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INNOVATION IN DER KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT

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INNOVATION IN DER KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT

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Dossier

Innovation in derKultur- und Kreativwirtschaft

Ein Überblick zu ausgewählten Forschungstrends und Perspektiven

von

Michael Söndermann

Leiter für wissenschafliche Analysen

im

Kompetenzzentrum

Kultur- und Kreatvwirtschaf des Bundes

Stand 23.02.2017

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INHALT

1 Einleitung 3

2 Besondere Merkmale der Kultur- und Kreatvwirtschaf 4

3 Innovatonsmessung in der Kultur- und Kreatvwirtschaf 7

4 Zum Stand der Innovatonsforschung 9

4.1 A Typology of Media Innovatons (Bleyen et al. 2014) 10

4.2 Sof Innovaton (Stoneman 2010) 14

4.3 Innovaton in the Creatve Industries (Handke 2007/2010) 15

4.4 European Compettveness Report (EU Kommission 2010) 17

4.5 Nichtechnische Innovaton ( BMWI/Technopolis Group et al. 2016) 19

5 Fazit 21

5.1 Chancen 21

5.2 Herausforderungen 21

6 Anhang 23

6.1 Quellen und weiterführende Literatur 23

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1 Einleitung

Die Bundesregierung weist seit längerem auf die Bedeutung der Kultur- und Kreatvwirtschaf hin undhat dabei insbesondere die Notwendigkeit betont, den mit diesen Branchen verbundenen Begrif der Innovaton genauer in den Blick zu nehmen:

„Die Kultur- und Kreatvwirtschaf eröfnet große wirtschafliche und kulturelle Chancen für unser Land. Um sie entsprechend ihrer Bedeutung und ihres Potenzials zu fördern und weiterzuentwickeln bedarf es eines umfassenden Konzepts. So wird die Koaliton die Unterstützung im Rahmen der „Initatve Kultur- und Kreatvwirtschaf“ der Bundesregierung fortsetzen und intensivieren. Programme der Wirtschafsförderung sind stärker auch für Kulturbetriebe zu öfnen. Gleichzeitg sollte der in den Förderprogrammen des Bundes zugrunde gelegte Innovatonsbegrif für die Kultur- und Kreatvwirtschaf geöfnet und erweitert werden. Neben besserer Beratung bedarf es neuer Modellprojekte und Förderung von Forschung, Entwicklung und Technologie“ (Bundesregierung 2013).

Die von der Bundesregierung angesprochene Öfnung und Erweiterung des bisherigen Innovatonsbegrifs zielt wesentlich darauf ab, neben der etablierten „technischen Innovaton“ und der inzwischen anerkannten „digitalen Innovaton“ auch die Bedeutung einer „künstlerisch-kreatven Innovaton“ anzuerkennen. Wie „Innovaton“ in Zukunf übergreifend defniert werden kann, ist damit freilich nicht abschließend geklärt. Dabei ist davon auszugehen, dass „Innovaton“ ihrem Verständnis nach weiter als ofener Begrif einzuordnen ist.

Mit dem vorliegenden Dossier sollen Projekte der Innovatonsforschung vorgestellt werden, die sich mit den genannten Aspekten befassen. Im Mitelpunkt des Berichts steht die Frage, ob und wenn ja, wie Innovatonsefekte, die die Kultur- und Kreatvwirtschaf wesentlich beeinfusst haben oder an denen sie mitwirkt, empirisch und damit messbar festgestellt werden können.

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2 Besondere Merkmale der Kultur- und Kreativwirtschaft

Im Monitoringbericht Kultur- und Kreatvwirtschaf 2011 (BMWI 2012) werden der Kultur- und Kreatvwirtschaf eine Reihe von innovatven Merkmalen zugeschrieben:

Die Branche gilt als innovatv, weil sie eine wichtge Quelle für originäre Ideen ist.

Dazu nutzt die Kultur- und Kreatvprodukton moderne Technologien nicht nur als passive Nutzerin, sondern wird selbst zur wichtgen Gestalterin und Impulsgeberin von Technikinnovaton.

Es wird angenommen, dass die Kultur-und Kreatvwirtschaf als Katalysator Anstöße auch für die Innovaton in anderen Wirtschafsbereichen gibt. Die von ihr vorangetriebene ästhetsch-inhaltliche Umgestaltung auch der Präsentaton dürfe die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen andererWirtschafsbranchen erhöhen. Damit trägt sie häufg dazu bei, dass technische Neuerungen den Wegin die Gesellschaf fnden.

