infolgedessen ist ihr 87Sr/86Sr seit ihrer Bildung nur wenig gewachsen, und Alters-unterschiede zwischen ihnen und der Erde in der Größenordnung selbst von >108a wären belanglos. Papanastassiou & Wasserburg (1969) haben aus 7 solcher basaltischer Achondrite

Basaltische AchondriteT = 4.44±0.30Ga

Initialwert = 0.69896±0.00005

0.01 0.030.020.0087Rb/86Sr

87Sr/8

6 Sr

0.7010

0.7005

0.7000

0.6995

0.6990

0.6985

ABBILDUNG 39 Der Initialwert der basaltischen Achondrite liefertdas initiale 87Sr/86Sr der Erde.

51

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Das Rb–Sr-Isotopensystem

ein Basaltic Achondrite Best Initial von 0.69898 abgeleitet, einen Wert, der seitdem nur minimal korrigiert worden ist (siehe Abbildung 39[57]). Man kann deswegen diesen Wert als repräsentativ für den solaren Nebel ansehen, aus dem die Erde und andere Planeten ein-schließlich der Meteoritenmutterkörper entstanden sind.

Am Rande sei darauf hingewiesen, daß die Herkunft von Meteori-ten mit niedrigem Alter in der Meteoritik lange diskutiert wurde. Dies betrifft insbes. die soge-nannten SNC-Meteorite (Shergottyites, Nakhli-tes, Chassignites). Das sind Achondrite mit Kristallisationsaltern um 1.3 Ga (und ande-ren). Inzwischen glaubt man, daß es sich dabei um Stücke vom Mars handel t , d ie durch einen Meteoritenim-pakt ins Wel ta l l geschleudert wurden. Ein Problem bereitet die geringe Wahrschein-lichkeit, mit der solche Brocken auf der Erde landen sollten, und außerdem i s t der Mechanismus unklar, durch den Materie bei einem solchen Impakt der Anziehung des Mars entkommen kann. Noch seltener sind Meteorite, die vom Mond stammen müssen und die auf den Eisfeldern der Antarktis gefunden wurden.

Mit dem 87Sr/86Sr-Initialwert der basaltischen Achondrite vor ≈4.5 Ga und der heutigen Sr-Isotopenzusammensetzung des Erdmantels von vielleicht 0.7025 sind zwei Punkte auf einer 87Sr/86Sr – Zeitskala bekannt, zwischen denen man durch eine lineare Interpolation die zeitliche Entwicklung des 87Sr/86Sr im Erdmantel in erster Näherung abschätzen kann. Das ist nur eine grobe, aber dennoch genügend genaue Abschätzung, da die heutige Sr-Iso-topenvariation des Erdmantels beträchtlich ist (≈0.702–0.705). Andererseits weisen die Gesteine, welche die kontinentale Erdkruste aufbauen, eine wesentlich höhere Variation und im Schnitt erheblich höheres Rb/Sr-Verhältnis auf als typischer Erdmantel. Dadurch hat sich in der kontinentalen Kruste im Verlauf der Erdgeschichte natürlich auch eine wesentlich höhere 87Sr/86Sr-Variation mit einem im Schnitt erheblich höheren 87Sr/86Sr ausgebildet als im Mantel. Mit Hilfe der initialen 87Sr/86Sr-Werte von (v.a. sauren) Magma-titen läßt sich oft entscheiden, ob sie i.w. aus älterer Erdkruste erschmolzen wurden, oder ob an ihrer Bildung auch der Erdmantel beteiligt war.

Abbildung 40 zeigt das am Beispiel eines ca. 310Ma alten Granits aus dem Schwarzwald und eines ≈2 Ga alten Granits aus Westafrika. Das initiale 87Sr/86Sr des westafrikanischen Granits ist nicht unterscheidbar vom Erdmantel-87Sr/86Sr zu dieser Zeit; es zeigt daher an, daß dieser Granit über Zwischenstufen wie Gabbro oder Diorit innerhalb geologisch kurzer Zeit aus dem Erdmantel differenziert sein muß. Im Gegensatz dazu hat das initiale 87Sr/86Sr des Triberg-Granits einen typisch krustalen Wert, der eine Beteiligung einer größeren Erd-mantelkomponente sehr unwahrscheinlich macht.

87Sr/ 86Sr

4.0 3.0 2.0 1.0 0.00.695

0.700

0.705

0.710

0.715

0.720

0.725

Alter der magma-tischen Bildung

t [Ga]

Erdmantelfeld

Granite Elfe

nbeinküste

Trib

erg-

Gra

nit

ABBILDUNG 40 Mit Hilfe der Sr-Entwicklungskurve des Erdmantelsläßt sich abschätzen, ob Magmatite im wesentlichen aus dem Erd-mantel stammen oder durch Aufschmelzung von älteren Gesteinender Kruste (Metasedimente).

52

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A. Radiogene Isotopensysteme

Die Sr-Isotopenentwicklung der „bulk earth“ kann nicht so einfach abgeschätzt werden, da das heutige 87Sr/86Sr der Erde nicht direkt bekannt ist und die Chondrite keine Hilfe bieten, da im Vergleich zu ihnen die Erde an Rb relativ zu Sr verarmt ist. Mehr zu diesem Thema bei der Besprechung der Nd-Sr-Isotopenkorrelation!

4.2.2 Die Sr-Isotopenentwicklung der Ozeane

Sr-Isotopenmessungen an rezenten marinen Karbonaten haben gezeigt, daß ihr 87Sr/86Sr und damit das des Seewassers, aus dem sie i.w. durch biologische Tätigkeit ausgefällt wur-den, mit 0.70910±0.00005 weltweit sehr konstant ist. Das beruht letztlich auf dem effekti-ven Austausch des Wassers zwischen den Weltmeeren durch Tiefen- und Oberflächenströ-mungen, weil die Durchmischung des Wassers der Ozeane eine Zeit von ≈103a erfordert, während die sogenannte „Residenzzeit“ des Sr im Meerwasser ≈5×106a beträgt. Das äußert sich in der vergleichsweise hohen Sr-Konzentration des Seewassers von ca. 8100μg/l (zum Vergleich: Rb 120, Nd 0.0028, Sm 0.00045, Pb 0.03, U 3.3, Th 0.0004μg/l[58]). Die geogra-phische Konstanz des 87Sr/86Sr im Seewasser nimmt man auch für die geologische Vergan-genheit an.

ABBILDUNG 41 Variation der Sr-Isotopenentwicklung des Seewassers im Phanerozoikum[63]

Durch Analyse verschieden alter Karbonate hat man für das Phanerozoikum eine Variati-onskurve des Seewassers aufzustellen vermocht[59],[60],[61],[63] (siehe Abbildung 41). Es zeigt sich, daß seit dem Beginn des Kambriums die Isotopenzusammensetzung des Meerwassers nur zwischen ≈0.7065 und 0.709 geschwankt hat und daß etwa seit dem Mitteljura eine ständige Erhöhung von ≈0.7068 auf den heutigen Wert um 0.709 zu verzeichnen ist. Kre-tazische bis rezente marine Karbonate könnten daher sogar auf diese Weise datiert werden.

Was mag die Ursache der 87Sr/86Sr-Fluktuationen des Meerwassers sein? – Die im Meer-wasser gelösten Salze stammen aus 3 Quellen, (a) aus einem Anteil, der durch Verwitterung und Abtragung der Kontinente (Magmatite und klastische Sedimente) in Lösung über die Flüsse den Weltmeeren zugeführt wird, (b) aus einer Komponente, die durch vulkanische Aktivität, insbes. an den mittelozeanischen Rücken, ins Meerwasser gelangt und (c) aus einem Anteil, der aus der Auflösung mariner Karbonate (inklusive älterer auf den Konti-nenten) herrührt. Auch die Sr-Isotopie der Ozeane wird durch diese unterschiedlichen Bei-träge kontrolliert:

Tertiär Kreide Jura Trias Perm Karbon Devon Silur Ordovizium PCKambriumQ

0 100 200 300 400 500 600

Alter [Ma]

0.706

0.707

0.708

0.709

0.710

87Sr

/86Sr

marine Karbonate, Evaporite und Fossilien

53

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Das Rb–Sr-Isotopensystem

[GL 59]

wobei ϕi die Bruchteile des Sr der einzelnen Komponenten am Sr des Meerwassers widerspie-geln (∑ ϕ i = 1). (87Sr/8 6 S r ) v u l k . wi rd dabe i Werte zwischen ≈0.702 und 0 .705 (meis t <0.7035) einnehmen, ( 8 7 S r / 8 6 S r ) k o n t . wi rd >0 .710 se in (durch-schnittlich 0.720) und (87Sr/86Sr)karb. wird im Phanerozoikum Werte zwischen 0.7065 und 0.709 einnehmen. Die Fluktuationen in der 87Sr/86Sr-Entwicklungs-kurve des Seewassers können dann Variatio-nen in den relativen Bei-trägen dieser 3 Kompo-nenten zugeschrieben werden. Insbes. kann der Anstieg seit dem mittleren Jura auf erhöhten Beitrag von Sr zurückgeführt werden, das sich aus den Gesteinen der kontinentalen Erdkruste (Grani-toide, klastische Sedimente) ableitet infolge erhöhter Abtragungsrate der Kontinente, ver-ursacht durch die jungen Orogenesen. Der Anstieg an der Wende Ordovizium-Silur kann denselben Effekten im Anschluß an die kaledonische Orogenese zugeschrieben werden.

Da marine Karbonate im Präkambrium erheblich spärlicher werden, ist es nicht verwun-derlich, daß die 87Sr/86Sr-Entwicklungskurve des Seewassers für diese Zeit schlechter bekannt ist[25],[62]. Die verfügbaren Daten scheinen anzuzeigen, daß sich erst im Proterozoi-kum die Seewasserkurve von der Mantelkurve zu trennen begann, d.h. Verwitterung und Abtragung älterer kontinentaler Kruste spielte im Archaikum keine wesentliche Rolle, ver-glichen mit den Beiträgen aus vulkanischer Tätigkeit und Abtragung junger Kruste. Insge-samt scheint also die 87Sr/86Sr-Isotopie des Seewassers zeitverzögert ein relativ empfindli-cher Indikator der Großtektonik auf der Erde zu sein.

87 86 87 86 87 86Sr Sr Sr Sr Sr Sr

Ozean vulk v( ) = ( ) × +.

ϕ (( ) × + ( ) ×kont k karb cSr Sr

. .ϕ ϕ87 86

87Sr/8

6 Sr

0.710

0.708

0.706

0.704

0.702

0.700

1 2 3 4Ga

Proterozoikum Archaikum

Die Entwicklung derSeewasser-Strontiumisotopie

im Präkambrium

Seewasser

Mantelentwicklung

BABI

ABBILDUNG 42 Die Sr-Entwicklungskurve des Seewassers über denVerlauf der Erdgeschichte. Die präkambrische Entwicklung ist we-sentlich schlechter bekannt als die phanerozoische[25].

54

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A. Radiogene Isotopensysteme

5.0 Das Sm–Nd-System

5.1 AllgemeinesDas Sm–Nd-Zerfallssystem wurde Mitte der 1970er Jahre von G.W. Lugmair auf seine Eig-nung in der Kosmochemie untersucht und fand danach rasch Eingang in die Geochemie.

Natürliches Sm besteht aus 7 Isotopen mit den Massenzahlen 144, 147, 148, 149, 150, 152 und 154. 147Sm hat eine Häufigkeit von 15.0 Atom-% und zerfällt mit einer Halbwertszeit von 106 Ga unter α-Emission in stabiles 143Nd, das am Aufbau des natürlichen Nd zu ca. 12.2% beteiligt ist. Eine neue Bestimmung mittels Aktivitätsmessung ergab einen davon nicht unterscheidbaren Wert für die Halbwertszeit von 107.0±0.9 Ga[64]. Ebenfalls radioak-tiv ist 146Sm, das wegen seiner kurzen Halbwertszeit von ≈108

a aber nur in der Frühzeit des Sonnensystems existierte[65] (siehe Kapitel 16.4, Seite 206). Die „Entdeckung“ des 147Sm–143Nd-Zerfallssystems für die Kosmo- und Geochemie gelang auf der Suche nach erlosche-nem 146Sm im Meteoriten Juvinas[66]. Nd hat 7 natürlich vorkommende Isotope, welche die Massenzahlen 142, 143, 144, 145, 146, 148 und 150 haben. Die Zerfallsgleichung für das 147Sm–143Nd-System lautet:

[GL 60]

Als Referenzisotop dient konventionell 144Nd, das nicht Produkt eines Zerfallsprozesses ist:

[GL 61]

ABBILDUNG 43 Variation der Ionenradien der Seltenen Erden

Sm und Nd sind beide Elemente der Seltenen Erden (REE), einer Gruppe von sich chemisch sehr ähnlich verhaltenden Elementen. Sie treten bis auf zwei Ausnahmen (Ce4+ und Eu2+) in der Natur nur dreiwertig auf und unterscheiden sich dann ausschließlich durch ihre Ionenradien, die vom leichtesten der Elemente (La) zum schwersten (Lu) systematisch

143 143

0

147 1Nd Nd Sm e t= ( ) + −( )λ

143

144

143

1440

147

144

NdNd

NdNd

SmNd

e t=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+ −λ 11( )

0.13

0.12

0.11

0.10

0.09

0.08

Ionen

rad

ien

[nm

]

La Ce Pr Nd Sm Eu Gd Tb Dy Ho Er Tm Yb Lu

Eu2+

Ce4+

REE3+

Ionenradien fürsechsfache KoordinationIonenradien fürachtfache Koordination

55

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Das Sm–Nd-System

abnehmen (siehe Abbildung 43). Der Ionenradius von Nd3+ in Sechserkoordination in einem Kristallgitter beträgt 0.0983 nm, der von Sm3+ 0.0958 nm, und demzufolge passen Sm und Nd geringfügig unterschiedlich gut oder schlecht auf die Gitterpositionen der gesteinsbildenden Minerale, was im Diagramm auf der nächsten Seite anhand der Vertei-lungskoeffizienten zwischen Kristall und einer Schmelze für verschiedene Minerale darge-stellt ist. Diese chemische Ähnlichkeit hat für die Anwendung des Sm–Nd-Systems in der Isotopengeochemie sowohl Vor- als auch Nachteile. Ein großer Vorteil ist, daß sich die REE geochemisch ziemlich stabil verhalten; zudem ist ihre Geochemie gut untersucht. Die wesentliche Fraktionierung von Sm und Nd findet bei Hochtemperaturprozessen statt, d.h. vor allem bei magmatischen Prozessen der partiellen Aufschmelzung und der fraktionier-ten Kristallisation. Bei der Gesteinsmetamorphose scheinen Sm–Nd-Fraktionierungen über einen größeren als Handstückbereich selten zu sein, solange die Metamorphose im trocke-nen Zustand erfolgt; und bei sedimentären Prozessen tritt keine nennenswerte Fraktionie-rung von Sm und Nd auf. Im Gegensatz dazu verursacht die Gesteinsverwitterung beim Rb–Sr-System eine erhebliche Trennung von Rb und Sr, weil die Minerale mit niedrigem Rb/Sr-Verhältnis (Pyroxene, An-reicher Feldspat, Amphibole) rascher verwittern als die mit hohem Rb/Sr (Glimmer, K-reiche Feldspäte).

ABBILDUNG 44 REE-Verteilungskoeffizienten zwischen Mineralen und koexistierenden Schmelzen

Die große chemische Ähnlichkeit von Sm und Nd bringt jedoch auch wesentliche Nach-teile mit sich, denn geringe Sm–Nd-Fraktionierungen, das heißt eine geringe Spreizung der x-Achse des Isochronendiagramms und geringe Wachstumsgeschwindigkeit von 143Nd/144Nd im Verlauf der Zeit, zumal noch die Halbwertszeit von 147Sm außerordentlich hoch ist. Die gesamte Sm/Nd-Variation in Gesteinen bewegt sich mit wenigen Ausnahmen nur zwischen ≈0.10 – 0.80; sie liegt in den Gesteinen, welche die kontinentale Erdkruste auf-bauen, meistens niedriger als der „bulk-earth“-Punkt und macht weniger als einen Faktor 4 zwischen dem minimalen und dem maximalen Wert aus (siehe Abbildung 45). Dagegen ist die Variation der Rb/Sr-Verhältnisse um mehr als eine Größenordnung höher. Aus der geringen Variation im Sm/Nd in Kombination mit der langen Halbwertszeit von 147Sm ergibt sich, daß die natürlichen Isotopenvariationen des 143Nd/144Nd in Gesteinen sehr

La Ce Pr Nd Sm Eu Gd Tb Dy Ho Er Tm Yb Lu0.0001

0.001

0.01

0.1

1

10

relati

v zu

Bas

altsch

melze

n

Granat

Augit

Plagioklas

Pigeonit

Olivin

Beispiele für die Variabilität der SE-Verteilungskoeffizienten für

Minerale in basaltischen Schmelzen

56

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A. Radiogene Isotopensysteme

gering sind. Basische und ultrabasische Gesteine haben im Schnitt höhere Sm/Nd-Verhält-nisse als saure. Das Sm–Nd-System eignet sich daher zur Altersbestimmung vor allem von Basiten und Ultrabasiten, insbesondere wenn sie auch noch geologisch alt sind. Solche Gesteine zeichnen sich oft durch niedrige Rb/Sr-Verhältnisse aus, und so ergänzen sich beide Systeme bei der Geochronologie recht gut.

Tabelle 7 gibt als Ergänzung zu Abbildung 45 typische Sm- und Nd-Gehalte für einige Gesteinstypen an. Es ist zu betonen, daß die Variation innerhalb einzelner Gesteinstypen sehr groß sein kann; hoch differenzierte Granite z.B. können sogar SE-Gehalte im sub-ppm-Bereich enthalten.

Die Isotopenent-wicklung des Nd ist in Abbildung 46 der des Sr schematisch gegenübergestellt, in der die Isotopenzu-sammensetzungen gegen die Zeit aufge-t ragen s ind. Für beide Isotopensy-steme ist als Refe-renz die Entwick-lungslinie der Erde (als ein homogenes Reservoir betrachtet, ident i sch mit unfraktioniertem Erdmantel) eingetra-gen. Wir stellen uns ein Teilvolumen die-ses Reservoirs vor, das vor 2 Ga eine partielle Aufschmelzung erfahren möge. Im Rb–Sr-System ist das Rb das für die Silikate, die den Erdmantel aufbauen, inkompatiblere Element; es reichert sich daher bei der partiellen Aufschmelzung in den Schmelzen (Basalten) an und bei fraktionierter Kristallisation in den Restschmelzen. Der betrachtete Erdmantel, dem die Schmelze entzogen wird, hat anschlie-ßend ein niedrigeres Rb/Sr-Verhältnis von fast 0, und infolgedessen wächst sein 87Sr/86Sr nur noch langsam an (Das verdeutlicht, daß sich ultrabasische Gesteine für eine Rb–Sr-Datierung nicht gut eignen.), während es in der Schmelze, die als Basalt oder Gabbro oder

TABELLE 7: Mittlere Sm- und Nd-Gehalte einiger Gesteinstypen

Gestein ppm Sm ppm Nd 147Sm/144NdPeridotit (Lherzolith 0.2 0.5 0.24

Peridotit (Harzburgit) 0.005 0.020 0.15

MOR-Basalt 3.5 10 0.21

Alkalibasalt 7 40 0.11

Phonolith 14 80 0.11

Kimberlit 8 70 0.07

Granodiorit 6 30 0.12

Granit 8 40 0.12

Tonschiefer 10 60 0.10

Grauwacke 5 25 0.12

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6

147Sm/144Nd

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9

Sm/Nd

Peridotite

Sm-Nd-VariationverschiedenerGesteinstypenMORB

Alkalibasalte

Anorthosite

Granitoide

klastische + chemische Sedimente

ABBILDUNG 45 Variation des Verhältnisses Sm/Nd in Gesteinen

57

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Das Sm–Nd-System

Diorit erstarren möge, wesentlich rascher wächst als in unfraktioniertem Erdmantel. 87Sr/86Sr=0.7025 ist ein typischer Wert für Erdmantel unter den Ozeanen, 87Sr/86Sr>0.715 typisch für viele Gesteine der kontinentalen Erdkruste. Im Sm–Nd-System ist das Nd das für Erdmantelminerale inkompatiblere Element. Daher verläuft die Entwicklung der Nd-Iso-tope in vielen Gesteinstypen derjenigen der Sr-Isotope umgekehrt. Als Beispiel diene wie-derum ein Stück bulk-earth oder Erdmantel, der vor 2 Ga partiell aufgeschmolzen werde. Da sich auf Grund ihrer größeren Inkompatibilität die leichten REE in der Teilschmelze über die schweren anreichern werden, hat die Teilschmelze ein Sm/Nd < bulk-earth und der resi-duale Erdmantel ein Sm/Nd > bulk-earth. Dementsprechend wird im Anschluß an den Auf-schmelzprozeß das 143Nd/144Nd im residualen Erdmantel rascher wachsen als im unfraktio-nierten Mantel und dort wieder rascher als in der ehemaligen Teilschmelze. Im Verlauf der Erdgeschichte ist die kontinentale Erdkruste durch eine Reihe von Differentiationsprozes-sen – z.B. in den Inselbögen – durch Extraktion aus dem Erdmantel entstanden. Man kann daher in diesem Diagramm die „mantle melt“ auch durch kontinentale Erdkruste ersetzen, und „depleted mantle“ steht für den größten Teil des Erdmantels sowohl unter den Ozea-nen als auch unter den Kontinenten. Unfraktionierter Erdmantel scheint dagegen bei Dif-ferentiationsprozessen nicht mehr in Erscheinung zu treten; ob es noch Relikte davon im oberen Erdmantel gibt, ist ungewiß. Die für t=0 angegebenen Werte sind als typisch für den heutigen ozeanischen Erdmantel (≈0.5132) bzw. für 2 Ga alte Kruste (≈0.5115–0.5120) gewählt. Die gesamte Nd-Isotopenvariation in Gesteinen auf der Erde liegt bis auf wenige obskure Ausnahmen zwischen ≈0.510 und 0.5135, macht also nur knapp 7‰ aus. Bei den Sr-Isotopen ist die untere Begrenzung ungefähr durch einen Wert von ≈0.701 gegeben (alte Granulite oder Eklogite), während eine Obergrenze kaum anzugeben ist. Schließt man gra-nitische Gesteine mit ihren hohen Rb/Sr-Verhältnissen aus und wählt anstatt dessen 0.740 als hohen Wert für klastische Sedimente (z.B. Devontonschiefer aus dem Rheinischen Schiefergebirge), dann erhält man schon ≈5.5% als Mindestvariation. Granite können in Extremfällen 87Sr/86Sr-Werte bis über 2 erreichen.

ABBILDUNG 46 Das Sm–Nd-System verhält sich bei Aufschmelzprozessen im Erdmantel um-gekehrt wie das Rb–Sr-System.

Mit einem modernen Massenspektrometer kann man bequem 87Sr/86Sr-Unterschiede von ≈30 ppm auflösen (≈±0.000020) und 143Nd/144Nd-Unterschiede von ≈20 ppm (≈±0.000010); die individuellen statistischen Meßfehler liegen, wenn sie niedrig sind, bei weniger als der Hälfte dieser Werte.

-2.5 -2.5-2 -1.5 -1 -0.5 0 -2 -1.5 -1 -0.5 00.509

0.510

0.511

0.512

0.513

0.514

0.700

0.704

0.708

0.712

0.716

87Sr/ 86Sr14

3 Nd/1

44Nd

t [Ga] t [Ga]

„bulk-earth“

residualer Mantel

Mantelpartialsc

hmelze

hypothetischesSchmelzereignis vor 2Ga

„bulk earth“

Mantelpartialschmelzeresidualer M

antel

La Lu

La Lu

La Lu

Reaktion des Sm-Nd- und desRb-Sr-Isotopensystems auf einpartielles Schmelzereignis im

Erdmantel

58

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A. Radiogene Isotopensysteme

Woher kennt man die Entwicklungslinie der Nd-Isotope in der „bulk earth“? Nur durch Analogieschluß, indem man davon ausgeht, daß die Entwicklung des 143Nd/144Nd-Verhält-nisses in der Erde identisch ist mit der vieler Meteorite, insbesondere derjenigen der Chon-drite. Da die REE refraktäre Elemente sind, die bei der Kondensation der Erde aus dem Solarnebel nicht fraktionierten, nimmt man an, daß die Erde die REE in chondritischen Häufigkeitsverhältnissen enthält. Dieser Schluß mag allerdings falsch sein und die Erde ein um ca. 5% höheres Sm/Nd haben als Chondrite[67]. Die anschließende chemische Segrega-tion in den metallischen Erdkern und den Erdmantel hat nur dazu geführt, daß sich die REE im Erdmantel gegenüber den Chondriten um rund einen Faktor 1.5 anreicherten. Im Gegensatz dazu ist – infolge seiner Flüchtigkeit – weniger Rb verglichen mit Sr in die Erde bei ihrer Kondensation eingetreten als in die undifferenzierte Solarmaterie (Chondrite), so daß die Erde ein wesentlich niedriger als chondritisches Rb/Sr hat. Um die 143Nd/144Nd-Entwicklungsgerade zu bestimmen, benötigt man den Initialwert (143Nd/144Nd)o des Son-nensystems bei der Entstehung der Erde vor ≈4.56 Ga, der identisch sein sollte mit dem der Meteorite, die zu dieser Zeit entstanden sind, d.h. der Chondrite oder Achondrite. Nun haben Chondrite definitionsgemäß eine chondritische REE-Verteilung, d.h. ein nahezu konstantes Sm/Nd. Das gilt auch für die meisten Achondrite. Man hat daher entweder die Möglichkeit, mit dem heutigen 143Nd/144Nd und ihrem Sm/Nd-Verhältnis das 143Nd/144Nd auf die Zeit vor ≈4.56 Ga zurückzurechnen, Alter die v.a. die U–Th–Pb-Chronologie als Alter der Meteorite und damit vermutlich auch der Erde nahelegt. Die bessere Lösung ist aber die, das Alter der internen Äquilibrierung der Meteorite zu bestimmen, d.h. Mine-ralisochronen zu messen. Dazu eignen sich nur die Achondrite, deren Minerale – im Gegensatz zu denen aus Chondriten – eine genügend große Sm/Nd-Fraktionierung zeigen, da sie ehemals im Gleichgewicht mit einer Schmelze standen, also eine Hochtemperatur-fraktionierung erlebt haben. G.W. Lugmair wählte ursprünglich den Achondriten Juvinas aus, für den er ein (143Nd/144Nd)o von 0.50670±10 (bias corrected) bei einem Alter von 4.56±0.08 Ga erhielt. Dieser Wert ist durch Analyse weiterer Achondrite verfeinert worden, und als bester Initialwert gilt ca. 0.50663 bei einem Alter von 4.60 Ga[66]. Der heutige143Nd/144Nd-Wert der Chondrite liegt bei ≈0.512638. Daraus resultiert nach GL 61 ein 147Sm/144Nd-Verhältnis von 0.1967 (≡Sm/Nd von 0.3254)[68]. Damit ist die Nd-Isotopen-entwicklungskurve der Erde vollständig bestimmt.

In den meisten Veröffentlichungen wird die Nd-Isotopenzusammensetzung nicht nur als 143Nd/144Nd, sondern zusätzlich als εNd (εChur, εbulk-earth, εJuv) angegeben. Damit ist die rela-tive Abweichung (in 10000stel) der Nd-Isotopie einer Probe von der Isotopie einer Bezugs-probe gemeint, für die das 143Nd/144Nd einer Probe mit chondritischem Sm/Nd gewählt wird, also Chondrite (Chur) oder die Erde (bulk-earth) oder – früher – der Achondrit Juvi-nas (Juv). Dessen 147Sm/144Nd beträgt jedoch nur 0.1936 und daher ist sein 143Nd/144Nd heute mit 0.512566 etwas niedriger als das der Chondrite oder der Erde. Der ε-Wert läßt sich berechnen nach:

[GL 62]

[GL 63]

Eine Probe mit 143Nd/144Nd>0.512638 hat daher ein positives, eine solche <0.512638 ein negatives εNd [z.B. ein mittelozeanischer Rückenbasalt (MORB) mit 0.5132 ⇒ 11.0, ein Ton-schiefer mit 0.5120 ⇒ -12.4].

εNd(T) steht für das εNd einer Probe, zurückgerechnet auf eine Zeit t vor heute. Um z.B. εNd(500Ma) ausrechnen zu können, müssen das 143Nd/144Nd der betrachteten Probe und das der „bulk-earth“ auf 500Ma vor heute zurückgerechnet werden.

ε =( )

( )143 144

143 144

Nd Nd

Nd NdProbe

Bezugsreservooir

−⎡

⎢⎢⎢

⎥⎥⎥

×1 104

ε =( )

−⎡

⎢⎢

⎥⎥

×143 144

4

0 5126381 10

Nd NdProbe

.

59

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Das Sm–Nd-System

Die Angabe einer relativen Isotopenzusammensetzung findet man unter anderem auch beim Sr (εUR, UR= uniform reservoir), Hf (εHf), W (εW), Os (γOs als Prozentabweichung) sowie als Promilleabweichung δ und in ε-Form bei den stabilen Isotopen (δ18O, δ13C).

Während die ε-Angabe für die Hf-Isotope immerhin den Vorteil hat, daß man sich nur Zah-len zwischen vielleicht -20 und +20 merken muß, und die ε-Angabe für das Sr gänzlich überflüssig ist, hat sie beim Nd einen ganz realen und sinnvollen Hintergrund. Während nämlich die εNd-, εChur- oder εbulk-earth-Werte, die von verschiedenen Labors angegeben wer-den, direkt miteinander vergleichbar sind, ist das für die 143Nd/144Nd-Verhältnisse nicht der Fall. Das liegt an unterschiedlichen Normierungen der Meßwerte (siehe Kapitel 7.0, Seite 77). Für einige Laboratorien (insbesondere California Institute of Technology, Univer-sity of California–Berkeley, NASA-Houston) ergibt sich ein Wert von 143Nd/144Nd = 0.511847 für das Bezugsreservoir, der anstelle von 0.512638 in GL 63 einzusetzen ist.

5.2 Sm–Nd – Anwendung zur DatierungAuf Grund der langen Halbwertszeiten von 147Sm und der geringen Sm/Nd-Fraktionierung eignet sich das Sm–Nd-Isotopensystem bevorzugt zur Datierung von geologisch alten (prä-kambrischen) Gesteinen. Hier gilt es als stabiler als das Rb/Sr-System, weil die REE weniger mobil sind als Rb und weil Sm und Nd weniger voneinander fraktionieren als Rb und Sr. Mit der Analyse von Gesamtgesteinen scheint man oft durch die Metamorphosen „hin-durchschauen“ zu können und magmatische Ereignisse zu datieren. Wie bereits früher erwähnt, eignet sich das Sm–Nd-System vor allem zur Datierung mafischer Gesteine, da diese sich durch höhere Sm/Nd-Verhältnisse und damit rascheres Wachstum des 143Nd/144Nd auszeichnen als saure Gesteine.

ABBILDUNG 47 Sm–Nd-Isotopenbeziehungen für eine bimodale Suite von archaischen Gneisen in Swaziland

Abbildung 47 für die Bimodal Suite[69] des Ancient Gneiss Complexes im südlichen Afrika gibt aber auch einen Einblick in die Problematik von Sm–Nd-Gesamtgesteinsdatierungen. Die Datenpunkte liegen exakt auf einer Geraden; überzeugende Hinweise für eine Mischungs-linie gibt es nicht. Darf man die Gerade daher als Isochrone betrachten? Problematisch sieht es nämlich mit der Erfüllung einer anderen Voraussetzung für das Vorliegen einer

0.513

0.512

0.511

0.510

0.509

0.5080.250.200.150.100.050.00

143 N

d/144Nd

147Sm/144Nd

saurer Gneis

Monzonitgneis

Initialwert: 0.508249±31

Tonalitgneis

Dioritgneis

MetabasaltMetabasalt„Bimodal Suite –

Ancient GneissComplex“, Swaziland

t = 3417±34Ma

εNd(t) = 1.1±0.6

60

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A. Radiogene Isotopensysteme

Isochrone aus: Die Proben variieren von sauren Gneisen bis hin zu Gesteinen mit basalti-scher Pauschalzusammensetzung. Sind die Proben dann kogenetisch? Diese Frage ist sicherlich zu verneinen, und man muß sich fragen, was die vermeintliche Isochronenbe-ziehung dann bedeuten kann. Es ist denkbar, daß die Gesteinssuite innerhalb geologisch kurzer Zeit aus einem von der Nd-Isotopie einigermaßen homogenen Mantel differen-zierte; die Stadien zwischen Kristallisation des Basaltmagmas und Granitoidbildung (z.B. durch Aufschmelzung anderer aber gleich alter in der tiefen Kruste kristallisierter Basalte oder durch fraktionierte Kristallisation von Basaltmagmen) waren so kurzlebig, daß die Gesteine innerhalb des zeitlichen Auflösungsvermögens der Methode gleich alt erschei-nen. Sm–Nd-Isochronenbeziehungen, die derart verschiedene Gesteinstypen umfassen, werden in ihrer Interpretation notwendigerweise umstritten bleiben. Wegen der großen geochemischen Ähnlichkeit von Sm und Nd verhält sich dieses Isotopensystem aber zwei-fellos stabiler als das Rb–Sr-System gegenüber sekundären Veränderungen, z.B. Aufheizun-gen im Zuge einer Metamorphose. So liefert das Rb–Sr-System für dieselben Proben aus dem Ancient Gneiss Complex keine akzeptable lineare Beziehung (Abbildung 48). Anderer-seits sollte gerade diese Diskrepanz Anlaß geben, sorgsam zu prüfen, ob die linearen Sm–Nd-Beziehungen vielleicht durch Magmenmischung erworben wurden (siehe auch Kapitel 6.0, Seite 69).

Zur Aufnahme von Sm–Nd-Mineralisochronen eignen sich unter den Mineralen in Magmatiten vor allem Pyroxen-Plagio-klas-Paragenesen, weil Pyroxene vergle ichs-weise hohe und Plagio-klase sehr niedrige Sm/Nd-Verhältnisse haben. In metamorphen Gestei-nen ist der Granat das wichtigste Mineral für Sm–Nd-Datierungen; er kann Sm extrem hoch über Nd in sein Gitter einbauen und hat damit zumindest potentiell eine ähnlich große Bedeutung wie die Glimmer für das Rb–Sr-System. Ein Bei-spiel einer Mineraliso-chrone ist in Abbildung 49 für einen Eklogit aus dem Münchberger Gneisgebiet aufge-führt[70]. Die Sm/Nd-Fraktionierung von Granat ist in diesem Beispiel so hoch, daß sich möglicherweise sogar deren Wachstum ansatzweise rekonstruieren läßt. Die genaue Rekon-struktion scheitert daran, daß für die Analyse eine Anzahl von Körnern benötigt wird; dabei ist die Auftrennung in verschiedene Wachstumszonen beim Auslesen von Hand schwierig.

Zweipunktisochronen sind für Metamorphite recht beliebt geworden, die aus Datenpunk-ten für das Gesamtgestein und Granat bestehen. Das mag ausreichend sein, solange das Gestein mineralogisch und texturell äquilibriert ist, d.h. solange nicht Minerale oder Tex-turen vorhanden sind, die in verschiedenen Entwicklungsphasen des Gesteins entstanden sind. So wurde z.B. bei Untersuchung eines Übergangs von Gabbro in Eklogit gefunden, daß Minerale aus mineralogisch und texturell sich im Ungleichgewicht befindenden Gesteinen nicht auf eine Gerade im Sm–Nd-System fallen; die Minerale mit extremen Sm/Nd- und 143Nd/144Nd-Verhältnissen bilden vielmehr die Ecken eines Dreiecks, in das

87Sr/8

6 Sr

87Rb/86Sr

0.95

0.90

0.85

0.80

0.75

0.706543210

saurer Gneis Monzonit-gneis

TonalitgneisDioritgneis

Metabasalt

Meta-basalt

„Bimodal Suite –Ancient Gneiss

Complex“, Swaziland

ABBILDUNG 48 Die Rb–Sr-„Isochrone“ für dieselbe Suite ist we-sentlich schlechter definiert.

61

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Das Sm–Nd-System

irgendwo die Zusammensetzung des Gesamtgesteins fällt[71]. Potentielle Probleme mögen sich auch z.B. ergeben, wenn unter trockenen Bedingungen Granate diffusionskontrolliert vor allem auf Kosten von Plagioklasen wachsen und Klinopyroxene auf Kosten von Amphibolen (oder bereits im Ausgangsgestein vorhanden waren und sich nur chemisch an die neuen P–T-Bedingungen anpassen). Plagioklase haben sehr niedrige Sm/Nd-Verhält-nisse und entwickeln im Lauf der geologischen Zeit entsprechend niedrige Nd-Isoto-pien.Da Diffusion allein nicht sehr effektiv sein wird, die Isotopenzusammensetzungen bei der Metamorphose zu homogenisieren, könnte der Granat auf diese Art seine Geschichte mit einem niedrigeren 143Nd/144Nd beginnen als die übrigen Minerale des Gesteins.

Beträchtliche Unsicherheit besteht in der Frage, bei welchen Temperaturen der Nd-Isoto-penaustausch in Granat zum Erliegen kommt. Vielfach wird davon ausgegangen, daß die „Schließungstemperatur“ in Granaten aus Eklogiten und Granuliten bei ≈800 – 1000°C liegt[72],[73],[74]; damit würde die Temperatur der Granatkristallisation angezeigt. Angenom-men wird dabei, daß die mit Hilfe verschiedener Geothermometer abgeleitete Temperatur des Gesteins die Nd-Schließungstemperatur angibt. Nach einer anderen Ansicht sind Sm–Nd-Alter von Mineralen aus Granuliten, die i.w. durch Granat bestimmt werden, jedoch Abkühlalter[75]. Diese Interpretation gründet sich auf den Befund, daß das U–Pb-System von Mineralen aus denselben Gesteinen oder zumindest demselben Gebiet z.T. signifikant höhere Alter liefert. Nach der Diskussion auf Seite 35 und folgenden wird von Fall zu Fall zu prüfen sein, inwieweit Texturen, Mineralzonierungen und Reaktionsgefüge Hinweise auf die Kristallisationsabfolge der Minerale und die Abkühlungs- und Deformations-geschichte der Gesteine liefern und damit eine Erklärung für mit unterschiedlichen Isoto-pensystem gewonnene unterschiedliche Alter.

ABBILDUNG 49 Sm–Nd-Mineralisochrone für Eklogite aus dem Münchberger Gneisgebiet. Die Granate sind chemisch zoniert; ihre Kerne scheinen etwas älter zu sein als die Ränder.

0.522

0.520

0.518

0.516

0.514

0.512

43210147Sm/144Nd

143 N

d/144Nd

Cpx II

Amphibol

Granat (Kerne)

Granat (Ränder)

Granat(Ränder)

Eklogit Weißenstein(Münchberger Gneisgebiet)

εNd(t) = 8.3±0.2

t = 395±4Ma

t = 384±2Ma

0.5140

0.5136

0.5132

0.5128

0.60.50.40.30.20.10.0

GesamtgesteinCpx I

Cpx II

62

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A. Radiogene Isotopensysteme

5.3 Nd-Isotope als Tracer und die Korrelation zwischen Sr- und Nd-IsotopenInfolge der unterschiedlichen Inkompatibilitäten von Mutter und Tochter in den Isotopen-systemen Rb–Sr und Sm–Nd findet man in den Gesteinen des Erdmantels und solchen, die sich durch partielle Aufschmelzung daraus ableiten, meistens eine inverse Korrelation zwi-schen ihren Rb/Sr- und Sm/Nd-Verhältnissen. Da im Verlauf der Erdgeschichte verschie-dene Teile des Erdmantels eine Reihe von Magmenextraktionsprozessen unterschiedlichen Ausmaßes erfahren haben, hat sich infolge der über lange Zeit unterschiedlichen Sm/Nd- und Rb/Sr-Verhältnisse in den Gesteinen des Erdmantels eine grob inverse Korrelation zwi-schen den Sr- und den Nd-Isotopen ausgebildet, den man als den mantle array bezeichnet hat; diese Bezeichnung wird jedoch nur noch selten verwandt, weil das Korrelationsband mit der Zahl der zur Verfügung stehenden Analysen immer breiter wurde. Danach ist der ozeanische Erdmantel, aus dem die MOR-Basalte stammen, zeitintegriert stark an inkom-patiblen Elementen verarmt, verglichen mit dem Mantel, aus dem sich die Basalte der Ozeaninseln wie Hawaii oder Samoa ableiten (siehe Abbildung 102, Seite 134; der mantle array entspricht darin ungefähr dem Feld von MORB und dem von Hawaii) oder wie der Mantel, der an der Bildung der Basalte der Inselbögen beteiligt war (in Abbildung 102 nicht dargestellt, um den möglichen Einfluß durch Assimilation kontinentaler Kruste zu elimi-nieren).

ABBILDUNG 50 Variation von Sr- und Nd-Isotopien in Gesteinen der kontinentalen Kruste. Die Pfeile geben die Richtung der Änderung der Isotopien als Funktion der (nicht spezifizierten) geologischen Zeit wieder. Das flächig markierte Feld gibt die ungefähren Begrenzungen für Gesteine der kontinentalen Kruste an. Im Bereich links und oberhalb der gestrichelten sich im bulk-earth-Punkt kreuzenden Linien liegt das Feld der zeitintegriert an Nd relativ zu Sm und Rb relativ zu Sr verarmten Gesteine (bzw. Quellregionen der Gesteine, insbe-sondere der Erdmantel), im Bereich rechts und unterhalb dieser Linien das Feld der zeitintegriert angereicherten Materialien, insbesondere die konti-

0.700 0.710 0.720 0.730 0.740 0.75087Sr/86Sr

0

10

-10

-20

-30

-40

-50

ε Nd

Feld der Sr-Nd-Korrelation

ozeanischer Basalte

„bulk-earth“

Relation zwischen Sr- und Nd-Isotopenzusammensetzung der

kontinentalen Erdkruste

phanerozoischeKruste mit hohemRb/Sr (Granitoide,

Sedimente)

alte Kruste mitniedrigem Rb/Sr

(Granulite)

archaische Kruste mit hohem Rb/Sr

(Sedimente, Granitoide, Metamorphite ohne Granulite)

verarmt

angereichert

63

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Das Sm–Nd-System

nentale Oberkruste. Die beiden übrigen Quadranten sind seltener belegt; links unten liegen insbesondere alte Granulite, die zwar eine relative Anrei-cherung der leichten REE zeigen, aber Rb-arm sind und damit ein sehr klei-nes Rb/Sr haben; rechts oben liegt z.B. stark hydrothermal alterierte Ozeankruste.

Die heutige Nd-Isotopie der chondritischen Meteorite von ≈0.512638 gilt auch für die Erde, wenn man davon ausgeht, daß die Erde, als ein einziges homogenes Reservoir betrachtet, Sm und Nd in chondritischem Verhältnis enthält. Aus der Korrelation der Sr- und Nd-Isotope für ozeanische Basalte folgt, daß dem chondritischen 143Nd/144Nd-Wert ein 87Sr/86Sr-Verhältnis von ≈0.7045 – 0.7052 entspricht, das man in erster Näherung als Sr-Isotopie der Gesamterde ansehen kann – vorausgesetzt die Sr-Isotopie der Erdkruste ist davon nicht zu weit entfernt, und es gibt im tieferen Erdmantel keine Reservoire, die nicht an der Produktion von Basaltmagmen beteiligt waren und völlig andere Rb/Sr-Verhältnisse haben. Wenn das 147Sm/144Nd der Erde allerdings um ca. 5% über dem chondritischen Ver-hältnis liegt[67], läge das heutige ε143Nd der Erde um +5 und für 87Sr/86Sr würde ein Verhält-nis um 0.7035 für den heutigen Silikatteil der Erde resultieren.

Die Gesteine, welche die kontinentale obere Erdkruste aufbauen (Granitoide, klastische Sedimente), zeichnen sich durch eine außerordentlich hohe Variation ihrer Rb/Sr-Verhält-nisse aus, während ihre Sm/Nd-Verhältnisse einander sehr ähnlich sind. Infolgedessen wird für diese Gesteine auch keine Korrelation mehr zwischen 87Sr/86Sr und 143Nd/144Nd beobachtet (mit der eventuellen Ausnahme von genetisch zusammengehörenden Gesteinskomplexen), was besonders deutlich am Beispiel von Granitoiden und deren metamorphen Äquivalenten wird (siehe Abbildung 50, die nach verschiedenen Literatur-daten zusammengestellt ist).

Da die Fraktionierung von Sm und Nd in der Natur sehr gering ist, verglichen mit der von Rb und Sr, kann man aus dem 143Nd/144Nd eines Gestein oft einen ganz groben Alters-hinweis ablesen. Abbildung 50 zeigt z.B., daß präkambrische Granitoide bzw. Gneise 143Nd/144Nd<0.5120 haben, phanerozoische Granitoide und Gneise von durchweg >0.5120 – vorausgesetzt sie sind nicht durch Assimilation oder Aufschmelzung von geologisch alter Kruste entstanden. Diese grobe Korrelation zwischen 143Nd/144Nd und dem Alter kann man quantitativ als sogenanntes Modellalter ausdrücken.

5.4 ModellalterDer Begriff des Modellalters ist nicht für ein bestimmtes Isotopensystem definiert sondern allgemein. Unter einem Modellalter versteht man die Zeit, zu der ein Gestein dieselbe Iso-topenzusammensetzung hatte wie das Material, das zum Vergleich herangezogen wird, in der Regel das (hypothetische) Material, aus dem das interessierende Gestein entstanden ist. Falls sich die Isotopie des Bezugsreservoirs halbwegs linear mit der Zeit entwickelt, kann man das Modellalter als durch eine Zweipunktisochrone bestimmbar ansehen; der zweite Datenpunkt ist das heutige Sm/Nd- und 143Nd/144Nd-Verhältnis (bzw. Rb/Sr und 87Sr/86Sr, analog für andere Isotopensysteme) des Bezugsreservoirs. Voraussetzung für die Berech-nung eines vernünftigen Modellalters ist daher, daß man eine begründete Annahme für die Isotopie des Ausgangsmaterials machen kann. Meist wird das nur schwer möglich sein, weil dieses Material nicht zugänglich ist. So wird bei einem Granit, der durch Aufschmel-zung von kontinentaler Unterkruste entstanden ist, das Ausgangsmaterial nicht zur Bepro-bung zur Verfügung stehen, auch wenn potentiell hochmetamorphe Al-reiche Metapelite der Umgebung in Verdacht stehen, die Restite dieses Prozesses zu sein. Außerdem ist die Isotopie der Kruste ziemlich heterogen, was sicherlich auch für die Quellregion der Granite gilt. Sm–Nd-Modellalter werden daher meist anders berechnet (Abbildung 51):

Es gibt eine Reihe von Indizien dafür, daß im Lauf der Erdgeschichte die kontinentale Kru-ste letztlich durch Differentiationsprozesse aus dem Erdmantel gebildet worden ist. Man nimmt daher meist an, daß der zweite Modellpunkt der Isochronen der Erdmantel ist, und zwar nicht chondritischer, sondern ein als Folge der Differentiationsprozesse an inkompa-

64

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A. Radiogene Isotopensysteme

tiblen Elementen verarmter Erdmantel. Das so berechnete Modellalter wird auch oft, ins-besondere wenn es sich um klastische Sedimente handelt, als crustal residence age bezeich-net. Dieser Ausdruck beinhaltet, daß man nicht davon ausgehen darf, das betrachtete Gestein sei direkt aus dem Erdmantel entstanden. Ein Sediment kann z.B. aus der Verwit-terung von anderen Sedimenten entstanden sein, die ihrerseits bereits aus anderen Sedi-menten hervorgegangen sind, die wiederum Verwitterungsprodukte von Granitoiden sind etc. Daß man dennoch im Fall des Sm–Nd-Isotopensystems auch für ein solches Beispiel noch ein vernünftiges Modellalter erhalten kann, ergibt sich daraus, daß mit der Bildung und Umlagerung von Sedimenten keine wesentliche Fraktionierung des Sm/Nd-Verhält-nisses einhergeht, so daß auch das Sm/Nd von solchen umgelagerten Sedimenten noch repräsentativ ist für das ihres ehemals magmatischen Ausgangsgesteins.

ABBILDUNG 51 Ob ein Modellalter sinnvoll ist, hängt davon ab, wie sinnvoll die Wahl des Modellreservoirs ist, gegen welches das Alter der interessierenden Probe er-rechnet wird.

Wenn Modellalter irgendeine geologische Bedeutung haben sollen, muß eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein[76]:

1. Die Wahl des Modellpunktes muß sinnvoll sein. Die Wahl von chondritischem (un-fraktioniertem) Erdmantel als Modellpunkt kann genauso sinnvoll oder sinnlos sein wie die Wahl von an inkompatiblen Elementen verarmtem Erdmantel. Bei Wahl von unfraktioniertem Erdmantel werden die Nd-Modellalter für Granitoide etc. (Gesteine mit Sm/Nd < chondritisch) niedriger sein als bei Wahl von ozeanischem Erdmantel.

2. Die Isotopenentwicklung, d.h. sowohl Sm/Nd als auch 143Nd/144Nd von interessieren-dem Gestein und dessen Ausgangsmaterial (z.B. dem verarmten Erdmantel) muß genü-gend voneinander abweichen, so daß in einem 143Nd/144Nd – Zeit-Diagramm der Schnittpunkt der beiden Isotopenentwicklungslinien wohl definiert ist. Da basische Gesteine, insbesondere wenn sie höhere Aufschmelzgrade des Erdmantels repräsentie-ren, oft relativ hohe Sm/Nd-Verhältnisse haben, lassen sich für Basite nur selten solche Modellalter ableiten.

3. Die Isotopenentwicklung des Modellreservoirs muß hinlänglich bekannt sein. Das ist für den oberen Erdmantel der Fall. Die Isotopenentwicklung kann aber nicht als völlig

1.5 1 0.5 0

t [Ga]

0.5105

0.5110

0.5115

0.5120

0.5125

0.5130

143 N

d/1

44Nd

Orthogneisverarm

ter oberer Erdmantel

chondritisches Reservoir (primitiver Erdmantel)

Mod

ella

lter

Mod

ell-

alte

r

Met

amor

phos

ealte

r

Illustration eines Modellalters:Die Isotopie der interessierenden Probe wird

zeitlich zurückgerechnet, bis ihre Entwicklungs-kurve sich mit der Entwicklung eines Modell-

reservoirs schneidet.

65

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Das Sm–Nd-System

linear mit der Zeit angenommen werden, da die großen Krustenbildungsprozesse epi-sodisch und nicht kontinuierlich verliefen. Eine ganz grobe Abschätzung der Isotopen-entwicklung des verarmten Erdmantels kann nach der empirischen Formel εNd(t) = 0.25t2 – 3t + 8.5 [T = Alter in Ga] vorgenommen werden[77]. Man wird aber nicht davon ausgehen dürfen, daß zu jedem Zeitpunkt überall die Isotopenzusammensetzung des Erdmantels identisch ist, weil die Verarmung an inkompatiblen Elementen episodisch und lokalisiert, insbesondere bei Orogenesen, ist.Für die praktische Berechnung des Nd-Modellalters mit dem verarmten Erdmantel als Bezugsreservoir eignet sich diese Abschätzung der Nd-Isotopie des Mantels nicht be-sonders, da die resultierende Gleichung nur iterativ lösbar wird. Man kann alternativ auch von einer zeitlich linearen Änderung der Nd-Isotopie des verarmten oberen Erd-mantels ausgehen, weil der Beitrag des quadratischen Gliedes der Gleichung gering ist. Da das Modellalter die Zeit ist, zu der die interessierende Probe dieselbe Isotopie hatte wie das Bezugsreservoir, gilt:

[GL 64]

mit dm = „depleted mantle“, dessen 143Nd/144Nd mit ≈ 0.5131 und 147Sm/144Nd mit 0.22 angesetzt werden kann.

4. Der Differentiationsprozeß muß innerhalb kurzer Zeit ablaufen, d.h. Zwischenstufen der Differentiation mit einem vom Endprodukt sehr verschiedenen Sm/Nd-Verhältnis und damit unterschiedlicher Wachstumsgeschwindigkeit des 143Nd/144Nd dürfen nur geologisch kurze Zeit bestanden haben. Wenn sich z.B. aus dem Erdmantel zuerst ein Gabbro bildet und daraus erst einige 100Ma später der Granit, dessen Modellalter man errechnen will, dann wird dieses Modellalter, je nachdem ob der Gabbro ein höheres oder niedrigeres Sm/Nd-Verhältnis hatte als der Granit, niedriger oder höher ausfallen als das wahre crustal residence age.

5. Bei späteren krustalen Prozessen, z.B. sedimentärer Umlagerung, tritt keine Änderung des Sm/Nd ein, was sich genauso auswirken würde wie unter 4.) beschrieben.

In Anbetracht der vielen Unbekannten, die in die Berechnung der Modellalter eingehen, darf man nicht erwarten, auf diese Weise geologisch genau definierte Alter zu erhalten, sondern wird schon einige 100Ma als Unsicherheit zulassen müssen. Zur genauen Datie-rung ist das Verfahren daher unbrauchbar mit Ausnahme der seltenen Fälle, in denen die Isotopenzusammensetzung des Bezugsreservoirs nicht kritisch für die Altersberechnung ist (Z.B. werden im Rb–Sr-System Modellalter von Glimmern meist recht exakt das geologi-sche Alter ihrer magmatischen oder metamorphen Entstehung widerspiegeln infolge ihrer extrem hohen Rb/Sr-Verhältnisse. Für 87Rb/86Sr = 10 und 87Sr/86Sr = 0.900, ist t = 1.39 Ga,

143

144

147

144

NdNd

SmNd

Probe Probe

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

eeNdNd

SmNd

t

dm

λ −( ) =⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠

1143

144

147

144 ⎟⎟ −( )dm

teλ 1

147

144

147

1441SmNd

eSmNd

dm

t

P

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( ) −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

λ

rrobe

t

dm

eNdNd

NdNd

λ −( ) =⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛

1143

144

143

144⎝⎝⎜⎞⎠⎟ Probe

e

NdNd

NdNdt dmλ −( ) =

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

1

143

144

143

144PProbe

dm Pr

SmNd

SmNd

147

144

147

144

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ oobe

t

NdNd

NdNd

dm Pr=

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟1

143

144

143

144

λln oobe

dm Prob

SmNd

SmNd

147

144

147

144

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ ee

+

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

1

66

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A. Radiogene Isotopensysteme

wenn das Modellreservoirs ein 87Rb/86Sr = 0 und 87Sr/86Sr = 0.700 hat; es liegt bei 1.34 Ga für Modellwerte von 87Rb/86Sr = 0.1 und 87Sr/86Sr = 0.710).

Mit Hilfe der Nd-Mo-dellaltersystematik hat man z.B. erschlossen, daß die kontinentale Kruste in Mitteleuropa (Gneise, Granitoide, klastische Sedimente) überwiegend „crustal residence ages“ von ≈1.6 – 2.0 Ga aufweist (Abbildung 52[78]; die Geraden stellen die Entwicklung der initia-len ε-Werte dar, die für Kruste im Mittel zu er-warten ist, die zu den angegebenen Zeiten durch Differenzierung aus dem Erdmantel ex-trahiert wurde.) und daß das mittlere Alter der kontinentalen Erd-kruste weltweit um ca. 2 Ga liegt.

Bei der Analyse von Grani-toiden, die potentiell aus den verschiedensten Aus-gangsgesteinen entstehen können, ist die Modellalter-systematik zuweilen auch noch zu etwas anderem nütze (s iehe Abbildung 53 [ 7 9 ] mit zusätz l i chen Daten aus [77], [78], [79], [80]). Wenn man das Nd-Modellalter gegen das geolo-gische Alter aufträgt, stellt man fest, daß die Differenz dieser beiden „Alter“ umso größer ist, je jünger die Gra-nitoide sind, auch wenn die Relation für hohe Alter zuge-gebenermaßen nur mit wenigen Daten belegt ist. Bis vor ≈2 Ga sind geologisches und Modellalter mehr oder weniger identisch. D.h. jene alten Granite müssen inner-halb geologisch kurzer Zeit durch Differentiation aus dem Erdmantel entstanden sein. Dagegen gibt es unter den phanerozoischen Granitoiden offensichtlich alle Über-

600 400 200 0-25

-20

-15

-10

-5

0

5

ε Nd(t)

Metamorphite

GranitoideSedimente

Initiale Nd-Isotopien krustalerGesteine aus Mitteleuropakale-

donischherzynisch1.4Ga

1.7Ga

2.0Ga

2.5Ga

3.0Ga

t [Ma]

ABBILDUNG 52 Initiale Nd-Isotopien der kontinentalen Kruste Mittel-europas.

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500geologisches Alter [Ma]

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

Nd

-Mo

del

lalt

er, r

elativ

zu

ver

arm

tem

Erd

man

tel [

Ma] Zusammenhang zwischen

Nd-Modellalter undgeologischem Alter für

Granitoide

ABBILDUNG 53 Die Nd-Modellalter phanerozoischer Granitoidesind meist wesentlich höher als die geologischen Alter, weil siein der Regel nur eine geringe I-Typ-Komponente aufweisen.

67

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Das Sm–Nd-System

gänge zwischen solchen, die innerhalb kurzer Zeit aus dem Erdmantel differenziert sein müssen und solchen, die vollständig durch Aufschmelzung älteren Krustenmaterials ent-standen sind.

Dieser Befund läßt sich auch am Beispiel der mesozoisch-käno-zoischen Batholithe im Westen der USA von Kalifornien bis Utah demonstrieren (siehe Abbildung 54). Die Bil-dung dieser Batholithe steht im Zusammen-hang mit der Subduk-tion der pazifischen Platte unter den nord-amerikanischen Konti-nent. In der Abbildung sind die initialen εNd-Werte dieser Grani-toide (also εNd zur Zeit ihrer Intrusion) gegen die Entfernung von der Westküste aufgetra-gen. Entlang der West-küste findet man hohe initiale εNd-Werte, die fast dem des verarmten ozeanischen oberen Erdmantels entspre-chen. Diese Granitoide enthalten daher fast ausschließlich Erdmantel-Nd. Die initialen εNd-Werte sinken in Richtung Inland und sind im Osten von Nevada nicht mehr unter-scheidbar von den Werten, die man für die kontinentale Erdkruste dort annimmt, d.h. dort ist kein Einfluß des Erdmantels (bzw. in diesem Fall der subduzierten ozeanischen Kruste) in den Granitoiden mehr zu erkennen; die Bildung dieser Granitoide kann daher nicht mehr in Zusammenhang mit der Subduktion gestellt werden. Diese Abbildung macht jedoch auch die Grenzen der Modellalterberechnung deutlich: Offensichtlich gibt es unter den Granitoiden alle Übergänge zwischen solchen, die sich aus dem Erdmantel und sol-chen, die sich aus der kontinentalen Kruste ableiten. D.h. die Batholithe entlang der West-küste hätten TDM≈0; was in guter Näherung ihrem geologischen Alter entspräche, die im Osten von Utah hätten TDM, die in guter Näherung dem tatsächlichen „crustal residence age“ in dieser Region entspräche (≈1.8 – 2.5 Ga), während alle übrigen Alter reine Mischal-ter wären ohne jegliche geologische Bedeutung.

Nd-Isotopie des Erdmantels

0 200 400 600 800 1000 1200km Entfernung von der Pazifikküste

Kalifornien Nevada Utah

Nd-Isotopenzusammen-setzung der Granitoide

im Westen der U.S.A.

Nd-Isotopie der Kruste unterhalb 10km

Init

iales

ε Nd

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

ABBILDUNG 54 Variation der initialen Nd-Isotopien von Granitoidenim Westen der U.S.A. als Funktion des Abstands von der (ehemali-gen) Subduktionszone

68

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A. Radiogene Isotopensysteme

6.0 Zweikomponentenmischungen

Lineare Beziehungen in einem Isochronendiagramm brauchen nicht immer Alterssignifi-kanz zu haben, sondern können auch durch Mischen von 2 Komponenten erzeugt werden, die unterschiedliche Isotopenzusammensetzungen und Elementverhältnisse aufweisen. Beispiele für Mischungsvorgänge in der Natur sind Magmenkontamination durch Assimi-lation von Nebengestein, Mischung verschiedener Magmen, die Bildung von Sedimenten aus Gesteinen unterschiedlicher Herkunft oder die Durchmischung von Fluß-, See- und Ozeanwasser.

Für die Mischung von 2 Komponenten A und B definieren wir einen Mischungsparameter f als

f = a / (a+b) [GL 65]

[analog für >2 Komponenten: ], wobei a und b die Massen der bei-

den Komponenten in der Mischung darstellen, d.h. f ist der Bruchteil von A in der Mischung M der Masse m = a + b. Die Konzentration eines beliebigen Elementes X in dieser Mischung ist gegeben durch die Massenbilanzgleichung

xM = xA × f + xB × (1 – f) = f × (xA – xB) + xB [GL 66]

[für beliebig viele Komponenten: ] oder, nach f aufgelöst

f = (xM – xB) / (xA – xB) [GL 67]

mit xA und xB = Konzentration des Elements X in Komponente A bzw. B. Betrachtet man zusätzlich ein zweites Element Y, so gilt dafür eine analoge Gleichung:

f = (yM – yB) / (yA – yB) [GL 68]

Durch Gleichsetzen der beiden Gleichungen GL 67 und GL 68 läßt sich der Mischungs-parameter f eliminieren, und es ergibt sich

(xM – xB) / (xA – xB) = (yM – yB) / (yA – yB) [GL 69]

yM = [(xM – xB) / (xA – xB)] × (yA – yB) + yB

yM = [(xM – xB) × (yA – yB) + yB × (xA – xB)] / (xA – xB)

yM = (xM × yA – xM × yB – xB × yA + xB × yB + xA × yB – xB × yB) / (xA – xB)

[GL 70]

In einem Plot yM gegen xM ist dies die Gleichung einer Geraden, da in einer Zweikompo-nentenmischung die Elementkonzentrationen der Endglieder Konstanten sind.

GL 66 ist auch gültig für den Fall, daß die beiden Komponenten A und B nicht nur ver-schiedene Elementkonzentrationen, sondern auch unterschiedliche Isotopenzusammen-setzungen aufweisen. Die Anzahl der Atome i des Isotops I (z.B. 87Sr) in der Mischung Mergibt sich zu:

[GL 71]

fa

af

A B

ψψ

ψψ

ψψ

= =

= …∑ ∑

,

; 1

x x fMA B

= ( )= …∑ ψ ψ

ψ ,

y xy yx x

x y x yx xM M

A B

A B

A B B A

A B

= ×−−

+−−

ix h N f

Wx h N f

WMA IA Av

A

B IB Av

B

= +−( )1

69

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Zweikomponentenmischungen

wobei h die Häufigkeit des Isotops I im Element X und W das Atomgewicht des Elements X in den beiden Komponenten A und B sowie NAv die Avogadro-Zahl sind, z.B. für Sr:

Eine analoge Gleichung gilt für die Zahl der Atome j eines zweiten Isotops J desselben Ele-ments, z.B. 86Sr:

.

Dividiert man die Gleichungen für iM und jM durcheinander, dann resultiert:

[GL 72]

z.B. für 87Sr/86Sr:

In der Regel gilt für die Atomgewichte WA ≈ WB und oft für die Häufigkeit des Isotops j (z.B. im Fall von Nd, Hf, Os und meist sogar für Sr) hJA ≈ hJB (Z.B. für 87Sr/86Sr von 0.700 und 0.800 differiert die Häufigkeit des 86Sr um weniger als 1% und die Atomgewichte sogar nur um 0.08%.). Mit diesen Näherungen vereinfacht sich GL 72 zu:

Das Isotopenhäufigkeitsverhältnis hIA/hJ ist identisch mit RA und hIB/hJ = RB und der Nenner der Gleichung [xA × f + xB × (1 – f)] = xM nach GL 66, also:

[GL 73]

Diese Gleichung kann benutzt werden, um die Isotopenzusammensetzung von Zweikom-ponentenmischungen für beliebige f-Werte zu berechnen.

Für Sr ergibt sich:

87 87 87 1Sr

Sr h N fW

Sr h N fWM

A A Av

A

B B Av

B

= +−( )

86 86 86 1Sr

Sr h N fW

Sr h N fWM

A A Av

A

B B Av

B

= +−( )

ij

Rx h N f W x h N f W

MM

A IA Av A B IB Av⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= =( ) + −( )( )1 BB

A JA Av A B JB Av Bx h N f W x h N f W( ) + −( )( )1

Rx h f W x h f W

x h f W x hMA IA A B IB B

A JA A B J

=( ) + −( )( )( ) +

1

BB Bf W1 −( )( )

87

8687 87 1Sr

Sr

Sr h f W Sr h f

M

A A A B B⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=( ) + −( )( ) WW

Sr h f W Sr h f WB

A A A B B B86 86 1( ) + −( )( ) .

R Wx h f x h f

Wx h f x h f

M

A IA B IB

A JA B JB

=+ −( )⎡⎣ ⎤⎦

+ −

11

11(( )⎡⎣ ⎤⎦

Rx h f x h f

h x f x fMA IA B IB

J A B

=+ −( )

+ −( )⎡⎣ ⎤⎦

1

1

R

x h fh x f x f

x h f

h x fMA IA

J A B

B IB

J A

=+ −( )⎡⎣ ⎤⎦

+−( )

+1

1

xx fB 1 −( )⎡⎣ ⎤⎦

R R fxx

R fxxM A

A

MB

B

M

= + −( )1

87

86

87

86

87SrSr

SrSr

fSrSr

Sr

M A

A

M

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+ 886 1Sr

fSrSr

B

B

M

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( )

70

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A. Radiogene Isotopensysteme

Zur Eliminierung des Mischungsfaktors f wird GL 73 nach f aufgelöst:

[GL 74]

Dies, mit GL 67 gleichgesetzt, ergibt:

und daraus resultiert, nach RM aufgelöst:

[GL 75]

z.B. für Sr:

Dies ist die Gleichung einer Hyperbel, wenn man RM gegen xM aufträgt:

RM = a1/xM + a0

R R fxx

Rxx

R fxxM A

A

MB

B

MB

B

M

= + −

R Rxx

f Rxx

RxxM B

B

MA

A

MB

B

M

− = −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

fR R x x

R x x R x xM B B M

A A M B B M

=−

−/

/ /

fx R x R x

x R x R xM M M B B

M A A B B

=−( )

−( )1

1

fR x R x

R x R xM M B B

A A B B

=−( )

−( )

x xx x

R x R x

R x R xM B

A B

M M B B

A A B B

−−

=−( )

−( ) ,

x x R x R x

x xR x R xM B A A B B

A BM M B B

−( ) −( )−

= −

R R xx x

x x x

x x R x R x

x xM B BA B

M A B

M B A A B B

M

=−

−( ) +−( ) −( )

AA Bx−( )

RR x x R x R x x R x x R x x R x

MB A B B B A A M B B M A A B B B=

−( ) + − − +2 22( )−( )x x xM A B

RR x x R x x R x x R x x

x x xMB A B A A B A A M B B M

M A B

=−( ) + −( )

−( )

Rx x R R

x x x

x R x R x

x x xMA B B A

M A B

M A A B B

M A

=−( )

−( ) +−( )− BB( )

Rx

x x R R

x x

R x R x

xMM

A B B A

A B

A A B B=−( )

−( )⎡

⎣⎢

⎦⎥ +

−( )1

AA Bx−( )

87

86

87

86

8

1SrSr Sr

Sr SrSrSr

M M

A BB⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

=

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−77

86SrSr

Sr SrA

A B

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

−( )

⎨⎪

⎩⎪

⎬⎪

⎭⎪ +

887

86

87

86SrSr

SrSrSr

Sr

Sr SA

AB

B

A

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

− rrB( )

71

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Zweikomponentenmischungen

oder eine Geradengleichung, wenn man RM gegen 1/xM aufträgt:

RM = (1/xM) × a1 + a0 [GL 76]

ABBILDUNG 55 Beispiel für eine Zweikomponentenmischung der Sr-Isotope

Mit einer derartigen Auftragung läßt sich testen, ob sich eine lineare Beziehung in einem Isochronendiagramm als Mischungslinie interpretieren läßt. Das ist besonders wichtig für errorchrons, da kaum zu erwarten ist, daß exakt lineare Beziehungen durch Mischungsvor-gänge in magmatischen und metamorphen Systemen hergestellt werden. Assimilation von Fremdgestein durch ein Magma wird kaum zu homogenen Mischungen führen vielleicht mit Ausnahme von extrem heißen Magmen. Wenn sich die Daten in einem gewöhnlichen Isochronendiagramm ungefähr auf einer Geraden aufreihen und sich Isotopenverhältnisse und Konzentrationen (des Elements, welches das Tochternuklid enthält, also z.B. Sr) ent-lang der Geraden gleichsinnig verändern, liegt ein genügend hoher Anfangsverdacht vor, um zu testen, ob nicht vielleicht eher eine Mischungslinie vorliegt. Wenn neben der Zwei-komponentenmischung auch Prozesse der fraktionierten Kristallisation ablaufen – sicher-lich eine plausible Annahme – dann wird die Fraktionierung zudem eine Änderung der Elementverhältnisse in Kumulaten und Restschmelzen gegenüber der Ausgangsschmelze verursachen. Im Verlauf der geologischen Zeit können dann aber die linearen Beziehungen völlig zerstört werden, welche die Mischung belegen. So wird z.B. in pyroxenreichen Kumulaten die Nd-Isotopie wegen des höheren Sm/Nd-Verhältnisses rascher wachsen als in der Ausgangsschmelze, während die Sr-Isotopie infolge des sehr niedrigen Rb/Sr hinter derjenigen der Schmelze zurückbleibt. In einem plagioklasreichen Kumulat wird die Sr-Iso-topie wegen des niedrigen Rb/Sr kaum noch wachsen und die Nd-Isotopie wegen des nied-rigen Sm/Nd langsamer als in der Ausgangsschmelze. Zum Test auf eine Zweikomponen-tenmischung müssen daher die Isotopien aller Gesteine auf die vermutete Zeit zurückgerechnet werden, zu welcher der Mischungsvorgang ablief. Dies ist auch generell dann sinnvoll, wenn die Mutter/Tochter-Verhältnisse (z.B. Rb/Sr) groß sind und das Alter hoch ist, da bereits auf diese Weise ursprüngliche Heterogenitäten innerhalb einer Pro-

Illustration einerZweikomponenten-

mischung

0.700

0.705

0.710

0.715

0.720

0.725

0.730

0.735

0.700

0.705

0.710

0.715

0.720

0.725

0.730

0.735

150 200 250 300 350 0.003 0.004 0.005 0.006 0.007ppm Sr 1/ppm Sr

87Sr/86 Sr

Endglied B:150ppm Sr;

87Sr/86Sr = 0.730

Endglied A:350ppm Sr;

87Sr/86Sr = 0.7025

72

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A. Radiogene Isotopensysteme

benserie verdeckt werden können (kleineres MSWD über die geringere Gewichtung Wi der Datenpunkte allein auf Grund des Alters – siehe GL 58, Seite 48). Ist dieses Alter unbe-kannt, sollten die Isotopenzusammensetzungen auf verschiedene Alter zurückgerechnet werden. Dasjenige, für welches sich dabei die beste Korrelation zwischen der Isotopenzu-sammensetzung und dem Kehrwert des Elementgehaltes (z.B. 1/Nd) ergibt, dürfte dann als wahrscheinlichstes Alter der Mischung angesehen werden.

In Diagrammen, in denen zwei Verhältnisse radiogener Isotope gegeneinander aufgetragen werden, z.B. 143Nd/144Nd – 87Sr/86Sr oder 176Hf/177Hf – 143Nd/144Nd, ergeben sich keine Mischungsgeraden sondern Mischungskurven, die nach Gleichung GL 73 berechnet wer-den können:

bzw. da

ABBILDUNG 56 Sr-Isotopien einer Reihe von ozeanischen Basalten streuen um eine Gerade, deren Steigung einem Alter um 1.5 Ga entspricht.

Eine Auftragung von zwei Isotopenverhältnissen gegeneinander hat Vorteile gegenüber der Auftragung eines Verhältnisses gegen eine Konzentration, weil so z.B. Effekte der fraktio-nierten Kristallisation minimiert werden können (Änderung der Elementgehalte), welche die Assimilation von Nebengestein durch ein Magma begleiten. Indirekt bleibt aber auch hier die Konzentrationsabhängigkeit nach GL 73 bestehen. Eine beginnende Ausscheidung von Plagioklas aus einem Magma wird z.B. den Sr-Gehalt der Restschmelze verringern, so daß sich anschließend die Assimilation von radiogenem Nebengestein stärker auf die Sr-Isotopie der Restschmelze auswirken wird als vor der Plagioklasfraktionierung. Als Folge wird die Mischungslinie ihre Krümmung ändern. Die Notwendigkeit einer Korrektur der

R R fxx

R fxxM A

A

MB

B

M

= + −( )1 ,

x x f x fM A B= + −( )1 :

RR x f R x f

x f x fMA A B B

A B

=+ −( )+ −( )

11

.

0.702

0.703

0.704

0.705

0.706

0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0.14 0.1687Rb/86Sr

87Sr/86 Sr

„Eruptierte Mantelisochrone“ fürTholeiite der Ozeaninseln und

Ozeanböden

t ≈ 1.5Ga

73

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Zweikomponentenmischungen

Isotopien auf das Alter der Mischung bleibt bestehen, weil fraktionierte Kristallisation natürlich auch hier über die Änderung der Mutter/Tochter-Elementverhältnisse im Lauf der Zeit die Isotopien beeinflußt.

Abbildung 55 illustriert eine Zweikomponentenmischung an einem hypothetischen Bei-spiel. Auch bei Auftragung gegen das Rb/Sr-Verhältnis anstatt gegen 1/Sr ergibt sich eine lineare Beziehung im Fall von Mischungslinien, weil die Endglieder jeweils nur mit einem Faktor multipliziert werden.

Ein berühmtes Beispiel einer Pseudoisochronenbeziehung aus der Literatur ist das der „eruptierten Mantelisochronen“, deren Signifikanz in den 1970er Jahren diskutiert wurde (Abbildung 56[83]). Es zeigte sich, daß Rb–Sr-Daten für verschiedene ozeanische Tholeiite regional gemittelt entlang einer errorchron streuen, deren Steigung einem Alter von ≈1.5 – 2 Ga entspricht. Da Tholeiite Produkte hoher Aufschmelzgrade des Erdmantels sind, soll-ten sich Rb quantitativ und Sr nahezu quantitativ in der Schmelze befinden, d.h. die Tho-leiite sollten das Rb/Sr-Verhältnis des Erdmantels haben, aus dem sie erschmolzen wurden. Die Sr-Isotopie ändert sich bei der Aufschmelzung nicht. Das „Isochronenalter“ könnte dann irgendein Fraktionierungsereignis im Erdmantel datieren. Anfang der 1980er Jahre wurde diese Hypothese aber beiseite gelegt, weil es wahrscheinlicher wurde, daß die lineare Beziehung im Rb–Sr-Isochronendiagramm die Vermischung verschiedener Mantelreser-voire durch Konvektion in der Asthenosphäre wiederspiegelt, so daß das „Alter“ irgendein mittleres Alter der Verarmung an inkompatiblen Elementen im Erdmantel anzeigt. Auch das mittlere Alter der kontinentalen Erdkruste liegt um 2 Ga.

ABBILDUNG 57 Komatiite aus dem Abitibi-Belt scheinen eine wohl definierte Sm–Nd-Iso-chrone zu bilden, deren Alter allerdings nicht in Einklang mit der Geologie und mit U–Pb-Zirkondatierungen zu bringen ist.

Andere Isochronen sind nicht so einfach als Mischungslinien zu umzuinterpretieren. So reihen sich z.B. Komatiite und Tholeiite aus dem Abitibi-Belt in Ontario (Hudson Bay) auf einer Geraden auf, deren Steigung einem Alter von 2826±64 Ma entspricht (Abbildung 57). Zirkone aus dazitischen Tuffen stratigraphisch unter der Komatiit–Tholeiit-Serie ergeben aber ein ca. 125 Ma jüngeres Alter, das als das maximale magmatische Alter der Komatiite angesehen wird[84]. In Abbildung 58 sind die Nd-Isotopien auf verschiedene Zeiten zurück-

0.15 0.17 0.19 0.21 0.23 0.25 0.27

143 N

d/144Nd

147Sm/144Nd

0.5120

0.5125

0.5130

0.5135

0.5140

Komatiite und Tholeiite(Abitibi Belt, Kanada)

t = 2826±64Ma

εNd(t) = 2.7±0.3

Komatiite

Tholeiite

zum Vergleich:U-Pb-Zirkonalter

ist 2697±1Ma

74

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A. Radiogene Isotopensysteme

gerechnet und gegen den Kehrwert der Nd-Konzentration aufgetragen. Die Streuung der Daten um eine Gerade ist für 2697 Ma (das Zirkon-Alter) und 2826 Ma nicht nennenswert verschieden, so daß eine Wahrheitsfindung auf diesem Weg nicht möglich erscheint und man der Interpretation der Geländegeologen bezüglich der Korrektheit der stratigraphi-schen Abfolge und der Ansprache der dazitischen Tuffe vertrauen muß. – In jedem Fall ist darauf zu achten, daß eine Isochrone nicht allein auf Grund ihrer Statistik (niedriges MSWD) bewertet werden sollte, sondern zusätzlich ist eine adäquate, d.h. geologisch sinn-volle, Probenahme der Gesteinsserie von Interesse sicherzustellen.

ABBILDUNG 58 Dieselben Gesteine wie in Abbildung 57 liefern in einem Mischungs-diagramm keine klaren Hinweise für oder gegen das Ereignis einer Zweikom-ponentenmischung vor ca. 2700 Ma (Größe der Symbole entspricht ungefähr dem Analysenfehler). Wenn das magmatische Alter der Komatiit–Tholeiit-Serie tatsächlich bei rund 2700 Ma liegt, hätte das Endglied mit der höheren Nd-Isotopie den niedrigeren Nd-Gehalt (entsprechend dem höhe-ren 1/Nd) gehabt; dies ist plausibel.

2600 Ma

2697 Ma

2826 Ma

2900 Ma

0.5095

0.5094

0.5093

0.5092

0.5091

0.5090

0.5089

143 N

d/144Nd

0.50.40.30.20.10.0

1/Nd

Komatiite und Tholeiite(Abitibi Belt, Kanada):

Hinweise aufMagmenmischung?

75

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Zweikomponentenmischungen

Anhang:

GL 71 ist auch für beliebig viele Komponenten A, B,… gültig:

[GL 77]

desgleichen für jM:

so daß [GL 78]

Da WA ≈ WB ≈ WC ≈ … ≈W (d.h. die Atomgewichte der verschiedenen Phasen sind iden-tisch), vereinfacht sich die Gleichung zu:

Da außerdem hJA ≈ hJB ≈ hJC ≈…. ≈ hJ (d.h. z.B. die prozentualen Häufigkeiten von 86Sr in den verschiedenen Phasen sind identisch):

Nach GL 67 ist und also:

[GL 79]

was für beliebig viele Komponenten identisch ist mit GL 73.

ix h N f

Wx h N f

Wx h N f

WMA IA Av A

A

B IB Av B

B

C IC Av C

C

= + + + …

j x h Nf

WM J AvA

Z

==

∑ ψ ψψ

ψψ,

j x h Nf

WM J AvA

Z

==

∑ ψ ψψ

ψψ,

R

ij

x h Nf

Wx h N

f

WMM

MI Av

A

Z

J Av= =⎛

⎝⎜

⎠⎟

=∑ ψ ψ

ψ

ψψψ ψ

ψ

ψψψ =∑

⎝⎜

⎠⎟

A

Z

R

ij

N x hf

WN x h

f

WMM

MAv I

A

Z

Av J= =⎛

⎝⎜

⎠⎟

=∑ ψ ψ

ψ

ψψψ ψ

ψ

ψψψ =∑

⎝⎜

⎠⎟

A

Z

Rij W

x h fW

x h fMM

MI

A

Z

JA

Z

= =⎛

⎝⎜

⎠⎟

= =∑ ∑1 1

ψ ψ ψψ

ψ ψ ψψ⎝⎝

⎜⎞

⎠⎟

Rij

x h f h x fMM

MI

A

Z

JA

Z

= =⎛

⎝⎜

⎠⎟

⎝⎜

⎠⎟

= =∑ ∑ψ ψ ψ

ψψ ψ

ψ

Rij

xh

hf x fM

M

M

I

JA

Z

A

Z

= =⎛

⎝⎜

⎠⎟

⎝⎜

⎠⎟

= =∑ ∑ψ

ψψ

ψψ ψ

ψ

x f xA

Z

Mψ ψψ =∑ = h h RI Jψ ψ/ ,( ) =

Rx

x f RMM A

Z

=⎛

⎝⎜

⎠⎟

=∑1

ψ ψ ψψ

76

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A. Radiogene Isotopensysteme

7.0 Die Massenfraktionierung

Die leichten und flüchtigen Elemente (H, He, Li, C, N, O, Ne, S) erfahren auf Grund der unterschiedlichen Massen ihrer stabilen Isotope eine gut meßbare Fraktionierung in der Natur, die mit zunehmender Massendifferenz steigt und mit zunehmender Masse sinkt. Oft verwechselt wird damit die Isotopenvariation der schwereren Elemente, die auf radio-aktiven Zerfallsprozessen beruht. So tauchte z.B. des öfteren in der Literatur die Frage auf, ob Isotopenvariationen von Basalten tatsächliche Isotopenvariationen ihrer Quellregionen im Erdmantel widerspiegeln oder nicht vielmehr als Folge der Aufschmelz- oder Differen-tiationsprozesse erklärt werden können. Meßbare natürliche Isotopenfraktionierungen der meisten für die Geochronologie wichtigen Elemente scheinen tatsächlich nicht aufzutre-ten, mögen aber bei weiter verbesserter Meßtechnik durchaus erfaßbar sein. Selbst, wenn es sie gäbe, hätten sie aber auf das Ergebnis der Isotopenanalysen keinerlei Einfluß, weil jede Massenfraktionierung – sei sie natürlich oder bei der Analyse auftretend – durch eine Korrektur der Massenspektrometerdaten eliminiert wird. Eine signifikante massen-abhängige Fraktionierung der Isotope, die stets korrigiert werden muß, findet nämlich bei der Messung im Thermionenmassenspektrometer statt.

Beim Abdampfen von der heißen Oberfläche des Re-, Ta- oder W-Filaments im Hoch-vakuum der Ionenquelle eines Massenspektrometers gehen die leichteren Isotope eines Elements bevorzugt in die Gasphase über, weil Bindungen zwischen schweren Isotopen geringfügig fester sind als die zwischen leichten Isotopen. Von den vier stabilen Sr-Isoto-pen mit den Massenzahlen 84, 86, 87 und 88 verdampft das 84Sr am leichtesten und das 88Sr am schwersten (und das 87Sr schwerer als das 86Sr). Von den sieben Nd-Isotopen ver-dampft das 142Nd am leichtesten und das 150Nd am schwersten und 143Nd leichter als 144Nd. Da eine massenspektrometrische Messung oft einige Stunden dauert und die Menge der Probe kein „unendliches“ Reservoir darstellt, wird die auf dem Filament verbleibende Restprobe kontinuierlich isotopisch schwerer (das Atomgewicht nimmt zu); desgleichen wird das in die Gasphase eintretende Isotopengemisch, das mit ständig schwererem Isoto-pengemisch auf dem Filament ins Gleichgewicht tritt, ständig schwerer. D.h. im Verlauf einer Messung wird das 87Sr/86Sr-Verhältnis einer Probe kontinuierlich steigen, das 143Nd/144Nd kontinuierlich fallen. Als ganz groben Richtwert kann man sich merken, daß sich die Isotopenfraktionierung bei einer solchen mehrstündigen Messung in der Größenordnung von 1‰ pro Masseneinheit ändert. Dies, in Relation gesetzt zu den ≈7‰ der heutigen Variation des 143Nd/144Nd in der Natur, zeigt, daß eine massenspektrometrische Messung nicht viel nützt, wenn man die Massenfraktionierung nicht korrigieren würde. Eine Probe mit einem 143Nd/144Nd-Verhältnis von 0.512638 könnte z.B. zu Beginn einer Messung einen Wert von 0.5130 liefern, zu Ende von 0.5125; eine Probe mit einem 87Sr/86Sr von 0.7040 könnte zu Beginn einen Wert von 0.7035 ergeben, zu Ende von 0.7042. Die Korrek-tur der Massenfraktionierung wird mit Hilfe zweier Isotope vorgenommen, die nicht aus Zerfallsprozessen gespeist werden, und deren Verhältnis daher konstant ist. Daraus folgt, daß für ein Element, welches nur aus zwei natürlichen Isotopen besteht, von denen eines zum Zweck der Isotopenverdünnungsanalyse mit einem Spike angereichert wird, keine Korrektur der Massenfraktionierung vorgenommen werden kann. Beim Sr bleiben für die Fraktionierungskorrektur die Isotope 84Sr, 86Sr und 88Sr übrig, und konventionell wählt man das Verhältnis 86Sr/88Sr zur Korrektur. Nach zahlreichen Messungen an Proben natür-lichen Strontiums wurde für das 86Sr/88Sr-Verhältnis ein Wert von 0.1194 gewählt, mit dem die Sr-Fraktionierung von jeder Arbeitsgruppe korrigiert wird. Zudem gibt es mehrere inter-nationale Standards für Sr-Isotopenmessungen, gegen welche die eigenen Analysen ständig geprüft werden. Die 87Sr/86Sr-Analysen aller Laboratorien sind daher direkt miteinander vergleichbar. Diese Korrektur trägt jeder massenabhängigen Fraktionierung Rechnung – der im Massenspektrometer und auch eventuellen Fraktionierungen in der Natur oder bei der Ionenaustauscherchemie zur Abtrennung des Elementes von Interesse. Übrig bleibt der nicht massenabhängige Anteil, also der durch den radioaktiven Zerfall verursachte.

77

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Die Massenfraktionierung

Beim Nd konnte man sich dagegen nicht auf eine derartige Korrektur einigen, sondern es werden von verschiedenen Isotopenlabors zwei miteinander konkurrierende Korrekturen der Isotopenfraktionierung verwandt. Bei beiden Normierungen wird entweder das Ver-hältnis 146Nd/144Nd oder – von den Gruppen, welche die Nd-Messung mit dem Metalloxid durchführen – das Verhältnis 148NdO/144NdO benutzt. Die große Mehrzahl der Arbeits-gruppen benutzt die Korrektur

146Nd/144Nd = 0.7219 ≡ 148NdO/144NdO = 0.242436 [GL 80]

eine Minderheit (vornehmlich Wissenschaftler aus dem Umfeld von G.J. Wasserburg und J.D. DePaolo am Caltech in den 1970er Jahren) die Korrektur

148NdO/144NdO = 0.243969 [GL 81]

Als Folge davon sind die von der zweiten Gruppe veröffentlichten 143Nd/144Nd-Daten um gut 1.5‰ niedriger als die der ersten Gruppe. Der Wert des „bulk-earth“-Bezugsreservoirs beträgt nach der zweiten Normierung 0.511847. Will man die Werte der zweiten Normie-rung in die der ersten umrechnen, muß man sie mit dem Verhältnis 0.512638/0.511847 multiplizieren. Alle in diesem Skript vorgestellten 143Nd/144Nd-Daten beziehen sich auf die Korrektur nach GL 80. Diese Zustände in der Nd-Isotopengeochemie sind für Nichtein-geweihte schwer zu durchschauen. Die Angabe der Nd-Isotopenzusammensetzung in der ε-Form hat dagegen den Vorteil, daß die verschiedenen Labors die 143Nd/144Nd-Werte auf ihren „bulk-earth“-Wert normieren, wodurch die unterschiedlichen Fraktionierungskor-rekturen eliminiert werden. Daten, die als εNd, εbulk–earth oder εCHUR angegeben sind, sind daher direkt miteinander vergleichbar. Nicht vergleichbar sind dagegen (die nur in den frü-hen Jahren verwendeten) εJuvinas-Werte, weil hier die Normierung auf eine Probe mit nied-rigerem 143Nd/144Nd als das eines chondritischen Reservoirs erfolgte (als Folge des unter-chondritischem Sm/Nd-Verhältnisses dieses Achondriten). εJuvinas-Werte sind um ≈1.3ε-Einheiten höher als die übrigen ε-Werte.

Als Beispiel einer Massenfraktionierung ist die Änderung der Verhältnisse von 86Sr/88Sr und 87Sr/86Sr über den Verlauf einer Messung in Abbildung 59 dargestellt.

Die Korrektur der Massenfraktionierung kann im einfachsten Fall mit einer linearen Funk-tion erfolgen, d.h. es wird angenommen, daß die Fraktionierung pro Masseneinheit kon-stant ist, also z.B. für das Paar 142Nd–146Nd genausogroß ist wie zwischen 146Nd und 150Nd und viermal so hoch wie zwischen 143Nd und 144Nd oder zwischen 84Sr und 86Sr genauso groß ist wie zwischen 86Sr und 88Sr. Tatsächlich werden bei genügend präzisen Messungen kleine Abweichungen von der Linearität beobachtet, die durch einen nicht linearen (expo-nentiellen) Anteil in der Korrektur behoben werden. Unter Annahme von Linearität – die komplexeren Rechnungen werden erst danach vorgestellt – kann die Fraktionierungskor-rektur folgendermaßen vorgenommen werden:

1. Wahl eines Isotopenverhältnisses Mi/Mj zur Korrektur der Fraktionierung, wobei Mi

und Mj die Massenzahlen der Isotope darstellen; Mj ist das Referenzisotop, z.B. 86Sr oder 144Nd;Beispiele: 146/144 beim Nd, 88/86 beim Sr;

78

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 59 Beispiel für die Änderung der Meßwerte der Sr-Isotope einer Probe infolge der Massenfraktionierung über den Verlauf einer massenspektrometrischen Messung; die Änderung tritt auf, weil die Masse des Sr auf dem Filament re-lativ klein ist und sich über die Messung ständig verringert. Zum Ende der Messung hin, wenn das Sr weitgehend verbraucht ist, kann seine Isotopen-zusammensetzung daher besonders schwer werden, entsprechend niedri-gen Werten für das gemessene 86Sr/88Sr und hohen 87Sr/86Sr-Verhältnissen.