Weil in der Kultur- und Kreatvwirtschaf neue Technologien früh, vielfältg und experimenterfreudig genutzt und weiterentwickelt werden, wird das Interesse potenteller Nutzer geweckt, neuartge Produkte wahrzunehmen und nachzufragen. Dazu werden wichtge Impulse für die Produktdiferenzierung gegeben.

In vielen Teilen der Wirtschaf helfen ästhetsch orienterte Verbesserungen dabei, hochwertge Produkte zu vermarkten oder Produktons- und Lernprozesse zu verbessern. Besonders die Herstellervon hochwertg-innovatven Konsumgütern investeren massiv in Produktgestaltung.

Zukunfsorienterte Arbeits- und Geschäfsmodelle sind schon heute in der Kultur- und Kreatvwirtschaf alltäglich. Mit hybriden Arbeitsformen und einer im Wesentlichen content-orienterten Produkton sind hier viele Unternehmen Vorreiter hin zu einer wissensbasierten Ökonomie.

Wesentliche Produktypen der Kultur- und Kreatvwirtschaf sind Prototypen, Einzelanfertgungen, Kleinstserien und immaterielle Produkte. Das entspricht wesentlichen Charakteristka einer wissensbasierten Ökonomie. Hinzu trit der teilweise sehr kurze Innovatonszyklus für einzelne Produkte.

Freiberufer wie Unternehmen in der Kultur- und Kreatvwirtschaf nutzen häufg moderne Technologien und das nicht nur passiv. Sie variieren und modifzieren nicht selten die von ihnen eingesetzten Geräte. Damit geben sie den Herstellern und -entwicklern immer wieder Anstöße für neue Technologievarianten.

Zu den wesentlichen Merkmalen der Kultur- und Kreatvwirtschaf zählen eine sich schnell wandelnde Unternehmens- und Beschäfigungsstruktur und dazu sich ständig verändernde

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Tätgkeitsfelder. Die Berufsbilder unterliegen einem schnellen Wandel und die Bedeutung von Freiberufern und Einzelunternehmern wächst stetg.

Abb. 1 : Gründungsdynamik in der Kultur- und Kreatvwirtschaf im Vergleich zur Gesamtwirtschaf 2014

Hinweis: (1) Industrie, Baugewerbe und Dienstleistungen (ohne Beteiligungsgesellschafen). Die Abgrenzung Kultur- und Kreatvwirtschaf entspricht dem Abgrenzungskonzept der Wirtschafsministerkonferenz.Quelle: Eurostat 2016, Unternehmensdemografe; eigene Berechnungen Michael Söndermann/Büro für Kulturwirtschafsforschung

Die Gründungsdynamik in der Kultur- und Kreatvwirtschaf ist höher als in anderen Wirtschafsbranchen. So lag hier der Anteil der Neugründungen im Jahr 2014 bei 9,4 Prozent, der in der Gesamtwirtschaf nur bei 7,3 Prozent.

Allerdings ist eine nennenswerte Zahl von Unternehmen wieder vom Markt verschwunden. Im Jahr 2014 lag der Anteil der Betriebsschließungen in der Kultur- und Kreatvwirtschaf bei 10,5 Prozent, gesamtwirtschaflich waren es nur 7,6 Prozent. Das ist ein Indiz für die hier im gesamtwirtschaflichen Vergleich deutlich größere Dynamik. Ein Problem in diesem Zusammenhang: es wachsen weniger Unternehmen nach als vom Markt verschwinden. Die Unternehmensbilanz der Kultur- und Kreatvwirtschaf ist deshalb insgesamt negatv.

In der Wirtschafsforschung wird diese Entwicklung aufmerksam verfolgt. Einerseits warnen einige Forscher (Licht 2016) davor, dass eine Verstetgung dieses Trends durchaus zu einem Verlust an Innovatonskraf führen könnte. Dagegen wird argumentert, dass weniger Neugründungen auch als

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Hinweis für die stabile Aufstellung der Branchen und entsprechend vorhandene atraktve Arbeitsplätze bewertet werden können.

Dazu wird insbesondere darauf verwiesen, dass derzeit die Beiträge der Kultur- und Kreatvwirtschafzur volkswirtschaflichen Wertschöpfung insgesamt nur in begrenztem Maße erfasst werden können.Versteckte Innovaton, Sof Innovaton und Soziale Innovaton sind in diesem Kontext Schlüsselbegrife (Prognos AG/Fraunhofer ISIS 2012).

Noch nicht berücksichtgt sind dabei die hier vorhandenen Spillover-Efekte. Stellt man sie in Rechnung, läge die tatsächliche Wertschöpfung der Kultur- und Kreatvwirtschaf vermutlich weit über dem Marktwert der jeweils erzeugten Produkte und Dienstleistungen.