86Sr/88Srgemessen

86Sr/88Srkorrigiert

86Sr/88 Sr

0.1210

0.1205

0.1200

0.1195

0.1190

0.1185

0.1180

0.708

0.706

0.704

0.702

0.700

0.698

300250200150100500

87Sr/86 Sr

87Sr/86Srgemessen

87Sr/86Srkorrigiert

Meßblock Zeit

79

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Die Massenfraktionierung

Das obere Teildiagramm zeigt die Variation der gemessenen Verhältnisse von 86Sr/88Sr (kleine Quadrate), die per Konvention auf das wahre Verhältnis von 0.1194 korrigiert werden (durchgezogene Linie). Im unteren Teildia-gramm sind die Meßwerte für 87Sr/86Sr als kleine Quadrate dargestellt. Mit Hilfe der Korrektur für 86Sr/88Sr aus dem oberen Teildiagramm werden die 87Sr/86Sr-Werte korrigiert (zackige blaue Kurve). Die durchgezogene gestri-chelte Linie bei 87Sr/86Sr = 0.70326 stellt den Mittelwert dieser korrigierten Werte für die gesamte Messung dar.

2. Berechnung der Fraktionierung α = Fraktionierungsfaktor pro Masseneinheit, Δmij = Massendifferenz zwischen Mi und Mj:

[GL 82]

wobei meas für gemessen (measured) und Std für Standard stehen möge, z.B. für Sr: Δ = 88–86=2 (oder ganz genau: die Differenz der exakten Atommassen); Rij steht für das

Isotopenverhältnis zwischen i und j und mit (88/86)Std =

(88Sr/86Sr) im Standard = 1/0.1194 (in allen Proben identisch, so daß dieses Verhältnis für die Fraktionierungskorrektur beliebiger Proben verwendet wird); αSr wird i.a. zu Be-ginn der Messung >0 sein;

für Nd: Δ = 146–144 = 2;

wobei (146/144)Std = 0.7219 in allen Proben identisch ist; dieser Wert kann daher zur Nd-Fraktionierungskorrektur benutzt werden; αNd= wird zu Beginn der Messung eben-falls positiv sein;

3. Korrektur der Isotopenverhältnisse:

z.B. für 143Nd/144Nd: (143Nd/144Nd)calc = (143Nd/144Nd)meas × (1 + α×Δm143-144); calcmöge für korrigiert stehen; wenn α bei Meßbeginn positiv und Δm = -1 ist, wird der korrigierte Wert sinken;

für 87Sr/86Sr: (87Sr/86Sr)calc = (87Sr/86Sr)meas × (1 + α×Δm87-86); da α und Δm beide positiv sind, steigt der korrigierte Wert;

für 84Sr/88Sr: (84Sr/88Sr)calc = (84Sr/88Sr)meas × (1 + α×Δm84-88); α ist bei Meßbeginn positiv und Δm = -4; das korrigierte Isotopenverhältnis sinkt gegenüber dem Meßwert.

Bei dieser linearen Korrektur geht man davon aus, daß die Massenfraktionierung propor-tional zur Massendifferenz ist und unabhängig von der Masse selbst. Tatsächlich sollte aber eine zusätzliche inverse Abhängigkeit von der Masse bestehen. Bei hoch präzisen Analysen insbesondere der leichten Elemente oder von Elementen mit großer Massendifferenz der Isotope kann es dann notwendig werden, dieser Abhängigkeit durch eine exponentielle Korrektur Rechnung zu tragen, z.B. im Fall der Analyse der Ca-Isotope[85].

Die oben dargestellte lineare Korrektur ist lediglich ein vereinfachter Fall einer Potenzfunk-tion (englisch: „power law“), die sich allgemein folgendermaßen formulieren läßt:

[GL 83]

Logarithmiert und aufgelöst ergibt sich für den Fraktionierungsfaktor α:

α =( )

( ) −⎡

⎢⎢

⎥⎥

=11

1Δ Δm

M M

M M m

R

ij

i j Std

i j measij

iijStd

ijmeasR

−⎛

⎝⎜

⎠⎟1

αSrStandard

gemessen

=( )( ) −

⎣⎢⎢

⎦⎥1

2

88 86

88 861

⎥⎥

α NdStandard

gemessen

=( )( ) −

⎣⎢1

2

146 144

146 1441

⎢⎢

⎦⎥⎥,

R Rijcalc

ijmeas mij= +( )1 α Δ

80

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 84]

Entwickelt man GL 83 als Taylor-Reihe, erhält man:

[GL 85]

Das dritte Glied in der Klammer ist für kleine Werte von α bereits klein gegen das zweite, so daß man die Reihe unter dieser Voraussetzung schon nach dem zweiten Glied abbre-chen darf*. Nach α aufgelöst ist diese Gleichung dann identisch mit GL 82 (wenn man berücksichtigt, daß für das Isotopenpaar, das zur Fraktionierungskorrektur verwendet wird, Std und calc identisch sind), entspricht also der linearen Korrektur. Das bedeutet, daß die Korrekturen nach dem linearen Gesetz und dem power law meist identische Ergebnisse lie-fern. Formuliert man eine analoge Gleichung für ein zweites Isotopenverhältnis zwischen j und k (wobei mj das mittelschwere der drei Isotope sein möge), und bricht sie nach dem zweiten Glied ab:

[GL 86]

löst die nach dem zweiten Glied abgebrochene GL 85 nach α auf und setzt in GL 86 ein, dann ergibt sich:

[GL 87]

In einer Auftragung von gegen ist dies die Gleichung einer Geraden,

deren Steigung zwar abhängig vom Verhältnis der Massendifferenzen, aber unabhängig von der Masse der Isotope ist. Bei exakt gleicher Massendifferenz zwischen i–j und j–k, z.B. für 40Ca/44Ca und 44Ca/48Ca, wenn lediglich ganze Massenzahlen eingesetzt werden, ver-einfacht sich GL 87 zu

d.h. nach dem linearen Gesetz und auch dem power law ist die Massenfraktionierung allein von der Massendifferenz abhängig; nicht lineare Effekte werden vernachlässigt.

Gerade für das Beispiel der Ca-Isotope ist jedoch bekannt, daß ein lineares oder fast lineares Gesetz nur eine unzureichende Korrektur der Massenfraktionierung liefert und daß anstatt dessen eine Funktion verwendet werden muß, bei der die Massenfraktionierung auch von der Masse selbst abhängt[85],[86],[87]. Zu diesem Zweck wird eine Funktion verwendet, bei der die Masse im Exponenten steht („exponential law“), z.B. eine Gleichung der Form

* Zum Beispiel errechnet man für einen hohen Wert von α von 1‰ und eine maximale Differenz der Ca-Isotope von 8 zwischen 48Ca und 40Ca für das zweite Glied in der Klammer 0.08 und für das drit-te Glied 0.0028, also ein Verhältnis von knapp 29.

11

Δm

R

Rij

ijcalc

ijmeasln ln

⎝⎜

⎠⎟ = +( )α

α =⎛

⎝⎜

⎠⎟ −

R

Rijcalc

ijmeas

mij1

1

Δ

R Rm m m

ijcalc

ijmeas ij ij ij= + +

−( )+1

1

1

22Δ Δ Δ Δ

! !α α

mm m mij ij ijΔ Δ−( ) −( )+ …

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

1 2

33

R R mjkcalc

jkmeas

jk= +( )1 Δ α

R

R

m

m

R

Rjkcalc

jkmeas

jk

ij

ijcalc

ijmeas= + −

⎝1 1

ΔΔ ⎜⎜

⎠⎟

R Rjkcalc

jkmeas R Rij

calcijmeas

R R R Rjkcalc

jkmeas

ijcalc

ijmeas=

81

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Die Massenfraktionierung

[GL 88]

Auch hieraus läßt sich durch Auflösen α errechnen:

[GL 89]

ABBILDUNG 60 Auf der Basis desselben Datensatzes wie in Abbildung 59 sind die Verhältnis-se (86Sr/88Srcalc)/(

86Sr/88Srmeas) sowie (86Sr/87Srcalc)/(86Sr/87Srmeas) gegen

(84Sr/86Srcalc)/(84Sr/86Srmeas) aufgetragen, wobei die Isotopenverhältnisse

nur linear (≈ power law) nach GL 86 korrigiert wurden. Die Daten zeigen für 86Sr/88Sr eine minimale Abweichung von einer Geraden mit einer Steigung von 1 (und noch weniger von der Steigung 1/2 für 86Sr/87Sr), was bedeutet, daß eine lineare Korrektur die Fraktionierung nicht vollständig beschreibt.

R Rmm

Rm m

ijcalc

ijmeas i

j

m

ijmeas j ij

j

=⎛

⎝⎜

⎠⎟ =

Δmmj

mj⎛

⎝⎜

⎠⎟

α

ln lnR

Rm

mm

ijcalc

ijmeas j

i

j

⎝⎜

⎠⎟ =

⎝⎜

⎠⎟α

α = ×( )

( )1

m

R R

m mj

ijcalc

ijmeas

i j

ln

ln

1.015

1.010

1.005

1.000

0.995

0.990

0.985

korrig

iert/gem

essen

1.0151.0101.0051.0000.9950.9900.985

84Sr/86Srkorrigiert/84Sr/86Srgemessen

für 86Sr/ 88Sr

für 86Sr/ 87Sr

82

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A. Radiogene Isotopensysteme

Als Reihe entwickelt, ergibt sich für GL 88:

[GL 90]

Diese vier Glieder in der Klammer genügen in der Regel für eine Fraktionierungskorrektur. Der dritte Term in der Klammer in dieser Gleichung tritt in GL 85 nicht auf. Er vermindert den Korrekturfaktor in der Klammer gegenüber dem power law um einen Betrag, der umge-kehrt proportional zur Masse ist*. Der Wert für die Fraktionierungskorrektur wird zudem abhängig vom gewählten Isotopenverhältnis eines Elementes sein; zum Beispiel wird er für die Ca-Isotope für das Paar 44Ca–40Ca etwas größer sein als für das Paar 48Ca/44Ca. Als andere mögliche Korrekturfunktion für die Massenfraktionierung könnte man an eine Abwandlung des Rayleighschen Destillationsgesetzes denken mit einem Fraktionierungs-faktor umgekehrt proportional zur Quadratwurzel aus der Masse.

Ob eine lineare Fraktionierungskorrektur oder eine nach dem power law genügt, muß von Fall zu Fall getestet und entschieden werden; ein striktes Rezept für die Anwendung gibt es nicht. Das exponential law sollte die besseren Korrekturen liefern bei Elementen mit gerin-gen Massen und/oder großen Massendifferenzen der Isotope, während bei großen Massen und geringen Massendifferenzen keine nennenswerten Unterschiede zwischen den ver-schiedenen Korrekturverfahren zu erwarten sind. Welche Massen in die Gleichungen ein-zusetzen sind, ist ebenfalls nicht von vornherein klar. Falls zum Beispiel ein Elementoxid vom Filament abdampft und nicht ein Metall, könnte Einsetzen der Massen der Oxide eine bessere Korrektur liefern als Einsetzen der Massen der Isotope des Elementes.

Isotopenfraktionierungen dieser Art treten bei der Messung von gasförmigen Spezies nicht auf, bzw. sie werden unterdrückt, z.B. dadurch, daß das Gas in das Einlaßsystem „viskos“ strömt. Dabei behindern sich die verschiedenen Moleküle durch Kollision gegenseitig so sehr, daß die leichteren Moleküle einer Gasspezies keine größere Geschwindigkeit errei-chen als die schweren.

Eine Diskriminierung zwischen verschiedenen Isotopen eines Elementes tritt dagegen in ICP-MS-Geräten auf, und zwar auf Grund des Raumladungseffektes (space–charge effect), das ist die gegenseitige Abstoßung der Kationen im Ionenstrahl, sei es im Plasma oder vor allem beim Übergang ins Hochvakuum des Spektrometers[88]. Dies hat den bevorzugten Durchtritt der schwereren Ionen zur Folge[89]. Die Massenfraktionierung bei der ICP-MS ist größer als bei der TIMS, sollte aber dafür über den Verlauf einer Messung hinweg konstant bleiben, weil die Probe kontinuierlich ins Plasma eingebracht wird. Für eine Reihe von Ele-menten scheint die Abhängigkeit des Korrekturfaktors von der Massenzahl einer linearen Funktion zu gehorchen (Abbildung 61). Das läßt sich z.B. dazu nutzen, daß man zur Ana-lyse der Pb-Isotopenverhältnisse der zu messenden Probe Tl zumischen kann. Der Korrek-turfaktor wird nach GL 83 zu

bestimmt, wobei das Verhältnis für 205Tl/203Tl mit 2.3871 in allen Proben auf der Erde

nahezu konstant ist (siehe aber auch [90]). Der Korrekturfaktor ist für Pb nur minimal klei-ner, und die Regressionsgerade in Abbildung 61 kann dazu dienen, (1+αPb) genügend genau zu ermitteln.

* Für dasselbe Beispiel wie zuvor errechnet man für den dritten Term 0.01×82/44 = 0.0145, was gegen-über dem zweiten Term (0.08) nicht vernachlässigbar ist (Verhältnis von 5.5).

R R mm

m

mijcalc

ijmeas

ijij

j

ij= + − + + …12 2

22

2

α α αΔΔ Δ⎡⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

11+ = ×αTl

ij

ijStd

ijmeasm

R

RijStd

83

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Die Massenfraktionierung

Einige Elemente gehorchen der Regressionsgeraden nicht. Dies sind die Edelmetalle Os und Ru und vielleicht auch Re. Eine Möglichkeit, diese Abweichung zu erklären, liegt in der erheblichen Flüchtigkeit von Os und Ru als Tetroxide. In diesem Fall wäre denkbar, daß die leichten Isotope bevorzugt vom Strom der Ar+-Ionen des Plasmas aufgenommen werden und in das Massenspektrometer gelangen. Ob in diesem Fall die Anwendung des exponen-tiellen Gesetzes sinnvoller ist, gegebenenfalls unter Einsetzen der Massen der Tetroxide, ist nicht untersucht worden.

ABBILDUNG 61 Abhängigkeit der Korrekturfaktoren von der Massenzahl für ICP-MS-Mes-sungen[89]. Für jedes Element wurden die Korrekturfaktoren nach dem power law bestimmt. Sie entsprechen (1 + α) in GL 83. Mit mehr als 2% pro Mas-seneinheit bei Rb und Sr und noch ca. 0.8% bei Tl und Pb ist die Fraktionie-rung je Masseneinheit beträchtlich höher als bei der TIMS. Die Elemente Ru und Os sind von der Regression ausgenommen; ihre Korrekturfaktoren lie-gen deutlich über der Korrekturgeraden. Korrekturfaktoren und Regressions-gerade sind charakteristisch für einen ICP-MS-Typ, und die jeweiligen Meßbedingungen und gelten daher nicht generell.

1.030

1.025

1.020

1.015

1.010

1.005

1.000

Korre

kturfa

ktor

22020018016014012010080

Massenzahl

TlPb

OsRe

Nd

Ru

SrRb

Hf

C = -1.329×10-4m + 1.0356

84

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A. Radiogene Isotopensysteme

8.0 Das Lu–Hf-Isotopensystem

Lu besteht aus den beiden natürlich vorkommenden Isotopen 175Lu (natürliche Häufigkeit 97.4%) und 176Lu (natürliche Häufigkeit 2.6%). Die Lu–Hf-Methode macht sich den β–-Zer-fall von 176Lu mit einer Halbwertszeit von 37.2 Ga in 176Hf zunutze. Das natürliche Hf besteht aus den 6 Isotopen 174Hf (Häufigkeit 0.162%), 176Hf (5.206%), 177Hf (18.606%), 178Hf (27.297%), 179Hf (13.629%) und 180Hf (35.100%). Das leichteste der Hf-Isotope ist schwach radioaktiv, kann jedoch wegen der extrem langen Halbwertszeit von ≈2×1015a als über das Alter der Erde stabil angesehen werden. Zur Relativangabe benutzt man im Lu–Hf-System das Isotop 177Hf. Die Zerfallsgleichung lautet damit:

[GL 91]

Lu ist das schwerste und kleinste Element der Seltenen Erden, deren geochemisches Verhal-ten gut bekannt ist. Es tritt in der Natur nur dreiwertig auf. Seine Konzentration in Gestei-nen übersteigt nur selten 1ppm. Das geochemische Verhalten des Hf ähnelt sehr stark dem des Zr. Das bedingt, daß Zr und Hf in der Natur stets zusammen vorkommen und sich che-misch nur schwer trennen lassen. Die Hf-Gehalte der meisten Gesteine liegen unter ≈20ppm und liegen oft um eine Größenordnung über denen des Lu. Dadurch und infolge der langen Halbwertszeit des 176Lu sind die Hf-Isotopenvariationen in der Natur leider nur wenig höher als die der Nd-Isotope.

Lu und Hf sind refraktäre Elemente, die sich geochemisch stabil, d.h. wenig mobil verhal-ten. Ihre wesentliche Fraktionierung findet – wie beim Sm–Nd-System – bei der Magmen-bildung und ihrer Kristallisation statt. Zusätzlich dazu werden Lu und Hf noch bei der Sedi-mentbildung fraktioniert, und zwar dadurch, daß Zirkon mit im Durchschnitt 1% Hf und sehr niedrigem Lu/Hf-Verhältnis extrem verwitterungsresistent ist und sich in grobkörni-gen klastischen Sedimenten anreichert. Bei partiellen Aufschmelzprozessen im Erdmantel und der Fraktionierung basischer Magmen verhält sich das Hf ähnlich inkompatibel wie das Sm, während Lu deutlich weniger inkompatibel ist. Die in der Natur beobachtete Frak-tionierung zwischen Lu und Hf ist daher größer (rund doppelt so hoch) als die zwischen Sm und Nd. Tabelle 8 vermittelt einen Überblick über die Konzentrationen von Lu und Hf in wichtigen Gesteinen und einigen Mineralen:

Gesteine mit hohen Lu/Hf-Verhältnissen, in denen im Lauf der Zeit das 176Hf/177Hf rasch wachsen könnte, sind relativ selten. Im Prinzip gehören residuale Gesteine des Erdmantels dazu. Im lithosphärischen Mantel können metasomatische Prozesse zu Anreicherungen

TABELLE 8: Lu- und Hf-Gehalte sowie Lu/Hf-Verhältnisse von Gesteinen und Mineralen

ppm Lu ppm Hf 176Lu/177HfChondrite 0.033 0.14 0.033

Achondrite 0.25 1.25 0.028

MORB 0.5 (0.1–1) 2.5 (1–15) 0.005–0.05

kontinentale Basalte 0.25 (0.1–0.7) 4 (2–20) 0.002–0.02

granitische Gesteine 0.5 7 0.010

Sandsteine, Quarzite 0.05–0.5 0.5–20 0.001–0.04

Tonschiefer 0.15–0.8 1–7 0.01–0.03

rote Tiefseetone 0.8–3 3–5 0.03–0.1

Zirkon 10–100 10000 <0.002

Granat 0.5–5 <1 >0.1

176

177

176

177

176

177

HfHf

HfHf

Lu

initial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+HHf

e tλ176 1−( )

85

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Das Lu–Hf-Isotopensystem

inkompatibler Elemente führen. Davon sind Lu und Hf weniger betroffen als Sm und Nd, so daß das Lu–Hf-System in günstigen Fällen Ereignisse aufgezeichnet erhält, die zeitlich vor der Metasomatose liegen[91]. Unter den häufigeren Mineralen in der Natur haben Gra-nate ein sehr hohes Lu/Hf-Verhältnis. Unter den Akzessorien werden diejenigen, welche die schweren REE, nicht aber Zr und Hf konzentrieren (z.B. Xenotim, Gadolinit, hohe Lu/Hf-Verhältnisse aufweisen.

Wegen der geringen Isotopenvariationen müssen an Hf-Isotopenanalysen hohe analyti-sche Anforderungen gestellt werden. Es kann daher nicht verwundern, daß frühe Untersu-chungen am Lu–Hf-System um 1958 von W. Herr und Mitarbeitern[92] nur dem Zweck dien-ten, durch Untersuchung von REE-reichen Erzen die Zerfallskonstante des 177Lu zu bestimmen. Erst 1980 gelang es J. Patchett & M. Tatsumoto vom US Geological Survey in Denver, eine Methode zur präzisen Hf-Isotopenanalyse mittels Thermionenmassenspektro-metrie zu entwickeln. Inzwischen wird diese Methode nicht mehr verwendet. Ein erhebli-ches Problem dabei liegt nämlich darin, daß die Ionenausbeute sehr gering ist. Das Verhält-nis der Ionen, die auf dem Auffänger (Faraday) des Massenspektrometers registriert werden, zu den Ionen, die auf das Filament geladen werden, beträgt nur ≈1/30000, während z.B. bei der Nd-Isotopenanalyse eine um zwei Zehnerpotenzen größere Ionenausbeute erreichbar ist (sogar drei Zehnerpotenzen, wenn Nd als Oxid gemessen wird). Die geringe Ionenaus-beute beim Hf bedingt, daß für eine Messung mit der erforderlichen Präzision eine Hf-Menge von ≈1μg vorhanden sein sollte, mindestens das Zehnfache dessen, was für eine Standard-Nd-Isotopenanalyse nötig ist. Für terrestrische Proben wird das meist keine Pro-bleme bereiten (Ausnahme: Mineralanalysen), für die Analyse extraterrestrischen Materials wegen dessen beschränkter Verfügbarkeit jedoch schon. Die Schwierigkeiten der Hf-Isoto-penanalyse mittels Thermionenmassenspektrometrie liegen vor allem darin, daß extrem hohe Temperaturen erforderlich sind, um das Hf von den verwendeten Re-Filamenten abzudampfen, Temperaturen bei denen das Re selbst schon ziemlich flüchtig ist.

ABBILDUNG 62 Lu–Hf-Isochrone für Eukrite, eine Gruppe von Meteoriten, die in ihrer Früh-geschichte eine magmatische Differenzierung erfahren haben.

0.292

0.290

0.288

0.286

0.284

0.282

0.280

0.120.100.080.060.040.020.00176Lu/177Hf

176 H

f/17

7 Hf

Lu-Hf-Isochrone für Eukrite zurBestimmung der Zerfallskonstanten

Für t = 4.55Ga resultierteine Halbwertszeit von

35.3±1.4Ga

Moore CountySerra de Magé

Moama

Juvinas

Béréba

Sioux CountyStannern

PasamonteALHA 77302

Nuevo Laredo

86

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A. Radiogene Isotopensysteme

Das erste Projekt von Patchett & Tatsumoto war in einer Umkehrung der Altersbestim-mungsmethode die Bestimmung der Zerfallskonstanten von 176Lu mittels einer Gruppe von achondritischen Meteoriten, den Eukriten, deren magmatisches Bildungsalter durch die U–Pb-, Rb–Sr- und Sm–Nd-Chronologie mit 4.55 Ga gut bekannt ist. (siehe Abbildung 62[93]). Daraus resultierten eine Zerfallskonstante λ von (1.94±0.07)×10-11 a-1 und das initiale Hf-Isotopenverhältnis des Sonnensystems – also auch der Erde – mit 176Hf/177Hf = 0.27978±9. Infolge der geringen Variation im Lu/Hf-Verhältnis ist der Fehler dieser Zerfalls-konstanten groß. Eine neue indirekte Bestimmung, bei denen U–Pb-Alter irdischer Proben zugrunde gelegt wurden, ergaben λ = (1.865±0.015)×10-11 a-1, also einen um etwa 4% nied-rigeren Wert[94], der aber gut mit einigen Ergebnissen direkter Bestimmungen des β–-Zer-falls[95] übereinstimmt und mit einer zweiten indirekten Bestimmung an Doleriten und deren Mineralen aus Skandinavien[96]. Dieser Wert stand einige Jahre im Widerspruch zur Zerfallskonstanten, die aus meteoritischen Proben abgeleitet ist, denn eine Isochrone für Eukrite[97] ist eher mit einem Wert von 1.93×10-11 a-1 zu vereinbaren, der aus einer γ–γ-Koin-zidenzmessung des β–-Zerfalls resultiert[98]. Die Analyse von Phosphaten aus einem gewöhnlichen Chondriten und einem Achondriten hat aber die revidierte niedrige Zer-fallskonstante bestätigt[99]. Eine Alternative wird von Albarède et al. (2006[100]) vorgeschla-gen. Danach soll hochenergetische γ-Strahlung (z.B. aus dem Zerfall von Radionukliden wie 26Al oder 60Fe resultierend) im frühen Sonnensystem einen Teil des 176Lu vom Grund-zustand in einen angeregten Zustand überführt haben, von dem aus es mit einer Halb-wertszeit von nur 3.7 Stunden in 176Hf zerfällt.

ABBILDUNG 63 Lu–Hf-Isotopensystematik der Chondrite[101]. Zur Orientierung ist die Isoch-rone für Eukrite eingetragen[93]. Die Fehler im 176Hf/177Hf sind zumeist unge-fähr so groß wie die Symbole und wurden nur aufgetragen, wenn sie erheblich größer waren.

Die Analyse der Hf-Isotope mittels ICP-MS, die mit einem Magnetsektormassenspektrome-ter und Multikollektor als Auffänger gekoppelt ist[27], hat eine deutlich verbesserte Präzi-

0.2835

0.2830

0.2825

0.2820

0.2815

176Lu/177Hf

176 H

f/17

7 Hf

Eukrit-Isochrone

Lu-Hf-Isotopievon Chondriten

0.0400.0380.0360.0340.0320.0300.0280.026

87

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Das Lu–Hf-Isotopensystem

sion der Daten mit sich gebracht und als Folge der hohen Temperaturen der Anregung im Plasma eine drastische Reduzierung der benötigten Probenmenge auf ca. 25 ng. Das hat dazu geführt, daß sich das Lu–Hf-Isotopensystem inzwischen großer Wertschätzung erfreut. Es ist mit dieser Technik jetzt auch möglich, Chondrite zu analysieren (Abbildung 63[101]). Eine präzise Isochrone konnte allerdings nicht erhalten werden, weil die Lu/Hf-Fraktionierung sehr gering ist. Allerdings streuen die Daten einigermaßen vernünftig um die Isochrone für die Eukrite.

Zur Datierung von Gesteinskomplexen mittels Gesamtgesteinsanalysen eignet sich das Lu–Hf-System infolge der geringen Lu/Hf-Fraktionierung vorwiegend für proterozoische und ältere Gesteine. Tatsächlich spielt das Lu–Hf-System in der Geochronologie erst seit der Jahrtausendwende infolge der Entwicklung der Multikollektor-ICP-MS-Technik eine bedeutende Rolle. Pettingill & Patchett[106] haben eine Lu–Hf-Gesteinsisochrone vor allem deswegen gemessen, um die generelle Brauchbarkeit des Systems zu testen. Dabei handelt es sich um die Amîtsoq-Gneise in West-Grönland (Abbildung 64), die bereits im Rb–Sr-Kapitel erwähnt wurden. Das Alter ist im Rahmen seines relativ großen analytischen Feh-lers identisch mit dem Rb–Sr-Alter. Die Lu–Hf-Isochrone ist jedoch vergleichsweise schlecht definiert und eher als „errorchron“ zu bezeichnen. In Zirkonen wird das 176Hf/177Hf wegen eines niedrigen Lu/Hf-Verhältnisses praktisch eingefroren sein, und Zirkone sind daher gut geeignet, das initiale Hf-Isotopenverhältnis eines Gesteins zu liefern, wäh-rend man beim Sm–Nd-System das initiale 143Nd/144Nd nur durch Aufnahme einer Iso-chrone erhält. Man kann daher durch Analyse von Zirkonen aus Gesteinen unterschied-lichen Alters terrestrische Hf-Isotopenvariationen studieren, ohne das genaue Alter des Gesteins selbst zu kennen. Die Lu/Hf-Fraktionierung der Gesteine des Amîtsoq-Komplexes ist gering, kann aber als typisch für die Gesteine der kontinentale Kruste angesehen wer-den.

ABBILDUNG 64 Lu–Hf-Isochrone der Gneise von Amîtsoq in Grönland

Scherer et al.[102] haben Granate auf ihre Verwendbarkeit zur Lu–Hf-Datierung untersucht. Ihre Resultate legen nahe, daß die „Schließungstemperatur“ von Granat für das Lu–Hf-System etwas höher liegt als die für Sm–Nd. Vorsicht ist geboten, wenn die Granate Ein-

176Lu/177Hf

176 H

f/17

7 Hf

0.0250.0200.0150.0100.0050

Amîtsoq-Gneise/Grönlandt = 3.55±0.22Ga

0.2825

0.2820

0.2815

0.2810

0.2805

0.2800

Zirkone

88

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A. Radiogene Isotopensysteme

schlüsse, z.B. von Zirkon, enthalten, weil dieses Mineral hohe Hf-Gehalte aufweist und man nicht sicher sein kann, daß Granat und Zirkon sich bei t = 0 (Bildungsalter) im Hf-Iso-topengleichgewicht befunden haben.

Auch für Granate aus Hochdruckgesteinen der Walliser Alpen wurde gefunden, daß ihr Lu–Hf-Alter signifikant über dem Sm–Nd-Alter liegt[103],[104]. Die Ursache wird von Lapen et al.[104] in der prograden Wachstumsdauer der Granate gesehen – die maximalen Metamor-phosetemperaturen für dieses Gestein wurden zu 600–630 °C abgeleitet und liegen damit wohl unterhalb der Schließungstemperaturen für beide Isotopensysteme. Es wird argumen-tiert, daß infolge der großen Kompatibilität des Lu für Granat – für den Lu-Gehalt wurde eine starke Abnahme vom Kern zum Rand vermutet – die Lu–Hf-Alter die Kerne der Gra-nate stärker gewichten als die Ränder. Ein durch Granate bestimmtes Lu–Hf-Alter könnte dann in Richtung auf ein progrades Metamorphosestadium verschoben sein.

ABBILDUNG 65 Datierung eines Eklogits vom Lago di Cignana, Zermatt–Saas-Ophiolith, links durch das Sm–Nd-System[103], rechts mittels des Lu–Hf-Systems[104].

ABBILDUNG 66 Zonierung von Sm und Lu in Granatkörnern verschiedener Größe aus einem Eklogit vom Lago di Cignana[105].

Tatsächlich analysiert wurde die Wachstumszonierung dieser Granate erst später (Abbil-dung 66[105]). Vor allem in großen Granatkörnern – deren Wachstum früher einsetzte als dasjenige von kleinen – ist Lu sehr stark im Kernbereich konzentriert. Nicht unbedingt erwartet war die Konzentration von Sm in Richtung der Kornränder; allerdings sind hier die Unterschiede zwischen großen und kleinen Körnern weniger ausgeprägt. Aus ihren

0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25

0,2830

0,2831

0,2832

0,2833

0,2834

0,00 0,50 1,00 1,500,5130

GranateGranate

unsaubereGranate

unsaubereGranate

Gesamtgestein,Omphacit, Glaukophan,Klinozoisit, Paragonit

Gesamtgestein,Omphacit, Glaukophan

0,5131

0,5132

0,5133

0,5134

0,5135

¹⁴³N

d/¹

⁴⁴N

d

¹⁴⁷Sm/¹⁴⁴Nd ¹⁷⁶Lu/¹⁷⁷Hf

¹⁷⁶Hf/¹⁷⁷H

f

T = 40,6±2,6 Ma

T = 48,8±2,1 Ma

60

50

40

30

20

10

00

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8

Lu [p

pm]

Sm [p

pm]

Radius [mm]KernKern0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8

Radius [mm]

89

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Das Lu–Hf-Isotopensystem

Befunden leiten die Autoren ab, dass die Zonierung und Korngrößenverteilung der Granate in der analysierten Probe bekannt sein müssen, um die Alter korrekt interpretieren zu kön-nen. Große Granatkörner wachsen über einen beträchtlich längeren Zeitraum als kleine. Auf die Lu–Hf-Alter hat dies einen wesentlich größeren Einfluß als auf die Sm–Nd-Alter.

Der zweite Nutzen des Lu–Hf-Systems liegt in der Anwendung als Tracer. Das heißt, man mißt die Isotopenzusammensetzung von Gesteinen bekannten Alters, um so die chemi-sche Differenzierung der Erde über den Lauf ihres Alters von ≈4.55 Ga zu verfolgen. Auch die Hf-Isotopie läßt sich bequemerweise in der ε-Form angeben:

[GL 92]

Zur Ermittlung des chondritischen 176Hf/177Hf wählten Patchett und Tatsumoto den C2-Chondriten Murchison. Sein 176Hf/177Hf ist in 4.55 Ga vom Initialwert der Eukrite (0.27978±9) infolge seines 176Lu/177Hf-Verhältnisses von 0.0334 (= Lu/Hf von 0.240) auf 0.28286 heute angewachsen. Zur Fraktionierungskorrektur der Massenspektrometer-messungen wird das Verhältnis 179Hf/177Hf mit 0.7325 verwendet. Das heutige chondriti-sche 176Hf/177Hf-Verhältnis wird inzwischen auf Grund der größeren Datenbasis von Bli-chert-Toft & Albarède[101] zu 0.282772 angesetzt.

Im folgenden werden drei Beispiele angeführt, um die Tracer-Anwendung des Lu–Hf-Systems zu demonstrieren.

8.1 Die Hf-Isotopensignatur des subozeanischen oberen ErdmantelsIm Lu–Hf-System sind – wie im Sm–Nd-System, aber im Gegensatz zum Rb–Sr-System – die Tochternuklide (bzw. -elemente) des radioaktiven Zerfalls inkompatibler bei Magmenbil-dungsprozessen als die Mutternuklide (bzw. -elemente). Man wird daher vermuten dürfen, daß Nd- und Hf-Isotope positiv und Sr- und Hf-Isotope negativ korreliert sind. Und tat-sächlich wurden solche Beziehungen auch gefunden (siehe Abbildung 67[107]), auch wenn die Variation im Detail komplizierter sein mag.

Basalte von ozeanischen Spreizungszentren (MORB) haben die höchsten 143Nd/144Nd- und 176Hf/177Hf-Verhältnisse und die niedrigsten 87Sr/86Sr-Verhältnisse aller Basalttypen. Sie müssen deshalb aus einem Reservoir im Erdmantel stammen, das integriert über alle geo-logische Zeit die höchsten Verhältnisse von Sm/Nd und Lu/Hf und das niedrigste Rb/Sr-Verhältnis hatte. Das kann man als Folge früherer Magmenextraktionsprozesse ansehen. Für MORB kann man sich als einfachen Zusammenhang zwischen Nd- und Hf-Isotopie die Faustformel

εHf ≈ 1.5 – 2εNd [GL 93]

merken. Basalte der ozeanischen Inseln müssen demgegenüber eine andere Entwicklungs-geschichte haben. Sie nehmen einen weiten Bereich in den Isotopendiagrammen ein, der auch die Zusammensetzung des unfraktionierten Erdmantels umfaßt, was aber nicht auf Ableitung aus solch primitivem Material schließen läßt, sondern komplexe Mischungs-prozesse verschiedener Ausgangsmaterialien erfordert, z.B. von verschiedenen Mantel-reservoiren oder von Mantel- und Krustenmaterial. Aus dem linken Teildiagramm ist ferner zu ersehen, daß der bulk-earth-Punkt etwas unterhalb des durch MORB und Ozeaninseln (OIB) aufgespannten mantle array liegen. Blichert-Toft & Albarède[101] haben daher argu-mentiert, daß es in der Erde ein weiteres Reservoir neben dem verarmten Erdmantel und der kontinentalen Kruste geben muß, und schlagen dafür subduzierte Basalte vor.

εHfProbe

Chondrite

Hf Hf

Hf Hf=

( )( ) −

176 177

176 17711 104

⎢⎢

⎥⎥

×

90

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 67 Die Korrelation zwischen Hf-, Sr- und Nd-Isotopen in ozeanischen Basalten

8.2 Die Hf-Isotopenentwicklung der ErdeAuch für das Lu–Hf-System kann die Erde wieder als chondritisches Reservoir angesehen werden, ihre Hf-Isotopenentwicklung also gleich der des C2-Meteoriten Murchison gesetzt werden. In Abbildung 68[107] sind die initialen 176Hf/177Hf-Verhältnisse krustaler Gesteine (auf der Basis von Gesamtgesteins- oder Zirkonanalysen) gegen das Bildungsalter dieser Gesteine aufgetragen, zusammen mit der chondritischen Entwicklungslinie. Die gegenwär-tige Hf-Isotopenvariation des Erdmantels macht ca. 20ε-Einheiten aus von ≈0 – 20, was einem zeitintegriert chondritischen bis zu einem wesentlich höher als chondritischen Lu/Hf-Verhältnis entspricht. Gesteine der kontinentalen Erdkruste mit Bildungsaltern >≈3 Ga haben chondritische initiale 176Hf/177Hf-Verhältnisse; diese Gesteine sind daher aus einem damals noch weitgehend undifferenzierten Erdmantel extrahiert worden.

Kruste, die während der großen Krustenbildungsepisoden zwischen ≈2.8 Ga und heute gebildet wurde, ist demgegenüber meist aus einem an Hf relativ zu Lu verarmten Erdman-tel entstanden mit εHf-Werten bis ≈+10. Eine markante Zunahme der initialen εHf-Werte vom späten Archaikum bis heute ist jedoch nicht ersichtlich. Die hohen εHf-Werte stam-men überwiegend aus der Analyse von Zirkonen. Aus U–Pb-Isotopenuntersuchungen weiß man aber, daß viele solcher Zirkone diskordant sind, d.h. daß sie irgendwann einmal nach ihrer Bildung Pb relativ zu U verloren haben müssen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß während eines solchen (metamorphen) Ereignisses auch das Hf-Isotopen-system der Zirkone beeinflußt wurde, z.B. durch Austausch mit hoch radiogenem Hf aus einem REE-reichen und Hf-armen Mineral wie Monazit, Titanit, Allanit oder Apatit. Dann wäre ihre Hf-Isotopie eine Mischung, und die Zirkone wären bei einem zu hohen Alter in die Abbildung eingetragen. Auch durch parallele Analyse von U–Pb und Lu–Hf an solchen Zirkonen konnte diese Ungereimtheit nicht aufgelöst werden.

Ein weiteres Problem resultiert aus der Revision der Zerfallskonstanten auf den Wert von 1.865×10-11 a-1. Damit wird das initiale 176Hf/177Hf der Erde höher, und eine Reihe von archaischen Zirkonen erhält negative εHf-Werte[108], sollte also aus Gesteinen stammen, die über beträchtliche Zeit hinweg an Hf über Lu relativ zur Gesamterde angereichert waren. Dies wiederum würde die Existenz krustaler Blöcke schon während der ersten ca. 250 Ma der Erdgeschichte nahelegen. Obwohl in archaischen Quarziten Westaustraliens gefun-dene Zirkone U–Pb-Alter bis 4.3 oder gar 4.4 Ga zeigen[109],[110], ist nicht klar, inwieweit dies

0.702 0.704 0.706 0.7080.5122 0.5126 0.5130 0.5134

0.2838

0.2836

0.2834

0.2832

0.2830

0.2828

0.2826

0.2826

143Nd/144Nd

176 H

f/17

7 Hf

87Sr/86Sr

Ozeanboden- undOzeaninselbasalte

Kerguelen

Tahit iGalapagos

MO

RB

MORB

Tahit i

Galapagos

Kerguelenbulk-earth

ε Nd

= 0

ε Nd

= 1

0

εHf = 18

εHf = 0

91

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Das Lu–Hf-Isotopensystem

die Existenz größerer Mengen an Erdkruste erfordert. Der generellen Vergleichbarkeit geo-chronologischer Daten wegen wäre es zweifellos angebracht, die Werte der Zerfallskonstan-ten vieler Isotopensysteme kritisch zu evaluieren und gegebenenfalls neue Bestimmungen mit den inzwischen vorhandenen Techniken vorzunehmen[111].

ABBILDUNG 68 initiale Hf-Isotopien von Magmatiten über den Verlauf der Erdgeschichte

8.3 Hinweise von den Hf-Isotopen auf das Ausmaß des globalen Recycling

ABBILDUNG 69 Cartoon zur Illustration von Subduktion der ozeanischen Lithosphäre bis zur 670 km-Diskontinuität und Recycling alter subduzierter Lithosphäre

0.279

0.280

0.281

0.282

0.283

0.284

4 3 2 1 04.55

176 H

f/17

7 Hf

Variation der initialenHf-Isotopenverhältnisse

(aus Gesamtgesteinen undZirkonen)

0-10

+10+20

heutigerErdmantel

aus Ereignissen inten-siver Krustenbildung

aus Intraplatten-vulkaniten

εHf:

t [Ga]

IAB MORBOIBCFBTiefe[km]

100

200

300

400

500

600

670

alte ozeanische Lithosphäre

kontinentaleLithosphäre

ozean.Lithosphäre

92

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A. Radiogene Isotopensysteme

Magmen, die in Subduktionszonen aufdringen, können chemische Komponenten sowohl aus der subduzierten Ozeankruste als auch dem Mantelkeil darüber enthalten. Daß die basaltische Ozeankruste z.T. subduziert wird, steht außer Frage. Was allerdings lange Zeit kontrovers diskutiert wurde, ist die Frage, ob die Sedimentauflage der Ozeankruste mit sub-duziert wird bzw. ob ihr Anteil mengenmäßig so bedeutsam ist, daß sie im Laufe der Zeit durch Homogenisierung mit Mantelperidotit eine meßbare Isotopenverschiebung im Man-tel verursacht oder ob die Menge an subduzierten Sedimenten so gering ist, daß sie die che-mische und Isotopenentwicklung des Erdmantels nicht beeinflußt. Subduktions-zonenbasalte haben einige chemische Charakteristika, z.B. hohe Ba/La- und La/Ta-Verhältnisse, die dadurch erklärt werden können, daß an ihrer Bildung tonige Sedimente beteiligt waren. Diese Hypothese wird auch durch die Sr- und Nd-Isotopenzusammenset-zung solcher Basalte gefordert.

In Diskussionen über die Erd-mantelentwicklung spielen die Basalte der ozeanischen Inseln [OIB] wie Hawaii oder Samoa eine große Rolle. Ozeanische Inseln liegen weit entfernt von kontinentaler Kruste. Trotzdem entspricht die Isotopenzusam-mensetzung ihrer Basalte nicht der von Basalten ozeanischer Rücken. Der Mantel, aus dem die Ozeaninseln entstanden, muß vielmehr zeitintegriert weniger stark an inkompati-blen Elementen verarmt gewe-sen sein (also an Rb relativ zu Sr oder Hf relativ zu Lu) als der Mantel, aus dem MORB ent-standen. Nach einer in der Fachwelt populären Vorstel-lung sollen daher die Quelle von Ozeaninselbasalten oze-anische Kruste (Basalt + etwas Sediment) ± Peridotit sein, die subduziert wurde und sich an der Grenze oberer/unterer Erdmantel in einer Tiefe von ≈670km (oder gar an der Mantel/Kern-Grenze) ansammelte, dort einige 100Ma stabil war, bis sie sich durch radioaktive Wär-meproduktion gegenüber ihrer Umgebung soweit aufgeheizt hatte, daß sie instabil wurde und aufzusteigen und schließlich aufzuschmelzen begann[112].

Wenn diese Hypothese richtig ist, muß man zumindest in günstigen Fällen auf Grund der Hf-Nd-Isotopensystematik die sedimentäre Komponente nachweisen können, da Tiefseese-dimente, welche die subduzierte Sedimentkomponente darstellen sollten, außergewöhnli-che Hf-Nd-Isotopien über den Verlauf von 0.5 – 2 Ga entwickeln würden. Schaut man sich die Lu/Hf- und Sm/Nd-Verhältnisse von ozeanischen Sedimenten an(Abbildung 70[113]), dann stellt man fest, daß deren 147Sm/144Nd nur relativ wenig schwankt (≈0.10 – 0.16). Gewöhnliche Tonschiefer und Tone haben zudem auch ein eng begrenztes Lu/Hf, das im Mittel dem halben chondritischen Verhältnis entspricht. Sande weisen das niedrigste Lu/Hf auf, weil sich in ihnen der durch Verwitterungsprozesse praktisch unzerstörbare Zirkon mit seinem hohen Hf-Gehalt von ≈1% anreichert. Rote Tiefseetone und Mn-Knollen haben im Vergleich zu normalen Tonen hohe REE-Gehalte bei identischen Hf-Konzentrationen, und als Folge davon hohe und sehr variable Lu/Hf-Verhältnisse. Dadurch wird in roten Tiefseetonen in geologischer Zeit ein wesentlich radiogeneres 176Hf/177Hf eingestellt als in

Lu/Hf- und Sm/Nd-Verhältnisse von

Sedimenten

0

0.02

0.04

0.06

0.08

0 0.05 0.1 0.15 0.2

176 Lu

/177 H

f

147Sm/144Nd

Mn-Knollen,Rote Tone

Tone,Tonschiefer

Sande

Erde

ABBILDUNG 70 Lu/Hf- und Sm/Nd-Verhältnisse verschiede-ner ozeanischer Sedimente

93

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Das Lu–Hf-Isotopensystem

anderen Sedimenten. Biogene Sedimente (Kalke, Kieselschiefer) scheinen noch höhere Lu/Hf-Verhältnisse zu haben; infolge niedriger Konzentrationen beider Elemente dürfte ihre 176Hf/177Hf-Signatur jedoch als Komponente der subduzierten Kruste nicht mehr zu erken-nen sein. Geht man davon aus, daß dieselben Prozesse der Produktion von ozeanischer Kruste an mittelozeanischen Rücken und ihrer Zerstörung in Subduktionszonen seit min-destens dem frühen Proterozoikum vor ≈2 Ga vorherrschend waren wie heute, dann läßt sich abschätzen, ob die Hf- und Nd-Isotopien von Ozeaninselbasalten durch eine Mischung von ozeanischer Kruste (±verarmtem ozeanischem Mantelperidotit) und Tiefsee-sedimenten erklärt werden können. Wie Abbildung 71 erkennen läßt[113], ist dies weder durch Mischen von MORB mit 1 – 2 Ga alten roten Tiefseetonen noch durch Mischen von MORB mit einem Durchschnitt an pelagischen Sedimenten möglich (Mischung von alten Komponenten ist erforderlich, weil das globale Recycling sicherlich solche Zeiträume in Anspruch nimmt). Die letztgenannte Mischung für ≈2 Ga alte ozeanische Kruste würde entlang der gezeigten Mischungslinie erfolgen. Eine Mischung, welche die Nd- und Hf-Iso-topenvariation der Ozeaninselbasalte erklären würde, bestünde aus verarmtem Mantelpe-ridotit (bzw. ozeanischer Kruste) + pelagischen Sedimenten + Sanden mit niedrigem Lu/Hf, die durch Trübeströme vom Kontinentalhang in die Tiefsee gelangen könnten. Diese Mischung müßte jedoch in einem engen Mengenverhältnis der sedimentären Komponen-ten erfolgt sein, was sehr schwer realisierbar scheint, weil pelagische Sedimente und Turbi-dite an unterschiedlichen Orten abgelagert werden (in der Tiefsee bzw. vor dem Kontinen-talhang) können und nicht gleichzeitig subduziert werden müssen. Damit stellen die Ozeaninselbasalte wohl keine solche Mischung von altem verarmtem Mantel und alten Sedimenten dar. In Kapitel 12.2, Seite 125 wird diese Frage nochmals aufgerollt.

ABBILDUNG 71 Hf- und Nd-Isotope ozeanischer Sedimente und von Ozeaninselbasalten

-40 -30 -20 -10 0 10 20 -60

-40

-20

0

20

40

εHf

εNd

extremerTiefseeton

Ø Tiefseeton�

Ø p

elag

isches

Sedi

men

t

t=2G

a

turbiditischer Sandstein

t=2Ga

t=2Ga

Modell zur Erklärungder Entstehung vonOzeaninselbasalten

Ozeaninsel-basalte

Mischung von Turbidit +pelagisches Sediment (Verhältnis 1.2:1) mit

Erdmantel

Mischung von pelagischem Sediment

mit Erdmantel

MORB

t=0

94

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A. Radiogene Isotopensysteme

9.0 Das La–Ce-System

Ein Zerfallssystem, das erst in den 1980er Jahren auf seine Nutzbarkeit für die Geochrono-logie untersucht worden ist, ist das La–Ce-System[114]. Auf Grund eines ungünstig niedri-gen Mutter-Tochter-Verhältnisses beim Zerfall, gekoppelt mit einer kleinen Zerfallskon-stante, wird man davon ausgehen dürfen, daß es auch in den kommenden Jahren keine größere Bedeutung erlangen wird.

Natürliches La besteht aus den beiden Isotopen 138La (natürliche Häufigkeit 0.089%) und 139La (99.911%). 138La ist schwach radioaktiv und zerfällt unter Elektroneneinfang in 138Ba (das mit 71.66% das mit Abstand häufigste Ba-Isotop ist) sowie unter β–-Aussendung in 138Ce. Da Ba in Gesteinen und Mineralen fast stets erheblich häufiger ist als La, scheidet das Zerfallssystem La-Ba für die Geochronologie weitgehend aus. Eine potentielle Ausnahme bilden Minerale der leichten REE, z.B. Bastnäsit[115]. Ce besteht aus den 4 stabilen Isotopen 136Ce (Häufigkeit 0.193%), 138Ce (0.25%), 140Ce (88.48%) und 142Ce (11.07%).

La und Ce sind die beiden leichtesten Elemente der Seltenen Erden. La tritt in der Natur nur dreiwertig auf, während das Ce unter oxidierenden Bedingungen – vor allem bei den Prozessen der Verwitterung und Sedimentbildung, selten aber auch in Meteoriten – zusätz-lich vierwertig vorkommen kann. Das chondritische La/Ce-Häufigkeitsverhältnis beträgt 0.31/0.808=0.38; dies entspricht einem 138La/138Ce-Verhältnis von 0.38×(0.089/138.91)/(0.25/140.12) = 0.138. Viele Gesteine der kontinentalen Erdkruste sowie basaltische bis kimberlitische Magmatite haben La/Ce > chondritisch und dürften daher potentiell die best geeigneten Studienobjekte für die La–Ce-Datierung sein.

Die partiellen Zerfallskonstanten und die Halbwertszeit von 138La sind noch nicht sehr genau bekannt. Als beste Werte können gelten[114]:

λε = (4.59±0.33)×10-12 a-1

λβ = (2.58±0.25)×10-12 a-1

λ = λε + λβ ≈ 7.2×10-12 a-1,

woraus eine Halbwertszeit von ≈97×109a folgt, die vergleichbar ist mit der von 147Sm.

Tanaka & Masuda bezogen ihre Massenspektrometerdaten auf das häufige Isotop 142Ce, während eine andere Arbeitsgruppe[116] dem 136Ce den Vorzug gibt, das eine ähnlich nied-rige Häufigkeit hat wie 138Ce. Die Zerfallsgleichung lautet im Fall der Division durch 142Ce:

[GL 94]

Das System ist bislang nur in einem Fall auf seine Brauchbarkeit für Datierungszwecke hin untersucht worden, und zwar für Gabbros aus dem Bushveld Komplex in Südafrika (siehe Abbildungen 72 und 73). Das Alter ist innerhalb des Fehlers nicht unterscheidbar von Sm–Nd- und Rb–Sr-Altern. Infolge der niedrigen La/Ce-Verhältnisse und der kleinen partiellen Zerfallskonstante ist die Variation des Ce-Isotopenverhältnisses jedoch winzig und damit der Fehler des Isochronenalters hoch.

Eine andere Arbeit beschäftigte sich mit der Möglichkeit, mit Hilfe des La–Ce-Systems in Magmatiten Kontaminationen durch die Aufschmelzung und Inkorporation von alter kon-tinentaler Kruste nachzuweisen[116]. In diesem Fall liegen die beobachteten Ce-Isotopenva-riationen am Rand des derzeitigen Auflösungsvermögens der Massenspektrometrie.

138

142

138

142

138CeCe

CeCe

La

initial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+λλ

β1142

138 1Ce

e tλ −( )

95

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Das La–Ce-System

ABBILDUNG 72 La–Ce-Isochrone für Gesteine der Bushveld-Lagenintrusion; der große stati-stische Fehler zeigt, daß das La–Ce-System nicht besonders zur Datierung basischer Magmatite geeignet ist.

ABBILDUNG 73 Zum Vergleich: Sm–Nd-Isochrone der Gesteine vom Bushveld

0.001 0.002 0.003 0.004 0.005 0.006

0.02282

0.02284

0.02286

0.02288

0.02290

138La/142Ce

138 Ce/

142 Ce

Gabbros Bushveldt = 2390±480Ma

Cpx 2Cpx 1

Bulk Plag 2

Plag 1

0.200.100.00147Sm/144Nd

143 N

d/14

4 Nd

0.510

0.511

0.512

0.513

Gabbros Bushveldt = 2050±90Ma

Plag 1Plag 2

Bulk

Cpx 1

Cpx 2

96

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A. Radiogene Isotopensysteme

10.0 Das K–Ca-System

40K erfährt einen dualen Zerfall: Unter Elektroneneinfang zerfallen ≈10.5% der 40K-Atome in 40Ar und liefern damit die Grundlage der K–Ar-Datierung. Die übrigen ≈89.5% zerfallen unter β–-Emission in 40Ca, das mit 96.9821% am Aufbau des natürlichen Ca beteiligt ist. Ca verfügt noch über 5 weitere stabile Isotope mit den Massenzahlen 42Ca (natürliche Häufig-keit 0.6421%), 43Ca (0.1334%), 44Ca (2.0567%), 46Ca (0.0031%) und 48Ca (0.1824%). Die Massendifferenz zwischen 40Ca und 44Ca beträgt immerhin ≈10%, und daher findet man beim Ca geringe, aber meßbare massenabhängige natürliche Fraktionierungen[85]; darauf wird bei den stabilen Isotopen auf Seite 267 kurz eingegangen.

Obwohl die Zerfallskonstante λβ des 40K eine für die Geochronologie günstige Größenord-nung hat, ist die K–Ca-Methode zur Altersbestimmung nur in Ausnahmefällen geeignet. Das liegt daran, daß die meisten Gesteine und Minerale ein sehr niedriges 40K/40Ca-Ver-hältnis haben, denn 40K ist am Aufbau des natürlichen K nur mit 0.01167% beteiligt, und sowohl K als auch Ca sind Hauptelemente in den Gesteinen der Erdkruste. Die Angabe der Massenspektrometerdaten erfolgt relativ zum Isotop 42Ca. Die Zerfallsgleichung lautet dann:

[GL 95]

mit λβ = 4.962×10-10 a-1 ⇒ t1/2 = 1.25×109a.

ABBILDUNG 74 K–Ca-Alter des Pikes Peak-Komplexes

Einer der wenigen Fälle, in denen die K–Ca-Methode bislang zur Datierung verwendet wurde, ist der des Pikes Peak Granitstocks in Colorado[117], für den Plag, Gesamtgestein, 2 Kalifeldspatfraktionen und Biotit ein Alter von 1041±32Ma lieferten (Abbildung 74). Die Altersbestimmung mit dieser Präzision konnte nur gelingen, weil Minerale wie Biotit und Kalifeldspat hohe K-Gehalte bei niedrigen Ca-Gehalten haben (z.B. der analysierte Biotit: 5.786%K, 0.0833%Ca). Bei der Berechnung stellte sich heraus, daß der Initialwert der

40

42

40

42

40

42

CaCa

CaCa

KCa

einitial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+λλ

β λ440 1t −( )

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4

151.0

151.2

151.4

151.6

151.8

152.0

Gesamtgestein

Plagioklas

K-Feldspat

BiotitPikes Peak-Granit

(Colorado)t = 1041±32Ma

40K/42Ca

40Ca/

42Ca

97

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Das K–Ca-System

Isochrone mit 40Ca/42Ca = 151.024±16 vor ≈1 Ga identisch ist mit dem primordialen Ver-hältnis der Chondrite und dem Verhältnis junger, aus dem Erdmantel stammender Gesteine. D.h. die 40Ca/42Ca-Entwicklungskurve der Erde weist eine Steigung von 0 auf, weil das K/Ca-Verhältnis der Erde offensichtlich so niedrig ist, daß der Zerfall von 40K kei-nen Einfluß auf die Isotopenzusammensetzung des Ca der Erde in den ≈4.6 Ga ihrer Geschichte hat.

Auch für das 40Ca/42Ca läßt sich wieder ein ε-Parameter definieren:

[GL 96]

Abbildung 75 illustriert schematisch die Entwicklung der Ca-Isotopie in Kruste und Mantel und vermittelt einen Einblick, welche Isotopenunterschiede sich eventuell auflösen las-sen[117]. Taylor & McLennan zufolge liegt das K/Ca-Verhältnis der „bulk crust“ bei ≈1/4, das der Oberkruste bei ≈1 – 2. Danach wären im Durchschnitt selbst für alte (≈3.5 Ga) konti-nentale Kruste nur εCa-Werte von weniger als +10 zu erwarten. Das K–Ca-Isotopensystem eignet sich daher nur in wenigen Ausnahmefällen zur Datierung. Marine Karbonate zeigen, daß das Meerwasser über die vergangenen ≈3.5 Ga hinweg innerhalb des Auflösungsver-mögens dasselbe 40Ca/44Ca gehabt haben wie Gesteine des Erdmantels[118], daß mithin der Einfluß der Verwitterung von Gesteinen mit hohem K/Ca auf den Kontinenten auf das Meerwasser gering war im Vergleich zum Einfluß hydrothermaler Quellen und der Verwit-terung ozeanischer Basalte.

ABBILDUNG 75 Ca-Isotopenentwicklungskurven von Erdmantel und Erdkruste

εCaProbe

chondritisch

Ca Ca

Ca Ca=

( )( ) −

40 42

40 421

⎡⎡

⎢⎢

⎥⎥

× 104

0.00.51.01.52.02.53.03.54.04.5

0

5

10

15

20

25

30

35

40

ε Ca

Kruste mit K/Ca = 5

Kruste mit K/Ca = 1

Kruste mitK/Ca = 7

Kruste mitK/Ca = 5

Mantel (K/Ca = 0.01)

Hypothetische Entwicklung der Ca-Isotopien in der Erdkruste als Folge

von Differentiationsereignissen

Differentiations-ereignisse

t [Ga]

98

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A. Radiogene Isotopensysteme

11.0 Die Re–Os-Methode

Natürliches Re besteht aus den beiden Isotopen 185Re mit einer Häufigkeit von 37.398±0.016% und 187Re (62.602±0.016%). 187Re ist radioaktiv und zerfällt unter β–-Emis-sion in 187Os. Die direkte Bestimmung der Halbwertszeit von 187Re durch Messung der β–-Strahlung ist sehr schwierig, weil die Zerfallsenergie nur ≈2.6KeV beträgt. Ein gangbarer Weg ist daher – wie bei der Bestimmung der Halbwertszeit von 176Lu – eine Gesteinsserie gut bekannten Alters zu nehmen und die Halbwertszeit aus der Steigung der Isochrone zu bestimmen. Hirt et al. (1963)[119] bestimmten die Halbwertszeit zu (4.3±0.5)×1010a durch Analyse von Molybdänglanzen bekannten Alters. Dieser Wert stimmt innerhalb des Feh-lers überein mit dem derzeit besten durch die indirekte Isochronenmethode bestimmten Wert von (4.56±0.11)×1010a, woraus ein λ = (1.52±0.04)×10-11a-1 resultiert[120].

Auf direktem Wege wurde d ie Halb-wert sze i t 1989 dagegen zu (4.23±0.13) ×1010a ermittelt[121]. Die dabei angewandte Methode sei hier kurz skizziert: In mehreren Parallel-experimenten, die sich über ca. 5 Jahre erstreckten, wur-den je ca . 2 kg hochkonzentriertes HReO 4 (entspre -chend ≈ 1 kg Re) von Os-Verunreini-gungen wei tge -hend gere in igt , indem das Os in der Lösung mit HJO4 in einem O3/O2-Strom oxidiert und dann abdestilliert wurde; dabei verbleiben ≈0.5 – 0.8ng Os je kg Re in der HReO4-Lösung. Die gereinigte HReO4-Säure wurde tiefgefroren und in unregelmäßigen Abständen (150 – 400 Tage) wurde nach Auftauen ein Aliquot entnommen, aus dem das Os in ng-Mengen wieder durch Destillation abgetrennt und mit einem ICP-Massenspektrome-ter auf die Isotopenzusammensetzung 187Os/190Os bzw. 187Os/192Os untersucht wurde. Für die Auswertung gilt dann die Zerfallsgleichung, z.B.

Da die Halbwertszeit von 187Re sehr groß ist gegen die Dauer der Halbwertszeitbestimmung (≈5a), kann vereinfachend geschrieben werden:

Das 192Os stammt aus dem Spike und zum geringen Teil aus der unvollständigen Abtren-nung vom Re vor Beginn des Experiments. Da 187Re ein riesiges Reservoir im Vergleich zu 192Os ist, ändert sich das Verhältnis 187Re/192Os im Verlauf des Experiments im Rahmen der

2.5

2.0

1.5

1.0

0.5

0.0

187 O

s/19

2 Os

Tage

Bestimmung derHalbwertszeit von 187Re

Steigung =187Re192Os

× λ

16001400120010008006004002000

ABBILDUNG 76 direkte Bestimmung der Halbwertszeit von Re

187

192

187

1920

187

192

OsOs

OsOs Os

et

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+=

Re λ1187 1t −( )

187

192

187

1920

187

192

OsOs

OsOs Os

t

≈⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+ ×=

Re λ1187t

99

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Die Re–Os-Methode

Meßgenauigkeit nicht. Bei Auftragung von t gegen das Verhältnis 187Os/192Os ergibt sich die Steigung zu187Re/192Os × λ. Die Genauigkeit, mit der die Zerfallskonstante oder damit die Halbwertszeit bestimmt werden kann, hängt danach von der Präzision ab, mit der 187Re/192Os gemessen werden kann. In Abbildung 76 ist ein Beispiel einer der Messungen gegeben. Eine neuere Zerfallskonstante von 1.6689 ± 0.0031×10-11a-1 (entsprechend einer Halbwertszeit von 41.5×109a) wurde von Selby et al. (2007) durch Altersbestimmung von Molybdeniten magmatischer Lagerstätten vorgeschlagen, deren Alter durch U–Pb-Datie-rung an Zirkonen präzise ermittelt werden konnte[122]. Häufig wird heute jedoch ein von Shirey & Walker[123] verfeinerter Wert von 1.666×10-11a-1 verwendet, dessen Genauigkeit mit ±1% angegeben wird.

Natürliches Os besteht aus den 7 stabilen Isotopen 184Os (mittlere Häufigkeit 0.0239 Atom%), 186Os (1.600%), 187Os (1.510%), 188Os (13.286%), 189Os (16.2518%), 190Os (26.369%) und 192Os (40.9579%). Als Bezugsisotop zur Angabe der Massenspektrometer-daten benutzt man 186Os, woraus sich die Zerfallsgleichung ergibt als

[GL 97]

1992 ist eine Arbeitsgruppe dazu übergegangen, das Verhältnis 187Os/188Os anstatt des Ver-hältnisses 187Os/186Os zu benutzen[125]. 188Os hat weniger isobare Interferenzen als 186Os. Vor allem aber stammt 186Os selbst zu einem sehr geringen Anteil aus dem Zerfall des lang-lebigen 190Pt (ca. 449×109

a[126], entsprechend λ = 1.542×10-12 a-1 ). Dieses ist zwar am Auf-

bau des natürlichen Platins nur zu ca. 0.013% beteiligt; dennoch kann es in Erzen der Pla-tinoide bei hohen Pt/Os-Verhältnissen, z.B. in den Cu-Erzen von Sudbury[127], einen meßbaren Beitrag zum 186Os liefern. Anstelle von GL 97 erhält man dann:

[GL 98]

Das 187Os/188Os-Verhältnis läßt sich durch Multiplikation mit 8.309 einfach in 187Os/186Os umrechnen.

Infolge der geringen geochemischen Häufigkeit von Os und Re in der Natur hatte die Re–Os-Methode bis ca. 1990 keine große Bedeutung in der Geo- und Kosmochronologie. Ihre Anwendung beschränkte sich auf Spezialfälle, in denen einfachere Methoden versagten oder sich der große Aufwand wissenschaftlich vertreten läßt. Ein gutes Beispiel für den ersten Fall ist die Datierung von Fe-Meteoriten, in denen die Konzentrationen von Sr, Nd oder Hf verschwindend gering sind. 1988 gelang jedoch eine entscheidende Verbesserung der massenspektrometrischen Os-Messung, als K.G. Heumann fand, daß sich wesentlich intensivere Strahlströme erzielen lassen, wenn man Os nicht als Kation Os+, sondern als Anion mißt[128]. Das von Heumann skizzierte Verfahren wurde am Caltech soweit entwickelt, daß es inzwischen zur Routinemessung geologischer Proben dienen kann[124]. Danach wird die Probe, zusammen mit Ba(NO3)2, auf ein Pt-Filament geladen. Das Barium reduziert die Elektronenaustrittsarbeit (die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein Atom als Ion die heiße Filamentoberfläche verläßt) des Pt-Filaments und dient, ähnlich wie La, als Elek-tronenemitter (und der Sauerstoff des nach Erhitzen des Filaments verbleibenden BaO wohl als O-Donator). Zur Analyse müssen die Polarität des Elektromagneten des Spektro-meters und der Stromversorgung für die Beschleunigungsspannung umgekehrt werden. 4ng Os lieferten dabei stabile Ionenströme von ≈3×10-12A über etwa eine Stunde, was die Bestimmung der Os-Isotopie mit einer Genauigkeit von ca. ±2‰ auf dem Faraday-Auffän-ger zuläßt; 70pg Os können noch mit ±5‰ 2σ-Fehler auf einem Sekundärionenverviel-facher gemessen werden. Os und Re können auf dasselbe Filament geladen werden, weil die Verhältnisse von > 250 sind und damit i.a. tolerierbare Masseninterferen-zen bilden. Damit ist das Re–Os-Isotopensystem jetzt auch der gewöhnlichen Massenspek-

187

186

187

186

187

186

OsOs

OsOs

initial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+ ReOOs

e tλ187 1−( )

187

188

187

188

187

188

OsOs

OsOs

initial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+ ReOOs

e tλ187 1−( )

OsO3–

ReO ReO4–

3–/

100

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A. Radiogene Isotopensysteme

trometrie zugänglich und erfordert nicht mehr den Einsatz von high-tech-Maschinen (Resonanzionenmassenspektrometer[129], Beschleunigermassenspektrometer[130]).

Re verhält sich geochemisch ähnlich wie Mo und reichert sich daher in molybdänhaltigen Mineralen hoch über seinen geochemischen Durchschnitt an. So wurden in Molybdän-glanzen Re-Gehalte zwischen einigen ppm und mehr als 1% gemessen. Da Mo-Minerale arm an Os sind, können die Os-Isotopien solcher Minerale extrem radiogen sein. Bei parti-ellen Aufschmelzprozessen im oberen Erdmantel verhält sich das Re wie ein mäßig inkom-patibles Element und wird mit Sulfidschwefel in den Teilschmelzen konzentriert; für oze-anische Basalte besteht zudem eine gute Korrelation zu den schweren REE[131].

Als Element der Pt-Gruppe ist Os äußerst siderophil und kommt vor allem als Mineral Osmiridium vor sowie in Cu- und Ni-Sulfiden vornehmlich ultrabasischer Gesteine. Os verhält sich bei der partiellen Aufschmelzung des Erdmantels stark kompatibel. Die Häufig-keitsverhältnisse von Re und Os variieren daher in Erdmantel und Erdkruste sehr stark. Tabelle 9 mag einen Überblick darüber geben:

ABBILDUNG 77 Re–Os-Isochrone für verschiedene Typen von Meteoriten[140],[120]

TABELLE 9: Re- und Os-Gehalte verschiedener Gesteinstypen

Gesteinstyp ppb Re ppb OsChondrite 57 (30 - 80) 660 (300 – 900)

Fe-Meteorite 2500 (5 – 50000) 30000 (7 – 50000)

Granat- und Spinellperidotite (südl. Afrika)[132] 0.02 – 2 1 – 7

Komatiite, Tholeiite (Gorgona/Kolumbien, Rußland)[133],[134] 0.03 – 2.3 1.0 – 6.5

Ozeaninselbasalte[135] 0.06 – 0.5 0.01 – 0.35

klastische Sedimente[136],[138], inkl. Schwarzschiefer[137],[139] 0.05 – 500 0.02 – 2

187 O

s/18

6 Os

1.5

1.4

1.3

1.2

1.1

1.0

0.9

0.8

86420187Re/186Os

EisenmeteoriteMesosideritChondrite (Metallphase)

Re-Os-Isotopie der MeteoriteInitialwert (4.55Ga): 0.806±0.006

101

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Die Re–Os-Methode

Die extrem niedrigen Re- und Os-Gehalte der Silikatgesteine dürften eine Konsequenz des siderophilen bzw. chalcophilen Charakters dieser Elemente sein, weswegen sie vermutlich im Metallkern der Erde hoch angereichert sind. Infolge der sehr unterschiedlichen Re/Os-Verhältnisse in Erdmantel und -kruste wird man erwarten, daß die Os-Isotopien dort sehr verschieden voneinander sind.

ABBILDUNG 78 Os-Isotopenentwicklungskurve des Erdmantels

ABBILDUNG 79 Re–Os-Isotopenzusammensetzung von Gesteinen des Erdmantels

4 3 2 1 0

0

1

2

3

4

5

6

Osmiridium

Laurit

Entwicklung der Os-Isotopie inErdmantel und Erdkruste

MeteoriteWitwatersrand

Aust

ralie

n

Aust

ralie

n

Ura

lPa

pua-

Neu

guin

ea

1.04

Merensky ReefKruste m

it 187 Re/1

86 Os = 100

187 O

s/18

6 Os

t [Ga]

0.8

0.9

1.0

1.1

1.2

0 5 10 15

187 O

s/18

6 Os

187Re/186Os

Granat- und Spinell-peridotite, südliches Afrika

2.4±0.9Ga

Jagersfontein

N. Lesotho

Premier

Kimberlit(Bellsbank)

Kontamination durch Kimberlit

102

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A. Radiogene Isotopensysteme

Bei der Bestimmung der Halbwertszeit von 187Re nach der Isochronenmethode durch Luck & Allègre (1980)[140] stellte sich heraus, daß Eisenmeteorite, Steineisenmeteorite und die Metallphasen aus Chondriten auf derselben Isochrone liegen (siehe Abbildung 77) und daher zur selben Zeit oder innerhalb eines relativ kurzen Zeitintervalls von ≈100 Ma ent-standen sein müssen. Der Schnittpunkt der Isochrone mit der Ordinate liefert das initiale 187Os/186Os des Sonnensystems vor ≈4.55 Ga mit 0.806±0.006.

Die Os-Isotopen-entwick lungs -kurve des Erdman-tels (bzw. der Erde) wurde von Luck & Allègre (1982) da-durch bestimmt, daß sie Os-haltige Minerale aus Ul-t ramafiten ver -schiedenen Alters analysierten[141]. In diesen Minera-len ist das 187Os/186Os infolge des niedrigen Re/Os-Verhäl tni s ses praktisch einge-froren seit der Zeit ihrer Kristallisa-tion (siehe Abbil-dung 78). Nach diesen Untersu-chungen liegt das 1 8 7Os/1 8 6Os des Mantels heute bei 1 .040±0.010. Kombiniert mit dem Initialwert des Sonnensy-stems, ergibt sich daraus ein 187Re/186Os-Verhältnis von 3.3 bzw. ein Re/Os-Verhältnis von 0.082 (Um-rechnungsfaktor: 187Re/186Os = Re/Os×40.2). Messun-gen an chondriti-schen Meteoritenzufolge[142], liegt deren mitt leres 187Os/186Os heute bei ≈1.06 (entspre-chend e inem 187Os/188Os von 0.1276 – später auf 0.1270 revidiert[143]). Granat- und Spinellperidotite aus südafrikanischen Kimberliten zeigen 187Os/186Os-Verhältnisse zwischen 0.91 und 1.07 (Walker et al., 1989[132]) und schwanken damit nicht sehr stark um den nominellen Mittel-

0.140

0.135

0.130

0.125

0.120

0.115

0.110

0.50.40.30.20.10.0187Re/188Os

187 O

s/18

8 Os

Re-Os-Isotopensystematikvon Peridotiten aus den Pyrenäen

%Al2O3

187 O

s/18

8 Os

Korrelation von Os-Isotopen mit Alfür Peridotite aus den Pyrenäen

543210

0.140

0.135

0.130

0.125

0.120

0.115

0.110

ABBILDUNG 80 Re–Os-Isotopendiagramm [oben] bzw. Al–187Os/188Os-Korrelation [unten] für Peridotite aus den Pyrenäen[144]

103

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Die Re–Os-Methode

wert des heutigen Erdmantels (Abbildung 79). Die meisten Daten liegen unter dem chon-dritischen Wert und zeigen an, daß die Peridotite bei einem hypothetischen Schmelzereig-nis Re bevorzugt über Os verloren haben. Ihre Re–Os-Modellalter liegen um 2.5 Ga.

Reisberg und Lorand[144 ]

haben gefunden, daß sich zwischen dem Al-Gehalt von alpinotypen Peridotiten und ihrer Os-Isotopie bessere Kor-relationen ergeben als zwi-schen dem Re/Os-Verhältnis und der Os-Isotopie (Abbil-dung 80). Sie argumentier-ten, daß der Al-Gehalt ein Indikator für den Auf -schmelzgrad ist, da Al in den-jenigen Mineralen des Erd-mantels beheimatet ist, die bevorzugt in die Schmelze eintreten und sich das Cr/Al-Verhältnis der residualen Peridotite mit zunehmen-dem Aufschmelzgrad konti-nuierlich erhöht. Das Re/Os-Verhältnis kann demgegen-über durch sekundäre Pro-zesse (Metasomatosen) infolge der Mobilität des Re erhöht oder zumindest unsy-stematisch verändert werden, so daß die Re–Os-Systematik der Peridotite keine verwert-baren Altersinformationen konserviert haben müssen. Wenn man den Achsen-abschnitt der Al–187Os/188Os-Korrelation als Initialwert eines magmatischen Ereig-nisses interpretiert, als „Bil-dungsalter“ des subkontinen-ta len l i thosphär i schen Mantels nach Differenzie-rung aus einem primitiven Mantel, dann läßt sich aus der Erdmantelentwicklungs-kurve das ungefähre Alter abschätzen, im Fall der Peri-dotite aus den Pyrenäen von knapp 2.5 Ga. Ähnlich wie Al lassen sich auch die schwe-ren REE, z.B. Lu verwenden (Abbildung 81). Die Qualität der Korrelation ist über-raschend gut . denn die schweren REE, Os und (das zu Anfang vorhandene) Re sind sicherlich in verschiedenen Phasen der Erdmantelgesteine

ppb Lu

0.135

0.130

0.125

0.120

0.11580706050403020100

Dreiser Weiher(Meisel et al., 1996)

Ib/8

kanadische Kordillere(Peslier et al., 2000)

Ib/3

Ib/2

MHP79/2

0.095

0.100

0.105

0.110

0.115

0.120

0.125

0.130

0.135

0 1 2 3 4Alter [Ga]

187 O

s/18

8 Os

187 O

s/18

8 Os

Os-Isotopenentwicklung

des Erdmantels

kanadische Kordillere

Eifel

Os-Isotopen-Modellalter deslithosphärischen Erdmantels

ABBILDUNG 81 Korrelation zwischen Os-Isotopien und denGehalten an schweren REE am Beispiel des Lu für Erdmantel-xenolithe aus dem Westen Kanadas[145] und der Eifel[146],[149]

(oberes Diagramm). Aus der Korrelation ergeben sich initialeOs-isotopien, mit denen sich im unteren Diagramm über dieEntwicklungskurve des Erdmantels Modellalter konstruierenlassen, gut 1 Ga im Fall Kanadas und etwas mehr als 1.5 Ga imFall der Eifel.

104

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A. Radiogene Isotopensysteme

beheimatet – schwere REE weitgehend in den Klinopyroxenen und, falls vorhanden, in Granaten, untergeordnet auch in Orthopyroxenen, das Os eher in Sulfiden, möglicher-weise auch in Form metallischer Legierungen, Re ebenfalls in Sulfiden. Für die kanadische Kordillere argumentieren Peslier et al. (2000)[145], daß die krustalen Teile der Lithosphäre in der Region sowohl höhere als auch niedrigere Alter aufweisen, so daß die Beziehung zwi-schen Kruste und oberstem Mantel dort möglicherweise tektonisch bedingt ist.

In den Partialschmel-zen des Erdmantels wird sich Re über Os in Abhängigkeit vom Auf-schmelzgrad mehr oder weniger stark anrei-chern. In der Tat haben tertiäre komatiitische Schmelzen von Gor-gona Island im Pazifik vor Kolumbien niedri-gere 187Re/186Os-Ver-hältnisse (7 – 50) als tholeiitische Basalte (300 – 2700) derselben Insel[133]. Auf Grund dieser extremen Frak-tionierung werden sich in Basalten im Verlauf der Ze i t rasch sehr radiogene Isotopien einstellen, und damit sollten sich im Prinzip mit der Re–Os-Methode auch mesozoische und selbst tertiäre Vulka-nite datieren lassen. Für die Tholeiite von Gorgona Island wurde eine präzise Isochrone erhalten, deren Alter die Entstehung dieser Gesteine angeben sollte (siehe Abbildung 82).

Da Gesteine der kontinentalen Erdkruste ein sehr hohes Re/Os-Verhältnis aufweisen, wor-aus altersabhängig ein sehr radiogenes 187Os/186Os resultieren kann, eignet sich das Os-Iso-topenverhältnis potentiell, um die Kontamination von basischen Magmen durch alte Kru-ste nachzuweisen.

Die Fraktionierung von Re und Os ist um Größenordnungen höher als die zwischen Sm und Nd; die resultierenden 187Re/186Os-Verhältnisse zeigen sogar größere Variationen als die 87Rb/86Sr-Verhältnisse. Die Os-Isotopie wird daher bequemerweise, ähnlich wie die des Nd, relativ zu Chondriten angegeben, hier allerdings als prozentuale Abweichung:

[GL 99]

mit 187Os/188OsChondrite = 0.1270[143]. Eine Analyse von Peridotitxenolithen verschiedener Kontinente führte Meisel et al. (1997) über eine Extrapolation zum Schluß, der primitive Erdmantel habe heute ein 187Os/188Os von mindestens 0.1290±0.0009, vergleichbar den Enstat i tchondriten, aber etwas höher als der Wert für kohlige Chondrite(0.1258±0.0005)[146]. Wählt man als Mittelwert für Chondrite 0.1270, dann ergibt sich für den primitiven Erdmantel ein γOs von ≈1.6. Wegen des hoch siderophilen Charakters des Os und des chalkophilen Charakters des Re ist nachvollziebar, daß der Silikatteil der Erde ein etwas höheres als chondritisches Re/Os hat.

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

1

2

3

4

5 Tholeiite, GorgonaIsland (Kolumbien)

t=88±4Ma

187Re/186Os

187 O

s/18

6 Os

ABBILDUNG 82 Re–Os-Isochrone für Basalte

γ OsProbe

Chondrite

Os Os

Os Os=

( )( ) −

⎢187 186

187 1861

⎢⎢

⎥⎥

× =( )

100187 188

187 188bzw. γ Os

ProbeOs Os

Os Os(( ) −⎡

⎢⎢

⎥⎥

×Chondrite

1 100

105

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Die Re–Os-Methode

Es ist inzwischen aus der Analyse von Peridotiten gut belegt, daß in vielen Gesteinen des oberen Erdmantels die Platingruppenelemente [PGE] fraktioniert sind, indem Os und Ir eine Gruppe bilden, Pt, Pd und Rh eine zweite[147],[148]. Außerdem liegen die PGE-Gehalte um mehr als drei Zehnerpotenzen über denjenigen, die erwartet würden, wenn die Tren-nung der Erde in eine silikatische und eine Metallphase vor ≈4.5 Ga unter ungefähren Gleichgewichtsbedingungen erfolgt wäre (Niedrigdruckfraktionierung nahe der Erdober-fläche). Als Erklärung für die zu hohen PGE-Gehalte des Erdmantels ist die late veneer-Hypothese vorgeschlagen worden, nach der die überschüssigen PGE durch Meteoritenein-fall nach der Separation des Erdkerns auf die Erde gelangt sein könnten. Die Alter der gro-ßen Krater auf dem Mond gelten als Hinweis für die Plausibilität einer solchen Erklärung. Allerdings lassen sich die heutigen PGE-Verhältnisse des Erdmantels nicht mit dem Einfall chondritischer Meteorite (≈1% der Masse der Erde!) erklären, sondern allenfalls mit einer selektiven Addition der fraktionierten Eisenmeteorite; dies erscheint wenig plausibel. Eine Alternative bildet die Vermischung von Material des äußeren Erdkerns mit unterstem Erd-mantel in der D''-Region, dem möglichen Quellgebiet tiefer Plumes, die den oberen Erd-mantel allmählich an PGE angereichert haben[150]. In Analogie zu den Eisenmeteoriten müßte der flüssige äußere Kern an Pt, Pd (und Re) relativ zu Os und Ir angereichert sein, weil Os und Ir infolge hoher Metall/Metallschmelze-Verteilungskoeffizienten bei der all-mählichen Kristallisation des festen inneren Erdkern bevorzugt über Pt und Pd in diesen festen Kern gewandert sein sollten[147]. Wenn dem so ist, sollte das zeitintegriert hohe Pt/Os-Verhältnis im flüssigen äußeren Kern durch den α-Zerfall von 190Pt ein etwas erhöhtes 186Os/188Os erzeugt haben, das sich in günstigen Fällen in Plume-Basalten nachweisen las-sen mag. Tatsächlich wurden radiogene 186Os/188Os-Verhältnisse z.B. für spätarchaische Komatiite des Baltischen Schildes gefunden und als Hinweis auf ein frühes Einsetzen der Kristallisation des Erdkerns gedeutet (Abbildung 83[134]). Auf Grund von Hochdruckexperi-menten zur Verteilung von Re, Os und Pt zwischen Metall und Metallschmelzen scheint solche Schlüsse jedoch unwahrscheinlich, da die Anreicherung von Re und Pt relativ zu Os in der Metallschmelze nicht hoch genug scheint[152],[152].

ABBILDUNG 83 Re–Os- und Pt–Os-Isochronen für Komatiite aus dem Osten des Baltischen Schildes in Rußland[134]. Das Alter der Pt–Os-Isochrone wurde gegenüber derjenigen in der Arbeit korrigiert, weil Puchtel et al. eine Zerfallskonstante λ190 benutzten, (1.477×10-12

a-1 gegenüber 1.542×10-12 a-1). Der Initialwert

der Pt–Os-Isochrone liegt um 20±6 ppm über demjenigen eines unfraktio-nierten Mantels, was von den Autoren der Studie als Hinweis darauf gewer-tet wurde, das das meiste Os aus dem äußeren Erdkern stammt.

0.10

0.15

0.20

0.25 0.11986

0.11985

0.11984

0.119830.000 0.002 0.004 0.0060.0

¹⁸⁶O

s/¹⁸

⁸Os

¹⁹⁰Pt/¹⁸⁸Os

¹⁸⁷O

s/¹⁸

⁸Os

¹⁸⁷Re/¹⁸⁸Os

0.5

Alter = 2880±83 Maγ¹⁸⁷Os(t) = 1.8±0.6

Alter = 2697±190 Ma¹⁸⁶Os/¹⁸⁸Os(t) = 0.119834±1

1.0 1.5 2.0 2.5 3.0

Komatiite Kostomuksha

106

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 84 Variation der Os-Isotopenzusammensetzung in metallreichen pazifischen Se-dimenten über die vergangenen 80 Ma[157]. Die größeren der Kreise und Quadrate stehen für Karbonate, die während großer Sedimentationsraten gewachsen sind. Es wird angenommen, daß solche Proben die beste Annä-herung an die Os-Isotopie des Meerwassers darstellen. Die schlechteste An-näherung stellen Gesamtanalysen klastischer Sedimente dar (kleinere Quadrate), bei denen die Wahrscheinlichkeit groß ist, daß ihre Os-Isotopie durch einen Anteil an Mikrometeoriten zu niedrig ausfällt. Das Band der Meerwasserkurve wurde daher bevorzugt durch die karbonatreichen Sedi-mente gelegt.

Ein Problem, das man – zunächst nicht sehr erfolgreich – durch Anwendung der Re–Os-Me-thode zu lösen versucht hat, ist die Frage nach der Natur des Ereignisses an der Kreide/Ter-tiär-Grenze. Sedimente, die an der K/T-Grenze sowohl im marinen als auch im kontinenta-len Milieu abgelagert wurden, zeichnen sich weltweit durch eine Anreicherung von Platinoiden erheblich über den lokalen geochemischen Untergrund aus. Eine populäre Hy-pothese ist, daß dies auf den Einschlag eines ≈10–15 km großen Meteoriten zurückzufüh-ren ist, während andere Hypothesen terrestrische Ursachen geltend machen. Proben des K/T-Grenztons weisen Os-Isotopenverhältnisse auf, wie man sie auch in Meteoriten findet, während typische kontinentale Erdkruste zehnfach höhere Verhältnisse hat[151]. Es ist je-doch nicht möglich, durch die Os-Isotopie zwischen extraterrestrischem Os und Erdman-tel-Os zu unterscheiden. Im letzteren Fall wäre eine gewaltige vulkanische Aktivität auf der Erde an der K/T-Grenze erforderlich, wobei platinoidhaltige Gase in die Stratosphäre gelan-gen müßten, um sich weltweit (auch auf Kontinente) auszubreiten. Dabei ist vor allem der Flutbasaltvulkanismus des Dekkan in Indien ins Visier der Untersuchungen geraten, wobei vielleicht problematisch bleibt, wie „stiller“ basaltischer Vulkanismus große Mengen an Gasen in die Stratosphäre schleudern kann. Daß es an der Kreide/Tertiär-Grenze den Ein-schlag eines extraterrestrischen Objektes gegeben haben muß, ist unbestritten und durch andere Argumente erhärtet, z.B. durch eine kleine Isotopenanomalien beim Cr[154],[155].

Alter [Ma]

10

8

6

4

2

1.2

1.0

0.8

0.6

0.4

0.2

806040200

187 O

s/18

6 Os 187O

s/ 188Os

Gesamtsedimentprobe

Lösung nach milder Ätzungder Gesamtprobe

Lösung nach starker Ätzungder Gesamtprobe

107

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Die Re–Os-Methode

Durch d ie Analyse von metallreichen Sedimenten aus Bohrkernen im Pazifik haben Peucker-Ehrenbrink et al.(1995) versucht, die Meerwas-serentwicklungskurve der Os-Isotope über die vergangenen 80 Ma zu rekonstruieren (Abbildung 84[157]). Dabei wird angenommen, daß die beste Annäherung an die Os-Isotopie des Meerwassers erhalten wird durch die Ana-lysen von karbonatreichen Sedimenten, die bei rascher Sedimentation entstanden sind oder durch eine Ätzung klastischer Sedimente mit einer sauren Peroxidlösung, bei der das an Fe-Mn-Oxihy-droxide gebundene Os her-ausgelöst wird. Aus Abbildung 84 ist zu ersehen, daß 187Os/188Os an der K/T-Grenze mit einem Wert von weniger als 0.2 ein Minimum aufweist und anschließend rasch wieder ansteigt. Eine Feinstratigraphie von Sedimenten zeigt zudem, daß ca. 3×105 a vor der K/T-Grenze die Os-Isotopie von oberkre-tazischen Werten um 0.55 allmählich auf ca. 0.4 abfällt und dann schlagartig und kurzzei-tig bis auf ca. 0.15, um anschließend wieder auf ≈0.4 anzusteigen (Abbildung 85[158]). Es ist naheliegend, den allmählichen Abfall dem Dekkan-Vulkanismus zuzuschreiben und das schlagartige Absinken dem Impakt.

Die Os-Isotopie des Meerwassers ist auch benutzt worden, um die Wachstumsgeschichte einer Fe-Mn-Kruste aus dem Pazifik durch Einpassung in die Meerwasserkurve zu erhel-len[159]. Dabei zeigte sich, daß diese Wachstumsgeschichte auch Phasen des Stillstandes oder sogar der Auflösung umfaßt, was mit anderen Datierungsmethoden nicht gezeigt wer-den kann, mit denen danach eine viel zu niedrige Wachstumsdauer errechnet wird.

63 64 65 66 67 68Alter [Millionen Jahre]

Hauptpuls desDekkan-Vulkanismus

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

Paläozän Maastricht

187 O

s /18

8 Os

Kreide/Tertiär-Impakt

Erdmantel& Meteorite

marine Karbonate und schwer-metallhaltige Sedimente als Indikator für Meerwasser

ABBILDUNG 85 Os-Isotopie von Sedimenten aus drei Tiefsee-bohrkernen des Indiks, Pazifiks und Atlantiks[158]

108

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A. Radiogene Isotopensysteme

12.0 Die U,Th–Pb-Methoden

Der Zerfall von 238U, 235U und 232Th in 206Pb, 207Pb und 208Pb bildet die Grundlage für eine ganze Reihe von mehr oder weniger wichtigen Methoden der Geo- und Kosmochemie. Zu den frühesten, inzwischen aufgegebenen Methoden der Geochronologie gehören die U-He-Methode, bei der die Mengen an He und U in einem Mineral ermittelt werden, und die chemische U–Pb- bzw. Th–Pb-Methode, bei der die Konzentrationen an diesen Elementen in einer Probe gemessen werden und zudem angenommen wird, alles Pb stamme aus dem U- bzw. Th-Zerfall. Die Isotopenmethoden hingegen erfreuen sich wieder großer Wert-schätzung, nachdem man erkannt hat, daß auch Rb–Sr und Sm–Nd als Chronometer ihre Tücken haben und daß die U,Th–Pb-Methoden Informationen liefern, die mit anderen Iso-topensystemen nicht zu erhalten sind. Die Entwicklung hoch auflösender Sekundärionen-Massenspektrometer (Ionensonden) und Laserablations-ICP-MS-Geräte, mit denen sich die Pb-Isotopenzusammensetzung an einzelnen Mineralkörnern messen läßt, verstärkt diese Renaissance zusätzlich.

Das Th-Isotop 232Th sowie die Isotope 235U und 238U sind die schwersten in der Natur noch vorkommenden primordialen Nuklide. 5 weitere Th-Isotope (227, 228, 230, 230, 234) und ein U-Isotop (234) treten in sehr geringen Konzentrationen in den 3 Zerfallsreihen auf.

U und Th gehören zur Gruppe der Actiniden, die sich chemisch ähnlich wenig unterschei-den wie die REE (In beiden Gruppen werden die f-Orbitale der Elektronenhülle aufgefüllt, 4f bei den Seltenen Erden, 5f bei den Actiniden). U und Th treten in der Natur vierwertig auf. Der Unterschied ihrer Ionenradien beträgt dann ≈5% (U4+ 1.00Å, Th4+ 1.05Å für 8er Koordination), und beide Elemente können sich in den Kristallstrukturen von Mineralen zum Teil ersetzen. Unter oxidierenden Bedingungen – d.h. vor allem im sedimentären Milieu – kann U jedoch sechswertig vorkommen und bildet dann das Uranylion , dessen Salze in wäßrigen Lösungen im Gegensatz zu den U4+-Verbindungen meist gut lös-lich sind. Da Th nicht oxidierbar ist, kann unter solchen Bedingungen eine weitgehende chemische Trennung beider Elemente in der Natur erfolgen, eine Eigenschaft, die man sich bei der Datierung durch die Ungleichgewichtsmethoden zunutze macht. Vor allem in den Ozeanen tritt Uran sechswertig auf und ist dann besser löslich als Th, so daß chemische Sedimente (Karbonate) Th/U-Verhältnisse <1 haben können, während das kosmische Ver-hältnis und das vieler terrestrischer Gesteine um 4 liegt.

Das Schwermetall Pb tritt in der Natur fast nur zweiwertig auf, selten – unter stark oxidie-renden Bedingungen – auch vierwertig. Der Ionenradius von Pb2+ ist beträchtlich höher als der von U4+ oder Th4+ (Pb2+ in 8er Koordination 1.29Å, in 6er Koordination 1.19Å), und so verhalten sich U/Th und Pb geochemisch sehr unterschiedlich. Pb, sofern es keine eigenen Minerale, insbesondere Sulfide, bildet, tritt als Spurenelement in K-haltige Minerale – ins-bes. Kalifeldspäte – ein, während sich U und Th vornehmlich in Akzessorien von Gesteinen finden, z.B. Allanit, Titanit, Epidot, Apatit, Monazit und Zirkon.

Tabelle 10 gibt grobe Anhaltspunkte über die Pb-, Th- und U-Gehalte verschiedener Gesteine und Minerale (zusammengestellt nach [160] und [25]).

Da Pb, Th und U hoch inkompatible Elemente für die Paragenesen des uns zugänglichen Erdmantels sind (mit Ausnahme der jedoch meist bleiarmen Sulfide), sind sie in den Gesteinen der Erdkruste hoch angereichert.

Die Gleichungen, die den Zerfall von U und Th beschreiben, lassen sich wie folgt zusam-menfassen:

238U → 206Pb + 8 4He + 6β– [GL 100]

235U → 207Pb + 7 4He + 4β– [GL 101]

232Th → 208Pb + 6 4He + 4β– [GL 102]

UO22+

109

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Die U,Th–Pb-Methoden

In diesen 3 natürlichen Zerfallsreihen entstehen als intermediäre Tochterprodukte 43 Iso-tope von 12 Elementen. Keines dieser Nuklide ist Mitglied von mehr als einer Zerfallsreihe. In Tabelle 11 sind wichtige Daten der natürlich vorkommenden U- und Th-Isotope zusam-mengestellt:

Mit diesen Werten ergibt sich ein heutiges Verhältnis von 238U/235U = 137.88. Mit hochprä-zisen Messungen hat man inzwischen eine Variation dieses Verhältnisses von >5‰, vor allem für bei niedrigen Temperaturen entstandene Gesteine (Tropfsteine, Schwarzschiefer, Mangankrusten), gefunden, ohne deutliche Trends hinsichtlich der Art der Gesteine, ihres Alters oder ihres regionalen Vorkommens (Abbildung 86)[161],[162],[163] – mit potentiellen Auswirkungen auf hochpräzise Datierungen. Für irdische Zirkone erhielten Hiess et al.[163]

einen Mittelwert für 238U/235U von 137.818±0.045 (2 σ), einen Wert, den sie auch für die Gesamterde veranschlagen. Für hochpräzise Datierungen (bei einem Alter von 4.5 Ga ist eine Reproduzierbarkeit des Alters von immerhin ±1 Ma möglich) mag darüber hinaus eine Revision der Zerfallskonstanten nötig sein, da λ235 im Vergleich zu λ238 etwas zu niedrig scheint. Eine Bestimmung der Verhältnisse der beiden Konstanten lieferte für λ235 inzwi-schen einen präziseren Wert von (9.8571±0.0012)×10-10 a-1 unter der Voraussetzung, daß die in der Tabelle genannte Zerfallskonstante für 238U keiner Korrektur bedarf ist[164].

TABELLE 10: Pb-, Th- und U-Gehalte von Gesteinen und Mineralen

ppm Pb ppm Th ppm UC1-Chondrite 2.47 0.029 0.0074

Achondrite 0.4 0.36 0.07

primitiver Erdmantel 0.15 0.0795 0.0203

MORB 0.5–1.5 0.5 0.2

Alkalibasalte 0.4–10 8 1.5

Granitoide 23 (2–150) 22 5

Sandsteine 14 (2–50) 4 1.5

Tone 1–80 3 – >>20 4 – >180

Allanit 1000 – 20000 30 – 1000

Apatit 50 – 250 10 – 100

Epidot 200 20 – 200

Titanit 100 – 1000 10 – 700

Zirkon 10–10000 100 – 10000 100 – 6000

Monazit 2% – 20% 500 – 3000

Feldspäte 3–300 0.5 – 10 0.1 – 10

(Amazonit –1%!)

Biotit 1–100 0.5 (–50?) 1(–50?)

TABELLE 11: Halbwertszeiten und Zerfallskonstanten der wichtigsten U- und Th-Isotope

Isotop Häufigkeit (%) Halbwertszeit Zerfallskonstante238U 99.2743 4.468×109a 1.55125×10-10 a-1

235U 0.7200 0.7038×109a 9.8485×10-10 a-1

234U 0.0057 2.47×105a 2.806×10-6 a-1

232Th 100.00 14.010×109a 4.9475×10-11 a-1

110

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 86 238U/235U-Verhältnisse irdischer und extraterrestrischer Proben[163]. Einige Ca–Al-reiche Einschlüsse aus Chondriten (CAIs) zeigen sehr niedrige Verhält-nisse, die einen Hinweis auf die Existenz von 247Cm (Halbwertszeit ≈15 Ma) im frühen Sonnensystem geben mögen, bei dessen Zerfall 235U entsteht.

234U tritt als intermediäres Zerfallsprodukt in der 238U-Reihe auf und ist infolge seiner beträchtlichen Halbwertszeit im natürlichen U noch mit immerhin ≈57ppm vertreten.

Verglichen mit der Halbwertszeit der Mutternuklide, sind die Halbwertszeiten aller inter-mediären Tochternuklide vernachlässigbar klein. Die längstlebigen Zwischenprodukte tre-ten in der 238U-Zerfallsreihe auf mit 234U, 230Th (75000a) und 226Ra (1600a). Auf Grund die-ser Eigenschaft läßt sich auf die Zerfallsreihen das Gesetz des säkularen Gleichgewichtsanwenden, das besagt, daß pro Zeiteinheit von jedem der intermediären Nuklide genauso-viele Atome gebildet werden wie Atome zerfallen und wie Atome des Mutternuklids zerfal-len, d.h. die Aktivitäten aller Nuklide sind gleich groß:

N1λ1 = N2λ2 = … = Nnλn [GL 103]

In offenen Systemen, z.B. in Magmenkammern oder in den Ozeanen, kann es jedoch infolge der unterschiedlichen chemischen Natur der Zwischenprodukte und der Mutter-nuklide zu einer Störung dieses säkularen Gleichgewichts kommen, d.h.GL 103 gilt nicht mehr. Mit den damit verbundenen Problemen und Möglichkeiten beschäftigen sich die Ungleichgewichtsmethoden, für die man zur Messung der Isotopenverhältnisse lange Zeit α-Detektoren verwendet hat, inzwischen aber zur Massenspektrometrie übergegangen ist, die höhere Empfindlichkeiten gewährleitet. Minerale und Gesteine dagegen sollten – zumindest bei niedriger Temperatur – ähnlich geschlossene Systeme bilden wie für die

terrestrischextra-

terrestrisch137,6 137,7 137,8 137,9 138,0 ²³8U/²³5U

Meerw

asser

etc.

Niedrigtem

peratur-/chemische

Sedimente etc.

Hochtem

peratur (magm

atisch etc.)

Eukrite

gewöhnliche Chondrite

kohlige Chondrite

CAIs

basaltische Meteorite

Hoch-T-Redox-Erze

Zirkone

andere U-haltige Minerale

Basalte

Lherzolithe

MORB-Gläser

Dunite

Granodiorite

Granite

andere Erze

niedrig-T-Redox-Erze

tonige Sedimente

Dolomitkamine

BIFs

Fe-Mn-Sedimente

Tropfsteine

Flusswasser

marine Karbonate

Meerwasser

rezente Korallen

fossile Korallen

„Bulk Earth“

durch ²47Cm-Zerfall

111

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Die U,Th–Pb-Methoden

anderen Isotopensysteme, mit der Einschränkung, daß durch die Vielzahl der Zerfälle innerhalb der U- und Th-Zerfallsreihen in den betroffenen Kristallgittern vergleichsweise hohe Konzentrationen von Gitterstörungen geschaffen werden.

Natürliches Pb besteht aus den vier stabilen Isotopen 204Pb, 206Pb, 207Pb und 208Pb mit im Mittel folgenden Häufigkeiten: 1.48%, 23.6%, 22.6% und 52.3%. Sie können von Gesteine zu Gestein oder Mineral zu Mineral jedoch extrem davon verschieden sein. Lediglich 204Pb hat keinen Anteil, der aus einem natürlichen Zerfallsprozeß gebildet ist; es ist deshalb das einzige Isotop, das sich zur Normierung der Massenspektrometerdaten eignet. Leider fehlt beim Pb ein zweites natürliches Isotop, das nicht durch Zerfallsprozesse nachgebildet wird, so daß keine exakte Korrektur der Massenfraktionierung der Spektrometerdaten vorgenom-men werden kann. Zum Glück sind die Isotopenvariationen beim Pb wesentlich größer als beim Nd oder Hf, so daß dieser Nachteil meist keine entscheidende Einschränkung bedeu-tet. Abhilfe kann durch Hinzufügen eines künstlich hergestellten Pb-Isotops geschaffen werden (205Pb, Halbwertszeit ≈1.5×107a). Die Methode des Doppelspikes erlaubt die gleich-zeitige Korrektur der Massenfraktionierung und die Bestimmung der Pb-Konzentration durch Zugabe von 205Pb und von 202Pb (Halbwertszeit ≈5.25×104a).

12.1 Die U–Pb- und Th–Pb-IsochronenmethodenFür jede der 3 Zerfallsreihen kann eine eigene Zerfallsgleichung formuliert werden, die erwartungsgemäß die Form haben:

[GL 104]

[GL 105]

[GL 106]

Man kann daher im Prinzip aus einer massenspektrometrischen Bestimmung der Pb-Isoto-penverhältnisse und einer Konzentrationsbestimmung von Pb, Th und U drei voneinander unabhängige Altersdaten errechnen und hat auf diese Weise eine interne Kontrolle der Ergebnisse, wie sie keine der anderen Methoden zu bieten hat. Wenn die drei Alter inner-halb der Analysenfehler identisch sind, kann man sicher sein, irgendein geologisches Ereignis datiert zu haben.

Früher hat man versucht, mit Hilfe dieser 3 Gleichungen Modellalter zu berechnen. Dazu eignen sich theoretisch U,Th-reiche, Pb-arme Minerale, insbes. Zirkon, aber auch Titanit, Monazit, Uraninit oder Apatit. Solche Minerale haben bei ihrer Entstehung nur sehr wenig Pb inkorporiert, so daß sie – wenn sie aus alten Gesteinen stammen – hohe 206Pb/204Pb-, 207Pb/204Pb- und 208Pb/204Pb-Verhältnisse haben. Wenn man davon ausgeht, daß diese Minerale bei ihrer Entstehung Pb mit einer „normalen“ irdischen Isotopenzusammenset-zung eingebaut haben, dann macht man durch Erraten der initialen 206Pb/204Pb-, 207Pb/204Pb- und 208Pb/204Pb-Verhältnisse keinen allzu großen Fehler. Tatsächlich zeigt sich aber, daß die nach dieser Methode berechneten Alter meist diskordant sind, also nicht überein-stimmen. Man muß daher annehmen, daß die Minerale im Lauf ihrer geologischen Geschichte keine geschlossenen Systeme waren oder eine komplexe Entstehungsge-schichte mit mehreren Wachstumsphasen hatten.

Etwas sicherer ist die Methode der 206Pb/204Pb–207Pb/204Pb-Analyse, die bereits 1939 von A.O. Nier eingeführt wurde. Dabei werden GL 104 und GL 105 kombiniert:

206

204

206

204

238

204

PbPb

PbPb

UP

initial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+bb

e tλ238 1−( )

207

204

207

204

235

204

PbPb

PbPb

UP

initial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+bb

e tλ235 1−( )

208

204

208

204

232

204

PbPb

PbPb

Th

initial

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+PPb

e tλ232 1−( )

112

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 107]

Auf der linken Seite dieser Gleichung steht das Verhältnis des radiogenen Anteils (207Pb/204Pb)/(206Pb/204Pb) = (207Pb/206Pb)rad., das man errechnen kann, wenn man von den gemessenen 207Pb/204Pb- und 206Pb/204Pb-Verhältnissen ein angenommenes initiales Ver-hältnis subtrahiert. Auf der rechten Seite der Gleichung steht mit dem heutigen Verhältnis 235U/238U eine Konstante für fast alle terrestrischen Proben (Ausnahmen: Proben, in denen in Naturreaktoren ein Abbrand des 235U erfolgte) und Meteorite (=1/137.88). D.h. man braucht zur Altersberechnung nach GL 107 weder die U-Isotopenzusammensetzung noch die Konzentrationen von U und Pb zu analysieren. Aber auch die derart berechneten Alter von Zirkonen etc. scheinen oft keine geologische Bedeutung zu haben, auch wenn meist t207/206 > t207 > t206 ist und damit näher am tatsächlichen Alter.

Mit den Gleichungen GL 104 – GL 106 läßt sich natürlich auch nach der gewöhnlichen Isochronenmethode arbeiten. Jedoch zeigt sich selbst hier, daß das U–Pb-System in Gestei-nen wie Granitoiden oft gestört ist, vermutlich weil die Gesteine bereits bei einsetzender chemischer Verwitterung an der Erdoberfläche rasch U-Verluste erleiden. Ätzversuchen zufolge ist das U oft auf den Mineraloberflächen konzentriert und läßt sich leicht ablösen, wohl weil es meist sechswertig ist. Da das Th–Pb-System resistenter gegen solche Verwitte-rungseinflüsse ist, gelingen Datierungen nach dieser Methode des öfteren.

Die Gründe für die häufigen Störungen der U–Pb- und Th–Pb-Systeme liegen sicherlich darin, daß der Zerfall von U bzw. Th nach Pb mit einer hohen Zerfallsenergie und vielen Einzelzerfällen verbunden ist, die eine hohe Konzentration an Gitterdefekten in den betroffenen Mineralen erzeugen und die Minerale dann anfällig gegenüber Elementverlust oder chemischen Austausch mit der Umgebung machen. In anderen isotopengeochemisch bedeutsamen Zerfallssystemen gibt es dagegen nur einen Zerfallsprozeß, der zudem wesentlich energieärmer ist. Darüber hinaus verhalten sich U und Th chemisch erheblich anders als Pb, so daß zudem noch sehr große Elementfraktionierungen in der Natur erzeugt werden können, ähnlich wie bei Rb und Sr zu beobachten.

Auch die Pb–Pb-Isochronenmethode nach GL 107 hat sich des öfteren zur Datierung von Gesteinen als geeignet erwiesen. Da auf der linken Seite dieser Gleichung das Verhältnis (207Pb/206Pb)rad. steht, das sich über lange geologische Zeit seit der Bildung des Gesteins ent-wickelt hat, wirken sich junge – z.B. durch die Verwitterung an der Erdoberfläche verur-sachte – U- oder Pb-Verluste hier nicht aus. Für das Alter t eines Gesteins ist die rechte Seite von GL 107 eine Konstante m:

[GL 108]

Dann wird

[GL 109]

207

204

207

204

206

204

PbPb

PbPb

PbP

initial

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

bbPbPb

UU

e

initial

t

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=−

206

204

235

238

235 1λ(( )−( )e tλ238 1

mee

t

t= × −−

1137 88

11

235

238.

λ

λ

207

204

207

204

206

2

PbPb

PbPb

mPb

initial

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= × 004

206

204Pbm

PbPb

initial

− ×⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

207

204

206

204

207

204

PbPb

mPbPb

PbPb

ini

= × +⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ ttial initial

mPbPb

− ×⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

206

204

207

204

206

204

PbPb

mPbPb

C= × +

113

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Die U,Th–Pb-Methoden

Dies ist die Gleichung einer Geraden, wenn man die gemessenen Verhältnisse 207Pb/204Pb und 206Pb/204Pb gegeneinander aufträgt. Aus der Steigung m der Geraden kann das Alter tdes Gesteins nach einer Iterationsmethode ermittelt werden. Mit einem von 137.88 auf 137.818 korrigierten 238U/235U-Verhältnis verringert sich ein 207Pb/206Pb-Alter um rund 1 Ma bei einem Alter von 100 Ma und um ca. 0.7 Ma für ein Alter von 4 Ga.

12.1.1 Konkordia und Diskordia

Die Pb–Pb-Methode hat ihre Grenzen dort, wo ein System bereits vor geologisch langer Zeit gestört wurde. Der klassische Fall ist der des magmatischen Gesteins, das irgendwann metamorph überprägt wurde. Da man bei den U- und Th-Zerfallsreihen aber auf 2 oder sogar 3 voneinander unabhängige Zerfallssysteme zurückgreifen kann, lassen sich auch Gesteine mit solchen Mehrstufenentwicklungen noch datieren. Dazu bedient man sich der in den Gesteinen vorkommenden U- und/oder Th-haltigen Akzessorien, wobei den Zirko-nen eine besondere Bedeutung zukommt. Zirkone finden sich in vielen Gesteinstypen magmatischer, metamorpher und sedimentärer Herkunft; sie kristallisieren bzw. wachsen vorzugsweise in sauren Magmatiten und Metamorphiten und finden sich in geringen Kon-zentrationen selbst in basischen Magmatiten, normalerweise jedoch nicht in Ultramafiten. Zr4+ hat mit 0.84Å für Achterkoordination einen Ionenradius, der gut 15% geringer ist als der von U4+ und gut 20% niedriger als der von Th4+. ZrSiO4 ist zudem isotyp mit USiO4 und ThSiO4. U ist daher für die Zirkonstruktur noch halbwegs kompatibel, Th aber bereits weit weniger; und daher haben Zirkone i.a. hohe U/Th-Verhältnisse und oft hohe U-Gehalte von einigen 100ppm oder mehr. Pb dagegen ist erheblich zu groß für die Zirkonstruktur, und folglich haben Zirkone bei ihrer Kristallisation sehr niedrige Pb-Gehalte und sehr hohe U/Pb-Verhältnisse, was im Verlauf geologischer Zeiten zu sehr radiogenen Pb-Isotopenzu-sammensetzungen führt. Die Inkompatibilität des Pb macht den Zirkon dennoch nicht so anfällig für Pb-Mobilität bei Metamorphosen, wie das im folgenden dargestellte Konzept von Konkordia und Diskordia vermuten läßt.

Wenn man zwei Zerfallssysteme benutzt, z.B. 238U–206Pb – 235U–207Pb, dann läßt sich nicht nur die Zeit eines –hypothetischen oder realen – Pb-Verlustes bestimmen, sondern auch noch ein früheres Alter, vorausgesetzt, der Pb-Verlust war nicht total.

Mit Hilfe des von Wetherill* 1956 eingeführten Konkordia-Diagramms[165] lassen sich noch geologisch relevante Alter für Proben mit einer Zweistufenentwicklung berechnen. Zur Ableitung des Konkordia-Diagramms löst man GL 104 und GL 105 nach (eλt – 1) auf:

[GL 110]

[GL 111]

Trägt man GL 111 gegen GL 110 auf, indem man und berechnet,

dann erhält man eine Kurve, die sogenannte Konkordia, deren Krümmung auf den unterschiedlichen Halbwertszeiten von 235U und 238U beruht. Proben mit einer Einstufen-

* George W. Wetherill (1925–2006), amerikanischer Physiker; er befaßte sich später vor allem mit dem Problem der Entstehung der erdähnlichen Planeten.

206

238

206 206

238

20

Pb

U

Pb Pb

Uradiogen initial=

−=

66

204

206

204

238

204

PbPb

PbPb

UPb

initial

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= ee tλ238 1−

207

235

207 207

235

20

Pb

U

Pb Pb

Uradiogen initial=

−=

77

204

207

204

235

204

PbPb

PbPb

UPb

initial

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= ee tλ235 1−

e tλ238 1−( ) e tλ235 1−( )

114

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A. Radiogene Isotopensysteme

entwicklung haben – -Verhältnisse, die auf die Konkordia fallen,

von der man dann das Alter ablesen kann (siehe Abbildung 87).

Wie verhält es sich nun mit einem Zirkon, der lange nach seinem magmatischen Wachs-tum noch eine Metamorphose erleidet? Wie bereits erwähnt, ist Pb für die Zirkonstruktur inkompatibel im Gegensatz zum Uran. Der Zirkon wird daher bei der Wiederaufheizung einen Pb-Verlust erleiden können. Das ist in Abbildung 88 illustriert. Trägt man die Anzahl der 206Pb-Atome gegen die Anzahl der 207Pb-Atome auf, dann möge Punkt A den Anfangs-punkt vor Pb-Verlust repräsentieren.

ABBILDUNG 87 Auf der Konkordia liegen die Pb-Isotopien aller Proben mit einer Einstufen-entwicklung. Jedem Punkt auf der Konkordia entspricht exakt ein Alter, das sich durch die aufgetragenen Exponentialfunktionen ergibt.

Da man wohl davon ausgehen kann, daß 206Pb und 207Pb nicht fraktionieren, wird durch den Pb-Verlust das Verhältnis 206Pb/207Pb nicht geändert, d.h. der Pb-Verlust vollzieht sich entlang der Geraden durch A und den Koordinatenursprung. Punkt B repräsentiert dann eine Probe, die 1/4, Punkt C eine Probe, welche die Hälfte ihres Bleis verloren hat. Division von 206Pb durch 238U und von 207Pb durch 235U (Dies sind die Achsen des Konkordia-Dia-gramms!) führt zu einer Ähnlichkeitstransformation der Abbildung (238U/235U = konstant auf der Erde zu jeder gegebenen Zeit), d.h. die Gerade durch A, B und C geht in eine neue Gerade durch A', B' und C' über. Das bedeutet, daß rezenter Bleiverlust (ohne Isotopenfrak-tionierung) im Konkordia-Diagramm entlang einer durch den Koordinatenursprung gehenden Geraden in Richtung Ursprung verläuft.

207

235

Pb

Uradiogen

206

238

Pb

Uradiogen

0.8

0.6

0.4

0.2

0.0

302520151050

206 Pb

rad.

/238 U

207Pbrad./235U

3.5

3.0

2.5

2.0

1.5

1.0

0.0

Die Zahlen auf der Konkordiageben das Alter in Ga an.

Konkordia

115

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Die U,Th–Pb-Methoden

ABBILDUNG 88 Pb-Verlust vollzieht sich entlang einer Geraden; die Pb/U-Verhältnisse fallen in ähnlicher Weise auf eine transformierte Gerade.

ABBILDUNG 89 Zur Zeit eines Pb-Verlustes liegen Proben mit unterschiedlichen Anteilen an Pb-Verlust auf einer Diskordia, die durch den Ursprung des Koordinaten-systems geht.

Das ist in der Abbildung 89 dargestellt. Punkt A repräsentiert darin eine Probe ohne Blei-verlust; Punkt B stellt eine Probe dar, die 1/3 ihres Bleis verloren hat und Punkt C eine Probe, die ihr Blei vollständig verloren hat. Der obere Schnittpunkt der Geraden mit der Konkordia – in diesem Fall identisch mit Punkt A – gibt das Alter des Systems an (in diesem Beispiel 2.5 Ga), der untere Schnittpunkt – in diesem Fall identisch mit Punkt C – das Alter des Bleiverlusts (hier: 0 Ga). Da alle potentiellen Proben auf der Geraden (mit Ausnahme

206 Pb

/238 U

206 Pb

207Pb/235U207Pb

A

B

C

A'

B'

C'

0.5

0.4

0.3

0.2

0.1

0.0

121084 620

206 Pb

rad.

/238 U

207Pbrad./235U

2.5

2.0

1.5

1.0

0.5

B

C

A

116

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A. Radiogene Isotopensysteme

von A und C) diskordante Alter haben, nennt man die Gerade Diskordia. Im Normalfall wird der Bleiverlust sicherlich nicht rezent stattfinden, sondern irgendwann in der geolo-gischen Vergangenheit durch eine Metamorphose verursacht worden sein. Wandelt man das obige Beispiel derart ab, daß das „Alter“ des Systems 3.5 Ga beträgt und der Bleiverlust vor 1 Ga stattfand – als das System also 2.5 Ga alt war – dann werden in der letzten Milli-arde Jahre die Verhältnisse 206Pbrad/238U und 207Pbrad/235U in allen Proben wieder ange-wachsen sein; die Proben A (kein Bleiverlust) und C (totaler Bleiverlust) bewegen sich dann weiter entlang der Konkordia nach A' und C', Punkt B (ein Drittel Bleiverlust) auf einer Kurve unterhalb der Konkordia nach B'. Die Daten aller dieser Proben liegen heute auf einer Geraden, welche die Konkordia bei t=1 Ga und t=3.5 Ga schneidet, d.h. beide Alter sind datierbar. Das ist schematisch in Abbildung 90 dargestellt. Aus diesem Diagramm läßt sich der Anteil des radiogenen Bleis, der bei der Metamorphose zum Zeitpunkt t' nicht ver-loren gegangen ist, als das Verhältnis F der Strecken B,C/A,C berechnen, was identisch ist mit dem Verhältnis der Strecken B'C'/A'C'. Der Bruchteil des bei der Metamorphose verlo-ren gegangenen Bleis läßt sich entsprechend berechnen als das Verhältnis (1–F)= A,B/A,Coder A'B'/A'C'.

ABBILDUNG 90 Wenn das Ereignisses des Pb-Verlustes geologische Zeit zurückliegt, liegen die betroffenen Proben auf einer neuen Diskordia, deren unterer Schnitt-punkt mit der Konkordia das Alter des Pb-Verlustes angibt. Während exakt eine Konkordia existiert, gibt es beliebig viele Konkordias für unterschiedli-che Zirkone aus unterschiedlichen Gesteinen.

Im folgenden soll eine mathematische Betrachtung der Diskordia-Entwicklung durchge-führt werden in Anlehnung an die obigen Beispiele, d.h. „Alter“ des Systems t=3.5 Ga, Blei-verlust vor t'=1 Ga, t"=heute, Probe A kein Bleiverlust, Probe B = 1/3 Bleiverlust, Probe C tota-ler Bleiverlust. Mit f werde das Verhältnis (Atome Pb nach Verlust/Atome Pb vor Verlust) bezeichnet. Der Bleiverlust möge sich innerhalb einer geologisch vernachlässigbar kurzen Zeitspanne ΔtM vollziehen. Betrachten wir die Isotopenentwicklung zum Zeitpunkt t', unmittelbar vor dem Bleiverlust. Dann ist:

0.8

0.6

0.4

0.2

0.0

302520151050

²⁰⁶P

bra

d./²

³⁸U

²⁰⁷Pbrad./²³⁵U

Konkordia

3.5

3.0

2.5

2.0

1.5

1.0

0.5

Die Zahlen auf der Konkordiageben das Alter in Ga an.

Konkordia – Diskordia

A

B

C

B'

C'

A'

Diskordia

117

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Die U,Th–Pb-Methoden

(v = vorher) [GL 112]

[GL 113]

Unmittelbar nach dem Bleiverlust ergibt sich (n = nachher):

[GL 114]

[GL 115]

In der letzten Milliarde Jahre sind an radiogenem Blei neu hinzugekommen (h = heute):

[GL 116]

[GL 117]

Die heute in den Proben vorhandenen Mengen an Pb ergeben sich aus der Summierung von GL 114 und GL 116 bzw. GL 115 und GL 117:

[GL 118]

[GL 119]

Da man bei diesem Modell davon ausgeht, daß während der Phase des Bleiverlustes das U immobil bleibt, läßt sich Uv berechnen zu:

[GL 120]

Damit wird GL 118:

[GL 121]

und analog: [GL 122]

Für das konkrete Beispiel gilt also:

206 238 238 1Pb U ev vt t= × −⎡

⎣⎤⎦

−( )λ '

207 235 235 1Pb U ev vt t= × −⎡

⎣⎤⎦

−( )λ '

206 206Pb f Pbn v= ×

207 207Pb f Pbn v= ×

206 238 238 1Pb U en h ht t

−−( )= −⎡

⎣⎤⎦

λ ' "

207 235 235 1Pb U en h ht t

−−( )= −⎡

⎣⎤⎦

λ ' "

206 206 206 206 206Pb Pb Pb f Pb Pbh n n h v n h= + = × +− −

206 238 238238 2381Pb f U e U eh vt t

h= × × −⎡⎣

⎤⎦ +−( )λ λ' tt t' "−( ) −⎡

⎣⎤⎦1

207 235 235235 2351Pb f U e U eh vt t

h= × × −⎡⎣

⎤⎦ +−( )λ λ' tt t' "−( ) −⎡

⎣⎤⎦1

U U ev ht t= × −( )λ ' ''

206 238 238 238 1Pb f U e eh ht t t t= × × × −⎡−( ) −( )λ λ' '' '

⎣⎣⎤⎦ + −⎡

⎣⎤⎦

−( )238 238 1U eht tλ ' "

206 238 238 238 1Pb U f e eh h

t t t t= × × −⎡⎣

−( ) −( )λ λ' '' ' ⎤⎤⎦ + −⎡

⎣⎤⎦{ }−( )e t tλ238 1' "

206 238 238 23Pb U f e eh ht t t t= × −−( )+ −( )⎡⎣ ⎤⎦λ λ' '' ' 88 238 1t t t te' '' ' "−( ) −( )⎡⎣ ⎤⎦ + −[ ]{ }λ

206 238 238 238Pb U f e eh h

t t t t= × −[ ] +−( ) −( )λ λ'' ' '' ee t tλ238 1' "−( ) −[ ]{ }206

238238 238

PbU

f e eh

t t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= × −−( ) −λ λ'' ' ''(( ) −( )⎡⎣

⎤⎦ + −⎡

⎣⎤⎦e t tλ238 1' "

207

235235 235

PbU

f e eh

t t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= × −−( ) −λ λ'' ' ''(( ) −( )⎡⎣

⎤⎦ + −⎡

⎣⎤⎦e t tλ235 1' "

118

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A. Radiogene Isotopensysteme

[und analog für ]

Mit Hilfe der Gleichungen GL 121 und GL 122 läßt sich also die heutige Lage der Daten-punkte im Konkordia-/Diskordia-Diagramm berechnen, was für die Punkte A', B' und C' nun geschehen soll:

1. Probe A, die kein Pb verloren hat und sich entlang der Konkordia nach A' in der letzten Milliarde Jahre entwickelt hat:f = 1 ⇒

und analog:

2. Probe C, die einen vollständigen Pb-Verlust erlitten hat und sich entlang der Konkor-dia von C nach C' in den vergangenen 109a entwickelt hat:f = 0 ⇒

3. Probe B, die 1/3 ihres Bleis verloren hat und sich in den vergangenen 109a nach B' ent-wickelt hat:Man löst GL 122 nach f auf:

setzt in GL 121 ein:

206

2383 5 1238 238

PbU

f e eh

Ga Ga⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= × −⎡ ( ) ( )λ λ.⎣⎣

⎤⎦ + −⎡

⎣⎤⎦

( )e Gaλ238 1 1

207

235

PbU

h

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

206

238238 238

PbU

e eh

t t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= −−( ) −( )λ λ'' ' '' ++ −−( )e t tλ238 1' "

206

238238 2381 1

PbU

e eh

t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= − = −−( )λ λ'' (daa "= )t 0

207

235235 2351 1

PbU

e eh

t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= − = −−( )λ λ''

206

238238 2381 1

PbU

e eh

t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= − = −−( )λ λ' " ' (dda "= )t 0

207

235235 2351 1

PbU

e eh

t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= − = −−( )λ λ' " '

f

PbU

e

eh

t t

t=

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

− −⎡⎣

⎤⎦

−( )207

235235

235

λ

' "

−−( ) −( )−t t te'' ' ''λ235

206

238

207

235235

PbU

PbU

e

h

h

t t

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

− −λ ' ""

'' ' ''

( )

−( ) −( )

−⎡⎣

⎤⎦

−×

1

235 235

238

e ee

t t t tt

λ λλ −−( ) −( ) −( )−⎡

⎣⎤⎦ + −⎡

⎣⎤t t t t te e'' ' '' ' "λ λ238 238 1⎦⎦

206

238

207

235238

PbU

PbU

e

h

h

t t

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× −λ ''' ' '' ' "( ) −( ) −( )−⎡⎣

⎤⎦ − −⎡

⎣⎤⎦ ×e e et t t tλ λ238 235 1 λλ λ

λ

238 238

235

t t t t

t t

e

e

−( ) −( )

−( )

−⎡⎣

⎤⎦

'' ' ''

'' eee

t tt t

λλ

235

238 1' ''

' "−( )

−( )+ −⎡⎣

⎤⎦

119

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Die U,Th–Pb-Methoden

bzw. wegen t" = 0:

[GL 123]

Für festes t und t' ist dies aber wieder die Gleichung einer Geraden der Form:

D.h. verschiedene Proben mit variablen Bleiverlusten zur selben Zeit t' liegen heute auf einer Geraden im Konkordia-/Diskordia-Diagramm. Da die heutigen Pb/U-Verhält-nisse meßbar sind, bleiben t und t' als einzige Unbekannte in GL 123. Man benötigt daher mindestens 2 Proben, um diese beiden Schnittpunktsalter zu ermitteln. Diese Ableitung gilt auch, wenn nicht nur Blei, sondern auch Uran mobil ist. Definiert man g als das Verhältnis der Uranatome nach zu vor dem (metamorphen) Ereignis, dann ist

Damit wird GL 120:

und folglich GL 121:

Durch Auflösen der analogen Gleichung für 207Pb/235U nach f/g und Einsetzen in die obige Gleichung läßt sich dann wieder zeigen, daß bei Auftragung von 207Pb/235U ge-gen 206Pb/238U eine Gerade resultiert.

Die Bedingung, daß eine Probenserie bei einer Metamorphose z.T. ihr Pb vollständig behält, z.T. vollständig verliert, ist in der Praxis sicherlich eher die Ausnahme denn die Regel. Glücklicherweise erfahren Zirkone aus demselben Gestein und unter den gleichen p,T-Bedingungen jedoch (scheinbar) variable Pb-Verluste, so daß die Konstruktion der Dis-kordia und damit die Berechnung sowohl des Metamorphose- als auch des magmatischen Alters ermöglicht wird. In dem (seltenen) Fall, daß die Zirkone ihr Pb bei der Metamor-phose vollständig verlieren, wäre jede Erinnerung an das magmatische Alter ausgelöscht. Das Ausmaß des Pb-Verlustes scheint von solchen Faktoren wie Korngröße, U-Gehalt oder Anzahl der Gitterstörungen infolge der radioaktiven Strahlung abzuhängen. Je höher der Gehalt an radioaktiven Elementen und je älter der Zirkon, desto stärker wird das Gitter gestört; aus derart gestörten Bereichen geht das Uran dem Zirkon bevorzugt verloren. Es sei daran erinnert, daß Diffusion allein kein effektiver Mechanismus ist, um Ionen aus einem Kristall an die Kornoberfläche zu transportieren, solange sie nicht von Rekristallisation begleitet wird (Seite 35 und folgende).

Mittels des Konkordia-/Diskordia-Diagramms kann nicht unterschieden werden zwischen Pb-Verlust und U-Gewinn. Beides würde zu einer Erniedrigung des Pbrad/U-Verhältnisses führen. Da Pb in den Zirkonen jedoch wesentlich inkompatibler ist als U, wird man davon ausgehen dürfen, daß die Vorstellung eines bevorzugten Pb-Verlustes korrekt ist. Manch-mal fallen Mineraldaten auch über die Konkordia. Das kann bei Monazit passieren, obwohl dieses Mineral in der Regel wenig diskordant ist oder unter die Konkordia fällt (z.B. [39], [167]). Solch außergewöhnliches Verhalten kann dadurch erklärt werden, daß Th für Monazit wesentlich kompatibler ist als U (Th-Gehalte von Monazit sind leicht eine Grö-ßenordnung höher als die U-Gehalte). Dann wird der Monazit bei seinem Wachstum das

206

238

207

235

238PbU

PbU

e

h h

t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

×−λ ''' ' ''

'' ' ''

( ) −( )

−( ) −(−−

e

e e

t t

t t t t

λ

λ λ

238

235 235 ))

−( ) −( ) −

−−⎡

⎣⎤⎦ × −e e et t t t tλ λ λ235 238 2381' " '' ' tt

t t t tt

e ee

''

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( )

−( ) −( )

⎡⎣

⎤⎦

−+λ λ

λ235 235

238 '' "−( ) −⎡⎣

⎤⎦

t 1

206

238

207

235

238PbU

PbU

e e

h h

t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× −λ λ2238

235 235

235 238 21t

t t

t t

e e

e e e'

'

'

λ λ

λ λ λ

−−

−( ) × − 338

235 235

238 1t

t tt

e ee

'

''( )

−+ −( )λ λ

λ

206

238

207

235

PbU

PbU

m bh h

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× +

U g Un v= ×

U g U e gn ht t= × −( )λ ' ''

206

238238 238

PbU

fg

e eh

t t t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= × −−( ) −λ λ'' ' ''' ' "( ) −( )⎡⎣

⎤⎦ + −⎡

⎣⎤⎦e t tλ238 1

120

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A. Radiogene Isotopensysteme

aus dem 238U-Zerfall stammende 230Th (sofern es z.B. in einer zirkulierenden fluiden Phase zur Verfügung steht) erheblich bevorzugt über den das säkulare Gleichgewicht der 238U-Zerfallskette repräsentierenden Anteil einbauen. Als Folge erwirbt der Monazit einen höhe-ren Gehalt an 206Pb, als es seinem U-Gehalt entspricht (R. Romer, persönliche Mitteilung, 2001). Im radioaktiven Gleichgewicht ergibt sich 230Th/238U aus dem Verhältnis der beiden Zerfallskonstanten zu 1.68×10-5. Dieser Effekt wird daher nur bei geologisch jungen Mon-aziten ausgeprägt sein können, bei denen das gesamte überschüssige 230Th (Halbwertszeit ca. 7.52×104a) bereits in 206Pb zerfallen ist, während der Zerfall von 238U noch keine großen Mengen an radiogenem Pb nachgeliefert hat.

Konkordias lassen sich im Prinzip auch mit den Verhältnissen 206Pbrad/238U – 208Pbrad/232Th bzw. 207Pbrad/235U – 208Pbrad/232Th darstellen. Im ersten Fall hätte die Konkordia jedoch eine geringere Krümmung als im gewöhnlichen Diagramm, weil sich die Halbwertszeiten von 238U und 232Th weniger unterscheiden als die von 235U und 238U; im zweiten Fall wäre die Krümmung sogar größer. Der Nachteil bei dieser Art von Auftragung ergibt sich jedoch dar-aus, daß mit U und Th zwei Elemente beteiligt sind, die sich in den Mineralstrukturen nicht gegenseitig vollständig ersetzen können und evtl. sogar verschiedene Gitterpositio-nen einnehmen, so daß nicht angenommen werden kann, daß sie sich bei Metamorpho-sen gleich mobil oder immobil verhalten.

Ein größeres Problem bei der Bestimmung der Diskordia-Alter von Zirkonen insbesondere aus Metamorphiten ergibt sich ausgerechnet daraus, daß Zirkone extrem resistente Mine-rale gegenüber der Verwitterung sind. Es ist intuitiv einsichtig, daß Sedimente Zirkon-populationen enthalten werden, die aus dem gesamten Liefergebiet stammen und daher natürlich ganz unterschiedliche Entstehungsalter haben können. Bei der Gesteinsmeta-morphose werden diese Zirkone weiterwachsen; außerdem werden sich unter Umständen neue Zirkone bilden. Auf Grund der Morphologie (Tracht und Habitus) und der inneren Struktur (Anwachssäume, Zonierungen) lassen sich oft die verschiedenen Zirkontypen aus Metamorphiten unterscheiden. Zonierungen sind gut mit der Methode der Kathodo-lumineszenz* erkennbar. Fraglich ist allerdings, ob man in Körnerseparaten, die aufgelöst und analysiert werden, die verschiedenen Generationen von Zirkonen strikt auseinander-halten kann. Während der untere Schnittpunkt zwischen Konkordia und Diskordia von Zirkonen aus solchen Metamorphiten auch dann mit dem Metamorphosealter in der Regel ein geologisches Ereignis datieren wird, stellt der obere Schnittpunkt in solchen Fällen ein bloßes Mischalter dar.

Diese Schwierigkeiten versucht man, durch Analyse einzelner Zirkonkörner zu umgehen. Es ist aus vielen derartigen Analysen klar geworden, daß die verschiedenen Domänen zonierter Zirkone (siehe z.B. [168]) und auch zonierter Monazite (z.B. [39]) scharfen Alters-sprüngen entsprechen, was die Notwendigkeit unterstreicht, Punktanalysen einzelner Kör-ner zu machen. Die neuen Daten zeigen zudem, daß Zirkone und andere Minerale seltener in hohem Maß diskordant sind, als aus der Analyse von Körnerseparaten abgeleitet; der dis-kordante Charakter solcher Separate ergibt sich vielmehr aus der Gesamtanalyse zonierter Minerale und/oder von Mineralen, die verschiedenen Ursprungs sind. Stark diskordante Zirkone sind allerdings auch bekannt, überraschenderweise sogar aus niedrigst-metamor-phen Gesteinen[169]. In dem zitierten Beispiel wurde ihr Pb-Verlust bei Temperaturen von nur 150 bis 200 °C der Zirkulation von stark salzhaltigen Lösungen zugeschrieben, durch welche das Pb aus den metamikten† Zonen der Zirkone herausgelöst wurde.

* Dabei wird die Probe (polierter Dünnschliff) durch Elektronenbestrahlung zum Leuchten angeregt. Die Lumineszenz ist abhängig von Materialeigenschaften wie Chemismus, Kristallbau und Kristall-baufehlern.

† Zirkone und einige andere Minerale, die U und Th in größeren Mengen einbauen können, erfahren abhängig von der Konzentration der radioaktiven Elemente und ihrem Alter eine teilweise bis voll-ständige Zerstörung des Kristallgitters; dabei erwirbt der Zirkon eine ausgeprägte dunkle Farbe. Sol-che metamikten Zirkone sind viel leichter im Labor aufzulösen als farblose Zirkone.

121

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Die U,Th–Pb-Methoden

Nach einer – nicht idealen, aber keinen zusätzlichen hohen apparativen Aufwand erfor-dernden – Methode der Einzelkornanalyse werden die Körner in ein Bändchen eines Dop-pelfilamentes eingewickelt[166]. Bei der sukzessiven Ausheizung dampft zunächst das am lockersten gebundene (vielleicht von den Kornrändern und Störzonen) Blei ab, zum Schluß das am stärksten gebundene Blei. Ähnlich wie bei der Ar–Ar-Methode erhält man idealerweise ein Altersplateau, das dem „wahren“ Alter des Zirkons entsprechen wird. Ein erheblicher Nachteil des Verfahrens ist, daß man keine Informationen über die U- und Th-Gehalte des Zirkons und damit die U,Th/Pb-Verhältnisse erhält; die Altersinformation resultiert dann aus 207Pb/206Pb-Verhältnissen.

ABBILDUNG 91 Funktionsprinzip einer Ionensonde

Ein wesentlich eleganteres, aber auch viel kostspieligeres Verfahren ist die Verwendung einer Ionensonde, die zur Gruppe der Sekundärionen-Massenspektrometer gehört. Die vor-stehende Skizze zeigt den schematischen Aufbau eines solchen Großgerätes[170]. Dabei wird die Probe mit einem Strahl möglichst monoisotopischer Ionen (z.B. 16O–) beschossen. Die Ionen werden in einem „Duoplasmatron“ erzeugt, einem Gerät, in welches das Gas bei niedrigem Druck (z.B. 0.1 Torr) in eine Hohlkathode eingelassen wird. In der Hohlkathode wird eine Bogenentladung erzeugt, die das Gas ionisiert. Die Ionen werden auf ≈15 – 30kV beschleunigt und in ein Massenspektrometer mit niedriger Auflösung geführt, um den monoisotopischen Ionenstrahl zu separieren. Die Probe wird mit Strahlströmen von typi-scherweise einigen 10nA beschossen (Strahldurchmesser einige μm). Dabei wird ein kleiner Teil der Probe verdampft, und es entsteht lokal ein Plasma aus einer Vielzahl von Ionen, Moleküloxiden und Molekülionen. Die gewünschte Spezies wird in einem hoch auflösen-den doppelfokussierenden Massenspektrometer (Kombination aus elektrischem und magnetischem Sektorfeld) ausgeblendet und registriert. Bei der Analyse von Zirkonen ergibt sich eine Vielzahl von Masseninterferenzen (z.B. 94,96Zr2O, 176HfO2, Zr2Si, 176Hf28Si). so beträgt z.B. die Masse von 176HfO2 175.9417 + 2×15.9949 = 207.9315; demgegenüber liegt die Masse von 208Pb bei 207.9766. Daher sind extrem hohe Auflösungen des Massen-spektrometers erforderlich, um die Pb-Isotope exakt zu messen. Derzeit sind vor allen Din-gen die Ionensonde SHRIMP* und ihre Nachfolgemodelle leistungsfähig genug dazu. Die SHRIMP wurde an der Australian National University gebaut und betrieben[171], typischer-weise mit einer Massenauflösung M/ΔM von 6500 (M = Masse, ΔM = Breite des Massenpeaks des Ions bei ca. 10% der Höhe). Abbildung 92 zeigt die kommerziell vertriebene SHRIMP II.

* Sensitive High-Resolution Ion MicroProbe

elektrostatischeKondensorlinse

primärerIonenstrahl

elektrostatischeObjektivlinse

Probe

Hohl-kathode

O2-Gas

Duoplasmatron(Primärionenquelle)

Primärionen-massen-

spektrometer

sekundärer Ionenstrahl

Blende

Energie-analysator

Austritts-spaltMagnet-

analysator

Faraday-Becher „Source“-Schlitz

Extraktionslinsen fürSekundärionen

optisches Mikroskop

Quadrupollinse

122

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A. Radiogene Isotopensysteme

Die Laserablation entwickelt sich derzeit allerdings rasch zu einem vergleichbar leistungs-fähigen Gerät, das den Ionensonden für die U–Pb-Datierung erhebliche Konkurrenz macht. Dabei wird ein kleines Volumen der Probe durch Beschuß mit einem Laserstrahl (Durchmesser einige 10 μm, das ist größer als bei der Ionensonde) verdampft und in die Plasmafackel eines ICP-Massenspektrometers geleitet[172].

ABBILDUNG 92 Die Ionensonde SHRIMP der Australian National University eignet sich zur Analyse der Pb-Isotopenzusammensetzung von Zirkonen. Mit ihrer Hilfe und den nachfolgenden Geräten wurden wichtige Beiträge zur Geochronologie vor allem des Archaikums geleistet.

Zur Datierung von Th- oder U-reichen Mineralen, die bei ihrer Kristallisation keine nen-nenswerten Mengen an Pb aufnehmen, genügt im Prinzip bereits die Bestimmung der Kon-zentrationen von U, Th und Pb. Gute Erfahrungen wurden mit Monazit gesammelt, der sich mit der Elektronenstrahlmikrosonde bequem analysieren läßt[173],[174],[176]. Andere geeignete, aber seltenere Minerale sind Xenotim (YPO4), Baddeleyit (ZrO2) und Thorianit(ThO2)

[177].

Monazit enthält typischweise einige Prozent Th bei einem höheren Verhältnis von Th/U als das Gestein, in dem er kristallisiert ist. In polymetamorphen Gesteinen lassen sich damit Informationen über die Phasen des Wachstums dieses Minerals machen. Die Präzi-sion der Daten erreicht zwar nicht diejenige der Isotopenmethoden, ist aber für Übersichts-aufnahmen ausreichend. Ein Vorteil der Mikrosondenanalytik besteht – neben der weiten Verfügbarkeit der Geräte – in der hohen Ortsauflösung (1–2 μm Durchmesser des Elektro-nenstrahls), die eine detaillierte Kartierung einzelner Körner ermöglicht, und auch in der Schnelligkeit. Monazite aus polymetamorphen Gesteinen erweisen sich oft als chemisch und hinsichtlich ihres Alters zoniert[176],[178], wobei die Zonierung außerordentlich kom-plex und folglich schwer zu deuten sein kann (Abbildung 93). Monazit ist ein in Gneisen und Glimmerschiefern sowie in Granitoiden weit verbreitetes akzessorisches Mineral, so daß die Methode prinzipiell eine breite Anwendung finden könnte. Einschränkend ist jedoch zu bemerken, daß man mit der Elektronenstrahlmikrosonde keinerlei Möglichkeit hat zu verifizieren, daß das Mineral bei seiner Bildung tatsächlich kein Pb enthalten hat.

Das Alter erhält man durch iteratives Lösen der kombinierten Zerfallsgleichungen von Th und U:

[GL 124]

Dazu sind die Th-, U- und Pb-Gehalte (Gewichtsprozent) aus der Mikrosondenanalyse in atomare Anteile umzurechnen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Atomgewicht von Pb eine Funktion der Th- und U-Gehalte sowie des Alters der Probe ist. Bei der iterativen Lösung von GL 124 erhält man jedoch rasch eine beliebig gute Übereinstimmung zwischen

Pb Pb Pb Pb Th etotal rad rad rad≈ + + =208 207 206 232 2λ 332 235 2381 1 1235 238t t tU e U e−( ) + −( ) + −( )λ λ

123

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Die U,Th–Pb-Methoden

vorgegebenem Alter (mit dessen Hilfe das Atomgewicht berechnet wird) und iterativ ermit-teltem Alter. Eine gleichwertige, von Kenntnis des Atomgewichts von Pb unabhängige For-mulierung erhält man[174],[175], wenn man bedenkt, daß sich die einzelnen atomaren Anteile des Pb berechnen lassen zu

usw. (Konzentrationen in eckigen Klammern). Der atomare Anteil an 238U ergibt sich aus dem U-Gehalt und der Isotopenhäufigkeit von 238U (f238) zu

Damit läßt sich z.B. der Term für 206Pb in GL 124 umschreiben als

und GL 124 wird zu

[GL 125]

2023±27 Ma(n = 26)

2715±26 Ma(n = 22)

2032±18 Ma(n = 98)

2726±22 Ma(n = 34)

<1965 Ma

1966–2119 Ma

2120–2622 Ma

2623–2759 Ma

>2760 Ma

ABBILDUNG 93 Th–U–Pb-Alter in einem Monazitkorn (großer Durchmesser ca.0.45 mm) aus einem migmatischen Gneis von der Elfenbeinküste[176]. JederPunkt entspricht einer Mikrosondenanalyse. Das Korn ist offensichtlich alters–zoniert, wobei die Kerne höhere Alter haben als die Ränder.

206206

206

PbPb

AArad =

⎡⎣ ⎤⎦ =( Atomgewicht)

238238 238U f U f

UAU

= × = × [ ]

206206

206238

238 1PbPb

Af

UA

eradU

t=⎡⎣ ⎤⎦ = × [ ] × −( λ ))

Pb Pb Pb Pbtotal rad rad ra[ ] ≈ ⎡⎣ ⎤⎦ + ⎡⎣ ⎤⎦ +208 207 206dd

Th

tA ThA

e fA U

⎡⎣ ⎤⎦

=× [ ] −( ) + ×

× [ ]208235

207232 1λ

AAe f

A UA

eU

t

U

tλ λ235 2381 1238206−( ) + ×

× [ ] −( )

124

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A. Radiogene Isotopensysteme

12.2 Die Pb–Pb-Methoden („gewöhnliches Blei“ oder „common lead“)Die bisherigen Methoden beschäftigten sich mit der U,Th–Pb-Datierung von Proben mit hohem U/Pb-Verhältnis, d.h. Proben mit sehr radiogener Pb-Isotopenzusammensetzung. Es lassen sich jedoch auch Altersinformationen aus Proben mit U/Pb≈0 gewinnen, vor allem Pb-haltigen Sulfiden. In derartigen Proben ist die Pb-Isotopie „eingefroren“, und die Alter haben lediglich den Charakter von – zuweilen geologisch sinnvollen – Modellaltern. Die Pb-Isotopenzusammensetzung von magmatischen und metamorphen Gesteinen kann zudem als geochemischer Tracer nützlich sein.

Bereits A.O. Nier berichtete 1938, daß das Atomgewicht des Pb aus Bleiglanzen verschiede-ner Herkunft verschiedene Isotopenzusammensetzungen hat[179]. 1941 schlugen Nier, R.W. Thompson & B.F. Murphey vor, daß die Ursache dieser Isotopenvariationen darin liegt, daß das Pb in den Bleiglanzen eine Mischung aus „Urblei“ darstellt, wie es bei der Kondensa-tion der Erde vorlag, und radiogenem Blei[180]. Dieser Vorschlag hat sich als sehr fruchtbar erwiesen und führte unmittelbar zu Versuchen, über die Pb-Isotopenzusammensetzung das Alter der Meteorite und der Erde zu ermitteln. Der mathematische Formalismus ist als Hol-mes-Houtermans-Modell bekannt, das unabhängig voneinander von Holmes*[181] und F.G. Houtermans[182] 1946 formuliert wurde. Das Holmes-Houtermans-Modell basiert auf der Voraussetzung, daß die Erde bei ihrer Bildung homogen zusammengesetzt war, d.h. U, Th und Pb hatten überall die gleichen Häufigkeiten, und die Pb-Isotopenzusammensetzung war überall gleich. Anschließend änderten sich die Verhältnisse Pb/U und Pb/Th durch Dif-ferentiationsprozesse innerhalb kurzer Zeit, so daß sich mehrere Reservoire ausbildeten. In diesen aber änderten sich diese Verhältnisse nur noch infolge des radioaktiven Zerfalls, nicht aber durch weitere Fraktionierungen in neue Reservoirs. Schließlich wurden bei Erz-bildungsprozessen Pb einerseits und U–Th andererseits vollständig voneinander getrennt, und die Pb-Isotopie hat sich in den Pb-Mineralen seitdem nicht mehr geändert. Diese Vor-aussetzungen scheinen für die Erde nicht sehr realistisch gewählt zu sein. Dennoch hat das Holmes–Houtermans-Modell in den 1950er und 1960er Jahren weite Anwendung gefun-den. Bezeichnet man das Alter der Erde mit t0, dann ergibt sich die bekannte Zerfallsglei-chung in der Formulierung für die Evolutionskurve der Erde:

[GL 126]

wobei die Isotopie des Urbleis ist und das Verhältnis in der Erde.

Wenn einem solchen Reservoir in der Erde zur Zeit t durch einen Erzbildungsprozeß Pb ent-zogen und in ein Teilreservoir überführt wird, nicht aber U und Th, dann hat sich in die-sem Erz die Pb-Isotopie seit der Zeit t nicht mehr geändert, und von obiger Gleichung muß

der Anteil subtrahiert werden, der dem Anteil entspricht, der

von t bis heute entstanden wäre, wenn die Trennung von Pb und U+Th nicht stattgefun-den hätte (im Erz ist 206Pb/204Pb)heute = 206Pb/204Pb)t):

* Arthur Holmes (1890–1965) englischer Geologe in Durham und Edinburgh; Holmes schlug auch Konvektionsströmungen in der tiefen Erde als Ursache von A. Wegeners Kontinentverschiebungen vor.

206

204

206

204

PbPb

PbPb

heute initi

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ aal heute

tUPb

e+⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( )238

204238 0 1λ

206

204

PbPb

initial

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

238

204

UPb

heute

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

238

204238 1

UPb

eheute

t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( )λ206

204

PbPb

206

204

206

204

2PbPb

PbPb

t initial

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+338

204

238

204238 0 1

UPb

eUPb

heute

t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( ) −⎛⎝

λ⎜⎜

⎞⎠⎟

−( )heute

teλ238 1

125

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Die U,Th–Pb-Methoden

[GL 127]

Das Verhältnis (238U/204Pb)heute ist darin natürlich nicht das Verhältnis im Erz (das ist ja 0), sondern dasjenige im ursprünglichen Reservoir, dem das Pb entzogen wurde – insbeson-dere also das Verhältnis der Erde. GL 126 ist lediglich ein Spezialfall dieser Gleichung, wenn die Separation des Bleis „heute“ (t = 0) stattgefunden hat.

Analoge Gleichungen können für und formuliert werden. Für die Isotopenverhältnisse und die heutigen Elementverhältnisse werden früher die folgen-den – im Zeitalter des Computers weitgehend verschwundenen – Abkürzungen benutzt:

„Urblei“:

Verhältnisse zur Zeit t:

heutige Verhältnisse:

Damit lassen sich die Gleichungen schreiben als:

[GL 128]

[GL 129]

[GL 130]

Die Werte α0, β0 und γ0 („Urblei“) wurden aus der Analyse von Troilit (FeS) aus dem Eisen-meteoriten Canyon Diablo ermittelt[183]. Troilit ist praktisch U- und Th-frei, enthält jedoch etwas Pb, dessen Isotopenzusammensetzung praktisch eingefroren ist. Als beste Initial-werte für das Sonnensystem zur Zeit seiner Bildung gelten heute[184]:

α0 = 9.3066 β0 = 10.293 γ0 = 29.475.

206

204

206

204

2PbPb

PbPb

t initial

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+338

204238 0 238

UPb

e eheute

t t⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( )λ λ

207 204Pb Pb 208 204Pb Pb

206

204 0 0PbPb

ainitial

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= α (oder )

207

204 0 0PbPb

binitial

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= β (oder )

208

204 0 0PbPb

cinitial

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= γ (oder )

20 6

204

′⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

=PbPb

at

α (oder )

207

204

PbPb

bt

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= β (oder )

208

204

PbPb

ct

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= γ (oder )

238

204

UPb

heute

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= μ232

204

ThPb

heute

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= ω232

238

ThU

heute

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= κ

α α μ λ λt

t te e= + −( )0238 0 238

β β μ λ λt

t te e= + −( )0 137 88235 0 235

.

γ γ ω γ μκλ λ λ λt

t t t te e e e= + −( ) = + −0 0232 0 232 232 0 232(( )

126

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A. Radiogene Isotopensysteme

Der μ-Wert läßt sich durch die Kombination von GL 128 und GL 129 eliminieren:

[GL 131]

Für t=0, d.h. rezente Trennung von Pb und U, ist dies vergleichbar mit GL 107 (in der t0 durch t ersetzt war), und in jener Form wurde sie von C. C. Patterson* zur Ermittlung des Alters der Meteorite benutzt durch Analyse von 3 Stein- und 2 Eisenme-teoriten[185] (siehe Abbildung 94). Die Gleichung läßt s ich dann umschreiben zu

[GL 132]

Dies ist die Gleichung einer Geraden in den Koordinaten αt und βt; aus ihrer Steigung

läßt sich dann das Alter errechnen, und C ist eine Konstante. Patterson erhielt dabei ein Alter von 4.55±0.05 Ga, das bis heute Gültigkeit hat und durch andere Methoden bestätigt wurde. Patterson vermutete außerdem, daß die Erde dasselbe Alter hat wie die Meteorite. Um diese Hypothese zu testen, analysierte er die Pb-Isotopenzusammensetzung einer Probe eines rezenten ozeanischen Sediments, von dem er annahm, daß es einen halbwegs repräsentativen Durchschnitt für terrestrisches Blei darstellt. Er fand, daß es ebenfalls auf die Isochrone der Meteorite fällt und sah dadurch seine Hypothese bestätigt. Obwohl auch diese Meinung heute nicht mehr bezweifelt wird, hatte Patterson mit seiner Wahl des Sedi-mentes jedoch auch einiges Glück, denn längst nicht alle ozeanischen Sedimente haben ein Modellalter von ≈4.55 Ga. Diese Gerade heißt Geochrone, weil alle terrestrischen und Meteoritenproben mit t=0, deren Pb-Isotopie sich durch ein Einstufenmodell beschreiben läßt, auf diese Isochrone plotten. Je höher das U/Pb-Verhältnis einer Probe, desto radioge-ner sind natürlich ihre 206Pb/204Pb- und 207Pb/204Pb-Verhältnisse.

Die Gleichungen GL 128 und GL 129 können benutzt werden, um 206Pb/204Pb und 207Pb/204Pb bei gegebenem U/Pb-Verhältnis für beliebige Zeit t der Trennung einer Pb-Probe von U zu berechnen. Abbildung 95 zeigt dies an Hand der fest gewählten Werte μ = 5 – 10; die meisten terrestrischen Einstufenbleie liegen zwischen den Kurven für μ = 8 und μ = 10. Es ergeben sich Kurven, die vom Punkt (α0, β0) des Urbleis ausgehen. Zur Orientierung ist auch noch die Geochrone in dieses Bild eingetragen.

* Clair C. Patterson (1922–1995) US-amerikanischer Geochemiker an der University of Chicago und dem California Institute of Technology. Er bestimmte 1953 das Alter der Meteorite (und der Erde) zu 4.55 Ga. Die Daten wurden aber erst drei Jahre später veröffentlicht. Ab ca. 1965 machte er auf die Verschmutzung der Umwelt durch Blei als Folge von dessen Verwendung als Additiv in Benzin aufmerksam.

β βα α

λ λ

λt

t

t t

t

e e

e e

−−

=−( )−

0

0

1137 88

235 0 235

238 0. λλ238 t( )

10

15

20

25

30

35

40

206Pb/204Pb

207 Pb

/204 Pb

10 15 20 25 30 35 40 45 50

Forest City

Mod

oc

Henbury

Canyon Diablo

Meeressediment

Das Alter der Meteorite(C. Patterson, 1956) Nuevo Laredo

Geochrone (t = 4.5560.05Ga)

ABBILDUNG 94 Der 1995 verstorbene C. Patterson be-stimmte das Alter der Meteorite und, in Analogie, dasAlter der Erde.

β α α βα

t t

t

m m

m C

= − += +

0 0

me e

e e

t t

t t=

−( )−( )

1137 88

235 0 235

238 0 238.

λ λ

λ λ

127

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Die U,Th–Pb-Methoden

ABBILDUNG 95 Die Pb-Isotopenentwicklung der Erde nach dem Modell von Holmes und Houtermans für verschiedene Verhältnisse von U/Pb. Die Pb-Isotopen-zusammensetzung von Lagerstätten darf nach diesem Modell nicht rechts der Geochronen liegen. Auf der Geochronen läge Pb, das heute vom U ab-getrennt wurde.

Nun kann man im nächsten Schritt hingehen und die Zeit t der Separation von Pb und U konstant lassen und (206Pb/204Pb)t und (207Pb/204Pb)t nach GL 128 und GL 129 durch Varia-tion von μ berechnen. Für t =1, 2 bzw. 3 Ga ergeben sich Isochronen, die ebenfalls vom Urblei-Punkt ausgehen und welche die Kurven mit den unterschiedlichen μ-Werten schneiden (Abbildung 96). Es ergibt sich auf diese Weise ein Netz, aus dem sich das Pb–Pb-Modellalter einer Probe aus deren 207Pb/204Pb- und 206Pb/207Pb-Werten ablesen läßt, die in günstigen Fällen (wenn die Annahme des Einstufenmodells zutrifft) dem tatsächlichen Alter des Pb-Minerals entspricht. Wenn das Alter t derart bestimmt ist, können mit Hilfe von Gleichung GL 130 das scheinbare (232Th/204Pb)t = ω und das Verhältnis 232Th/238U = κder Quellregion des Pb-Minerals (für t=0 heute) errechnet werden. Da die μ-Werte der mei-sten Einstufenbleiproben zwischen ≈8 und 10 liegen und ω typischerweise zwischen ≈30 und 40, erhält man Th/U-Verhältnisse zwischen ≈2.9 und 4.85, Werte also, die um das ter-restrische Th/U ≈ 4 in relativ engem Bereich streuen.

16

14

12

10

2018161412108

Geochrone

Urblei

Holmes-Houtermans-Modellfür verschiedene μ-Werte

Die Punkte auf den Kurven für die verschiedenen μ-Werte geben die berechnenten Isotopenverhältnisse in Abständen von jeweils 0.5 Ga an.

²⁰⁶Pb/²⁰⁴Pb

²⁰⁷P

b/²

⁰⁴Pb μ=6

μ=7

μ=9

μ=8

μ=10

μ=5

128

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 96 Pb-Isotopenentwicklung der Erde nach dem Holmes-Houtermans-Modell für verschiedene U/Pb-Verhältnisse und für verschiedene Zeiten des vollständi-gen Pb-Verlustes dargestellt.

ABBILDUNG 97 Das Modell von J. Stacey und J. Kramers kann radiogenere Pb-Isotopien von Pb-Lagerstätten erklären als das von Holmes und Houtermans.

16

14

12

10

2018161412108

²⁰⁶Pb/²⁰⁴Pb

²⁰⁷P

b/²

⁰⁴Pb

Geochrone (t=0 Ga)

Urblei

Holmes-Houtermans-Modellfür verschiedene μ-Werteund verschiedene Alter t

1Ga

2Ga

3Ga

4Ga

μ=6

μ=7

μ=9

μ=8

μ=10

μ=5

16

14

12

10

2018161412108

1Ga

2Ga

3Ga

4Ga

Geochrone (t=0 Ga)

Urblei

t=3.7 Ga (Zeit der Erhöhung von μ)

Stacey-Kramers-Modell der Pb-Isotopenentwicklung der Erde[zum Vergleich ist das Holmes-Houter-

mans-Modell ebenfalls eingetragen]

Stacey-Kramers-Entwicklung

μ=6

μ=7

μ=9

μ=8

μ=10

μ=5

²⁰⁶Pb/²⁰⁴Pb

²⁰⁷P

b/²

⁰⁴Pb

129

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Die U,Th–Pb-Methoden

Die Annahme einer Einstufenentwicklung des terrestrischen Bleis (also konstantes U/Pb zwischen t0 und t, dann vollständige Trennung des Bleis von Uran (und Th) ist nur in sel-tenen Fällen gegeben, und das Pb vieler Lagerstätten ist radiogener als es dem Einstufen-modell entspricht. Das heißt nichts anderes, als daß deren Pb–Pb-Modellalter in der Zukunft liegen, denn Isotopenzusammensetzungen rechts der Geochronen sind mit dem Holmes–Houtermans-Modell nicht erklärbar. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, auch die Isotopie von Lagerstätten-Pb mit offensichtlicher Mehrstufenentwicklung zu datieren. Ein bekanntes Modell ist das von Stacey & Kramers (1975). Danach entwickelte sich das Pb in der Erde zwischen 4.57 Ga und 3.7 Ga* mit einem μ von 7.192 und ω = 32.208. Durch geo-chemische Prozesse wurden diese Verhältnisse vor 3.7 Ga in den Reservoiren, aus denen die uns heute zugänglichen Gesteine stammen, auf 9.735 bzw. 36.837 erhöht, und, bestimmt durch diese Verhältnisse, entwickelten sich die Pb-Isotope bis heute ohne weitere Störung. d.h. Pb, das zu einer beliebigen Zeit t zwischen 3.7 Ga und 0 von U und Th getrennt wurde, stammt aus einem solchen Reservoir. Dieses Reservoir mit μ = 9.735 und ω = 36.837 hat heute die Isotopenzusammensetzung 206Pb/204Pb =18.700, 207Pb/204Pb = 15.628 und 208Pb/204Pb =38.63. t läßt sich dann analog GL 131 berechnen:

[GL 133]

[GL 134]

mit =3.7 Ga, = 11.152, = 12.998 und = 31.230. κ kann berechnet werden, nachdem t aus GL 133 ermittelt wurde. Für Proben konstanten Alters erhält man in einem 207Pb/204Pb – 206Pb/204Pb oder 208Pb/204Pb – 206Pb/204Pb –Plot eine Gerade, welche die nach Stacey & Kramers spezifizierte terrestrische Pb-Entwicklungskurve bei = 3.7 Ga und dem Modellalter t der Proben schneidet (siehe Abbildung 97).

Der Befund, daß viele Proben krustalen Bleis† radiogener sind, als es durch das Holmes-Houtermans- oder Stacey-Kramers-Modell beschrieben wird, hatte früher zu der Ver-mutung geführt, daß das komplementäre Reservoir zu der Erdkruste – also ein Reservoir, das links der Geochrone liegt – der Erdmantel ist, vorausgesetzt, der darstellende Punkt der Erde liegt auf der Geochrone. Wie Abbildung 98 zeigt, kann das jedoch nicht sein, denn auch ozeanische Basalte liegen fast ausnahmslos rechts der Geochrone, haben also radio-genere Bleiisotopenzusammensetzungen als für die bulk-earth angenommen. Das wird als das Pb-Paradox bezeichnet. Danach bleiben als potentielle komplementäre Reservoire noch übrig der Erdkern (über dessen Pb-Gehalt sich sinnvoll wohl nichts sagen läßt) oder die kontinentale Unterkruste (Granulite), die oft niedrige Konzentrationen an U und Th aufweist. Die Unterkruste scheint jedoch, soweit das aus Xenolithen erschließbar ist, nur in Ausnahmefällen unradiogene 206Pb/204Pb-Isotopien zu haben (z.B. [189], [190], [191]) mit Ausnahme von Xenolithen in Vulkaniten, die durch alte Kratongebiete eruptieren[192], wie Abbildung 99 erkennen läßt. In der Massenbilanz mag die Unterkruste eine Pb-Isotopie haben, die tatsächlich links der Geochronen liegt; ob das allerdings ausreicht, das Pb-Para-dox aufzulösen, ist eher unwahrscheinlich; Rudnick & Goldstein (1990) haben für die Gesamtkruste eine Zusammensetzung errechnet, die etwas rechts der Geochrone liegt.

* Das entspricht dem Rb–Sr-Alter der Isua Supracrustals an der Westküste von Grönland, den damals ältesten bekannten Gesteinen der Erde.

† Das sind dann in der Regel Proben aus der kontinentalen Oberkruste.

β βα α

λ λ

λt

t

t t

t

e e

e

−−

=−( )

0

0

1137 88

235 0 235

238

’ .

00 238’

−( )e tλ

γ γα α

κλ λ

λ λt

t

t t

t

e e

e e

−−

=−( )−

0

0

232 0 232

238 0 2

’338 t( )

t0’ α0

’ β0’ γ 0

t0’

130

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 98 Pb-Isotopenzusammensetzungen von Basalten ozeanischer Spreizungs-zentren und von Ozeaninseln (zusammengestellt nach Literaturangaben in [186], [187] und [188])

36.5

37.0

37.5

38.0

38.5

39.0

39.5

40.0

40.5

41.0

17 17.5 18 18.5 19 19.5 20 20.5 21 21.5 22

15.4

15.5

15.6

15.7

15.8

206Pb/204Pb17 17.5 18 18.5 19 19.5 20 20.5 21 21.5 22

207 Pb

/204 Pb

208 Pb

/204 Pb

atlant. und pazif. MORB

MORB desIndischenOzeans

atlant. und pazif. MORB

MORB desIndischenOzeans

Hawaii

Hawaii

St. Helena

Tubuai

St. Helena[Südatlantik]

Tubuai [Franz.Polynesien]

Tristan daCunha

Kerguelen

Samoa[SW-Pazifik]

Samoa

Azoren

Gesellschaftsinseln

Azoren [Atlantik]

Komoren [Indik]

Komoren

Gesellschaftsinseln[Franz. Polynesien]

Galapagos

Galapagos [Ostpazifik]

Kerguelen[Südindik]

Geo

chro

ne

Tristan da Cunha [Südatlantik]

131

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Die U,Th–Pb-Methoden

ABBILDUNG 99 Die Pb-Isotopenzusammensetzung der kontinentalen Unterkruste; das Feld von MOR-Basalten ist zum Vergleich eingetragen.

ABBILDUNG 100 Die Sr-, Nd- und Pb-Isotopenzusammensetzung ozeanischer Basalte

Geo

chro

ne (4

.57G

a)

μ=9

μ=8

20191817161515.0

15.2

15.4

15.6

15.8

16.0

206Pb/204Pb

207 Pb

/204 Pb

KilbourneHole (New

Mexico)

Lesotho

Lashaine(Tanzania)

MORB

Pb-Isotopenzusammensetzungvon Granulitxenolithen derkontinentalen Unterkruste

Eifel

Massif Central

Arizona

Nordostaustralien

μ=238U/204Pb

0.702

0.703

0.704

0.705

0.5126

0.5128

0.5130

0.5132

0.5134

Sr-Nd-Pb-Isotopenzusammensetzungeiniger ozeanischer Basalttypen

17 18 19 17 18 19

40

39

38

37

15.3

15.4

15.5

15.6

208Pb/ 204Pb207Pb/ 204Pb87

Sr/86

Sr14

3 Nd/

144 N

d

206Pb/204Pb

indischerMORB

indischerMORB

indischerMORB

indischer

MORB

pazifischerMORB

pazifischerMORB

pazifischerMORB

pazifischerMORB

Tonga-InselbogenTonga-Inselbogen

Tonga-Inselbogen Tonga-Inselbogen

132

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A. Radiogene Isotopensysteme

Die Isotopendaten für Basalte der mittelozeanischen Rücken, die bis Anfang der 1980er Jahre vorhanden waren, ließen einige lokale Besonderheiten erkennen, nämlich das Vor-handensein relativ radiogener Pb- und Sr-Isotopien von Basalten des Indischen und des südwestlichen Pazifischen Ozeans (Abbildung 100[193], Abbildung 98). Zunächst glaubte man, diese „Dupal-Anomalien“* seien Merkmale der ozeanischen Basalte der südlichen Hemisphäre. Es scheint aber so, daß die Anomalie tatsächlich auf den Indischen Ozean und die westliche Umrandung des Pazifiks beschränkt ist, während Basalte vom Mittel-atlantischen Rücken und East Pacific Rise in ihrer Isotopie nicht zu unterscheiden sind. Man darf daher annehmen, daß diese Anomalie ein Charakteristikum der Mantelkonvekti-onszelle unter dem Indischen Ozean ist, die erst durch die Subduktionszonen im westli-chen Pazifik begrenzt wird[193]. Die Ursache der anomalen Isotopenzusammensetzungen ist nicht klar, könnte aber wohl in einer Beimischung von Material alter kontinentaler Litho-sphäre zur Quellregion der Basalte liegen[187], z.B. von Sedimenten†. Das Material (oder die Zumischung) muß geologisch alt sein, weil das 207Pb/204Pb im Indik höher ist als in den beiden anderen Ozeanen. Das 207Pb stammt aus dem Zerfall von 235U, von dem infolge sei-ner gegenüber 238U erheblich geringeren Halbwertszeit heute nur noch geringe Mengen vorhanden sind. Zur Verdeutlichung mag man sich die Krümmung der Kurven für ver-schiedene μ-Werte über den Verlauf der Zeit in Abbildung 95, Seite 128, ansehen; eine geo-logisch junge Erhöhung von μ produziert im Lauf der Zeit nur noch eine vergleichsweise geringe Erhöhung von 207Pb/204Pb.

Die weite Pb-Isotopenvariation von OIB (Abbildung 98) ist sehr markant. Zusammen mit Variationen bezüglich der Sr- und Nd-Isotopie (Abbildungen 101 und 102) hat sie Anlaß zur Definition von drei Endglie-dern gegeben, die als EM1(enriched mantle I), EM2 (enri-ched mantle II) und HIMU(high μ) beze ichnet wer-den[196]. EM1 ist durch eine niedrige Nd-Isotopie ausgewie-sen, gekoppelt mit relativ unradiogenem 206Pb/204Pb und einem hohen Anteil von radio-genem 208Pb zu 206Pb[187]. Bei-spiele neben Kerguelen im süd-lichen Indik sind Pitcairn im Südpazifik und Tristan da Cunha im Südatlantik. EM2 hat das höchste 8 7Sr/8 6Sr, gekoppelt mit relativ hohem 207Pb/206Pb. Als Beispiel kann neben den f ranzös ischen Gesellschaftsinseln im zentra-len Südpazifik noch Samoa genannt werden. HIMU-Ozeaninseln wie St. Helena, die Austral-Inseln (Tubuai und andere) Französisch Polynesi-

* Akronym für B. Dupré & C. J. Allègre, die darauf zuerst aufmerksam machten[194]

† Feinkörnige klastische Sedimente haben sehr viel höhere Pb-Gehalte als Basalte und meist sehr un-terschiedliche Isotopien; die Pb-Isotopien sind daher gut geeignet, um in Subduktionszonenmag-men Kontaminationen durch (subduzierte) Sedimente aufzuzeigen, z.B. in den Antillen[195].

206Pb/204Pb

.703

.704

.705

.706

.707

.708

17 17.5 18 18.5 19 19.5 20 20.5 21 21.5 22

MORB

St. Helena

Kerguelen

Hawaii

Gesellschaftsinseln

DMM

EM1

HIMU

EM2

PREMA

87Sr

/86Sr

ABBILDUNG 101 Sr-Pb-Isotopenvariation der Basalte einigerOzeaninseln, die vermeintliche oder tatsächliche Endgliederdefinieren. Die Isotopien dieser Basalte scheinen zusammenmit denen der MOR-Basalte in das PREMA (prevalent mantle)genannte Feld zu konvergieren[196]. DMM steht für depletedMORB mantle.

133

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Die U,Th–Pb-Methoden

ens oder mit Einschränkung die Azoren schließlich sind durch das zeitintegriert höchste 238U/204Pb und das niedrigste 87Sr/86Sr ausgewiesen. In erweiterten REE-Diagrammen (siehe auch im REE-Skript Kapitel 6.2.3, Seite 145) werden U und Th bei den inkompatibelsten Elementen neben Nb aufgetragen, das Pb aber als deutlich weniger inkompatibles Element bei den leichten REE, entsprechend der Reihenfolge für die partielle Aufschmelzung des Erdmantels. In solchen Diagrammen zeigen sowohl MORB als auch OIB negative Pb-Ano-malien, während Gesteine der kontinentalen Kruste eine positive Pb-Anomalie aufweisen; beide Reservoire können daher als in erster Näherung komplementär für den Pb-Gehalt, bezogen auf primitiven Erdmantel, angesehen werden, nicht aber für die Pb-Isotopie. In MORB, EM1, EM2 und der kontinentalen Kruste sind die normierten Th,U/Pb-Verhältnisse nahe 1; nur in HIMU liegen sie wesentlich darüber. Per Saldo haben demnach Th, U und Pb in der Summe ungefähr identische „Verteilungskoeffizienten“ für die Kruste–Erdman-tel-Differenzierung. Als Folge weisen Kruste (zumindest die kontinentale Oberkruste) und Mantel (und seine Partialschmelzen) ähnliche Pb-Isotopien auf.

Eine mögliche Lösung für dieses Pb-Paradox wurde von A. W. Hofmann[187] vorgeschlagen. Danach werden zunächst U, Th und Pb bei der Partialschmelzenbildung im Erdmantel ent-sprechend ihren experimentell einigermaßen bekannten Verteilungskoeffizienten in die Basaltmagmen übertreten, d.h. Pb weniger stark als U und Th. Zusätzliches Pb (sicherlich auch neben kleineren Mengen an U und Th) wird aber sekundär aus den Basalten durch hydrothermale Prozesse an mittelozeanischen Rücken und bei der Subduktion herausge-löst. Dieses Pb verbleibt letztlich in der kontinentalen Erdkruste. Der Mehrstufenprozeß der Fraktionierung bewirkt, daß zufällig die „Verteilungskoeffizienten“ von U, Th und Pb zwischen Kruste und Mantel ähnlich groß sind.

Man wird vermutlich anneh-men dürfen, daß Zwei- oder Mehrkomponentenmischun-gen die plausibelste Erklärung für die Isotopenvariationen der ozeanischen Basalte sind. Eine Kontamination durch kontinentale Kruste ist dabei nur für den EM2-Typ zulässig; dies ergibt sich aus den Isoto-pendaten in Kombination mit einer negativen Nb-Anomalie dieses OIB-Typs[187]. Extrem radiogene 87Sr/86Sr-Verhält-nisse (bis ≈0.720) und niedrige 143Nd/144Nd-Verhältisse (bis -7ε) in Trachyandesit und Trachybasalt aus Westsamoa werden als starkes Indiz für subduzierte kontinentale Kru-ste in der Quellregion gewer-tet; Isotopien und Spurenele-mentmuster lassen sich durch 5–6% Beimischung alter Sedi-mente (= Oberkruste) model-lieren[197],[198].

.702

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

.703 .704 .705 .706 .707 .708

ε Nd

87Sr/86Sr

DMM

HIMU

MORB

Kerguelen

Hawaii

Gesellschaftsinseln

EM1

EM2

St. Helena

PREMA

ABBILDUNG 102 Nd-Sr-Isotopenvariation der Basalte einigerOzeaninseln und von MORB mit Bezeichnung der Lage derEndglieder[196]. Das EM2-Endglied mag erheblich höhere Sr-Isotopien aufweisen.

134

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A. Radiogene Isotopensysteme

Hart et al. (1992)[199] haben die Isotopendaten ozeani-scher Basalte einer statisti-schen Analyse unterzogen und festgestellt, daß sich der weitaus größte Anteil der Variation (97.5%) durch die drei Verhältnisse 87Sr/86Sr, 143Nd/144Nd und 206Pb/204Pb beschreiben läßt. Zudem beobachteten sie, daß in einer Prismendarstellung mit den Ecken DMM – HIMU – EM1 – EM2 viele Trends für individuelle Suiten in Rich-tung die Basis des Prismas weisen zwischen DMM und HIMU (Abbildung 103). Auf Grund dieses Befundes defi-nierten sie eine neue Kompo-nente namens FOZO (focal zone) mit 87Sr/86Sr = 0.7025, εNd um +9 und 206Pb/204Pb um 19.5, welche sie im unteren Erdmantel ansiedeln wollen. Von der Kern/Mantel-Grenze aufsteigende Plumes, die gerne als Quelle der OIB angesehen werden, könnten bei ihrem Aufstieg solches Material inkorporieren. Es ist allerdings nicht klar, ob eine solche Komponente für die Massenbilanz der Erde erforderlich oder zumin-dest zulässig ist.

Der Befund, daß viele Gesteine Pb-Isotopien rechts der Geochrone haben, bedeutet, daß das Pb – wie bereits gezeigt – eine Mehrstufenentwicklung erlebt hat. Im folgenden wird für eine Zweistufenentwicklung die mathematische Behandlung beschrieben. Das Blei möge sich zwischen t0, dem Alter der Erde, und t1 in der Quellregion (Erdmantel) dem Holmes-Houtermans-Modell entsprechend mit einem Wert µ1 entwickeln. Zur Zeit t1 soll durch eine Teilaufschmelzung ein Teil des U, Th und Pb in ein neues System (Erdkruste) extra-hiert werden, welches einen anderen µ-Wert aufweist; wir schließen allerdings die Zumi-schung eines Pb mit einer anderen Isotopenzusammensetzung aus. Zwischen t1 und t2wächst die Pb-Isotopie dann mit dem neuen µ2-Wert weiter an; bei t2 kann ein neues Ereig-nis stattfinden (siehe Abbildung 104). Zum Zeitpunkt t1 hätte die Quellregion dann die fol-gende Pb-Isotopie gehabt:

wobei µ1 das 238U/204Pb-Verhältnis in der – undifferenzierten – Quelle heute wäre. Von t1bis t2 ist das 206Pb/204Pb dann im neuen System angewachsen auf :

mit µ2 = 238U/204Pb der Quelle heute (ohne Berücksichtigung der Trennung des U+Th von Pb); verkürzt geschrieben:

[GL 135]

und analog für 207Pb/204Pb:

HIMUDMM

EM 2

EM 1

Mangaia(Franz. Polynesien)

St. Helena

Samoa

Tristan da Cunha

Gesellschafts-inseln

Kamerun-Linie

Kapverden

Haw

aii

Wal

vis

Azoren

Sr

Nd Pb

Pitc

airn

F O ZO MORB

ABBILDUNG 103 Prismendarstellung der 87Sr/86Sr-, 143Nd/144Nd- und 206Pb/204Pb-Zusammensetzung von OIB undMORB[199],[188]

α α μ λ λt

t te e1

238 0 238 10 1= + −( )

αt2

α α μ μλ λ λ λt

t t t te e e e2

238 0 238 1 238 1 2380 1 2= + −( ) + − 22( )

α α μ λ λt t

t te e2 1

238 1 238 22= + × −( )

β β μ μλ λ λt

t te e e2

235 0 235 10

1 2

137 88 137 88= + −( ) +

. .2235 1 235 2t te−( )λ

135

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Die U,Th–Pb-Methoden

[GL 136]

Durch Kombination von GL 135 und GL 136 erhält man:

[GL 137]

Dies ist aber wieder die Gleichung einer Geraden in den Koordinaten von 206Pb/204Pb

und 207Pb/204Pb mit der Steigung

also

ABBILDUNG 104 Illustration eines Mehrstufenmodells wie oben beschrieben

Eine Serie kogenetischer Proben, die sich nur in ihren µ2-Werten unterscheidet, hat dann Pb-Isotopenzusammensetzungen, die auf eine Gerade fallen, die für µ2 = 0 durch den Punkt ( , ) auf der Wachstumskurve mit dem früheren µ1-Wert geht. Eine solche Gerade ist eine sekundäre Isochrone. Letztlich kommt es nicht darauf an, wie oft dem System U und Th zu- oder abgeführt oder Pb abgeführt wird; datierbar ist das jeweils letzte Ereignis, das

β β μ λ λt t

t te e2 1

235 1 235 22

137 88= + −( ).

β βα α

λ λ

λt t

t t

t te e

e2 1

2 1

235 1 235 2

23

1137 88

−−

=−( )

. 88 1 238 2t te−( )λ

( )αt2

( )βt2

me e

e e

t t

t t=

−( )−( )

1137 88

235 1 235 2

238 1 238 2.

λ λ

λ λ

β α α βt t t tm m2 2 1 1

= − + .

β0

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

10

11

12

13

14

15

16

17

²06Pb/²04Pb

²07Pb/²04Pb

μ1

t1

t2(μ2/137,88)×eλ235t2

(μ1/137,88)×eλ235t1

(μ1/137,88)×(eλ235t0 – eλ235t1)

μ2

μ3

βt1

βt2

(μ1/137,88)×eλ235t0

(μ2/137,88)×eλ235t1

(μ2/137,88)×(eλ235t1 – eλ235t2)

αt1

βt1

136

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A. Radiogene Isotopensysteme

zur Homogenisierung der Pb-Isotope kogenetischer Gesteine geführt hat. Werden solche U,Th-haltigen Proben heute untersucht, dann ist t2 = 0 und die Gleichung reduziert sich zu

[GL 138]

ABBILDUNG 105 Modell einer zweistufigen Pb-Isotopenentwicklung zur Erklärung von radio-generen Pb-Isotopien in Gesteinen, als es dem Holmes-Houtermans-Modell entspricht. In der Zeichnung ist angenommen, daß sich ein System 1 zwi-schen 4.57 Ga und 2 Ga mit einem µ-Wert von 8 nach dem Holmes-Houter-mans-Modell entwickelt. Durch Teilaufschmelzung spaltet sich daraus ein System 2 mit einem µ-Wert von 12 bzw. 16 ab. Mit diesen Werten wachsen die Pb-Isotopenverhältnisse in den Proben bis heute weiter an.

In den Abbildungen 105 und 106 ist ein solches Modell dargestellt, um die Pb-Isotopie von Proben zu erklären, die radiogener sind, als es der Geochrone entspricht. Aufgetragen sind in Abbildung 105 drei Pb–Pb-Entwicklungskurven mit µ = 6, 8 und 10, die dem Holmes-Houtermans-Modell gehorchen. Vor 2 Ga soll die Quelle, die sich bis dahin mit µ = 8 ent-wickelte, eine Teilaufschmelzung erfahren haben. In der Teilschmelze, die in der Kruste kri-stallisiert, soll µ auf 12 bzw. 16 erhöht worden sein. Gesteine dieses neuen Systems hätten dann heute eine 206Pb/204Pb-Isotopie entwickelt, die weit rechts der Geochrone liegt. Abbil-dung 106 zeigt zwei sekundäre Isochronen, eine, für welche die Trennung von U und Pb heute stattgefunden hat, und eine mit einer U–Pb-Trennung vor 1 Ga. Beide Isochronen schneiden die Kurve der Holmes-Houtermans-Entwicklung für µ = 8 in einem Punkt, der die initiale Pb-Isotopenzusammensetzung des Systems angibt. Die Pb-Isotopie ausgewähl-

β βα α

λ

λt t

t t

t

t

e

e2 1

2 1

235 1

238 1

1137 88

1

1

−−

=−( )−(. ))

16

14

12

10

222018161412108206Pb/204Pb

207 Pb

/204 Pb

μ=12

μ=16

Zweistufenblei

μ=10

μ=8

μ=6

Geochrone (t=

0 Ga)

t=1Ga

t=2Ga

Modell einer zweistufigenEntwicklung der Pb-Isotope

137

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Die U,Th–Pb-Methoden

ter MOR-Basalte streut in einem solchen Pb–Pb-Diagramm um eine Gerade mit einer Stei-gung 0.121, was einem Alter von ≈2 Ga entspricht, wenn die Gerade als sekundäre Isoch-rone und nicht als Mischungslinie interpretiert wird, was genauso möglich wäre[200].