Ohne Zweifel lässt sich die Bedeutung der Kultur- und Kreatvwirtschaf nicht ohne weiteres über eine einfache Innovatonsanalyse erschließen. Will man zu präzisen und diferenzierten Ergebnissen kommen, ist eine Auseinandersetzung mit neueren Modellen und Messmethoden unverzichtbar.

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3 Innovationsmessung in der Kultur- und Kreativwirtschaft

Die empirisch orienterte Untersuchung der Innovatonskompetenz der Kultur- und Kreatvwirtschaf wird hierzulande bisher eher zögerlich betrieben und sie wird derzeit der of kleinteiligen Struktur der Kultur- und Kreatvwirtschaf nur selten gerecht. Die dabei meist zugrunde gelegten herkömmlichen Analysemodelle orienteren sich wesentlich an den Abläufen der traditonellen Wirtschafsbranchen. Dabei haben bereits ältere Analysen des Dienstleistungssektors die bis dahin angewandten Forschungsschemata in Frage gestellt. Eine wesentliche Erkenntnis war, dass sich nicht-technische Innovatonen mitunter mit substantellen technischen Innovatonen verbinden. Damit stellt sich u.a. auch die Frage nach möglichen Interdependenzen von Innovatonen auf unterschiedlichen Ebenen.

Ein anderer Aspekt der traditonellen Innovatonsforschung ist ihre deutliche Ausrichtung auf die Kombinaton von Forschung, Entwicklung und Patentrechten. Dieser Zusammenhang lässt sich bei kulturell-kreatven Wirtschafsbranchen nur äußerst eingeschränkt feststellen. Die meisten Akteure können in der Regel keinerlei Forschung und Entwicklungstätgkeit nachweisen. Aus traditoneller Sicht wäre das kulturell-kreatve Segment deshalb innovatorisch weitgehend ohne ökonomische Bedeutung. Kurz: die Kultur- und Kreatvwirtschaf sprengt den bisher üblichen Rahmen des bisherigen Forschungsansatzes.

Das wird in den allgemeinen natonalen Richtlinien bislang nicht berücksichtgt.

In internatonalem Rahmen werden derlei Fragestellungen schon länger debatert. So beschäfigt sich die Organisaton für wirtschafliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) seit geraumer Zeit mit unserem Thema. Im Zentrum steht die Frage, wie allgemeingültge Richtlinien für das Sammeln und die Interpretaton von Innovatonsdaten internatonal verbindlich festgelegt werden können. Herausragender Bezugspunkt dieser Debate ist das Oslo Manual 2005 (OECD/Eurostat 2005). Das Standardwerk wurde gemeinsam von OECD und Eurostat erarbeitet und herausgegeben. Ergänzend ist das OECD-Frascat-Manual zu nennen, das 2015 in einer aktualisierten Fassung erschienen ist. Es legt grundsätzliche Konzepte und Richtlinien für die Erhebung von Daten und Klassifkatonen zum Erstellen von Statstken fest. Damit ist es das entscheidende Werkzeug für Statstker, Wissenschafler und Politker auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung weltweit.

Auf natonaler Ebene befasst sich die Expertenkommission Forschung und Innovaton (EFI) mit diesenFragestellungen. Sie ist auf diesem Feld das wichtgste wissenschafliche Beratungsgremium der Bundesregierung. In den vergangenen Jahren hat sich die EFI zunehmend auch mit nichtechnischen Innovatonen befasst und damit die Diskussion hin zu bisher nicht erfassten Innovatonsformen und –aktvitäten erweitert. Die Kommission betont mitlerweile sogar, dass die Gleichsetzung von Forschung, Entwicklung und Innovaton einer Fehleinschätzung gleichkäme. Denn „Innovatonsprozesse sind zu komplex und heterogen, als dass sie sich auf eine derart einfache Formel reduzieren ließen.“ (EFI 2011)

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Gerade die „Innovaton ohne Forschung und Entwicklung“ ist vermutlich eine der wesentlichsten Merkmale der Kultur- und Kreatvwirtschaf, denn rund 95 Prozent aller Unternehmen1 tätgen hier keine Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE). Diese Unternehmer erhalten im Übrigen meist auch keine Kredite von Banken. Die Ausgaben für FuE wie die Kreditwürdigkeit der einzelnen Unternehmen werden aber in der klassischen Innovatonsstatstk als zentrale Merkmale ausgewiesen.

Hier dürfe eine der Ursachen liegen, weshalb die etablierte Innovatonsforschung Efekte von ästhetsch-intellektuellen Neuerungen im Allgemeinen und die Kultur- und Kreatvwirtschaf im Besonderen weitgehend ignoriert hat. Mitlerweile häufen sich allerdings die Versuche, diese Defziteabzustellen. Deshalb werden im Folgenden ausgewählte Studien vorgestellt, die sich mit dieser Problematk befassen und unterschiedliche Positonen und Methodiken in der internatonalen Diskussion um die Innovaton in der Kultur- und Kreatvwirtschaf vorstellen.

1 In der Kultur- und Kreatvwirtschaf sind rund 70 Prozent Freiberufer und Selbständige „Solounternehmer“ ohne weitere Beschäfigte. Weitere 25 Prozent sind Kleinstunternehmen mit nur wenigen Beschäfigten.

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4 Zum Stand der Innovationsforschung

Die Forschung zur Innovaton in der Kultur- und Kreatvwirtschaf ist noch recht jung. Wie angesprochen bezogen sich klassische Innovatonsstudien in erster Linie auf die Industriebranchen. Mite der 90er Jahr wurde erstmals auch die Innovatonsfähigkeit der Kultur- und Kreatvwirtschaf Thema (siehe z.B. Handke 2004, Galenson 2006). Damit wurden zugleich auch die bis dahin üblichen Innovatonskriterien des Oslo Manuals (OECD/Eurostat 2005) hinterfragt.

Neueste Studien, die die Kultur- und Kreatvwirtschaf entlang der klassischen Innovatons-Indikatoren analysieren, zeigen für einzelne Teilmärkte wie z. B. die Sofware-/Games-Industrie erstaunlich hohe Innovatonsaktvitäten (BMWI 2016b). Zugleich wird der Kultur- und Kreatvwirtschaf auf der Basis der Innovatonsstatstk (ZEW 2016) insgesamt eine eher niedrige Innovatonskraf bescheinigt, wenn sie mit Branchen wie dem Automobilbau, dem Maschinenbau oder der IKT-Industrie verglichen wird (BMWI 2016b). Allerdings werden hier regelmäßig nur die Teilmärkte Sofware, Werbung und Design erfasst. Andere zentrale Segmente der kultur- und kreatvwirtschaflichen Aktvitäten können mit den verwendeten Indikatoren gar nicht erfasst und analysiert werden.

Es gibt allerdings eine Reihe von Ansätzen, die den Innovatonsbegrif über die bloße industrielle Produkton hinaus erweitern. Genannt seien hier beispielhaf die – mit dem Ende des Fordismus zunehmende – Ästhetsierung von Produkten; die Verschiebung von der Produkton materieller Objekte hin zu Informatonsgütern und Gütern mit primär ästhetschem Inhalt. Von Bedeutung sind auch der Ansteg verfügbarer Haushaltseinkommen und der höhere Anteil an Freizeit.

Im Folgenden werden vier Studien vorgestellt, die Kriterien und Methoden für empirische Untersuchungen von Innovaton von und in der Kultur- und Kreatvwirtschaf entwickeln:

A Typology of Media Innovatons (Bleyen et al. 2014)

Bleyen et al. gehen der Frage nach, wann überhaupt von einer Innovaton gesprochen werden kann und bieten dafür eine Reihe von Kategorisierungen an. Sie unterscheiden etwa zwischen Innovatoren und Imitatoren. Wenn der Entwicklungsprozess im Fokus steht, ist von disruptver (plötzlicher, radikaler) oder kontnuierlicher (marginaler) Innovaton die Rede. Disruptve oder radikale Innovatonen werden häufg im Zusammenhang mit neuen Technologien vollzogen.

Sof Innovaton (Stoneman 2010)

Stoneman spricht in diesem Zusammenhang von „Sof Innovaton“. Sie folgt einem ästhetschen und intellektuellen Anspruch und zielt und nicht auf technische Neuerungen. „Sof Innovaton“ sei auch außerhalb der Creatve Industries zu fnden. Ihr Einfuss sei sogar stetg gewachsen.

Innovaton in the Creatve Industries (Handke 2007/2010)

Handke unterscheidet zwischen “alltäglicher Innovaton“ und „kreatver Innovaton“ (humdrum and creatve innovaton). Aus seiner Sicht sind nur technologisch orienterte Defnitonen von

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Innovaton in Bezug auf die Creatve Industries problematsch, weil man ästhetsche Aspekte einzubeziehen müsse.