ABBILDUNG 106 Die Pb-Isotopie von MOR-Basalten läßt sich durch eine mehrstufige Entwick-lung erklären. Dies ist ein Ausschnitt aus Abbildung 105, in den zum Ver-gleich das Feld der MORB eingetragen ist.

Um die Pb-Isotopenzusammensetzung bleiarmer Proben zu messen (z.B. ozeanische Basalte), muß man sehr hohe Vorsichtsmaßnahmen im Labor treffen. Das betrifft sowohl die Probenaufbereitung als auch die chemischen Separationen. Das hat seine Ursache darin, daß Pb ein allgegenwärtiges Element ist. Seit 1923 wird Pb-Tetraethyl als Antiklopf-mittel dem Benzin zugesetzt, und bis 1965 waren dadurch bereits 2.6×106t weltweit in die Atmosphäre geblasen worden, was einer Menge von ≈5mg Pb pro m2 Erdoberfläche ent-spricht. Diese anthropogene Belastung durch das toxische Schwermetall erstreckt sich auf alle Kontinente und die obersten Schichten der Ozeane (bis einige 100m). Es ist u.a. der Beharrlichkeit des schon erwähnten C. Patterson am Caltech zu verdanken, daß in den USA bereits in den 1970er Jahren mit der Einführung von Katalysatoren begonnen wurde, die den Zusatz von Pb zum Benzin überflüssig gemacht haben.

16.0

15.8

15.6

15.4

15.2

15.0

2120191817161514206Pb/204Pb

207 Pb

/204 Pb

Modell einer zweistufigenEntwicklung der Pb-Isotope

μ=12

μ=16

Geo

chro

ne (t

=0

Ga)

t=0

t=01Ga

1Ga

1Ga

2Ga sekundärePb-Pb-Isochronen

Holmes-Houtermans-Entwicklung

mit μ=8

t= 0

MORB-Feld

138

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A. Radiogene Isotopensysteme

13.0 Die Fission-Track-Methode

Bei Beobachtung einer Mit Neutronen bestrahlten Probe unter dem Elektronenmikroskop beobachteten E.C.H. Silk & R.S. Barnes[201] 1959 Spuren, die durch den Rückstoß der Spalt-kerne entstanden waren. Dabei bewegen sich diese Spaltkerne einige μm durch den Kristall und verursachen Gitterstörungen. P.B. Price & R.M. Walker[202],[203] fanden dann 1962, daß die Spuren durch Ätzung des Materials mit geeigneten Chemikalien soweit vergrößert wer-den können, daß sie unter dem Lichtmikroskop als Kanäle sichtbar werden. Price & Walkerbeobachteten solche „Fission-Tracks“ auch in natürlichem Glimmer und erkannten, daß diese Spuren fast ausschließlich durch die Spontanspaltung von 238U entstehen. Dabei wer-den pro U-Atom Energien von ≈200 MeV frei, von denen sich ein beträchtlicher Teil auf die beiden Spaltproduktkerne verteilt, die infolge ihres Rückstoßes Gitterdefekte von ca. 10μm Länge erzeugen. Price & Walker (1963) berichteten, daß man auf Grund der Dichte der Spaltspuren in einem Material dessen Alter bestimmen kann, wenn man zusätzlich den U-Gehalt mißt[204]. Dieser Vorschlag wurde sofort aufgegriffen und hat zur Entwicklung der Spaltspurenmethode als Verfahren der Altersbestimmung geführt. Sie hat ihre Stärken v.a. in der Meteoritik und bei der Altersbestimmung von Mondproben gezeigt, ist aber auch für einige Fragestellungen zur Datierung irdischer Gesteine geeignet.238U erleidet außer dem α-Zerfall noch eine Spontanspal-tung, für welche die Zerfallskonstante an Hand von Proben bekannten Al ter s (Minerale, künstliche U-hal t ige Gläser ) bestimmt wurde. Als bester Wert gilt heute λ f = (8 .46±0.06) ×10-17a-1. Sie ist ver-nachlässigbar klein gegenüber der α-Zer-fallskonstanten des 238U (λf/λa≈5×10-7). Auch 235U und 232Th erleiden eine Spon-tanspaltung; außer-dem können sie Neu-tronen einfangen, die bei der Spontan-spaltung des 238U frei werden. Alle diese Beiträge sind jedoch gegenüber der 238U-Spontanspaltung völlig vernachlässigbar (falls es sich nicht gerade um ein U-Erz handelt); und man kann daher, zumindest in irdischen Proben, alle Spaltspuren dem Spontanzerfall des 238U zuordnen.

Das Fission-Track-Alter einer Probe läßt sich folgendermaßen bestimmen: Man zerschnei-det oder zersägt das Material und legt damit eine innere Oberfläche im Zentrum des Mine-rals oder Glases frei, in der sich Spaltspuren finden sollten, die durch 238U-Zerfall innerhalb eines kleinen Volumens symmetrisch in beiden Seiten der Schnittfläche entstanden sind (4π-Geometrie). Eine der Schnittflächen wird poliert; kleine Proben können z.B. in Epoxy-

ABBILDUNG 107 Spaltspuren in Titanit aus einem Syenit aus Burundi.Die Ätzung erfolgte 15 Minuten bei 25°C in einer Mischung aus HF,HCl, HNO3 und H2O. Die schräg von oben nach unten verlaufende Li-nie ist eine Zwillingsgrenze.

139

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Die Fission-Track-Methode

Harz eingebettet und dann heruntergeschliffen werden. Dann erfolgt die Ätzung, bei Apa-tit z.B. mit HNO3, bei Titanit (siehe Abbildung 107[211]) mit HF, bei Zirkon mit NaOH. Nun wird auf der geätzten Fläche eine statistisch ausreichende Zahl von Spaltspuren auf einer bestimmten Fläche ausgezählt. Schließlich mißt man noch die U-Konzentration mit einer geeigneten Methode, z.B. nach einer Reaktorbestrahlung oder mit einem mikroanalyti-schen Verfahren wie Ionensonde oder Laserablations-ICP-MS. Beim erstgenannten Verfah-ren erleidet das 235U eine Spaltung durch Neutroneneinfang und erzeugt seinerseits Tracks, die ausgezählt werden können. Will man dessen Spaltspuren ebenfalls im Mineral oder Glas messen, müssen die 238U-Spuren durch Erhitzen und Tempern des Materials vor der Reaktorbestrahlung durch Verheilen entfernt werden. Sonst wäre eine Unterscheidung zwi-schen 238U- und 235U-Fission-Tracks nicht möglich. Nach der Reaktorbestrahlung wird die Probe dann weiter abgeschliffen und eine neue Oberfläche poliert, auf der die induzierten Spaltspuren ausgezählt werden. Eine Alternative ist, daß man die polierte Oberfläche des untersuchten Materials mit einer empfindlichen Folie abdeckt (U-freier Muskovit oder Kunststoff) und dann im Reaktor bestrahlt. Die Folie dient dabei als externer Monitor, in der Tracks erzeugt werden, die sich anschließend auszählen lassen. Diese Tracks stammen jedoch nur aus der Spaltung des 235U, das sich an und nahe der Oberfläche des zu untersu-chenden Materials befindet, also nur auf einer Seite (2π-Geometrie). Dafür ist eine Korrek-tur mit Hilfe eines Geometriefaktors vorzunehmen.

Die Berechnung des Alters der Probe kann jetzt folgendermaßen erfolgen: Die Anzahl der Zerfälle D von 238U (betrachtet wird also nur der Zerfall von U, nicht die Bildung des stabi-len Endprodukts Pb) in einem cm3 Probenvolumen innerhalb einer Zeit t ergibt sich aus der bekannten Zerfallsgleichung zu:

[GL 139]

wobei 238U die Anzahl der heute noch vorhandenen Atome pro cm3 Probe ist. Der Zerfall durch Spontanspaltung kann in Relation zum α-Zerfall vernachlässigt werden. Der Anteil fs von 238U, der durch Spontanspaltung zerfällt, ergibt sich durch Multiplikation von D mit dem Verhältnis λf/λα:

[GL 140]

Ein kleiner Anteil ϕ der Spuren wird die polierte Oberfläche kreuzen und kann ausgezählt werden. Die Flächendichte (Tracks pro cm2) der durch die Spontanspaltung hervorgerufe-nen Spuren auf dieser Oberfläche ist dann gegeben durch:

[GL 141]

Eine ähnliche Betrachtung ist noch für das 235U anzustellen. Die Anzahl fi der durch die Neutronenbestrahlung im Reaktor verursachten 235U-Spaltungen je cm3 Probe ergibt sich zu:

fi = 235U σ Φ [GL 142]

wobei 235U die heutige Anzahl der Atome je cm3 Probe ist, σ ist der Spaltwirkungsquer-schnitt des 235U für thermische Neutronen (580.2 barn); und Φ ist die Neutronendosis, wel-che die Probe je cm2 erhält. Der Anteil der entstandenen Spuren, die eine neue durch Abschleifen freizulegende Materialoberfläche kreuzen, ergibt sich durch Multiplikation von GL 142 mit demselben Faktor ϕ wie in GL 141:

[GL 143]

Durch Division von GL 141 und GL 143 läßt sich der Faktor ϕ eliminieren:

D U e t= −( )238 1λα

f U esf t= −( )λ

λα

λα238 1

ρ ϕ λ λ ϕαλα

s s ftf U e= = ( ) −( )238 1

ρ ϕ σ ϕi if U= = 235 Φ

140

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 144]

Dies, nach t aufgelöst, ergibt:

[GL 145]

wobei λα = 1.55125×10-10a-1, λf = (8.46±0.06)×10-17a-1, σ = 580.2 barn und 235U/238U= 1/137.88. Die Neutronendosis Φ wird mit Hilfe eines Flußmonitors (z.B. Metallfolie aus Co oder Au) bestimmt. ρs und ρi werden ausgezählt. Wünschenswert ist ein Verhältnis ρs/ρi ≈ 1, was sich durch Variation der Neutronendosis F erreichen läßt.

t ist ein Alter unter den Voraussetzungen, daß

a) die Spaltspuren des 238U seit ihrer Bildung stabil geblieben, d.h. nicht partiell ausgeheilt sind;

b) die untersuchten Minerale oder Gläser genügend klar und einschlußfrei sind, um ein sicheres Auszählen der Spuren zu erlauben;

c) das U in den Materialien völlig homogen verteilt ist;

d) sich das Ätzverfahren genau reproduzieren läßt zum Auszählen der Tracks von 238U und 235U;

nur wenn c) und d) gegeben sind, ist der Faktor ϕ in GL 141 und GL 145 identisch;

e) die U-Konzentration in den Mineralen oder Gläsern hoch genug ist, um eine statistisch signifikante Anzahl von Spaltspuren auszuzählen.

In Anbetracht der vielen Variablen, die in GL 145 eingehen, ist es nicht verwunderlich, daß Alter, die auf diese Weise erhalten werden, eine Genauigkeit von nur ±5 – ±10% haben. Am schwierigsten ist die Neutronendosis Φ zu bestimmen, aber selbst λf ist wesentlich schlech-ter bekannt als λα. Nach einem Vorschlag von Hurford & Green (1982+1983)[215],[216] benutzt man daher heute oft Mineralstandards, die man zusammen mit der Probe im Reaktor bestrahlt. Das Alter der Mineralstandards muß durch andere Methoden gut bekannt sein. Außerdem muß gewährleistet sein, daß die Gesteine, aus dem diese Mineralstandards stam-men, sehr rasch abgekühlt ist und später nie wieder über die Ausheiltemperaturen der Spaltspuren aufgeheizt wurde. Diese Voraussetzungen werden nur durch Vulkanite erfüllt, und es sind hauptsächlich Zirkone, die infolge ihrer relativ hohen Temperatur für die Aus-heilung der Spuren als Standards Verwendung finden. Bei diesem Verfahren wird aus GL 145 ein sogenannter ζ-Parameter mit Hilfe der Standards herausgelöst, der die am schlech-testen absolut bestimmbaren sowie konstante Größen beinhaltet:

[GL 146]

Aus GL 145 wird damit:

[GL 147]

Insbesondere ist diese Gleichung unabhängig von λf, das nicht sehr genau bekannt ist. ζwird mit Hilfe des Standards bestimmt, d.h. bei jeder Reaktorbestrahlung werden Standards zusammen mit den Proben unbekannten Alters bestrahlt und ζ nach GL 144 errechnet:

ρρ

λλ σα

λαs

i

ft

UU

e=

−( )238

235

1

Φ

tUU

s

i f

= × × +⎛

⎝⎜

⎠⎟

11

235

238λρρ

λλ

σα

αln Φ

ζ σλ

f

UU

235

238

t s

i

= +⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

11

λρρ

λ ζα

αln

141

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Die Fission-Track-Methode

[GL 148]

worin t das bekannte Alter des Standards ist. Diesen Wert für ζ setzt man dann in GL 147ein, um das unbekannte Alter der Proben zu ermitteln. Diese Prozedur erinnert stark an das bei der 40Ar/39Ar-Analyse angewandte Verfahren. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist, daß die Homogenität der verfügbaren Mineralstandards naturgemäß nicht gewährleistet werden kann; auch sind solche Minerale nur in geringen Mengen verfügbar. Alternativ werden daher synthetische U-haltige Gläser als Standards verwandt.

Mit der Fission-Track-Me-thode können also geologi-sche Alter bestimmt werden, genauso wie mit anderen ra-diometrischen Verfahren. Beim Vergleich der Fission-Track-Alter mit z.B. K–Ar-, Rb–Sr- oder Sm–Nd-Altern wird besonders augenfällig, daß Al-ter nicht gleich Alter ist. Bei Metamorphiten und Plutoni-ten sind die Spaltspurenalter stets erheblich jünger als die der anderen Methoden. Das liegt daran, daß die Fission-Tracks in den meisten Minera-len im Lauf geologischer Zeit bereits bei sehr niedrigen Temperaturen kürzer werden und schließlich verschwinden – die Fission-Track-Uhr wird auf Null zurückgestellt. Die Geschwindigkeit, mit der diese Gitterdefekte bei gege-bener Temperatur ausheilen, variiert von Mineral zu Mine-ral, so daß verschiedene Mi-nerale aus einem Metamor-phit oder Plutonit völl ig verschiedene Fission-Track-Al te r haben können. Es kommt noch hinzu, daß die Geschwindigkeit des Aushei-lens der Spuren von ihrer kri-stallographischen Orientie-rung im Kristall abhängen kann. So heilen in Apatit die Spuren senkrecht der c-Achse rascher aus als parallel dazu[217],[218],[219]. Auch die chemische Zusammensetzung der Minerale kann einen Einfluß ausüben. In Fluorapatit heilen die Spuren rascher aus als in Chlorapatit, was durchaus ei-nige Zehner Grade ausmachen kann[220].

Wenn man die Ausheiltemperaturen für verschiedene Minerale bei verschiedenen Abkühlgeschwindigkeiten kennt, läßt sich damit etwas über die Abkühlgeschichte eines Gesteinskomplexes ablesen. Als thermisch aktivierter Prozeß kann man die Gitteraushei-lung durch eine Art von Arrhenius-Gleichung beschreiben:

ζλ

ρρ

λ

α

α

= − ⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

e ti

s Standard

1

1 1.5 2 2.5 3 3.51000/T [K]

0.000001

0.0001

0.01

1

100

10000

1000000

Jahr

e

50100200300400500 °C

100%

100% 0%0%

Titanit Apatit

ABBILDUNG 108 Ausheilung von Fission Tracks in Apatit undTitanit. Gezeigt sind Ausheilkurven (durchgezogene Teile: ge-messen, gestrichelt: extrapoliert), oberhalb (hinsichtlich derTemperatur) derer 100% der Spuren ausheilen bzw. unterhalbderer alle Spuren erhalten bleiben. So heilen z.B. alle Tracks inApatit schon aus, wenn dieses Mineral 1Ma auf Temperaturenoberhalb ≈175°C erhitzt wird, während beim Titanit dafürschon mehr als 400°C erforderlich sind.

142

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 149]

wobei t die Ausheilzeit ist, A eine Konstante, U die Aktivierungsenergie [z.B. in eV], k die Boltzmann-Konstante [8.6171 × 10-5 eV/Kelvin] und T die absolute Temperatur. In logarith-mierter Form

ln(t) = ln(A) + U/kT [GL 150]

ist dies die Gleichung einer Geraden, wenn man ln(t) gegen 1/T aufträgt. Ein Beispiel dafür ist in Abbildung 108 für Apatit und Titanit gezeigt. Wird Titanit demnach für 106a auf 250°C aufgeheizt, so überleben die Fission Tracks alle noch; bei Aufhei-zung auf ≈420°C sind jedoch alle Tracks in derselben Zeit verschwun-den. Für Apatit liegen die entspre-chenden Temperaturmarken erheb-lich niedriger, nämlich bei ≈50 bzw. gut 150°C. Die Spaltspuren in Titani-ten können also eine niedriggradige Metamorphose in Grünschiefer-fazies noch überleben, während die Tracks im Apatit schon bei der Dia-genese ausheilen bzw. das End-stadium der Abkühlung nach einer Metamorphose markieren.

Ähnlich wie bei anderen radiogenen Isotopensystemen kann man auch bei der Fission-Track-Methode von einer Schließungstemperatur reden, die wiederum von der Abkühlge-schwindigkeit eines Gesteinskom-plexes abhängt. Auch dabei wird das sehr unterschiedliche Ausheilver-mögen der Tracks in verschiedenen Mineralen deutlich. Leider sind, wie Abbildung 109 zeigt, die Literaturda-ten nicht immer konsistent. Das mag daran liegen, daß zur Bestimmung dieser auf experimentellen Daten beruhenden Kur-ven unterschiedliche Verfahren angewandt wurden, um die Tracks anzuätzen und so die Ausheilrate zu messen. Außerdem stellen diese Daten natürlich Extrapolationen der Labor-daten auf die Abkühlgeschwindigkeiten in der Natur dar. Die Abbildung zeigt auf jeden Fall, daß Titanit, Zirkon, Granat und Epidot hohe Ausheiltemperaturen für die Spaltspuren haben, Apatit und Biotit außerordentlich niedrige. Systematische Untersuchungen an natürlichem Zirkon[221] erweisen die Spaltspuren sogar als noch stabiler als zuvor geglaubt, nämlich bis ca. 350 °C.

Diese Schließungstemperaturen können, zusammen mit entsprechenden Daten für andere Isotopensysteme und Abschätzungen geothermischer Gradienten, verwandt werden, um die Heraushebungsgeschwindigkeiten von Gesteinskomplexen nach tektonischen Ereig-nissen und Metamorphosen zu rekonstruieren. So wurde z.B. für das Gotthardt-Massif in den Alpen eine durchschnittliche Heraushebung um ≈500m pro 106a für die letzten ≈10 Ma errechnet[222], für die Nanga Parbat-Region im Himalaya um ≈800m pro 106a[223], für die Walliser Alpen um 400 – 700m je 106a[224].

t AeU kT=

0

50

100

150

200

250

300

350

400

Sch

ließ

ung

stem

per

atur

[°C]

0.1 1 10 100Abkühlgeschwindigkeit [°C/Ma]

Biotit

ApatitPhlogopit

Muskovit

Allanit

Allanit

Titanit

Zirkon EpidotEpidot

GranatTitanit

Hornblende

ABBILDUNG 109 Abhängigkeit der „Schließungstem-peratur“ (Erhaltung von 100% aller Tracks) von der Ab-kühlrate für verschiedene Minerale. Für einige Mineraleexistieren sehr unterschiedliche Daten von diversenAutoren, vornehmlich wohl, weil unterschiedliche Ätz-verfahren angewendet wurden, mit denen teilweiseverheilte Spuren sichtbar gemacht werden könnenoder nicht.

143

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Die Fission-Track-Methode

Generell läßt sich feststellen, daß die Fission-Track-Methode (neben der hier nicht näher erläuterten (U,Th)–He-Methode) die letzten Punkte auf der Abkühlkurve eines Gesteins-komplexes definiert. Geologische Ereignisse, also z.B. der Höchststand einer Metamor-phose oder die Kristallisation eines Magmatits, können auf diese Weise nicht bestimmt werden mit der Ausnahme der Erstarrung von Vulkaniten. Der praktische Nutzen der Methode für die Geowissenschaften liegt daher – wie schon erwähnt – nicht in der Bestim-mung exakter Alter, sondern in der Rekonstruktion langsamer Vorgänge nahe der Erdober-fläche; rasche Phasen von Heraushebung lassen sich allerdings aus Tiefenprofilen ableiten. Sinnvoll ist auch die Kombination mit anderen Methoden, bei denen die Minerale eben-falls niedrige Schließungstemperaturen aufweisen, z.B. (U–Th)/He[205],[206],[207], 40Ar/39Ar[208],[209]). Als Oberbegriff für solche Methoden wurde derjenige der Thermochronologieeingeführt; der Begriff bedeutet, daß es hier um die Kombination von Temperaturen und Altern geht und damit um Geschwindigkeiten von Exhumierung von Krustensegmenten und Abtragung an der Erdoberfläche.

TABELLE 12: Häufig verwendete Thermochronometer[210]

Zerfallssystem MineralReproduzierbar-keit (%, 1σσσσ)

Schließungstem-peratur (°C)

Aktivierungsener-gie (kJ/mol)

(U,Th)–Pb Zirkon 1–2 >900 °C 550

Titanit 1–2 550–650 330

Monazit 1–2 ≈700 590

Apatit 1–2 425–500 23040Ar/39Ar Hornblende 1 400–600 270

Biotit 1–2 350–400 210

Muskovit 1–2 300–350 180

Kalifeldspat 1–2 150–350 170–210

Fission Tracks Titanit 6 240–300, 380–420 440–480

Zirkon, nicht geschädigt 6 330–350 300–350

Zirkon, natürlich 6 230 210

Apatit 8 90–120 190

(U,Th)–He Titanit 3–4 160–220 170–210

Zirkon 3–4 160–200 170

Apatit 3–4 55–80 140

144

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A. Radiogene Isotopensysteme

Abbildung 110 zeigt die Altersverteilung in der Vorbohrung des Konti-nentalen Tiefbohrpro-gramms in der Ober-pfalz[211],[212]. Danach hat die Auswertung der Längen der Spaltspuren in Apatiten, kombiniert mit ihrer Konzentration, ergeben, daß die Alters-daten der obersten ca. 2000 m des Profils als Abkühlung innerhalb der letzten ≈65 Ma mit einer Heraushebungsrate von etwa 300 m pro Ma gedeutet werden kön-nen. Der steile Abfall der Alter unterhalb 2000 m Tiefe ist auf eine teil-weise Ausheilung der Spaltspuren oberhalb ≈60 °C der „Schließungs-temperatur“ des Apatits zu deuten. An der Basis des Bohrkerns der Vor-bohrung be i knapp 4000 m liegt das Spalt-spurenalter bei nur noch etwa 6 Ma!

Für die gesamte Tiefe der Hauptbohrung der KTB liegen Spaltspurenalter von Titanit[213]

und (U,Th)–He-Alter von Zirkon vor[214] (Abbildung 111). Es ist zu erkennen, daß die Zir-kon- und Apatitalter in den obersten ≈5000 m konstant sind und oberkretazische bzw. tria-dische Alter angeben. Das wird von den Autoren als Hinweis auf rasche Heraushebung zu diesen Zeiten bzw. kurz vorher interpretiert, da andernfalls die Alter mit abnehmender Tiefe kontinuierlich steigen sollten, da die Temperaturen in diesem Bereich unterhalb der Schließungstemperaturen liegen. Die (U,Th)–He-Alter für Zirkon gehen bei einer Tempera-tur von ca. 200 °C auf 0 zurück, in Übereinstimmung mit den Angaben in Tabelle 12. Ein Anstieg der Spaltspurenalter für Titanit unterhalb von ≈6500 m wird der Störungszone der Fränkischen Linie zugeschrieben, in deren Bereich die Bohrung in dieser Tiefe vordrang. Selbst an der Basis der Bohrung, entsprechend einer Temperatur von 265 °C, sind die Tita-nitalter noch nicht auf 0 zurückgegangen, was anzeigt, dass diese Temperatur noch deut-lich unterhalb der Schließungstemperatur liegt. Die mittlere Länge der Spaltspuren beträgt in den Proben aus der größten Tiefe immer noch 11.1 μm im Vergleich zu 12.8 μm für die durch Reaktorbestrahlung induzierten Spuren; das läßt darauf schließen, daß auch das Temperaturintervall, innerhalb dessen die Spaltspuren allmählich ausheilen, noch nicht erreicht war.

4000

3500

3000

2500

2000

1500

1000

500

10 20 30 40 50 60 70 80

0.3m

m/a

Alter [Ma]

Tief

e [m

]

100°C

60°C

ABBILDUNG 110 Fission-Track-Alter in Gesteinen der Vorbohrungder KTB

145

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Die Fission-Track-Methode

ABBILDUNG 111 Spaltspurenalter für Apatit der KTB-Vorbohrung (entsprechend Abbildung 110[211],[212]) sowie Spaltspurenalter für Titanit[213] und (U,Th)–He-Alter für Zirkon[214] aus Proben der KTB-Hauptbohrung

0 50 100 150

(U,Th)/He Zirkon

Störungszone derFränkischen Linie

Spaltspuren Titanit

SpaltspurenApatit

200 250

Alter [Ma ]

0

1000

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

220

240

260

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

Tie

fe [

m]

Te

mp

era

tur

[°C]

146

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A. Radiogene Isotopensysteme

14.0 Die Ungleichgewichtsmethoden

Beim Zerfall von U und Th in Pb tritt eine ganze Reihe von Zerfallsprodukten auf, die Nuklide anderer Elemente sind. Wenn die Systeme geschlossen sind, stellt sich nach eini-gen Halbwertszeiten des längstlebigen Zwischenprodukts das sogenannte „säkulare Gleich-gewicht“ in, bei dem die Aktivitäten Ai = λiNi aller Nuklide gleich sind. Im festen Zustand und bei niedrigen Temperaturen sind die Voraussetzungen für geschlossene Systeme sicherlich in der Regel erfüllt. Wenn sich Th und U und ihre Folgeprodukte jedoch in Lösung befinden, kann es wegen der unterschiedlichen chemischen Eigenschaften der Zer-fallsprodukte zu Fraktionierungen kommen, vor allem natürlich dann, wenn die Halb-wertszeiten der Zwischenprodukte mindestens im Bereich der Dauer der (geo)chemischen Prozesse liegen, denen sie unterworfen sind. Das sind in den drei natürlichen Zerfalls-reihen nur vier Isotope, die in der Tabelle aufgeführt sind. Drei dieser Isotope kommen in der 238U-Zerfallsreihe vor, eines in der 235U-Reihe, keines in der Th-Reihe. In die Tabelle wurde noch das 210Pb aufgenommen, das infolge seiner niedrigen Halbwertszeit Anwen-dungen bei der Datierung von Schnee und Eis sowie von rezenten Sedimentablagerungen findet. Die für die Geochemie wichtigsten der Ungleichgewichtsdatierungen beruhen auf der Trennung von U und Th in der Natur. Diese Methoden werden vorwiegend bei der Datierung von chemischen (Karbonaten), seltener von klastischen Sedimenten angewandt und als Tracer für die Aufklärung von Magmenbildungsprozessen. Ein Überblick über die Anwendung der Ungleichgewichtsmethoden findet sich in [225].

Die Lebensdauer der Ungleichgewichte beschränkt die Einsetzbarkeit der Verfahren auf das Quartär, einen Zeitbereich also, in dem die meisten anderen Isotopenmethoden (Rb–Sr, Sm–Nd, U,Th–Pb) versagen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Ungleichgewichts-methoden ist, daß ein ehemals bestehendes Ungleichgewicht in einer flüssigen (wäßrige Lösungen) oder Schmelzphase bei der Bildung von Gesteinen und Mineralen in diese über-nommen wurde und sich anschließend im nun geschlossenen System in Richtung auf ein neues säkulares Gleichgewicht zu entwickeln begann.

Durch Kernwaffenversuche und die Tschernobyl-Katastrophe in die Umwelt gelangt, sind die Radionuklide 90Sr (Halbwertszeit 28.64a) und 137Cs (Halbwertszeit 30.17a), die mit hohen Isobarenausbeuten von rund 6% bei der Spaltung von 235U mit thermischen Neu-tronen entstehen und selektiv in der Biosphäre angereichert werden, indem sich Cs ähn-lich wie K und Sr ähnlich wie Ca verhält. Auf Lebewesen üben sie durch hochenergetische ß--Zerfälle eine gewebeschädigende Wirkung aus. In den Umweltwissenschaften liefern sie Zeitmarker für den Beginn des Atomzeitalters. Zudem lassen sich über ihre Ausbreitung die atmosphärische und marine Zirkulation verfolgen.

Für die Datierung mittels der Ungleichgewichtsmethoden bedarf es im Prinzip keines Mas-senspektrometers. Man begnügte sich lange mit der Messung der Aktivitäten mit einem α-Detektor. Die quantitative Messung von α-Strahlung ist allerdings infolge der extremen Absorptionseffekte nicht einfach (α-Strahlen werden bereits durch ein Blatt Papier quanti-tativ absorbiert.). Zudem sind die Zählraten durchweg niedrig, was lange Meßzeiten erfor-dert. Das führt dazu, daß die Meßdaten mit größeren statistischen Fehlern behaftet sind als massenspektrometrische Daten. Seit den späten 1980er Jahren werden Datierungen mittels der Ungleichgewichtsmethoden zunehmend mit Massenspektrometern (TIMS und ICP-MS) durchgeführt[227]; diese Technik dominiert seit Mitte der 1990er Jahre und hat die α-

Nuklid Halbwertszeit [a] � [a-1]234U[226] (2.4525±0.0049)×105 2.826×10-6

230Th[226] (7.569±0.023)×104 9.158×10-6

226Ra[225] 1599±4 4.335×10-4

231Pa[225] (3.276±0.022)×104 2.116×10-5

210Pb[225] 22.6±0.1 3.07×10-2

147

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Die Ungleichgewichtsmethoden

Spektroskopie im neuen Jahrhundert völlständig abgelöst. Eine Problem bei der Massen-spektrometrie besteht darin, daß man sehr große Isotopenverhältnisse bestimmen muß. Z.B. entspricht einem 230Th/238U-Aktivitätsverhältnis von 1 ein Isotopenverhältnis von λ1N1 = λ2N2 ⇒ 230Th/238U = [1.55125×10-10a-1/9.158×10-6a-1] = 1.7×10-5, was eine Messung mit verschiedenen Detektoren nötig macht (Faraday für intensive Signale, Photomultiplier als Ionenzähler für kleine Signale; dabei ist die Linearität des Multipliers kritisch – dies ist die Proportionalität zwischen der Anzahl an Ionen, die auf den Detektor treffen, zur Anzahl an registrierten Ionen). Die Verwendung eines Spikes, z.B. von 229Th (Halbwertszeit 7880a) für die 230Th–238U-Ungleichgewichtsbestimmung kann evtl. das Problem entschär-fen. Darüber hinaus kann man sich zunutze machen, daß das Verhältnis 235U/238U kon-stant ist (heute 1/137.88), so daß die Analyse von238U durch diejenige von 235U ersetzt wer-den kann[227]. Andererseits weisen die α-spektrometrischen Analysen eine Ungenauigkeit von immerhin einigen Prozent auf. Die massenspektrometrische Analyse hat gegenüber der α-Spektrometrie eine Steigerung in der Präzision (Reproduzierbarkeit) der Analyse um etwa eine Zehnerpotenz gebracht (auf ±1–2‰[229]) bei einer ebenfalls ca. zehnfachen Redu-zierung der Probenmengen. Mit Hilfe der Datierung von Korallen und Höhlensintern hat man auf diese Weise die Klimageschichte des Tertiärs wesentlich besser auflösen können, als dies zuvor der Fall war[228]. Eine Gegenüberstellung der Genauigkeiten von massenspek-trometrischen und α-spektrometrischen Analysen ist in [230] zu finden.

Die folgende Darstellung ist weitgehend auf die α-spektrometrischen Methoden beschränkt; die praktische Durchführung einer solchen Datierung durch eine der Ungleichgewichtsmethoden gestaltet sich dabei kurz folgendermaßen[231]:

• Die zu untersuchende Probe wird in geeigneter Weise aufgeschlossen.

• Um die chemische Ausbeute des Trennverfahrens kontrollieren zu können, werden der Lösung Isotopenspikes zugefügt, bei der Datierung nach dem 230Th/234U-Verfahren z.B. Spikes von 232U und 228Th.

• Mit Ionenaustausch- und Extraktionsverfahren werden U einerseits und Th andererseits chemisch so rein wie möglich abgetrennt.

• U und Th werden dann separat auf Edelstahlscheiben elektrolytisch abgeschieden; die chemischen Ausbeuten dieses Trennverfahrens liegen für U zwischen 50 – 80%, für Th bei ≈30 – 60%.

• Die Messung wird mit einem α-Spektrometer vorgenommen, das ähnlich aufgebaut ist wie ein γ-Meßplatz. Als Detektor wird ein Silizium-Oberflächengrenzschichtzähler ver-wandt; das ist eine dünne Scheibe eines N-dotierten (elektronenverarmten) hochohmi-gen Reinstsiliziumkristalls, auf der auf der Oberseite eine äußerst dünne Au-Schicht aufgedampft wurde, auf der Rückseite eine Al-Schicht. Da ein Teil der Elektronen aus dem Au in das Si wandert, bildet sich an der Kontaktfläche beider Elemente ein geringes Potential aus, das der Sperrschicht einer Diode entspricht. Die Schichtdicke dieser Ober-flächensperrschicht läßt sich erheblich vergrößern, wenn man an die Au-Schicht ein ne-gatives Potential anlegt. Die mit Al bedampfte Rückseite des Detektors liegt an Masse. Ein α-Teilchen, das in die Oberflächensperrschicht eintritt, verliert seine Energie vor-wiegend durch Ionisation des Siliziums, also durch Erzeugung von Elektronen und Elek-tronenlöchern. Bei Raumtemperatur sind zur Erzeugung eines Elektronen/Elektronenloch-Paares im Si 3.62eV nötig, so daß pro α-Teilchen von 4 – 4.5MeV Ener-gie ≈106 Elektronen/Loch-Paare gebildet werden.

Die Messung muß natürlich im Vakuum erfolgen, da die α-Teilchen in Luft sehr rasch gebremst würden.

Abbildung 112 zeigt Beispiele für α-Spektren von U und Th. Infolge der chemischen Rein-heit der Fraktionen können die für die Altersbestimmung nötigen Nuklide anhand ihrer α-Maximalenergien leicht identifiziert werden.

148

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A. Radiogene Isotopensysteme

14.1 Geschichtliche AnmerkungenDie Entdeckung des radioaktiven Ungleichgewichts zwischen Uran und einem langlebigen Tochterpro-dukt in der Natur geht auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, als Joly fand, daß Tiefseesedimente ungewöhnlich hohe Gehalte an 226Ra aufweisen, dessen Ursache spä-ter einem Überschuß an 2 3 0Th („Ionium“) durch dessen „Sedimen-tation“ am Meeresboden zugeschrie-ben wurde, ohne daß man diesen rei-nen α - S t rahler d i rekt messen konnte[232]. Dabei zeigte sich auch, daß diese Anomalie auf die oberflä-chennahen – also jüngsten – Sedi-mentschichten beschränkt ist und daß bereits in einigen Metern Tiefe der Sedimentkerne wieder radioakti-ves Gleichgewicht zwischen 238U und 230Th besteht. Diese frühen Mes-sungen von Ra wurden durch Regi-strierung der β– und γ-Strahlung gemacht.

Leistungsfähige α-Spektrometer, mit denen es gelang, das Ionium direkt zu bestimmen, wurden erst in den 1950er Jahren konstruiert. Dies führte dann rasch zur Entwicklung der Datierung von ozeanischen Sedi-menten nach der Ioniummethode, bei der ein Alter aus dem Überschuß von 230Th über 238U errechnet wird[233].

Komplementär dazu gibt es die 230Th–238U- und die 230Th–234U-Me-thoden, bei denen das Alter eines Materials aus einem Unterschuß an 230Th errechnet wird. Analog funk-tioniert eine 231Pa–235U-Methode[234]. Sie hat gegenüber den zuvor genann-ten den großen Nachteil, daß infolge der geringen Häufigkeit von 235U die Aktivitäten dieser Nuklide wesent-lich niedriger sind als die von 238U und seinen Zerfallsprodukten. Die 210Pb-Methode[235] schließlich eignet sich wegen der niedrigen Halbwerts-zeit von ≈22a nur für die Datierung von sehr jungen Prozessen.

Im folgenden werden die Methoden im einzelnen besprochen. Eckige Klammern [ ] oder der Buchstabe A mit einer tiefgestellten Zahl kennzeichnen dabei die Aktivitäten der betrachteten Proben.

100 200

200

300Kanal

(Energie)

400

0

0

Imp

uls

eIm

pu

lse

238U

234U

232U

224Ra

224Ra

228Th

230Th

100 200 300 Kanal

100

200

300

ABBILDUNG 112 α-Spektrum der U-Isotope (oberesDiagramm) bzw. der Th-Isotope (unteres Diagramm)eines Sinterkalkes aus der Petralona-Höhle in Grie-chenland; Aus 166.3g Sinterkalk wurden U und Thchemisch abgetrennt und 23.5h bzw. 26.6h mit ei-nem α-Spektrometer gemessen. Die chemische Aus-beute der Trennung betrug in beiden Fällen ca. 50%.Das 2 3 4U/2 3 8U-Akt iv i tätsverhältnis wurde zu1.134±0.033 bestimmt, das Aktivitätsverhältnis von230Th/234U zu 0.930±0.045 und die α-Aktivität von230Th zu 6.59±0.23 Zerfälle pro Gramm und Stunde(umgezeichnet nach Hennig, Diss. Köln 1979)

149

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Die Ungleichgewichtsmethoden

14.2 Die 210Pb-Überschußmethode

In der 238U-Zerfallsreihe entsteht intermediär das Edelgas 222Rn. Infolge seiner vergleichs-weise langen Halbwertszeit von ≈3.8d entweicht es aus Gesteinen und Gewässern in die Atmosphäre mit einer mittleren Geschwindigkeit von ≈45 Atomen pro Minute und cm2

Landoberfläche. Es zerfällt über eine Serie von kurzlebigen Zwischenprodukten in 210Pb, das wiederum mit einer mittleren Verweildauer von ≈10d durch Regen und Schnee aus der Atmosphäre ausgeschieden wird und sich dann im Eis von Gletschern, in Seen und den Oberflächenschichten der Ozeane wiederfindet und natürlich auch in lebende Materie ein-gebaut werden kann. Sofern sich in den Materialien, in die es eingebaut wird, kein Uran befindet, klingt es dann mit seiner Halbwertszeit von 22.6a ab und erlaubt die Datierung

mancher Materialien, vorausgesetzt die Anfangsaktivität ist bekannt oder kann aus

einer Serie von zusammengehörenden Proben errechnet werden. Da 210Pb nur einen β-Zer-fall (zum 210Bi) mit einer Maximalenergie von 20KeV macht, benutzt man zur Messung die 1.2MeV-Linie von 210Bi.

Die Basis der Altersbestimmung nach dieser Methode ist wieder das Zerfallsgesetz, diesmal als Aktivität geschrieben:

[GL 151]

mit A210 = Aktivität von 210Pb

pro Gewichtseinheit und = Aktivität zur Zeit der Ablage-rung der Probe. Bei der Datie-rung von Schnee und Eis nimmt man an, daß sich im Zeitraum der Anwendbarkeit dieser Methode (≈100a) an einem gegebenen Ort die mitt-lere jährliche Niederschlags-menge nicht geändert hat und der mittlere Eintrag von 210Pb gleich geblieben ist. Dann läßt sich in einem Schnee- oder Eis-

kern der Ini t ia lwert durch A210 an der Oberfläche des Kerns annähern. Aus der Annahme einer konstanten Niederschlagsrate

a = h/t [GL 152]

(h = Länge des Bohrkerns, h = 0 ist die rezente Oberfläche des Eis- oder Schneekerns; t = Alter) läßt sich GL 151 dann umformulieren zu:

[GL 153]

Dies ist eine Geradengleichung in den Koordinaten ln (A210) und h mit der Steigung -λ/a. Wenn die obigen Voraussetzungen erfüllt sind (Konstanz der Niederschlagsmenge und damit konstante A210-Einbringung ins Eis), werden die Daten für einen Bohrkern tatsäch-lich auf eine Gerade plotten, aus der man dann als Achsenabschnitt für h = 0 und über die Steigung das Alter der jeweiligen Partie des Bohrkerns ermitteln kann. Die 210Pb-

A2100

A A e t210 210

0= × − λ

1

10

100

1000

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

a = 45±3 cm/Jahr

a = 6±1 cm/Jahr

Tiefe in cm (umgerechnet auf Wasser)

210Pb-Aktivität inSchnee der Antarktis

Südpolstation

Base RoiBaudouin

(70°26'S,24°19'O)

210 Pb

-Akt

ivit

ät [d

ph

/kg

]

ABBILDUNG 113 Aus der Aktivität von 210Pb in Niederschlagläßt sich die Niederschlagsmenge errechnen.

A2100

A2100

ln ln /A A h a210 2100= − λ

A2100

150

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A. Radiogene Isotopensysteme

Methode wurde z.B. verwendet, um die mittleren jährlichen Niederschlagsmengen in der Antarktis zu bestimmen. Ein Beispiel dafür ist in Abbildung 113 gezeigt[238].

Basierend auf dem Befund, daß 210Pb aus Süß- und Meerwasser rasch (mit einer mittleren Residenzzeit in der Größenordnung von 1a) durch bio- und geochemische Prozesse ent-fernt wird, hat man auch versucht, rezente Sedimentbildungen mit dieser Methode zu datieren, jedoch zunächst mit relativ bescheidenem Erfolg[235]. Das Problem besteht darin, daß nicht nur 210Pb aus der Atmosphäre in das Wasser eingebracht wird, sondern ein Teil zusätzlich – im Wasser und im Sediment – aus dem Zerfall von 226Ra entsteht. In einer

„kogenetischen“ Serie von Sedimenten (gleiches ) kann dieser Anteil jedoch durch

Messung von 226Ra ermittelt werden (z.B. [236], [237]).

14.3 Die Ionium-ÜberschußmethodeBei den Prozessen der Verwitterung wird das Uran im oxidierenden Milieu in den sechs-wertigen Zustand überführt und liegt dann meist als Uranylion (im Meerwasser wahrscheinlich als Uranylkarbonatkom-plex) vor, während Th nur vierwertig in der Natur auftritt. Das hat zur Folge, daß das Th ziemlich immobil bleibt und rasch wieder aus dem Wasser entfernt wird, indem es in sekundäre Minerale eingebaut oder an aut-higene Minerale adsorbiert wird. Uran hin-gegen gelangt in die Ozeane und bleibt über lange Zeit in gelöster Form. Das drückt sich in seiner langen Residenzzeit von ≈>3×105a im Ozeanwasser aus, während die des Thori-ums bei nur ≈300a liegt, d.h. ein Th-Ion wird im Mittel nach 300a aus dem Wasser ausgeschieden und in eine feste Phase einge-baut, ein U-Ion erst nach einigen hundert-tausend Jahren. Daher ist im Meerwasser relativ viel U gelöst (≈3ppb) und nur sehr wenig Th (<0.0015ppb), was einem 232Th/238U-Verhältnis von ≈0.0005 entspricht, während das Verhältnis in den Gesteinen der Erdkruste im Durchschnitt bei knapp 4 liegt[58]. Durch den Zerfall von 238U entstehen im Meerwasser die relativ langlebigen Iso-tope 234U und 230Th (Ionium), nach dem in Abbildung 114 gezeigten Schema[239]. Aus dem 230Th/232Th-Verhältnis der Ozeane läßt sich abschätzen, daß ≈1/4 des Ioniums dem Meer-wasser direkt vom Land über Flüsse zugeleitet wird. Das so entstandene oder eingebrachte Ionium wird dann rasch aus dem Meerwasser entfernt und am Meeresboden in authigene Minerale (Zeolithe, Baryt, nicht aber Calcit) eingebaut oder an Detritus adsorbiert. Seine Aktivität klingt dann mit der Halbwertszeit von ≈75690a ab, vorausgesetzt die Menge des in diese Minerale eingebauten oder adsorbierten Urans ist vernachlässigbar gering. Das Alter der Ablagerung eines marinen Sediments läßt sich mittels des Aktivitätsverhältnisses der Th-Isotope A230/A232 der Mineralneubildungen errechnen. Voraussetzung dafür ist, daß beide Th-Isotope als selbe chemische Spezies im Wasser vorliegen und in gleichen Verhält-nissen in die Minerale eingebaut werden, in denen sie im Wasser vorliegen. Außerdem muß man von einem lokal konstanten 230Th/232Th-Verhältnis des Meerwassers über meh-rere 105a, der Anwendbarkeit des Verfahrens, ausgehen. Schließlich darf das Th im Sedi-ment nicht mobil sein. Davon kann in der Regel ausgegangen werden; es wurde jedoch gefunden, daß das Mutternuklid des Ioniums, 234U, im Sediment unter bestimmten

A2100

238U234U

230Th

226Ra

206Pb

234Pa

234Pa

234Th

4.51×109a

7.52×104a

2.48×105a

24.1d

6.7h

1622a

1.18minα

β-

αβ-

β-

α

5α, 4β-

ABBILDUNG 114 Zerfallsschema von 238U

UO22+

151

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Die Ungleichgewichtsmethoden

Umständen mobil sein kann[240]. Eine Schwierigkeit der analytischen Praxis ist, daß man zwei Th-Komponenten voneinander trennen muß, nämlich den kleinen Teil, der aus dem Meerwasser entfernt wurde und den großen Teil, der im Detritus (Feldspäte, Tonminerale) von den Kontinenten in die Ozeane gelangt ist. Das macht man, indem das Sediment mit heißer HCl behandelt wird in der Hoffnung, so nur das adsorptiv gebundene Th oder Th in Mineralneubildungen herauszulösen[241]; darin liegt sicherlich ein großer Schwachpunkt.

Wenn Th, aber kein U aus dem Meerwasser in authigene Minerale eingebaut oder an Detri-tus adsorbiert wird, klingt die Aktivität des Ioniums nach der einfachen Zerfallsgleichung ab:

[GL 154]

Als Referenzisotop benutzt man bei der Aktivitätsmessung 232Th, das innerhalb der Anwendbarkeit der Ioniumme-thode als stabil angesehen werden kann[242]:

[GL 155]

Ähnlich wie bei einem Eiskern bei der 210Pb-Methode sollte man in einem Sedimentkern an der Sedimentoberflä-che das höchste Aktivitätsverhältnis messen ([A230/A232]0), das nach der Tiefe zu kontinuierlich abnimmt. Defi-niert man die Sedimentationsge-schwindigkeit a wiederum als

a = h/t

(h = Tiefe unter der Sediment-Wasser-Grenzfläche), erhält man als Geraden-gleichung:

[GL 156]

Wenn das hier gemachte einfache Modell gültig ist, sollten die Meß-punkte eines Sedimentkerns in einem Diagramm ln[A230/A232] – h auf eine Gerade fallen, d.h. ln[A230/A232] linear mit der Tiefe abnehmen. Das ist nach Goldberg & Koide[241] tatsächlich oft der Fall und als Fall � in Abbildung 115 gezeigt.

Darüber hinaus gibt es jedoch Fälle, in denen genau das gegenteilige Verhalten beobachtet wird (Fall ). Das ist darauf zurückzuführen, daß hier Ionium durch Zerfall aus 234U in den Sedimenten entsteht. GL 154 gilt dann offensichtlich nicht. Die Gesamtaktivität des Ioni-ums in der HCl-lösbaren Form setzt sich dann aus zwei Komponenten zusammen:

[GL 157]

A A e t230 230

0 230= × − λ

� �

Tiefe im Bohrkern

log

(230 Th

/232 Th

) A

ABBILDUNG 115 Variabilität der 230Th/232Th-Aktivi-tätsverhältnisse mit der Tiefe von Sedimentbohrker-nen. Typ � ist das normale Muster, das einer kon-stanten Sedimentationsrate entspricht. Typ � ist einnormales Muster mit einer Änderung der Sedimen-tationsgeschwindigkeit. Das konstante Aktivitätsver-hältnis von Typ � im oberen Teil des Profils wirddurch grabende Organismen am Meeresboden er-zeugt, was eine Durchmischung der oberen cm be-wirkt. Typ schließlich zeigt an, daß 230Th durchden Zerfall von U nachgebildet wird, bis sich das ra-dioaktive Gleichgewicht der Zerfallskette eingestellthat.

AA

AA

e t230

232

230

232 0

230=⎡

⎣⎢

⎦⎥ × − λ

ln ln

AA

AA

ha

230

232

230

232 0

⎣⎢

⎦⎥ =

⎣⎢

⎦⎥ − λ

A A Atotal unsupported supported230 230 230= +

152

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A. Radiogene Isotopensysteme

Hierin gibt die Aktivität des überschüssigen Ioniums an, d.h. die nach GL 154

berechnete Komponente, und den Anteil, der in situ aus 234U entsteht. Die zweite

Komponente von GL 157 läßt sich aus einer vereinfachten Bateman*-Gleichung für eine „Dreierkette“ errechnen Aus der allgemeinen Formulierung der Bateman-Gleichungen GL 169, Seite 156 ergibt sich:

Hierin beschreibt der erste Klammerausdruck die Bildung von 230Th aus ursprünglich (t = 0) vorhandenem 238U und den Zerfall des daraus entstandenen 230Th (bis t = heute); der zweite Klammerausdruck beschreibt dementsprechend die Bildung von 230Th aus ursprünglich vorhandenem 234U und den Zerfall des daraus gebildeten 230Th. Durch Einset-zen der Komponenten Ci ergibt sich:

N ersetzt man hier durch A/λ:

λ238 bzw. λ234 lassen sich kürzen:

Diese Gleichung läßt sich weiter vereinfachen, wenn man bedenkt, daß im Rahmen des Anwendungsbereiches der Ungleichgewichtsmethoden λ238 klein ist gegenüber λ234 und λ230:

Daraus ergibt sich durch weiteres Kürzen und Ausklammern:

* Harry Bateman (1882 – 1946), englisch-amerikanischer Mathematiker, seit 1917 am California In-stitute of Technology

Aunsupported230

Asupported230

N C e C e C e C e C et t t t t230 238 234 230 234 230

238 234 230 234 230= + +( ) + +( )− − − − −λ λ λ λ λ

NN

eN

e

Ne

Ne

N

t t

t t

230238 234 238

0

234 238 230 238

238 234 2380

238 234 230 234

238 234 2380

238 230 234 230

234 2340

230 234

234

238 234

230 234

=−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

+−( ) −( )

⎦⎥⎥

+−( ) +

− −

− −

λ λλ λ λ λ

λ λλ λ λ λ

λ λλ λ λ λ

λλ λ

λ

λ λ

λ λ 2342340

234 230

230

λ λλ

−( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

−e t

AA

eA

e

Ae

A

t t

t

230238 234 230 238

0

238 234 238 230 238

238 234 230 2380

238 238 234 230 234

238 234 230 2380

238 238 230 234 230

234 230 2340

234

238 234

230

=−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

+−( ) −( )

⎦⎥⎥

+

− −

λ λ λλ λ λ λ λ

λ λ λλ λ λ λ λ

λ λ λλ λ λ λ λ

λ λλ

λ λ

λ

λλ λλ λ

λ λ λλ λ

230 234

234 230 2340

234 234 230

234 230

−( ) +−( )

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

− −eA

et t

AA

eA

e

Ae

Ae

A

t t

t t

230234 230 238

0

234 238 230 238

234 230 2380

238 234 230 234

234 230 2380

238 230 234 230

230 2340

230 234

230

238 234

230 234

=−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

+−( ) −( )

⎦⎥⎥

+−( ) +

− −

− −

λ λλ λ λ λ

λ λλ λ λ λ

λ λλ λ λ λ

λλ λ

λ

λ λ

λ λ 2342340

234 230

230

λ λλ

−( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

−e t

AA

eA

e

Ae

Ae

Ae

t t

t t t

230234 230 238

0

234 230

234 230 2380

234 230 234

234 230 2380

230 234 230

230 2340

230 234

230 2340

234 230

238 234

230 234 230

≈ +− −( )

⎣⎢⎢

+− −( )

⎦⎥⎥

+−( ) +

−( )⎡

⎣⎢⎢

− −

− − −

λ λλ λ

λ λλ λ λ

λ λλ λ λ

λλ λ

λλ λ

λ λ

λ λ λ

⎦⎦⎥⎥

A A e e e A e et t t t t

230 2380 230

230 234

234

234 2302340 230

230 234

238 234 230 234 230≈ −−( ) −

−( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−( ) −[ ]− − − − −λ λ λ λ λλ

λ λλ

λ λλ

λ λ

153

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Die Ungleichgewichtsmethoden

Da t klein ist gegen 1/λ238, geht gegen 1; außerdem bleibt die Aktivität von 238U kon-stant. Damit erhält man:

[GL 158]

Wenn man davon ausgeht, daß sich 234U und 238U im Meerwasser gleich verhalten und in denselben Mengenverhältnissen in die Mineralneubildungen eingebaut werden bzw. an Detritus adsorbiert werden, dann befindet sich 234U an oder in diesen Feststoffen im säku-laren Gleichgewicht mit 238U, d.h. A238 = . Damit vereinfacht sich die Gleichung wesentlich:

[GL 159]

Dies, in GL 157 eingesetzt, ergibt:

.

Der Anteil entspricht GL 154, und es resultiert:

[GL 160]

und bei Normierung auf 232Th:

[GL 161]

Der erste Term in dieser Gleichung beschreibt das Abklingen des überschüssigen Ioniums im Sediment, der zweite das Anwachsen des Ioniums, das aus dem Zerfall von 234U bzw. letztlich aus 238U resultiert. Je jünger das Sediment, desto größer ist der Beitrag des ersten Terms zur Gesamtaktivität. Sedimente mit einem Alter bis zu einigen 105a lassen sich mit dieser Methode datieren.

Die Ionium-Methode hat insbesondere in den 1960er Jahren weite Verbreitung gefunden, um Sedimentationsraten in den Ozeanen zu bestimmen.

14.4 Die 234U-Überschußmethode238U zerfällt über die beiden kurzlebigen Zwischenprodukte 234Th und 234Pa in 234U. Man sollte erwarten, daß wegen der Kürze dieser Zeit keine Trennung der beiden U-Isotope erfolgt, d.h. daß sie stets im säkularen Gleichgewicht vorliegen. Tatsächlich tritt im sedi-mentären Bildungsbereich häufig eine Trennung auf. Normalerweise ist das Verhältnis A234/A238 von Süß- und Meerwasser sowie von sekundären U-haltigen Mineralen >1. Es muß also bei der Verwitterung von Gesteinen Bedingungen geben, die in der Lage sind, vorzugsweise 234U aus den primären (magmatischen oder metamorphen) Mineralen her-

e t− λ 238

A A e t

230 238230

230 234

234

2301 234≈ −

−( ) +−

−λλ λ

λλ

λ

λλλ

λ λλ

2342340 230

230 234

230

( )⎡

⎣⎢

⎦⎥ +

−( )− −e A et λλ λ234 230t te−( )−

A2340

A A e e e et t t t

230 238230

230 234

234

230 234

230

230 234

230

230 2341 234 230 234 230≈ −

−( ) +−( ) +

−( ) −−( )

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

− − − −λλ λ

λλ λ

λλ λ

λλ λ

λ λ λ λ

A A e et t

230 238234

230 234

230

230 2341 230 230≈ +

−( ) −−( )

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

− −λλ λ

λλ λ

λ λ

A A

e t

230 238230 234

234 2301230

≈ +−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

− λ

λ λλ λ

A A esupported t

230 238 1 230≈ −( )− λ

A A A etotal unsupported t

230 230 238 1 230≈ + −( )− λ

Aunsupported230

A A e A etotal unsupported t t230 230

0238

230 2301≈ + −( )− −λ λ

AA

AA

eAA

etotal unsupported

t t230

232

230

232

0238

232

230 2301⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

≈⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( )− −λ λ

154

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A. Radiogene Isotopensysteme

auszulösen. Zur Erklärung dieses Phänomens gibt es drei durch Experimente erhärtete Modelle, die in Abbildung 116 zusammengestellt sind (nach [231]). Das chemische Modell geht davon aus, daß die primären Minerale Uran in seiner vierwertigen Form enthalten. Beim α-Zerfall erleidet der 234Th-Kern einen Rückstoß, der zu einem teilweisen Abstreifen der Elektronenhülle führt. Dadurch kann es zu einer Oxidation kommen, und nach dem Zerfall von 234Pa liegt das Uran als 234U6+ vor, das durch Wasser bevorzugt aus dem Mineral als Uranylion herausgelöst werden kann[243]. Nach einer zweiten Vorstellung wird das 234Th durch den α-Rückstoß aus dem Kristall herausgeschossen und kann durch zirkulie-rende Wässer als 234Th, 234Pa oder 234U von den Mineraloberflächen gelöst werden[244]. Es versteht sich von selbst, daß dieser Effekt auf Grund der geringen Reichweiten des Rücksto-ßes nur für Mineralpartien sehr nahe der Oberfläche Bedeutung haben kann und demnach für Gesteine mit sehr geringen Korngrößen einen erheblich größeren Beitrag liefern kann als für grobkörnige Gesteine. Das trifft analog für das dritte Modell zu. Danach können durch einen α-Zerfall von 239Pu, das eine unwesentlich höhere Zerfallsenergie hat als 238U, bis zu 104 Atome aus einem Kristallgitter „herausgesprengt“ und von zirkulierenden Wäs-sern aufgenommen werden[245]. Eine Ätzung der α-Spuren durch Wasser[244] scheint dage-gen keine Rolle zu spielen.

Als Konsequenz dieser Effekte gelangt also 234U bevorzugt über 238U ins Wasser der Flüsse und Seen und dann letztlich in die Ozeane. Aus dem Meerwasser wird das Uran wesentlich langsamer entfernt als das Th (siehe voriges Kapitel). Das Uran wird an Detritus adsorbiert und in neue Minerale – vor allem Karbonate – eingebaut. In den Sedimenten klingt dann die überschüssige Aktivität des 234U mit seiner Halbwertszeit von ≈2.45×105a ab, so daß sich bei der Alterung der Sedimente nach einigen 106a wieder radioaktives Gleichgewicht einstellt.

ABBILDUNG 116 Modelle zur Erklärung der Trennung von 234U und 238U

Das Verhältnis A234/A238 kann benutzt werden, um marine Karbonate zu datieren. Süßwas-serkarbonate sind ungeeignet, weil in Süßwasser im Gegensatz zum Meerwasser sehr große lokale Variationen im A234/A238 beobachtet werden; das Aktivitätsverhältnis zur Zeit der Bildung eines Minerals ist daher unbekannt. Probleme bei der Datierung mariner Karbo-nate liegen darin, daß feinkörnige Karbonatschlämme nicht unbedingt geschlossene Systeme darstellen; Schalen von Mollusken können auch nach ihrer Ablagerung Uran mit der Umgebung austauschen[247]. Besser scheinen sich Korallen zu eignen[246].

Die Gesamtaktivität des 234U eines solchen Karbonats setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:

[GL 162]

In dieser Gleichung steht für die Aktivität des 234U im säkularen Gleichgewicht mit 238U, und ist der gemessene überschüssige Anteil, dessen Aktivität natürlich nach dem einfachen Zerfallsgesetz

[GL 163]

²³⁸U4+

²³⁴U6+α

Lösung aus α-Rückstoßspuren

α-Rückstoß in diewäßrige Phase

„Rückstoßoxidation“

A A Atotal supported unsupported234 234 234= +

Asupported234

Aunsupported234

A A eunsupported unsupported t234 234

0 234= − λ

155

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Die Ungleichgewichtsmethoden

abklingt. Die initiale Aktivität beim Einbau in das betrachtete Mineral berechnet sich nach:

[GL 164]

wobei wegen der Voraussetzung des säkularen Gleichgewichtes

[GL 165]

ist. Mit GL 165 in GL 164 eingesetzt, erhält man:

,

und dies in GL 163 eingesetzt ergibt:

[GL 166]

Mit GL 165 und GL 166 in GL 162 eingesetzt ergibt sich schließlich:

[GL 167]

Schließlich dividiert man beide Seiten noch durch A238 und erhält:

bzw. [GL 168]

Aus der Gleichung liest man ab, daß man zur Datierung nach dieser 234U/238U-Methode die initiale totale Aktivität von 234U benötigt bzw. das Verhältnis . Die Grenzen der Anwendbarkeit der Methode liegen mit massenspektrometrischen Analysen bei ≈1 Ma.

14.5 Die 230Th/234U- und 234U/238U-MethodenVerläßlicher als die 234U/238U-Methode der Datierung ist die 230Th/234U-Methode. Die Ionium-Methode gründet sich auf den Aktivitätsüberschuß von 230Th in detritischen Sedi-menten und Mineralneubildungen wie Zeolithen oder Baryt am Meeresboden. Komple-mentär dazu findet man in marinen, aber auch vielen kontinentalen Kalken ein 230Th-Defi-zit. Karbonate, die aus Wasser gefällt werden, sind bei ihrer Bildung oft praktisch frei von 230Th, können jedoch einige ppm U enthalten. Bei ihrer Alterung baut sich dann die Akti-vität von 230Th auf, bis nach wenigen 106a das säkulare Gleichgewicht hergestellt ist. Für Alter bis ≈106a lassen sich dann Karbonate nach der 230Th/234U-Methode datieren.

Die zur Altersbestimmung notwendigen Gleichungen lassen sich aus den Bateman-Glei-chungen ableiten, die den radioaktiven Zerfall im Ungleichgewicht beschreiben. Die allge-meine Form der Bateman-Gleichung lautet:

[GL 169]

mit und

usw. Hierin ist die Zahl der Atome des Ausgangsnuklids der Zerfallskette (in unserem Fall von 238U) zur Zeit der Bildung des Minerals oder Gesteins. Nn ist das letzte betrachtete Nuklid der Zerfallskette (in unserem Fall 230Th) zur Zeit der Messung, die λ’s sind die ent-

unsupportedA234

0

unsupported total supportedA A A234

02340

2340= −

supported supportedA A A234

0234 238= =

unsupported totalA A A234

02340

238= −

A A A eunsupported total t

234 2340

238234= −( ) − λ

A A A A etotal total t234 238 234

0238

234= + −( ) − λ

AA

A A

Ae

total total234

238

2340

238

2381 234= +

−( ) − λ tt

AA

AA

etotal total

t234

238

2340

2381 1 234= + −

⎝⎜⎞

⎠⎟− λ

total A A234

0238

N C e C e C ent t

ntn= + + … +− − −

1 21 2λ λ λ

CNn

n1

1 2 1 10

2 1 3 1 1=

…−( ) −( )… −( )

−λ λ λλ λ λ λ λ λ

CNn

n2

1 2 1 10

1 2 3 2 2=

…−( ) −( )… −( )

−λ λ λλ λ λ λ λ λ

N10

156

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A. Radiogene Isotopensysteme

sprechenden Zerfallskonstanten und t das Alter des Minerals oder Gesteins. Bei t = 0 sind , , … = 0. Für die Zerfallskette von 238U ⇒ 234U ⇒ 230Th können die kurzlebigen

Zerfallsprodukte 234Th und 234Pa aus der Betrachtung herausgelassen werden, weil ihre Aktivität stets im säkularen Gleichgewicht mit derjenigen von 238U steht.

Für die Zahl der zur betrachteten Zeit t vorhandenen Atome von 234U, die aus 238U seit der Bildung des Minerals oder Gesteins entstanden sind, gilt dann:

[GL 170]

und daraus:

[GL 171]

War zur Bildungszeit (t =0) bereits „initiales“ 234U vorhanden, klingt dies nach der gewöhn-lichen Zerfallsgleichung ab:

[GL 172]

und die Gesamtzahl der Atome 234U zur Zeit der Messung ergibt sich aus der Summe der beiden letzten Gleichungen:

[GL 173]

Führt man Aktivitäten A = λN anstelle der Zahlen von Atomen ein, dann wird daraus:

λ238 ist klein gegenüber λ234 und kann somit entfallen; im Zeitraum der Anwendbarkeit der Methode (≈106a) geht gegen e0=1 und 238A0 = 238A (konstant):

[GL 174]

Aus GL 169 folgt für die Zahl der zur betrachteten Zeit t vorhandenen Atome von 230Th, die aus 238U seit der Bildung des Minerals oder Gesteins entstanden sind:

[GL 175]

daraus:

N20

N30

Nn0

234 238238

0

234 238

238238

0

238 234

238 234UU U

=−

+−

− −λλ λ

λλ λ

λ λe et t

234 238238

0

234 238

238 234UU

=−

−( )− −λλ λ

λ λe et t

234 234 234

0234U U Uinitial unsupported unsupported te= = × −λ

234 234 234U U Utotal unsupported supported= +

234 2340

238238

0

234 238

234 238 234U UUtotal unsupported t t te e e= ×( ) +

−−( )⎡

⎣⎢

⎦⎥− − −λ λ λλ

λ λ

234

234

2340

234

2380

234 238

234 238 234A A

eA

e etotal unsupported

t t t

λ λ λ λλ λ λ= ×

⎝⎜⎞

⎠⎟+

−−( )⎡

⎣⎢

⎦⎥− − −

e t− λ238

234

234

2340

234

2380

234

234 2341A A

eA

etotal unsupported

t t

λ λ λλ λ≈ ×

⎝⎜⎞

⎠⎟+ −( )⎡

⎣⎢

⎦⎥− −

234 234

0238

0234 2341A A e A etotal unsupported t t≈ × + × −( )− −λ λ

230(aus U

2380

2380

2380

ThU U

U

238 )=

−( ) −( ) +−( ) −( )

+−( ) −( )

− −

λ λλ λ λ λ

λ λλ λ λ λ

λ λλ λ λ λ

λ λ

λ

238 234

234 238 230 238

238 234

238 234 230 234

238 234

238 230 234 230

238 234

230

e e

e

t t

t

157

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Die Ungleichgewichtsmethoden

[GL 176]

Lag zur Zeit der Bildung der Minerale oder Gesteine auch bereits 234U vor, so ergibt sich für dessen Berechnung zur Zeit t eine GL 171 analoge Formel:

[GL 177]

Lag auch noch eine Anfangsmenge an 230Th vor, so klingt diese nach einer GL 172 analo-gen Formel ab:

[GL 178]

Die Gesamtzahl der zur Meßzeit vorhandenen Atome von 230Th erhält man dann aus der Summation von GL 176, GL 177 und GL 178:

[GL 179]

also:

[GL 180]

Auch hier lassen sich wieder die Aktivitäten A = λN einführen:

und durch Multiplikation mit λ230:

.

Auch in diesem Fall lassen sich wieder Vereinfachungen vornehmen, weil λ 238<<λ 234, λ 230sowie ≈1:

und daraus durch weiteres Ausmultiplizieren:

230(aus U

2380Th U238 )

=−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

+−( ) −( )

⎦⎥⎥

− −

λ λλ λ λ λ λ λ λ λ

λ λ λ λ

λ λ

λ

238 234234 238 230 238 238 234 230 234

238 230 234 230

238 234

230

e e

e

t t

t

230 234234

0

230 234

234 230Th (aus UU234

unsupportedt te e) =

−−( )− −λ

λ λλ λ

230 230 230Th Th0

unsupported unsupported te= × −λ

230 230Th Th Th Th230

(aus U230

(aus U238 234total unsupported= + +

) )

230238 234

234 238 230 238 238 234 230 234

238 230 234 230

234234

0

230 234

230

238 234

230234 230 230

Th U

UTh

2380

0

totalt t

tt t unsupported t

e e

ee e e

=−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

+−( ) −( )

⎦⎥⎥

+−

−( ) + ×

− −

−− − −

λ λλ λ λ λ λ λ λ λ

λ λ λ λλλ λ

λ λ

λλ λ λ

230

230234

234 238 230 238 238 234 230 234

238 230 234 230

2340

230 234

230

230

238 234

230234 230 230

AA

e e

e Ae e

Ae

total t t

tt t

unsupportedt

λλ

λ λ λ λ λ λ λ λ

λ λ λ λ λ λ λ

λ λ

λλ λ λ

=−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

+−( ) −( )

⎦⎥⎥

+−

−( ) + ×

− −

−− − −

2380

0

230230 234

234 238 230 238 238 234 230 234

238 230 234 230

230234

0

230 234

230

238 234

230234 230 230

A Ae e

e Ae e A e

totalt t

tt t unsupported t

=−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

+−( ) −( )

⎦⎥⎥

+−

−( ) + ×

− −

−− − −

λ λλ λ λ λ λ λ λ λ

λ λ λ λλ

λ λ

λ λ

λλ λ λ

2380

0

e t−λ238

230230 234

234 230 234 230 234 230 234 230

230234

0

230 234

230

1 234 230

234 230 230

A Ae e

Ae e A e

totalt t

t t unsupported t

≈ +−( ) −( ) +

−( ) −( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−

−( ) + ×

− −

− − −

λ λλ λ λ λ λ λ λ λ

λλ λ

λ λ

λ λ λ

2380

0

158

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 181]

Im Fall der Datierung von Karbonaten ist der letzte Term dieser Gleichung oft vernachläs-sigbar klein (kein 230Th zur Zeit ihrer Bildung); damit erhält man vereinfacht:

[GL 182]

Das 230Th/234U-Aktivitätsverhältnis ergibt sich aus der Division von GL 182 und GL 174:

Schließlich dividiert man noch Zähler und Nenner auf der rechten Seite der Gleichung durch 238A0 ≡ 238A:

[GL 183]

Ein Spezialfall ergibt sich, wenn 234A0/238A0 = 1 ist:

[GL 184]

Diese Gleichung entspricht GL 159, Seite 154 und gibt das Aktivitätsverhältnis von 230A/238A für den Fall an, daß 234U mit 238U zur Zeit des Einbaus in ein Mineral im säkularen Gleichgewicht stand, während kein 230Th eingebaut wurde.

Die Auswertung von GL 183 erfolgt am einfachsten graphisch. In Abbildung 117 ist A230/A234 gegen das Alter der betrachteten Probe für verschiedene initiale Verhältnisse 234A0/238A0 aufgetragen. In marinen und kontinentalen Karbonaten treten nur 234A0/

238A0-Ver-hältnisse ≥1 auf. Damit besteht bis zu einem Alter von ≈105a fast kein Unterschied zwi-

230 230

230 234

234

230 234

230234

0

230 234

230

1234 230

234 230 230

A Ae e

Ae e A e

totalt t

t t unsupported t

≈ −−( ) +

−( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−

−( ) + ×

− −

− − −

2380

0

λλ λ

λλ λ

λλ λ

λ λ

λ λ λ

230 230

230 234

234

230 234

230234

0

230 2341

234 230234 230A A

e e Ae etotal

t tt t≈ −

−( ) +−( )

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−

−( )− −

− −2380

λλ λ

λλ λ

λλ λ

λ λλ λ

230

234

230

230 234

234

230 234

230234

0

230 234

2340

2380

1

1

234 230234 230

234 234

A

A

Ae e A

e e

A e A e

total

total

t tt t

unsupported t t≈

−−( ) +

−( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−

−( )× + × −( )

− −− −

− −

2380

λλ λ

λλ λ

λλ λ

λ λλ λ

λ λ

230

234

230

230 234

234

230 234

230

230 234

2340

1

1

234 230234 230

234 234

A

A

e eAA

e e

AA

e e

total

total

t tt t

t t

≈−

−( ) +−( )

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−

−( )

× + −( )

− −− −

− −

λλ λ

λλ λ

λ

λ λ

λ λλ λ

λ λ

2340

2380

2380

230

234

230

230 234

234

230 234

230

230 2341

1

234 230234 230

234 234

A

A

e ee e

e e

total

total

t tt t

t t≈

−−( ) +

−( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−

−( )+ −( )

− −− −

− −

λλ λ

λλ λ

λλ λ

λ λλ λ

λ λ

230

234230

230 234

234

230 234

230

230 234

230

230 2341

234 230 234 230A

A

e e e etotal

total

t t t t

≈ −−( ) +

−( )⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+−

−−

⎝⎜⎞

⎠⎟− − − −λ

λ λλλ λ

λλ λ

λλ λ

λ λ λ λ

230

234234

230 234

230

230 2341

230 230A

A

e etotal

total

t t

≈ +−

−−

− −λλ λ

λλ λ

λ λ

230

234230 234

234 2301230A

Aetotal

total

t

≈ +−

−( )−λ

λ λλ λ

230

234

230

238 1 230A

A

A

Ae

total

total

total

totalt= ≈ − −λ

159

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Die Ungleichgewichtsmethoden

schen den Kurven mit 234A0/238A0 = 1 – 3, und die Auswertung kann mit guter Näherung

nach GL 184 erfolgen. Die Altersbestimmung nach GL 183 erfordert zudem eine Abschät-zung des 234A0/

238A0-Verhältnisses. Dazu löst man GL 174, Seite 157 nach 234A0/238A auf

und setzt ein Alter ein, das man nach GL 184 berechnet. Damit läßt sich aus GL 184 ein verbesserter Alterswert berechnen. Durch weitere Iteration erhält man bereits einen Alters-wert mit einer Genauigkeit von ±1%, was wesentlich besser ist als die analytische Präzi-sion[231].

Die Erfolge dieser 230Th/234U (und der hier nicht eigens behandelten 230Th/238U-Methode liegen in Beiträgen zur Klimageschichte des Quartärs, abgeleitet aus marinen Karbonaten (insbes. Korallen[227],[248],[249]) und terrestrischen Kalken (v.a. Sinter[231],[250]).

ABBILDUNG 117 Auftragung von GL 183 gegen die Zeit für verschiedene Verhältnisse von 234U/238U

1.2

1.0

0.8

0.6

0.4

0.2

0.0

230 Th

/234 U

1042 3 4 5 6 7 8 9

1052 3 4 5 6 7 8 9

106

t [a]

0.5

1.0

1.5

2.0

3.0

Die Zahlen geben dieinitialen Verhältnisse

234U/238U an.

160

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A. Radiogene Isotopensysteme

14.6 238U–230Th-Ungleichgewichte in VulkanitenIn der zweiten Hälfte der 1960er Jahre fand man heraus, daß in jungen Vulkaniten die Zer-fallsprodukte von 238U (ab 230Th) oft nicht im säkularen Gleichgewicht mit ihrem Mutter-nuklid stehen[251],[252]. Die Ursache dieser Ungleichgewichte ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Eine Schule schreibt sie Fraktionierungsprozessen bei der partiellen Auf-schmelzung oder Kristallisation zu, die auf einer unterschiedlichen Inkompatibilität von Th und U beruhen. Eine andere Schule sieht in den Ungleichgewichten vornehmlich An-zeichen sekundärer Veränderungen, z.B. durch Isotopenaustausch mit Seewasser oder durch Assimilation von Fremdgestein bei der Magmenentwicklung. Junge Vulkanite wei-sen typischerweise Aktivitätsverhältnisse von 230Th/238U, 226Ra/238U oder sogar 210Pb/238U ≥1 auf. Der Aktivitätsüberschuß an 210Pb scheint sich jedoch stets auf Aufnahme dieses kurzlebigen Isotops aus See- oder Grundwasser zurückführen zu lassen[253]. Von besonderer Bedeutung ist das Aktivitätsverhältnis von 230Th zu 238U, das man versucht zu benutzen, um Prozesse der Bildung und Entwicklung von sich aus dem Erdmantel ableitenden Mag-men zu verfolgen. Außerdem eröffnet dieses Ungleichgewicht die Möglichkeit, junge Vul-kanite zu datieren oder die Zeit zwischen Magmenbildung und Extrusion zu ermitteln. Grundlage dafür ist Gleichung GL 161, die bei der Besprechung der Ionium-Methode abge-leitet wurde:

[GL 161]

Hierin beschreibt der erste Term den Zerfall des über-schüssigen (= bei t =0 vor-handenen) 230Th, der zweite Term die Nachbildung von 230Th aus dem Zerfall von 238U.

Allègre[254] (1968) hat dar-auf aufmerksam gemacht, daß diese Gleichung analog der Isochronengleichung bei anderen Isotopensyste-men benutzt werden kann, um das Alter einer kogeneti-schen Suite von Vulkaniten oder durch eine interne (= Mineral-) Isochrone das Eruptionsalter eines Vulka-nits zu bestimmen, wenn man A230/A232 (y) gegen A238/A232 (x) aufträgt. Vor-ausgesetzt muß bei der Anwendung dieser Glei-chung werden, daß bei t=0 die beiden Th-Isotope im Magma im chemischen Gleichge-wicht gewesen sind, d.h. daß alle Vulkanite einer Suite oder alle Minerale eines Vulkanits dasselbe initiale 230Th/232Th-Verhältnis hatten. Außerdem muß bei t = 0 säkulares Gleich-gewicht zwischen 234U und 238U vorgelegen haben. Diese Voraussetzung läßt sich leicht durch Messung von A234/A238 überprüfen. Obwohl es als ziemlich wahrscheinlich gilt, daß bei der Magmenbildung die beiden U-Isotope im säkularen Gleichgewicht vorlagen, findet man bei ozeanischen Basalten oft Werte von A234/A238 zwischen ≈1.00 und 1.15. Das gilt als

AA

AA

eAA

etotal unsupported

t t230

232

230

232

0238

232

230 2301⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

≈⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−( )− −λ λ

0.5

1

1.5

2

0.5 1 1.5 2

„Equipoint“

tAnfang

4 3 2 1.5Th / U:

238U/232Th

230 Th

/232 Th

„Equilin

e“

(t →

∞)

Min

eral

1

Min

eral

2

Min

eral

3

Ges

amtg

este

in

initiales230Th/232Th

t 1

ABBILDUNG 118 Prinzip der Datierung junger Vulkanite nachder 238U–230Th-Ungleichgewichtsmethode

161

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Die Ungleichgewichtsmethoden

Anzeichen für eine Reaktion dieser Basalte mit Seewasser, das ja global ein A234/A238 von ≈1.15 aufweist. Frische Gläser ozeanischer Basalte zeigen dagegen keine Anzeichen sekun-därer Veränderung und eignen sich deshalb für A230/A238-Ungleichgewichtsuntersuchun-gen besonders gut. Über den Zeitraum der Anwendbarkeit dieser Methode (einige 105a) können 238U und 232Th wieder als stabil betrachtet werden. Im A230/A232 – A238/A232-Isoch-ronendiagramm hatten also zur Zeit der Bildung (t = 0) eines Vulkanits alle seine Minerale dasselbe A230/A232, aber, als Folge der geringfügig unterschiedlichen Geochemie, verschie-dene U/Th-Verhältnisse (siehe Abbildung 118[239]). Für t =0 wird = 1 und

= 0, also

A230/A232 = (A230/A232)0.

Bei der Alterung des Gesteins ändern sich dann die A230/A232-Verhältnisse seiner Kom-ponenten; bei niedrigem U/Th-Verhältnis überwiegt in GL 161 die erste Komponente, also der Zerfall von 230Th, als dessen Folge A230/A232 sinkt; bei Komponenten mit hohen U/Th-Verhältnissen über-wiegt die Nachbildung von 230Th aus 238U und führt zu einer Erhöhung des Verhält-nisses A230/A232. Mit zuneh-mendem Alter rotiert die Isochrone dabei um einen Punkt , den sogenannten equipoint. Bei einem Alter des Gesteins von ≈106a hat die Isochrone ihre Endposition erreicht mit einer Steigung von 1, d.h. 230Th und 238U sind wieder im säkularen Gleichgewicht. Für t≥106a geht gegen 0 bzw. gegen 1; damit ergibt sich:

A230/A232 = A238/A232 ⇒ A230 = A238.

Diese Gerade für t→∞, auf der also A230/A232 = A238/A232 ist, nennt man equiline. Das Gesamtgestein braucht keinesfalls mit dem equipoint zusammenzufallen. Dieses Isochro-nensystem verhält sich also völlig anders als Isochronen in anderen Isotopensystemen, in denen das auf der Ordinate aufgetragene Verhältnis (z.B. 87Sr/86Sr) in allen Komponenten des Gesteins anwächst.

Im 230Th/238U-System läßt sich aus der Steigung der Isochronen das Alter des Gesteins ebenso errechnen wie bei den übrigen Systemen; die Steigung entspricht dem Ausdruck

. Der Schnittpunkt der Isochronen mit der Ordinate entspricht (A230/A232)0 × . Nachdem t aus der Steigung errechnet wurde, läßt sich daher das initiale A230/A232

errechnen. Abbildung 119 zeigt das Beispiel einer solchen Isochrone für einen Andesit-strom und dessen Minerale aus Costa Rica, für den sich ein Alter von 110Ka ergibt[255].

et− λ230

1 230−( )−e tλ

238U/232Th

0

0.5

1.0

1.5

2.0

0 0.5 1 1.5 2 2.5

Andesit CA2 (Costa Rica)

230 Th

/232 Th

AugitHypersthen

Plagioklas

Gesamtgestein

Magnetit

„Equilin

e“

t = 110±16 Ka

ABBILDUNG 119 Beispiel einer Ungleichgewichtsdatierungeines Vulkanits

et− λ230

1 230−( )−e tλ

1 230−( )−e tλ

e t− λ230

162

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A. Radiogene Isotopensysteme

Wie bereits eingangs erwähnt, findet das 230Th/238U-System, ähnlich wie z.B. Rb-Sr oder Sm-Nd, Anwendung als geo-chemischer Tracer zur Verfol-gung der Magmenevolution. So fanden Allègre und Mitar-beiter Anhaltspunkte für eine Korrelation zwischen A230/A232 und 87Sr/86Sr für ozeani-sche und kontinentale Basalte (Abbildung 120, umgezeich-net nach Daten in[239]), die un-gefähr der zwischen den Nd- und Sr-Isotopen entspricht. Hohes A230/A232 ist dabei mit niedrigem 87Sr/86Sr gekoppelt. Die wahrscheinlichste Erklä-rung für diese negative Korre-lation ist, daß die Quellregio-nen der Basalte im Erdmantel im radioaktiven Gleichge-wicht sind, d.h. daß das Ver-hältnis A230/A232 das Aktivi-tätsverhältnis 238U/232Th, also auch das Elementverhältnis U/Th widerspiegelt. Daraus ergibt sich eine Verweilzeit der Magmen im flüssigen Zustand zwi-schen partieller Aufschmelzung und Extrusion, die klein ist gegen die Halbwertszeit von 230Th (maximal einige 103a). Damit folgt aus der negativen Korrelation zwischen Th- und Sr-Isotopen auch eine negative Korrelation von U/Th und Rb/Sr in den Quellregionen. Nach kristallchemischen Erwägungen sollte Th4+ für Minerale in basischen und ultrabasi-schen Gesteinen inkompatibler sein als U4+. Diese Überlegung wird durch die Antikorrela-tion von Th- und Sr-Isotopen bestätigt. Wenn man in obigem Diagramm den Schnittpunkt zwischen Korrelationslinie und bulk-earth-87Sr/86Sr auf die Ordinate projiziert, ergibt sich ein A230/A232 von 0.86. Weil geschlossen wurde, daß im Erdmantel säkulares Gleichgewicht für die 238U-Zerfallskette herrscht, gilt

A230 = A238 ⇒ A230/A232 = A238/A232

Dies entspricht also einem Wert, den man auch für die Erde annimmt.

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

0.703 0.704 0.705

Tristan da Cunha

MAR, 30°N

FAMOUS

Island Afar

Réunion

230 Th

/232 Th

87Sr/86Sr

ABBILDUNG 120 Korrelation zwischen Th- und Sr-Isotopen inozeanischen Basalten

AA

NN

230

232

238

232

238

232= × λ

λ

NN

AA

232

238

232

230

238

232= × λ

λ

NN

232

238

10

11

10 86

1 55125 10

4 9475 103 65= × ×

×=

−..

..

163

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Die Ungleichgewichtsmethoden

Die Analyse von Basalten akti-ver Zentren ozeanischer Rücken (d.h. Basalte mit Alter t = 0) hat z.T. ein 230Th/238U-Ungleichgewicht, z.T. aber auch ein Gleichgewicht erge-ben und damit für eine kon-troverse Diskussion darüber gesorgt , wie s ich so lche Ungleichgewichte wohl erklä-ren lassen. So haben Newman et al.[256] für frische Basaltglä-ser des East Pacific Rise, von denen sie sekundäre Verände-rungen glaubten, ausschlie-ßen zu können, Daten erhal-ten , d ie l inks neben d ie equiline plotten, für die also A230/A238>1 ist (Abbildung 121). Wenn dieses Ungleich-gewicht nicht auf sekundäre Veränderungen der Basalte zurückzuführen ist und wenn im Erdmante l säkulares Gleichgewicht der 238U-Zer-fallskette herrscht, dann heißt das, daß sich bei der partiellen Aufschmelzung des Erdmantels Th inkompatibler verhielt als U, so daß 230Th über seine Gleichgewichtsaktivität mit 238U in die Schmelze eintrat. Dies stimmt mit experimentellen Daten überein, wonach Ca-arme Klinopyroxene, die nahe des Peridotitsolidus stabil sind, trotz niedriger Verteilungskoeffizienten für U und Th tatsächlich A230/A238-Verhältnisse von bis ca. 1.35 erzeugen können[257], Werte, die mit dem beobachteten maximalen 230Th-Überschuß von MORB gut übereinstimmen (Abbil-dung 122[258]). Durch ein Modell des dynamischen Aufschmelzens, bei dem die Aufschmel-zung sich über einen beträchtlichen Tiefenbereich beim Aufstieg von Erdmantel vollzieht, lassen sich diese Ungleichgewichte trotz großer Schmelzgrade modellieren, und der gesamte Aufschmelzvorgang kann sich im Stabilitätsbereich von Spinellperidotit vollzie-hen[257]; Granat scheint dagegen nicht unbedingt notwendig zu sein, im Gegensatz wie zunächst angenommen[258]. Bourdon et al. (1996)[258] beobachteten, daß der Überschuß an 230Th über die Gleichgewichtsaktivität mit abnehmender Tiefe der mittelozeanischen Rücken steigt (Abbildung 122). Ein flach liegender Rücken bedeutet große Magmenproduk-tionsraten und einen entsprechend heißen Mantel, so daß große 230Th-Überschüsse mit einem tiefen Beginn der Aufschmelzung gekoppelt sind.

238U/232Th

230 Th

/232 Th

1.1

1.0

1.2

1.3

1.4

1.5

1.6

0.6 0.7 0.8 0.9 1 1.1 1.2 1.3 1.4

Basalte vom East Pacific Rise:

bei 20°S

20–23°N (Basaltgläser)

20–23°N (sonstigeBasalte)

„Equili

ne“

ABBILDUNG 121 Th-U-Isotopen(un)gleichgewichte in Basal-ten des East Pacific Rise

164

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 122 Aktivitätsverhältnisse 230Th/238U von ozeanischen Rückenbasalten[258], links einzelne Daten, rechts über Rückensegmente gemittelt als Funktion der Tie-fe der Rücken unter dem Meeresspiegel. Die Kurve in der rechten Abbildung entspricht einem Modell aufsteigenden Mantels mit einer Aufstiegsge-schwindigkeit von 2cm/a, einer Matrixporosität von 0.1% und einer Auf-schmelzrate von 0.9% pro kbar. Als Verteilungskoeffizienten Peridotit/Schmelze wurden Werte von 2.6×10-3 und 1.4×10-3 für U und Th in Granat-peridotit angenommen bzw. 1.0×10-4 und 1.5×10-4 für Spinellperidotit. AAD = australisch–antarktische Diskordanz, EPR = ostpazifischer Rücken, MAR = mittelatlantischer Rücken.

Während MOR-Basalte auf der linken Seite (oder oberhalb) der equiline liegen, fallen die meisten Subduktionszonenbasalte rechts (oder unterhalb) der equiline (siehe Abbildung 123[193]). Das deutet darauf hin, daß bei der Entstehung der letzteren sich das U inkompa-tibler verhält als Th. Residuale Minerale, die Th relativ zu U zurückhalten oder sechswertig vorliegendes U mögen Gründe dafür sein.

ABBILDUNG 123 Th-U-Isotopien verschiedener Typen ozeanischer Basalte

Osterinsel-Mikroplatte

IslandN-MAR

EPR

α-spektro-metrische Daten:

Tamayo-RiftTamayo-Swell

MAR bei 30°NJuan de FucaGordaMAR 37°–40°NEPR 9–10°NAAD

A23

0 Th/

238 U

0 1000 2000 3000 4000 50000.9

1.0

1.1

1.2

1.3

1.4

a

0.9

1.0

0 1000 2000 3000 4000 5000

1.1

1.2

1.3

1.4

b

axiale Tiefe [m]axiale Tiefe [m]

238U/232Th

230Th/ 232ThM

antelquelle

0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0

230 Th

/232 Th

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

MORB

Subduktionszonenbasalte

Ozeaninselbasalte 3.54.0

3.0

2.5

2.0

1.5

165

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Die Ungleichgewichtsmethoden

Eine interessante Beobachtung von Krishnaswami et al.[253]

bezieht sich schließlich auf die Basalte des Mouna Loa auf Hawai i , für d ie s ie e inen Anstieg des A230/A232-Verhält-nisses – aber 2 3 0Th/ 2 3 8U-Gleichgewicht – mit dem Erup-tionsalter fanden (siehe Abbil-dung 124). Zur Erklärung schlagen die Autoren vor, die verschiedenen Basaltflüsse soll-ten aus verschiedenen Mag-menkammern abzuleiten sein.