European Compettveness Report (EU Commission 2010)

Der jährlich publizierte European Compettveness Report der Generaldirekton Unternehmen und Industrie (ENTR – heute GD GROWTH) enthielt im Jahr 2010 erstmals ein ausführliches Kapitel zu Innovatonen und Wetbewerbsfähigkeit der Creatve Industries in Europa. Der Bericht geht davon aus, dass die Innovatonskraf der Creatve Industries als eine Realität gegeben ist.

Nichtechnische Innovaton (BMWI/Technopolis Group et al. 2016)

Eine im Aufrag des Bundesministerium für Wirtschaf und Energie (BMWI) publizierte Studie geht erstmals der Frage nach, wie der Begrif „Nichtechnische Innovaton“ defnitorisch beschrieben werden kann und begründet volkswirtschaflich, ob diese Art von Innovatonen überhaupt gefördert werden dürfen. Darauf aufauend schlagen die Studienautoren konkrete Maßnahmen vor, ohne die existerenden Förderrichtlinien zu konterkarieren.

4.1 A Typology of Media Innovations (Bleyen et al. 2014)

Bleyen et al. (2014) entwickeln in ihrer Untersuchung zu einer „Typology of Media Innovatons“ einenentsprechenden Ansatz und beschreiben eindrucksvoll, welche Schwierigkeiten bei der Erfassung einer empirisch belegbaren Medieninnovaton zu überwinden sind. Der Begrif Medien bezieht sich hier auf die Segmente Film, Rundfunk, Musik, und weitere verwandte Teilbranchen der Kultur- und Kreatvwirtschaf. Die hier vorgestellten Positonen und Fragen sind grundsätzlich auf die Kultur- und Kreatvwirtschaf insgesamt übertragbar.

Allgemeine Anknüpfungspunkte

Die Autoren knüpfen zunächst an die allgemein akzepterte Defniton von Innovaton nach dem Oslo Manual (OECD/Eurostat 2005) an: Innovaton bedeutet demnach die Einführung einer Neuheit, mit der eine Wertsteigerung oder andere bis dahin nicht mögliche Anwendungen einhergehen. Was heißt Neuheit? Was ist tatsächlich neu, was ist lediglich eine Abwandlung von bereits Bestehendem? Man ist sich jedenfalls darin einig, dass Neuheit über viele Dimensionen verfügen kann und es mitunter schwierig ist, den tatsächlichen Grad an Innovaton zu messen.

Um überhaupt von einer Innovaton sprechen zu können, werden eine Reihe von Kategorisierungen angeboten. Einmal unterscheidet man zwischen Innovatoren und Imitatoren. Wenn der Entwicklungsprozess im Fokus steht, ist von disruptver (plötzlicher, radikaler) oder kontnuierlicher (marginaler, inkrementeller) Innovaton die Rede. Disruptve oder radikale Innovatonen werden häufg im Zusammenhang mit neuen Technologien vollzogen, die sowohl den Innovator wie den betrofenen Wirtschafszweig, den Markt oder gar die Gesellschaf insgesamt prägen (können).

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Nun wird in der Literatur Innovaton wesentlich als Wertschöpfung interpretert, die durch Einführung neuer Produkte, Prozesse, Dienstleistungen oder Geschäfsorganisatonen entstehen. Neu müssen mithin die angebotenen Dinge oder die organisatorischen Abläufe sein. Neue Inhalte als solche (z.B. ein neuer Film, eine neue Musik oder eine neues Videospiel) werden in diesem Kontext nicht als Innovaton defniert. Das entspricht der einschlägigen Defniton des Oslo Manual (OECD/Eurostat 2005)2.

Herkömmliche Defnitonen und die entsprechenden Indikatoren sparen mithin kreatve Aktvitäten aus, die zu grundsätzlichen ästhetschen, bildungs- oder unterhaltungsbezogenen „Weiterentwicklungen“, mithin Innovatonen führen und übersehen dabei auch ihren möglicherweise erheblichen sozioökonomischen Einfuss.

Dabei sind Kreatvität und Innovaton gerade in der Medienindustrie schwer auseinanderzuhalten.

Allerdings: eine Defniton von Medieninnovaton sollte auch nicht zu breit angelegt sein, weil sonst nicht mehr zwischen Innovaton und der routnemäßigen Produkton von neuen Inhalten unterschieden werden kann. NESTA (Bakhshi 2008) etwa vertrit in diesem Zusammenhang das Konzept der „versteckten Innovaton“. Die sei über herkömmliche Messinstrumente nicht zu erfassen, denn: sie sei von anderen Tätgkeiten nicht klar abgrenzbar, sie setze sich ohne wissenschaflich-technische Basis über Geschäfsmodelle durch, sie kombiniere „nur“ vorhandene Technologien und Prozesse neu oder man nehme sie nicht wahr, weil es sich um kleine, eher unspektakuläre Neuerungen handele.

Typologie der Medieninnovaton

Bei der Prozessinnovaton sollte man sich nach Ansicht von Bleyen et al. den Produktonsprozess als Wertschöpfungskete vorstellen, diese enthalte einen oder mehrere Schrite:

Schöpfung (z.B eine neue Kamera)

(Re)produkton (z.B. ein neuer Video Coder/Decoder)

Aggregaton (z.B. ein neues Kodierungsformat)

Verbreitung (z.B. audiovisuelle Inhalte durch das Internet)

Darstellung (3D-Kino)

Konsum (z.B. Auswahl der zu verfolgenden Kamera bei Sportevents)

2 Als „technologische Produkt- und Prozessinnovaton“ (TPP) gilt auch hier nur die „Umsetzung eines neuen oder signifkant verbesserten Produkts, Prozesses, einer neuen Vermarktungsmethode, einer neuen organisatorischen Methode im Geschäfsmodell, Arbeitsplatzorganisaton oder Außenbeziehungen.“

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Innovatonen im Geschäfsmodell sind hierdurch nicht zu erfassen, da sie sich auf die Organisaton des Betriebs selbst beziehen z.B. Eintrit in neue Märkte, Eingehen von Allianzen oder Modifkatonenin der Marktsituaton.

Ausgangspunkt ist die Unterscheidung zwischen Produkt- und Prozessinnovaton. Eine Produktnnovaton bezieht sich auf alle Innovatonen von Inhalten. Hier gilt es zwischen dem Kern, also etwa dem Thema, der Darbietung und dem Stl einer Nachricht oder eines Beitrags und der „äußeren“ Form, d.h. wie die Nachricht vom Konsumenten aufgenommen wird, zu unterscheiden.

So ist z. B ein neues Format (Reality TV) eine Kerninnovaton. Spezialefekte bei Blockbuster-Filmen sind eine Innovaton der inneren Form und neue Trägermedien wie die Blu-Ray Disc sind Innovatonen der äußeren Form. Entsprechend haben Bleyen et al. ein Schema entwickelt (Abb. 2).

Abb. 2: Typologie von Medieninnovatonen

Prozess Produkt

Geschäfsmodell Produkton und Distributon

Konsum und Medien

Innere Form Kern

Ein neues Element im Geschäfsmodell, einschließlich neuer Organisatonsformen im Geschäfszweig

Ein neues Mitel um Inhalt zu schafen, zu produzieren, zu verteilen oder zuvermarkten

Eine neue Art einen Inhalt zu konsumieren, oder eine verwandte Dienstleistung

Ein neues Stlmerkmal

Ein neues Thema oder eine neue Nachricht

Quelle: Bleyen et al. (2014)

Warum Standarddefnitonen von Innovaton im Fall der Medieninnovaton versagen

These 1: Technologische Voreingenommenheit in der Innovatonspolitk und Beschränkungen der Anwendung auf Medien

Das Hauptanliegen von Innovatonspolitk ist die Förderung von wirtschaflichem Wachstum und internatonaler Wetbewerbsfähigkeit. Es betrift typischerweise Dinge wie geistge Eigentumsrechte und Zugang zu Risikokapital sowie Reformen von Universitäten, Bildung, Kapitalmärkten, Regulierungvon Wirtschafszweigen und Wetbewerbsrecht. Innovatonspolitk hat sich in den 1970er Jahren aus der Wissenschafs- und Technologiepolitk heraus entwickelt und ihren Fokus auf die Schafung günstger Rahmenbedingungen konzentriert. Folgerichtg war Innovatonspolitk lange Zeit auf Wissenschaf und Technik beschränkt.

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Die zunehmende Erkenntnis der Komplexität von Innovaton führt zu einer Verbreiterung der angewandten Instrumente. Innovatonspolitk und Medienpolitk sind herkömmlich getrennte Politkbereiche. Innovatonsforschung im Medienbereich war zudem fast ausschließlich auf Inhalte konzentriert.

These 2: Der umstritene Innovatonslevel in der Medienindustrie

Ausgaben für Forschung und Entwicklung spielen im Innovatonsindikator eine überproportonal große Rolle.