Basaltströme auf Hawaii

Mauna Loa

Kilauea

230 Th

/232 Th

1.0

1.1

1.2

1.3

1.4

1.5

1.6

19501850 1900 2000Eruptionsjahr

ABBILDUNG 124 Mouna Loa: Korrelation zwischen 230Th/232Th und dem Eruptionsjahr

166

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A. Radiogene Isotopensysteme

15.0 Kosmogene Radionuklide

Kosmogene Radionuklide entstehen durch Wechselwirkung der kosmischen Strahlung mit Materie. Die kosmische Strahlung setzt sich aus 2 Komponenten zusammen. Ihr Energiespek-trum reicht von einigen MeV bis ≈1015MeV (siehe Abbildung 125[259]). Der solare Anteil besteht vorwiegend aus Protonen, daneben aus geringen und wechselnden Mengen an α-Teil-chen sowie wenigen schwereren Teilchen. Die maximale Energie dieses Anteil liegt um 1 GeV pro Nukleon. Seine Intensität ist Schwankun-gen unterworfen, d.h. von der Sonnenaktivität abhängig (z.B. dem ≈11jährigen Rhythmus, der sich in der Zahl der Sonnenflecken äußert und der damit verbundenen Änderung des Magnet-feldes der Sonne). Der galaktische Anteil der kos-mischen Strahlung besteht zu ≈90% aus Proto-nen, 9% α-Teilchen und ≈1% schwereren Teilchen mit einer mittleren Energie von ≈3 GeV pro Nukleon. 80% dieses Anteil liegt unter 4 GeV/Nukleon; die wahrscheinlichste Energie der galaktischen Strahlung liegt zwischen 400 und 600 MeV/Nukleon. Die Intensität des galaktischen Anteils schwankt zeitlich kaum, ist jedoch dem Modulationseffekt durch das Magnetfeld der Sonne unterworfen. Die durch-schnittliche Intensität der kosmischen Strah-lung beträgt im Erdabstand von der Sonne ≈1.7 Teilchen (bzw. 3.1 Nukleonen) pro cm2 und sec (4π-Geometrie).

Infolge der hohen Energie der kosmischen Strahlung treten bei ihrer Wechselwirkung mit der irdischen Atmosphäre und natürlich auch mit fester Materie im All wie Meteoriten die verschiedensten Spallationsreaktionen auf, d.h. die hochenergetischen Primärteilchen übertragen einem getroffenen Targetkern soviel Energie, daß das Target – also O, N oder Ar – zerstört wird. Die Targets verlieren dabei meist mehrere Nukleonen, wodurch Kerne nied-rigeren Atomgewichts entstehen. Unter den Nukleonen finden sich Neutronen, die ihrer-seits von Atomen eingefangen werden können. Einige dieser Reaktionsprodukte sind radioaktiv und haben Halbwertszeiten in der Größenordnung von 100 bis >106a. Bei ihrer Entfernung aus der Atmosphäre und Eintritt in den biologischen, hydrologischen oder Gesteinskreislauf oder mit dem Fall eines Meteoriten auf die Erde endet die Produktion die-ser Nuklide, und ihre Aktivität klingt mit ihrer Halbwertszeit ab. Wenn man die Anfangs-aktivität A0 kennt, lassen sich „Alter“ von biologischen, geologischen oder Meteoritenpro-ben bestimmen oder auch geologische Prozesse verfolgen. Bei den Spallationsreaktionen in der Atmosphäre werden auch andere Partikel erzeugt wie Protonen, Neutronen und Myo-

TABELLE 13: kosmogene Radionuklide mit längeren Halbwertszeiten

Nuklid t1/2 [a] � [a-1] Nuklid t1/2 [a] � [a-1]10Be 1.5×106 0.462×10-6 53Mn 3.7×106 0.187×10-6

14C 5730 0.1209×10-3 59Ni 8×104 0.86×10-5

26Al 0.716×106 0.968×10-6 81Kr 0.213×106 3.25×10-6

36Cl 0.308×106 2.25×10-6

solare kosmische Strahlung m

inimale Sonnenaktivität

maximale Sonnenaktivität

101 102 104 105103

10-3

100

101

10-1

10-4

10-2

10-5

10-6

10-7

Prot

onen

/(cm

2 ×s×M

eV)

Protonenenergie [MeV]

galaktischekosmischeStrahlung

ABBILDUNG 125 Energieverteilung derkosmischen Strahlung im Erdabstand vonder Sonne

167

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Kosmogene Radionuklide

nen (kurzlebige Partikel, die mit Elektronen verwandt sind, aber eine ca. 200fache Ruhe-masse der letzteren haben). Protonen sind an der Erdoberfläche selten, und so werden vor allem durch Neutronen und Myonen Kernreaktionen mit dem Material an der Erdoberflä-che ausgelöst; dadurch können kosmogene Radionuklide in Mineralen gebildet werden, deren Analyse ebenfalls wichtige geologische Informationen zu liefern vermag[260].

Von den in Tabelle 13 aufgeführten Nukliden hat 14C erhebliche Bedeutung für die Archäo-logie, während 53Mn und 59Ni nur für die Meteoritik wichtig sind. Für die Geowissenschaf-ten sind vor allen Dingen 10Be und 26Al von Interesse.

15.1 Die 14C-MethodeObwohl diese Methode für die Geowissenschaften von nur untergeordneter Bedeutung ist, soll sie besprochen werden. Dies ist die einzige Datierungsmethode, für die ihrem Erfinder, W.F. Libby*, ein Nobelpreis verliehen wurde (für Chemie, 1960). Trotz einiger Unzuläng-lichkeiten bietet diese Methode den Archäologen die sicherste Absolutdatierungsmethode der Altersbestimmung für die Zeit vor der Erfindung der Schrift oder ohne bekannte Korre-lation mit unserem Kalender oder zur Dendrochronologie (Altersbestimmung mit Hilfe der Jahresringe von Bäumen).14C wird in der hohen Atmosphäre durch eine ganze Reihe von Reaktionen gebildet, von denen die bei weitem wichtigste die Reaktion von Stickstoff mit sekundären langsamen Neutronen ist, die bei Spallationsprozessen frei werden:

14N(n,p)14C (σ = 1.81b).14C zerfällt dann wieder mit einer Halbwertszeit von 5730a unter β–-Emission in 14N. Die β-Maximalenergie beträgt nur 156 KeV, was die Messung der Strah-lung nicht gerade vereinfacht. Die Messung wurde früher mit „Schirmgitterzählern“ (screen-wall counter) durchgeführt, die ähnlich aufgebaut sind wie Gei-ger-Müller-Zählrohre; hierbei wird die Probe (elementarer Koh-lenstoff) auf der inneren Oberflä-che eines Zylinders aufgetragen, der in das Zählrohr geschoben wird [ 2 6 1 ] . Andere Gruppen benutzten Geiger-Müller- oder Proportionalzählrohre und zählten die Aktivität des Kohlenstoffs nach Überführen in Ace-tylen[262] (Die Messung von CO2 hat sich als nicht sinnvoll erwiesen, weil es nicht genü-gend von Fremdgasen zu reinigen ist, die als Löschgase in den Zählrohren wirken. Seit der zweiten Hälfte der 1970er Jahre versucht man erfolgreich, 14C-Datierungen (und Datierun-gen mit anderen kosmogenen Radionukliden) mit Beschleuniger-Massenspektrometern durchzuführen[263], was den großen Vorteil hat, daß anstatt einiger Gramm Kohlenstoff nur noch mg-Mengen erforderlich sind. Inzwischen gibt es mehrere 14C-Labors, die kom-merziell Analysen mittels Beschleuniger-Massenspektrometrie anbieten; in Deutschland das Leibniz-Labor der Universität Kiel in dieser Richtung aktiv (http://www.uni-kiel.de/leibniz/).

* Willard Frank Libby (1908–1980), amerikanischer Chemiker an der University of Chicago und der University of California in Berkeley; Libby und Mitarbeiter entwickelten 1947 die 14C-Methode.

60 40 20 0 20 40 60°S °N12

14

16

18

Zerf

älle

pro

Min

ute

und

Gra

mm

C

geomagnetischer Breitengrad

15.3±0.3

ABBILDUNG 126 Messung der spezifischen Aktivität von14C in heutigen Pflanzen als Funktion des geomagneti-schen Breitengrades der Erde. Diese Daten wurden ur-sprünglich benutzt, um die Konstanz der spezifischen Akti-vität zu belegen.

168

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A. Radiogene Isotopensysteme

Durch Reaktion mit Sauerstoff oder Austauschreaktionen mit CO2 tritt 14C in den CO2-Kreislauf der Natur ein. Die Durchmischung der Atmosphäre ist sehr rasch im Vergleich zur Halbwertszeit, so daß man global dieselbe 14CO2-Konzentration in der Atmosphäre findet. Durch die Photosynthese (± durch Aufnahme über die Wurzeln) wird 14C in Pflanzen ein-gebaut. Von dort gelangt es direkt oder indirekt in Tiere und den Menschen, wodurch sich in aller lebenden Materie (fast) dieselbe 14C-Aktivität findet. Mit dem Tod des Organismus endet der 14C-Einbau jedoch, und das Nuklid klingt mit seiner Halbwertszeit ab. Man braucht daher „nur“ die 14C-Aktivität beim Absterben des Organismus zu kennen, dann läßt sich aus der heute gemessenen Radioaktivität das 14C-Alter berechnen, also:

[GL 185]

Als bester Wert für die initiale oder Sättigungsaktivität A0 eines lebenden Organismus im C-Austauschgleichgewicht mit der Atmosphäre gilt 13.56±0.07dpm/g Kohlenstoff.

Die Geschichte der 14C-Methode beginnt 1946 mit der Abschätzung von Libby, daß die 14C-Produktionsrate in der Atmosphäre hoch genug sein sollte, um es in biologischen Pro-ben nachzuweisen. 1949 zeigten Arnold & Libby[264] durch Analyse archäologischer Proben bekannten Alters, daß deren Datierung mit 14C möglich ist. 1951 wiesen Anderson & Li-bby[265] nach, daß die spezifische Aktivität von 14C in organischen Proben global nahezu konstant ist (siehe Abbildung 126). Das führte zu der Ableitung eines globalen Wertes für A0 von 15.3±0.5 dpm/g C. Dieser Wert wurde dann im Verlauf der folgenden ≈10a auf den oben angegebenen Wert herunterkorrigiert, z.T. zumindest als Folge einer besseren Ab-schirmung der Meßapparatur von Untergrundstrahlung.

Die Datierungsgrenze für die 14C-Methode l iegt , optimist isch geschätzt, bei ≈105a, also ca. 17 Halbwertszeiten. Es lassen sich so unterschiedliche Materialien wie Holz und Holzkohle, Saatgut, Papier, Tuch, Knochen, Geweih, Karbonatschalen und -skelette von Organismen oder auch Töp-ferwaren datieren. Große Pro-bleme bereiten Verunreinigun-gen, welche die Proben durch zirkulierende Wässer erfahren, die z.B., Huminsäuren enthalten kön-nen. Knochenkol lagen muß daher aufwendig gereinigt wer-den[266].

Im Verlauf der 1950er Jahre wur-den aber auch die Tücken des Ver-fahrens klar und die anfänglichen Annahmen eines global und zeit-lich konstanten A0 mußten z.T. modifiziert werden. Die Produktionsrate von 14C hängt i.w. von dem durch die kosmische Strahlung erzeugten Neutronenfluß ab. Dieser ändert sich natürlich mit der Höhe (siehe Abbildung 127) und erreicht ein Maximum zwischen ≈12 und 15 km über Meeresspiegel. Außerdem ist er an Nord- und Südpol wegen der dort feh-lenden bzw. stark verringerten Abschirmung durch das irdische Magnetfeld ≈4-mal so hoch wie am Äquator (siehe Abbildung 128–links, beide Diagramme aus [261]). Infolge der ra-schen Durchmischung der Atmosphäre gleichen sich die als Konsequenz des unterschied-lichen Neutronenflusses produzierten unterschiedlichen 14C-Mengen global rasch aus. An-dererseits ändert sich der lokale Neutronenfluß infolge von Schwankungen in der solaren

A A e t

AA

AA

t= ⇒ = −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= ⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

−0

0

01 1λ

λ λln ln

10 20 30 40 50 60 70Druck (cm Hg-Säule)

30 km Höhe10

Neu

tron

enin

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ität

(Cou

nts

pro

Min

ute)

1

10

1000

100

Höhenabhängigkeit der Neutronen-dichte in der freien Atmosphäre bei

Princeton, N.J. (8. 1. 1949)

ABBILDUNG 127 Durch die Wechselwirkung der kosmi-schen Strahlung mit der Atmosphäre entstehen Neutro-nen, deren Konzentration in der hohen Atmosphäre be-sonders hoch ist.

169

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Kosmogene Radionuklide

Komponente der kosmischen Strahlung und von Änderungen der Intensität des Magnet-feldes der Erde. Das findet seine Entsprechung natürlich in einer zeitlichen Variation der 14C-Produktion. Darüber hinaus war es Mitte der 1950er Jahre Suess* klar, daß A0 von Holz von im 20. Jahrhundert gewachsenen Bäumen um ≈2% niedriger ist als das Holz früherer Zeiten, was er auf den Ausstoß von fossilem CO2 durch die Verfeuerung fossiler Brennstoffe in den letzten ≈100a zurückführte[267]. In den 1950er und 1960er Jahren wurden dann aber erhebliche 14C-Mengen durch die Kernwaffenexplosionen in der Atmosphäre erzeugt. De Vries[268] beobachtete andererseits, daß A0 um 1500 und um 1700 ≈2% über dem „Normal-wert“ (den man für ca. 1850 definiert) lag – eine Beobachtung, deren Ursache unerklärlich blieb. Als Folge all dieser Unwägbarkeiten hat man seit den 1960er Jahren die 14C-Skala mit Hilfe der Dendrochronologie im Südwesten der USA geeicht und für die letzten ≈8000a Korrekturen der 14C-Alter eingeführt, die bis zu 10% ausmachen (siehe Abbildung 128–rechts). Abschwächungen der Erdmagnetfeldes vor ca. 28 000a und 41 000a führten zu je-nen Zeiten zu einer erhöhten Produktionsrate von 14C, was zusätzliche Korrekturen erfor-dert. Aus der Kalibrierung in Abbildung 129 ist ersichtlich, daß die gemessenen 14C-Alter durchweg geringer sind als die tatsächlichen Alter mit Ausnahme vielleicht der Zeit vor mehr als 40 000 Jahren. Das 14C-Alter für ein Rhinozeros aus der berühmten Grotte Chau-vet im Tal der Ardèche in Südfrankreich, das vorher mit ca. 31 000 Jahren angegeben wurde, erhöht sich mit der in Abbildung 129 angegebenen Korrektur auf rund 36 000 Jahre[270]. Die Ausbreitung des modernen Menschen von Israel und dem Libanon bis nach Frankreich und Spanien vollzog sich nach der neuen Kalibrierung erheblich rascher (ca. 6000a zwischen 47 000 und 41 000a) als nach der alten (mehr als 10 000a); moderner Mensch und Neandertaler haben daher in Mittel- und Westeuropa wahrscheinlich über eine kürzere Zeit koexistiert als zuvor geglaubt[266].

ABBILDUNG 128 Links: Infolge variabler Abschirmung der Erde durch ihr Magnetfeld ist die Menge produzierter Neutronen vom Breitengrad abhängig. Rechts: Durch den Vergleich mit Ergebnissen der Dendrochronologie im Südwesten der U.S.A. hat man festgestellt, daß Korrekturen an 14C-Daten anzubringen sind, die wohl Schwankungen im atmosphärischen Gehalt an Radiokohlenstoff zuzuschreiben sind. Eine große Herausforderung ist es, diese Korrekturen für ständig höhere Alter zu quantifizieren (Abbildung 129).

* Hans Eduard Suess (1909–1993), österreichisch-amerikanischer Kosmo- und Geochemiker, Enkel des Alpengeologen Eduard Suess; H. Suess hat auch wichtige Arbeiten zum Schalenmodell des Atomkerns und zur Häufigkeit der Elemente im Sonnensystem verfaßt.

706050403020100 Grad geomagnetische Breite

200

400

600

800

1000

Neu

tro

nen

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(Co

un

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Neutronenintensität in Abhängigkeitvon der geomagnetischen Breite

in 10 km Höhe

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200

400

600

800

2000(heute)

1000 0 1000 3000 40002000

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[a]

14C-Alter von Hölzern

170

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 129 Umrechnung von 14C-Jahren in Kalenderjahre für die Zeit von 50 000 bis 10 000 Jahren vor heute[269]. Blaue Punkte entsprechen 14C-Jahren, be-stimmt an Sedimenten aus ODP-Bohrkernen im Cariaco-Becken vor Vene-zuela, geeicht gegen Kalenderjahre aus einem Eiskern Grönlands; das hellblaue Feld stellt die Fehlergrenzen dieser Eichung in Rechnung. Rote Quadrate stehen für gemeinsame 14C–U/Th-Alter von Korallen. Durch offe-ne Kreise dargestellte Alter sind aus Warven in einem japanischen See abge-leitet; Rauten stehen für Sinterkalke der Bahamas und Dreiecke für Bohrkerne aus dem Nordatlantik, verifiziert durch U/Th-Alter bzw. durch Al-ter eines Grönlandeiskerns.

15.2 Das 10BeNatürliches Be verfügt mit 9Be nur über ein einziges stabiles Isotop. Daneben kommen noch winzige Mengen der beiden Radioisotope 7Be und 10Be vor, die beide durch Spallati-onsprozesse aus Stickstoff und Sauerstoff in der hohen Atmosphäre gebildet werden und in wesentlich geringerer Menge in Materialien an der Erdoberfläche. 7Be zerfällt unter Elektro-neneinfang mit einer Halbwertszeit von ≈53 Tagen in 7Li. Auf Grund der geringen Halb-wertszeit ist es allenfalls für die Meteorologie interessant. 10Be erfährt einen β–-Zerfall mit einer Halbwertszeit von 1.387 Ma[271] nach 10B und eignet sich daher prinzipiell sowohl zur Datierung als auch als Tracer über den Zeitraum Jungtertiär bis rezent. Seine globale Pro-duktionsrate liegt wahrscheinlich bei ≈0.015 – 0.03 Atomen 10Be pro cm2 und sec[272] bzw. bei ≈106 Atomen 10Be pro cm2 und Jahr[273]. Meist vernachlässigbar geringe Mengen wer-den zusätzlich noch in U-reichen Gesteinen gebildet durch Reaktionen wie 7Li(α,p)10Be, 9Be(n,γ)10Be oder 10B(n,p)10Be[274]. Aus der Atmosphäre wird das kosmogene 10Be rasch ent-fernt und gelangt über den Niederschlag auf die feste Erdoberfläche oder in die Gewässer. In wäßriger Lösung verhält sich Be chemisch bekanntlich ähnlich wie Al (26Al wird auf die-selbe Weise gebildet – allerdings in noch niedrigeren Konzentrationen – und wird dann zusammen mit 10Be ausgeschieden.). Seine Residenzzeit in Meerwasser beträgt einige 100a[275], und es gelangt schließlich durch Adsorption und Einbau in anorganische und organische Partikel in die Sedimente am Meeresboden, in denen es mit seiner Halbwerts-zeit abklingt. Seine Konzentration in jungen marinen Sedimenten kann dann dazu benutzt

50 000

50 000

40 000

40 000

30 000

30 000

20 000

20 000

10 000

10 000

Kalenderjahre (vor heute)

14C

-Alt

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)

171

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Kosmogene Radionuklide

werden, die zeitliche und örtliche Variation seiner Produktionsrate zu bestimmen oder das Alter von Sedimenten zu berechnen.

Peters[276] schloß Mitte der 1950er Jahre auf Grund von theoretischen Überlegungen, daß sich 10Be in der Natur finden müsse, und er sowie Arnold[277] erkannten, daß mit Hilfe von 10Be marine Sedimente datierbar sein müßten. Versuche damit begannen bereits 1957[278]. In der einfachsten Form lassen sich Sedimentationsraten mit dieser Methode analog zur Ionium-Überschußmethode bestimmen:

[GL 186]

wobei a = h/t die Sedimentationsrate ist (h = Tiefe des Sediments unter Meeresboden). Wegen der niedrigen 10Be-Konzentrationen blieben solche Versuche jedoch spärlich und auf Materialien mit relativ hohen Be-Konzentrationen beschränkt. Selbst das Wachstum von Mn-Knollen hat man versucht, durch 10Be zu datieren, z.B. wie Abbildung 130 zeigt, auch durch eine Kombination von 10Be mit 26Al[279] nach der Gleichung:

[GL 187]

ABBILDUNG 130 Linkes Diagramm: Zerfallsrate von kosmogenem 10Be und 26Al in einer Man-ganknolle aus dem Tuamotu-Archipel im Pazifik. Aus den Steigungen der Abklingkurven errechnen sich Wachstumsgeschwindigkeiten von 2.8±0.6mm/Ma (10Be) bzw. 2.3±1.0mm/Ma (26Al). Rechtes Diagramm: Hypothetische Abklingkurve für das Verhältnis 10Be/26Al in derselben Man-ganknolle. Aus der Steigung errechnet sich eine Wachstumsrate von ≈2mm pro Ma

Diese Kopplung zweier kosmogener Radionuklide hat den Vorteil, daß Fluktuationen ihrer Produktionsraten – die einander parallel verlaufen sollten – eliminiert werden. 26Al wird in der Atmosphäre durch Spallation von Ar gebildet. Da Ar in der Atmosphäre viel seltener ist als N2 und O2, liegt die Produktionsrate von 26Al auch erheblich unter derjenigen von 10Be, nämlich bei nur ≈4×10-3. Führt man in diese Gleichung wieder die Beziehung a = h/t ein und logarithmiert, dann ergibt sich:

ln ln10 10Be Be0= −

λha

26 26AlBe

AlBe

Al Be10 10

0

=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟− −( )e tλ λ

λ λAl Be− = × − × = ×− − −0 968 10 0 462 10 0 506 106 6 6. . .

26 26AlBe

AlBe10 10

0

0 506 10 6

=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟− × −

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0 5 10 15 20 25Tiefe in mm

Tiefe in mm

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172

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 188]

Aus der Steigung läßt sich dann eine Wachstumsrate von ≈2 mm/Ma errechnen mit einem initialen (26Al/10Be)0-Verhältnis von 0.0115, während die Einzelauswertungen Wachstums-raten von ≈2.8±0.6 (10Be) bzw. 2.3±1.0 (26Al) mm pro Ma ergaben.

In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre wurde die Methode der Beschleuniger-Massenspek-trometrie entwickelt (z.B. Übersichtsartikel [280]), mit der inzwischen noch Mengen von 106 Atomen 10Be bei Verhältnissen von 10Be/9Be≈10-14 gemessen werden können[274]. Aller-dings hält diese Methode in Bezug auf ihre Genauigkeit keinen Vergleich mit konventio-neller Massenspektrometrie aus (mit der man 10Be/9Be-Verhältnisse jedoch gar nicht mes-sen könnte). Bei den niedrigen 10Be-Gehalten von Vulkaniten sind allenfalls Werte zu erhalten, die auf ±10% genau sind.

ABBILDUNG 131 Subduktionszonenvulkanite und verschiedene Basalttypen ohne 10Be

Mit Hilfe dieser Technik sind seit den 1980er Jahren Sedimente und Magmatite intensiv analysiert worden. Rezente Tiefseesedimente scheinen nach diesen Untersuchungen mitt-lere 10Be-Konzentrationen von (5.7±3.2)×109 Atomen pro Gramm Gestein aufzuweisen[281], etwa eine Zehnerpotenz mehr als fluviatile Sedimente oder Böden, was sicherlich auf die

ln ln

.26 26AlBe

AlBe10 10

0

60 506 10⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟−

× ×− ha

0 1 2 3×106 Atome 10Be

pro g Gestein×106 Atome 10Be

pro g Gestein

0 1 2 3

Marianen

Halmahera

Sunda

Subduktionszonenohne 10Be

MORB

Ozeaninsel-basalteFlutbasalte(Columbia River)

diverse Basalteohne 10Be

173

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Kosmogene Radionuklide

langsame Sedimentationsgeschwindigkeit in der Tiefsee zurückzuführen ist und damit die Möglichkeit, 10Be aus dem Seewasser zu extrahieren und adsorbieren oder einzubauen. Basaltgläsern mittelozeanischer Rücken fehlen signifikante Mengen an 10Be; dadurch kann ausgeschlossen werden, daß die Basaltschmelzen bei ihrer Extrusion am Meeresboden grö-ßere Mengen an Sedimenten assimiliert haben[282].

ABBILDUNG 132 Subduktionszonenvulkanite mit 10Be

Aufsehen erregt haben seit den frühen 1980er Jahren 10Be-Untersu-chungen von Vulkani-ten in Subduktionszo-nen. In Abbildungen 131 und 132 sind die Er-gebnisse solcher Unter-suchungen an Vulkani-ten unterschiedlicher geotektonischer Stellung in Histogrammform auf-getragen[274]. Danach er-gibt sich, daß Basalte der mit te lozeanischen Rücken, Ozeaninseln und kontinentale Flut-basalte 10Be-Konzentra-tionen von <106 Ato-men/g Geste in aufweisen. Ähnl ich niedrige Gehalte wurden auch in Subduktionszo-nenbasalten hinter dem Sunda-Graben oder Marianengraben gemessen. Andererseits gibt es in den Alëuten und in Mittelamerika zahlreiche Basalte und Andesite mit 10Be-Gehalten, die um eine Größenordnung oder mehr darüber liegen. – Woran liegt das? Eine in-situ-Pro-duktion von 10Be durch freie Neutronen oder α-Partikel durch Reaktionen wie einleitend erwähnt, ist sicherlich auszuschließen. Auch Abhängigkeiten vom Alterationsgrad der Vul-

×106 Atome 10Be pro g Gestein

Subduktionszonen mit 10Be

0 5 10 15 23 25

Japan

Mittelamerika

Alëuten

Peru

Be in Laven von Bogoslof (Alëuten)

Eruption von 1796

Eruption von 1927

0 1 2 39Be [ppm]

10

Be

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6 A

tom

e p

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)

4

8

12

16

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0

1796–Hbl

1796–Cpx

1796–Grundmasse

1796–Pl

1796–Mt

1796–Gesamt

1927–Grundmasse

1927–Gesamt 1

1927–Gesamt 2

1927–Cpx

1927–Pl

1927–Mt

ABBILDUNG 133 Korrelation zwischen natürlichem Be und kosmo-genem 10Be in Laven der Alëuteninsel Bogoslof

174

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A. Radiogene Isotopensysteme

kanite, die durch Aufnahme von 10Be aus Seewasser oder Regen hätten erklärt werden kön-nen, waren nicht zu erkennen. Daher bleibt nur eine Möglichkeit übrig, um das 10Be zu be-ziehen, nämlich marine Sedimente, da nur sie dieses Nuklid in ausreichend hohen Konzentrationen enthalten. Fraglich ist allerdings der Zeitpunkt der Inkorporation von Se-diment; zum einen könnten Sedimente in den Subduktionsprozeß mit einbezogen werden, zum anderen Sedimente beim Aufstieg der Magmen in die Magmenkammern geraten und aufgeschmolzen werden. Aus Subduktionszonenvulkaniten analysierte Einsprenglinge wiesen ebensolche Überschüsse an 10Be auf wie die Vulkanite selbst[274]; wenn 10Be wäh-rend des Magmenaufstiegs in die Magmenkammern geraten ist, muß dies während eines Stadiums vor der Kristallisation der Einsprenglinge geschehen sein, was zwar nicht auszu-schließen ist, andererseits aber auch nicht übermäßig plausibel erscheint. Außerdem wurde in einem detailliert analysierten Vulkanit gefunden, daß in Gesamtgestein und Einspreng-lingen eine gute Korrelation zwischen 10Be und 9Be besteht, was anzeigt, daß beide Isotope gut durchmischt sind, so daß das 10Be nicht erst nach der Kristallisation der Einsprenglinge in das Magma geraten sein kann[283] (siehe Abbildung 133). Die bevorzugte Vorstellung ist daher die, daß das 10Be aus subduzierten Sedimenten stammt, auch wenn Assimilation von Sedimenten in Magmenkammern nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Diese Erkenntnis hat den Streit (fast) entschieden, ob Sedimente subduzierbar sind oder nicht (Abbildung 134[284]). Auf Grund ihrer geringen Dichte schien das nicht wahr-scheinlich, zumal nicht für die oberste Schicht, die auf Grund ihres jungen Alters als 10Be-Quelle erforderlich ist, sondern es schien wahrscheinlicher, daß sie von der subduzierten Platte „abgekratzt“ wird. Andererseits haben Subduktionszonenvulkanite oft einige Cha-rakteristika, die sich ohne Sedimentbeimischung nur schlecht erklären lassen; dazu gehö-ren vor allem hohe Ba/La-Verhältnisse und radiogene Pb- und Sr-Isotopenzusammenset-zungen; sie sind jedoch in verschiedenen Subduktionszonen unterschiedlich ausgeprägt.

ABBILDUNG 134 Die pazifische Platte wird unter den Alëutenbogen subduziert. Dabei wer-den Sedimente in die Subduktion mit einbezogen.

Wenn das 10Be tatsächlich aus subduzierten Sedimenten stammt, dann ergeben sich wich-tige Implikationen nicht nur für die geochemische Entwicklung von Kruste und Erdman-tel, sondern auch für die Dynamik der Subduktion. Marine Sedimente haben 10Be-Gehalte ≈103-mal so hoch wie Subduktionszonenmagmen der Alëuten oder Zentralamerikas. Wenn man einen Sedimentkomponente von <10% in den Basalten und Andesiten annimmt, dann verbleibt als Zeitspanne zwischen Subduktion und Magmenförderung ein Zeitraum

BogoslofAlëuten-graben

100km

200km

300km

Asthenosphäre

Asthenosphäre

Eklogit

1.5–3 cm/a

Lithosphäre6.5 cm/a

260 km

175

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Kosmogene Radionuklide

von nicht mehr als ≈107a. Realistische Modellrechnungen haben gezeigt, daß der Sedi-mentanteil in Vulkaniten der Alëuten sehr gering sein kann (<1%), um die gemessenen Konzentrationen an 10Be zu erklären[285]. Dabei hat sich auch – überraschenderweise – gezeigt, daß Be sich bei Prozessen der partiellen Aufschmelzung von Erdmantel und der Fraktionierung basischer Schmelzen als inkompatibles Element verhält, das stark dem Ver-halten des Nd ähnelt.

Seit ca. 1990 wird 10Be, das in situ in Mineralen am Erdboden durch Neutronen und Myo-nen erzeugt wird, mit Erfolg benutzt, um geomorphologische Prozesse (die Gestaltung der Erdoberfläche durch Abtragung) quantitativ zu verstehen[260]. Zusammen mit der Anwen-dung der Spaltspurenchronologie und anderer Methoden der Tieftemperaturthermochro-nologie zur Aufklärung der Exhumierung von Gebirgen bietet sich hier Geowissenschaft-lern ein reiches Betätigungsfeld, beschränkt jedoch durch die aufwendige analytische Methodik der Beschleuniger-Massenspektrometrie[273] (siehe auch Kapitel 15.4, Seite 185). Als am besten geeignetes Mineral für derartige Untersuchungen hat sich Quarz erwiesen wegen seiner Beständigkeit gegenüber der Verwitterung, seiner weiten Verbreitung, seiner einfachen chemischen Zusammensetzung und Reinheit sowie seines guten Speicherver-mögens für die in ihm gebildeten kosmogenen Radionuklide, oft in Kombination mit 26Al[287]. Die in situ an der Erdoberfläche gebildete Menge an 10Be ist sehr gering (≈ 5 – 5.5 Atome pro Jahr und Gramm Quarz auf Meereshöhe, aber etwa das Zehnfache in 3 km Höhe[288]) im Vergleich zum in der Atmosphäre gebildeten 10Be (≈106 Atome pro cm2 und Jahr, die aus der Atmosphäre an die Erdoberfläche gelangen können[273]). Oft liegen für eine Analyse nur einige 1000 Atome an in situ gebildetem 10Be und ≈104 Atom 26Al je Gramm Quarz vor, so daß große Mengen (10er Gramm) verwendet werden müssen, die sehr sorgfältig durch Ätzen von dem in der Atmosphäre entstandenen 10Be und 26Al zu trennen sind, das oberflächlich am Quarz oder an Rissen adsorbiert ist[287].

Die Strahlungsdichte der hochenergetischen sekundären Partikel der kosmischen Strah-lung verringert sich durch die Wechselwirkung mit Materie an der Erdoberfläche exponen-tiell mit der Tiefe. Die Neutronendichte geht schon nach ca. 4m auf vernachlässigbar geringe Werte zurück*; in Tiefen unterhalb von ca. 3m dominiert beim 10Be die Produktion durch Myonen, die wesentlich weniger stark mit Materie wechselwirken als Nukleonen (Neutronen und Protonen); die gesamte 10Be-Produktionsrate ist hier bereits auf wenige Prozent der Oberflächenproduktionsrate gesunken[287]. In einem Target (Mineral, Gestein) wird die durch Nukleonen ausgelöste Produktionsrate P(x) [Atome pro Gramm und Jahr] eines kosmogenen Radionuklids mit der Tiefe exponentiell sinken[260]

P(x) = P(0) × e-ρx/Λ [GL 189]

Darin steht x für die Tiefe [cm], ρ für die Dichte des Materials [g/cm3] und Λ für die mittlere freie Weglänge des Nukleons [g/cm2] und P(0) für die Produktionsrate an der Oberfläche. Für Gesteine liegt Λ bei Werten von 150 g/cm2 (ähnlich wie für die Atmosphäre). In einem Gestein der Dichte 2.5 g/cm3 würde demnach die Produktionsrate in einer Tiefe von 60 cm auf einen Wert von 0.368 (1/e) sinken, in 120 cm Tiefe auf 0.135 (1/e2). Bei der Rekonstruk-tion der Landschaftsgeschichte geht man im einfachsten Fall davon aus, daß sich die Denudation (Abtragung durch physikalische und chemische Verwitterung) mit konstanter Geschwindigkeit über lange Zeit vollzieht. Gesteine, die ursprünglich in der Tiefe lagen und damit dem Einfluß der kosmischen Strahlung entzogen, geraten ständig näher zur Oberfläche; dabei nimmt die Intensität der Partikelstrahlung kontinuierlich zu und damit die Produktionsrate kosmogener Radionuklide. Die Gleichgewichtskonzentration eines kosmogenen Radionuklids an der Oberfläche N(0) [Atome/g] berechnet sich zu

* Das gilt nur für die schnellen Neutronen. Die Absorption von thermischen Neutronen, die von Atomkernen eingefangen werden, ist komplizierter.

176

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 190]

mit λ = Zerfallskonstante des kosmogenen Radionuklids [a-1] und ε = Denudationsrate [cm/a]. Sie wird also bestimmt durch die Produktion durch kosmische Strahlung und den Ver-lust durch radioaktiven Zerfall und Denudation an der Erdoberfläche. Der Quotient Λ/ρ ist ein Maß für die Absorptionstiefe der Nukleonen im Target (Tiefe, in welcher die Produkti-onsrate auf 1/e gesunken ist. Bei bekannten Produktionsraten P(0) kann GL 190 zur Abschätzung der Denudationsgeschwindigkeit ε benutzt werden, nachdem N(0) gemes-sen worden ist. Wenn eine Landoberfläche vor relativ kurzer Zeit t rasch freigelegt wurde (z.B. durch einen Bergsturz[289], den Rückzug eines Gletschers[290] oder den Impakt eines Meteoriten[291]), ist das Gleichgewicht von Produktion und Zerfall des kosmogenen Radio-nuklids, das durch GL 190 beschrieben wird, noch nicht erreicht, und die Gleichung ist zu modifizieren:

[GL 191]

Wenn t in der Größenordnung der Halbwertszeit des kosmogenen Radionuklids liegt (bei hohen Denudationsraten, das sind mindestens einige Zentimeter pro 1000 Jahre, auch bereits erheblich darunter), wird e-(λ+ρε/Λ)t typischerweise klein, und GL 191 geht gegen GL 190. Solange t unbekannt ist, hat man in GL 191 mit t und ε zwei Unbekannte. In diesem Fall führt die Kombination von zwei kosmogenen Radionukliden zu einem besseren Ergeb-nis. Außerdem ist das Verhältnis zweier kosmogener Radionuklide nicht abhängig von der Höhe über dem Meeresspiegel und der geographischen Breite, die beide die Intensität der kosmischen Strahlung bestimmen. In der Regel wird 26Al als zweites Nuklid verwandt, wie bereits früher in diesem Kapitel beschrieben:

[GL 192]

Für große Bestrahlungsalter t vereinfacht sich diese Gleichung analog GL 190 zu:

[GL 193]

Für große Denudationsraten ε wird λ klein gegen ρε/Λ, und das Verhältnis der beiden kos-mogenen Radionuklide an der Oberfläche entspricht ihrem Produktionsverhältnis, für wel-ches ein Wert von 6.1 abgeleitet wurde[290]:

[GL 194]

Der andere Extremfall ergibt sich aus GL 192, wenn die Denudationsrate ε gegen 0 geht:

[GL 195]

Wenn dann noch die Bestrahlungsdauer t einige Halbwertszeiten des 10Be groß ist, verein-facht sich diese Gleichung weiter:

NP

( )( )

/0

0=+λ ρε Λ

NP e t

( )( )

//

00 1=

+⎛⎝⎜

⎞⎠⎟− − +( )

λ ρελ ρε

ΛΛ

NN

P

P( )( )

( ) /

( ) /00

0

026

10

26 10

10 26=

+( )+

λ ρ ελ ρ ε

ΛΛ(( )

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⎛⎝⎜

− +

− +

( )

( )

1

1

26

10

e

e

t

t

λ ρ ε

λ ρ ε

/

/

Λ

Λ⎠⎠⎟

NN

P

P( )( )

( ) /

( ) /00

0

026

10

26 10

10 26=

+( )+

λ ρ ελ ρ ε

ΛΛ(( )

NN

PP

( )( )

( )( )

00

00

26

10

26

10=

NN

PP

e t( )( )

( )( )

00

00

26

10

26 10

10 26

1

1

26

=( )−

−λλ

λ

ee t−( )λ10

177

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Kosmogene Radionuklide

[GL 196]

Mit der Produktionsrate P(0)26/P(0)10 = 6.1 errechnet man daraus ein minimal mögliches Verhältnis von ≈2.9. Ergebnisse von Modellrechnungen der Variation des 26Al/10Be-Ver-hältnisses als Funktion von 10Be sind in Abbildung 135 dargestellt.

ABBILDUNG 135 Produktionsverhältnis von 26Al/10Be als Funktion des auf Meereshöhe und hohe Breiten normierten 10Be-Gehaltes[288]; für P(0)10 wurde 6 angesetzt, für P(0)26/P(0)10 ein Wert von 6.1. Die untere begrenzende Kurve entspricht dem Fall großer Bestrahlungsalter (GL 193), die obere Kurve dem Fall einer Denudationsrate von 0 (GL 195). Das maximal mögliche Verhältnis von 26Al/10Be wird aus GL 194 zu 6.1 errechnet, das minimale aus GL 196 zu 2.88. Außerdem sind nach GL 192 drei Kurven aufgetragen für Denudationsraten ε von 0.00001, 0.0001 und 0.001 cm/a). Man erkennt, daß diese Kurven auf der Kurve für große Bestrahlungsalter beginnen und auf derjenigen für eine Denudationsrate von 0 enden. Datenpaare, die ins Feld unterhalb oder links der Begrenzungskurve für große Bestrahlungsalter fallen, deuten darauf hin, daß die Bedingungen der Modellrechnung nicht gegeben waren, insbe-sondere auf eine zusätzliche zweitweise Abschirmung der Probenoberfläche, z.B. durch Eis. Datenpaare oberhalb oder rechts der oberen begrenzenden Kurve sind schwer interpretierbar und sollten nicht auftreten.

Wegen der starken Abhängigkeit der Produktionsraten von der Höhe und der nicht ver-nachlässigbaren Abhängigkeit von der geographischen Breite werden die gemessenen Kon-zentrationen an kosmischen Radionukliden auf Meeresniveau und hohe Breitengrade (≥60°) normiert, um sie vergleichbar zu machen. Die Höhenabhängigkeit des Luftdrucks p(z) kann berechnet werden nach[292]:

NN

PP

( )( )

( )( )

00

00

26

10

26 10

10 26=

λλ

107 a

107 a

106 a

106 a

106 a, 107 a105 a

108107106105104103102

NBe-10

NA

l-26

/NBe

-10

2

3

4

5

6

7

ε = 10-1 cm/a 10-2 cm/a10-3 cm/a

10-4 cm/a

10-5 cm/a

10-6 cm/a

t = 102 a 103 a 104 a105 a

106 a

107 a

ε = 0.00001 cm/a

ε = 0.0001 cm/a

ε = 0.001 cm/a

178

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A. Radiogene Isotopensysteme

[GL 197]

Darin steht z für die Höhe über dem Meeresspiegel [m], ps für den Luftdruck in Meereshöhe [1013.25 hPa = 1033.2 g/cm-2], Ts für die Temperatur in Meeresniveau [288.15 K]; ξ korri-giert die adiabatische Temperaturzunahme mit (abnehmender) Höhe. M steht für das Mol-gewicht von Luft, g für die (mittlere) Schwerebeschleunigung und R für die Gaskonstante. Das ergibt für (gM/R)

In der Antarktis sind die Drücke in Meereshöhe um 20 – 40 hPa niedriger als anderswo; hier gilt näherungsweise[292]:

pAnt(z) = 989.1×exp(-z/7588) [GL 198]

Die Umrechnung der Konzentration an kosmogenen Radionukliden, die durch Nukleo-nenbestrahlung produziert werden (Spallation), auf Meeresniveau und hohe Breiten ergibt sich durch Division der gemessenen Konzentration durch Sφ(P), wobei φ für den Breiten-grad steht (oder durch Multiplikation der Produktionsrate für Meereshöhe und hohe Brei-ten mit Sφ(P)):

[GL 199]

mit den in Tabelle 14 angegebenen Koeffizienten a, b, c, d und e. Für p ist der nach GL 197aus der Höhe errechnete Druck p(z) einzusetzen. Diese Gleichung ist bis in ca. 6000m Höhe gültig. Für die Variation der Produktionsraten in Abhängigkeit von der Breite errechnet man Unterschiede zwischen knapp einem Faktor 2 (auf Meeresniveau) und einem Faktor 3 (in 6000m Höhe). Der Unterschied in den Produktionsraten auf Meereshöhe und in 6000m Höhe macht rund das 30fache (am Äquator) bzw. das 50fache (in hohen Breiten) aus.

Die Produktionsraten an kosmogenen Radionukliden, die durch negative Myonen verur-sacht werden, sind weniger höhenabhängig (≈ eine Zehnerpotenz zwischen 0 und 6000m):

[GL 200]

mit Mφ,1013.25 wie in der letzten Spalte von Tabelle 14 angegeben. Die Gesamtmenge an kos-mogenen Radionukliden wird durch Spallation und durch Myoneneinfang erzeugt:

TABELLE 14: Koeffizienten für GL 199 als Funktion der geographischen Breite[292]

Breite � a b c d e M�,1013.25

0 31.8518 250.3193 -0.083393 7.4260E-05 -2.2397E-08 0.587

10 34.3699 258.4759 -0.089807 7.9457E-05 -2.3697E-08 0.600

20 40.3153 308.9894 -0.106248 9.4508E-05 -2.8234E-08 0.678

30 42.0983 512.6857 -0.120551 1.1752E-04 -3.8809E-08 0.833

40 56.7733 649.1343 -0.160859 1.5463E-04 -5.0330E-08 0.933

50 69.0720 832.4566 -0.199252 1.9391E-04 -6.3653E-08 1.000

≥60 71.8733 863.1927 -0.207069 2.0127E-04 -6.6043E-08 1.000

p z pg MR

T T zs s s( ) exp ln ln= − − −( )⎡⎣ ⎤⎦⎧⎨⎩

⎫⎬⎭ξ

ξ

g MR

= × =( ) ×9 81 0 02896

8 31450 03417

. ..

.m/s kg/Mol2 (( )

=

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

kg m

s K Mol

Km2

2

S p a b p c p d p e pφ ( ) exp /= + −( ) + + +150 2 3

M p M pφ φ( ) exp ( . ) /, .= −[ ]1013 25 1013 25 242

179

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Kosmogene Radionuklide

[GL 201]

wobei fsp für den relativen Anteil steht, der durch Spallation gebildet wird. Für 10Be und 26Al in Quarz können die Werte 0.844 bzw. 0.826 verwendet werden[292]. Andere Autoren gelangen allerdings zu etwas höheren Anteilen für die Produktion durch Myonen[293].

GL 190 und GL 193 können zur Abschätzung der Denudationsrate durch Analyse von Sedi-menten in Ablagerungsgebieten verwendet werden[287]. Im günstigsten Fall – z.B. wenn die Denudationsrate im Einzugsgebiet zeitlich und räumlich uniform ist, wenn das Sedimen-tationsalter klein ist gegen die Dauer der Denudation, und wenn ρ ε /Λ > λ – erhält man dadurch einen Mittelwert für das ganze Einzugsgebiet, aus dem diese Sedimente stammen. Auf diese Weise konnten für das Einzugsgebiet der Wutach im Südschwarzwald z.B. Denu-dationsraten von einigen Zentimetern pro Jahrtausend abgeleitet werden[294]; in jungen Hochgebirgen können die Werte dagegen eine Zehnerpotenz höher sein[287].

15.3 Kosmogene Radionuklide in der KosmochemieDie Hauptanwendung der kosmogenen Radionuklide in der Kosmochemie ist die der Bestimmung von „Bestrahlungsaltern“ von Meteoriten (oder der Mondoberfläche). Die Meteorite werden als Bruchstücke größerer Körper interpretiert, insbes. der Asteroide im Asteroidengürtel unseres Sonnensystems. Einige Meteorite stammen sehr wahrscheinlich vom Mond; für andere (die SNC-Meteorite) wird sogar eine Herkunft vom Mars diskutiert. Bevor die Meteoroide als Meteorite auf die Erde fielen, waren sie unterschiedlich lange Zei-ten dem ungeschützten Bombardement durch die kosmische Strahlung ausgesetzt, weil sie weder über eine abschirmende Atmosphäre noch über ein Magnetfeld verfügen. Beim Durchfallen der Atmosphäre können die Meteorite durch Ablation einen wesentlichen Teil ihrer Masse einbüßen – mehrere Dezimeter große Körper typischerweise einige Zentimeter. Die kosmogenen Radionuklide, die man in dem auf die Erdoberfläche auftreffenden Kör-per, also dem Meteoriten, findet, stammen daher aus dem Innern des Meteoroiden und sind vor allem durch den hochenergetischen Teil der kosmischen Strahlung, also die galak-tische Komponente, erzeugt worden. Als grobes Maß für die Eindringtiefe der Nukleonen der kosmischen Strahlung in einen Meteoroiden kann man sich 1 – 2m merken.

Durch Messung der Gehalte an kosmogenen Radionukliden lassen sich zwei Arten von Altern bestimmen, nämlich das Bestrahlungsalter, also die Zeit zwischen der Loslösung der Meteoroide von ihrem Mutterkörper und dem Fall auf die Erde, sowie das terrestrischeAlter, also die Zeit zwischen ihrem Fall und dem Fund bzw. der Analyse.

Die Produktionsrate Ps eines Spallationsnuklids läßt sich unter Annahme einer kugelförmi-gen Gestalt des Meteoriten aus der Aktivierungsgleichung errechnen (übernommen aus [295]):

[GL 202]

mit i = Targetnuklid

j = Teilchenart

Ni = Anzahl der Targetnuklide

σij = Wirkungsquerschnitt der Reaktion

Φj = Teilchenfluß am Probenort

E = Teilchenenergie

R = Radius des Meteoriten

d = Abschirmtiefe (unter Meteoritenoberfläche) des Targetnuklids.

F p f S p f M psp spφ φ φ( ) ( ) ( )= + −( )1

P R d N E E R d dEs i ij jE

ji

, , ,( ) = ( ) ( )=

∞∫∑∑ σ Φ

0

180

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A. Radiogene Isotopensysteme

Die Summierung über i erfolgt, weil ein Radionuklid aus mehreren Targetkernen entstehen kann, und die Summierung über j, weil mehrere Teilchenarten das Radionuklid produzie-ren können. Aus dieser Formel geht hervor, daß die Produktionsraten von einer Reihe von Faktoren abhängen, z.B. von der Art und Energieverteilung des erzeugenden Teilchens der kosmischen Strahlung, der Zusammensetzung des Meteoriten, von der Intensität der kos-mischen Strahlung am Ort der Meteoroidenflugbahn oder der Bestrahlungsgeometrie.

Die Intensität der kosmischen Strahlung scheint in den letzten ≈109a innerhalb eines Fak-tors 2 konstant gewesen zu sein (zitiert bei [259]). Die Bestrahlungsalter der Meteorite machen jedoch nur einen Bruchteil dieser Zeitspanne aus. Nimmt man daher konstante Bestrahlungsbedingungen für die Meteoroide an, dann läßt sich die induzierte Aktivität

eines kosmogenen Radionuklids berechnen nach

[GL 203]

wobei trad das Bestrahlungsalter ist und Asat die Sättigungsaktivität, die sich einstellt, wenn der Meteoroid einige Halbwertszeiten des betrachteten kosmogenen Radionuklids lang der kosmischen Strahlung ausgesetzt war. In diesem letztgenannten Fall läßt sich natürlich kein Bestrahlungsalter mehr berechnen. Prinzipiell ist Asat bei bekannter Produktionsrate zu errechnen. Wenn das Bestrahlungsalter in der Größenordnung der Halbwertszeit des kosmogenen Radionuklids liegt, läßt es sich aus der obigen Gleichung leicht ermitteln zu

ABBILDUNG 136 Die 53Mn-Sättigungsaktivitäten von Steinmeteoriten geben Hinweise auf ihr Bestrahlungsalter.

Die Bestrahlungsalter werden in der Regel mit Hilfe langlebiger kosmogener Radionuklide errechnet, z.B. 10Be, 26Al oder 53Mn. Auch die Kombination von 2 Radionukliden, z.B. 53Mn und 26Al ist vorteilhaft anwendbar. Dafür ergibt sich die Bestimmungsgleichung:

Atrad

A R d A R d et sat

trad

rad, ,( ) = ( ) × −( )−1 λ

t

A

Aradt

sat

rad= − −⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟1

ln

ein Quadratrepräsentiertjeweils einen

Meteoriten

53Mn-Sättigungsaktivität [dpm/kg Fe] von Steinmeteoriten0 250 500 750

181

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Kosmogene Radionuklide

[GL 204]

Da hier das Verhältnis zweier kosmogener Radio-nuklide eingeht, ist diese Gleichung nur wenig emp-findlich gegenüber tiefen-abhängigen Variationen der Produkt ionsraten. 53Mn wird fast ausschließ-lich durch Spallation von Fe gebildet, 26Al aus Al und Si[295] und 10Be aus O und/ oder Mg und/oder Si[295]. Da verschiedene Meteorite aus ein- und derselben Klasse sich in ihrem Che-mismus meist nur wenig unterscheiden, hat man für diese Klassen Sättigungsak-tivitäten für einige kosmo-gene Radionuklide ableiten können. Abbildung 136zeigt 53Mn-Sättigungsakti-vitäten für eine ganze Reihe von Steinmeteoriten (zusammengestellt von [295]). Selbst innerhalb dieser diversen Gruppe schwanken die Asat-Werte nur relativ wenig; und selbst ohne weitere Aufgliederung in Klassen sollte man mit Hilfe eines aus dem Histogramm abgeleiteten Mittelwertes das 53Mn-Bestrahlungsalter auf einen Faktor ≈2 genau bestim-men können. Unwägbarkeiten der Bestimmung ergeben sich aus der Variation der solaren Komponente der kosmischen Strahlung entlang der Umlaufbahn des Meteoroiden. Von ihr hängen die Produktionsraten der kosmischen Radionuklide zum Glück nicht entschei-dend ab, weil ihre Eindringtiefe in den Körper infolge ihrer vergleichsweise niedrigen Ener-gie gering ist.

Daneben gibt es auch die Mög-lichkeit, Bestrahlungsalter mit-tels stabiler kosmogen entstan-dener Nuklide zu ermitteln. Wichtig dabei ist, daß es sich dabe i um Nukl ide von Elementen (mit mehreren sta-bilen Isotopen) handelt, die in den Meteoriten nur in sehr niedrigen Konzentrationen vorliegen, so daß sich massen-spektrometrisch große Ver-schiebungen der Isotopenzu-sammensetzung messen lassen. Solche Elemente sind vor allen Dingen die Edelgase mit den Nukliden 3He (natürli-che Häufigkeit 0.000137%), 21Ne (0.257% – entsteht durch

53

26

53

26MnAl

MnAl

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟× − −

rad sat

te rad1 53λ

11 26− −e tradλ

1086420trad/t1/2 bzw. tter/t1/2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

A/A

sat

e-λtter

1 – e-λtrad

ABBILDUNG 137 Exponentialfunktionen zur Beschreibung desAnstiegs der Aktivität mit der Bestrahlungszeit und ihres Abklin-gens mit der Verweilzeit auf der Erde

ABBILDUNG 138 Da die Bestrahlungsalter der meisten Me-teorite einige Millionen Jahre betragen, liegt die Aktivität von10Be in der Sättigungsaktivität.

10 20 30 40 50

10

20

30

21Ne-Bestrahlungsalter [106a]

10B

e-Pr

oduk

tion

srat

e[d

pm

/kg]

Korrelation zwischen10Be- Produktionsraten und

21Ne- Bestrahlungsaltern für L- und H-Chondrite

182

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A. Radiogene Isotopensysteme

Spallation aus Mg, Si, Al und Na) und 38Ar (0.063%). Die Konzentration c solcher stabiler kosmogener Nuklide steigt in den Meteoroiden linear mit der Bestrahlungsdauer an:

c = Ps × trad [GL 205]

ABBILDUNG 139 Verteilung der Bestrahlungsalter (vorwiegend 22Ne/21Ne) von H-Chondriten

Mit dem Fall des Meteoriten auf die Erde endet die Produktion, und die Isotopenverhält-nisse von z.B. 22Ne/21Ne ändern sich nicht mehr. Demgegenüber klingt die induzierte Akti-vität der kosmogenen Radionuklide aber nach dem Fall der Meteorite ab. Die terrestrischen Alter tter der Meteorite lassen sich daher prinzipiell ebenfalls errechnen, und zwar als:

[GL 206]

Zu ihrer Berechnung eignen sich auch kurzlebige kosmogene Radionuklide wie 14C oder 59Ni, da in den meisten Fällen die terrestrischen Alter der Meteorite klein sind gegenüber ihren Bestrahlungsaltern. In Abbildung 137 sind und gegen den Fak-tor t/t1/2 aufgetragen. Bei der Bestrahlung ist die Sättigungsaktivität bereits nach ≈5 Halb-wertszeiten erreicht. Abbildung 138 zeigt die Ergebnisse einer Korrelation von 10Be-Produk-tionsraten mit 21Ne-Bestrahlungsaltern[296]. Wie sich erkennen läßt – und wie wohl auch zu erwarten war, liegt in Meteoriten mit Ne-Bestrahlungsaltern >10 Ma das 10Be in der Sätti-gungsaktivität vor.

Abbildung 139 und Abbildung 140 zeigen Bestrahlungsalter von Edelgasen, vorwiegend auf der Basis von 22Ne/21Ne berechnet (nach Angaben in[259]). Auffallend ist das Maximum für die H-Chondrite, eine Klasse reduzierter (hohes Fe0/∑Fe) Chondrite, bei ≈5 Ma, was als Auseinanderbrechen ihres Mutterkörpers zu jener Zeit interpretiert wird. Die übrigen Typen zeigen nur schwach ausgebildete oder gar keine Maxima.

Bestrahlungsalter [Ma]0 10 20 30 40 50 60

H-Chondrite

0

10

20

30

40

Anz

ahl

A A e tA

At satt

tersat

tter

ter

ter

= × ⇒ =⎛

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟

− λ

λ1

ln

A At satrad

A At satter

183

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Kosmogene Radionuklide

Die terrestrischen Alter kön-nen z.T. recht hoch sein in Klimaten, in denen die Ver-witterungsvorgänge langsam ablaufen. Z.B. können sie in den antarktischen Eisfeldern einige 105a betragen, wäh-rend Steinmeteorite in unse-rem Kl ima berei ts nach ≈102 – 103a zerfallen und dann nicht mehr als Meteo-rite zu erkennen sein wer-den. Eisenmeteorite halten sich auch in unserem Klima länger, da sie an der Oberflä-che eine Art Passivierungs-schicht ausbilden.

Ein etwas überraschender Befund ergibt sich, wenn man Tiefenprofile der kos-mogenen Nuklide mißt, d.h. ihre Produktionsraten in Abhängigkeit von der Posi-tion im Meteoriten. Ein Bei-spiel dafür ist in Abbildung 141 gegeben für 10Be im L5-Chondriten Knyahinya[296].

Danach steigt die 10Be-Produktion von der Oberfläche des Meteoriten bis ≈30cm tief ins Innere hin an, obwohl die Intensität der kosmischen Strahlung in dieser Richtung infolge zunehmender Abschirmung natür-lich stark sinkt. Die Ursache dieses Anstiegs ist darin zu sehen, daß in den obersten Schichten eines Meteo-roiden die Produktion an energierei-chen Sekundärteilchen durch die kos-mische Strahlung zunimmt und deren Abfall überkompensiert und in einer Tiefe von ≈30 – 40 cm in Stein-meteoriten ein Maximum erreicht. Da diese Sekundärteilchen aber auch zur Bildung der kosmogenen Radio-nuklide beitragen, beobachtet man von der Oberfläche bis in Tiefen von 30 – 40 cm charakteristischerweise einen Anstieg der Produktionsraten und erst anschließend ein Abfallen.

0 10 20 30 40

0

10

0

5

1012

Anz

ahl L-Chondrite

0

4

Anz

ahl

0 10 20 30 40

LL-Chondrite

0 10 20 30 40

0

6C-Chondrite

Anz

ahl

Anz

ahl

Achondrite

0 25 50 75 100

Bestrahlungsalter [Ma]

ABBILDUNG 140 Verteilung von Bestrahlungsaltern (vorwie-gend 22Ne/21Ne) von anderen Chondrittypen sowie vonAchondriten

20

22

24

26

28

30

18

¹⁰B

e-P

rod

uktio

nsr

ate

[dp

m/k

g]

Tiefenprofil für ¹⁰Be imL5-Chondriten Knyahinya

0 10 20 30 40Abstand vom Zentrum des Meteoriten [cm]

ABBILDUNG 141 Vielfältig sind die Effekte, die zu denTiefenprofilen der Produktionsraten von kosmogenenRadionukliden in Meteoriten beitragen.

184

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A. Radiogene Isotopensysteme

15.4 Die Beschleuniger-MassenspektrometrieWegen der Bedeutung der Beschleuniger-Massenspektrometrie für die Analyse der kosmo-genen Radionuklide sei sie hier abschließend kurz skizziert (nach Angaben in [295],[297]; für einen ausführlichen Review siehe[298],[299]). Abbildung 142 zeigt die Anordnung an der Rut-gers University/New Brunswick (New Jersey). Ein Strahl positiv geladener Ionen (insbes. von Cs+) erzeugt durch Oberflächenzerstäubung („sputtering“) negative Ionen, z.B. von BeO– oder von Al–. Diese werden mittels einer Zugspannung (z.B. 30 – 50KeV) aus der Ionenquelle extrahiert und auf einen ersten Elektromagneten fokussiert, der die Ionen so ablenkt, daß nur noch die gewünschten Spezies in den Tandem van de Graaff-Beschleuni-ger gelangen. Dort werden die Ionen zunächst auf das in der Mitte des Tanks gelegene „Ter-minal“ hin beschleunigt, das z.B. für BeO–-Messungen auf +4 – +6MV geladen ist. Hier befindet sich ein sogenannter „stripper“ – entweder eine gasgefüllte Zelle oder eine wenige μm dünne C-Folie. Dieser stripper dient dazu, von den mit hoher Energie anfliegenden Ionen (+4 – 6MeV) Elektronen abzustreifen und sie zu positiven Ionen umzuladen. Viele molekulare Isobare werden dabei zerstört. Die positiven Ionen werden dann auf das auf Erdpotential liegende Ende des Tandems beschleunigt, wobei sie je nach Ladungszustand Energien bis zu 30MeV erreichen können (z.B. 22MeV im Fall von Be3+). Anschließend selektiert ein elektrostatischer Analysator Ionen des gewünschten Ladungs- und Energiezu-standes. Die Ionen werden dann im Feld eines zweiten Elektromagneten mit einer Auflö-sung von M/ΔM≈500 nach ihren Massen getrennt und noch störende Ionen durch Aufpral-len auf Schlitze herausgefiltert. Ein „post stripper“ wandelt den größten Teil der Be3+-Ionen in Be4+-Ionen um, aber nur einen kleinen Teil des mit 10Be isobaren 10B3+. Dadurch kann anschließend das störende B abgetrennt werden. In einem abschließenden Detektorsystem werden die Ionen des Radionuklids in einem Teilchendetektor nachgewiesen, der den linearen Energieverlust ΔE und die Restenergie E der eintretenden Ionen mißt. Die im Ver-gleich dazu hohen Ströme der stabilen Isotope werden mit einem gewöhnlichen Faraday-Auffänger gemessen.

ABBILDUNG 142 Skizze der Funktionsweise eines Beschleuniger-Massenspektrometers

NegativeIon Source

BeO–

InflectionMagnet (20°)

Tandem van de Graaff

O2 gas stripperWienFilter

Slits

AnalyzingMagnet (90°)

Be3+

Be4+Detector

Carbon foil post-stripper

Removable slant Au foil

SwitchingMagnet (65°)

SwitchingMagnet (55°)

Mylar Foil

MagneticSpectrograph

ΔE–E–xEDetector

185

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

16.0 Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

Die Edelgase beziehen ihre Bedeutung aus ihrer geringen Häufigkeit in der Erde und ihrem inerten Charakter. Da verschiedene Isotope der Edelgase verschiedenen nuklearen Ursprungs sind, lassen sich mit ihrer Hilfe sowohl Prozesse im frühen Sonnensystem ver-folgen als auch z.B. die Entgasungsgeschichte der Erde einschließlich der Bildung der Atmosphäre. Ausgestorbene Radionuklide sind solche, die im frühen Sonnensystem vor-handen waren, aber infolge ihrer kurzen Halbwertszeiten längst vollständig zerfallen sind. Hinweise auf ihre frühere Existenz liefern Isotopenanomalien des Elementes, dem das Tochternuklid angehört. Ursprünglich eventuell vorhandene Isotopenanomalien sind auf der Erde infolge ihrer komplexen thermischen Geschichte längst verschwunden mit der möglichen Ausnahme der Xe-Isotope, so daß die Beschäftigung mit ausgestorbenen Radio-nukliden weitgehend eine Domäne der Kosmochemiker ist, während alle Edelgase sowohl geo- als auch kosmochemisch von Interesse sind.

16.1 3He/4HeDie terrestrische Variation des Verhältnisses der beiden stabilen He-Isotope 3He und 4He macht gut 4 Zehnerpo-tenzen aus und liegt zwi-schen ≈10-9 in U-Mineralen und 5×10-5 in Basaltlaven von Hot Spots. Das niedrige Verhältnis im erstgenannten Fall ist auf den α-Zerfall des Urans zurückzuführen. Läßt man solche Uranminerale fort, dann macht die Varia-tion aber immer noch 3 Grö-ßenordnungen aus und kann dann, mit wenigen Ausnahmen, durch Mischung von 3 Endkompo-nenten erklärt werden, näm-lich von atmosphärischem Hemit 3He/4He ≈1.4×10-6, radio-genem He (≈10-7) und Erd-mantel-He (≈10-5). Die Isoto-penfraktionierung infolge von thermischer Diffusion sollte bei beiden Isotopen naturgemäß hoch sein; sie sinkt jedoch mit steigender Temperatur und spielt bei Tieftemperaturprozessen sicherlich eine Rolle. Zur Erklärung der terrestrischen He-Isotopenvariation reichen solche Effekte aber nicht aus.

In der Erdatmosphäre ist He mit einer Häufigkeit von 5.24 Vol.ppm vorhanden bei einem 3He/4He-Verhältnis von (1.39±0.01) ×10-6. Als Folge der raschen Durchmischung der Atmo-sphäre (≈10a) ist dieses Isotopenverhältnis global recht konstant, und die Atmosphäre wird daher als bequemer He-Isotopenstandard verwandt und mit RA bezeichnet. Die Residenz-zeit des He in der Erdatmosphäre liegt bei ≈106a, d.h. ein He-Atom entweicht innerhalb dieser Zeit im Durchschnitt in den Weltraum, 3He erheblich rascher als 4He.

10-10

10-9

10-7

10-6

10-5

10-4

10-8

10-10 10-9 10-8 10-7 10-6 10-5

(3He/4He)berechnet

(3 He/

4 He)

gem

esse

n

primordiales He

verarmter Mantel

MORB

Gesteinsarten:saure

intermediäre

basische

Li-Minerale

U-Minerale

ABBILDUNG 143 Variation der He-Isotopien in Gesteinen undMineralen

186

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A. Radiogene Isotopensysteme

Die radiogene Komponente hat ihren Ursprung in U-und Th-reicher Umgebung, d.h. vor allen Dingen in der kontinentalen Erdkruste. Typische R/RA-Verhältnisse liegen bei 0.1 – 0.01 (R = 3He/4He im betrachteten Reservoir). Das 3He dieser Komponente wird auf die Kernreaktion 6Li(n,α)3H→3He zurückgeführt. R/RA-Verhältnisse bis zu ≈9 sind in Spodu-men gefunden worden und Verhältnisse um 10-3 in U-Mineralen. In Abbildung 143 sind berechnete gegen gemessene 3He/4He-Verhältnisse aufgetragen. Die Gerade mit positiver Steigung verbindet 3He/4He-Verhältnisse von U-reichen Mineralen mit Li-reichen[300]

(etwas U muß natürlich zur Produktion von Neutronen vorhanden sein) Mineralen.

Helium mit R/RA>1 (bis >30) findet sich in Basaltgläsern verschiedener geotektonischer Umgebung (MORB, Subduktionszonen, Ozeaninseln) und auch in geothermisch aktiven Gebieten oder kontinentalen Hot Spots. Hohes R/RA scheint daher eine Signatur des Erd-mantels zu sein, der arm an den α-Strahlern U und Th ist. Das 3He dieser Komponente wird meist als primordiale Komponente angesehen, welche bei der Akkretion der Erde eingebaut wurde. Alternativ könnte es sich um alte (archaische) subduzierte Ozeankruste handeln, deren hohes 3He/4He geringen U- und Th-Gehalten zuzuschreiben ist, durch welche die He-Isotope nahezu eingefroren bleibt[301].

ABBILDUNG 144 He-Isotope und 3He/Ne-Verhältnisse terrestrischer und anderer Materialien

Wie Abbildung 144 zeigt[302], haben MORB ein ziemlich konstantes R/RA von ≈8 – 9 (bei weiter 3He/Ne-Variation), während ozeanische Hot Spots wie Hawaii ein noch höheres R/RA aufweisen (aber auch eine größere Variation, die in der Skizze nicht voll erfaßt ist), was damit erklärt wird, daß sie tiefere Mantelniveaus beproben als MORB. Island, das auf dem Mittelatlantischen Rücken und zugleich über einem Hotspot sitzt, zeigt in seinen Basalten R/RA-Werte, die von MORB-Verhältnissen bis zu typischen Plume-Werten von ≈30 rei-chen[303]. Reines primordiales He mag durch den Sonnenwind oder die primordialen Edel-gase in Meteoriten gegeben sein. Das zeigt an, daß auch der Erdmantel nur noch eine geringe primordiale He-Signatur aufweist.

Die Konzentration der beiden He-Isotope in der Atmosphäre wird durch eine dynamische Balance zwischen Gewinn durch Diffusion aus der festen Erde plus kosmische Strahlung einerseits und Verlust in den Weltraum andererseits eingestellt. Da die diversen He-Quellen

1

0.1

0.01

Kruste

MORB

Hot Spots

primordialeVerhältnisse aus

Meteoriten

Sonnen-wind

Luft

3He/Ne

3 He/

4 He 3H

e/ 4He

(relativ zum atm

osphärisch

en Verh

ältnis)

10-3

10-2

10-4

10-5

10-6

10-7

10-2

10-1

100

101

102

103

10-8

10-7 10-6 10-5 10-4 10-3 10-2 10-1 100

Mischungslinienzwischen Luft undKomponenten mit

R/RA = 10

187

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

unterschiedliche Isotopenzusammensetzungen haben und beim Diffusionsverlust in den Weltraum das 3He bevorzugt wird, ist damit zu rechnen, daß im Lauf der geologischen Geschichte die atmosphärische He-Zusammensetzung nicht konstant war. Tabelle 15 ver-mittelt einen ungefähren Überblick über die irdische Gewinn- und Verlustrechnung für die beiden He-Isotope.

Die Erkenntnis, daß R/RAvon aus dem Erdmantel stammenden Gesteinen wesentlich höher als das der Atmosphäre ist, hat seit Mitte der 1970er Jahre zu einer intensiven Unter-suchung solcher Gesteine und der Fahndung nach primordialem Helium in der Erde geführt (z .B. [304]). Der Befund, daß MORB ein relativ konstan-tes R/RA um 8 – 9 haben, war überraschend, und er wurde dahingehend inter-pretiert, daß das He im Erdmantel gut durch-mischt i s t , während andere Isotopensysteme das Gegenteil anzeigen. Es kommt noch hinzu, daß 3He im Mantel primordial, 4He aber größtenteils aus Th und U entstanden ist, so daß die Konstanz der He-Isotopenzusammensetzung letztlich ein ziemlich konstantes (Th+U)/He des Mantels nahe-legt.

Helium mit Mantelisotopie findet man nur in Basaltgläsern, also den abgeschreckten Rän-dern von Pillows, während deren Inneres infolge von Diffusion entlang Korngrenzen die

TABELLE 15: Abschätzungen der irdischen He-Bilanz (nach J.E. Lupton)3He-Fluß

(Atome/(cm2 s1)

4He-Fluß(106 Atome/(cm2 s1)

Quellen:

Sonnenwind ≈5 – (?)

interstellares Gas ≈5 –

primordialer Fluß (Ozeane) 4 – 5 –

primordialer Fluß (Land) 1 – 10? –

galaktische Strahlung ≈1 –

kosmischer Staub + Meteorite <1 –

Wechselwirkung der galaktischen Strah-lung mit Materie

≈0.6 –

radiogen: kontinentale Kruste ≈0.1 3

radiogen: ozeanische Kruste – ≈0.3

∑ 16? ≈3

Verluste:

thermisches Entweichen 6 0.1?

nicht-thermisches Entweichen 1 2 – 8

∑ 7 2 – 8

Oahu

MauiHaleakala:

17–37Salt LakeCrater: 7.5–8.1

Hualalai:8.2; 10.6

Hawaii

9–13

Kilauea:14–18

Loihi Sea-mount: 20–32

[3He/4He]Probe/[3He/4He]Luft-Verhältnisse für Proben der

Hawaii-Inseln und des Loihi-Seamounts

ABBILDUNG 145 He-Isotopien verschiedener Basalte auf Hawaii

188

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A. Radiogene Isotopensysteme

He-Isotopie des Meerwassers angenommen hat, woraus sich auch schließen läßt, daß die kristallinen Phasen bei der Kristallisation ihr He weitgehend verlieren. Andererseits wird auch argumentiert, daß Olivine He-reiche Gasblasen bei raschem Wachstum umschlie-ßen[305] und daß solche Olivine wegen des niedrigen (U+Th)/He der Gasblasen die Heimat einer Komponente mit hohem R/RA sind, während außerhalb der Olivine in den Basalten hohe (U+Th)/He-Verhältnisse vorliegen, die rasch ein niedriges R/RA entwickeln[306].

Anders als die He-Isotopie variieren die He-Gehalte in ozeanischen Basaltgläsern erheblich um mehr als das 100-fache. Inwieweit He im Lauf der Zeit durch Diffusion aus den Gläsern verloren geht, ist unklar. Wenn es das tut, wird man einen bevorzugten Verlust des leichten Isotops erwarten. Werte von R/RA bis herab ≈3, kombiniert mit niedrigen He-Konzentratio-nen sind in 4 – 10 Ma alten Basaltgläsern gemessen worden[304],[307], was für einen Diffusi-onsverlust spricht.

Unter den Hot Spots ist Hawaii der best untersuchte und auch der, der das höchste gesi-cherte terrestrische R/RA geliefert hat. Abbildung 145 zeigt einige dieser Meßwerte. Der höchste Wert wurde auf der Insel Maui gemessen. Der Hot Spot sollte sich heute ungefähr unter dem Loihi-Seamount befinden, dem südöstlichsten aktiven Vulkan der Hawaii-Emperor-Kette. Warum auf der Hauptinsel Hawaii niedrigere R/RA-Werte gefunden werden als auf Maui nordwestlich und Loihi südöstlich, ist unbekannt.

ABBILDUNG 146 Variation von He- und Sr-Isotopen in Ozeaninselbasalten und in MORB

Kontinentale Hot Spots haben niedrigere R/RA-Verhältnisse, wohl weil das He hier in der kontinentalen Kruste kontaminiert wird. Vulkanite der Subduktionszonen haben niedri-gere R/RA-Werte als MORB, was anzeigt, daß Anteile aus einer subduzierten Komponente stammen können. Zum Beispiel variiert R/RA in Olivinen von Vulkaniten auf den Antillen zwischen 8.4 – 6.8 auf den nördlichen Inseln (Saba bis Dominica) und 7.6 – 3.6 im Süden (Martinique bis Grenada)[308]. Das stimmt mit den Ergebnissen der Pb-Isotopien überein, die dahingehend interpretiert wurden, daß im Süden des Antillenbogens subduzierte Sedi-mente in der Magmenquellregion vorhanden sind, im Norden dagegen nicht[195].

0.702 0.703 0.704 0.705 0.70687Sr/86Sr

3 He/

4 He

rela

tiv

zum

atm

osp

häris

chen

Ver

häl

tnis

0

10

20

30LoihiSeamount

Samoa

Island

Reykjanes-Rücken

MAR 33-35°N

Tahiti

Tristan da Cunha

Gough

Réunion

MacdonaldSeamount

Kilauea

AzorenJan Mayen

Osterinsel

Guadalupe

Maui

MORB

189

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

Zwar nicht mit Hilfe der He-Isotopie allein, aber unter Hinzunahme der Sr-Isotope läßt sich noch eine weitere Mantelkomponente abtrennen, die als die Tristan-Komponente bezeich-net und auf Inseln des Südatlantiks gefunden wird; sie hat R/RA≈6 – 7 und 87Sr/86Sr≈0.704 – 0.705 und könnte Mantel mit einer subduzierten zugemischten Komponente sein. In einem He-Sr-Diagramm (Abbildung 146) unten sind diese Komponenten mit Ausnahme der Subduktionszonenvulkanite dargestellt (Endglieder: MORB – Hawaii – Tristan da Cunha / Gough).

Eine interessante Ergänzung zum 3He/4He stellt das Verhältnis 40Ar/36Ar dar. 40Ar entsteht durch radioaktiven Zerfall von 40K, während 36Ar nur sehr untergeordnet durch Kern-prozesse gebildet werden kann und daher weitgehend primordialen Ursprungs ist (Hier zeigt sich auch die Inkonsequenz der Isotopengeochemiker, da im einen Fall das primor-diale Nuklid im Zähler steht [3He], das andere mal im Nenner [36Ar]). Wie Abbildung 147erkennen läßt, kann die wesentliche Variation der He- und Ar-Isotope in MORB und Ozeaninselbasalten als Mischung zwischen 3 Endgliedern interpretiert werden, von denen das eine verarmter Erdmantel ist (D: R/RA≈ 9, 40Ar/36Ar ≈16000), dessen Isotopien von den MOR-Basalten nicht ganz erreicht wird, ferner eine Plume-Komponente, die durch Ozeaninseln am besten repräsentiert wird (primitiver Mantel mit R/RA≈40, 40Ar/36Ar ≈400) sowie die Atmosphäre mit R/RA=1 und 40Ar/36Ar =295.5).

ABBILDUNG 147 Relation zwischen He- und Ar-Isotopen für Erdmantelproben[302]. Die Pfeile stellen Obergrenzen der He-Isotopie dar.

Ein Modell zur Erklärung dieser Systematik wurde von Hart et al.[309] (1985) entwickelt und ist in Form eines „Kastenmodells“ in Abbildung 148 dargestellt. Die Autoren stellen sich vor, daß der tiefe Mantel (>670km) separat vom oberen Mantel konvektiert. Ein Material-kreislauf zwischen tiefem und oberem Mantel findet nicht statt. Daher hat der tiefe Mantel seine primordiale He- und Ar-Isotopenintegrität behalten. Aufstieg von Plumes vom tiefen in den oberen Erdmantel ist jedoch in dem Modell erlaubt und ist auch mit Daten anderer Isotopensysteme kompatibel. Der obere Mantel bildet zusammen mit Erdkruste und Atmo-sphäre ein weitgehend geschlossenes System. Der Gehalt an 36Ar von oberem Erdmantel + Erdkruste ist klein gegen den atmosphärischen 36Ar-Gehalt. Der Unterschied im 40Ar/ 36Ar zwischen oberem Mantel und Atmosphäre ist daher durch den unterschiedlichen 40Ar-

1

10

100

0.1

3H

e/4

He

40Ar/36Ar

3He/ 4H

erelativ zum

atmosp

härisch

en Verh

ältnis

102

10-7

10-6

10-5

10-4

103 104 105

Hawaii-Basalte

Peridotitxenolithe,Hawaii

Diamanten

Peridotitxenolithe,Südafrika

verarmterMantel

Luft

primitiver Mantel

MORB-Feld

190

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A. Radiogene Isotopensysteme

Gehalt bestimmt, das in den Gesteinen der Kruste und des oberen Mantels durch 40K fort-während nachgebildet wird. Das hat außerdem zur Folge, daß 40Ar/36Ar im tiefen Mantel und der Atmosphäre nahezu identisch sind (40Ar/36Ar von oberem Erdmantel, Kruste und Atmosphäre sollten identisch mit 40Ar/36Ar des tiefen Mantels sein). 3He/4He ist im unteren Erdmantel am höchsten und in der Atmosphäre am niedrigsten, weil He infolge seines niedrigen Atomgewichts – im Gegensatz zum Ar – in den Weltraum diffundiert, und zwar 3He erheblich rascher als 4He. Inwieweit die Vorstellung, daß der tiefe Mantel ein geschlos-senes System ist, richtig ist, ist schwer zu beurteilen. Eine Reihe von Geophysikern und Petrologen geht davon aus, daß in steil stehenden Subduktionszonen Material in diesen tiefen Mantel gelangt. Ob das die Massenbilanz der Edelgase stört, hängt vor allem davon ab, bis in welche Tiefe in Subduktionszonen Minerale stabil sind, die K sowie U und Th ein-zubauen vermögen.

Die He-Entgasung der ozeanischen Kruste und des darunterliegenden Mantels ist durch Untersuchungen der He-Gehalte der Ozeane ziem-lich genau bekannt. So hat man festgestellt, daß über aktiven Teilen der mittelozeanischen Rücken regelrechte He-Plumes bestehen, wie z.B. in Abbildung 149 darge-stellt. Da Seewasser einen erhebli-chen Teil an atmosphärischem He enthält, sind die Effekte relativ klein und werden daher meist als prozentuale Abweichung δ angege-ben, die definiert ist als

[GL 207]

Anreicherung von δ (3He) bis ≈50% über den normalen Seewasserwert sind z.B. über dem East Pacific Rise bei 15°S gemessen worden.

Die Isotope 238U, 235U, 232Th und 40K sind nicht nur die Tochternuklide von radiogenem He bzw. Ar, sondern auch die Hauptproduzenten der radiogenen Wärme in der Erde. Als Kon-sequenz dessen sind Edelgasproduktion und Wärmeproduktion in der Erde räumlich und zeitlich miteinander gekoppelt. Gegenwärtig werden ≈ 1012 Atome 4He und 2×1011 Atome 40Ar je Joule Wärme gebildet bei „bulk-earth“ K/U- und Th/U-Verhältnissen von 1.3×104

bzw. 3.8. Da die kontinentale Kruste ähnliche Elementverhältnisse hat, sollte obiges Pro-duktionsverhältnis auch für die Kruste gelten. Im oberen Mantel wird dieses Produktions-verhältnis etwas niedriger sein, da das Th/U-Verhältnis hier wohl bei nur ≈2.5±0.2 liegt. Wie bereits eingangs erwähnt, wird ein Teil des 3He durch eine (n,α)-Reaktion aus 6Li gebil-det, wobei die Neutronen aus dem Zerfall von U und Th stammen. Für typische Erdmantel- und Erdkrustenzusammensetzungen dürfte das radiogene Produktionsverhältnis 3He/4He ≤ 5×10-8 betragen[310]. Eine Bildung von 3He durch Zerfall von Tritium, das durch die atmo-sphärischen Kernwaffenexplosionen in den 1950er und 1960er Jahren produziert wurde, wirkt sich zwar in der Atmosphäre und den Ozeanen noch aus, kann aber im folgenden vernachlässigt werden.

unterer Mantel

obererMantel

Atmosphäre

He-Verlust

Kruste

Ar, He

K, U

40Ar/36Ar ≈ 2953He/4He ≈ 1.4×10-6

40Ar/36Ar ≈ 245003He/4He ≈ 12.6×10-6

40Ar/36Ar ≈ 4003He/4He ≈ 52×10-6

Plume

ABBILDUNG 148 Modell zur Erklärung der He- und Ar-Isotopensystematik in verschiedenen Materialien derErde

δ 3He( ) = −( )100 1R RA

191

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

ABBILDUNG 149 Konturen von δ3He über und um den East Pacific Rise. Ein riesiger He-Plume markiert die Rückenachse infolge der Entgasung von Basalt und breitet sich mit den Strömungen in mittleren Wassertiefen nach Westen aus.

ABBILDUNG 150 (3He/4He)Probe /(3He/4He)Luft -Verhältnisse in der Kruste Mitteleuropas. Ther-

malwässer mit R/RA > 0.08 werden als Mantelhelium enthaltend angesehen. Es ist naheliegend, daß eine Mantelkomponente vor allem dort zu identifi-zieren ist, wo es jungen Vulkanismus gibt[310].

1

2

3

4

5

Tief

e [k

m]

130° 120° 110° 100° 90°westliche Länge

East Pacific Rise01000km 1000km

He-Isotopenanomalien im Ozeanwasser entlang des EPR bei 15°S

2025

30

40

1015

20

25

30

35

5

45 Die Zahlen geben Konturenvon δ3He (%) an.

Nor d

se eg

rabensyst em

Mantelhelium vorhanden

nur radiogenes Helium

MassifCentral

Rhein-

graben

Pannonisches

Becken

Eger-

graben

192

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A. Radiogene Isotopensysteme

Bis zu 50% des Urans und Thoriums der Erde finden sich in der kontinentalen Kru-ste. Nimmt man an, daß im Schnitt die-selbe Menge an He aus der Kruste in die Atmosphäre entgast wie in der Kruste durch Zerfallsprozesse entsteht, dann ent-spricht dies einem Gleichgewichtsfluß von 2.8×1010 Atomen/(m2×s)[311]. Nimmt man darüber hinaus einen He-Fluß vom Erdmantel in die kontinentale Kruste an, der genauso groß ist wie der unter den Ozeanen, nämlich 5×109 Atome/(m2 × s) bei einem Verhältnis R/RA = 8, dann sollte das Misch-He, das auf den Kontinenten entgast, ein mittleres 3He/4He-Verhältnis von 1.8×10-6 aufweisen. Da der Unter-schied zwischen primordialem und radio-genem 3He/4He rund 4 Größenordnungen beträgt, lassen sich noch Beimischungen von weniger als 1% primordialem in radiogenem He erkennen. Abweichungen werden in beide Richtungen beobachtet. Abbildung 150 und Abbildung 151 zeigen die Ergebnisse von He-Messungen in Europa[310]. Auf den Britischen Inseln wer-den ziemlich einheitliche 3He/4He-Ver-hältnisse beobachtet, die um den Wert des berechneten krustalen Produktionsver-hältnisses schwanken (Mantel-He ≤0.5% des totalen He). Im Pannonischen Becken, Im Egergraben, im Rheintalgraben und im Massif Central werden wesentlich höhere Ver-hältnisse gemessen, die z.T. typische Mantelheliumwerte erreichen. Generell läßt sich sagen, daß eine Mantel-He-Komponente überall dort vorhanden ist, in der es junge vulka-nische Aktivität gibt bzw. in Gegenden mit Krustenextension. Für unerwartet niedrige 3He/4He-Verhältnisse, die man vielerorts in Europa findet, gibt es mehrere Erklärungsmöglich-keiten. Z.B. könnte der aus dem Mantel kommende He-Fluß unter den Kontinenten eine oder zwei Größenordnungen unter dem ozeanischen Mantel-He-Fluß liegen; daneben könnte die krustale Radioaktivität in diesen Gebieten wesentlich höher sein als erwartet; schließlich könnten auch Abweichungen vom Gleichgewichtszustand zwischen krustaler He-Produktion und Entgasung extrem groß sein. Das könnte aber für hohe 3He/4He-Ver-hältnisse umgekehrt auch heißen, daß die krustale Radioaktivität in solchen Gebieten ano-mal niedrig ist oder daß der He-Fluß aus dem Mantel höher ist als erwartet.

Der Fluß von He und Wärme aus dem Erdmantel ist für den ozeanischen Bereich ziemlich gut bekannt. Der Wärmefluß liegt bei ≈100mW/m2 und der 4He-Fluß ist wahrscheinlich kaum höher als 4×109 Atome/(m2×s). Mit diesen Werten haben O’Nions & Oxburgh errech-net, daß aus den Mengen an U, Th und K (errechnet aus K/U≈10000), die erforderlich sind, um die radiogene Komponente des Mantel-He-Flusses zu erklären, nur ein kleiner Teil des beobachteten Wärmeflusses stammen kann. Das beobachtete Verhältnis von 4He zu Wärme liegt bei 4×1010 Atomen pro Joule, das erwartete Verhältnis bei ≈1012, wie bereits früher erwähnt. Der gemessene He-Fluß des Mantels erklärt also paradoxerweise nur knapp 5% des Wärmeflusses. Auch wenn Wärmefluß und He-Entgasung keine Schlüsse über die Verteilung von U und Th im Mantel erlauben, läßt sich abschätzen, daß dieses He aus einer Konzentration von ≈5ppb U und einer äquivalenten Menge Th im oberen Erdmantel stam-men kann (Ähnliche Überlegungen sollten sich auch mittels 40Ar anstellen lassen; genaue Messungen des Ar-Flusses sind jedoch sehr schwierig wegen seiner hohen Konzentration in

Molassebecken

Großbritannien

R/RA

0.01 0.1 1 10

10-8 10-7 10-6 10-5

radiogen primor- dial

3He/4He

Ozeanrücken

Sizilien

Egergraben

Massif Central

Oberpfalz

Pannonisches Becken

Larderello

Rheingraben

Griechenland

ABBILDUNG 151 Variation der He-Isotopien in ei-nigen Vulkangebieten in Europa

193

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

der Luft). Diese Überlegungen werden auch durch neuere Abschätzungen bestätigt, die für Mantel + Kruste zu einem U-Gehalt von ≈20ppb gelangen, woraus man errechnen kann, daß der gemessene He-Fluß aus dem Mantel lediglich ≈10% des produzierten He ent-spricht. Mit anderen Worten: Es kommt erheblich weniger He aus dem Erdmantel als dort durch den Zerfall von U und Th gebildet werden sollte. Dieses Paradox läßt sich auflösen, wenn es irgendwo im Mantel eine Grenze gibt, über die hinweg der Transport von Wärme größer ist als die Diffusion des He. Andernfalls sind die Modelle, welche die chemische und thermische Entwicklung unseres Planeten beschreiben sollen, grundlegend falsch.

Für die Kontinente ist ein Ver-gleich von He- und Wärme-fluß erheblich schwieriger als für die Ozeane, weil sich der kontinentale He-Fluß kaum messen läßt. Sowohl für konti-nentales als auch für ozeani-sches Milieu glauben Polyak & Tolstikhin eine in erster Nähe-rung lineare Beziehung zwi-schen der He-Isotopie und dem Wärmefluß q (in HFU, 1 HFU = 10 - 6 ca l s - 1 cm - 2 = 41.868mW/m2) beobachten zu können. Ihr Plot ist in Abbildung 152 wiedergege-ben. Ein Trend ist zwar nicht zu leugnen; bei gegebenem qkann das beobachtete 3He/4He jedoch bis zu mehr als eine Zehnerpotenz von der Korrela-tionsgeraden abweichen, was diese Datenauftragung im ein-zelnen nicht sehr nützlich erscheinen läßt. So variiert qz.B. auf den Britischen Inseln bei ziemlich konstanter He-Isotopie von 5×10-8 um das Zweieinhalbfache von ≈50 – 125mW/m2, eine Variation, die im Diagramm einer Änderung von 3He/4He um zwei Zehnerpotenzen entsprechen sollte.

Nach einem von dem Geophysiker BIRCH gefundenen empirischen Zusammenhang besteht für die kontinentale Kruste der folgende Zusammenhang zwischen Wärmefluß qund Wärmeproduktion A (mW/cm3):

[GL 208]

Dieser Zusammenhang nimmt an, daß die Wärme produzierenden Elemente U, Th und K in der obersten Hälfte der Kruste erheblich angereichert sind, so daß A die Wärmeproduk-tion nur dieser Schicht ergibt; h ist dann die Mächtigkeit dieser Schicht. Der Achsenab-schnitt qm („reduzierter Wärmefluß“) ist der Wärmefluß, der aus größerer Tiefe kommt. Meist wird unterstellt, daß dies der aus dem Mantel stammende Wärmefluß ist, Ah also der aus der Kruste kommende Wärmefluß (qc). Nimmt man an, daß der He-Fluß ebenfalls aus 2 Komponenten zusammengesetzt ist, einen Teil jm aus dem Mantel und einen Fluß jc aus der kontinentalen Kruste und beide Teile mit verschiedener Isotopie, dann wird das an der Erdoberfläche gemessene 3He/4He bei festem qm und jm/qm mit wachsendem q (wachsen-dem Anteil der krustalen Wärmeproduktion) sinken. Umgekehrt wird 3He/4He mit zuneh-

1.0 1.5 2.0 2.5q [HFU]

0.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

1.0

0.5

log(

3 He/

4 He)

3106

2

2

1

2 3 5

2

2

3

8

3

14

1

6 2 1 21 6 5

7

1 1

2 1

5 5

2 8

4 5

4

11

11

6

4

6 4

4

19 10

12

14

3 5

2

16

6

3

3

3

6 3

2

2

1

1

5

4

6

7

7 9

5

7

17

7

18

ABBILDUNG 152 „Korrelation“ zwischen He-Isotopie undWärmefluß. Die Regressionsgerade ist als durchgezogene Li-nie dargestellt. Die Zahlen in den Quadraten entsprechen derjeweiligen Anzahl von Meßdaten[300]

q q Ah q qm m c= + = +( )

194

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A. Radiogene Isotopensysteme

mendem q steigen, wenn jm ansteigt bei festem jm/qm und Ah (wachsender Anteil des Wärmeflusses aus dem Mantel). Es scheint plausibel, daß beide Fälle in der Natur auftreten, und deswegen ist eine strenge Linearität zwischen q und 3He/4He nicht zu erwarten.

Das Verhältnis jm/qm, das für die Ozeangebiete bei ≈4×1010 Atomen He pro Joule liegt, ist unter alten Kratonen wohl ≤5×109 Atome/Joule. Andererseits ist im südlichen Rheingraben jm/qm mindestens eine Größenordnung höher als in den Kratonen, obwohl qm wahrschein-lich kaum mehr als 50% über den Werten für Kratone liegt. Alles in allem scheint es daher, als wären He- und Wärmefluß in der kontinentalen Lithosphäre, abhängig von ihrem jeweiligen Transportmechanismus, allenfalls locker aneinander gekoppelt. In den kühlen Kratongebieten der Erde, in denen die Wärme sich nur durch Strahlung ausbreitet und das He durch Diffusion, muß das thermische Diffusionsvermögen (Wärme) größer sein als das chemische Diffusionsvermögen (He). Die primordiale He-Komponente in jungen tekto-nisch aktiven kontinentalen Gebieten zeigt dagegen einen anderen Transportmechanis-mus für das He an, wahrscheinlich durch Aufdringen von Mantelschmelzen in die tiefe Kruste (crustal underplating) und deren Entgasung, während wohl auch hier Strahlung weiterhin der Haupttransportmechanismus der Wärme bleibt.

16.2 XenonXenon hat 9 stabile Isotope mit Massenzahlen zwischen 124 und 136. In extraterrestri-schen Proben können die Häufigkeiten der Xe-Isotope mit den Massenzahlen 129, 131, 132, 134 und 136 als Folge von Zerfallsprozessen variieren. Für die 4 schwersten Xe-Isotope kommen zwei Quellen in Frage, die nach der Nukleosynthese zur Bildung der Isotope 131Xe, 132Xe, 134Xe und 136Xe beitragen konnten, nämlich die Spontanspaltung von 238U und von 244Pu (Abbildung 153). 244Pu hat eine Halbwertszeit von nur 82Ma und kann daher heute nicht mehr in den Natur auftreten. Es muß jedoch in der Frühzeit der Entwicklung des Planetensystems vorhanden gewesen sein, denn allein durch die Spontan-spaltung von 238U lassen sich die Xe-Isotopenanomalien mancher Meteorite nicht erklä-ren. 129Xe-Anomalien werden auf den Zerfall von 129I zurückgeführt, das eine Halbwerts-zeit von ≈17Ma hat und ebenfalls nur in der Frühzeit des Sonnensystems vorhanden war. Insbesondere mit 129I/129Xe-Methode haben Kosmochemiker versucht, frühe Prozesse in der Entwicklung der Meteorite bzw. damit unseres Sonnensystems zu datieren[312].

ABBILDUNG 153 Fünf der neun Xe-Isotope können Beiträge von kurz- und langlebigen Radio-nukliden enthalten.

Auf der Erde wird man heute Xe-Isotopenvariationen durch Zerfall der kurzlebigen Nuklide 129I und 244Pu nicht unbedingt erwarten, da ursprünglich vorhandene Anomalien durch tektonische Prozesse auf der Erde in den uns zugänglichen Gesteinen homogenisiert wer-den sollten. Staudacher & Allègre[313] haben dennoch versucht, terrestrische Xe-Variatio-nen in Materialien des Erdmantels und der Erdkruste aufzuspüren. Die Ergebnisse sind in Abbildung 154 und Abbildung 155 aufgeführt. Als Referenzen dienen die Isotopien des Sonnenwindes und der kohligen Chondrite sowie der irdischen Atmosphäre. Alle terrestri-schen Proben weisen 134Xe/ 130Xe-Verhältnisse (und ebenso 131Xe/130Xe, 132Xe/130Xe und 136Xe/ 130Xe) auf, die größer sind als die der Chondrite oder des Sonnenwindes, während

ausgestorbeneRadionuklide:

noch vorhandenes Radionuklid:

124 126 128 129 130 131132 134 136

129I 244Pu

238U

195

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

129Xe/130Xe höher sein kann, aber nicht sein muß. MORB-Gläser zeichnen sich jedoch dadurch aus, daß ihr 129Xe/130Xe höher ist als das der Atmosphäre, während ihr 134Xe/130Xe nur unwesentlich das der Atmosphäre übersteigt. Die einzige Möglichkeit, das erhöhte 129Xe/130Xe zu erklären, ist durch Zerfall von 129I in der Frühzeit der Entwicklung der Erde. Es ist daher auch plausibel, das erhöhte 134Xe/130Xe der MORB zumindest teilweise dem Zerfall von 244Pu zuzuschreiben.

Phanerozoische krusta le Gesteine (Granitoide) zeigen demgegenüber dasselbe 129Xe/130Xe-Verhältnis wie die Atmo-sphäre, aber ein höheres und sehr variables 134Xe/130Xe. Da es sich hierbei um junge, zumin-dest überwiegend durch inner-krustales Schmelzen gebildete Gesteine handelt, darf man davon ausgehen, daß diese Variationen auf der Spontanspal-tung von 238U beruhen, zumal solche Gesteine sich durch ein hohes U/Xe-Verhältnis auszeich-nen. Lediglich der proterozoi-sche Granitoid des Pikes Peak in Colorado zeigt auch Anzeichen eines erhöhten 129Xe/130Xe, das wieder 129I zugeschrieben wer-den muß. Zwischen der Entwick-lungslinie der kontinentalen Kruste und der des MORB-Man-tels oder des hypothetischen tie-fen Mantels sind alle Mischisoto-pien denkbar. In diesem Sinn kann die Isotopie des Pikes-Peak Batholiths als die eines krustalen Gesteins mit einer beträchtli-chen aus dem Erdmantel abge-leiteten Komponente erklärt werden.

Die Bedeutung der 238U-Spontanspaltung auf die Entwicklung der Xe-Isotope in verschie-denen Reservoirs der Erdkruste kann man mit Hilfe der Zerfallsgleichung abzuschätzen:

[GL 209]

mit λf = Zerfallskonstante für Spontanspaltung des 238U = 8.46×10-17a-1, λα = 1.55125×10-10a-1, ϕ = Isobarenausbeute für Masse 134 bei der 238U-Spaltung = 0.0552. Die mittlere U-Konzentration in Granitoiden liegt bei 3.7ppm, das sind

Typische Gehalte an 130Xe liegen bei 10-11 – 10-12 cm3/g, also z.B. für 10-11cm3/g:

,

2.2

2.6

3.0

3.4

3.8

6.2 6.4 6.6 6.8 7

134 Xe

/130 Xe

129Xe/130Xe

Sonnenwind

Atmosphäre

kohlige Chondrite

Entw

ickl

ungs

linie

der

kon

tinen

tale

n Kr

uste

MORB

MORB

OIB

DaziteGranitoideKarbonatite

ABBILDUNG 154 Variation der Xe-Isotope auf der Erde

134

130

134

130

238

130

XeXe

XeXe

UXe

=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟+ × × × −( )

0

1λλ

ϕα

λαf te

3 7 100 9927 1 543 10

68.

. .×

× = ×−

− [g / g]238.03 [g / mol]

[mol U / g Gestein]238

104 464 10

1116

−−= ×

[cm / g]22400 [cm / mol]

[mol / g Gestein]3

3 .

196

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A. Radiogene Isotopensysteme

und daraus: 238U/130Xe = 3.46×107.

Für ein Gesteins- oder Reservoiralter von t = 2 Ga erhält man für den zweiten Summanden der rechten Seite von GL 209:

Bezogen auf einen Wert von 134Xe/130Xe ≈ 2.55 für die Atmosphäre oder den oberen Erd-mantel entspricht das einer Änderung auf 134Xe/130Xe = 2.93 oder (0.379/2.55) ×100 = 14.8%. D.h. die beobachteten krustalen Variationen des 134Xe/130Xe-Verhältnisses lassen sich leicht als Folge des in-situ-Zerfalls (Spaltung) von 238U erklären.

Analog ergibt sich für den Erdman-te l e ine Abschätzung unter Annahme eines U-Gehaltes von 6ppb ⇒ (6×10-9/238.03)×0.9927 = 2.50×10-11 mol/g und eines 130Xe-Gehaltes von 1.5×10-12 cm3/g ⇒1.5×10-12/22400 = 6.70×10-17 mol/g ein 238U/130Xe = 3.74×105. Das ent-spricht innerhalb von 2 Ga einem Wachstum des 134Xe/130Xe von nur 3.74×105 × 1.095×10-8 = 0.0041 oder (0.0041/2.55)×100 = 0.16%, also rund 2 Zehnerpotenzen weni-ger als in Graniten. Ein derartiger Wert ist erheblich zu niedrig, um meßbare Variationen im 134Xe/130Xe des Mantels zu verursachen.

Schließlich läßt sich für die „bulk-earth“ bei einem U-Gehalt von ≈20ppb und unter der (falschen) Annahme, das gesamte terrestri-sche Xe befinde sich in der Atmo-sphäre, ein minimales 238U/130Xe von ≈5.4×105 abschätzen, also kaum höher als für den MORB-Mantel. Das heißt, daß die hohen 134Xe/130Xe-Verhältnisse sowohl von MORB als auch der Atmo-sphäre gegenüber dem Wert für Chondrite nicht oder zumindest überwiegend nicht auf dem 238U-Zerfall beruhen können, sondern eher der Spontanspaltung von 244Pu zuge-schrieben werden müssen.

Staudacher & Allègre erklären die 129Xe- und 134Xe-Überschüsse des Erdmantels gegenüber der Atmosphäre mit dem Modell eines sehr frühen Entgasens der Erde, während der das Xe in die Atmosphäre gelangte, wohingegen I und Pu in der festen oder flüssigen Erde verblie-ben. Der vollständige Zerfall von 129I und 244Pu erzeugte dann die Xe-Isotopenanomalien im Erdmantel. Für den unteren Erdmantel nehmen Staudacher & Allègre ein höheres 134Xe/130Xe an als für den oberen Erdmantel (Siehe Abbildung 154, Abbildung 155), weil in den oberen Erdmantel durch Subduktion von Sedimenten atmosphärisches Xe gelangt,

3 46 108 46 10

1 55125 100 0552 1

3 46 10 1 095 10 0 379

717

101 55125 10 2 10

7 8

10 9

..

..

. . .

.× ××

×× × −( )⎡

⎣⎢

⎦⎥

= × × ×( ) =

−× × ×

−e

2.2

2.6

3

3.4

3.8

6.2 6.4 6.6 6.8 7129Xe/130Xe

134 X

e/13

0 Xe

kohlige Chondrite

MORB

Atmosphäre

unte

rer M

ante

l?

MischungstrendEn

twic

klun

gslin

ie d

erko

ntin

enta

len

Krus

te

ABBILDUNG 155 Die Xe-Isotopensystematik irdischerGesteine kann erklärt werden durch Prozesse in der frü-hen Geschichte des Sonnensystems (Variation im 129Xe/130Xe, möglicherweise auch ein Beitrag zur Variation von134Xe/130Xe), durch den Zerfall von U über den Lauf derErdgeschichte (134Xe/130Xe) und durch Mischungspro-zesse zwischen verschiedenen Reservoiren.

197

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

während die ursprüngliche Xe-Isotopie der festen Erde im tiefen Mantel wohl weitgehend konserviert wurde.

Aus dem 129Xe-Überschuß der Atmosphäre über den Wert von Chondriten schätzten Stau-dacher & Allègre ein Bildungs- (Entgasungs-)Alter der Atmosphäre von ≈25 – 10Ma nach der Bildung der Erde ab und aus den Daten für die Gesamterde eine Bildung der Erde (was auch immer „Bildung“ hier bedeutet) von ≈50 – 70Ma nach den Meteoriten. Wenn man als Bildungsalter der Meteorite ≈4.55 Ga annimmt, läge demnach das Bildungsalter der Erde bei ≈4.48 – 4.50 Ga; die Entgasung der primitiven Erde hätte nochmals 10 – 25 Ma später stattgefunden.

Abbildung 156[314] zeigt modellhaft die Entgasungsgeschichte des Erdmantels und die Ent-wicklung der Atmosphäre für die Isotopenverhältnisse 4He/3He (also nicht aufgetragen als 3He/4He), 40Ar/36Ar und 129Xe/130Xe. Infolge der kurzen Halbwertszeiten von 129I (und 244Pu) steigt die Xe-Isotopie nur während ≈10 Halbwertszeiten dieser Nuklide an und wird im Mantel seitdem als konstant angenommen. Im Gegensatz dazu werden 4He und 40Ar durch den Zerfall von U, Th und K fortwährend nachgebildet, so daß sich kein Endwert für die Isotopenverhältnisse von 4He/3He und 40Ar/36Ar einstellen konnte. Die He-Isotopie der Atmosphäre ist gerechnet für einen Fall ohne He-Diffusion in den interplanetaren Raum, was in einem gut 6-mal höheren Wert resultiert als es dem gemessenen entspricht.

ABBILDUNG 156 Modell der Entwicklung der Isotopien der Edelgase über den Verlauf der Erd-geschichte

4 3 2 1 0 Ga 4 3 2 1 0 Ga

4 3 2 1 0 Ga

4 3 2 1 0 Ga4 3 2 1 0 Ga

4 3 2 1 0 Ga

4.55 4.50 Ga

4.55 4.50 Ga

7000

107000

207000

307000

407000

507000

4 He/

3 He

40A

r/36

Ar 20000

10000

0

129 X

e/13

0 Xe

6.34

6.50

6.75

7.00

im Erdmantel

6.34

6.40

6.45

7000

7100

0

5

10

7000

8000

9000

10000

11000

0

100

200

300

in derAtmosphäre

4.45

4.45

198

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A. Radiogene Isotopensysteme

16.3 182Hf-182W-ChronometerMit kurzlebigen bei der Nukleosynthese (siehe Kapitel 2.4, Seite 9) gebildeten Radionukli-den einiger Elemente lassen sich Differentiationsprozesse in kleinen und großen Körpern des Sonnensystems verfolgen. Über die Zeit der Nukleosynthese steigt die Konzentration solcher Nuklide langsam (s-Prozeß) oder sehr rasch (r-Prozeß) an. Wenn ein (dem heutigen Sonnensystem) naher Stern, der in einer Supernova-Explosion geendet ist, für die Entste-hung aller radioaktiven r- und p-Prozeß-Nuklide verantwortlich ist, ist die Zeit dieser Nukleosynthese extrem kurz. Nach deren Ende zerfallen die Radionuklide mit ihrer charak-teristischen Halbwertszeit. Dies ist in Abbildung 157 für einige wichtige kurzlebige Nuklide dargestellt. Es ist offensichtlich, daß mit solchen Nukliden nur Prozesse verfolgt werden können, die in der frühesten Geschichte des Sonnensystems abliefen, und nur in Körpern, die früh erkaltet sind. Auf der Erde sind die stabilen Tochernuklide – mit der Ausnahme von aus 146Sm entstandenem 142Nd in den ältesten Gesteinen – homogen durchmischt.

ABBILDUNG 157 Schematische Darstellung von Bildung und Zerfall nukleosynthetisch gebil-deter Radionuklide. Bei t = 0 endet die Nukleosynthese. Kurzlebige Radionu-klide wie 182Hf oder 53Mn sind nach 50 Ma oder rascher weitgehend zerfallen. Der Zerfall der langlebigen U-Isotope und des 40K über 150 Ma sind zum Vergleich dargestellt. 26Al und 53Mn mögen in der Frühzeit des Sonnensystems in solch hohen Gehalten vorhanden gewesen sein, daß sie eine erhebliche Wärmequelle in den inneren Planeten darstellten. Kurzlebige neutronenarme radioaktive Nuklide wie 26Al, 41Ca und 36Cl könnten zum Teil auch in der T Tauri-Phase der Sonne durch Spallationsreaktionen mit hoch energetischen Protonen gebildet worden sein[315],[316] – und natür-lich auch mit Partikeln des galaktischen Anteils der kosmischen Strahlung. Die T Tauri-Phase ist die Phase, in der ein sehr junger Stern – noch vor Zün-den der Kernfusion in seinem Innern – durch einen intensiven solaren Wind die Reste der Staubwolke „wegbläst“, aus der er gebildet wurde – eventuell

1.0

0.8

0.6

0.4

0.2

0.0

rela

tive

Häu

figke

it

0.150.100.050.00

Zeit seit Ende der Nukleosynthese [Ga]

182Hf

53Mn

26Al

235U

238U40K

182Hf, 53Mn, 26Al

238 U

, 235

U, 4

0 K

Element-bildung

keine Zeitskala

Element-zerfall

199

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

der Beginn der Entstehung von Planeten. Hoch energetische Protonen wer-den heute in der Sonne bei relativ seltenen starken magnetischen Ausbrü-chen beobachtet. Solche Ausbrüche sind in den jungen Sternen, die rezent im Orion-Nebel gebildet werden, um zwei Zehnerpotenzen häufiger und um denselben Faktor stärker.10Be, dessen Existenz in Ca–Al-reichen Ein-schlüssen des Chondriten Allende durch Isotopenvariationen des Elementes B belegt ist, wird nicht bei der Nukleosynthese in Sternen gebildet; für seine Bildung werden Spallationsreaktionen im frühen Sonnensystem verantwort-lich gemacht[317].

Die folgende Tabelle enthält eine Übersicht über die wichtigsten kurzlebigen Radionuklide, die in der Kosmochemie Verwendung finden.

Das r-Prozeß-Nuklid 182Hf zerfällt mit einer Halbwertszeit von 8.9 Ma in 182W und kann meßbare Isotopenanomalien des Wolframs innerhalb der ersten ≈50 Ma des Sonnensy-stems erzeugt haben. Als sehr schwer flüchtiges Element läßt sich W nur schwierig mittels Thermionenmassenspektrometrie bestimmen (negativ geladene Ionen), und es ist erst der Entwicklung von doppelfokussierenden ICP-Massenspektrometern mit Multikollektoren als Auffänger zu verdanken, daß sich die Isotopenzusammensetzung von W inzwischen präzise bestimmen läßt[29]. Hf verhält sich lithophil, W dagegen mäßig siderophil. Daher wird bei Silikat–Metall-Segregationen eine starke Fraktionierung dieser Elemente erwartet. In der Metallphase wird sich die Isotopenzusammensetzung von W infolge eines sehr klei-nen Hf/W-Verhältnisses im Vergleich zur Silikatphase nicht oder kaum noch verändert haben.

Ein Isotopensystem mit einem ausgestorbenen Radionuklid muß – anders als ein konven-tionelles Mutter–Tochtersystem – mit noch vorhandenem radioaktivem Mutternuklid beschrieben werden. Für das Hf–W-System ergibt sich die Anzahl an heute vorhandenen Atomen 182W als Summe der zur Zeit t=0 (Ende der Nukleosynthese oder – sinnvollerweise – Alter des Sonnensystems) vorhandenen Atome 182W0 plus dem Anteil, der durch den vollständigen Zerfall von ursprünglich vorhandenem 182Hf dazugekommen ist, also:

182W = 182W0 + 182Hf [GL 210]

Diese Gleichung wird auf das Isotop 184W normiert, das nicht durch einen Zerfallsprozeß nachgebildet wurde:

TABELLE 16: Kurzlebige Radionuklide im frühen Sonnensystem[318],[319]

Radionuklid Tochter t1/2 [Ma] Verhältnis bei t=0 Ursprung41Ca 41K 0.103 41Ca/40Ca = 1.5×10-8 Sterne, Bestrahlung36Cl 36Ar, 36S 0.301 36Cl/38Cl = 5×10-6 Bestrahlung, Sterne26Al 26Mg 0.717 26Al/27Al = 5×10-5 Sterne, Bestrahlung10Be 10B 1.5 10Be/9Be = 1×10-3 Bestrahlung60Fe 60Ni 1.5 60Fe/56Fe = (5–10)×10-7 Sterne

53Mn 53Cr 3.74 53Mn/55Mn = 9.1×10-6 Sterne, galakt. Untergrund107Pd 107Ag 6.5 107Pd/108Pd = 5.9×10-5 Sterne, galakt. Untergrund182Hf 182W 8.9 182Hf/180Hf = 1×10-4 Sterne, galakt. Untergrund129I 129Xe 16.3 129I/127I = 1×10-4 Sterne, galakt. Untergrund

244Pu Spalt-Xe 80 244Pu/232Th = 3×10-3 Sterne, galakt. Untergrund146Sm 142Nd 103 146Sm/144Sm = 8×10-3 Sterne, galakt. Untergrund

182

184

182

184

182

184

WW

WW

HfW

=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟+

0

200

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A. Radiogene Isotopensysteme

Das Verhältnis auf der linken Seite dieser Gleichung kann man an einer Probe messen; die beiden Verhältnisse auf der rechten Seite sind dagegen unbekannt. Multipliziert man das zweite Verhältnis auf der rechten Seite mit dem Verhältnis eines stabilen Hf-Isotops, z.B. 180Hf/180Hf, dann ergibt sich:

[GL 211]

ABBILDUNG 158 W-Isotopenvariation in verschiedenen Typen von Meteoriten (gefüllte Sym-bole: [320], [321]; offene Symbole: [322]). Der ε-Wert (Erläuterung auf Seite 59) ist relativ zu Proben der silikatischen Erde definiert, die als in dieser Hinsicht homogen gilt. Da verschiedene Laboratorien trotz fast gleicher Normierung zu verschiedenen Werten für das 182W/184W der irdischen Pro-ben gelangen (0.86500[320], 0.864696[322], 0.864778[325]), wurde auf die Angabe der Absolutwerte verzichtet. Die Daten für die gewöhnlichen Chon-drite beziehen sich auf Konzentrate von Metallphasen. Eine lunare Probe (hier nicht dargestellt, hat ein 182W/184W, das von dem der Erde nicht unter-scheidbar ist[326]. Die alten Daten für die C-Chondrite (gefüllte Dreiecke[320]) sollten als inkorrekt angesehen werden.

182

184

182

184

182

180

180

184

WW

WW

HfHf

HfW

=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟+ ×

0

12

10

8

6

4

2

0

-2

-4

-6

ε W

ErdeC1-Chondritegewöhnliche ChondriteEisenmeteoriteSNC-MeteoriteEukrite

32

28

24

20

Erde

201

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

Der letzte Term auf der rechten Seite ist ebenfalls an einer Probe meßbar; er ist proportional dem Hf/W-Verhältnis. GL 211 ist für eine kogenetische Serie von Proben, insbesondere Minerale aus Meteoriten, eine Geradengleichung in den Koordinaten von 182W/184W (y) und 180Hf/184W (x). Der Achsenabschnitt entspricht dem initialen 182W/184W und die Stei-gung dem initialen 182Hf/180Hf. Im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Isochronengleichung ist ein Alter aus dieser Beziehung aber nicht ableitbar. Die W-Isotopenvariation von Meteo-riten ist in Abbildung 158 dargestellt[320],[321],[322]. Die niedrigsten 182W/184W-Verhältnisse haben demnach die Eisenmeteorite, gefolgt von den gewöhnlichen Chondriten. Es exi-stiert eine Diskrepanz zwischen den frühen Daten[320],[321] und neueren Daten für die koh-ligen Chondrite[322],[324],[325], über deren Ursache nur spekuliert werden kann[325] (nicht korrekt korrigierte Masseninterferenzen, Kontamination durch irdisches W, unvollständige Auflösung der Proben bei der Erzeugung der älteren Daten). Im Vergleich zu den neuen Chondritdaten weist die Silikatfraktion der Erde – der Erdkern ist naturgemäß nicht zugänglich – höhere W-Isotopien auf. Noch höhere Werte zeigen die SNC-Meteorite, die wohl vom Mars stammen, und insbesondere die beiden Eukrite Juvinas und ALHA78132. Die negativen εW-Werte der Eisenmeteorite relativ zu den kohligen Chondriten zeigen an, daß sich die Eisenmeteorite aus Mutterkörpern herleiten, die sehr früh im Sonnensystem differenziert sind zu einer Zeit, als noch 182Hf existierte. Ihre 182W/184W-Isotopien stellen eine gute Näherung an den Initialwert des Sonnensystems dar, der aber immer noch eine Obergrenze sein muß. Auch der Mutterkörper der Eukrite, Mars und Erde haben eine Metall/Silikat-Fraktionierung erfahren, als noch eine beträchtliche Menge an 182Hf vorhan-den war.

Die unterschiedlichen W-Isotopien verschiedener Typen von Meteoriten haben grobe Informationen über das Alter der Differenzierung relativ zum Alter der Eisenmeteorite oder relativ zu den ältesten Objekten des Sonnensystems aufgezeichnet. Die Anzahl an Atomen des zu einer bestimmten Zeit t nach der Bildung der ältesten Objekte noch vorhandenen 182Hf ergibt sich aus der Differenz der zur Zeit t = 0 vorhandenen Menge und des radiogen entstandenen 182W:

182Hft = 182Hf0 – 182Wrad

Ersetzt man 182Hft durch die Definition der Zerfallsgleichung, wird daraus:

182Hf0 × e-λt = 182Hf0 – 182Wrad

Umgeformt und normiert auf 184W erhält man:

und für das gesamte 182W/184W:

und schließlich durch Multiplizieren von (182Hf/184W)0 mit 180Hf/180Hf:

[GL 212]

Für im Vergleich zur Halbwertszeit große Zeiten t entspricht diese Gleichung der GL 211.

182

184

182

184

WW

HfW

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟× −( )−

rad

te0

1 λ

182

184

182

184

182

184

WW

WW

WW

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟+

⎝⎜⎞

⎠⎟gesamt rad0

182

184

182

184

182

184

WW

WW

HfW

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟+

⎝⎜⎞

⎠⎟× −( )−

gesamt

te0 0

1 λ

182

184

182

184

182

180

180

184

WW

WW

HfHf

HfW

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟+

⎝⎜⎞

⎠⎟× × −( )−

gesamt

te0 0

1 λ

202

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A. Radiogene Isotopensysteme

Interne Hf–W-Isochronen mit präzise bestimmten Bildungsaltern bieten sich an, um das initiale 182Hf/180Hf des Sonnensystems abzuschätzen. Kleine et al.[322] wählten dazu zwei H-Chondrite. Für einen davon sind die Daten in Abbildung 159 reproduziert. Die Daten für eine magnetische und drei verschiedene nicht magnetische Fraktionen liegen auf einer Geraden, deren Steigung direkt dem 182Hf/180Hf-Verhältnis zur Zeit der Schließung dieses Systems entspricht. Das Alter des H-Chondrits ist auf Grund von hoch präzisen U–Pb-Datierungen an Phosphaten mit 4.5627±0.0006 Ga bekannt[327]. Da die Mutterkörper der Meteorite wegen ihrer geringen Größe vergleichweise rasch abgekühlt sind, wird man die-ses Alter auch für dasjenige der Schließung des Hf–W-Systems ansetzen dürfen. Für das Alter des Sonnensystems setzen Kleine et al.[322] dasjenige der Ca-Al-reichen Einschlüsse (CAIs) in Chondriten an, das zu 4.566±0.002 Ga bestimmt wurde[328]; die CAIs gelten als älteste Aggregate des Sonnensystems. Damit ergibt sich für die initiale Hf-Isotopie

mit einem Fehler von ±0 .09 × 10 - 4 . Cameron g laubt dagegen, daß die CAIs älter sind als das Sonnensystem und bereits in der Explos ionshül le e iner Supernova ents tanden [ 3 2 9 ] ; damit wäre der obige Wert für das Sonnensystem etwas zu hoch angesetzt.

Für differenzierte Körper des Sonnen-systems mit hohem Hf/W-Verhältnis läßt sich aus den Hf–W-Isotopien die Zeit ihrer Differen-zierung relativ zum „Bildungsalter des Sonnensystems“ vor 4 .566 Ga abschätzen[322]. Eukrite sind basaltische (also differenzierte) Meteorite, deren Mutterkörper der Asteroid Vesta sein könnte. Eine interne Hf–W-Isochrone[330] lieferte ein initiales 182Hf/180Hf von ≈8×10-5. Daraus läßt sich ein Alter von

nach dem Bildungsalter des Sonnensystems vor 4.566 Ga für die Bildung der Eukrite er-rechnen[322], d.h. für die Differenzierung ihres Mutterkörpers in einen silikatischen und ei-nen metallischen Teil – in guter Übereinstimmung mit der Chronologie, wie sie sich aus den Chronometern 53Mn–53Cr- und 60Fe–60Ni ergibt[331],[332].

182

180

182

180

HfHf

HfHf

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟× = × × = ×− −( )× −

4 566 4 5627

4 4 566 4 5627 10 40 85 10 1 09 109

. .

. .. .Ga Ga

te eλ λΔ

0.8655

0.8650

0.8645

M

M = magnetische FraktionNM = nicht magnetische Fraktion

0.8640

14121086420180Hf/184W

182 W

/184 W

NM–3

NM–2

NM–1

H-Chondrit Ste. Marguerite

ABBILDUNG 159 Interne Hf–W-Isochrone eines H-Chondrits[322]. DieSteigung entspricht nach GL 211 einem Wert von (0.85±0.05)×10-4.

182

180

182

180

182 180

182 180

HfHf

HfHf

Hf Hf

Hf Hf

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟× ⇒ =

( )( ) =

××

×⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟≈−

−t

t

t

e t Ma0

08

4

5

1 17 7 10

1 09 108 10

λln

.ln

.

203

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

ABBILDUNG 160 Abschätzung der Zeit der Differenzierung der Erde, des Mars und des Mut-terkörpers der Eukrite in metallischen Kern und silikatischen Mantel. Der Ein-fachheit halber ist ε W = 0 als Wert zur Zeit der Entstehung des Sonnensystems definiert (entsprechend 182W/184W ≈ 0.86436). Nach ca. 10 Halbwertszeiten (90 Ma) ist praktisch alles 182Hf zerfallen.

GL 212 eignet sich ebenfalls für Abschätzungen des Differenzierungsalters[322]. In Abbil-dung 160 ist dazu der radiogen entstandene Teil des 182W/184W [= (182W/184W)gesamt – (182W/184W)0] als εW aufgetragen. Im Gegensatz zur üblichen Definition des ε-Wertes (Seite 59) wird hier der Einfachheit halber nur der Initialwert des Sonnensystems als 0 defi-niert (entsprechend (182W/184W)0 ≈ 0.86436). Der heutige Unterschied von ca. 37εW-Ein-heiten der Eukrite über die Chondrite läßt sich bei einem Hf/W-Verhältnis der Eukrite von ≈35 (entsprechend 180Hf/184W = Hf/W×1.18 ≈41) und einem Hf/W der C-Chondrite von 1.33 erklären, wenn die Differenzierung des Mutterkörpers der Eukrite in einen metalli-schen Mantel und einen silikatischen Kern 4 Ma nach dem Beginn des Sonnensystems stattgefunden hat, in exzellenter Übereinstimmung mit dem Wert, der aus der internen Hf–W-Isochrone erhalten wurde[330]. Bei einem Hf/W-Verhältnis von 17.7 für den primiti-ven Erdmantel ergibt sich der heutige Unterschied von knapp 2εW zwischen Chondriten und Erde, wenn die Differenzierung der Erde in metallischen Kern und silikatischen Man-tel ca. 34 Ma nach dem Beginn des Sonnensystems stattfand – sofern dies ein Ereignis und kein kontinuierlicher Vorgang in der Frühgeschichte der Erde gewesen ist. Für den Mars erhält man mit Hf/W = 5.1 für den Silikatanteil und einem Unterschied von knapp 2.5εWzu den C-Chondriten ein Kern–Mantel-Differenzierungsalter von rund 14 Ma nach dem Beginn des Sonnensystems. Voraussetzung dafür, daß diese Abschätzungen sinnvoll sind, sind homogene W-Isotopenzusammensetzungen der Silikatanteile dieser Körper. Yin et al.[325] sind unabhängig von Kleine et al.[322] zu einer sehr ähnlichen Hf–W-Chronologie des Sonnensystems gelangt.

40

30

20

10

0

806040200Ma nach Beginn des Sonnensystems

C-Chondrite

Erde (Silikatanteil)

EukriteMars (Silikatanteil)

Beginn des Sonnensystems (t=0): 4566 MaεW zu Beginn des Sonnensystems = 0

ε'W

(rel

ativ

zu

ε be

i t=0

)

204

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A. Radiogene Isotopensysteme

Ein potentielles (und wohl auch ursprünglich unterschätz-tes) Problem der Anwendung des Hf–W-Chronometers liegt darin, daß in Gesteinen, die lange Zeit dem Beschuß durch die kosmische Strahlung ausgesetzt waren, 182W in nicht zu vernachlässigender Menge durch Neutroneneinfang von 181Ta und anschließenden β--Zerfall des 182Ta entsteht[323]. Besonders gravierend ist dieses Problem für die Gesteine der Oberfläche des Mondes, die während der Apollo-Mis-sionen aufgesammelt wurden und die Bestrahlungsalter von mehreren 100 Ma haben können. Kleine et al.[333] und Touboul et al. (Abbildung 161[334]) umgingen dieses Pro-blem durch Analyse von Metall, das in geringer Menge in den meisten Mondgesteinen enthalten ist. Solche Metall-phasen sind reich an Wolfram und enthalten keine nen-nenswerten Mengen an Tantal – sofern sie frei von Oxid- oder Silikateinschlüssen sind. In Metallen aus KREEP-Basal-ten (Basalte, reich an inkompatiblen Elementen, die als Restschmelzen der Kristallisation eines Magmenozeans angesehen werden), Ti-armen sowie Ti-reichen Basalten der Mare fanden sie identische W-Isotopien – Indiz dafür, daß in den unterschiedlichen Quellregionen dieser Basalte im Mondmantel zur Zeit ihrer Entstehung (als Kumulate eines lunaren Magmenozeans) keine nennenswerte Menge an 182Hf mehr vorhanden war. Daraus kann man ein Alter von mindestens 60–50 Ma nach dem „Beginn des Sonnensy-stems“ (= Alter der CAIs) für die Bildung dieser Kumulate ableiten. Die W-Isotopien der Mondbasalte sind zudem nicht unterscheidbar von denjenigen irdischer Gesteine. Da die Kristallisation des lunaren Magmenozeans sehr bald nach der Entstehung des Mondes eingesetzt haben wird – für die Entstehung des Mondes gilt eine Kollision der frü-hen Erde mit einem Körper von der Größe des Mars als wahrscheinlich – dürfte dieses Alter dem höchstmöglichen Alter des Mondes entsprechen und gleichbedeutend dem Ende der Hauptphase der Akkretion des Planeten Erde sein. Das Mindestalter des Mondes wird durch die Alter der älte-sten bekannten Gesteine seiner Hochländer definiert (4.456±0.040 Ga).

Überraschenderweise sind für ca. 3.8 Ga alte archaische Metasedimente variable und z.T. negative εW-Werte um -1 gefunden worden[324]. Diese Daten werden im Sinn eines späten intensiven Bombardements der Erde durch Meteo-rite interpretiert, wie es auch aus der Kratergeschichte des Mondes bekannt ist. Die W-Iso-topien scheinen eine Mischungslinie hin zu Meteoriten zu bilden (Abbildung 162), wobei aber nicht zwischen verschiedenen Typen von Chondriten und Eisenmeteoriten unter-schieden werden kann. Es wird vorgeschlagen, daß die Sedimente in Wasser abgelagert wurden, wobei sowohl terrestrische Gesteine als auch meteoritisches Material das Lieferge-biet der Sedimente bildeten. Unter der Annahme einer Zeitdauer von 108a für das intensive Bombardement hätte je Quadratmeter Erdoberfläche im Durchschnitt eine Menge in der Größenordnung von 102 Tonnen niedergehen können, entsprechend einer mehrere Zeh-ner Meter hohen Schicht. Es ist dann anzunehmen, daß sich dieser späte meteoritische Eintrag auch in erhöhten Gehalten der Elemente der Platingruppe niedergeschlagen hat, wofür es vage Hinweise in den Gesteinen von Isua gibt.

ε182W

Kleine et al. (2005)

Touboul et al. (2007)Lee et al. (2002)

korrigierte Daten

KREEP-reicheProben

Ti-armeMare-Basalte

Ti-reicheMare-Basalte

14310154456223565015

68115Probe:

68815

7215579155

-1 0 1 2 3 4 5-2

750757751670035

70017

70035

15475

15555 (WR)

1549915556

15058

15555

75035

7425574275

12004

-1 0 1 2 3 4 5-2

ABBILDUNG 161 εW-Werte fürMetalle aus basaltischen Ge-steinen des Mondes[334] mitDaten aus [334], [333] und[335]. Das gelbe Feld steht fürden Durchschnittswert von εW= 0.09±0.10. Einige Werte derälteren Studien wurden umeinen Beitrag von kosmogenentstandenem 182W korri-giert.

205

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

Es sei noch erwähnt, daß sich durch ausge-storbene Radionuklide erzeugte Isotopenan-omalien auch zu anderen Zwecken eignen: Shukolyukov und Lugmair[154] haben in Pro-ben von der Kreide/Tertiär-Grenze in Däne-mark und in Spanien eine kleine negative Anomalie im 53Cr/52Cr relativ zur Erde von ca. -0.3 bis -0.4ε-Einheiten festgestellt. Ein gerin-ger Teil des heutigen 53Cr ist durch Zerfall von 53Mn im frühen Sonnensystem entstanden. Auf der Erde sind die Cr-Isotopien in allen Gesteinen identisch, während verschiedene Meteorite unterschiedlich große Anomalien konserviert haben. Die Cr-Anomalie an der K/T-Grenze läßt sich durch den Einschlag eines kohligen Chondriten deuten. Noch wesent-lich größere Cr-Isotopenanomalien, entspre-chend einem höheren Anteil an chondriti-schem meteoritischem Material, wurden in archaischen Gesteinen aus dem Barberton Mountain Greenstone-Gürtel Südafrikas gefunden[156]. Die 53Cr-Anomalien an der K/T-Grenze korrelieren positiv mit Anomalien des 54Cr (bis +1ε-Einheit[336]). Dieses Cr-Isotop weist aber keinen Beitrag von einem ausgestorbenen Radionuklid auf; die Anomalien sind unmittelbar Ergebnis nukleosynthetischer Prozesse (Orte variabler Neutronendichten im Inneren massereicher Sterne).

16.4 146Sm–142Nd-Chronometer146Sm zerfällt mit einer Halbwertszeit von 103 Ma in 142Nd*. Die Suche nach ausgestorbe-nem 146Sm in Meteoriten stand am Beginn der Nutzung des 147Sm–143Nd-Zerfallssystems in Kosmo- und Geochemie[66]. Wegen der im Vergleich zu anderen ausgestorbenen Radio-nukliden langen Halbwertszeit des 146Sm wurde später vermutet, das 146Sm–142Nd-System könne zur Aufklärung von Differenzierungsereignissen in der frühesten Zeit der Erdge-schichte dienen; meßbare Mengen an 146Sm (im Zerfallsprodukt 142Nd) sollten innerhalb der ersten wenige 100 Ma der Geschichte der Erde vorhanden gewesen sein. Infolgedessen wurden vor allem die ältesten krustalen Gesteine der Erde analysiert. In den meisten Arbei-ten konnten Isotopenvariationen aber nur ungenügend aufgelöst werden, weil die analyti-sche Präzision der Massenspektrometer nicht ausreichte[338],[339],[340], so daß die Ergebnisse eher zweideutig ausfielen Wesentlich präzisere Messungen[341],[342] haben inzwischen zu der Erkenntnis geführt, daß 3.6 – 3.8 Ga alte Gesteine der Isua Supracrustals in Westgrön-land (Metabasalte, Orthogneise, Metapelite) positive Abweichungen im 142Nd/144Nd von 8 – 15 ppm (0.08 – 0.15ε-Einheiten) relativ zu einem Laborstandard aufweisen, während andere archaische Gesteine (Acasta-Gneise in Nordkanada, Komatiite aus dem Barberton Grünstein-Gürtel in Südafrika) keine Abweichungen vom Standardwert zeigen[342] (Abbil-dung 163–links).

* Inzwischen wird auf Grund von neuen Messungen der α-Aktivität eine erheblich geringere Halb-wertszeit von 68±7 Ma angegeben[337]. Die in diesem Kapitel beschriebene relative Chronologie wäre dann entsprechend zu modifizieren.

-4

-3

-2

-1

0

+1

0.001 0.01 0.1 1 10 100

εW

Cr/Ti

archaische SedimenteØ EnstatitchondriteCV3-Chondrit AllendeØ Eisenmeteorite

ABBILDUNG 162 W-Isotopie von archaischenMetasedimenten aus Isua (Westgrönland)und Labrador (Kanada) im Vergleich zu Da-ten für verschiedene Typen von Meteori-ten[324]. Gestrichelt eingezeichnet ist eine Re-gressionsgerade durch die Daten derMetasedimente.

206

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 163 Links: 142Nd/144Nd-Variationen in archaischen Gesteinen[342]. ε steht für die relative Abweichung von einem Laborstandard (La Jolla Nd-Standard) in Ein-heiten von 1/10000. Das grüne Feld entspricht der externen Präzision einer Messung (±2 ppm vom Mittelwert). Rechts: Ähnliches Diagramm wie links, aber mit weiteren Daten ergänzt[344].

Inzwischen sind auch Gesteine mit negativen Abweichungen vom irdischen Nd-Standard bekannt, darunter archaische Amphibolite aus Québec/Kanada, die intern Hinweise auf Differenzierung im Hadäikum zeigen (4.28 Ga)[343] und sogar für mittelproterozoische alka-line Gesteine aus Indien[344] (Abbildung 163–rechts), die vielleicht Indiz für die Existenz von an inkompatiblen Elementen angereicherten alten Reservoiren an der Basis der stabi-len Kratone darstellen.

Für die Isua Supracrustals bedeutet dies, daß ihre Quellregion innerhalb weniger 100 Ma nach der Entstehung der Erde eine Differenzierung erlebt haben muß, denn die Anfangs-menge an radioaktivem 146Sm war nur klein (initiales 146Sm/144Sm ≈ 0.008[346],[347],[342],[349]). Darauf deuten auch positive ε143Nd-Werte von im Mittel +2 hin; negative ε143Nd-Werte sind dagegen für früharchaische Gesteine nicht sehr häufig gemessen worden. Sowohl das 146Sm–142Nd- als auch das 147Sm–143Nd-System zeigen damit an, daß die Isua-Gesteine aus einem Erdmantel stammen, der bereits in der frühesten Geschichte der Erde, dem Hadäi-kum, an inkompatiblen Elementen relativ zu einem chondritischen Reservoir verarmte (an Nd relativ zu Sm). Durch Kombination der beiden Isotopensysteme von Sm und Nd läßt sich das Alter der frühen Differenzierung des Erdmantels einengen, weil 147Sm und 146Sm sehr große Unterschiede in ihren Halbwertszeiten aufweisen (ca. drei Größenordnungen). Der ursprüngliche Erdmantel könnte eine Differenzierung ca. 30–75 Ma nach der Bildung

0.00 0.25-0.05 0.200.150.100.05

ε¹⁴²Nd

ε¹⁴²Nd

Metasedimente

Orthogneise

Metabasalte

Amphibolit-Enklaven

Acasta (Kanada)

Barberton (Südafrika)

MORB

Pitcairn (EM I)

Gesellschaftsinseln (EM II)

Isu

a (

Gr

ön

lan

d)

Khariar alkalineGesteine (Indien) (1.48 Ga)

Kimberlite(<600 Ma)

Kostomuksha- undBelingwe-Komatiite(Russland, Simbabwe)(2.7–2.8 Ga)

Island-Plume

Dekkan-Flutbasalte(66 Ma)

MORB

weithin beprobbarerErdmantel

Ozeaninselbasalte

Terrestrischer Gabbro

La Jolla Nd-Standard

JG-2 (Granit)

BHVO-2 (Basalt)

Barberton-Komatiit(Südafrika) (3.5 Ga)

Grönland-Karbonatit(3.0 Ga)

Nuvvuagittuq (Québec)(4.28 Ga)

Isua (Grönland)(3.85–3.6 Ga)

-0.45 -0.15-0.30 0.00 0.15 0.30 0.45

?

{

}

}}

}

}

{{

{

⎧⎪⎨⎪⎩

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭

⎫⎪⎪⎪⎪⎬⎪⎪⎪⎪⎭

⎫⎬⎭

⎫⎬⎭

⎫⎬⎭

207

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

der ältesten Komponenten des Sonnensystems vor 4.567 Ga erfahren haben[345] – falls er tatsächlich hinsichtlich Sm/Nd, 143Nd/144Nd und 142Nd/144Nd chondritisch war.

ABBILDUNG 164 Modell der Nd-Isotopenentwicklung des Erdmantels, ausgehend von einem chondritischen Reservoir vor 4.567 Ga[345]. Die Geraden entsprechen Pro-ben der angegebenen Alter für verschiedene 147Sm/144Nd-Verhältnisse, wel-che auf den roten Kurven abgelesen werden können. Isua-Tonalite und -Amphibolite (offene Kreise; Raute ist Mittelwert) könnten danach aus einem Mantel stammen, der vor ca. 4.50 Ga eine Differenzierung erlebt hat, wobei die Isua-Krustengesteine aus dem an inkompatiblen Elementen verarmten Mantelteil extrahiert wurden. – Vergleich auch Erläuterung in den folgenden Abschnitten.

Frühe Analysen von Meteoriten stärkten die Erwartung, daß Chondrite und Gesteine der Erde nicht unterscheidbare 142Nd/144Nd-Verhältnisse haben[348], in Übereinstimmung mit der Hypothese, daß in der Erde viele refraktäre Elemente in chondritischen Verhältnissen vorliegen. Präzisere Analysen haben für Chondrite (und basaltische Achondrite) inzwi-schen jedoch im Durchschnitt um ca. 20 ppm niedrigere 142Nd/144Nd-Verhältnisse erge-ben[349],[350] (Abbildung 165). Das bedeutet, daß die (silikatische) Erde entweder kein chon-dritisches Sm/Nd-Verhältnis aufweist, oder daß sie in der frühesten Geschichte unseres Planeten in zwei Reservoire differenzierte, eines mit überchondritischem Sm/Nd, aus wel-chem alle uns zugänglichen Gesteine stammen (inklusive derjenigen von Isua) und ein komplementäres mit unterchondritischem Sm/Nd, das an Magmenbildungsprozessen nicht teilnimmt. Sm und Nd sind beide refraktäre Elemente, und die Sm/Nd-Variation von Chondriten ist gering; Boyet und Carlson neigen daher der ersten Alternative zu[349]. Sie schlugen vor, das Reservoir mit niedriger als chondritischem Sm/Nd könne im tiefen Erd-mantel verborgen sein und insbesondere die D''-Schicht aufbauen. Inwieweit Plume-Vulka-nismus 142Nd-Signaturen der D''-Schicht zeigt, ist nicht klar.; bislang analysierte Ozeanin-selbasalte zeigen allerdings normale terrestrische 142Nd/144Nd-Verhältnisse (Abbildung 163).

0

ε143Nd vor 3.85 Ga

3.85 Ga-alte Gesteineaus Südwestgrönland

4.567 Ga

4.50 Ga

4.45 Ga

0.250.24

0.21

0.175

0.23

4.40 Ga

4.30 Ga

0.22

147Sm/144Nd

10

-1.0 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0

20

30

40

60

-10

Chondrite =Initialwert der Gesamterde

50 4.53 Ga

ppm

142 N

d/14

4 Nd-

Abw

eich

ung

von

Chon

drite

n

208

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 165 142Nd/144Nd-Analysendaten von Chondriten und Achondriten relativ zu ei-nem terrestrischen Nd-Standard[349] (ε142Nd = 0). Fast alle bislang analysier-ten irdischen Gesteine weisen Zusammensetzungen innerhalb des gelben Feldes auf.

Unterstellt man, daß die (silikatische) Erde ein chondritisches Sm/Nd hat, dann läßt sich das Alter der Differenzierung in zwei Reservoire abschätzen. Das Sm/Nd-Verhältnis des Reservoirs, aus dem die uns zugänglichen Gesteine der Erde stammen, muß umso höher sein, je später die Differenzierung stattfand, d.h. je weniger 146Sm noch vorhanden war. Die Höhe des Sm/Nd bestimmt aber andererseits den Wert von 143Nd/144Nd dieses Reservoirs, das mit ca. 10ε143Nd (heute) für diese Abschätzung ausreichend charakterisiert sein mag. Analog zu GL 212, Seite 202 formulieren wir für das 146Sm–142Nd-System:

[GL 213]

Diese Gleichung beschreibt das Wachstum von 142Nd/144Nd in einer Probe als Funktion des zur Zeit t = 0 vorhandenen 146Sm und der Zeit t.

Zur Zeit tD soll die (silikatische) Erde eine Differenzierung in ein Reservoir mit erhöhtem Sm/Nd und ein komplementäres mit erniedrigtem Sm/Nd erfahren haben. Von t = 0 (Alter der ältesten Objekte im Sonnensystem) bis t = tD ist damit 142Nd/144Nd in der silikatischen Erde entsprechend dem Verhältnis in einem chondritischen Reservoir gewachsen. Nach dem Fraktionierungsereignis ist 142Nd/144Nd in dem uns zugänglichen Teil der Erde ent-sprechend dem erhöhten Sm/Nd gewachsen:

-0.60 -0.40 -0.20 0.00 0.20 0.40 0.60ε142Nd

AllendeAllendeAllendeAllende

BruderheimDhajala

RichardtonRichardton

SharpSharpSharp

AbeeBéréba

Nuevo LaredoNuevo LaredoNuevo LaredoPasamontePasamonte

BindaMoama

Moore CountyMoore County

Chondrite

Achondrite

Kumulate

basaltische A.

142

144

142

144

14NdNd

NdNd

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟+

gesamt 0

66

144

144

144SmSm

SmNd

⎝⎜⎞

⎠⎟× × −( )−

0

1 e tλ

142

144

142

144NdNd

NdNd

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟heute

DM C

tD

hhondrite

tD

+⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟×

⎝⎜⎞146

144

144

144SmSm

SmNd ⎠⎠⎟

× −( )−DM

e tD1 λ

209

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

Da seit dem Fraktionierungsereignis alles 146Sm zerfallen ist, geht der rechte Klammeraus-druck gegen 1. Das Verhältnis 146Sm/144Sm zur Zeit der Differenzierung errechnet sich durch Multiplikation des Initialwertes des Sonnensystems mit dem Abklingfaktor:

[GL 214]

DM möge für das an Nd relativ zu Sm verarmte Reservoir der silikatischen Erde stehen (depleted mantle). Das chondritische 142Nd/144Nd-Verhältnis ist im selben Zeitraum gestie-gen auf:

[GL 215]

Außerdem ist bekannt, daß das heutige 142Nd/144Nd des DM-Reservoirs der Erde um ca. 20 ppm über dem chondritischen Wert liegt. Durch Kombination von GL 214 und GL 215unter Eliminierung des chondritischen 142Nd/144Nd zur Zeit tD ergibt sich:

[GL 216]

142

144

142

144NdNd

NdNd

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟heute

DM C

tD

hhondrite

e tD+⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟× ×−

146

144

144

144SmSm

SmN0

λ

dd

⎝⎜⎞

⎠⎟

DM

142

144

142

144NdNd

NdNd

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝heute

Chondrite

⎜⎜⎞

⎠⎟+

⎝⎜⎞

⎠⎟× ×−

t

t

D

Chondrite

e D146

144

14SmSm 0

λ44

144SmNd

⎝⎜⎞

⎠⎟

Chondrite

1 00002.142

144

142NdNd

Nd⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟=

heute

Chondrite

1144

146

144NdSmSm

⎝⎜⎞

⎠⎟−

⎝⎜⎞

⎠⎟heute

Chondrite

00

× ×⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

+

−e tD

Chondriteλ

144

144SmNd

1146

144

144

144SmSm

SmNd

⎝⎜⎞

⎠⎟× ×

⎝⎜⎞

⎠⎟−

0

e tD

DMλ

0 00002.142

144

146NdNd

Sm⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟=

heute

Chondrite

1144

144

144

144

SmSmNd

S⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟× ×

⎝⎜⎞

⎠⎟−−

0

e tD

DMλ mm

Nd144

⎝⎜⎞

⎠⎟⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

Chondrite

144

144

142

144SmNd

NdNd⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟=

⎝⎜⎞

⎠⎟DMh

0 00002.eeute

Chondrite

e tD146

144

144

SmSm

Sm⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟×

+−

0

λ1144 Nd

⎝⎜⎞

⎠⎟

Chondrite

210

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A. Radiogene Isotopensysteme

ABBILDUNG 166 147Sm/144Nd-Verhältnis, das im Reservoir mit überchondritischem Sm/Nd nötig ist, um einen 20 ppm-Überschuß an 142Nd/144Nd über das chondriti-sche Verhältnis zu erzeugen als Funktion der Zeit der Differenzierung der si-likatischen Erde in zwei Reservoire. Das Alter der Erde wurde dem Alter der ältesten Objekte des Sonnensystems gleichgesetzt (4.567 Ga). Für das heu-tige 142Nd/144Nd der Chondrite wurde ein Wert von 1.1418 angenommen; die Ergebnisse hängen aber nicht sehr empfindlich vom exakten Wert ab. Das initiale 146Sm/144Sm des Sonnensystems (und damit der Erde) wurde mit 0.008 angesetzt. Das durchschnittliche Sm/Nd-Verhältnis der Chondrite beträgt 0.325; mit der Häufigkeit von 144Sm in natürlichem Sm (3.07%) und von 144Nd in natürlichem Nd (23.80) errechnet man daraus ein 144Sm/144Nd von 0.0419 für Chondrite. Die Zahlen an den blauen Datenpunkten stehen für die heutigen ε143Nd-Werte, die man aus den 147Sm/144Nd-Verhält-nissen des differenzierten Reservoirs errechnet.

142Nd/144Nd des DM-Reservoirs der Erde läßt sich aus GL 216 durch Variation von tDabschätzen. Die Ergebnisse sind in Abbildung 166 aufgetragen. Mit dem errechneten 144Sm/144Nd des differenzierten Reservoirs mit überchondritischem Sm/Nd läßt sich das heutige 143Nd/144Nd dieses Reservoirs (und der entsprechende ε143Nd-Wert) ermitteln. Wenn dieses Reservoir dem heutigen MORB-Mantel gleichgesetzt wird, kann die Differen-zierung der silikatischen Erde in zwei Reservoire nicht später als ≈50 Ma nach Bildung der Erde stattgefunden haben, da sich andernfalls Nd-Isotopien im oberen Erdmantel hätten entwickeln müssen, die höher sind als in MOR-Basalten beobachtet wird. Boyet & Carl-son[349] halten 30 Ma nach der Entstehung der Erde für realistischer*. Über eine Massen-bilanzrechnung, ausgehend von einer chondritischen silikatischen Erde, modellieren sie zudem die Spurenelementzusammensetzung des komplementären Reservoirs mit unter-chondritischem Sm/Nd und finden, daß es ein recht flaches Elementverteilungsmuster haben sollte. Daraus schließen sie, daß Hochdruckfraktionierung (Ausscheidung von Pha-sen mit Perowskitstruktur in einem tiefen irdischen Magmenozean) das komplementäre Reservoir nicht erzeugt haben sollte. Sie sehen vielmehr eine Analogie zur Entstehung der

0 50 100

10.8

10.1

12.7

15.3

29.9

39.9

30.7

58.6

76.6

9.28.3

150 200 250 300 350 400Zeit der Differenzierung nach Entstehung der Erde [Ma]

erfo

rder

liche

s 14

7 Sm/14

4 Nd

0.20

0.25

0.30

0.35

211

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Edelgase und ausgestorbene Radionuklide

KREEP-Basalte auf dem Mond (vergleiche Seite 205) und schlagen vor, eine Fe- und Ti-rei-che Restschmelze könne infolge ihrer hohen Dichte tief in den Mantel gesunken sein. – Vielleicht werden künftige noch präzisere Analysen die Natur dieses fehlenden Reservoirs erhellen. Tolstikhin & Hofmann (2005[351]) sowie Tolstikhin et al. (2006[352]) gelangen über geochemische Massenbilanzrechnungen ebenfalls zum Schluß, daß es ein isoliertes altes Reservoir im tiefen Erdmantel geben müsse, das nicht in die Konvektion des Erdmantels einbezogen ist und das an inkompatiblen Elementen und Edelgasen angereichert sein müsse. Auch sie schlagen die D''-Schicht als dieses Reservoir vor. Seine Existenz erklären sie mit Subduktion (Absinken?) einer sehr frühen mafischen bis ultramafischen Protokruste, die durch Meteoritenimpakts mit (zum Teil) chondritischem Material angereichert wurde, dadurch eine gegenüber dem Magmenozean höhere Dichte erlangte (Eintrag von Metall über die Impakts) und absank.

ABBILDUNG 167 ε142Nd–147Sm/144Nd-Diagramm für Mars-Meteorite, Eukrite (bzw. deren mutmaßlichen Mutterkörper Vesta) und Gesteine des Mondes[67]. Als 147Sm/144Nd-Verhältnis ist dasjenige der Mantelquelle aufgetragen, errechnet un-ter der Annahme eines Zweistufenmodells, wonach nach der zweiten Phase (Kruste/Mantel-Differenzierung) keine weitere Differenzierung mehr statt-fand. Der durch ein grünes Quadrat dargestellte Shergotty-Meteorit wurde bei der Konstruktion der Regressionsgeraden nicht berücksichtigt. Nahklite und der Chassigny-Meteorit, die ebenfalls als Mars-Meteorite interpretiert werden, fallen nicht auf dieselbe Gerade mit Shergotty-Meteoriten. Caro et al.[67] schlagen vor, daß dies ein Fraktionierungsereignis im Mars-Mantel re-präsentiert, nachdem das 146Sm bereits zerfallen war.

Demgegenüber argumentieren Caro et al. (2008), daß der Unterschied im 142Nd/144Nd zwi-schen Chondriten und der Erde Folge unterschiedlicher Sm/Nd-Verhältnisse ist[67]. Auch für Mars-Meteorite vom Shergotty-Typ und für Gesteine des Mondes finden sie positive Abweichungen im 142Nd/144Nd gegenüber Chondriten (Abbildung 167). Während eine

* Dieses Modell der extrem frühen Differenzierung ist allerdings schwierig in Einklang mit den Im-plikationen der 182W/184W-Isotopien zu bringen, nach denen der Mond frühestens 50 Ma nach Bil-dung der ersten Objekte im Sonnensystem entstanden ist; erst zu diesem Zeitpunkt wäre die Akkretion der Erde weitgehend abgeschlossen gewesen und der irdische Magmenozean wäre als Folge der Kollision der Erde mit einem Mars-großen Körper entstanden[334]; siehe auch Seite 205.

chondritischesReservoir

chon

driti

sche

sRe

serv

oir

Nahklite +Chassigny

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

0.15

147Sm/144NdQuelle

0.20 0.25

irdisches ε142Nd

0.30

ε 142

Nd

Sher

gotty-M

eteo

rite

Mond

Vesta

212

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A. Radiogene Isotopensysteme

Regressionsgerade durch die Daten der Eukrite, interpretiert als Isochrone, durch den chondritischen Punkt geht (im Schnittpunkt der beiden gestrichelten Geraden), die das für die Regressionsgeraden durch die Shergotty-Meteorite und Mondproben nicht der Fall. Die Autoren halten es für plausibel, daß Mond und Shergotty-Meteorite dasselbe initiale ε142Nd = 0 haben wie die Erde. Unter dieser Voraussetzung leitet man aus dem Schnittpunkt der beiden Regressionsgeraden mit dem ε142Nd der Erde ein 147Sm/144Nd von 0.206±0.005 ab (grünes Feld in Abbildung 167), das als neuer Wert für die Silikatanteile von Mars, Erde und Mond vorgeschlagen wird. Caro et al.[67] machen darauf aufmerksam, daß ein Erdmantel mit einem solchen Sm/Nd heute ein ε143Nd um +5 hätte; dies sind Werte, welche für viele Ozeaninselbasalte gefunden werden. Eine Erde mit einem überchondritischen Sm/Nd eli-miniert zudem die Notwendigkeit der Postulierung einer sehr frühen Differenzierung des Erdmantels in ein Reservoir mit höher als chondritischem und eines mit niedriger als chondritischem Sm/Nd[349].

213

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B. Stabile Isotope

17.0 Stabile Isotope • Allgemeines

In der Geochemie der stabilen Isotope untersucht man Variationen in den Häufigkeits-verhältnissen der leichten und/oder flüchtigen Elemente; das sind vor allem H, Li (für die-ses Element siehe z.B. [353], [354], [355]), B, C, N, O, (Si), S, Ca und Se (z.B. [356], [357]). Mit fortschreitender Verbesserung der Präzision von massenspektrometrischen Analysen und Entwicklung neuer Meßtechniken – namentlich der ICP-MS-Technik (siehe Seite 28) – wurden weitere Elemente dieser Liste zugefügt, insbesondere Übergangsmetalle wie Fe (z.B. [358], [359]), Cu (z.B. [360]) und Zn[362],[361], Mo[363],[364],[365] und sogar Tl[90],[366] oder U[162],[163] (siehe auch Abbildung 86, Seite 111). Die relativen Massenunterschiede zwischen dem schwersten und dem leichtesten Isotop sind bei den leichten Elementen groß, z.B. 1.125 für 18O/16O, während der Unterschied für 205Tl/203Tl nur noch 1.010 beträgt. Am höchsten ist die Variation beim Wasserstoff mit ≈2, und daher beobachtet man für dieses Element Isotopenfraktionierungen, also selektive Anreicherungen des schweren Isotops Deuterium (2H oder D) oder leichten Isotops 1H, die um ca. eine Zehnerpotenz höher sind als die der übrigen Elemente. Viele der hier relevanten Elemente kommen in mehreren Oxidationsstufen vor; einige Elemente gehen in der Natur zudem Verbindungen ein, in denen sie fest, flüssig oder gasförmig vorliegen. Im Fall des Bors spielt die stark pH-abhän-gige Koordination in Komplexen eine Rolle. Gemeinsam ist vielen Elemente zudem, daß ihre chemischen Bindungen einen beträchtlichen kovalentem Anteil haben. Obwohl die Ca- und Mg-Isotope große Massenunterschiede aufweisen (1.20 für 48Ca/40Ca oder 1.083 für 26Mg/24Mg), fand man bei diesen Elementen in der Natur nur eine recht geringe Varia-tion der Isotopenverhältnisse. Diese Elemente weisen in ihren Bindungen überwiegend Ionencharakter auf und/oder kommen in ihren Mineralen meist gebunden an Sauerstoff vor, Mg z.B. in der Regel mit oktaedrischer Umgebung, so daß bei ihnen auch Gitterplatz-wechsel keine Triebfeder einer Isotopenfraktionierung sein kann. Aber auch hier beginnt sich die Situation zu ändern. So fand man in Tropfsteinen weltweiter Vorkommen Variatio-nen im 26Mg/24Mg von insgesamt gut 4‰, wobei die Unterschiede sowohl auf Variationen zwischen den Wässern als auch auf den Ausfällungsprozeß des Karbonats zurückzuführen sind[367]. Bei den schweren Elementen Fe, Cu und Zn wird die Fraktionierung sowohl bio-logischen als auch abiogenen Prozessen zugeschrieben, wobei die Mechanismen im einzel-nen jedoch längst nicht vollständig gedeutet werden können. Für Cr, Fe, Cu und Zn liegen die Isotopenvariationen – unabhängig von der Ursache – immerhin noch in der Größen-ordnung eines Promilles pro Masseneinheit. Überraschend große Isotopenvariationen wur-den selbst bei Tl gefunden. Die 205Tl/203Tl-Verhältnisse im marinen Milieu streuen um mehr als 2‰, wobei besonders große Unterschiede zwischen Meerwasser und bei niedriger Temperatur entstandenen hydrogenetischen Fe–Mn-Krusten gemessen wurden (bis +14εgegenüber -8ε für Meerwasser)[90]. Es wird vermutet, daß der Adsorptionsprozeß diese Iso-topenfraktionierung verursacht hat, zumal die Unterschiede zwischen Meerwasser und dia-genetisch gebildeten Krusten (kleineres H2O-Reservoir in Form von Porenwasser) bzw. hydrothermalen Ablagerungen (höhere Bildungstemperatur) geringer sind. Die Isotopen-unterschiede können bei den Schwermetallen mit der ICP–MS-Technik am besten aufge-löst werden, weil bei der Thermionenmassenspektrometrie die geräteinterne Massen-fraktionierung nur mit hohem Aufwand zu korrigieren ist (siehe auch Kapitel 7.0 auf S. 77).

Die Isotopenvariationen hängen sowohl vom Massenunterschied als auch von der Masse selbst ab. Für ein Element, z.B. den Sauerstoff, bedeutet dies, daß die Fraktionierung zwi-schen 17O und 16O oder zwischen 18O und 17O (fast genau) halb so groß ist die zwischen 18O und 16O. Mit steigender Masse der Elemente sinkt der relative Massenunterschied Δm/m, und die Fraktionierung pro Masseneinheit wird geringer, wenn man sich chemisch ähn-lich verhaltende Elemente miteinander vergleicht. Abweichungen von dieser massenab-

214

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B. Stabile Isotope

hängigen Fraktionierung sind auf der Erde selten, aber z.B. aus Sulfatablagerungen bekannt[368],[369]. Die Anomalien werden dabei der Oxidation von Schwefel in der Atmo-sphäre zugeschrieben und der Ablagerung der Salze aus einer Gasphase.

Die Geochemie der stabilen Isotope befaßt sich mit den Isotopenvariationen oder Isotopie-effekten (letztere sind die Unterschiede in den physikalischen und chemischen Eigenschaf-ten verschiedener Isotope eines Elementes, die auf deren unterschiedlicher Masse beru-hen), die entweder durch Isotopenaustauschreaktionen verursacht werden oder denen massenabhängige Fraktionierungen bei physikalischen und chemischen Vorgängen in der Natur zugrunde liegen. Die Ursachen der Isotopieeffekte liegen in der Quantenmechanik, sie lassen sich aber durch die Gesetze von Kinetik und Thermodynamik quantitativ beschreiben.

Unterschieden werden kann zwischen kinetischen und Gleichgewichtsisotopieeffekten. Viele Fraktionierungsprozesse bestehen aus mehreren Schritten, und einfach meßbar ist nur die resultierende Komponente. Die kinetischen Isotopieeffekte lassen sich als Ungleichgewichtsreaktionen charakterisieren. Sobald ein kinetischer Fraktionierungspro-zeß allerdings ein Gleichgewicht erreicht haben sollte, läge auch hier ein Gleichgewichts-effekt vor und kein kinetischer mehr. Kinetische Isotopieeffekte stehen typischerweise im Zusammenhang mit schnellen, unvollständigen, in eine Richtung verlaufenden Vorgän-gen wie Verdampfung, Diffusion, Dissoziation. Die Effekte im Zusammenhang mit Diffu-sion und Verdampfung kann man durch die unterschiedlichen Translationsgeschwindig-keiten der verschiedenen Moleküle in einer Phase oder über eine Phasengrenze hinweg erklären. Bei gegebener Temperatur ist die kinetische Energie Ekin in idealen Gasen je Mole-kül gleich. Z.B. gilt für 12C16O und 12C18O:

[GL 217]

d.h. daß die durchschnittliche Geschwindigkeit von 12C16O ≈3.5% größer ist als die von 12C18O in demselben System. Daher können leichte Moleküle z.B. rascher aus einem System herausdiffundieren als schwere oder rascher aus einer flüssigen in die gasförmige Phase übertreten. Infolge eines solchen kinetischen Effekts liegt δ18O (Definition von δsiehe Seite 223) von Wasserdampf über den Ozeanen bei ≈ -13‰, während der Gleichge-wichtswert bei nur -9‰ liegen sollte. Mit – nicht verwirklichter – Annäherung des Wasser-dampfdruckes der Atmosphäre an seinen Gleichgewichtswert ginge der kinetische Anteil gegen Null, und der Gleichgewichtseffekt würde das δ18O im Wasserdampf zu -9‰ bestim-men. Im Gegensatz dazu läßt sich die Kondensation in den Wolken zu Regen weitgehend als Gleichgewichtseffekt beschreiben (siehe Kapitel 18.1 auf S. 226).

Moleküle, die das schwere Isotop eines Elementes enthalten, sind stabiler und haben höhere Dissoziationsenergien als diejenigen, die das leichte Isotop desselben Elementes enthalten (siehe nächster Abschnitt). Daher brechen z.B. Bindungen wie 12C–H oder 32S–O leichter als 13C–H oder 34S–O. Kinetische Isotopieeffekte, die auf solchen Unterschieden in den Dissoziationsenergien beruhen, können vor allem bei biologischen – inklusive bakte-riellen – Reaktionen in der Natur außerordentlich groß sein, weil dabei die Reaktions-produkte kontinuierlich durch den Metabolismus der Lebewesen aus der Reaktionskette entfernt werden, so daß es nie zur Einstellung eines Gleichgewichts kommt. So erzeugt z.B. die Photosynthese der sogenannten C3-Pflanzen (zu denen ca. 90% der Landpflanzen und alle marinen Pflanzen gehören) eine Verarmung des schweren Kohlenstoffs 13C relativ zum leichten Isotop 12C in den Pflanzen gegenüber dem anorganischen CO2 oder der Luft oder des Wassers von 20 bis 30‰, die der C4-Pflanzen* (Mais, Zuckerrohr) von 13‰ – jeweils kinetische und Gleichgewichtsfraktionierung insgesamt, wovon der letztere Anteil nur rund 5‰ bei den C3-Pflanzen ausmachen sollte. Generell werden bei biologischen Pro-zessen die leichten Isotope eines Elementes im Organismus angereichert.

E m v m vkin = =1 2 1 21 12

2 22

v v m m1 2 2 1 30 28 1 035= = = .

HCO3−

215

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Stabile Isotope • Allgemeines

Kinetische Isotopieeffekte sind vornehmlich bei Reak-tionen bei niedrigen Tempe-raturen (also an oder nahe der Erdoberfläche) von Bedeutung, weil Reaktions-geschwindigkeiten expo-nentiell mit der Temperatur steigen, so daß die Einstel-lung eines Gleichgewichts sehr viel länger dauern würde als Zeit zur Verfü-gung steht. Sie werden in der Geochemie der stabilen Isotope von metamorphen oder magmatischen Prozes-sen daher meist nur am Rande behandel t . Hier beschäftigt man sich vor-nehmlich mit Gleichge-wichtsisotopieeffekten. Diese haben ihre Ursache in der Abhängigkeit der Bin-dungsenerg ie von der Atommasse. Wenn in einem Molekül ein leichtes Isotop durch ein schwereres ersetzt wird, bleiben Kernladung und Elektronenverteilung und ebenso die Kurve des Potentialenergieverlaufs unverändert. Da schwerere Isotope jedoch niedrigere Schwingungsenergieni-veaus besetzen als leichte, ist ihre Bindungsenergie in einem Molekül etwas größer als die des Moleküls mit dem leichten Isotop. Das ist für den Fall des Wasserstoff-moleküls in Abbildung 168dargestellt[370]. Beschreibt man ein zweiatomiges Molekül als harmonischen Oszillator, dann berechnen sich die Schwingungsenergieniveaus zu

Evibr = (n + 1/2) hν [GL 218]

mit n = 0, 1, 2, …

h = Plancksches Wirkungsquantum (6.626×10-27 erg×sec = 6.626×10-34 J×sec)

* Die Namen C3 und C4 beziehen sich auf die Anzahl von C-Atomen in den beiden Kohlenhydraten, die bei der Photosynthese in diesen Pflanzen im ersten Schritt der C-Fixierung nach Reduktion von CO2 entstehen. Bei einer kleinen Gruppe von Pflanzen (CAM-Pflanzen (Crassulacean acid metabo-lism: Ananas, Kakteen und andere Sukkulenten) gleicht die chemische Reaktion derjenigen der C4-Pflanzen, Licht- und Dunkelreaktion sind jedoch nicht räumlich, sondern zeitlich getrennt; CAM-Pflanzen halten tagsüber die Spaltöffnungen geschlossen, um den H20-Verlust zu minimieren.

pot

enti

elle

En

ergi

e [k

cal/

mol]

0

Nullpunkts-energie von D2 (4.1)

H-HH-DD-D

harmonischerOszillator

103.2105.3

104.0

109.4

dissoziierte Atome

interatomarer Abstand

ABBILDUNG 168 Schematisches Diagramm der potentiellen En-ergie des Wasserstoffmoleküls für die drei verschiedenen Spezi-es. Dargestellt sind die Schwingungsenergieniveaus für n = 0.Die wichtigen Schwingungsfrequenzen liegen bei 4405 Wellen-zahlen [cm-1] für H2, 3817 Wellenzahlen für HD und 3119 Wel-lenzahlen für D2. Mit steigender Temperatur werden dieSchwingungen aller Moleküle zunehmend unharmonisch unddie Unterschiede zwischen den einzelnen (hier nicht gezeigten)Energieniveaus kleiner und kleiner, bis die Moleküle schließlichdissoziieren. Alle Spezies des Wasserstoffs haben dieselbe spek-troskopische Dissoziationsenergie [109.4 kcal/mol]; aber diechemischen Dissoziationsenergien und die Nullpunktsenergienunterscheiden sich um bis zu 2 kcal/mol. Die Moleküle mit demschwereren Isotop haben höhere Dissoziationsenergien undsind somit stabiler als die mit dem leichten Isotop. Die Isotopen-fraktionierung zwischen den Molekülen läßt sich durch Unter-schiede in ihren Nullpunktsenergien erklären.

216

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B. Stabile Isotope

ν = Schwingungsfrequenz (s-1).

Am absoluten Nullpunkt (T = -273.15°C) ist n = 0, und damit ergibt sich die Energie des Grundschwingungszustands zu E = 1/2 hν. Die Schwingungsfrequenz berechnet sich für den idealen harmonischen Oszillator zu

[GL 219]

Darin stehen k für die Kraftkonstante und µ für die sogenannte reduzierte Masse, die sich für ein zweiatomiges Molekül berechnet zu (m1, m2 = Massen der Moleküle M1 und M2):

[GL 220]

Aus dieser Gleichung erkennt man, daß µ mit steigender Masse m steigt und ν folglich sinkt. Damit besetzt beispielsweise das Molekül D–D niedrigere Schwingungszustände als 1H–D oder gar 1H–1H. Die relativen Unterschiede der reduzierten Massen für verschiedene Moleküle sind bei schweren Elementen kleiner als bei den leichten, so daß die Energie-niveaus verschiedener Moleküle bei schwereren Elementen relativ näher beieinander lie-gen; die Fraktionierung der Isotope ist damit bei schwereren Elementen in der Natur klei-ner als bei leichten.

Die Grundschwingungszustände sind in Abbildung 168 für die Moleküle D2, DH und H2schematisch angegeben. Das Molekül des schweren Wasserstoffs besitzt demnach eine Nullpunktsenergie, die um knapp 2 kcal/mol niedriger ist als die von H2. Bei T>>0 K wer-den die Molekülschwingungen zunehmend unharmonisch und die Abstände zwischen den einzelnen Schwingungsenergieniveaus kleiner und kleiner, bis das Molekül schließlich dissoziiert. Die Dissoziationsenergie für D2 liegt um denselben Betrag von knapp 2 kcal/mol über der für H2, d.h. die Bindung von D2 ist etwas stärker als die von HD oder H2.

Die freie Energie, die bei Isotopenaustauschreaktionen in Erscheinung tritt, ist um Größen-ordnungen niedriger als Bindungsenergien oder Reaktionswärmen. Sie ergibt sich für T = 0 K z.B. als Differenz der Nullpunktsenergien zwischen den beiden betrachteten Molekülarten, sonst als Differenz der entsprechenden Energieniveaus für T. So ist z.B. mit dem Isotopenaustausch

1/2C16O2 + H2

18O ? 1/2 C18O2 + H2

16O,

der bei 25°C eine Gleichgewichtskonstante von 1.0412 aufweist, nur eine Änderung der freien Energie

RT ln K = -23.9 cal/mol

verbunden, eine Energie, die viel zu klein ist, um chemische Reaktionen in Gang zu setzen. Andererseits wird man davon ausgehen dürfen, daß p,T-Bedingungen, die geeignet sind, Bindungen wie Si–O oder Al–O in Mineralen aufzubrechen und umzubauen – also Isoto-pengleichgewicht herzustellen – auch ausreichen werden, um in einem System chemisches Gleichgewicht herzustellen. Mit anderen Worten: Wenn in einem System die Minerale im stabilen Isotopengleichgewicht stehen, besteht eine große Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Gestein auch im chemischen Gleichgewicht steht.

νπ μ

= 12

k

N mkg

kg m smkg

s= =

⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥

2

1

μ =+

=+

m mm m

m m

1 2

1 2

2 1

11 1

217

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Stabile Isotope • Allgemeines

Eine der wichtigsten Definitionen in der Geochemie stabiler Isotope ist die des Fraktio-nierungsfaktors α zwischen 2 Substanzen A und B:

αA-B = RA/RB [GL 221]

wobei RA,B die Verhältnisse des schweren zum leichten Isotop sind, also z.B. D/H, 13C/12C, 18O/16O. Wenn die Isotope statistisch auf alle in Frage kommenden Positionen des betrach-teten Moleküls oder der Verbindung verteilt sind, besteht zwischen α und der Gleichge-wichtskonstanten K die Beziehung

α = K1/n [GL 222]

wobei n die Anzahl der in der betrachteten Reaktion ausgetauschten Atome ist. Man kann sich α als eine Art Verteilungskoeffizient vorstellen, der oft auch in der Form lnα, 103 lnα, K, lnK, ε ≡ Δ = (RProbe/RStandard – 1)×103 [‰] angegeben wird. Die Gleichgewichtskonstante Kergibt sich für eine Reaktion wie

H218O + 1/3CaC16O3 ? H2

16O + 1/3CaC18O3

nach dem Massenwirkungsgesetz zu:

Man setzt hierin Konzentrationen anstatt von Aktivitäten oder Fugazitäten ein, weil die Verhältnisse von Aktivitätskoeffizienten für Moleküle mit verschiedenen Isotopen 1 sind. Wie alle Gleichgewichtskonstanten, so ist auch K temperaturabhängig. Das bildet die Basis für die Benutzung von Isotopenaustauschgleichgewichten als Geothermometer.

Aus obiger Gleichung für K kann man α berechnen. In der Reaktion wird ein Sauerstoff aus-getauscht bzw. 1 mol mit 1/3 mol CaCO3 umgesetzt; n ist daher 1 für H2O und 1/3 für CaCO3:

Die Gleichgewichtskonstante K kann mit der sogenannten Verteilungsfunktion Q in Bezie-hung gesetzt werden, einer Funktion, die aus der statistischen Mechanik stammt. Die Ver-teilungsfunktionen enthalten alle Informationen über den Energieinhalt eines Moleküls. Die innere Energie Eintern eines Moleküls kann als Summe aller Energieformen beschrieben werden, nämlich einem Translationsanteil, einem Rotationsanteil, einem Schwingungsan-teil, einem elektronischen sowie einem Kernspinanteil:

Eintern = Etrans + Erot + Evibr + Eel + Espin [GL 223]

Die beiden letzten Terme sind dabei vernachlässigbar klein. Zu jedem betrachteten Zeit-punkt können Eintern und ihre Verteilung auf die verschiedenen Energieformen variieren. Im Gleichgewicht bei gegebener Temperatur T beträgt der Anteil der Moleküle nE/n0, die den Energieinhalt Eintern aufweisen

[GL 224]

mit nE = Anzahl Moleküle mit Energieinhalt Eintern,

n0 = Anzahl Moleküle mit Nullpunktsenergie,

gi = statistischer Gewichtsfaktor („Entartung“ von Eintern),

k = Boltzmann-Konstante (1.3807×10-23 J/K).

K =⎡⎣ ⎤⎦ × ⎡⎣ ⎤⎦⎡⎣ ⎤⎦ × ⎡

H O CaC O

H O CaC O

216 18

3

218 16

3

1 3

⎣⎣ ⎤⎦=

⎣⎢

⎦⎥

⎡⎣ ⎤⎦1 3

1 3CaC OCaC O

H O

H O

183

163

218

216⎡⎡⎣ ⎤⎦

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟

α = =⎡

⎣⎢

⎦⎥

⎡⎣ ⎤⎦K n1

1 31 3CaC O

CaC O

H O

H

183

163

218

216OO

O O

O O

18 16

CaCO18 16

H O

3

2

⎡⎣ ⎤⎦=

( )( )

n n g eE iE kTi

0 = −

218

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B. Stabile Isotope

Es kann sein, daß es mehr als einen Zustand mit demselben Energieniveau Ei gibt; ein sol-cher Zustand heißt „degeneriert“ oder „entartet“ und muß mit dem Wichtungsfaktor giversehen werden, welcher der Anzahl der einzelnen Zustände mit Ei entspricht. Durch Summierung der Gleichung über i, d.h. alle erlaubten Energieniveaus der Moleküle, erhält man Q:

[GL 225]

Q wird auch als „Zustandssumme“ oder „statistische Summe“ bezeichnet. Die mittlere Energie des betrachteten Systems von Molekülen ist dann das, was man gewöhnlich als innere Energie bezeichnet. Wenn die erlaubten Energien des gesamten Systems von Mole-külen E1, E2, … Ei, berechnet sich die mittlere Energie zu:

[GL 226]

Für einen Isotopenaustausch, bei dem a Moleküle A, die das leichte Isotop l enthalten, mit b Molekülen B, die das schwere Isotop s enthalten, umgesetzt werden, also

aAl + bBs ? aAs + bBl

berechnet sich die Gleichgewichtskonstante K zu

[GL 227]

Ähnlich wie die einzelnen Energieformen kann auch die Verteilungsfunktion eines Mole-küls in die einzelnen Anteile zerlegt werden:

[GL 228]

Die Unterschiede zwischen dem translationalen und rotationalen Anteil sind zwischen den einzelnen Komponenten auf der rechten und linken Seite der Isotopenaustausch-gleichung ähnlich groß (mit Ausnahme des Wasserstoffs), so daß im wesentlichen unter-schiedliche Schwingungsenergien als Ursache der Isotopieeffekte übrig bleiben.

In die Exponentialfunktion von Q und damit auch in Q und α oder K geht die Temperatur ein. Darauf beruht die Möglichkeit, Isotopenaustauschgleichgewichte für die Zwecke der Geothermometrie zu nutzen. Die Druckabhängigkeit ist dagegen – zumindest für Festkör-per und freie Moleküle so klein, daß sie unter den Drücken der Erdkruste vernachlässigt werden kann. Ausnahmen sind D–H-Austauschreaktionen, an denen Wasser beteiligt ist[372]. Die Verteilungsfunktionen sind nur für ideale Gase einfach zu berechnen, und bei der Übertragung auf flüssige und feste Stoffe muß man eine Anzahl von mehr oder weniger gesicherten Annahmen machen. Theoretische Berechnungen[373] haben ergeben, daß für die Isotopenfraktionierung zwischen H2O-freien Mineralpaaren bei Temperaturen >500 °C einfache Beziehungen des Typs

1000 ln α = A/T2 [GL 229]

gelten sollten (α ≅ 1/T2) und für die Fraktionierung zwischen Mineralen und Fluiden bei T<500 °C Beziehungen vom Typ

1000 ln α = A/T2 + B. [GL 230]

Q g eiE kT

i

i= −∑

En E

n

g E e

g ekT

QT

i i

i

i iE kT

iE kT

i

i= = = ∂

∂∑

∑∑

∑−

−2 ln

KQ Q

Q Q

Q Q

Q Q

A

a

B

b

A

a

B

bs l A

a

s l B

bs l

l s

=( ) ( )( ) ( )

=( )( )

QQ

QQ

QQ

QQ

s

l

s

l

s

l

s

l

=⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟trans rot vvibr

219

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Stabile Isotope • Allgemeines

Bei kleinen Temperaturintervallen und niedrigen Temperaturen läßt sich allerdings auch die Relation α ≅ 1/T verwenden – ähnlich wie bei petrologischen Thermometern, die auf dem chemischen Austausch zwischen Phasen beruhen. Dennoch sollten die Gleichungen nicht weit über den Bereich extrapoliert werden, für den einigermaßen gesicherte Daten vorliegen. Neben der Temperaturabhängigkeit zeigen α bzw. K natürlich auch eine starke Abhängigkeit von Chemismus und Art der chemischen Bindung.

Zur Ermittlung der Gleichgewichtskonstanten für die Isotopenaustauschreaktionen bieten sich 3 Methoden an, nämlich (a) die theoretische Berechnung, (b) die experimentelle Bestimmung und (c) die empirische Eichung. Methode (b) ist bislang nur auf Mineral/Fluid- und Schmelze/Fluidsysteme angewandt worden, und ist sicherlich die zu diesem Zweck best geeignete. Sie folgt den Prinzipien der experimentellen Petrologie, wonach das Gleichgewicht von beiden Seiten her kommend eingestellt werden muß.

Abbildung 169 zeigt die Temperaturabhängigkeit des Wasserstoffisotopenaus-tausches einiger Mineral/H2O-Gleichgewichte für den Wasserstoffisotopen-austausch[370]. Insbesondere die Fraktionierungskurve für Kaolinit– H2O[371] ver-hält sich danach merkwür-dig und zeigt nicht die Pro-portionalität mit 1/T2. Nach Driesner[372] liegt die Ursa-che für diese und viele ähn-liche scheinbar sonderbare D/H-Fraktionierungen in ei-ner n icht korr ig ie r ten Druckabhängigkeit. Seine Berechnungen zeigen, daß der Druckeffekt besonders groß ist im Bereich um die Temperatur des kritischen Punktes von Wasser bei Drücken zwischen ca. 22 und 200 MPa (0.22 – 2 kbar) und darüber, unter Bedin-gungen also, die für hydro-thermale Austauschreaktio-nen in der Natur relevant sind (Abbildung 170-oben). Weiterhin weist er darauf hin, daß z.B. experimentelle Daten für die D/H-Fraktionierung zwischen Epidot und H2O eine erhebliche Druckabhängigkeit zeigen, wenn man notwendige Korrekturen an den Daten für die Struktur der Dampfphase (polymere H2O-Cluster, deren Anteil in der Dampfphase oberhalb von 200 °C stark an-steigt, fraktionieren D und H anders als einzelne Moleküle) und den Druckeffekt der flüssi-gen Phase vornimmt (Abbildung 170-unten). Es ist dann zu sehen, daß oberhalb von ca. 300 °C die Temperaturabhängigkeit der D/H-Fraktionierung abnimmt, so daß diese sich möglicherweise gar als Geobarometer eignet.

Für die Abhängigkeit von α und K vom Chemismus und der Art der chemischen Bindung lassen sich einige systematische Charakteristika herausstellen: Bindungen an Ionen mit hohem Verhältnis von Ladung zu Ionenradius und niedrigem Atomgewicht zeichnen sich durch hohe Schwingungsfrequenzen aus und haben eine Tendenz, das schwere Isotop anzureichern, um die freie Energie des Systems zu erniedrigen. So weist z.B. Quarz eine Bin-

650°C 450 350 250 200 150

1 2 3 4 5 6

106/T2

-80

-60

-40

-20

0

20

1000

ln α

Min

eral

–H2O

Serpentin

Kaolinit

Klinozoisit

Zoisit

Biotit

Chlorit

Hornblende

Muskovit

Fraktionierung der Wasser-stoffisotope zwischen

Mineralen und H2O

ABBILDUNG 169 Tatsächliche oder vermeintliche Temperatur-abhängigkeit des Austauschs der Wasserstoffisotope D und H fürverschiedene Mineral/H2O-Gleichgewichte

220

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B. Stabile Isotope

dung des hoch geladenen und kleinen Si4+ an Sauerstoff auf, während der Sauerstoff im Magnetit an das relativ große, weniger hoch geladene Fe2+ und Fe3+ gebunden ist. Tatsäch-lich ist Quarz unter den wichtigsten gesteinsbildenden Mineralen – betrachtet bei gleicher Temperatur – dasjenige mit der höchsten 18O-Anreicherung und Magnetit das 18O-ärmste.

H2O scheint sich in dieses Schema nicht einzupassen. Es hat wesentlich höhere Schwin-gungsfrequenzen (zwischen 1600 und 3900 cm-1) als die meisten Minerale (<1000 cm-1) und sollte von daher 18O-reich sein. Tatsächlich ist die Fraktio-nierung Mineral/Wasser bei Temperaturen unterhalb von ca. 400 – 500 °C derart, daß sich 18O in den meisten Mine-ralen anreichern wird. Das liegt daran, daß neben hoher Schwingungsfrequenz noch eine zweite Komponente wich-tig ist, nämlich die Änderung der Schwingungsfrequenz bei der Isotopensubstitution; und die ist für O–H (≈1%) viel nied-riger als für O–Si, O–Al oder O–Fe (≈7 – 8%). Bei tiefen Tempe-raturen ist dann der Effekt der Frequenzänderung dominie-rend, bei hoher Temperatur die Höhe der Schwingungsfre-quenz.

Nach Quarz sind Feldspäte die Minerale mit dem nächsthöhe-ren 18O-Gehalt. Es ist einleuch-tend, daß δ18O von Feldspäten niedriger als das von Quarz ist, weil Al3+ ein niedrigeres Ver-hältnis von Ladung zu Radius hat als Si4+. Demgegenüber ist der Einfluß der übrigen Katio-nen der Feldspatstruktur (Alka-l i en , Ca) k le in oder gar vernachlässigbar.

Unter den Granaten Grossular und Andradit reichert der erstere 18O relativ an, was i.w. der geringen Atommasse des Al gegenüber Fe3+ zuzuschreiben ist. ZnS reichert 34S relativ zu PbS an, auch hier erklärbar durch die geringere Masse des Zn.

1.0

106/T2 [T in K]

1000

ln α

Epid

ot–W

asse

r

s.v.p.