Nach einer Defniton der OECD (2009) umfasst die „Media and Content Industries“ (MCI) solche Firmen, die sich mit Verlagswesen, Film, Tonaufnahmen, Radio und Fernsehen und Informatonsdiensten befassen. In diesem Bereich sind, wie schon erwähnt, Ausgaben für Forschung und Entwicklung sehr niedrig. Daher müssen entweder (1) die MCI als viel weniger innovatv als z.B. der IT-Bereich gelten, oder (2) die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind kein angemessener Indikator, oder (3) die Innovatonsaktvitäten in den MCI fnden anderswo stat.

Erste Studien illustrieren indes, dass die Annahme, die MCIs seien weniger innovatv als die IT-Industrie, kaum haltbar ist. Müller et al. (2008) etwa zeigen, dass die Creatve Industries hochinnovatv seien, obwohl nur wenige Firmen in diesem Bereich in Forschung und Entwicklung investeren.

Schlussfolgerungen

Das Konzept der Medieninnovaton ist immer noch schwach defniert. Traditonelle Defnitonen erfassen nicht die Medienbranchen oder Creatve Industries, da sie inhaltsbezogene Innovaton ausschließen. Interviews mit Vertretern der Medienindustrie zeigen indes, dass ihre Stärke gerade bei inhaltlichen Innovatonen liegt und hier Kerninnovatonen als besonders wichtg angesehen werden (z.B. die Entwicklung neuer Typen von TV-Shows).

Im Rahmen der Innovatonspolitk scheint es für politsche Entscheidungsträger schwierig zu sein, eine ausgewogene Mischung zwischen inhalts- und technologiebezogener Innovaton zu fnden. Man neigt eher dazu, technologiegetriebene Innovatonen zu fördern, etwa in Hinsicht auf die IT-Branche.

Die Innovatonspolitk schenkt den Medien bisher deshalb keine große Aufmerksamkeit, weil – im Zirkelschluss – der Groβteil der hier statindenden kreatven Aktvitäten entsprechend der klassischen Zuschreibungen nicht als Innovaton angesehen wird. Andererseits konzentriert sich die ebenfalls mit diesem Bereich befasste Medienpolitk mit anderen Dingen wie Diversität und Pluralismus und sieht sich selbst nicht als Förderin von Innovatonen.

Bleyen et al. empfehlen vor dem Hintergrund ihrer Studie deshalb eine Vertefung der systematschen Forschung zum Aufnden von Medieninnovaton. Sie befürworten vor allem eine

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Umstrukturierung der statstschen Erfassung. Hier sei ein mehr ganzheitlicher Ansatz für das Verständnis von Innovaton angebracht. Dabei müsse man die gegenseitgen Abhängigkeiten stärker in Betracht zieht.

4.2 Soft Innovation (Stoneman 2010)

In seiner Untersuchung über „Sof Innovaton – Economics, Product Aesthetcs and the Creatve Industries“ befasst sich Paul Stoneman insbesondere mit Produktnnovatonen ästhetschen Inhalts, die bisher von der Innovatonsökonomie weitgehend vernachlässigt wurden. Seine Defniton lautet: “Sof innovaton is innovaton in goods and services that primarily impacts upon aesthetc or intellectual appeal rather than functonal performance". (Stoneman 2010)

Danach kann dann von Innovaton im umfassenden Sinne gesprochen werden, wenn neue Produkte Prozesse, Rohstofe und Managementmethoden in einen neuen oder existerenden Markt eingeführtwerden. Diese Defniton trift auch dann zu, wenn diese Neuheiten von nicht-erwerbswirtschaflichen Insttutonen eingeführt werden.

Die Liste der klassischen Innovatonsvariablen (Einführung von Produkt- und Prozessinnovatonen, neuen Organisatonsstrukturen und neuen Marketngstrategien) greif in der Creatve Industries aus seiner Sicht zu kurz. Er argumentert, dass diese Indikatoren zu sehr auf Funktonalitäten abstellen.

Dagegen müsse man auch Aktvitäten wie das Schreiben und Veröfentlichen von Büchern, die Entwicklung und Aufnahme neuer CDs, das Schreiben, Proben und Auführen von Theaterstücken oder das Schreiben, Produzieren und Veröfentlichen neuer Filme gegebenenfalls als innovatv einstufen. Voraussetzung ist, dass hier eine „Neuheit“ gegeben ist. Hierhin gehören ebenso die Entwicklung neuer Werbekampagnen, wie auch die Entwicklung und Einführung neuer Modelinien, die Entwicklung von Design und Produkton von Möbeln und die Architekturmaßnahmen beim Entwurf neuer Gebäude oder das Autodesign.