2.0 3.0 4.0

650

5.0-100

-80

-60

-40

-20

50100200400

0.1MPa

550 450 350 300 250 200 °C

1‰

5‰ 10

15‰

100 200 300 400 500 600

50

100

150

200

Temperatur [°C]

Dru

ck [M

Pa]

20‰

kritischer Punkts.v.p.22.1MPa

ABBILDUNG 170 Oben: berechnete Druckabhängigkeit derD/H-Fraktionierung in H2O, dargestellt in einem p–T-Dia-gramm. Die angegebenen Werte sind unterhalb des kriti-schen Punktes relativ zur Fraktionierung entlang der Siede-kurve (s.v.p. = saturated vapor pressure) angegeben, rechtsdavon relativ zur Fraktionierung beim Druck des kritischenPunktes (22.1 MPa). Unten: D/H-Fraktionierung zwischenEpidot und H2O als Funktion von p und T, korrigiert von[372] nach Literaturdaten.

221

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Stabile Isotope • Allgemeines

Karbonate sind im Vergleich zu anderen Mineralgruppen reich an 18O, was der Bindung des

Sauerstoffs an das kleine und hoch geladene C4+ zuzuschreiben ist sowie – im Fall sedimen-tärer Karbonate – der niedrigen Bildungstemperatur. Innerhalb der Gruppe der Karbonate hat MgCO3 die höchste relative Anreicherung an 18O, wenn die Karbonate mit Wasser im Isotopenaustauschgleichgewicht stehen, erklärbar durch den kleinen Ionenradius von Mg. Cd2+ und Ca2+ haben denselben Radius. Das niedrigere Δ18O von CdCO3 unterstreicht deutlich die Rolle der Atommasse für das Gleichgewicht. Tabelle 17[370] gibt eine Aufstel-lung von Δ18O-Werten für den Sauerstoffaustausch zwischen Karbonaten und Wasser.Tabelle 18 schließlich gibt hypothetische Werte für die zu erwartende Abfolge der O-Isoto-pien für eine Reihe von Mineralen in Metapeliten an[374].

Anders als bei den radiogenen Isotopen werden die Isotopenverhältnisse der stabilen Iso-tope stets relativ zu Standardmaterialien angegeben. Herstellung und Verteilung dieser Standards ist vor einigen Jahren der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien übertragen worden[377]. Zur Angabe der Isotopien von Wasserstoff und Sauerstoff wird vor-nehmlich „standard mean ocean water“ (VSMOW „V“ für „Vienna“) benutzt, das von R. Weiss und H. Craig* für die IAEA hergestellt wurde.

Bei den Kohlenstoffisotopen ist der Vorrat des ursprünglichen Standards PDB (Peedee Belemnite aus South Carolina) längst erschöpft. Dies war der Standard, der an der Univer-

TABELLE 17: 18O/16O-Fraktionierung zwischen MCO3 und H2O

M �18O (25°C)a

a. Δ18O = 1000 ln α(MCO3 – H2O)

�18O (240°C) Radius (M2+) Atomgewicht (M)Mg 31.2 – 0.72 24.3

Ca (Aragonit) 28.7 – 1.18 40.1

Ca (Calcit) 28.0 7.2 1.00 40.1

Mn – 6.8 0.83 54.9

Sr 26.8 6.2 1.16 87.6

Cd 26.1 6.0 0.95 112.4

Ba 24.5 4.7 1.36 137.4

Pb – 4.5 1.18 207.2

TABELLE 18: Hypothetische Abfolge der �18O-Werte koexistierender Minerale aus pelitischen Schiefern bei niedrig-bis mittelgradiger Metamorphose

Mineral �18O Mineral �18OQuarz +15.0 Hornblende +10.0

Dolomit +14.2 Titanit +10.0

K-Feldspat, Albit +13.0 Olivin, Granat +9.5

Calcit +12.8 Zirkon +9.5

Anorthit +11.5 Biotit +8.5

Muskovit, Paragonit +11.3 Chlorit +8.0

Augit, Diopsid +10.5 Ilmenit +5.5

Orthopyroxen +10.5 Magnetit +4.5

* Harmon Craig (1926–2003), amerikanischer Geochemiker an der Scripps Institution of Oceanogra-phy in La Jolla; als Schüler von H.C. Urey beschäftigte sich Craig zuerst mit C- und O-Isotopen von Meteoriten, bevor er sich der Geochemie der Ozeane im weitesten Sinn zuwandte.

222

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B. Stabile Isotope

sity of Chicago im Anschluß an eine theoretische Arbeit von Urey* bei der Entwicklung der Paläotemperaturbestimmung der Ozeane über das Verhältnis 18O/16O verwendet wurde[381]. Mit Hilfe von sekundären, an PDB geeichten Standards wird aber auch heute noch die C-Isotopenzusammensetzung relativ zu PDB angegeben (als VPDB), desgleichen die O-Isotopenzusammensetzung bei der Paläotemperaturbestimmung der Ozeane. Der neuere Karbonatstandard NBS 19 mit δ13CNBS19/PDB = 1.95, scheint geeignet, die übrigen Sekundärstandards zu ersetzen.

Bei der Messung der N-Isotope wird Luftstickstoff als bequemer Standard verwendet, des-sen Isotopenzusammensetzung weltweit konstant ist. S-Isotopenzusammensetzungen werden relativ zu der von Troilit aus dem Eisenmeteorit Canyon Diablo angegeben (in Ruß-land Troilit aus dem Meteoriten Sikhote Alin); auch hier werden zahlreiche Sekundär-standards verwendet.

Tabelle 19 zeigt eine Übersicht über die Isotopenzusammensetzungen der wichtigsten der aufgezählten Standards[374].

Die Fehler entsprechen 95% Vertrauensintervall (2σ) und beziehen sich auf die jeweils letz-ten Stellen.

Mit Hilfe solcher Standards werden die Zusammensetzungen der stabilen Isotope in der δ-Formulierung angegeben (ähnlich wie bei einigen radiogenen Isotopensystemen in der ε-Formulierung):

[GL 231]

z.B. für Sauerstoff:

wobei Pr für Probe, Std für Standard steht. Analog wie beim 143Nd/144Nd wird auch bei eini-gen stabilen Isotopen die ε-Form verwendet:

* Harold C. Urey (1893–1981) amerikanischer Chemiker, Nobelpreis für Chemie 1934 für die Ent-deckung des Deuteriums. Später arbeitete Urey vor allem an grundlegenden Fragen der Kosmo- und Geochemie. Er schlug auch die Methoden der Paläotemperaturbestimmung mittels mariner Karbo-nate vor (siehe Seite 230).

TABELLE 19: Isotopenverhältnisse einiger internationaler Standards

Standard Verhältnis akzeptiertes VerhältnisSMOW D/H 0.00015576±10

18O/16O 0.00200520±4317O/16O 0.000373±15

PDB 13C/12C 0.0112372±2918O/16O 0.0020671±2117O/16O 0.000379±15

Luftstickstoff 15N/14N 0.0036765±81

Canyon Diablo-Troilit 34S/32S 0.0450045±93

δ ‰][ Pr= −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

×RRStd

1 103

δ ‰]O O

O O[ =

( )( ) −

⎢⎢

⎥⎥

×18 16

18 1631 10Pr

Std

223

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Stabile Isotope • Allgemeines

[GL 232]

Sind verschiedene Standards in Gebrauch, dann lassen sich die δ-Werte der Proben leicht auf die verschiedenen Standards umrechnen, vorausgesetzt der Umrechnungsfaktor der beiden Standards untereinander ist bekannt:

(i)

(ii)

(iii)

[GL 233]

δ und α können ebenfalls leicht ineinander umgerechnet werden. Gegeben seien die δ-Werte für zwei Phasen A und B (z.B. verschiedene Minerale oder verschiedene Aggregat-zustände derselben Komponente):

[GL 234]

Mit Hilfe von GL 233 lassen sich die Umrechnungen vornehmen, die erforderlich sind, um die auf frühere Standards bezogenen Analysen von D/H, 13C/12C und 18O/16O zu korrigie-ren. Verbindlich sind derzeit[378]:

• D/H-Verhältnisse werden relativ zu VSMOW angegeben, derart, daß δDSLAP/VSMOW = -428‰ ist.

• 13C/12C-Verhältnisse werden relativ zu VPDB angegeben, so daß δ 13CNBS19/VPDB = +1.95‰.

• 18O/16O wird entweder relativ zu VSMOW oder zu VPDB angegeben, dergestalt daß δ 18OSLAP/VSMOW = -55.5‰.

ε = −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

×RRStd

Pr 1 104

δStd StdStd

StdStd

RR

R2 12

1

321 10 10/ = −

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× ⇒ = −332 1 11δStd Std StdR/ +( ) ×

δδPr / Std2

Pr

Std

Pr

Std

RR

R= −

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× =−

2

33

2

1 1010 /SStd StdR1 1

3

11 10

+( ) ×−

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

×

⇒ = +( ) +( )− −R RPr Pr / Std2 Std2 / Std1 Std10 1 10 13 3δ δ 11

δδ

Pr / Std1Pr

Std1

Pr / Std2RR

= −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× =+−

1 1010

33 11 10 1

13( ) +( )

−⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

×− δStd2 / Std1 Std1

Std1

R

R1103

δ δPr / Std1

Pr

Std1Pr / Std2

RR

= −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× = +−1 10 103 3 11 10 1 1 103 3( ) +( ) −⎡⎣

⎤⎦ ×− δStd2 / Std1

δ δA SMOW

A

SMOWA A SMOW

RR

R/ /= −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× ⇒ = +−1 10 103 3 11( ) RSMOW

δ δB SMOW

B

SMOWB B SMOW

RR

R/ /= −⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

× ⇒ = +−1 10 103 3 11( ) RSMOW

αδ

δ= =

+( )+( )

RR

A

B

A SMOW

B SMOW

10 1

10 1

3

3

/

/

224

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B. Stabile Isotope

18.0 Wasserstoff und Sauerstoff

Wasserstoff und Sauerstoff werden gemeinsam behandelt wegen der engen Vergesellschaf-tung der beiden Elemente in der Natur.

Wasserstoff besteht aus den beiden stabi-len Isotopen H und D. In SMOW liegt die Häufigkeit des Deute-riums bei 155.8 ppm. Wegen des großen Iso-topieeffekts als Folge des großen Massenun-terschieds zwischen H und D zeigt Wasser-stoff eine riesige Isoto-penfraktionierung in der Natur, die >50% auf der Erde ausmacht ( s iehe Abbi ldung 171)[374].

Sauerstoff besteht aus drei stabilen Isotopen mit den Massenzah-len 16, 17 und 18. Aus den Daten in Tabe l le 19 auf Seite 223 errechnet man Häufigkeiten für SMOW von 99.763%, 0.038% bzw. 0.200%. Für PDB betragen die Häufigkei ten 0.99756%, 0.00038% und 0.00206%. Das Verhältnis 18O/16O variiert auf der Erde um ≈10% als Folge sowohl von Gleichge-wichts- als auch von kinetischen Prozessen (Abbildung 171[370].

Die massenspektrometrische Messung erfolgt in Form von Gasen – H2 und CO2. Silikate werden meist mit BrF5 aufgeschlossen, seltener mit ClF3 oder F2. Bei Karbonaten genügt die Umsetzung mit H3PO4, bei H2O die Äquilibrierung mit CO2. Größtes Gewicht ist auf Voll-ständigkeit der chemischen Reaktion zu legen (Aufschluß) bzw. auf Einhaltung konstanter Bedingungen zur Erzielung der Gleichgewichtseinstellung bei Reaktionen mit bekanntem K (Äquilibrierung). Bei unvollständiger Reaktion kann nicht erwartet werden, daß Reakti-onsprodukt und ungelöster Rest eine identische Isotopenzusammensetzung haben. Die Reproduzierbarkeit guter massenspektrometrischer Analysen liegt für Sauerstoff bei ≈±0.02‰. Wesentlich größere Fehler resultieren jedoch aus der Aufbereitung der Proben, so daß für den Gesamtfehler einer O-Messung ≈±0.1‰, für Wasserstoff von ≈±0.5 – 2‰ angenommen werden kann. Inzwischen erzielt man gute Ergebnisse mit der Laserfluorie-

-400 -300 -200 -100 0 100δD [‰]

-60 -40 -20 0 20 40

δ18O[‰]

meteorisches Wasser

Meerwasser

Sedimente

Metamorphite

granitische Gesteine

meteorisches Wasser

Meerwasser

Sedimente

vorzugsweise Verlust von1H aus der Atmosphäre

Magmatite und Metamorphite

juvenile Wässer?, OH-Minerale aus dem Mantel?

basaltische Gesteine

ABBILDUNG 171 Variation der Verhältnisse D/H [oben] und 18O/16O[unten] in Gesteinen und Wässern

225

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Wasserstoff und Sauerstoff

rung, bei der ein kleines Volumen eines Minerals durch einen Laserstrahl verdampft und mit F2-Gas fluoriert wird; es ist zu erwarten, daß dieses Verfahren für viele Anwendungen die konventionellen Aufschlußmethoden bald weitgehend verdrängen wird. Bei der Ana-lyse irdischer Proben beschränkt man sich in der Regel auf die beiden Sauerstoffisotope 16O und 18O. Dabei wird unterstellt, daß durch natürlich ablaufende Prozesse auf der Erde die Sauerstoffisotope massenabhängig fraktioniert werden, d.h. δ17O = 0.52 δ18O (der Faktor ist nicht exakt 0.5, weil der relative Massenunterschied Δm/m zwischen 16O und 17O etwas größer ist als halbe Massenunterschied zwischen 16O und 18O). Auf die Meteorite trifft das jedoch nicht zu (hier spielen Effekte der Elemententstehung und -fraktionierung im sola-ren Nebel eine Rolle), und daher werden in der Kosmochemie sowohl 18O/16O als auch 17O/16O gemessen, was wegen der geringen Häufigkeit von 17O zudem größeren analytischen Aufwand erfordert.

18.1 Sauerstoff und Wasserstoff in Hydro- und AtmosphäreIn der Geochemie der stabilen Isotope wird zwischen Ozeanwasser und meteorischem Was-ser unterschieden. Als meteorisch wird Wasser bezeichnet, das den meteorologischen Zyklus durchlaufen hat, also Verdampfung (über den Ozeanen), Kondensation, Nieder-schlag. Das Wasser auf den Landoberflächen fällt damit auch unter diese Kategorie, d.h. das Wasser der Flüsse und Seen sowie der Gletscher.

ABBILDUNG 172 Temperaturabhängigkeit der Isotopenfraktionierung bei der Verdampfung von Wasser

Wenn das Wasser an der Oberfläche der Ozeane verdampft, ist die Dampfphase am schwe-ren 18O und an D relativ verarmt, weil H2

16O den höchsten Dampfdruck aller denkbaren Wassermoleküle hat. δD und δ18O des Wassers in der Atmosphäre haben daher negative δSMOW-Werte. Abbildung 172[25] zeigt die experimentell bestimmten Fraktionierungskurven für Gleichgewichtsverdampfung von H2O für α18O und αD in Abhängigkeit von der Tempe-ratur. Tatsächlich hat das atmosphärische H2O im Nordpazifik und Nordatlantik aber ein deutlich negativeres δ18O (um ≈4‰) als es dieser Gleichgewichtskurve entspricht, was kinetischen Effekten zugeschrieben wird.

1.002

1.004

1.006

1.008

1.010

1.012

1.014

1.02

1.04

1.06

1.08

1.10

1.12

1.14

150100500-50

T [°C]

Frak

tion

ieru

ng

sfak

tor,

18O Fraktionierun

gsfaktor, D

αD

α18O

α18O =

Fraktionierungsfaktoren:(18O/16O)H2O-flüssig

(18O/16O)H2O-Dampf

αD =(D/H)H2O-flüssig

(D/H)H2O-Dampf

226

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B. Stabile Isotope

Wenn das atmosphärische Wasser zu Regen kondensiert, reichern sich die schweren Isotope im Regen an, und der in der Gasphase verbleibende Rest wird daher isotopisch immer leichter, wie es in Abbildung 173[374]

schematisch gezeigt ist. Dieser Zusammenhang hat sich als nützlich erwiesen, um die Heimat von „Ötzi“ im heutigen Südtirol zu lokalisieren, das seinen Niederschlag vorzugs-weise vom Mittelmeer erhält, und nicht im Gebiet nördlich der Wasser-scheide, das im Einzugsgebiet des wesentlich weiter entfernten Atlan-tiks liegt[375].

Die Kondensation des Wasserdamp-fes zu (Regen)Wasser unter Gleichge-wichtsbedingungen kann durch das Rayleighsche Destillationsgesetz beschrieben werden:

[GL 235]

wobei R das 18O/16O- oder D/H-Verhältnis des verbleibenden Wasserdampfes ist, R0 das initiale 18O/16O- oder D/H-Verhältnis des Wasserdampfes vor Beginn der Kondensation und f der Bruchteil des noch verbleibenden Wasserdampfes. Durch Einsetzen von [GL 234] erhält man daraus für die Sauerstoffisotope:

[GL 236]

oder

[GL 237]

wobei δ18O der Wert des verbleibenden Wasserdampfes ist. In Abbildung 174[25] ist δ18O von Wasserdampf und Kondensat gegen f aufgetragen für T = 25°C und α = 1.0092 sowie

Dampf δ18O=-13‰

� � �

-15‰

-17‰

-3‰(Regen)

-5‰ (Regen)

Schematische Darstellung derSauerstoffisotopenfraktionierung im

atmosphärischen Wasserkreislauf

KontinentOzean

δ18O=0‰

ABBILDUNG 173 Das Ausregnen von Wolken bewirktals Funktion der Entfernung vom Entstehungsort derWolken (Ozeane) eine Isotopenfraktionierung desH2O, das isotopisch ständig leichter wird.

flüssig dampfförmig

1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0Anteil des verbleibenden Dampfes

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0δ18

O[‰

]ABBILDUNG 174 Fraktionierung der Sauerstoffi-sotope bei der Kondensation von Wasser aus der Dampfphase nach dem Rayleighschen Destillati-onsgesetz (α = 1.0092). Das initiale δ18O des Wasserdampfes wurde zu -9.2‰ angenommen. Das erste Kondensat dieses Dampfes hat dann ein δ18O von 0. Durch Entfernung jedes Inkre-ments von kondensiertem Wasser aus der Wolke wird das δ18O des Dampfes sinken, und damit sinkt auch δ18O des folgenden Kondensats stän-dig.

R R f01= −( )α

RR

f0

13 18

3 18

10 1

10 1= = ( )

−( )−

−α δ

δO+

O +0

δ δα α18 1 3 18 3 110 1 1 10O O +0

= ( )⎡⎣

⎤⎦ −{ } × =−( ) − −( )f f δδ 18 3 310 10O +

0( )⎡

⎣⎤⎦ −

227

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Wasserstoff und Sauerstoff

(δ18O)0 = -9.2‰. Der darin aufgetragene δ18O-Wert des Kondensats im Gleichgewicht mit Wasserdampf läßt sich berechnen durch Auflösen von [GL 234], wenn A = Wasser und B = Wasserdampf gesetzt wird:

[GL 238]

Aus Abbildung 174 geht hervor, daß δ18O von Wasserdampf und Was-ser mit zunehmender Kondensat ion 1 8 O-ärmer werden. Darin liegt die Ursache, daß das Süßwasser auf den Kontinenten niedrigere D/H- und 18O/16O-Ver-hältnisse hat als Ozean-wasser. Ausnahmen sind Gewässer in Gebie-ten mit exzessiver Ver-dunstung.

Da die Fraktionierung bei der Kondensation von Wasserdampf für beide Isotopensysteme gleichsinnig verläuft, verwundert es nicht, daß es hier eine Korrela-tion gibt, die sich mit

δD = aδ18O + b [GL 239]

beschreiben läßt und als meteoric water linebekannt ist.

Die Werte von a und bsind innerhalb gewisser Grenzen variabel, weil abhängig von den Bedingungen der Ver-dampfung und des Nie-derschlags sowie dem Transport des Wassers in der Gasphase . Typisch sind Werte von a ≈ 8 und b ≈ 5 – 10. Diese Gleichung ist in der Abbildung 175[25] schematisch dargestellt. Die Gleichgewichts-fraktionierung stabiler Isotope verläuft proportional 1/T2; daher findet man die größte Fraktionierung (d.h. die niedrigsten Werte von δD und δ18O in den Niederschlägen der Polarregionen, während Niederschläge in den Äquatorgebieten Werte bis zu δ18O, δD ≈ 0 annehmen können. Die inverse Kopplung der Fraktionierung mit der Temperatur ist aus dem unteren Teil der Abbildung 175 abzulesen, in der das mittlere jährliche δ18O des loka-

δ α δL SMOW V SMOW/ /= +( ) −⎡⎣

⎤⎦ ×−10 1 1 103 3

δ α δL SMOW V SMOW/ /= +( ) −10 103 3

0

-400

-300

-200

-100

100

δD [‰

]

100-10-20-30-40-50

δ18O [‰]

„Meteoric Water Line“δD = 8×δ18O + 10

schwersterNiederschlag

abgeschlosseneBecken

hohe Breiten

niedrige Breiten

Steigung der Trajektoriender Verdampfung ≈5

20100-10-20-30-40Jahresdurchschnittstemperatur der Luft [°C]

-40

-30

-20

-10

0

δ18O

[‰]

δ18O = 0.695×T – 13.6

ABBILDUNG 175 Oberes Diagramm: „meteoric water line“. Die Iso-topie von Wasser und Schnee zeigen eine ausgeprägte Abhängig-keit vom der geographischen Breite und damit der Temperatur derKondensation. Wässer abgeschnürter Becken und einiger Seen undFlüsse im nordöstlichen Afrika mit extremer Verdampfungsrate zei-gen eine Abweichung von der sonst gültigen Beziehung mit einerSteigung um 5. Das untere Diagramm zeigt den Zusammenhangzwischen dem Jahresmittel von δ18O des Niederschlags und derLufttemperatur

228

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B. Stabile Isotope

len Niederschlags gegen die mittlere jährliche Temperatur aufgetragen ist. Bei hohen Tem-peraturen nähert sich δ18O dem Wert der Ozeane an als Ausdruck der Tatsache, daß die Fraktionierung mit steigender Temperatur kleiner wird.

Die δ 1 8O- und δ D-Werte von Seewasser schwanken nur wenig um 0‰ SMOW. Die Schwankung der Werte für ozeanisches Oberflächenwasser ist vor a l lem auf d ie Effekte der Verdamp-fung zurückzuführen, wobei die leichten Iso-tope bevorzugt in die Dampfphase eintre-ten. Para l le l zur zunehmenden Ver-dampfung geht eine Dichteerhöhung des Meerwassers. Das ver-dampfte Wasser gelangt über isoto-pisch leichten Nieder-schlag, z.T. über salz-a rme F lüsse vom Festland, wieder in die Ozeane zurück und vermischt sich mit dem Oberflächenwas-ser. Es ist daher nicht verwunderlich, daß für das Oberflächen-wasser eine lineare Beziehung zwischen δ18O und der Salinität besteht, die z.B. für den Nordatlantik in die Formel

δ18O = -21.2 + 0.61 × Salinität (‰) [GL 240]

gekleidet werden kann[379] und in Abbildung 176 dargestellt ist[374]. Auf dieser Mischungs-linie liegt auch das nordatlantische Tiefenwasser (NADW), das sich durch Vermischung von wärmerem, höher salinarem Wasser des Golfstroms mit kaltem, niedriger salinarem arktischem Wasser bildet und infolge seiner höheren Dichte auf den Grund des Nordatlan-tiks sinkt und nach Süden strömt, wo es ungefähr ab 20°N von noch dichterem antarkti-schem Tiefenwasser der Gegenströmung unterschichtet wird[380] und schließlich mit dem antarktischen Zirkumpolarstrom auch in Indik und Pazifik verfrachtet wird, wobei es all-mählich seine Identität verliert. Dieses antarktische Tiefenwasser liegt nicht auf der Mischungslinie für das nordatlantische Oberflächenwasser, weil es auf andere Weise ent-steht: Im antarktischen Winter kühlt sich das Wasser des Weddell-Meeres soweit ab, daß sich nahezu salzfreies Treibeis auf seiner Oberfläche bildet. Der Fraktionierungsfaktor α für diesen Prozeß beträgt für Sauerstoff nur 1.002, d.h. das Eis hat ein δ18O um 2‰ höher als

-1.00

-0.75

-0.50

-0.25

0.00

0.25

0.50

36353433

40302010Salinität [‰]

Salinität [‰]

-15

-10

-5

0

5

nahe Grönland

Ostküste Grönland

Golf von Maine Norweg. SeeNADW

43°N

35°N

pazifischesTiefenwasser

nordatlantischesTiefenwasser

antarktischesBodenwasser

Wasser desWeddell-Meeres

nordatlantischeOberflächenwässer

δ18O

[‰]

δ18O

[‰]

ABBILDUNG 176 oberes Diagramm: Beziehung zwischen Salinitätund δ18O [‰] für den Nordatlantik; unteres Diagramm: Beziehungzwischen Salinität und δ18O [‰] für verschiedene Ozeanwasser-massen

229

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Wasserstoff und Sauerstoff

das Oberflächenwasser, was in der Massenbilanz für das Oberflächenwasser vernachlässig-bar gering ist. Das zurückbleibende kalte, hochsalinare Wasser sinkt auf den Meeresboden ab und vermischt sich dabei mit weniger salinarem, eher etwas wärmerem Wasser. Das so entstandene Wasser hat die höchste Dichte des Ozeanwassers überhaupt und strömt auf dem Meeresboden nach Norden, wobei es sich natürlich langsam weiter vermischt und seine Identität verliert. Infolge seines Bildungsmechanismus hat dieses Tiefenwasser vor der Antarktis ein δ18O wie das Oberflächenwasser, aber eine höhere Dichte (die sich als Effekte der niedrigen Temperatur und hohen Salinität ergibt), was im unteren Teil von Abbildung 176 dargestellt ist[374]. Bei seiner Strömung im Pazifik und Indik mischt es sich mit dem nordatlantischen Tiefenwasser. Daß das pazifische Tiefenwasser (PDW) nicht genau auf einer Mischungslinie zwischen antarktischem und arktischem Tiefenwasser liegt, wird auf die Gegenwart zusätzlicher Komponenten zurückgeführt.

Eine der frühesten Anwendungen der Geochemie stabiler Isotope (O, C), die auch heute noch in der Geologie erhebliche Bedeutung hat, ist die Paläotemperaturbestimmung, die auf eine grundlegende thermodynamische Arbeit von H.C. Urey zurückgeht[381]. Er schlug darin vor, es sei prinzipiell möglich, durch die Analyse der Sauerstoffisotopenzusammen-setzung der Karbonatschalen fossiler mariner Organismen auf die Temperatur der Paläo-ozeane zurückzuschließen. Grundlage dafür ist das Isotopenaustauschgleichgewicht

1/3 CaC16O3 + H218O ? 1/3 CaC18O3 + H2

16O

mit der Gleichgewichtskonstanten

[GL 241]

und

Dieses Austauschgleichgewicht ist temperaturabhängig. Die nötigen experimentellen Eichungen wurden bereits Anfang der 1950er Jahre von Mitarbeitern Ureys an der Univer-sity of Chicago gemacht und in Gleichungen gekleidet. Später stellte sich heraus, daß die Fraktionierung zwischen Calcit und Wasser anders ist als die zwischen Aragonit und Was-ser. Diese Fraktionierungen werden durch die beiden folgenden Gleichungen beschrie-ben[382],[383]:

Calcit – Wasser: δCalcit – ≈ 1000 ln α = 18.03/(1000 T) – 32.42 [GL 242]

Aragonit – Wasser: δAragonit – ≈ 1000 ln α = 17.88/(1000 T) – 31.14 [GL 243]

(mit T in Kelvin). Die beiden Fraktionierungskurven sind in Abbildung 177 dargestellt*. Aragonit reichert demnach 18O gegenüber Calcit geringfügig an (um ≈0.8‰ bei 25 °C). Kim et al. (2007)[383] konnten zeigen, daß viele biogene Aragonite unter oder nahe den Bedingungen des Gleichgewichts mit dem umgebenden Wasser ausgeschieden werden.

Schon bald nachdem die Methode zum erstenmal geeicht war, zeigten sich jedoch die Grenzen der Paläotemperaturbestimmung der Ozeane, und man benutzt die Methode heute eher, um (relative) Änderungen der Temperatur der Ozeane aufzuzeigen, d.h. als

* Aragonit kann aus Wasser bei Gegenwart hoher Mg2+-Konzentrationen (Mg2+/Ca2+ ≈ 1 bei 25 °C und höher bei niedrigerer Temperatur) ausgeschieden werden. Sonst scheidet sich Calcit als ther-modynamisch stabile polymorphe CaCO3-Phase aus.

K =⎡⎣ ⎤⎦ ⎡⎣ ⎤⎦( )

⎡⎣ ⎤⎦ ⎡

CaC O CaC O

H O H O

183

163

18 16

1 3

2 2⎣⎣ ⎤⎦

K n1

1 31 3

2 2

=⎡⎣ ⎤⎦ ⎡⎣ ⎤⎦( )

⎡⎣ ⎤⎦

CaC O CaC O

H O H

183

163

18 116

CaCO

H OO3

2⎡⎣ ⎤⎦

= =R

δH O2

δH O2

230

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B. Stabile Isotope

Indikator für das Paläoklima. Ein Beispiel dafür ist in Abbildung 178 angegeben für δ18OPDBvon Foraminiferen aus der Karibik über die letzten ≈ 700 Ka[384]. Das δ18O des Meerwassers ist, wie im folgenden Abschnitt angeführt, in Warmzeiten niedriger als in Kaltzeiten; außerdem wird die Fraktionierung zwischen CaCO3 und Wasser mit zunehmender Tempe-ratur geringer (bzw. Δ wechselt das Vorzeichen). Daraus folgt, daß die δ18O-Werte der Kar-bonate in Warmzeiten niedriger sind als in Kaltzeiten.

Das Problem der Ableitung einer exakten Temperatur aus der Sauer-stoffisotopie von organogen gebil-detem Karbonat liegt in der Zwei-deutigkeit, die das δ18O anzeigt. In GL 242 und GL 243 stehen mit Tund 2 Unbekannte. ist aber, wie bereits gesagt, örtlich nicht konstant – und auch nicht zeit l ich. Örtl ich besteht eine Abhängigkeit von der Salinität. In den Kaltzeiten ist ein nicht ver-nachlässigbarer Teil des Wassers über Verdampfung und Nieder-schlag als (isotopisch leichtes) Glet-schereis auf den Kontinenten gebunden; als Folge müssen die Ozeane global ein höheres δ 18O gehabt haben als heute, so daß Kar-bonat, das aus Meerwasser mit der-selben Temperatur ausgeschieden wird, in Kaltzeiten ein höheres δ 18O hat als in Warmzeiten. Das kalte Bodenwasser der Ozeane wird von den Temperaturschwankungen nicht oder kaum beeinflußt. Sein δ18O ist daher nur vom globalen δ18O-Wert der Ozeane und damit dem Globalklima abhängig. Wenn man daher benthonische Foraminiferen analysiert, wird deren δ18O nur Ausdruck des Global-klimas sein, während gleichzeitig damit lebende planktonische Foraminiferen ein δ18O haben, das sowohl vom Globalklima bzw. globalen δ18O der Ozeane abhängig ist als auch von der lokalen Temperatur des oberflächennahen Meerwassers.

Ein weiteres Problem besteht darin, daß manche marine Organismen Karbonat nicht im Gleichgewicht mit dem Ozeanwasser ausscheiden (z.B. Crinoiden, Echinoder-men, Astero ideen) . Und schließlich ist zu beachten, daß Isotopenaustauschreak-tionen auch bei der diageneti-schen Rekristallisation statt-gefunden haben können oder daß Aragonit in Calcit umge-wandelt werden kann.

Trotz dieser Probleme bestätigt das δ18O von Foraminiferen für das Pleistozän sehr gut die globale Klimaentwicklung. Für ältere Proben werden Temperaturableitungen dagegen zunehmend problematischer infolge von zunehmenden Problemen mit diagenetischer Rekristallisation und schlechterer Kenntnis von

3.10 3.20 3.30 3.40 3.50 3.601000/T [K]

25.0

27.5

30.0

32.5

1000

ln α

10203040T °C

Calcit–H2O

Aragonit–H2O

ABBILDUNG 177 O-Isotopenfraktionierung zwischenKarbonaten und H2O als Funktion der reziproken Tem-peratur.

δH O2δH O2

δ18O

[‰]

0 100 200 300 400 500 600 700

0

-1

-2

Alter [Ka]

ABBILDUNG 178 δ18O-Fluktuationen in den Schalen der Fora-miniferen Globigerina sacculifer in Kernbohrungen der Karibikim Verlauf des Quartärs. Die Minima (niedrige Werte) undMaxima spiegeln Warm- bzw. Kaltzeiten wider.

δH O2.

231

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Wasserstoff und Sauerstoff

Potentiell erheblich bessere Ergebnisse lassen sich mit Hilfe von „clumped isotopes” erzie-len (Eiler, 2007[385]). Dabei wird die Verteilung der selteneren Isotope in einer einzigen Phase – in diesem Fall von Karbonat – gemessen, insbesondere die Masse 47 des durch Zer-setzung der Kabonate im Labor entwickelten CO2.

Die stochastische Verteilung der „Isotopologe“ der Masse 47 auf die verschiedenen Mole-küle läßt sich mit den bekannten relativen Häufigkeiten errechnen. Für das Molekül 13C18O16O erhält man, wenn man die Isotopenhäufigkeiten in SMOW für Sauerstoff und in PDB für Kohlenstoff zugrunde legt (Tabelle 19 auf Seite 223):

0.01111×0.00200×0.99763 + 0.01111×0.99763×0.00200 = 44.3×10-6 oder 44.3 ppm.

Für die Häufigkeit des Moleküls 13C17O17O ergibt sich:

0.01111×(0.00038)2 = 1.60 ppb.

Für die Häufigkeit von 12C17O18O errechnet man:

0.98889×0.00038×0.00200 + 0.98889×0.00200×0.00038 = 1.50 ppm.

Der mit Abstand größte Beitrag zur Masse 47 wird also durch das erste der drei Moleküle geleistet. Tatsächlich ist eine stochastische Verteilung nur für hohe Temperaturen zu erwar-ten; zu niedrigeren Temperaturen werden Abweichungen

Δ47 = (R47/*R47 – 1)×1000 [GL 244]

von dieser zufälligen Verteilung berechnet und gemessen. R47 steht darin für das Verhältnis von CO2 der Masse 47 zu CO2 der Masse 44 (12C16O2) und *R47 für das erwartete Verhältnis im Fall einer stochastischen Verteilung.

Wenn man annimmt, daß die Änderung in der Bindungsenergie eines Moleküls, die mit dem zweifachen Ersatz durch ein schweres Isotop verbunden ist, genau doppelt so groß ist wie die Änderung in dem Fall, daß nur ein Isotop ersetzt wird – daß also z.B. im Wasser-stoffmolekül die Differenz der Bindungsenergien zwischen H–H und D–D exakt das Dop-pelte des Unterschieds zwischen H–H und H–D beträgt – dann gäbe es hinsichtlich der Energie keine Präferenz für eine „Verklumpung“ der schweren Isotope miteinander. Für den Fall eines Isotopenaustauschs wie

2HD = H2 + D2 [GL 245]

läßt sich eine Gleichgewichtskon-stante formulieren:

K = [H2]×[D2] / [HD]2,

die sich für eine stochastische Vertei-lung zu

K = [H]2×[D]2 / (2[H]×[D])2 = 0.25

ergibt. Da D2 jedoch geringfügig sta-biler ist als für eine solche Verteilung zu erwarten, ist in GL 245 die rechte Seite etwas bevorzugt. Mit zuneh-mender Temperatur wird eine Annä-herung an die stochastische Vertei-lung der verschiedenen Isotope zu erwarten sein. Außerdem sinken die Enthalp ien von I sotopenaus-tauschreaktionen in der Regel mit der Temperatur. Beide Effekte sind für die Temperaturabhängigkeit der

0 50 100 150 200T [°C]

K

0.31

0.32

0.30

0.29

0.28

0.27

0.26

0.25

0.24

2 HD = H2 + D2

2 HD¹6O = H2¹6O + D2¹6O

stochastisch

ABBILDUNG 179 Abhängigkeit der Temperatur derGleichgewichtskonstanten für homogene Isotopenaus-tauschreaktionen[385]

232

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B. Stabile Isotope

Gleichgewichtskonstanten des Isotopenaustauschs verantwortlich. Für die in GL 245genannte Reaktion und die Austauschreaktion

2HD16O = H216O + D2

16O

ist die Temperaturabhängigkeit in Abbildung 179 dargestellt.

Die temperaturabhängige „Ver-klumpung“ der C–O-Isotope für Calcit ist experimentell geeicht und theoretisch berechnet wor-den (Abbildung 180). Dabei wird keine Unterscheidung zwischen den drei verschiedenen Molekü-len getroffen, die zur Masse 47 beitragen. Die O-Isotopenzusam-mensetzung von Karbonaten wird traditionell an CO2 gemes-sen, das durch Zersetzung der Kar-bonate mit Phosphorsäure bei einer definierten Temperatur frei-gesetzt wird:

3 CaCO3 + 2 H3PO4 → 3 CO2 + 3 H2O + Ca3(PO4)2

Nach dieser Gleichung gehen nur zwei Drittel des Sauerstoffs aus dem Karbonat in die Gasphase über. Die Reaktion ist erwartungs-gemäß mit einer Isotopenfraktio-nierung verbunden, die korrigiert werden muß.

Wie man durch einen Vergleich der in Abbildung 180 aufgeführ-ten Gleichungen sieht, ist zur Ermittlung der Bildungstempera-tur mittels „verklumpter Isotope“ nur die Kenntnis von Δ47 des Cal-cits nötig; Informationen über die Isotopie des Wassers, aus dem der Calcit im Gleichgewicht ausgeschieden wurde, sind nicht erforderlich. Natürlich muß auch bei Anwendung eines solchen Paläothermometers sichergestellt sein, daß das Karbo-nat keine Veränderungen durch Auflösung und Wiederausfällung bei der Diagenese, Alte-ration oder gar Metamorphose erfährt, weil dann durch Isotopenaustausch zwischen Kar-bonat und Wasser die ursprüngliche Isotopie verändert wird. Unter trockenen Bedingungen sollte das ursprüngliche Δ47 aber bis zu Temperaturen von ≈200 °C bewahrt bleiben[385], während oberhalb von 250–300 °C Kohlenstoff und Sauerstoff im Gitter von Karbonaten frei auszutauschen scheinen[386].

Es ist unmittelbar einsichtig, daß die Analytik „verlumpter Isotope“ erheblich aufwendiger ist als diejenige von 18O/16O, weil die Masse 47 nur ≈45 ppm zur Masse des gesamten CO2beiträgt und in GL 244 zudem das Verhältnis einer sehr kleinen zu einer großen Masse ein-geht. Man benötigt eine analytische Präzision von etwa ±0.01‰, um einen Temperaturun-terschied von 2 °C aufzulösen[386]. Die Möglichkeiten und Grenzen der Methode müssen zweifellos durch weitere Untersuchungen geklärt werden.

6 7 8 9 10 11 12 13 14

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

106/T² [K¯²]

0.3

Δ47 [

‰]

Δ47 =0.059×106

T²– 0.02

Δ47 =0.0037×106

T²+ 0.247

Δ47 = – 3.33040×109T4

+ 2.32415×107T³

– 2.91282×10³T²

– 5.54042T

+ 0.23252

0255075100125T [°C]

ABBILDUNG 180 Temperaturabhängigkeit von Δ47-Calcitfür verschiedene Eichungen. Die blaue Kurve ist theore-tisch berechnet (Guo et al., 2009[387]), die beiden anderenKurven beruhen auf Experimenten, bei denen Calcit unterkontrollierten Bedingungen aus H2O ausgefällt wurde(rot: Ghosh et al., 2006[388], grün: Dennis & Schrag,2010[386]). In der theoretischen Berechnung zeigen Guoet al., dass bei der Entwicklung von CO2 durch Reaktionvon Karbonat mit Phosphorsäure nicht nur 18O/16O voneiner Isotopenfraktionierung betroffen ist, sondern auchΔ47.

233

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Wasserstoff und Sauerstoff

18.2 Sauerstoff und Wasserstoff in der LithosphäreBereits im vorigen Kapitel war angeführt, daß für die Isotopenfraktionierung zwischen zwei Phasen und T einfache Beziehungen der Form

1000 lnα = A/T2 + B [GL 230]

bestehen, wobei B für die meisten Austauschgleichgewichte zwischen Mineralen = 0 ist. Nach [GL 234] gilt außerdem:

(1,2 = Komponenten).

Logarithmiert wird daraus:

Für Reaktionen in natürlichen Gesteinssystemen liegen die δ-Werte für Sauerstoff bei maxi-mal einigen 10‰. Man darf deshalb in guter Näherung schreiben:

z.B. für δ = 10‰: ln (10-3×10 + 1) = ln (1.010) = 0.00995 ≈ 0.010.

Damit ergibt sich:

oder [GL 246]

bzw. nach T aufgelöst: (T in Kelvin).

Wenn 2 Minerale (1 und 2) Sauerstoff mit einem Reservoir (z.B. einem Magma) äquilibriert haben, dann ist die Differenz ihrer individuellen δ18O-Werte also eine Funktion der Tem-peratur. Bei experimentell oder empirisch bekannter Temperaturabhängigkeit von α12kann man daher T durch Messung von δ1 und δ2 einfach berechnen. Infolge experimentel-ler Schwierigkeiten (niedrige Reaktionsgeschwindigkeit) sind die Fraktionierungsfaktoren α12 zwischen verschiedenen Mineralen durch direkte Messungen leider weitgehend unbe-kannt. Bis Ende der 1980er Jahre wurden sie über die Fraktionierungsfaktoren Mineral/H20 abgeleitet. Probleme bei diesen Experimente lagen darin, daß manche Minerale, insbeson-dere Quarz, eine beträchtliche Löslichkeit in Wasser bei hohen Temperaturen und erhöh-ten Drücken aufweisen und daß andere Minerale in Gegenwart von Wasser bei hoher Tem-peratur nicht stabil sind. Außerdem zeigen Mineral–H2O-Fraktionierungen wegen der hohen Schwingungsfrequenzen des H2O-Moleküls (Seite 221) potentiell komplexe Tempe-raturabhängigkeiten.

Später wurde dieses Verfahren durch Experimente ersetzt, bei denen Minerale mit Karbonat bei hohem Druck (zur Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit, ≈15 kbar) äquilibriert wer-den[389]. Dabei geht man in der Regel davon aus, daß der Druck keinen nennenswerten Ein-fluß auf die Isotopenfraktionierung hat. Bei Temperaturen oberhalb von 600 °C ist die Reaktionsgeschwindigkeit dabei vergleichbar derjenigen bei Experimenten mit H2O. Der Vergleich der Daten, die aus Mineral–Wasser- und Mineral–Calcit-Experimenten abgeleitet wurden, zeigte für die meisten Minerale gute Übereinstimmungen mit der Ausnahme von Quarz; das wird mit der beträchtlichen Löslichkeit von Quarz in wäßrigen Lösungen bei hoher Temperatur in Verbindung gebracht.

αCal–Mineral-Werte sind für viele gesteinsbildende Minerale wie Quarz, Feldspäte, Pyroxene, Oxide für Temperaturen zwischen ca. 600 °C und 1200 °C gut bekannt. So lauten die

α δδ12

1

2

31

32

10 110 1

= =++

−RR

ln ln lnα δ δ123

13

210 1 10 1= +( ) − +( )− −

ln 10 1 103 3− −+( ) ≈δ δ

lnα δ δ123

1 210≈ −( )−

Δ12 1 2 12 21000�δ δ α− ≈ = +lnA

TB

T A B≈ −( )Δ12

234

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B. Stabile Isotope

Temperaturbestimmungsgleichungen für den Sauerstoffisotopenaustausch zwischen Quarz und Calcit bzw. zwischen Albit und H20

[389]:

[GL 247]

und [GL 248]

Durch Subtraktion beider Gleichungen erhält man den Fraktionierungsfaktor zwischen Quarz und Albit:

Wegen α12 = R1/R2 wird daraus:

ΔQtz–Ab = δQtz – δAb ≈ 1000 ln αQtz–Ab = 0.95×106/T2 [GL 249]

Eine umfangreiche Übersicht über Fraktionierungsfaktoren mit Literaturverweisen findet sich in Chacko et al. (2001)[390]. Einige Daten (Koeffizienten A der Temperaturgleichung) zwischen Mineralen und Karbonat bzw. daraus abgeleitete Mineral–Mineral-Daten sind in Tabelle 20 reproduziert; Quarz–Calcit- und Calcit–Mineral-Fraktionierungen sind als Funk-tion von 1/T2 in Abbildung 181 aufgetragen.

TABELLE 20: Koeffizienten A der Temperaturgleichung für den O-Isotopenaustausch zwischen koexistierenden Mineralen[390]a

a. Qtz = Quarz, Ab = Albit, Ms = Muskovit, F-Phl = Fluorphlogopit, Ap = Apatit, Di = Diopsid, Grs = Grossular, Gh = Gehlenit, Fo = Forsterit, Rt = Rutil, Mt = Magnetit, Prv = Perowskit; die Mine-rale sind so angeordnet, daß alle Koeffizienten A positiv sind, d.h. Quarz hat das höchste und Perowskit das niedrigste δ 18O unter diesen Mineralen.

Cal Ab Ms F-Phl An Phl Ap Di Grs Gh Fo Rt Mt PrvQtz 0.38 0.94 1.37 1.64 1.99 2.16 2.51 2.75 3.15 3.50 3.67 4.69 6.29 6.80Cal 0.56 0.99 1.26 1.61 1.78 2.13 2.37 2.77 3.12 3.29 4.31 5.91 6.42Ab 0.43 0.70 1.05 1.22 1.57 1.81 2.21 2.56 2.73 3.75 5.35 5.86Ms 0.27 0.62 0.79 1.14 1.38 1.78 2.13 2.30 3.32 4.92 5.43F-Phl 0.35 0.52 0.87 1.11 1.51 1.86 2.03 3.05 4.65 5.16An 0.17 0.52 0.76 1.72 1.51 1.68 2.70 4.30 4.81Phl 0.35 0.59 0.99 1.34 1.51 2.53 4.13 4.64Ap 0.24 0.64 0.99 1.16 2.18 3.78 4.29Di 0.40 0.75 0.92 1.94 3.54 4.05Grs 0.35 0.52 1.54 3.14 3.65Gh 0.17 1.19 2.79 3.30Fo 1.02 2.62 3.13Rt 1.60 2.11Mt 0.51

δ δ αQtz Cal Qtz Cal T− ≈ = ×

−1000 0 38 1062ln .

δ δ αAb Cal Ab Cal T− ≈ = − ×

−1000 0 57 1062ln .

δ δ δ δ αQtz Cal Ab Cal Qtz Cal−( ) − −( ) ≈ −−1000 1000ln lnn . .αAb Cal T T− = × − − ×( )0 38 10 0 57 106

26

2

δ δQtz Ab Qtz Cal Ab CalR R R R− ≈ −( ) − −( )1000 ln ln ln ln⎡⎡⎣ ⎤⎦ = ×0 95 1062

.T

235

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Wasserstoff und Sauerstoff

ABBILDUNG 181 Temperaturabhängigkeit des Fraktionierungsfaktors αQtz–Cal bzw. αCal–Mineralmit den Werten für A aus Tabelle 20. Da die Experimente meist bei Tempe-raturen zwischen ≈500 °C und 1300 °C durchgeführt wurden, sollten die Kurven nicht zu niedrigeren Temperaturen extrapoliert werden (Faktor B in GL 230 ist dann häufig ungleich 0).

Wenn man von ≥3 Mineralen das δ18O bestimmt hat, ist es im Prinzip möglich, T aus ≥3 Gleichungen zu berechnen (für Δ12, Δ13, Δ23). Erhält man annähernd dieselben Temperatu-ren, spricht einiges dafür, daß man die Temperatur eines geologisch relevanten Prozesses erhalten hat. Konkordante Temperaturen geben v.a. Quarz, Magnetit, Feldspäte, Muskovit und Calcit. Man sollte sich jedoch stets vergegenwärtigen, daß in langsam abkühlenden Gesteinen (Plutonite, Metamorphite) nicht erwartet werden kann, daß alle Mineralpaare bei derselben Temperatur aufhören, Sauerstoffisotope miteinander auszutauschen. Vor-sicht ist daher geboten, die aus der Sauerstoffisotopenfraktionierung koexistierender Mine-rale berechneten Temperaturen als die der Kristallisation eines Plutons oder die Maxi-malbedingungen der Metamorphose anzusehen.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit solcher Isotopenthermometer ist natürlich die Ein-stellung eines Isotopengleichgewichts zwischen den analysierten Mineralen eines Gesteins, d.h. das System muß sich langsamer Temperaturänderung jeweils angepaßt haben, und der Isotopenaustausch muß sich im geschlossenen System vollzogen haben. Diese Bedingungen sind jedoch in höchstens der Hälfte der untersuchten Fälle erfüllt, vor allen Dingen, weil die Minerale metamorpher und magmatischer Gesteine mit fluiden Pha-

0.0 0.5

60070080090010001200[T in °C]

1.0 1.5

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

Cal/Ab

Cal/Ms

Cal/F-Phl

Cal/An

Cal/Phl

Cal/ApCal/DiCal/Grs

Cal/GhCal/Fo

Cal/Rt

Cal/Mt

Cal/Prv

Qtz–Cal

106/T2 [T in K]

1000

ln α

δ δ α1 2 12 2– 1000ln =≈A

T

236

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B. Stabile Isotope

sen reagieren, die dem System zugeführt oder von ihm weggeführt werden. Wie lassen sich aber Gleichgewichte von Ungleichgewichten in einem Datensatz unterscheiden? – Aus der Identität von

δ1 – δ2 ≡ Δ12

folgt trivialerweise

δ1 = δ2 + Δ12 [GL 250]

Das heißt nichts anderes, als daß im geschlossenen System bei gegebener Tempe-ratur (d.h. bei konstantem Δ12) das Gleichgewicht zwi-schen zwei Phasen in Gestei-nen mit unterschiedlicher Pauschalzusammensetzung eingestellt ist, wenn die Pha-sen in einem Plot von δ1gegen δ2 auf eine Gerade mit der Steigung 1 und Achsen-abschnitt Δ12 fallen. Als Folge lokal unterschiedlicher Pau-schalzusammensetzung ver-schiedener Te i le e ines Gesteinskomplexes können die Mineralpaare, die auf eine konstante Temperatur äquilibriert sind, überhaupt erst unterschiedliche δ18O-Werte entwicke ln . Man denke z.B. an einen Granit, bei dem das Mineral Quarz in allen Bereichen des Plutons ursprünglich (so halbwegs) dasselbe δ18O bei der Erstarrung des Komplexes hatte, desglei-chen Feldspat. Infolge variabler Mengenverhältnisse beider Minerale, also lokal heteroge-ner Pauschalzusammensetzung, kommt es im Zuge einer Metamorphose zur Einstellung auf eine neue Temperatur, wobei der Isotopenaustausch jedoch auf den Nahbereich beschränkt ist, so daß Quarz und Feldspat aus verschiedenen Teilen des Komplexes zwar dasselbe Δ12, aber variable Werte von δ1 und δ2 ausbilden. In Abbildung 182 ist das Prinzip dieser Reäquilibrierung in einem δ1-δ2-Diagramm für ein Zweikomponentensystem skiz-ziert[391]. Für T → ∞ wird Δ12 = 0, d.h. die Gerade geht durch den Koordinatenursprung. Zu niedrigeren Temperaturen hin wird der Achsenabschnitt je nach Vorzeichen der Fraktio-nierung Δ12 positiv oder negativ. Für Mineralpaare mit vergleichbaren Strukturen, z.B. Pyroxene und Olivin, sollte sich Δ12 monoton ändern, ohne aber die Gerade für T → ∞ zu kreuzen, während im Fall sehr unterschiedlicher Strukturen oder bei Mineral-H20-Gleich-gewichten die Fraktionierung diese Gerade durchaus queren kann, d.h. das Vorzeichen der Fraktionierung ändert sich („crossover“), wie bereits im vorigen Kapitel gezeigt.

Um die Bedingung des geschlossenen Systems zu erfüllen, dürfen sich seine Masse und sein δ-Wert bei der Anpassung an die neue Temperatur nicht ändern, d.h.

δSystem = ∑xi δi [GL 251]

wobei xi die Molenbrüche der verschiedenen Phasen für das interessierende Element (z.B. O, H) sind. Für ein Zweikomponentensystem mit den Komponenten 1 und 2 würde die Gleichung daher lauten:

∆ = 1 (A

nfangstem

peratu

r)

∆ = 0 (T

→∞)

Δ12

Δ12

0

x1 → 1

x1 = x2

x1 = x2

x2 → 1

Δ = 2 —Δ =

3 —Δ = 4 —Δ =

5

δ2

δ 1

ABBILDUNG 182 Änderung der δ-Werte in einem geschlosse-nen System mit zwei Phasen als Funktion der Temperatur

237

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Wasserstoff und Sauerstoff

oder, nach δ1 aufgelöst

[GL 252]

Dies ist die Gleichung einer Geraden in den Koordinaten δ1 und δ2 mit negativer Steigung. Wie ändern sich nun die Verhältnisse der stabilen Isotope der beiden Minerale dieses ursprünglich homogenen Zweikomponentensystems bei Temperaturänderung? Im δ1–δ2-Diagramm von Abbildung 182 werden die Minerale 1 und 2 zu Beginn durch einen Punkt repräsentiert, der durch und gegeben ist, und der wegen der Steigung 1 auf einer genau definierten Geraden mit dem Achsenabschnitt liegt. Wenn die Minerale bei einer neuen Temperatur reäquilibrieren, wird ein neues Δ12 eingestellt; bei Temperaturer-niedrigung wird sich Δ12 i.a. weiter von 0 fortbewegen, bei Temperaturerhöhung auf 0 zubewegen. Die Isotopie der beiden Minerale des Zweikomponentensystems wandert daher vom Punkt auf die neue Gerade mit dem der neuen Temperatur entspre-chenden Δ12 und bildet den Punkt (δ1,δ2). Für die Lage dieses neuen Punktes auf der Gera-den mit Achsenabschnitt Δ12 gibt es 2 Grenzfälle: Geht x1→1 (≡ x2→0), dann geht δ1→δSystem, d.h. die Steigung der Geraden [GL 252] wird 0, und die Minerale reäquilibrieren auf einer Linie, die parallel zur δ2-Achse verläuft. Umgekehrt, wenn x1 →0 (≡ x2→1), geht die Steigung der Geraden →∞, d.h. die Minerale reäquilibrieren auf einer Geraden parallel der δ1-Achse, bis der Schnittpunkt mit der Geraden mit dem neuen Δ12 erreicht ist. Je nach-dem, welche Pauschalzusammensetzung das Zweikomponentensystem vor der Reäquili-brierung hatte, dürfen die neuen Werte (δ1,δ2) der Phasen nur innerhalb eines rechtwinkli-gen Dreiecks liegen (in Abbildung 182 farbig markiert), das durch die Schnittpunkte der Geraden für das neue Δ12 (= Isotherme) mit den beiden Linien der Grenzfälle der Reäquili-brierung für x1→1 und x1→0 gebildet wird. Dies ist ein Dreieck im linken oberen Quadran-ten (Temperaturerniedrigung) bzw. rechten unteren Quadranten (Temperaturerhöhung) in einem Koordinatensystem mit Ursprung *.

ABBILDUNG 183 Isotopenaustausch in einem System mit den Phasen �, � und �. Die initia-len δ-Werte der Phasen seien +6, +2 bzw. +1, entsprechend der Äquilibrie-rung auf eine Anfangstemperatur. Durch Erhitzung des Systems auf T → ∞

* Genaugenommen dürfen die Minerale bei vollständiger Einstellung auf die neue Temperatur nur auf der neuen Isothermen liegen; eine Streuung der Datenpunkte innerhalb eines Dreiecks charak-terisiert die Einstellung auf Temperaturen irgendwo zwischen To und T1.

δ δ δSystem x x= +1 1 2 2

δδ δ

δδ

12 2

1

2

12

1

=−

= − +System Systemx

xxx x

δ10 δ2

0

Δ20

( , )δ δ10

20

( , )δ δ10

20

x1 = x2 = x3 = 1/3x1 = x2 = x3 = 1/3x1 = x2 = x3 = 1/3

δ3

δ1

��

��

��

δ3

δ2

δ2

δ1

Δ für T

-Anfang

Δ für T→

8

8

7

7

6

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

10

0 76543210 76543210

238

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B. Stabile Isotope

stellen sich nach Reäquilibrierung in allen drei Phasen identische δ-Werte ein.

Ein Zweikomponentensystem stellt natürlich nur eine grobe Vereinfa-chung eines natürlichen Gesteins dar; immerhin lassen sich aber so wichtige Geste ine wie Grani te (Quarz , Feldspat), Gabbros (Feldspat, Pyro-xen), Eklogite (Pyroxen, Granat) oder Peridotit (Olivin, 2 Pyroxene) als Zweikomponentensystem annähern. Die Beschreibung von Systemen mit mehr als 2 Komponenten ist in der Darstellung zwar schwieriger, kann jedoch auf ähnliche Weise erfolgen. Dabei ist aber zu beachten, daß die Reäquilibrierung innerhalb eines rechtwinkligen Dreiecks nur für die beiden Endglieder mit δmin und δmaxerfolgt; in den übrigen Plots sind die Dreiecke schiefwinklig, die sich durch Projektion eines Dreiecks im δ1–δ2–δ3-Raum auf eine Ebene ergeben. Für ein Dreikomponentensystem ist dies im δ–δ Diagramm in Abbildung 183 dar-gestellt[391]. Die initialen δ-Werte die-ser Phasen, die einer Anfangstempera-tur entsprechen, bei der die Minerale zuletzt äquilibriert sind, seien +6, +2 bzw. +1. Im Plot von δ1 gegen δ2 liegt der Anfangswert demnach auf einer Geraden mit dem Achsenabschnitt Δ12 = +4, im Plot von δ1 gegen δ3 auf einer Geraden mit Achsenabschnitt Δ13 = +5 und im Plot von δ2 gegen δ3 auf einer Geraden mit Achsenab-schnitt Δ23 = +1. Nach der Massenbilanzgleichung [GL 251] läßt sich der δ-Wert des Systems ermitteln, wenn die Proportionen der einzelnen Minerale im Gestein bekannt sind. Wird dieses System aufgeheizt auf T→ ∞, dann werden die drei Minerale nach Reäqui-librierung denselben δ-Wert aufweisen (keine Fraktionierung bei hoher Temperatur), der dem des Systems entspricht. Auch hier lassen sich wieder Grenzfälle unterscheiden: In der Auftragung von δ3 gegen δ1 wird für x1 → 1 der Vektor des Isotopenaustauschs parallel der δ3-Achse verlaufen, bis sich in Mineral � und den infinitesimal kleinen Mengen der Mine-rale � und � der Endwert von δ = +6 einstellt. Geht x3 → 1, dann verläuft der Isotopenaus-tausch entlang eines Vektors parallel der δ1-Achse bis zum Endwert δ = +1. Diese beiden Austauschvektoren spannen mit der Geraden für ΔT→∞ ein rechtwinkliges Dreieck auf, innerhalb dessen sich der Isotopenaustausch für alle denkbaren Proportionen der drei Pha-sen vollziehen muß. Der Austauschvektor für x1 = x2 = x3 = 1/3 wird dann per Massenbilanz bei δ = +3 enden (1/3 × 6 + 1/3 × 2 + 1/3 × 1). Wenn in dem System x2 gegen 1 geht, endet der Austauschvektor bei δ = +2, also auch innerhalb des von den Trajektorien für δ3 und δ1 auf-gespannten Dreiecks. Bei Auftragung von δ1 gegen δ2 oder von δ2 gegen δ3 ergeben sich schiefwinklige Dreiecke, auf die der Isotopenaustausch beschränkt ist.

Für Systeme mit ≥3 Komponenten werden in der Literatur oft Δ-Δ-Diagramme benutzt, um eine Gleichgewichtsisotopeneinstellung zu beweisen. Ein Beispiel dafür ist in Abbildung 184 angeführt[25]. Gleichgewicht gilt als vorhanden, wenn die Δ-Δ-Werte der Minerale aus einem Gesteinskomplex auf eine Gerade fallen, die durch den Koordinatenursprung geht. In dem dargestellten Fall kann die Mineral-Mineral-Fraktionierung der Sauerstoffisotope

0 0.5 1 1.5 2

ΔPl

ag-M

agn

etit

[‰]

ΔPlag–Cpx [‰]

0

1

2

3

4

5

6

1200

1000

800

700

600°C

Vulkaniten

Plutoniten

Minerale aus:

ABBILDUNG 184 Mit einem Δ–Δ-Diagramm dieserArt kann Gleichgewicht nicht nachgewiesen werden.

239

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Wasserstoff und Sauerstoff

zur Abschätzung ihrer Kristallisationstemperaturen benutzt werden. Tatsächlich ist dies zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, wie aus der folgenden Betrach-tung zu erkennen ist:

Aus Δ ≈ A/T2 + B

folgt

Nach Δ12 aufgelöst, ergibt das

[GL 253]

Da die Koeffizienten A und B dieser Temperaturgleichung Konstanten sind, ist dies die Gleichung einer Geraden in Koordinaten von Δ12 und Δ23, die für Δ23 = 0 nur durch den Koordinatenursprung geht, wenn der Klammerausdruck auf der rechten Seite der Glei-chung ebenfalls 0 wird. In Abbildung 185 ist ein Beispiel für ein Δ–Δ-Diagramm angege-ben[392]. Fall III mit den Gleichungen δ1 = 2δ2 + 1 und δ2 = 3δ3 + 0.5 verläuft nicht durch den Ursprung und ist daher einfach als Ungleichgewicht zu identifizieren. In Koordinaten des δ–δ-Diagramms repräsentiert aber auch Fall II mit den Gleichungen δ1 = 2δ2 + 1 und δ2= 1.5δ3 + 0.5 ein Ungleichgewicht, da die Steigung der Geraden ≠ 1 ist. Im Δ-Δ-Diagramm transformiert sich eine Reihe von Ungleichgewichtsgleichungen in Geraden durch den Ursprung, was wie folgt nachgewiesen werden kann:

Ausgehend von den Gleichungen

und ⇒ (1)

sowie

(2),

darin (1) eingesetzt:

erhält man:

Dies ist wieder eine Geradengleichung im Δ–Δ-Plot. Wenn die Gerade durch den Ursprung gehen soll, werden Δ12 und Δ23 = 0, also

12

12 12

12

23 23

23TB

AB

A=

−=

−Δ Δ

ΔΔ

1212 23 23

2312=

−( )+

A B

AB

Δ Δ1212

2323 12

12

2323= + −

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

AA

BAA

B

δ δ1 2 2 2= +a b Δ12 1 2= −δ δ δ212 2

2 1=

−−

Δ ba

δ δ δ δ δ δ2 3 3 3 23 2 3 2 3 2 23 3= + = − ⇒ = −( ) +a b a bund Δ Δ

⇒ = − +δ δ2 3 2 3 23 3a a bΔ

a a b3 23 2 3 31Δ = −( ) +δ

a

aa

b b3 233

212 2 3

11

Δ Δ=−−

−( ) +

Δ Δ233

212

3

22 3

3

11

11

1=−−

−−−

+⎡

⎣⎢

⎦⎥ ×

aa

aa

b ba

Δ Δ233

3 212

3

3 22

3

3

11

11

=−

−( ) −−

−( ) +⎡

⎣⎢

⎤aa a

aa a

bba ⎦⎦

240

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B. Stabile Isotope

Falls diese Gleichung erfüllt ist, geht die Gerade im Δ–Δ-Diagramm tatsächlich durch den Ursprung, obwohl kein Gleichgewicht vorliegt.

ABBILDUNG 185 Beispiel I repräsentiert den Fall eines Gleichgewichts (analog dem Beispiel in Abbildung 183 für xi = 1/3); die beiden übrigen Beispiele stellen Ungleichge-wichte dar.

Wie Abbildung 186 zeigt, wieder für ein Zweikomponentensystem, ist das Ungleichge-wicht, also Reaktionen im offenen System, im δ–δ-Diagramm leicht zu erkennen[392]. Die Reaktionen im geschlossenen System sind durch die gepunkteten Dreiecke dargestellt, die vom Punkt ausgehen. Wenn die beiden Minerale dieses Systems mit einer externen fluiden Phase mit identischer Reaktionsgeschwindigkeit reagieren (k1/k2 =1), ändert sich das δ18O der beiden Phasen gleich schnell, d.h. die Gerade, entlang der sich die Isotopie ändert, hat die Steigung 1. Wenn die Reaktionsgeschwindigkeit von Mineral 1 mit der flui-den Phase größer ist als die des Minerals 2, ändert sich zunächst die Isotopie von Mineral 1 rascher als die von Mineral 2. Im Diagramm äußert sich dies in einer starken positiven Steigung. Sobald aber sich die Reaktion zwischen Mineral 1 und der fluiden Phase dem Gleichgewicht nähert, flacht die Steigung der Kurve im δ–δ-Diagramm ab, weil sich jetzt nur noch der δ-Wert der Phase 2 infolge der Reaktion mit der fluiden Phase ändert. Das Endstadium ist erreicht, wenn die beiden Minerale δ-Werte erreicht haben, die auf der Geraden mit k1/k2 =1 liegt. Verdächtige Hinweise dafür, daß ein Gestein mit einer externen fluiden Phase reagiert hat, sind also Trends mit positiver Steigung im δ–δ-Diagramm, wel-che die Isothermen (Linien mit Steigung 1) mit großen Winkeln schneiden. Besonders ver-dächtig wird es, wenn diese Trends die Isotherme für T→∞ schneiden, d.h. wenn sich das Vorzeichen der Fraktionierung ändert, was bei strukturell ähnlichen Mineralen nicht zu erwarten ist.

011

3

3 22

3

3

= −−

−( ) +a

a ab

ba

b a b a2 3 3 21 1−( ) = −( )

0 5 10 15 20 25 0 5 10 15 20

Δ23Δ23

Δ13Δ12

0

10

20

30

40

50

0

5

10

15

20

25

30

35

I Gleichgewicht:Startpunkt (6,2,1) undEndpunkt (3,3,3)

II und III Un-gleichgewichte:II: δ1 = 2δ2 + 1 δ2 = 1.5δ3 + 0.5III: δ1 = 2δ2 + 1 δ2 = 3δ3 + 0.5

IIIIII IIIIII

( , )δ δ10

20

241

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Wasserstoff und Sauerstoff

ABBILDUNG 187 Beispiele für Ungleichgewichtsbeziehungen für Granitoide (links) und gab-broide Gesteine (rechts). Die Fraktionierung der Sauerstoffisotope dieser Mi-nerale weist deutlich auf Reaktion mit hydrothermalen Lösungen hin.

x1 = 1

geschlossenesSystem

offenes Syste

m

k 1/k 2

= 1

δ18O2

δ18O

1

x1 = x

2 = 0.5x1 = 0

k1/k2 > 1

k1/k2 < 1ABBILDUNG 186 Unterscheidung zwischen Gleichgewichts- und Ungleichgewichtsbedin-gungen im δ-δ-Diagramm für zwei Minerale 1 und 2 mit den Molenbrüchen x1 und x2. Wenn beide Minerale gleich schnell mit der externen fluiden Phase reagieren, vollzieht sich die Än-derung ihrer δ18O-Werte entlang einer Gera-den, bei unterschiedlicher Reaktionsgeschwin-digkeit entlang einer Kurve.

δ18OQuarz [‰] δ18OPyroxen [‰]

δ18O

Feld

spat

[‰] δ

18OFeld

spat [‰

]

4 6 8 10 12 14 0 2 4 6 8 10

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

Oman:Plagio-granit

Elba

Skye:Gabbros

Skae

rgaa

rd:

Fe-re

ich

Om

an:

Gab

bros

Δ P–F = 0‰

Δ Q–F = 1.5‰

Skae

rgaa

rd:

Hau

ptt

rend

Idah

o Ba

thol

ith

Δ P–F = -1‰

Δ Q–F = 0‰

242

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B. Stabile Isotope

Beispiele für die Inter-pretation von Trends mit positiver Steigung für δ18O, die als Konse-quenz von Reaktionen mit externen Fluiden interpretiert worden sind, sind in den Abbil-dungen 187 und in 188angegeben, und zwar für Granitoide und gabbroide Gesteine ei-nerseits[391],* und für „krusta le“ Eklogi te (Quarz – Klinopyroxen) und Blauschieferfazies-gesteine (Amphibol – Klinopyroxen) anderer-seits[392]. Wenn man MORB als Ausgangs-material der Eklogite und Blauschieferge-steine annimmt, lassen sich die δ18O-Daten der Minerale aus diesen Gesteinen nicht erklä-ren durch Reaktion in einem geschlossenen System (stärker schraf-fiertes Feld: δ18O-Daten typischer Eklogite mit Klinopyroxen und Gra-nat als Hauptminerale). Läßt man als mögliche Isotopenaustauschpart-ner noch Plagioklas, Olivin und Chlorit zu, erhält man für den Fall des geschlossenen Systems das leicht ge-punktete Feld, in dem jedoch nur wenige Quarz-Klinopyroxen-Paare aus Eklogiten und Blauschiefern liegen. Zur Erklärung dieser Daten muß ein 18O-Austausch mit krustalem Sauerstoff gefordert werden, für die Minerale mit δ18O<5.5 auch eine Reaktion mit hydro-thermalen Lösungen bei hohen Temperatur (z.B. Meerwasser).

Die δ18O-Variationen terrestrischer Magmen reichen von mindestens -2 bis +16‰. Wesentlich schlechter bekannt sind ihre δD-Variationen, die von vielleicht -200 bis -30‰ gehen. Als Ursachen der Variationen können angeführt werden:

• Variationen in den Isotopenzusammensetzungen bei der Kondensation der Erde,

• Effekte der magmatischen Kristallisation im geschlossenen System,

• Effekte der magmatischen Kristallisation im offenen System,

• Auswirkungen der partiellen Aufschmelzung und von Heterogenitäten der Quellregio-nen der Magmen hinsichtlich ihrer Isotopien,

* Die Temperaturen der Plutonite in diesem Diagramm sind Subsolidustemperaturen, während die der Vulkanite wohl infolge von deren rascher Abkühlung die Bedingungen der magmatischen Kri-stallisation widerspiegeln.

Quarz

Plagio-klas

Klino-pyroxen

GranatAmphi-

bol

OlivinChlorit

MORB

Amphibol

Eklogite undBlauschiefer:

Klinopyroxen

0 2 4 6 8 10 12

δ18OCpx oder Amph [‰]

δ18O

Qu

arz [

‰]

0

2

4

6

8

10

12

14

16

ABBILDUNG 188 Sauerstoffisotopenfraktionierung zwischen Quarzund Klinopyroxen bzw. Amphibol aus Hochdruckgesteinen. Das grö-ßere hellere Doppeldreieck stellt die zu erwartende Fraktionierungim geschlossenen System dar, wenn man ein MORB-Gestein als Aus-gangsmaterial wählt und man als Mineralzusammensetzung im Ex-tremfall 100% Plagioklas bzw. 100% Chlorit zuläßt. Das kleinereDoppeldreieck gibt die zu erwartende Isotopenvariation wieder,wenn nur Klinopyroxen und Granat stabile Phasen und das Systemgeschlossen gewesen wäre[393],[394].

243

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Wasserstoff und Sauerstoff

• Ungleichgewichtseffekte und Magmenmischung, sowie

• Effekte fluider Phasen.

Abbildung 189 und Abbildung 190[395] illustrieren für wichtige Gesteinstypen des magma-tischen Bildungsbereichs die δD- und δ18O-Zusammensetzungen und -Variationen. Es zeigt sich dabei, daß die meisten Magmatite auf der Erde nur relativ geringe Schwankungsberei-che in der Zusammensetzung ihrer stabilen Isotope haben, nämlich zwischen ≈ -50 bis -100 im δD und zwischen ≈ +5.5 und +11 im δ18O. Gesteine außerhalb dieser Bereiche haben sich i.a. unter außergewöhnlichen Bedingungen gebildet oder haben sekundäre Verände-rungen erfahren.

ABBILDUNG 189 Wasserstoffisotopenzusammensetzungen verschiedener Gesteinstypen. Die δD-Werte der meisten Gesteine liegen zwischen ca. -55 und -85‰. Die mei-sten Gesteine mit negativeren Werten haben vermutlich mit (meteorischem) Wasser in Hydrothermalsystemen reagiert.

Mondgesteine zeigen nur eine enge Streubreite ihrer δ18O-Werte. Das wird der Abwesenheit von H20 auf dem Mond zugeschrieben und der infolgedessen fehlenden hydrothermalen Überprägung. Mond und Erde folgen demselben Fraktionierungstrend bezüglich 17O/16O und 18O/16O, und man kann vielleicht gleiche mittlere 18O/16O-Werte annehmen. Unwäg-barkeiten in dieser Annahme bestehen darin, daß gegenwärtig die Hypothese am wahr-scheinlichsten gilt, wonach der Mond durch Kollision der frühen Erde mit einem Körper von ungefähr der Masse des Mars entstanden ist, wobei der Mond dann in wesentlichem Maße die Zusammensetzung dieses Körpers repräsentierte[396], die nicht identisch derjeni-gen der Erde sein muß. Diesem primordialen Verhältnis nahe kommen frische MOR-Basalte, die mit 5.7 ±0.3‰ ein sehr uniformes δ18O aufweisen, das zudem über die geolo-gische Geschichte hindurch konstant geblieben zu sein scheint, denn archaische Komatiite zeigen δ18O-Werte um 6‰. Dieser Schluß ergibt sich auch aus der Untersuchung von Mineralen aus Peridotitxenolithen, wonach Olivineinschlüsse aus Diamanten, für die archaische Alter abgeschätzt wurden, identische δ18O-Werte haben wie Olivine aus rezen-ten Peridotiten[397]. Diese Arbeit hat zudem gezeigt, daß Olivine uniforme δ18O-Werte von

-180 -160 -140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0

Basalte, Gabbros

Ultramafite

Skaergaard

Cascades, WA

Boulder Batholith, CO

San Juan Mts., CO

Sierra Nevada Batholith, CA

und Tonalite

Granitoide

Schottische Hebriden

diverse Granite, Granitoide,

Marine Sedimente

Metamorphite

δD [‰]

244

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B. Stabile Isotope

5.2±0.3‰ aufweisen; koexistierende Pyroxene haben – bei Temperaturen um 1000 °C im Erdmantel – ca. 0.4‰ (Cpx) bzw. 0.5‰ (Opx) höhere Verhältnisse. Die Gesteine der kon-tinentalen Erdkruste sind im Vergleich zum Erdmantel an 18O angereichert; ihr mittleres δ18O dürfte höher sein als ca. 7.5‰.

ABBILDUNG 190 Sauerstoffisotopenvariation von Meteoriten, lunaren Gesteinen und einer Reihe von terrestrischen Gesteinen. Gesteine mit δ18O-Werten <5.5 dürften mit Wasser bei hohen Temperaturen reagiert haben.

Das primordiale D/H-Verhältnis der Erde ist unbekannt und kann auch nicht aus Meteori-tendaten abgeleitet werden, die einen riesigen Bereich zwischen ≈ -500 und +9000‰ zei-gen[398]. Wasserstoffisotopendaten lunarer Gesteine sind nicht hilfreich, weil der Mond seine flüchtigen Komponenten sehr früh in seiner Geschichte verloren hat, so daß der Was-serstoff, der heute vorhanden ist, zum großen Teil aus dem Deuterium-freien Sonnenwind stammt. Das mittlere δD der irdischen Hydrosphäre dürfte bei ≈ -10‰ liegen. Der größte restliche Teil des Wasserstoffs auf der Erde liegt wohl gebunden in OH-haltigen Silikaten vor, die relativ zum Ozeanwasser an Deuterium verarmt sind. (δD ≈ -40 bis -90‰). Ähnli-che Werte zeichnet auch das magmatische H2O aus. Das mittlere terrestrische δD könnte heute bei vielleicht -15 bis -20‰ liegen. Bei einer Abschätzung des primordialen δD ist zu bedenken, daß 1H im Lauf der Erdgeschichte über 2H aus der Atmosphäre in den interpla-netaren Raum diffundiert ist. Aber auch bei den Wasserstoffisotopen gibt es keine Hinweise auf eine systematische Änderung der δD-Werte der Gesteine im Verlauf der geologischen Geschichte. Praktisch alle Gesteine (Magmatite, Metamorphite und Sedimente), die nicht hydrothermal überprägt wurden, haben δD-Werte zwischen ≈ -40 und -95‰, d.h. es lassen sich nicht, wie bei den Sauerstoffisotopen, Mantel- von krustalen D/H-Verhältnissen unter-scheiden. Als Grund dafür wird angeführt, daß durch die Prozesse der Subduktion Wasser aus der Hydrosphäre in den oberen Mantel gelangt. Da diese geotektonischen Vorgänge wahrscheinlich seit mehreren 109a ablaufen, ist im oberen Mantel ein ursprünglich pri-

-10 -5 0 5 10 15

δ18O [‰]

Meteorite

Basalte, Gabbros

Eklogite

Vulkanite, Island

Cascades, WA

Skaergaard

Boulder Batholith, CO

San Juan Mts., CO

Schottische Hebriden

Granitoide

Andesite

Ultramafite

Mondgesteine

Anorthosite

Rhyolithe, Dazite

Syenite, Trachyte

245

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Wasserstoff und Sauerstoff

mordiales δD längst durch die Werte der Erdkruste überprägt und nicht mehr davon unter-scheidbar. Aus der Isotopengeochemie der Edelgase weiß man, daß es in Basalten noch pri-mordiale Komponenten bezüglich des He und des Xe gibt, deren Reservoir im unteren Erdmantel vermutet wird. Daß es dort auch noch ein ähnliches Reservoir für die Wasser-stoffisotope gibt, kann nur vermutet, aber nicht belegt werden. Die frischesten MORB mit δ18O-Werten um 5.7‰ weisen δD-Verhältnisse um -80‰ auf, was wohl am besten der Wasserstoffisotopie des primitiven oberen Erdmantels entspricht.

Die Effekte der magmatischen Kristallisation im geschlossenen System sind nur schwer quantitativ zu fassen, weil sich einerseits in-situ-Messungen an Einsprenglingen und Matrix in der Natur schwierig gestalten und es andererseits nur wenige magmatische Kom-plexe gibt, die frei von sekundären Alterationsprozessen sind. Seit der klassischen Arbeit von Wager & Deer[399] wurde die Skaergaard-Intrusion in Ostgrönland lange als ein klassi-scher Fall der fraktionierten Kristallisation eines tholeiitischen Ausgangsmagmas betrach-tet. Frühe Analysen der Sauerstoffisotopenverhältnisse bestätigten diese Meinung, indem relative δ18O-Verarmungen um 3 – 4‰ in den späten Differentiaten durch eine Fraktionie-rung nach dem Rayleighschen Gesetz erklärt wurden[400]. Erst einige Jahre später äußerte Taylor[401] auf Grund von O-Isotopenuntersuchungen die Ansicht, daß der gesamte Kom-plex durch Reaktion mit hydrothermalen Fluiden umgewandelt ist.

Als geeignete Gesteinssequenzen, die nur die Rolle der Fraktionierung widerspiegeln, gel-ten die Alkalibasalt- und Tholeiitkomplexe von Ascension (Südatlantik), der Osterinsel, von Kiglapait (Grönland) und Apollo 12, die δ18O-Trends aufweisen, die innerhalb von ≈1‰ übereinstimmen. Danach ändert sich die Sauerstoffisotopie während der ersten ≈70 – 95% Kristallisation des Ausgangsmagmas nur um wenige Zehntel ‰. Größere Effekte kann man nur für das Endstadium der Differentiation erwarten und/oder wo die Kristalli-sation von Quarz, Biotit oder Magnetit bedeutsam wird. Daraus und aus der Analyse von Einsprenglingen und Matrix aus Rhyolith- und Dazittuffen ist zu entnehmen, daß Fraktio-nierungen zwischen Kristallen und Schmelze für δ18O kleiner als ±2‰ für die wichtigsten gesteinsbildenden Minerale (Quarz, Feldspat, Pyroxene, Olivin, Hornblende, Biotit etc.) sein sollten. Die Kristallisation von Quarz wird dabei eine 18O-Verarmung der Restschmelze bewirken und die von Magnetit, Ilmenit, Hornblende, Biotit, Pyroxen und Olivin zu einer Erhöhung führen. Die Richtung, in der sich das δ18O des Magmas entwickeln wird, hängt daher meist von ΔFeldspat-Schmelze ab. In der Theorie sollte bei Kristallisation eines basischen Magmas das δ18O der Restschmelze leicht ansteigen, jedoch wohl um nicht mehr als 1‰ bei der Fraktionierung von Basalt zu Rhyolith.

Man kann daher das δ18O eines Gesteins, ähnlich wie die Sr- oder die Nd-Isotopie, als Tra-cer benutzen, um etwas über die Herkunft von Magmen oder/und die Wege ihrer sekundä-ren Veränderung zu erfahren, speziell über den Anteil von krustalen und Mantelkompo-nenten. Besonders nützlich zu diesem Zweck ist die Kombination von Sauerstoffisotopen und radiogenen Isotopen, z.B. 87Sr/86Sr. Positive Korrelationen zwischen δ18O und 87Sr/86Sr sind in einer Reihe von Magmenprovinzen beobachtet worden. Ein gutes Beispiel dafür sind die Plutonite (Granitoide, Gabbros) im Westen der USA (siehe Abbildung 191[402]). Danach sind niedrige δ18O-Werte bis herab zu +6‰ mit Sr-Isotopien um 0.703 verknüpft, beides Isotopensignaturen, die man mit Gesteinen des Erdmantels in Beziehung bringt. Die Korrelation beider Isotopensysteme wird von Taylor[403] im Sinn eines „AFC-Modells“ gedeutet, bei dem ein Magma aus dem Erdmantel in relativ seichtem Krustenniveau Kru-stenmaterial mit hohem δ18O und 87Sr/86Sr assimiliert und parallel dazu eine fraktionierte Kristallisation erfährt. Bei der Bildung von Kumulaten wird Kristallisationswärme frei, die zur Assimilation von Nebengestein verwendet werden kann. Die Masse der Kumulate bei einem solchen Prozeß wird immer wesentlich größer sein als die Masse der assimilierten Gesteine, da der gegenteilige Fall nicht nur aus thermischen Gründen kaum vorstellbar ist, sondern auch eine Volumenvergrößerung des Magmas zur Folge hätte. Granitoide mit δ18O<6 sind offensichtlich sekundär hydrothermal überprägt.

246

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B. Stabile Isotope

ABBILDUNG 191 O-Sr-Isotopenbeziehungen für Gesteine aus den Batholithen der Sierra Ne-vada und der Peninsular Range (Kalifornien und Niederkalifornien)

Auf Grund der 18O/16O-Verhältnisse hat Taylor[404] die Granitoide in drei Gruppen unter-schieden, nämlich die der normalen Granitoide (6 ≤δ18O ≤10‰), Granitoide mit hohem δ18O (>10‰) sowie eine Gruppe mit Werten <6‰. Obwohl diese Einteilung etwas künst-lich wirkt, weil die beiden ersten Hauptgruppen eine kontinuierliche Abfolge bilden kön-nen, hat sie sich bewährt. Die erste Gruppe ist identisch mit derjenigen der I(gneous)-Typ Granitoide, die zweite mit derjenigen der S(edimentary)-Typ Granitoide. Reine I-Typ Gra-nitoide kommen insbesondere in Inselbögen vor, in denen kontinentale Kruste nicht vor-handen ist, aber auch unmittelbar hinter Subduktionszonen, wo die abtauchende Platte noch nicht von dicker kontinentaler Kruste überlagert ist. So weisen an der Westküste der USA die küstennahen Granitoide die niedrigsten Werte von δ18O und 87Sr/86Sr auf und die höchsten Werte von 143Nd/144Nd, die denen des Erdmantels nahe kommen. Granitoide mit δ18O>10‰ müssen im wesentlichen durch Assimilation von (Meta-)Sedimenten entstan-den sein. Dazu gehören z.B. die meisten der herzynischen Granite in Mitteleuropa (Schwarzwald, Fichtelgebirge). Unter den Granitoiden mit δ18O-Werten unter 6‰ gibt es neben einer Gruppe, die unter Subsolidusbedingungen mit meteorischen Hydrothermal-wässern äquilibriert ist, auch einige Körper, in denen das niedrige δ18O bereits im magma-tischen Zustand erworben wurde. Beispiele dafür sind bekannt aus Island[405] oder aus dem Yellowstone[406]. Diese Magmen haben offensichtlich Nebengestein mit niedrigem 18O/16O assimiliert, das durch die Reaktion mit großen Mengen von hydrothermalen Fluiden ent-standen ist.[403]

Bei der Kontamination von basischen Schmelzen mit Krustenmaterial erhöht sich das δ18O der Restschmelze mit zunehmendem Assimilationsgrad mehr oder weniger empfindlich, je nachdem wie groß der Unterschied in der Sauerstoffisotopie zwischen den beiden Endglie-dern der Mischung ist. Nach Taylor & Sheppard[395] läßt sich ein AFC-Modell mit Hilfe der folgenden Gleichungen quantifizieren:

Baja CaliforniaBaja California

initia

les

87Sr

/86Sr

δ18O [‰]

Gabbros

San Jacinto + Santa Rosa Block (Granitoide)

Granitoide

0.702

0.703

0.704

0.705

0.706

0.707

0.708

0.709

3 5 7 9 11 13

hydrothermalalteriert bei≥400 °C

S-Typ

I-Typ

247

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Wasserstoff und Sauerstoff

[GL 254]

und [GL 255]

wobei

β = Verteilungskoeffizient ∑ Minerale/Schmelze,

ϕ = Verhältnis Kumulate/assimiliertes Material,

c = Konzentration des betrachteten Elementes,

R = Isotopenverhältnis (z.B. 87Sr/86Sr, εNd, δ18O),

m = Schmelze, 0 = initiale Schmelze, a = assimiliertes Material,

f = Anteil der noch verbleibenden Schmelze (0 – 1).

ABBILDUNG 192 Illustration eines AFC- Vorgangs für verschiedene ϕ (= Verhältnis Kumulate zu assimiliertem Nebengestein); Endglieder der Rechnung sind MORB (5.7‰) und krustales Nebengestein (19‰).

Im Fall der Sauerstoffisotope kann man – im Gegensatz zu den radiogenen Isotopen – ver-einfacht davon ausgehen, daß Schmelze, Kumulate und assimiliertes Material dieselbe Sau-erstoffkonzentration haben und daß der Verteilungskoeffizient β zwischen Kumulatmine-ralen und Schmelze 1 beträgt. Damit vereinfacht sich [GL 255] zu:

c

cf

c

cfm

m

z a

m

z

0 0

11 1

= + × −− −( )

−−

ϕ β

R R

R R

cc

fm m

a m

m

m

z−−

= − −0

0

0

1

z = − −( )1 1ϕβ ϕ ,

φ = 1

0

φ = 5

φ = 7.5

δ18OMagma ≈ δ18OKumulate [‰]

kris

talli

sier

ter M

agm

enan

teil

13119750.00

0.20

0.40

0.60

0.80

1.00

R R

R Rf fm m

a m

−−

= − = −− − −( )

⎡⎣⎢

⎤⎦⎥ −( )

0

0

1 1 1111

ϕϕ

ϕ −−⎡⎣⎢

⎤⎦⎥ −

− −−

⎣⎢

⎦⎥ −( )= − = −

11

11 1 11 1f f

ϕϕ

ϕϕ ϕ

248

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B. Stabile Isotope

[GL 256]

Diese Gleichung ist gültig mit der Einschränkung, daß die Kumulate dieselbe Isotopenzu-sammensetzung haben müssen wie die Schmelze, aus der sie ausgeschieden werden. Das ist bei den radiogenen Isotopen wie 87Sr/86Sr, 143Nd/144Nd oder den Pb-Isotopen wegen der geringen Massendifferenz immer der Fall (Solche potentiellen Effekte werden jedoch durch die Massenfraktionierungskorrektur mit korrigiert.), in guter Näherung auch für das 18O/16O. Abbildung 192[395] zeigt die Änderung des δ18O eines Magmas mit initialem δ18O = 5.7‰ und δ18O des assimilierten Materials = 19‰ für verschiedene Verhältnisse ϕ von Kumulat zu assimiliertem Material in Abhängigkeit von (1 – f).

In Abbildung 193sind schematisch die Sauerstoff- und Sr-Isotopenzusam-mensetzungen von Magmatiten und von Sedimen-ten gezeigt. Auffal-lend ist der enge Bereich frischer ozeanischer und kontinentaler Ba-salte und das rie-sige Feld, das von Sedimenten einge-nommen wird. Die höchsten δ 1 8 O-Werte (b i s zu 35‰) zeigen Sedi-mente, die entwe-der einen hohen biogenen Anteil haben (Kalk- oder S i l ikat ske le t te ) oder die im Meer authigen gebildet werden (großer Fraktionierungsfaktor bei niedrigen Temperaturen). Die Sedimente mit dem niedrigsten δ18O sind Sedimente, die durch die Ab-tragung von Magmatiten entstanden sind und daher direkt deren Sauerstoffisotopie reflek-tieren. Metamorphite werden i.w. denselben Bereich in diesem Diagramm einnehmen wie die Gesteine, aus denen sie entstanden sind, wobei natürlich zu berücksichtigen ist, daß das 87Sr/86Sr eine Funktion des Rb/Sr-Verhältnisses sowie des Alters des Gesteins ist.

Seit Mitte der 1960er Jahre sind die Prozesse, die zur Alteration der Ozeankruste führen, Gegenstand intensiver und systematischer Untersuchung. Die Temperaturen, bei denen diese Prozesse stattfinden, reichen von 0 bis vielleicht 450°C und werden im Deutschen unter dem Sammelbegriff „Spilitisierung“ zusammengefaßt. Die Tieftemperaturalteration wird auch als „subozeanische Verwitterung“ bezeichnet, die Hochtemperaturprozesse nennt man auch „hydrothermale Alteration“. Ursache dieser Prozesse ist in beiden Fällen die Instabilität der Ozeankruste gegenüber Seewasser. Die an den mittelozeanischen Rücken gebildete Kruste weist eine hohe Permeabilität auf. Seewasser dringt in Kluftsy-steme ein, kühlt die ursprünglich warme Kruste ab und tritt in Gestalt heißer Quellen mit hohen Schwermetall- und Sulfidgehalten, den „Black Smokers“ wieder an anderer Stelle der Rücken aus. Bei hohen Temperaturen sind Plagioklas, Pyroxen, Magnetit und basalti-sches Glas instabil und reagieren zu Albit, Chlorit, Epidot, Aktinolith, Quarz, Hämatit und Zeolithen, während bei tiefen Temperaturen v.a. smektitische Tonminerale und Calcit neu gebildet werden.

R R R f Rm a m m= −( ) −⎡⎣

⎤⎦ +−( )0 1 1 01 ϕ

0.700

verwitterte Basalte

Oph

iolit

he

meteorisch und hydrothermalüberprägte Gesteine

Granitoide

Grauwacken

sandige undtonige Sedimente

Arkosen

Mergel

Sedimente undMetasedimente

Kieselschieferund Kalke

frischeBasalte

5

10

15

20

25

30

0.705 0.710 0.715 0.720 0.725 0.730 0.735 0.74087Sr/86Sr

δ18O

[‰]

ABBILDUNG 193 Sr- und O-Isotopenvariationen in Gesteinen der konti-nentalen und der ozeanischen Kruste

249

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Wasserstoff und Sauerstoff

Hoch- und Tieftemperaturalteration führen zu völlig verschiedenen O-Isotopien. Bei nied-rigen Temperaturen sind die Fraktionierungsfaktoren hoch, und das δ18O der Ozeankruste wird von Werten zwischen ≈5.5 und 6‰ für frische MORB erhöht bis zu Werten um 25‰, wobei z.T. eine positive Korrelation zwischen δ18O und dem H2O-Gehalt zu beobachten ist. Mit zunehmender Temperatur werden die Fraktionierungsfaktoren kleiner und können bei einigen 100°C ihre Vorzeichen umkehren, d.h. δ18O der Silikate nimmt ab. Typischerweise sind daher die δ18O-Werte der Ozeankruste direkt am Meeresboden am höchsten (Tieftem-peraturverwitterung) und nehmen mit der Tiefe zu ab. Das ist in Abbildung 194 für einen Bohrkern aus dem Costa Rica-Rift schematisch gezeigt[408]. Charakteristisch für die subma-rine Verwitterung sind hohe Verhältnisse von H2O zu Basalt (>>1), während niedrige Ver-hältnisse die Hochtemperaturalteration kennzeichnen (≈1).

ABBILDUNG 194 Variation der Sauerstoffisotope in einem Bohrkern des Deep Sea Drilling-Pro-jektes im Costa Rica-Rift

Am detailliertesten lassen sich die Alterationsprozesse in obduzierter Ozeankruste studie-ren, den Ophiolithen. Man muß sich dabei allerdings im klaren sein, daß Ophiolithe nicht unbedingt an mittelozeanischen Rücken produzierte Kruste sein muß (z.B. wird für Troo-dos auf Zypern ein Inselbogenursprung) diskutiert und daß während und nach der Obduk-tion Prozesse abgelaufen sein können, welche die Verteilung der stabilen Isotope verändert haben. Abbildung 195[407] zeigt ein vollständiges Profil durch einen Ophiolithkomplex am Beispiel des Macquarie-Ophioliths (zwischen Australien und der Antarktis), in dem die Sequenz von den δ18O-reichen Pillowlaven bis zu den hydrothermal überprägten Gabbros und serpentinisierten Harzburgiten erhalten ist.

1000

800

600

400

200

0

3 4 5 6 7 8 9

m

T = 0 – 150 °Csubmarine

Verwitterung

T < 150 °Creduzierend

Metamorphoseunter

hydrothermalenBedingungen(100 – 400 °C)

DSDP Hole 504B (Costa Rica Rift, Pazifik)

δ18OBasalt [‰]

Dikes

fris

che

Basa

lte

Blöcke

Pillows

Übergangs-zone

250

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B. Stabile Isotope

Das Seewasser, das mit der ozeanischen Kruste reagiert, erfährt natürlich eine gegensinnige Veränderung seines δ18O. Modellrechnungen legen jedoch den Schluß nahe, daß sich die Effekte von Hoch- und Tieftemperaturalteration gegenseitig kompensieren, so daß das Wasser der Ozeane unter dem Strich keine Änderung seines δ18O von 0‰ erfährt. Alte Ophiolithe wie der kambrische Bay of Islands-Komplex auf Neufundland und archaische Greenstone-Belts in Kanada und Südafrika zeigen eine analoge Variation ihres δ18O von Werten >6‰ in den Laven und <6‰ in den plutonischen Teilen wie moderne Ozeankru-ste, so daß es von daher keinen Grund gibt, eine Änderung des 18O/16O der Ozeane im Ver-lauf der geologischen Geschichte anzunehmen. Andererseits wurden aus der Analyse alter mariner Sedimente auf δ18O-Werte bis zu -18‰ für die Ozeane im Archaikum abgeleitet. Diese Kontroverse um die Sauerstoffisotopie der frühen Ozeane ist bislang nicht entschie-den, auch wenn mehr für die Konstanz des δ18O zu sprechen scheint.

ABBILDUNG 195 Variation der Sauerstoffisotope im Macquarie-Ophiolith im Südozean süd-lich von Australien

3 4 5 6 7 8 9 10

δ18O [‰]

Profil durch den Macquarie-Ophiolith

Serpentinit

obere Grünschieferfazies

untere Grünschieferfazies

Verwitterungdurch Seewasser

Zeolithfazies

6000

5000

4000

3000

2000

1000

0m

Pillow-laven,

massiveLaven

SheetedDykes

massiveGabbros

lagigeGabbros

rekristall.Gabbros

Harz-burgit

251

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Kohlenstoff

19.0 Kohlenstoff

Kohlenstoff ist nach Wasserstoff, Helium und Sauerstoff zwar das viert-häufigste Element des Sonnensy-stems, aber auf der Erde nur mit ≈ 200 – 350ppm vertreten. C spielt eine herausragende Rolle in der Bio-sphäre, hauptsächlich in reduzierter Form, während anorganischer Koh-lenstoff meist oxidiert in Form von Karbonaten vorliegt. Auf Grund der Vielzahl von Oxidations- und Bin-dungszuständen, in denen C vorlie-gen kann, sind die Voraussetzungen für seine Isotopenfraktionierung in der Natur ideal, zumal viele der Ver-bindungen in der Natur gasförmig oder flüssig vorkommen.

Kohlenstoff hat 2 stabile Isotope mit den Massenzahlen 12 (Häufigkeit in PDB 98.889%), das als Referenz der Atomge-wichtsskala dient, und 13 (1.111%). Die mas-senspektrometrische Messung des 13C/12C-Verhältnisses erfolgt an CO2-Gas, das aus Kar-bonaten durch Reaktion mit H3PO4 oder thermische Zersetzung freigesetzt wird und aus organischen Komponenten und Silikaten durch Erhitzen auf ≥ ≈1000°C und eventuelle Oxidation im O2-Strom oder mit CuO ausge-trieben wird. Die C-Isotopenzusammenset-zung wird auch heute noch auf den Standard PDB bezogen, obwohl dessen Vorrat längst erschöpft ist, so daß die Messung gegen sekundäre, an (V)PDB geeichte Standards erfolgen muß.

Die natürlichen Isotopenvariationen des Kohlenstoffs machen mehr als 10% aus und reichen im δ13C von ≈+20‰ („schwere“ Kar-bonate) bis -90‰ (CH4-Gas). Die δ13C-Werte wichtiger Kohlenstoffreservoirs sind in Abbildung 196[374] angegeben. Die höchsten δ13C-Werte zeigen marine Karbonate, in denen sich 13C infolge des Austauschgleich-gewichts

+ 13CO2 ? 12CO2 +

im in Wasser gelösten Bikarbonat gegenüber dem Kohlendioxid der Atmosphäre anreichert (Abbildung 197[25]). In Calcit im Gleichge-wicht mit H steigt δ13C mit zunehmender Temperatur zwar an; da der Austausch zwi-schen H und CO2 aber eine starke negative Temperaturabhängigkeit zeigt und H im Wasser im Gleichgewicht mit CO2 steht, ist zu erwarten, daß δ13C des Calcits per Saldo mit abnehmender Temperatur ansteigt, ähnlich wie δ18O in Karbonaten.

40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50

Karbonatite, Diamanten

Luft-CO2

marine Karbonate

Süßwasser- Karbonate

Organismen

organisches sedimentäresMaterial, Kohle, Öl

δ13C [‰] relativ zum Standard PDB

ABBILDUNG 196 Variation der Kohlenstoffisotope inder Natur

3.6 3.4 3.2 3.01000/T [K]

1000

ln α

0

2

4

6

8

10

0 20 40 60 80°C

Calcit – CO2 -GasHCO – (Lösung) – CO

2 -Gas

3

Calcit – HCO– (Lösung)

3

ABBILDUNG 197 C-Isotopenfraktionierungim System CO2 (Gas) – (in Lösung) –CaCO3 (fest) als Funktion der reziprokenTemperatur

HCO3-

H CO123−

H CO133−

CO3−

CO3−

CO3−

252

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B. Stabile Isotope

Bei der Photosynthese der grünen Pflanzen wird das leichte Isotop 12C infolge eines kineti-schen Effekts in der organischen Materie angereichert und damit über die Nahrungskette auch in der Tierwelt. Organische Moleküle wie CH4 können zudem auf anorganischem Wege gebildet werden durch Reaktionen wie CO2 + 4H2 ? CH4 + 2 H2O, wobei sich das leichte Isotop im CH4 anreichert.

In Abbildung 198[409] sind die F rakt ionierungs faktoren 1000lnα (≈ δA – δB) für einige wichtige Reaktionen auf der Grundlage thermodynami-scher Berechnungen angege-ben. Danach reichert sich δ13C z.B. in CO2 gegenüber Diamant und Calcit (im letz-teren Fall nur bei T > 200°C) an oder in Calcit gegenüber Graphit. Die hohe Reaktions-fähigkeit des Kohlenstoffs und die Vielzahl möglicher Isoto-penaustauschreaktionen in der Natur führen dazu, daß die Gesteine von Erdkruste und -mantel nicht so leicht durch ihr 13C/12C-Verhältnis zu unterscheiden sind wie durch ihre Sauerstoffisotopie. Es kommt noch hinzu, daß Kohlenstoff – im Gegensatz zum Sauerstoff – kein uner-schöpfliches Reservoir im Erd-mantel bildet. Außerdem sind organische Kohlenstoffver-bindungen in der Biosphäre allgegenwärtig und werden mehr oder weniger fest an anorganische Materialien adsorbiert, so daß in Gestei-nen oft eine Überlagerung verschiedener C-Isotopensi-gnaturen zu finden ist. So zeigt aus MORB extrahierter Kohlenstoff eine Variation im δ13C, die von ≈ 0 bis -35‰ reicht[410]. Dabei wird bei Tempe-raturen unter ≈ 600°C eine Komponente aus den Basalten freigesetzt mit δ13C um -30 bis -20‰, während die bei höheren Temperaturen entgaste Komponente δ13C um -5‰ auf-weist. Ebenfalls um -5‰ liegen die δ13C-Werte von CO2 in Fluideinschlüssen ozeanischer Basalte, was darauf hindeutet, daß dies die C-Isotopie vieler solcher Magmen ist. Aber schon der Grund für die niedrigen 13C/12C-Verhältnisse des bei tiefer Temperatur abgege-benen Kohlenstoffs ist umstritten. Nach einer Vorstellung handelt es sich dabei um resi-dualen Kohlenstoff nach einer vielstufigen CO2-Entgasung der basaltischen Magmen wäh-rend ihres Aufstiegs[411]. Geht man dabei von ursprünglichen Werten um -5‰ aus und bedenkt, daß selbst bei Temperaturen zwischen ≈1100 und 1300°C CO2-Gas noch um ≈ 4‰ gegenüber dem im Magma gelösten C angereichert ist[412], dann ist es nicht schwierig, über eine Rayleigh-Destillation zu Werten von -30‰ zu gelangen. Als Hinweis darauf, daß dieser Prozeß auftritt, wurden positive Korrelationen zwischen δ13C und dem C-Gehalt gewertet, die in einigen kogenetischen Suiten ozeanischer Basalte beobachtet wurden.

1000

ln α

106/T2 [K2]

0

5

10

15

20

25

30

35

1 2 3 4 5 6

150200300400600 °C

CO2 – Calcit Diamant – Graphit

CO2 – DiamantCO 2

– CH 4

CO 2 – C

H 4 (C

raig

, 1953)

Calcit – Graphit

ABBILDUNG 198 Berechnete Isotopenfraktionierungsfaktorenfür Kohlenstoff in den Systemen Calcit – CO2 – Diamant –Graphit – CH4

253

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Kohlenstoff

Allerdings erfordert dieses Modell sehr hohe initiale C-Konzentrationen von >2000ppm anstelle der ≈ 200ppm, die man typischerweise in MORB-Gläsern findet, und damit auch hohe Gehalte im Erdmantel. Nach einem anderen Modell handelt es sich bei dem unter-halb von 600°C abgegebenen C um Kontaminationen, die an der Erdoberfläche erworben wurden[413]. Bei Inselbogenbasalten kann auch die Hochtemperaturphase ein deutlich niedrigeres δ13C als -5 aufweisen, was als Mischung zwischen Mantel- und subduziertem Kohlenstoff gedeutet wird.

Immerhin scheint Einigkeit insofern zu bestehen, daß weite Teile des subozeani-schen und des subkonti-nentalen Erdmantels δ 1 3 C-Werte um -5 haben. Dafür sprechen die Daten der Hochtem-peraturentgasung von MOR-Basalten, Daten für Kimberlite und Kar-bonatite und Daten für Diamanten, wie Abbil-dung 199 erkennen läßt[374]. Insbesondere die Diamanten zeigen aber eine sehr weite Var ia t ion der δ 1 3 C-Werte bis hin zu sehr leichten Isotopien. Besonders leichte C-Isotopien sind dabei in Diamanten zu finden, die aus Eklogiten stammen. Möglicherweise spielen bei der Diamantentstehung variable Sau-erstoffugazitäten eine Rolle und damit das Vorliegen von C-haltigen reduzierten (CH4) und oxidierten Gasen (CO2), also Reaktionspartner mit großem Fraktionierungsfaktor. Darüber hinaus ist sogar der Vorschlag geäußert worden, es könne sich bei Diamanten mit beson-ders niedrigen δ13C-Werten um subduzierten Kohlenstoff mit ehemals organischem Ursprung handeln[376].

Größere Bedeutung als bei den Magmatiten kommt den Kohlenstoffisotopen bei den Meta-morphiten zu. Das liegt daran, daß bei der Metamorphose fluide Phasen eine wichtige Rolle spielen können, und zwar bei Entwässerungs- und Dekarbonatisierungsreaktionen, vor allem bei der prograden Metamorphose von Sedimenten[414]. Diese Reaktionen werden in der Regel mit großen positiven Volumenänderungen verbunden sein, wobei der größte Teil der Fluide aus dem System nach oben hin entweicht, in geringen Tiefen in Verbindung mit Kluftsystemen aber auch zur Seite oder gar abwärts. Die Änderung der stabilen Isoto-penverhältnisse der residualen Gesteine als Folge eines derartigen Prozesses läßt sich mit Hilfe von 2 extremen Modellen beschreiben, nämlich dem Gleichgewichtsmodell und dem Modell der Rayleigh-Fraktionierung. Beim Gleichgewichtsmodell wird angenommen, daß die entwickelte fluide Phase (zunächst) im System verbleibt und mit dem residualen Gestein reäquilibriert. Für die Isotopenverhältnisse gilt dabei eine einfache Massenbilanz-gleichung:

δ0 = f × δ + (1 – f) × δfluid, [GL 257]

wobei δ0 die Isotopie des Gesteins vor Beginn der Reaktion ist, δ seine Isotopie zum Zeit-punkt, zu dem der Anteil des Kohlenstoffs mit dem Molenbruch f (oder des Sauerstoffs, etc.) noch nicht reagiert hat und δfluid die Isotopie der fluiden Phase beim Reaktionsgrad (1 – f ). In der Regel wird sich das schwere Isotop 13C (aber auch 18O) in der fluiden Phase anreichern ( >1, siehe Abbildung 198). Wegen

0 -5 -10 -15 -20 -25 -30

δ13C

20

60

100

10

10

20

1

An

zah

l der

Pro

ben

CO2-Einschlüsse in MORB

Kimberlite

Karbonatite

Diamanten

ABBILDUNG 199 Variation der Kohlenstoffisotope in Materialien desErdmantels

αCO CaCO2 3−

254

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B. Stabile Isotope

1000 lnα ≈ δfluid – δ

wird daraus:

[GL 258]

Mit dieser Gleichung erhält man einen minimalen Wert für die Änderung des Isotopenver-hältnisses eines Gesteins infolge der Fluidentwicklung. Die maximale Änderung wird durch das Rayleighsche Gesetz beschrieben, das im Kapitel „H und O in der Hydro- und Atmosphäre“ eingeführt wurde (GL 236):

[GL 259]

und daraus [GL 260]

da (α – 1) sehr klein ist, geht f (α – 1) gegen 1, und es gilt näherungsweise:

f (α – 1) × δ0 ≈ δ0

[GL 261]

Zu Beginn der Reaktion (große Werte von f) werden die nach beiden Methoden berechne-ten δ-Werte nur wenig voneinander abweichen. Erst wenn die Reaktion weit fortgeschrit-ten ist, wird das Modell der Rayleigh-Fraktionierung zu einem großen Isotopieeffekt und großen Unterschied zum Gleichgewichtsmodell führen. Dekarbonatisierungsreaktionen wirken sich sowohl auf das 13C/12C- als auch das 18O/16O-Verhältnis des Gesteins aus. Da die Fraktionierung beider Isotopenverhältnisse dasselbe Vorzeichen hat, sollten δ13C und δ18O für derart betroffene Gesteine miteinander korreliert sein. Abbildung 200[414] zeigt die nach beiden Modellen zu erwartenden Fraktionierungen in einem δ13C-δ18O-Diagramm für verschiedene Werte von fKohlenstoff. Die beiden Geraden sind nach dem Gleichgewichts-modell berechnet, die beiden Kurven modellieren das Rayleighsche Gesetz. Das Modell entspricht den typischen Dekarbonatisierungsreaktionen

CaCO3 + SiO2 ? CaSiO3 + CO2 und

CaMg(CO3)2 + 2 SiO2 ? CaMgSi2O6 + 2 CO2.

Die C-Isotopie ändert sich in erheblich stärkerem Maße als die O-Isotopie, weil, den Reak-tionen entsprechend, das Sauerstoffreservoir des Gesteins viel größer ist als das Kohlen-stoffreservoir, so daß noch 60Mol% Sauerstoff verbleiben, wenn der gesamte Kohlenstoff bereits entgast ist. Die durch das freiwerdende CO2 verursachte Volumenvergrößerung beträgt bei beiden Reaktionen ≈40%; und von daher ist es klar, daß der größte Teil der Fluide aus dem System entweichen wird. Der rechte Teil von Abbildung 200[414],[415] zeigt ein Beispiel der Änderung des δ13C mit in Tonsteinen im Kontakt zu Granodiorit, wobei eine Situation zwischen „Batch-“ und Rayleigh-Fraktionierung vorgelegen hat. Generell scheint der Dekarbonatisierungstrend von typischen Werten sedimentärer Karbo-nate (δ18O ≈ 20 – 25, δ13C ≈ -2 bis +5) zu Werten für magmatische Karbonatite hin zu gehen (δ18O ≈ 6 – 10, δ13C ≈ -4 bis -8), wenn f gegen 0 geht.

Die fluiden Phasen, die infolge von Dehydratation und Dekarbonatisierung aus einem Gesteinskomplex auswandern, werden andere Gesteine infiltrieren und mit ihnen reagie-ren. Die Isotopenverschiebungen, die das infiltrierte Gestein dabei erleidet, sind natürlich umso größer, je höher das Verhältnis Fluide/Gestein ist, je größer die Isotopenunterschiede zwischen den Reaktionspartnern sind und je höher die Permeabilität des Gesteins ist. Die Permeabilität wird von Größe, Anzahl, Verteilung und Orientierung von Brüchen abhän-

δ δ δ α0 1 1000≈ × + −( ) × +( )f f ln

δ δ δ δ α α δ α α0 1000 1000 1000 1000≈ × + − × − × + = + − ×f f f fln ln ln ln

δ δ α≈ − −( )0 1000 1ln f

RR

f0

1 10001000

= =−( )α δδ

++0

δ δα= ( ) −−( )f 1 1000 10000 +

δ δ α= + −( )−( )

0 1000 11f

fCO2

255

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Kohlenstoff

gen, von der Porosität des Gesteins, dem Streß und dem Fluiddruck. Generell sollte die Per-meabilität mit zunehmender Tiefe in der Kruste abnehmen. In seichtem, hoch permea-blem Niveau wird PH2O ungefähr dem hydrostatischen Druck einer hypothetischen überlagernden Wassersäule entsprechen. Mit der Tiefe und mit zunehmender Temperatur wird die Duktilität der Gesteine zunehmen, und die Fluide werden auf den lithostatischen Druck komprimiert, der wegen des Dichteunterschieds ≈ dreimal so hoch ist wie der hydro-statische Druck. Infiltration von Oberflächenfluiden (meteorische Wässer, Seewasser) wird auf relativ seichte Krustenniveaus beschränkt sein, in dem die Fluiddrücke ≤ dem hydrosta-tischen Druck sind. Unter den Ozeanen wurde Eindringen von Seewasser bis in ≈ 6km Tiefe nachgewiesen und Eindringen von meteorischen Wässern in die kontinentale Kruste bis in Tiefen von gut 10km.

ABBILDUNG 200 links: Auftragung der gekoppelten O-C-Isotopentrends, die für Gleichge-wichts- („Batch“, gerade Linien) und Rayleigh-Verdampfung (Kurven) er-rechnet wurden unter Annahme normaler Dekarbonatisierung[414]. Die gewählten Fraktionierungsfaktoren sind realistisch für metamorphe Tempe-raturen: α13C (CO2 – Gestein) = 1.0022 und α18O (CO2 – Gestein) = 1.006 und 1.012 (Die größeren Verschiebungen im δ18O ergeben sich für α = 1.012). Die Werte für fC und die ungefähre Verringerung des Gesteinsvolu-mens (%) sind ebenfalls angegeben. Die resultierende Variation im δ18O ist wenig abhängig von der Wahl des Gleichgewichts- oder des Rayleigh-Mo-dells, da das System selbst bei vollständiger Dekarbonatisierung noch den größten Teil des Sauerstoffs behält.rechts: Auftragung des gemessenen δ13C gegen den Anteil des noch nicht dekarbonatisierten Gesteins (gefüllte Quadrate) für Tonsteine aus der Kontaktzone zum Notch Peak Stock in Utah[415]. Die beiden Kurven ent-sprechen den theoretischen δ13C-Verarmungen, die nach dem totalen Gleichgewichts- („Batch“) und dem Rayleigh-Modell zu erwarten wären. Die Meßwerte legen daher nahe, daß eine Situation zwischen diesen bei-den extremen Modellen verwirklicht war.

Die Menge an Fluiden, die ein Gestein infiltriert und mit ihm ausgetauscht hat, kann über eine isotopische Massenbilanzgleichung errechnet werden. Wenn es sich dabei um eine Gleichgewichtsreaktion handelt, bei der die gesamte Fluidmasse mit einem Gestein rea-giert, dann gilt nach Taylor[404]:

, [GL 262]

Rayleigh

δ13C

0-2

-4

-6

-8

-10

0.9 0.7 0.5 0.3 0.1ƒCO2

δ18O16 2018 22

δ13C

-4

0

-2

-6

-8

-10

f = 0.75-10%

f = 0.025

f = 0.25-30%

f = 0.5-20%

f = 0.125-35%

-40%

-20% „Gleichgewicht“

Δ13CCO2 – Calcit = 4.5

FR closedsystem

Gestein Gestein

Fluide Gestein

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= −− +

δ δδ δ

0

0 Δ

256

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B. Stabile Isotope

wobei F und R die Atomprozente des interessierenden Elementes in der fluiden Phase und im Gestein sind (F + R = 100%) und Δ = δGestein – δFluide; δ 0 sind die Initialwerte und die nicht mit „0“ indizierten δ’s die Werte nach Beendigung der Reaktion. kann man oft an einer Partie messen, die der Fluidinfiltration entgangen ist. δGestein läßt sich an den reagier-ten Gesteinen messen, kann abgeschätzt werden, wenn die Quelle der Fluide bekannt ist. Δ läßt sich abschätzen, wenn man die Temperatur der Äquilibrierung kennt. Geschieht die Fluidinfiltration dagegen im offenen System, wobei ein Inkrement der flui-den Phase mit dem Gestein reagiert und dann das System verläßt, dann gilt eine andere Gleichung:

, [GL 263]

wobei (F/R)closed system das aus GL 262 errechnete Verhältnis ist. Zu den Prozessen, die sich durch derartige Fluidinfiltrationen beschreiben lassen, gehören z.B. die Bildung von Skar-nen oder generell Kontaktmetamorphosen um fluidreiche granitische Plutone.

Eines der größeren Probleme in der Geochemie und Petrologie der Metamorphite ist die Granulitisierung. Granulite sind Gesteine, die sich unter Druckbedingungen der Unterkru-ste bei niedrigen Wasseraktivitäten aus Sedimenten und Magmatiten bilden.Eine zeitweilig populäre Theorie, welche die niedrigen H2O-Aktivitäten erklärt, ist die, daß CO2-Fluide aus dem Erdmantel strömen und in der Unterkruste Dehydratationen bewirken, wobei der größte Teil des Wassers in seichtere Krustenniveaus auswandert[416]. Diese Theorie bezieht ihre Nahrung aus der Beobachtung, daß die Fluideinschlüsse in Mineralen aus Granuliten meist reines CO2 sind und damit den Fluideinschlüssen der Erdmantelperidotite ähneln, aber nicht denen anderer Krustengesteine. Dieses Strömungsmodell erfordert jedoch Men-genverhältnisse für Fluid (CO2)/Gestein von ≈0.1 – 0.3[417] und sollte damit erhebliche Aus-wirkungen auf die δ13C- und δ18O-Werte der Granulite haben. Tatsächlich scheint das aber nicht der Fall zu sein, wenn man Granulite und amphibolitfazielle Gesteine vergleicht, die dieselben Edukte haben, was der Infiltrationstheorie klar widerspricht. Die Tendenz geht daher heute dahin, das CO2 der Fluideinschlüsse in Metasedimenten aus dem Abbau von Karbonaten abzuleiten, während es in den Metamagmatiten ein magmatisches Relikt sein könnte. Metamagmatite könnten zudem primär „trockene“ Gesteine sein, so daß die H2O-Armut der aus ihnen hervorgegangenen Granulite eine zwanglose Erklärung hat.

δGestein0

δ Fluide0

FR

FRopensystem closedsystem

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= ⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

ln 1

257

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Stickstoff

20.0 Stickstoff

Stickstoff besteht aus zwei stabilen Isotopen mit den Massenzahlen 14 (natürliche Häufig-keit 99.64%) und 15 (0.36%). Das größte irdische Stickstoffreservoir ist wahrscheinlich die Atmosphäre, in der 15N mit einer Häufigkeit von 0.3663% (relativ zum Gesamtstickstoff) vertreten ist. Da das 15N/14N-Verhältnis der Atmosphäre weltweit konstant ist, wird es bequemerweise als Referenzwert für die Angabe des δ15N beliebiger Proben verwendet.

Neben der elementaren Form kommt Stickstoff auf der Erde als Nitrat vor in seltenen Mine-ralen wie α-KNO3 oder NaNO3, daneben aber auch als Ammonium-Ion in seltenen Phos-phaten oder auch als Ammoniak. In der Ammonium-Form scheint er auch – neben der ele-mentaren Form – in den meisten Magmatiten aufzutreten, in denen auf Grund seines identischen Ionenradius K+ zu ersetzen vermag. Stickstoff ist allgegenwärtig in der Bio-sphäre, wo es essentieller Baustein von Aminosäuren und Proteinen ist. Der N-Gehalt von Magmatiten liegt meist in der Größenordnung 10 – 100ppm; in Sedimenten ist er höher und kann in Tonen bis zu einigen 1000ppm betragen, liegt jedoch meist zwischen ≈100 und 1000ppm.

Isotopenfraktionierungen treten beim Stickstoff einerseits infolge von kinetischen Prozes-sen bei der bakteriellen Nitrifizierung und Denitrifizierung auf; ihrer Größe nach sind dies die bedeutendsten Effekte. In der anorganischen Welt spielt vor allem die Reaktion

? NH3(Gas)

eine Rolle, für die bei 25°C ein Fraktionierungsfaktor α von 1.034 berechnet wurde[374].

Die Isotopengeoche-mie des S t icks tof f s erfreut sich, mit Aus-nahme der Bio- und Umweltgeochemie , ke iner besonderen Beachtung, einerseits, weil man sich von der Analyse der N-Isotope keine wesentl ichen Informationen ver-spricht, die nicht mit Hilfe anderer Isotopen-systeme besser gewon-nen werden können; zum anderen ist die Gefahr der sekundären Verunreinigung von Gesteinen und Minera-len nicht zu vernach-lässigen, und außer-dem weiß man vergleichsweise wenig über die Wege der Stickstofffraktionierung in der festen Erde. Der in Gesteinen elementar vorliegende Stickstoff (Fluideinschlüsse in Minera-len aus Metasedimenten enthalten in der Regel erhebliche Stickstoffmengen.) wird sich als inertes N2-Molekül bei den meisten geochemischen Prozessen relativ inaktiv verhalten und nur durch Diffusion fraktionieren können. Man wird daher erwarten, daß die N-Isotopen-zusammensetzung der Atmosphäre nicht sehr verschieden ist von dem Reservoir des Erd-mantels, aus dem die Atmosphäre letztlich entgast ist[410].

Abbildung 201[374] gibt eine Übersicht über die δ15N-Werte verschiedener wichtiger terre-strischer Stickstoffreservoirs. Magmatite können demnach eine sehr weite Variation ihrer

NH4+

NH4+

-20 -10 0 10 20

δ15N

Erdgas

Öl

Landlebewesen

marine Organismen

Atmosphäre

Magmatite

Diamanten

N2 NH3Meerwasser

ABBILDUNG 201 Variation der Stickstoffisotope in der Natur

258

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B. Stabile Isotope

Stickstoffisotopie zeigen. Die N-Analyse von submarinen Basalten hat gezeigt, daß mittels verschiedener (Extraktions-) Techniken verschiedene Ergebnisse erhalten werden; daher hängen die δ15N-Werte vielfach davon ab, in welchem Labor die Analysen durchgeführt wurden. Typischerweise findet man durch Schmelzextraktion des Stickstoffs in MORB Gehalte um 1ppm, während Methoden der instrumentellen Neutronenaktivierungsana-lyse eine Größenordnung höhere Gehalte liefern; allerdings ist mit dieser Methode keine Isotopenanalyse möglich. Die Angaben für δ15N von MORB schwanken zwischen ≈+17[418]

und ≈ 0[419], wobei den niedrigeren Werten die größere Glaubwürdigkeit beigemessen wird, da andernfalls die Stickstoffisotope während der Bildung der Atmosphäre erheblich fraktio-niert worden wären, wofür es keinen plausiblen Mechanismus gibt.

Hohe Stickstoffgehalte von 100 – 2100ppm und Isotopenvariationen zwischen -11.2 und +6.0 wurden in Diamanten gefunden[420], wobei Konzentrationen und Isotopien positiv miteinander korreliert waren. Die niedrigen δ15N-Werte, die vornehmlich in Diamanten der peridotitischen Suite gefunden werden, wurden dabei als Hinweis auf eine heterogene Akkretion der Erde gedeutet, weil diese Isotopenverhältnisse niedriger sind als die in MORB. Diese Interpretation wird allerdings nicht uneingeschränkt akzeptiert, weil die Stickstoffisotopie z.B. nicht mit der He-Isotopie von Diamanten parallel läuft. Hohe δ15N-Werte in Diamanten korrelieren mit niedrigen δ13C-Werten und unterstützen damit die Hypothese, daß die Kohlenstoffquelle solcher Diamanten subduzierter Kohlenstoff bio-genen Ursprungs sein kann. Diese Interpretation wird allerdings dadurch erschwert, daß individuelle Diamanten Wachstumszonierungen zeigen können, mit denen beträchtliche Isotopenvariationen verbunden sind, z.B. mehr als 10‰ für δ13C und mehr als 20‰ für δ15N[421].

259

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Schwefel

21.0 Schwefel

Schwefel besteht aus den 4 stabilen Isotopen 32S (Häufigkeit 95.02%), 33S (0.75%), 34S (4.21%) und 36S (0.02%). Die S-Isotopie wird konventionell als das Verhältnis 34S/32S ange-geben und als δ34S relativ zum 34S/32S-Verhältnis des Troilits aus dem Canyon Diablo-Meteorit ausgedrückt.

Im Massenspektrometer wird Schwefel vorzugsweise als SO2 gemessen, wobei der Schwefel in Sulfiden oder elementarer S zu SO2 oxidiert und Sulfate mittels H3PO2 und/oder HJ redu-ziert werden. Nach einer anderen Methode wird ein Gemisch aus Sulfid- und Sulfatschwe-fel bei 280°C im Vakuum mit H2O-freier Phosphorsäure, die Sn-Ionen enthält, umgesetzt. H2S und SO2 werden dadurch freigesetzt und können auf geeignetem Wege voneinander getrennt und gemessen werden.

Schwefel ist ein allge-genwärtiges Element, sowohl in Gesteinen des magmatischen und metamorphen Bi l -dungsbereichs (hier vor allem in Form von Sul-fiden, selten als elemen-tarer S) als auch in Sedi-menten (als Sulfate und Sulfide) . Er kommt gelöst a ls Sul fat im Meerwasser vor (≈ 900 ppm S[58]), in der Atmo-sphäre als SO2 und in der Biosphäre in einer Vielzahl von Verbin-dungen und Oxida-tionsstufen. Die natürli-che δ34S-Variation macht ≈ 150‰ aus. Die Isotopie wichtiger geochemischer Reservoirs ist in Abbildung 202 dargestellt[374]. Die isotopisch schwersten Sulfate haben ein δ34S um +90‰ und die leichtesten Sulfide von -65‰. Für diese große Variation sind zwei Effekte verantwortlich:

a) verschiedene chemische Austauschreaktionen zwischen Sulfaten und Sulfiden; begün-stigt werden die Isotopieeffekte dabei durch unterschiedlichen Bindungscharakter und Aggregatzustände (fest-flüssig-gasförmig); die schweren S-Isotope werden in der weniger flüchtigen Phase – in der Regel den Sulfaten – konzentriert;

b) infolge eines kinetischen Effektes werden die leichten S-Isotope bei der bakteriellen Reduktion von Sulfaten zu Sulfiden angereichert; dieser Prozeß ist für den weitaus größten Isotopieeffekt verantwortlich. Die beiden wichtigsten Arten der sulfatreduzierenden Bakte-rien sind Desulfovibrio desulfuricans und Desulfatomaculum. Sie beziehen die Energie ihres Wachstums und der Reduktion der Sulfate aus der anaerobischen Oxidation von H2 und organischer Materie, wozu sie den Sauerstoff des Sulfats verwenden. Die Bakterien gedei-hen bei Temperaturen zwischen 0 und 100°C in Süßwasser und Salzwasser mit bis zu 30% NaCl bei Drücken bis zu 1kbar, bei pH-Werten zwischen 4.2 und 10.4 und EH-Werten zwi-schen +350 und -500mV. Im Labor lassen sich mit solchen Bakterienkulturen S-Isotopen-fraktionierungen bis zu 5% erzielen. Die Größe der Isotopenfraktionierung und die Menge des entwickelten H2S hängen vom Sulfatgehalt, der Größe der Bakterienkolonien, der Ver-fügbarkeit von Nährstoffen, der Sedimentationsrate, der Salinität und der Temperatur ab. Auch die Isotope des Selens – eines Elementes, das sich geochemisch ähnlich verhält wie

Evaporite

Meerwasser

Sedimente

Metamorphite

Granitoide

Basalte

-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50δ34S

ABBILDUNG 202 Variationsbereich der Schwefelisotope in Materiali-en der Erde

260

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B. Stabile Isotope

Schwefel – werden durch manche Mikroorganismen fraktioniert, insbesondere einige Sal-monellenarten, die 76Se um einige 10‰ über das 82Se anzureichern vermögen. Auf Grund der S-Isotopenvariation mariner Sulfide schließt man auf die Existenz solcher Sulfat-redu-zierender Bakterien seit mindestens 2.3Ga. Die marinen Sulfide des Archaikums weisen dagegen durchweg δ34S-Werte um 0 auf.

Besonders große Isotopenva-riationen sind in der Natur unter Bedingungen des offe-nen Systems zu erwarten, aus dem das produzierte H2S kon-tinuierlich entfernt wird (Ray-leigh-Fraktionierung), z.B. durch Entgasung oder durch Ausfällung von FeS2. Die Reak-tion wird dann fortschreiten, bis entweder das Sulfat ver-braucht ist oder keine Nah-rung mehr für die Bakterien zur Verfügung steht. Da der Schwefel im H2S leichter ist als im Sulfat, wird das residuale Sulfat und damit auch das spä-ter gebildete Sulfid mit abneh-mender Sulfatmenge schwe-rer. Das ist schematisch in Abbildung 203 dargestellt[374]. Im Gegensatz dazu wird unter anaeroben Bedingungen wie im Schwarzen Meer nur ein geringer Teil des zur Verfü-gung stehenden Sulfats ver-braucht, weil das Reservoir sehr groß ist. Das gebildete, isotopisch leichte H2S bleibt im System (H2O) und führt zu des-sen Vergiftung, so daß die Meeresorganismen, die nach ihrem Tod die Nahrung der sulfat-reduzierenden Bakterien darstellen, absterben. Und damit kommt schließlich auch das Wachstum der Bakterien selbst zum Stillstand.

Bei Temperaturen unter ≈50°C scheint die bakterielle Aktivität die einzige Möglichkeit der Sulfatreduktion zu sein. Bei Temperaturen oberhalb ≈250°C spielt auch die Reduktion durch Fe2+ eine Rolle. Einen großen Isotopieeffekt hat potentiell die Reaktion

+ H234S ? + H2

32S,

für die ein Fraktionierungsfaktor α von 1.075 bei 25°C berechnet wurde. Es ist jedoch kein Mechanismus bekannt, der die Reaktion bei so niedriger Temperatur ablaufen läßt.

Der Erdmantel scheint in Bezug auf seine Schwefelisotopenzusammensetzung ein relativ homogenes Reservoir darzustellen, dessen δ34S-Werte nur wenig über dem des Canyon Dia-blo-Troilits liegen[410] (siehe Abbildung 204). Sulfide wie Pyrrhotin und Pentlandit, die man gelegentlich in Xenolithen (Granatperidotite, Eklogite) in Kimberliten findet, weisen δ34S zwischen etwa 0 und +2 auf, was wahrscheinlich den Verhältnissen im Erdmantel am besten entspricht. Basaltische Gesteine zeigen eine höhere Variation. Aus subaerisch ausge-flossenen Basalten kann der Schwefel zum Teil entgasen, wobei eine geringe Fraktionierung auftritt. Bei Basalten aus Hawaii hat man δ34S-Werte bis ≈ -5‰ beobachtet, gekoppelt an niedrige S-Gehalte. Man muß daraus folgern, daß die entgaste Komponente oxidiert ist (SO2). Als wichtige Komponenten magmatischer Fluide sind neben SO2 und SO3 auch redu-

0.001

0.01

0.1

1

noc

h v

orh

and

enes

Sul

fat [%]

δ34S [‰]-20 0 20 40 60

Mittelwert für das biszu diesem f-Wertentwickelte Sulfid

Rayleigh-Fraktionierung

SulfatSulfid

ABBILDUNG 203 Variation von δ34S von Sulfid und residualemSulfat durch Rayleigh-Fraktionierung, ausgehend von Sulfatmit δ34S = 10‰ zu Beginn und unter Annahme eines Fraktio-nierungsfaktors α = 1.025.

32

42SO −

34

42SO −

261

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Schwefel

zierte Spezies wie S und H2S bekannt. Bei hohen Temperaturen ist SO2 jedoch die dominie-rende Phase. Große basische Intrusionen in die kontinentale Kruste können erhebliche S-Kontaminationen erfahren (z.B. Muskox, Norilsk), so daß ihre S-Isotopien keine Rück-schlüsse auf die des Erdmantels erlauben.

ABBILDUNG 204 links: δ34S-Werte und Schwefelgehalte ozeanischer Basalte und von Peridotitxenolithen. Die subaerischen Ozeaninselbasalte (OIB) aus Hawaii haben niedrigere Schwefelgehalte und δ34S-Werte als submarine OIB und MOR-Basalte. Verlust von 34S und Gesamtschwefel scheinen daher einander bei der Entgasung von Magmen parallel zu verlaufen. Der Sulfatschwefel ozeanischer Basalte hat ein höheres δ34S als der Gesamtschwefel. rechts: zum Vergleich sind die S-Isotopien für kontinentale Tholeiite und Alkalibasalte aus Europa, Karbonatite aus Afrika und von zwei basischen Intrusionen eingetragen.

Ein wichtiges Reservoir im S-Zyklus der Erde sind die Ozeane, die ≈ 10% des Schwefels des Systems Kruste + Ozeane enthalten[423]. Der Schwefel liegt in den Ozeanen fast ausschließ-lich als Sulfat vor mit einem mittleren δ34S von heute ≈ +20‰. Das Sulfat hat eine mittlere Residenzzeit von ≈ 7.9Ma und wird als Sulfid (sedimentäre oder organisch gebundene Sul-fide) oder Sulfat (Gips) in einem Mengenverhältnis von etwa 1:2 ausgefällt, der wesentliche Teil davon durch bakterielle Reduktion. So gilt z.B. der mitteleuropäische Kupferschiefer als das Produkt bakterieller Tätigkeit[424]. Der durchschnittliche S-Gehalt von Sedimenten liegt um 5000ppm, der von Magmatiten und hochmetamorphen Gesteinen bei nur 200 ppm. Der Schwefel in Sedimenten macht ca. 60% des S im System Kruste + Ozeane aus. Bedenkt man, daß dieser Schwefel über den sedimentären Kreislauf auch mit dem Ozeanschwefel austauscht, dann wird klar, daß direkt oder indirekt der Schwefel des Seewassers eine wich-tige Rolle bei der Entstehung vieler Sulfidlagerstätten spielen muß.

Thol

eiite

Alk

alib

asal

te

Karb

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ite

Mus

cox

Nor

ilsk

0 400 800 1200 1600ppm S

-5

0

5

10δ34

S [‰

]

Hawaiisubmarine OIBMORBPeridotitxenolithe

SO4 aus sub-marinen Basalten

2-

262

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B. Stabile Isotope

Aus der Analyse von Evaporiten ist bekannt, daß das 34S/32S-Verhältnis im Lauf der Erdgeschichte in den Ozeanen stark geschwankt hat, (siehe Abbildung 205[374]). Ein Maxi-mum ist im Kambrium zu verzeich-nen mit δ34S von gut +30, ein Mini-mum im Perm mit ca. 10‰. Obwohl die Gründe für diese Schwankungen weit davon entfernt sind, klar zu sein, hat die Vorstellung einiges für sich, daß sie letztlich den Zustrom von S durch Abtragung der Konti-nente widerspiegeln[425], gekoppelt mit vermehrter oder verminderter Bildung von Evaporiten. In Zeiten vermehrter Evaporitbildung wie im Perm werden erhebliche Teile des S dem Meerwasser entzogen, so daß das δ34S empfindlicher auf die Zumi-schung von bezüglich der Isotopie andersartigem Schwefel aus Magma-titen reagiert. In Zeiten, in denen keine Evaporite gebildet werden, z.B. im Kambrium, wirkt s i ch der Zustrom von S mit negativerem δ34S dagegen nicht aus. Um die S-Isoto-penunterschiede des Meerwassers zwischen dem Kambrium und dem Perm von ≈20‰ zu erklären, wäre eine Variation des in Sedimenten und den Ozeanen festgelegten Schwefels um ±30% erforderlich[427].

Stabile Isotope bieten die besten geochemischen Möglichkeiten, um die Herkunft erzfüh-render Fluide aufzudecken und die Bildungstemperaturen von Lagerstätten abzuschätzen. Da zahlreiche wichtige Lagerstätten Sufide sind oder enthalten, ist es nicht verwunderlich, daß die Geochemie der S-Isotope weite Anwendung in der Lagerstättenkunde findet. Zwei wesentliche Faktoren kontrollieren die S-Isotopenzusammensetzung hydrothermaler Lagerstätten:

• Aus der Fraktionierung Δ zwischen verschiedenen S-haltigen Mineralen lassen sich Rückschlüsse auf die Bildungstemperatur der Lagerstätte gewinnen. Abbildung 206zeigt Gleichgewichtsfraktionierungskurven zwischen H2S und verschiedenen Sulfiden und Sulfat, aus deren Kombination sich Sulfid-Sulfid-Thermometer ableiten lassen. Eine hohe Fraktionierung weist das Zinkblende-Bleiglanz-Thermometer auf, daß sich besonders weiter Verbreitung erfreut, weil beide Sulfide praktisch immer miteinander vergesellschaftet vorkommen. Für dieses Thermometer gilt die folgende Gleichung:

[GL 264]

Obwohl einige dieser Sulfidthermometer experimentell kalibriert sind, sind die Über-einstimmungen der Eichungen verschiedener Arbeitsgruppen nicht sonderlich befrie-digend. Die Fraktionierungskurven für das ZnS–PbS- und zwei weitere Thermometer sind in Abbildung 207 dargestellt[25].

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

3530252015105

Alter [M

a]

δ34S [‰]

T

K

J

Tr

P

O

SD

C2C1

Є

ABBILDUNG 205 Variation der Schwefelisotope imMeerwasser im Verlauf der letzten ≈ 1Ga. Die Strichestellen die zu einer bestimmten Zeit beobachtete Ge-samtvariation dar, das breite Band Mittelwerte überden Verlauf der Zeit.

T =±( ) ×

0 85 0 03 103. .

Δ ZnS PbS

263

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Schwefel

• Die Isotopie des Gesamt-schwefels gibt Hinweise auf seinen Ursprung. Da die S-Isotope zwischen den Flui-den und Sulfidmineralen fraktionieren, muß man eine gute Kenntnis der Iso-topie des gesamten an der Bildung des Vorkommens teilhabenden Schwefels ha-ben. Auf Grund der δ34S-Werte des Gesamtschwefels lassen sich drei Quellen der Erzlösungen unterschei-den: Werte um 0 weisen auf magmatische Quellen hin, während Werte um 20‰ (je nach Alter der Lagerstätte auch andere Werte, siehe Abbildung 205) Seewasser als Quelle des Schwefels an-zeigen. Intermediäre Werte zwischen ≈5 und 15‰ kön-nen auf krustale Gesteine verschiedenster Art hinwei-sen oder auf Mischungen der beiden ersten Quellen (Sulfide der mittelozean-ischen Rücken ohne Sedi-mentauflage zeigen δ34S-Variationen zwischen ca. 0 und 5‰; bei Gegenwart von Sedimenten, z.B. im Roten Meer, sind die Variationen größer und gehen bis ca. 15‰ hinauf[422]). Abbildung 208, Seite 266 zeigt die Schwe-felisotopien mariner Sulfide und Sulfate und massiver Sulfiderze über die geologische Zeit[423]. Es ist daraus zu erkennen, daß archaische Sulfide und Sulfate δ34S-Werte ha-ben, die nahe 0 liegen und damit eine Erdmantelabkunft nahelegen. Größere Abwei-chungen in beide Richtungen sind erst seit gut 2Ga zu verzeichnen, wobei Abweichungen zu negativen 34S/32S-Verhältnissen als Anzeichen der Tätigkeit sulfat-reduzierender Bakterien gedeutet werden können. Besonders bemerkenswert ist die sehr weite Variation des δ34S im Kupferschiefer. Solche großen Variationen, zumal dann, wenn sie im Sediment über den cm-Bereich beobachtet werden können, gelten als sehr starke Indizien für eine bakterielle Entstehung. Es ist jedoch zu betonen, daß es, im Gegensatz zu früheren Lehrmeinungen, Lagerstätten, die allein bakteriell ent-standen sind, nicht zu geben scheint. Auch Lagerstätten, die ihre Entstehung aus-schließlich magmatischen Prozessen verdanken, scheint es eher nicht zu geben[423]. Durch Subduktionsprozesse kann mariner Sulfid- und Sulfatschwefel in den Mantel transportiert werden, wo er erneut für die Bildung von Fluiden zur Verfügung steht und eine wichtige Schwefelquelle in Lagerstätten über Subduktionszonen werden kann.

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10-10

-5

0

5

10

15

20

25

30

1000

ln α

50100200300400800 °C

FeS2 – H2S

ZnS – H2S

PbS – H2S

HS– – H2S

SO2- –

H2S

4106/T2 [K2]

SO2 – H2S

ABBILDUNG 206 Experimentell bestimmte Gleichgewichts-fraktionierungsfaktoren α zwischen diversen S-Verbindun-gen einerseits und H2S andererseits. Gepunktete Kurventeilestellen Extrapolationen dar.

264

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B. Stabile Isotope

Da Schwefel ein Bestandteil aller organischer Materie ist, ist er elementar oder in Form ver-schiedenster Verbindungen auch in fossilen Brennstoffen enthalten. Bei der Verbrennung von Öl und Kohle geraten große Mengen an aggressivem SO2 in die Umwelt, wo sie ein nicht unbeträchtliches Gefährdungs-potential darstellen. Gewaltige Mengen an SO2 können bei Vul-kaneruptionen freigesetzt wer-den. Beim Ausbruch der Laki-Spalte auf Island in den Jahren 1783 und 1784 sollen ca. 120 Millionen Tonnen SO2 in die Atmosphäre gelangt sein[426]. Zusammen mit anderen Gasen (Halogene) verursachten sie ein großes Viehsterben auf der Insel.

Ein erheblicher Teil des SO2kann bei heftigen Explosionen auch in die Stratosphäre gelan-gen, wo es mit photochemisch freigesetzten OH-Radikalen zu H2SO4 reagiert. Die Schwefel-säure verbindet sich im Verlauf von Wochen bis Monaten mit Staubpartikeln zu Aerosolen (typischer Durchmesser 0.5μm) und wird erst innerhalb einiger Jahre aus der Stratosphäre entfernt. Diese Aerosolwolken vermindern die Sonneneinstrahlung auf der Erde und bewirken somit eine Abkühlung. Die durch den Ausbruch des El Chichón in Mexico 1982 in die Stratosphäre gelangte Menge SO2 entsprach ≈ (10 – 20)×106 Tonnen H2SO4 bei nur ≈ 0.5 km3 ausgeworfenen Aschen[428]. Nach dem Ausbruch des Pinatubo auf den Phillipinen Anfang der 1990er Jahre konnte man vor allem in den Äquatorialgebieten für einige Monate eine Temperaturerniedrigung nachweisen.

0 2 4 6 8 10 120

2

4

6

8

10

12

14

16

106/T2 [K2]

Δ34

S [‰

]

800 400 200 100 50 °C

Pyrit – Zinkblende Zinkblende – Bleiglanz

Pyrit

– Bleig

lanz

ABBILDUNG 207 Fraktionierung der Schwefelisotope zwi-schen kogenetischen Sulfiden als Funktion der Temperatur.Die Daten basieren auf berechneten Gleichgewichtskon-stanten.

265

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Schwefel

ABBILDUNG 208 Schwefelisotopie mariner Sulfate und Sulfide (links) und massiver Sulfid-lagerstätten (rechts). Dicke Linien stellen die Hauptvariation dar. Hellblaue Linien stehen für Sulfatschwefel, dunkelblaue Linien für Sulfidschwefel.

-60 -40 -20 0 20 404.0

3.5

3.0

2.5

2.0

1.5

1.0

0.5

0.0

Isua

Meguma

δ34S [‰]

t [G

a]marine Sulfate und Sulfide

Kupferschiefer

AdirondacksWhite Pine

Skellefteå

McArthur Basin

Pine Creek

OutokumpuOnwatin

ZimbabweHamersley

Michipicoten Birch-Uchi

Yilgarn

Fig TreeAldan

WarrawoonaOnverwacht 3.5

3.0

2.5

2.0

1.5

1.0

0.5

0.0

4.0-10 0 10 20 30 40

KurokoZypern

RaulBesshi

New Brunswick

Skellefteå

GecoNoranda

South Bay

Big Stubby

δ34S [‰]

Sulfidlagerstätten

BarbertonNorth Pole

Anderson

Roseberry

Notre Dame

Sulitjelma

t [Ga]

266

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B. Stabile Isotope

22.0 Calcium

Die technische Weiterentwicklung der Massenspektrometrie von den Geräten mit einem Faraday-Auffänger zu solchen mit Multikollektoren hat dazu geführt, daß man heute klei-nere Isotopenunterschiede auflösen kann, als dies noch um 1980 der Fall war. Damit ist auch das Ca über seine Anwendung in der Geochronologie von Gesteinen mit hohen K/Ca-Verhältnissen hinaus interessant geworden. Die Ca-Isotope erfahren in der Natur eine Fraktionierung sowohl bei biologischen als auch bei chemisch-physikalischen Prozessen. Die wenigen Laboratorien, die sich mit der Isotopengeochemie von Ca beschäftigen, geben die Isotopenverhältnisse als

[GL 265]

an. Diese Angabe relativ zu 40Ca hat natürlich den Nachteil, daß nicht zwischen einer Iso-topenfraktionierung und einer radiogenen Quelle (übernormale Häufigkeit von 40Ca aus dem Zerfall von 40K) unterschieden werden kann. Zhu & Macdougall (1998)[429] schlagen auf Grund ihrer Analysen von Meerwasser verschiedener Ozeane und Tiefen vor, als Stan-dard Meerwasser zu verwenden, weil dies auf Grund seiner hohen Residenzzeit (ca. 1 Ma) eine homogene Zusammensetzung von 44Ca/40Ca = 0.0217470±13 aufweist. Leider ver-wenden verschiedene Laboratorien verschiedene Standards und benutzen außerdem ver-schiedene Fraktionierungskorrekturen bei ihren Messungen, so daß auch die δ44Ca-Werte nicht miteinander direkt vergleichbar sind.

ABBILDUNG 209 Ca-Isotopenvariation in Flußwässern, MORB, holozänen Karbonaten der Meeresböden und einzelnen Foraminiferen. Unter den drei Spezies von Foraminiferen wurde jeweils eine aus wärmerem und/oder flacherem und eine aus tieferem und/oder kälterem Wasser analysiert. Die Foraminiferen aus dem tieferen oder kälteren Wasser haben jeweils das niedrigere δ44Ca.

δ 44

44 40

Probe44 40

Standard

Ca [‰] =Ca Ca

Ca Ca

( )( ) −

⎢⎢⎢

⎥⎥⎥

×1 1000

-3.0

-2.5

-2.0

-1.5

-1.0

-0.5

0.0

0.5

δ Ca

FlußwässerMORBKarbonatschlämmeForaminiferen

Meerwasser

Am

azon

as

Orin

oco

Orin

oco

Pazi

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RB, E

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Gan

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Gan

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Neb

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ges-

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Lena A

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Yana Ko

lym

a

267

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Calcium

ABBILDUNG 210 Variation von δ44Ca in marinen Organismen[430]. Es ist zu beachten, daß die δ44Ca-Werte nicht unmittelbar mit denen in Abbildung 209 vergleichbar sind, wie an dem positiven δ44Ca-Wert des Meerwassers erkennbar ist.

Wenn man das δ44Ca des Meerwassers mit demjenigen von Flußwässern, marinen Hydro-thermalquellen (MORB als Vertreter für das δ44Ca solcher Wässer) und rezenten marinen Karbonatsedimenten vergleicht, stellt man fest, daß das Meerwasser unter allen diesen Materialien das höchste δ44Ca aufweist (Abbildung 209[429]). Unter den Flußwässern haben die Nebenflüsse des Ganges besonders niedrige δ44Ca-Werte, verbunden mit extrem hohen 87Sr/86Sr-Verhältnissen (0.76 – 0.80) und geringen Ca-Gehalten aufweisen. Dies deutet auf eine Herkunft aus Granitoiden im Himalaya hin, bei denen infolge des hohen K/Ca-Ver-hältnisses nicht auszuschließen ist, daß das niedrige δ44Ca zumindest teilweise radiogenen Ursprungs ist. Inwieweit der Unterschied zwischen dem δ44Ca des in die Weltmeere einge-tragenen Ca und den aus dem Meerwasser ausgeschiedenen biogenen Sedimenten signifi-kant ist, ist nicht vollends klar. Wenn er signifikant ist, müßte das dahingehend gedeutet werden, daß Zufluß und Austrag nicht im Gleichgewicht stehen. Immerhin scheinen die Karbonatschalen mariner Organismen (und auch anorganisch ausgefällte Karbonate) eine Anreicherung des leichteren Isotops 40Ca gegenüber dem Meerwasser aufzuweisen. Als Grund mag angeführt werden, daß die Fraktionierung kinetischer Natur ist, wobei das leichteste Ca-Isotope am raschesten aus dem Meerwasser ausgefällt wird[429]. Skulan et al. (1997)[430] haben zudem die Beobachtung gemacht, daß sich in der marinen Nahrungs-kette das leichtere Isotope 40Ca anreichert (Abbildung 210). Beim Vergleich der δ44Ca-Werte der Schalen von Foraminiferen schließlich zeigt sich, daß Exemplare aus tieferem und/oder kälterem Wasser negativere δ44Ca-Werte aufweisen als solche aus flacherem und/oder wärmerem Wasser, daß die Fraktionierung also – erwartungsgemäß – mit sinkender Temperatur größer wird[429],[431]. Die Ca-Isotopenfraktionierung kann dabei für verschie-dene Foraminiferen eine sehr unterschiedliche Temperaturabhängigkeit von mehr als einer Größenordnung aufweisen[431], die bislang nicht genügend verstanden sind, um die Ca-Isotope zur Paläotemperaturbestimmung zu verwenden. Es ist zudem noch darauf hinzu-weisen, daß die Fraktionierung der Ca-Isotope bei der Ausscheidung von Karbonaten aus Wasser umgekehrt verläuft wie diejenige der Sauerstoffisotope, d.h. je niedriger die Tempe-ratur, desto leichter die Ca-Isotope und desto schwerer die O-Isotope. Gussone et al.[431]

schlagen dafür ein Modell vor, wonach die Ca-Isotopenfraktionierung allein durch kineti-sche Effekte bestimmt ist, diejenige der Sauerstoffisotope aber sowohl durch kinetische als auch durch Gleichgewichtseffekte.

-3

-2

-1

0

1

2

δ Ca

Mee

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B. Stabile Isotope

23.0 Eisen und andere schwere Elemente

Mit der Etablierung von ICP-MS-Geräten, die mit mehreren Faraday-Kollektoren ausgestat-tet sind, ist es einfacher geworden, natürliche Isotopenvariationen schwerer Elemente zu dokumentieren als mit der Thermionenmassenspektrometrie, bei der die Massenfraktionie-rung während der Messung schwer zu kontrollieren ist (vergleiche Seite 77 und folgende oder [432] für die Fe-Isotopenanalyse unter Verwendung eines Doppelspikes). Damit ist die Erfassung der massenabhängigen Isotopenfraktionierung der schwereren Elemente und Klärung ihrer Ursachen seit dem Ende der 1990er Jahre zum Gegenstand intensiver For-schung innerhalb der Isotopengeochemie geworden. Übergangsmetalle wie Cr, Fe, Ni, Cu oder Zn bieten sich besonders an, weil sie in der Natur relativ häufig vorkommen und zudem biologisch von Bedeutung sind. Die Darstellungsweise der Isotopenvariationen ist für diese Elemente nicht einheitlich, weil sowohl die Angabe der δ-Abweichung (‰) als auch die der ε-Abweichung (1/10000) verwendet werden, so daß beim Vergleich von Daten verschiedener Quellen entsprechende Aufmerksamkeit anzuraten ist.

Unter den vier Fe-Isotopen mit den Massenzahlen 54, 56, 57 und 58 hat das letztere nur eine natürliche Häufigkeit von ca. 0.28%; es wird in der Regel in Publikationen nicht auf-geführt. Die Fe-Isotopien werden meist als Abweichung des 56Fe/54Fe-Verhältnisses von einem Standard angegeben, seltener als Abweichung des 57Fe/54Fe. Als Standards sind sowohl künstliche („IRMM–14“ Metallstandard des europäischen Institute for Reference Materials and Measurement, http://www.irmm.jrc.be/[359]) als auch natürliche (Basalte BCR-2[433], BIR[434]; Eisenmeteorit Canyon Diablo[433]) in Gebrauch, deren Fe-Isotopie sich von-einander nur sehr wenig unterscheidet.

Als Element mit ungerader Ordnungszahl wird Cu nur aus den beiden Isotopen mit den Massenzahlen 63 und 65 aufgebaut; infolgedessen wird das Isotopenverhältnis 65Cu/63Cu in der ε- oder δ-Form angegeben. Als Standard dient NIST 976 des National Institute of Stan-dards, http://ts.nist.gov/srm[360]. Zn verfügt über fünf stabile Isotope (Massenzahlen 64, 66, 67, 68, 70), unter denen die beiden erstgenannten die häufigsten sind. Angegeben wird die Abweichung des 66Zn/64Zn von einem Standard der Firma Johnson & Matthey[362]. Cr setzt sich aus den Isotopen mit den Massenzahlen 50, 52, 53 und 54 zusammen, unter denen 52Cr mit einer Häufigkeit von 83.8% dominant ist. Das Verhältnis 53Cr/52Cr wird relativ zu NIST 979 angegeben[435].

ABBILDUNG 211 Illustration der Korrektur der meßtechnischen Massenfraktionierung am Bei-spiel von Cu[360]. Links: Durch Zugabe von Zn als innerer Standard. Das ge-messene 68Zn/66Zn wird benutzt, um einen Korrekturfaktor für das gemessene 65Cu/63Cu zu ermitteln. Rechts: Durch das „Klammerverfahren“, bei dem vor und nach jeder Probe ein Standard mit bekannter Isotopenzu-sammensetzung analysiert wird. Die Cu-Isotopie der Probe ist relativ zur in-terpolierten Isotopie des NIST-Standards angegeben.

ε 65 C

u

00 2 4 6 8 10 12 14

Analyse Nr.

1

2

3

4

5

6

7

Romil Cu-Lösungrelativ zu NIST 976Ø = 3.43±0.56 (2s)

ε 65 C

u

-2.0

0 2 4 6 8 10 12 14-2.5

-1.5

-1.0

-0.5

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

Analyse Nr.

Romil Cu-Lösung(Zn-dotiert)

269

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Eisen und andere schwere Elemente

Zur Eliminierung der ICP–MS-internen Massenfraktionierung werden zwei Verfahren ein-gesetzt, die in Abbildung 211 erläutert sind. Zum einen kann man, ähnlich wie auf Seite 83beschrieben, der Analysenlösung eine Menge eines im Periodensystem benachbarten Ele-mentes mit bekannter Isotopenzusammensetzung als innerer Standard zusetzen, z.B. Zn bei einer Cu-Analyse. Aus der Abweichung des Isotopenverhältnisses dieses inneren Stan-dards von seinem Sollwert läßt sich für das Element von Interesse ein Korrekturfaktor mit genügender Genauigkeit abschätzen. Bei der Thermionenmassenspektrometrie müssen demgegenüber Isotope des zu analysierenden Elementes zugesetzt werden, im Idealfall radioaktive Isotope mit langer Halbwertszeit, die in der natürlichen Probe nicht vorhanden sind. Das zweite in der ICP–MS-Analytik eingesetzte Verfahren ist weniger zeitaufwendig. Hierbei wird vor und nach jeder Probe ein Standard mit bekannter Isotopenzusammenset-zung analysiert und daraus sein Verhältnis für den Zeitpunkt der Analyse der Probe inter-poliert. Der Meßwert der Probe kann damit unmittelbar mit dem für den Standard interpo-lierten Wert in Beziehung gesetzt werden und zur Errechnung des ε- oder δ-Wertes dienen.

Die ersten hoch präzisen Fe-Isotopenanalysen ergaben identische Fe-Isotopien für irdische und lunare Magmatite[432], aber davon abweichende Isotopien für Mn-Knollen und BIF-Proben (banded iron formation). Diese Beobachtung führte die Autoren zu dem voreiligen Schluß, daß die Fraktionierung der Fe-Isotope auf der Erde im wesentlichen biologischen Prozessen zuzuschreiben ist. Inzwischen ist gut dokumentiert, daß biologische Proben weite Variationen der Fe- und Cu-Isotope aufweisen. So zeigen menschliches Blut[436] und Hämoglobin von Säugetieren[437] ε56Fe-Werte von -20 bis unter -30 (wesentlich niedriger als pflanzliches Material, das als Nahrung dienen kann), und Cu-haltige Proteine von Hefen erreichen in Laborversuchen ε65Cu-Werte bis -20[437]. Fe aus Komplexbildnern bak-teriellen Ursprungs hatte ein um bis zu 8ε-Einheiten niedrigeres ε56Fe als anorganisch gebundenes Fe aus Böden, aus denen die Bakterien das Fe bezogen[438]. In allen diesen Bei-spielen wiesen die biologischen Proben also kleinere Fe- bzw. Cu-Isotopenverhältnisse auf als die Ausgangsprodukte. Dies stimmt mit der Erwartung überein, wonach kinetische Effekte dazu führen, daß Bindungen des leichteren Isotops eines Elementes leichter gebro-chen, diese Isotope mithin leichter von Organismen genutzt werden können als schwere. Nicht ganz so eindeutig sind Zn-Isotopenuntersuchungen an marinen Schwebstoffen aus dem Atlantik vor Mauretanien zu interpretieren, für die eine saisonale Variation beobach-tet wurde[362]. Für Fe-Mn-Knollen wurden in derselben Arbeit δ66Zn-Werte gefunden, die bis zu 1‰ über denjenigen mariner toniger Sedimente liegen; auch dieser Unterschied wird biologischer Tätigkeit im oberen Teil der Wassersäule zugeschrieben.

Inzwischen ist klar, daß beträchtliche Fraktionierungen der Isotope der schwereren Ele-mente auch durch abiogene Prozesse hervorgerufen werden können. Bereits im Jahr 2000 wurde berichtet, daß für die Fe-Isotope in Fe-Mn-Krusten aus dem Nordatlantik eine Korre-lation mit der (durch radioaktiven Zerfall bestimmten) Pb-Isotopie besteht, was für eine Fe-Zufuhr von Land als Ursache spricht und nicht für biologische Aktivität in der Wasser-säule[359]. Im selben Jahr veröffentlichte dieselbe Arbeitsgruppe eine Studie über die Cu-Iso-topenvariation in Erzmineralen aus Lagerstätten und gewöhnlichen Gesteinen[360]. Danach weist Chalkopyrit aus magmatischen Gesteinen weltweit die geringste Variation, während Minerale, die sich unter Beteiligung wäßriger Lösungen bei niedrigeren Tempera-turen gebildet haben (z.B. Sulfide aus Black Smoker-Kaminen), eine beträchtlich größere ε65Cu-Streuung zeigen. Eine Temperaturabhängigkeit der Fraktionierung der Cu- und Fe-Isotope wurde inzwischen auch für eine proterozoische Lagerstätte aus Australien gefun-den (Abbildung 212[439]). Dort steigen ε65Cu und ε57Fe in den Sulfiden mit fallender Tem-peratur an (Richtung der Pfeile). Dieser Befund wird so gedeutet, daß sich aus den heißen Lösungen Pyrit und Chalkopyrit mit niedrigeren ε65Cu- und ε57Fe-Werten ausgeschieden haben; dadurch wurden die Restlösungen ständig isotopisch schwerer, so daß sich aus den kühleren Lösungen zunehmend isotopisch schwerere Sulfide ausscheiden mußten. Als Ursache für die große isotopische Streuung der Niedrigtemperatursulfide wird bakterielle Sulfatreduktion geltend gemacht. In hydrothermalen Lösungen von Quellen auf dem Mee-resboden entlang des Juan de Fuca-Rückens wurden Fe-Isotopien mit negativen ε56Fe-Ver-

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B. Stabile Isotope

hältnissen gemessen[433]. Auch dafür werden nicht biogene Prozesse verantwortlich gemacht, ohne daß jedoch eine exakte Beschreibung der Ursache der Fraktionierung der-zeit möglich ist. Für südafrikanische BIFs wurden ε56Fe-Variationen zwischen -25 und +10 gefunden[440]; dabei weisen die Autoren darauf hin, daß Isotopenfraktionierungen auf che-mische Sedimente beschränkt zu sein scheinen. Die Ursachen sehen die Autoren in einer Kombination aus mineralspezifischen Gleichgewichtsfraktionierungen, Isotopenvariatio-nen der Fluide oder Lösungen, aus denen die Minerale ausgeschieden wurden und auch in bakterieller Tätigkeit; letztere wird auch aus anderen Gründen für wahrscheinlich gehal-ten[441]. Besonders hoch ist ε56Fe in Magnetit, besonders niedrig in Pyrit.

ABBILDUNG 212 Cu- und Fe-Isotopenvariation in Pyrit und Chalkopyrit in einem Profil der sedimentären Pb–Zn–Ag-Lagerstätte McArthur River im Northern Territory von Australien[439]. Entlang der vertikalen Achse nimmt die Bildungstempe-ratur der Minerale nach unten ab. TSR steht für thermochemische Sulfat-reduktion, BSR für bakterielle Sulfatreduktion.

Offensichtlich bestehen kleine, aber auflösbare Isotopenunterschiede im 56Fe/54Fe zwischen Gesteinen des Erdmantels und seinen Partial-schmelzen (Basalte, Komatiite – Abbi ldung 213) . Weyer e t a l . (2005)[442] glauben, daß der Mittel-wert der von ihnen analysierten Erd-mantelgesteine (ε56 ≈ 0.15±0.18) repräsentativ für den Silikatteil der Erde ist und wahrscheinlich sogar für die gesamte Erde. Letzteres leiten sie aus ihrem Befund ab, daß die Fraktionierung der Fe-Isotope zwi-schen Olivin und Metallphase (ein-schließlich Sulfid und Phosphid) von Pallasiten (Stein–Eisen-Meteo-rite, bestehend aus Olivinen, die in eine Fe–Ni-Metall-Matrix eingebet-tet sind) sehr gering ist (<1ε56); Unterschiede bis zu 5ε56 zwischen den verschiedenen Bestandteilen

1500

2000

2500

3000

20100-10-20-302015100-5 5

εCu [65Cu/63Cu] εFe [57Fe/54Fe]

Chalkopyrit εCu Pyrit ε57/54Fe

TSR

TSR

TSR

TSR

BSR BSR BSRBSR

kalte Lösungen(<100 °C)

heiße Lösungen(≈150 °C) Po

sition

in d

er Lagerstätte [m

]

-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0ε56Fe/54Fe

Ba

salt

e,

Ko

ma

tiit

e

Ult

ram

afi

te d

es

Erd

ma

nte

ls

ABBILDUNG 213 Fe-Isotopenvariationen in Basaltenund Ultramafiten[442]

271

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Eisen und andere schwere Elemente

der Metallphasen werden späteren Prozessen zugeordnet, z.B. der Entmischung von Nickeleisen in Ni-armen Kamazit und Ni-reichen Taenit bei der langsamen Abkühlung. Der Mittelwert der von Weyer et al. analysierten Basalte von ≈0.75 ε56 ist identisch mit dem Mittelwert der von ihnen analysierten lunaren Basalte (mit Ausnahme der Gruppe der Ti-reichen Basalte).

ABBILDUNG 214 Variation der Eisenisotope zwischen Olivin und Klinopyroxen aus ultramafi-schen Gesteinen[443]. Die gestrichelte Linie entspricht identischen Fe-Isotopi-en, die durchgezogene blaue Linie einer Regressionsgeraden durch die Datenpunkte. Ihre Steigung beträgt innerhalb des Fehlers 1.

Kleine Isotopenunterschiede wurden auch in koexistierenden Mineralen aus Ultramafiten festgestellt[437],[443], z.B. bis zu 2ε57 zwischen Olivin und Klinopyroxen (Abbildung 214) oder zwischen Olivin und Spinell, während Ortho- und Klinopyroxen keine signifikanten Unterschiede aufweisen[443]. Der Unterschied zwischen Olivin und Klinopyroxen ist ver-gleichbar demjenigen, der für die Sauerstoffisotope in Peridotiten zwischen denselben Mineralen gefunden wurde (ca. 0.25‰ je Masseneinheit[397] (siehe auch Seite 244), wenn man den unterschiedlichen Verhältnissen Δm/m zwischen 18O/16O (2/16) und 57Fe/54Fe (3/54) Rechnung trägt, und der im Einklang mit theoretischen Berechnungen steht, wonach die Fraktionierung bei 1000K um ca. eine Größenordnung unterhalb derjenigen bei Raum-temperatur liegen sollte[446]. Die Olivin–Klinopyroxen-Daten in Abbildung 214 mögen einer ungefähren Gleichgewichtseinstellung unter Subsolidusbedingungen entsprechen. Unterschiedliche Fe-Isotopien zwischen verschiedenen Peridotiten mögen Unterschiede im Aufschmelzgrad widerspiegeln, wobei ε57 mit zunehmend refraktärem Charakter zu sin-ken scheint, in Übereinsstimmung mit dem Befund von Weyer et al.[442], wonach ε56 in Basalten höher ist als in Peridotiten. Auch der Redoxzustand des Mantels scheint eine Rolle zu spielen, denn Williams et al.[443] finden eine negative Korrelation zwischen log ƒO2 und ε57 der Gesamtgesteine.

-4.0 -3.0 -2.0 -1.0 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0

-6.0

-5.0

-4.0

-3.0

-2.0

-1.0

0.0

1.0

2.0

3.0

4.0

ε57 Fe

/54Fe

Ol

ε57Fe/54FeCpx

272

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B. Stabile Isotope

Erhebliche Isotopenfraktionierungen lassen sich im Labor durch chromatographische Pro-zesse erzielen. In einem einfachen Versuch wurde eine wäßrige Cu-Chloridlösung auf eine Anionenaustauschersäule geladen und das Eluat in kleinen Portionen analysiert (Abbil-dung 215). wird dabei stärker an das Austauscherharz gebunden als so daß das 65Cu/63Cu über den Verlauf des Auswaschens von der Säule kontinuierlich sinkt. Die Größe der Fraktionierung hängt von der „Anzahl an theoretischen Böden“ des Harzes ab (Art des Harzes, Vernetzungsgrad, Körnung, Länge der Säule).

Als weiterer wichtiger Parameter, der bestim-mend für die Fraktionierung der Isotope schwererer Elemente ist, wurden Redoxpro-zesse erkannt. In einem Laborversuch wurde CuI aus einer wäßrigen Cu(NO3)2-Lösung durch Zugabe von KI ausgefällt (Abbildung 216). Das leichtere Cu-Isotop reagierte dabei bevorzugt, so daß der ε-Wert des reduzierten Cu um ca. 40 Einheiten unter dem des Cu in der Lösung lag. Aus der Konstanz dieser Dif-ferenz bei variablen Versuchsparametern (Verhältnis von Cu(NO3)2 zu KI) wurde abge-leitet, daß bei dem Redoxprozeß Isotopen-gleichgewicht erreicht war.

Bei Laborversuchen mit der Reduktion von stark toxischem Cr6+ zu wenig toxischem Cr3+ durch Suspensionen von Magnetit und Ästuarsedimenten (reich an Bakterien) wurde ein noch etwas größerer Effekt erzielt als beim Cu: Das reduzierte Cr hatte ein um ca. 34 ε-Einheiten kleineres 53Cr/52Cr als das vorgegebene Chromat, und die beobachtete Fraktionierung war unabhängig von der Art des eingesetzten Reduktionsmittels[435]. Die Cr-Isotopie könnte damit – obwohl analytisch aufwendig – hilfreich in der Abschätzung des Anteils an toxischem Cr6+ in Gewässern sein.

Fe-Fraktionierungen treten auch bei der Verlagerung von Eisen in Böden auf[444]. Dabei erweisen sich die leichteren Isotope als mobiler, indem sie sich in die Tiefe anreichern. In einem komplexen System wie einem Boden ist es außerordentlich schwierig, die Mechanis-men der Fraktionierung zu klären. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß sowohl abiogene (Redoxprozesse, Komplexbildung und chromatographische Effekte) als auch biogene Pro-zesse (bakterielle Eisenreduktion) dabei eine Rolle spielen.

63

42CuCl −

65

42CuCl − ,

-40

ε 65 C

u

-80 -0

5

0

40

80

0 5 10 15 20 25 30eluiertes Volumen [ml]

Cu eluiert (%

je ml Eluat)

10

15

ε65Cu% Cu

ABBILDUNG 215 Gleichgewichtsfraktionierung der Cu-Isotope in einer wäßrigen Chlorid-lösung auf einer Anionenaustauschersäule[437]. Chromatographische Säulen werden in der Geochemie der radiogenen Isotope zur Tren-nung z.B. von Rb und Sr oder Sm und Nd ver-wandt. Die dabei auftretende Fraktionierung wird, zusammen mit derjenigen im Massen-spektrometer, korrigiert (Kapitel 7.0 auf S. 77), ohne daß zwischen beiden unterschieden wer-den kann und muß.

ε 65 C

u

-20

-40

0

20

40

-600 1 5

Cu(NO3)2/KI (molar)

Cu2+

2 3 4

Cu+

ABBILDUNG 216 Fraktionierung der Cu-Isoto-pe bei 20 °C in wäßriger Lösung zwischenCu2+ (gelöst) und Cu+ (als CuI-Nieder-schlag)[437]. Die aufgetragenen ε65Cu-Wertesind relativ zur vorgegebenen Cu-Lösung(ε65Cu = 0) errechnet.

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Eisen und andere schwere Elemente

An einem Bach mit durch vulkanische Einflüsse geprägtem Wasser auf der Nordinsel von Neuseeland wurde der Einfluß der Oxidation des zunächst zweiwertigen Eisens und der anschlie-ßenden Ausfällung als Ferrihydrit über eine Distanz von ca. 1.6 km studiert (Abbildung 217). Das ausgefällte Eisen erwies sich dabei als isotopisch deut-lich schwerer als das Fe2+ in Lösung. Dies war von den Autoren nicht erwartet worden, weil sich die leichte-ren Isotope als die reaktionsfähigeren hätten zeigen sollen. Es wird überlegt, daß die Ursache darin zu suchen sein mag, daß die schwereren Isotope des Eisens bevorzugt in intermediäre Komplexe von Fe2+ eintreten, die sich unmittelbar vor der Oxidation bilden. Eine Fraktionierung in derselben Rich-tung wurde auch in Laborexperimenten beobachtet[445]. Theoretische Berechnungen der Fe-Isotopenfraktionierung auf der Grundlage spektroskopischer Daten zeigen, daß Fe3+-haltige Halogen- oder H2O-Komplexe tatsächlich das schwerere Isotop 56Fe gegenüber dem 54Fe im Gleichgewicht mit Fe2+-haltigen Komplexen anreichern sollten[446],[447]. Des weite-ren wird vorausgesagt, daß starke Liganden (insbesondere CN–, aber auch H2O) die schwe-ren Fe-Isotope konzentrieren sollten, wenn sie in Konkurrenz mit schwachen Liganden (Cl–, Br–) stehen.

Das Gebiet der stabilen Isotope schwerer Elemente hat sich mit der Entwicklung der Mul-tikollektor-ICP–MS-Geräte zu einem sehr aktiven Forschungsbereich entwickelt[448]. Zwei-fellos sind weitere theoretische Arbeiten erforderlich, um die Mechanismen der Fraktionie-rung zu verstehen. Schon jetzt finden diese Isotope aber Anwendungen als Tracer für die Aufklärung von geochemischen Prozessen, und sie scheinen darin wichtige ergänzende Informationen zu anderen Isotopensystemen zu liefern.

% in Lösung verbleibendes Fe

ε 56 F

e (rel

ativ

zu

m S

tan

dar

d)

1 10 100

-30

-20

-10

0

1

Fe in Ferrihydrit

Fe in Lösung

ABBILDUNG 217 Fraktionierung der Fe-Isotope beiOxidation von Fe2+ und Ausfällung des Fe3+ als Ferri-hydrit, 5Fe2O3×9H2O

[434] in einem Bach. GestrichelteLinien deuten eine Rayleigh-Fraktionierung an.

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Literaturzitate

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Isotopengeochemie Index

Seite SeiteSymbols

ε-Wert, Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59, 223

δ-Wert, Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

AAbkühlalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Acasta-Gneise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Achondrite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51, 59, 87, 184

Actiniden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

AFC-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246, 247, 248

AGB-Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Aktivierungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Aktivitäten, von Radionukliden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

alpha-Spektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Alpha-Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Alpha-Zerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Alpher, Ralph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Analysator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Ar-Ar-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39–43

Aston, Francis W.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

asymptotischer Riesenast, Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Atkinson, Robert d’Escourt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

ausgestorbene Radionuklide . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199–212

Ausheilen, von Spaltspuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

BBABI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Baddeleyit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Barberton Grünstein-Gürtel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Bateman-Gleichungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153, 156

Be10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171–180

Becquerel, Henri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Bestrahlungsalter, von Meteoriten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Beta-Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Beta-Zerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Bethe, Hans Albrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Bethe–Weizsäcker-Zyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Big Bang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Boltwood, Bertram Borden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

bulk-earth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Bushveld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

CC14-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168–171

C3-Pflanzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

C4-Pflanzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

CAI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Calcium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267–268

CAM-Pflanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Chandrasekhar, Subrahmanyan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Chandrasekhar-Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14, 23

Chondrite . . . . . 51, 59, 64, 87, 98, 103, 105, 183, 184, 201

Chrom-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269–273

Chur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

clumped isotopes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

CNO-Zyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

common lead . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Cr, Isotopenanomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Craig, Harmon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

crossover. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

crustal residence age . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Curie, Marie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Curie, Pierre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

DDatierungsmethoden, Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Dekarbonatisierung, C- + O-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . 256

Dempster, Arthur Jeffrey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Dendrochronologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Denudation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

depleted MORB mantle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Diffusionskoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Diskordia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114–121

DMM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

dunkle Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

dunkle Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Dupal-Anomalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

EEdelgase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186–198

Eisen-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269–274

Elektromagnet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Elektronenstrahlmikrosonde, Th–U–Pb-Datierung . . . . . . 123

Elemente, Ursprung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9–23

EM1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

EM2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

epsilon-Wert, Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59, 223

equiline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

equipoint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Erde, Kern–Mantel-Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

errorchron. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

eruptierte Mantelisochronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Eukrite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86, 88, 202, 203

Kern–Mantel-Differenzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 204exponential law, Massenfraktionierung . . . . . . . . . . . . . . . 81

FFaradaybecher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24, 25

Filament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Fission-Track-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139–145

Flugzeitspektrometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Fluidinfiltration bei Metamorphose . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

Flußmonitor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

focal zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

FOZO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Fraktionierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Fraktionierungsfaktor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

A

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Index Isotopengeochemie

Seite SeiteG

Gammastrahlenblitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17

Gamma-Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5

Gamow, George. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

Geochrone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .127

Gleichgewichtsisotopieeffekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .216

Gorgona Island. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .105

HHalbwertszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6

He3/He4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .186–195

Helium-Blitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14

Herman, Robert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

Hertzsprung, Ejnar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12

Hertzsprung–Russell-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

Hf-Gehalte in der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85

Hf-Sr-Nd-Isotopenkorrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .91

Hf-W-Chronometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200–205

HIMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .133

Hochtemperaturalteration, O-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . .250

Holmes, Arthur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .125

Holmes-Houtermans-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .125

Houtermans, Friedrich Georg . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10, 125

HR-Diagramm siehe Hertzsprung–Russel-Diagramm

Hypernova . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17

I–JICP-MS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28

initiales Isotopenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .44

Initialwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45

Ionenquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25

Ionensonde, Funktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .122

Ionium-Überschußmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . .151–154

Isobare, Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

Isochrone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45

Isochronengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45

Isotop, Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

Isotopenaustausch

geschlossenes System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .242offenes System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .242

Isotopenentwicklungsdiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .49

Isotopenthermometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .234, 263

Isotopenverdünnungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29–31

Isotopieeffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215

Isotopolog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .232

Isua Supracrustals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206

KK-Ar-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33–43

K-Ca-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .97–98

K-Einfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

Kelvin, Lord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6

kinetische Isotopieeffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215

Kohlenstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .252–257

Kollektor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24

Konkordia. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .114–121

kosmische Hintergrundstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10

kosmische Strahlung, Energieverteilung . . . . . . . . . . . . . .167

kosmogene Radionuklide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .167–185

KREEP-Basalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205

Kreide/Tertiär-Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107, 206

Kupfer-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .269–273

LLa-Ce-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .95–96

Laserablation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .123

late veneer-Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .106

Libby, Willard Frank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .168

Lu/Hf in der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85

Lu/Hf in ozeanischen Sedimenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93

Lu-Gehalte in der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85

Lu-Hf-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85–94

Mmagnetisches Sektorfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25, 26

mantle array . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63

Mars

Kern–Mantel-Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .204Meteorite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .212

massenabhängige Fraktionierung, stabile Isotope . . .214, 226

Massenfraktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77–84

Massenspektrometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24–29

Massenspektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24–29

Massenzahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

mean standard weighted deviation, MSWD . . . . . . . . . . . .47

Meerwasser, Os-Isotopenentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . .107

Meerwasser, Sr-Isotopenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . .53

Merrill, Paul W.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18

meteoric water line. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .228

Mischungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69–76

mittlere Lebensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6

Modellalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64–68

Monazit

Th–U–Pb-Alterszonierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .124Th–U–Pb-Mikrosondendatierung . . . . . . . . . . . . . . .123

MORB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59, 90, 134

MSWD, mean standard weighted deviation . . . . . . . . . . . .47

Multikollektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26

Mutternuklid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

Myonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .167

NNd in Gesteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57

Nd-Sr-Hf-Isotopenkorrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .91

Nicolaysen-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45

Nier, Alfred Otto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24, 125

Nova . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23

Nukleosynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9

Nuklid, Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

B

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Isotopengeochemie Index

Seite SeiteNuklidkarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

OOIB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90, 93, 133, 134

Ordnungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Os, Gehalte in Gesteinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Ötzi. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Ozeaninselbasalte, Hf-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

P–QPaläotemperaturbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

Pallasite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Parabelspektrograph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Patterson, Clair C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Pb, Gehalte in Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Pb210-Überschußmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150–151

Pb-Paradox . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130, 134

PDB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

PGE, Platingruppenelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

Photodisintegration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15, 19

Pikes Peak-Komplex. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Planetarische Nebel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Plateaualter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41, 122

Potenzfunktion, Fraktionierungskorrektur . . . . . . . . . . . . . 80

power law, Massenfraktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

p-Prozeß, Nukleosynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19, 20

PREMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

prevalent mantle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

Proton–Proton-Zyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Pulsare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Quadrupolmassenspektrometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

RRayleighsches Destillationsgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Rb, Gehalte in Gesteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

Rb-Sr-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44–54

Re, Gehalte in Gesteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

reduzierte Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

REE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Reinelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Re-Os-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99–108

Riesenstern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Roter Riese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

r-Prozeß, Nukleosynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17, 18

Rückstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Rückstoßoxidation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Russell, Henry Norris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Rutherford, Ernest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Ssäkulares Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111, 147

Sauerstoff

Hydro- und Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 226–231Lithosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234–251

Sauerstoffisotope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225–251

Schließungstemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35, 36, 143

schnelle Neutronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Schwarzes Loch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Schwarzschild, Karl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Schwarzschild-Radius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Schwefel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260–266

Schwefelisotope, Meerwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

Schwefelisotopie, marine Sulfate und Sulfide . . . . . . . . . . 266

sekundäre Pb-Isochrone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Seltene Erden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

SHRIMP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Sm in Gesteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Sm/Nd in Gesteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Sm/Nd in ozeanischen Sedimenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

Sm-Nd-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55–68

Soddy, Frederick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

space–charge effect. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Spallationsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

Spaltspurenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139–146

Spike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Spontanspaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

s-Prozeß, Nukleosynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Sr, Gehalte in Gesteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

Sr-Nd-Hf-Isotopenkorrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

Stabile Isotope, Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214–224

Stacey-Kramers-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

Stickstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258–259

stufenweises Ausheizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Suess, Hans Eduard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Supernova

Typ Ia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22, 23Typ Ib . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23Typ Ic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23Typ II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15, 16, 22

TT Tauri-Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10, 22, 199

Th, Gehalte in Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Th, im Meerwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Th230/U234-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156–160

Thermionenmassenspektrometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Thermionenquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Thermochronologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 144

Thomson, Joseph John . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Thomson, William . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Thorianit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Tieftemperaturalteration, O-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . 250

TIMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Tochternuklid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Tracer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4, 45

Trennrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

U–VU, Gehalte in Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

C

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Index Isotopengeochemie

Seite SeiteU,Th-Pb-Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109–138U234/U238-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .156–160U234-Überschußmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .154–156U238/Th230-Ungleichgewichte, in Vulkaniten . . . . .161–166Überriesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14

Ungleichgewichtsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147–166Uran, im Meerwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .151

Urblei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .126

Urey, Harold C.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .223, 230

Urknall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9

Verteilungsfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .218

von Weizsäcker, Carl Friedrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12

VPDB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .223

VSMOW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .222

W–ZWärmefluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .194

Wärmeproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .194

Wasserstoff

Hydro- und Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . .226–231Lithosphäre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .234–251

Wasserstoffisotope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .225–251Weiße Zwerge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14, 23

Wetherill, George W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .114

Xenon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .195–198Xenotim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .123

Zerfallsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5

Zerfallskonstante. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5

Zink-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .269–270Zirkone, älteste archaische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .91

Zweikomponentenmischungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .69–76Zweistufenentwicklung, Pb-Isotope . . . . . . . . . . . . . . . . .114

D