Dazu unterscheidet Stoneman zwischen zwei Dimensionen von Sof Innovaton: Innovatonen ästhetscher Güter und ästhetsche Innovaton bei Produkten mit primär funktonalem Charakter.

Mit dieser Defniton ist Sof Innovaton keineswegs auf die Kultur- und Kreatvwirtschaf beschränkt, sie kann auch in anderen Wirtschafszweigen oder Märkten vorkommen. Die Creatve Industries ist jedoch nach Stoneman die Hauptquelle, gewissermaßen das Herz ästhetscher Produkte und damit auch von Sof Innovaton.

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4.3 Innovation in the Creative Industries (Handke 2007/2010)

Christan Handke zählt zu den wenigen internatonalen Autoren, die sich mit dem Zusammenhang von Innovaton und Creatve Industries befassen. Er hat u.a. ein theoretsches Analysemodell zur Erfassung des kreatven Innnovatonskerns skizziert. In der hier vorgestellten Studie aus dem Jahre 2007 knüpf er an Begrifichkeiten von Richard E. Caves an, der beim Innovatonsprozess der CreatveIndustries zwischen einem „kreatven Input“ und einem “humdrum Input“ unterschieden hat (Caves 2000). Handke plädiert dafür, diese beiden Kategorien getrennt voneinander zu betrachten und zu messen.

Nach Handke sollte man im Dienstleistungssektor wie in den Creatve Industries auf sogenannte „Gesamtausgaben für Innovatonen“ und nicht mehr nur auf die Rubrik „Forschung und Entwicklung“im engeren Sinne zurückgreifen. Damit ist allerdings eine Reihe von Problemen verbunden. Die angesprochenen „Gesamtausgaben“ werden von den betrofenen Unternehmen nicht gesondert ausgewiesen, was für zahlreiche Schwierigkeiten bei einer empirische Auswertung sorgen dürfe. Darüber hinaus stellt sich das Problem, wie kulturelle/kreatve Produkte angesichts der engen Verknüpfung von objektven und subjektven Eigenschafen im Einzelnen unabhängig voneinander zu bewerten sind. In Rechnung zu stellen ist auch, dass die ihnen zugeschriebenen subjektven, ästhetschen Eigenschafen zunehmend von Konsumentenentscheidungen beeinfusst werden.

Der kreatve Prozess (content creaton) besteht für ihn deshalb „in the producton of a single and unique piece of informatonal content, the frst fxaton of a work referred to in copyright legislaton“,also in der Entwicklung des Prototyps. Der dominierende Input ist die Expertse der Urheber und anderer Mitwirkender.

Für die Creatve Industries müssen deshalb die üblichen Innovatonsindikatoren angepasst werden. Handke demonstriert dies am Beispiel der Tonträgerindustrie: weder die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, noch die Anzahl der angemeldeten Patente sind hier angemessene Indikatoren. DerInput und der Output müssen getrennt voneinander sortert werden. Das gilt für die Produkton der Inhalte („content creaton“) ebenso, wie auch für die traditonellen organisatorischen oder technischen Erneuerungen („humdrum innovaton“).

Im Folgenden sei der Ansatz am Beispiel der Musikindustrie (Abb. 3) exemplarisch vorgeführt.

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Abb. 3: Klassifzierung der Content Creaton und Humdrum Acttvies am Beispiel der Musikindustrie

Quelle: Handke (2010)

Der content creaton – Input umfasst demnach die Ausgaben für Komponisten und Texter für ihr originäres Werk, ebenfalls die Ausgaben für Musiker und darstellende Künstler für aufnahmefähige Leistungen. Im weiteren Sinne fallen hierunter auch die Ausgaben für das Castng von Künstlern oder das Management von Urhebern, ebenso fxe und variable Kosten für Musikaufnahmen (inkl. Techniker und Produzenten), sowie die Kosten für (Sub-) Lizenzen.

Unter den content creaton – Output fallen Neuveröfentlichungen (Singles, LPs, EP/Single) auf Tonträgern, die Anzahl der im Umlauf befndlichen Veröfentlichungen (Backkatalog) auf Tonträgern und die Anzahl der Veröfentlichungen im Internet.

Zum humdrum innovaton – Input gehören die Produktonskosten für physische Tonträger (inkl. Booklet, Verpackung etc.), die Ausgaben für Werbung und Promoton, für Vertrieb und Verkauf und für langlebige Investtonsgüter.

Der humdrum innovaton – Output umfasst sowohl die Kosten für die Internetpräsenz des Unternehmens, den Verkauf physischer Tonträger über Online-Shops, als auch die Kosten für

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Downloads oder Klingeltöne, die Anzahl neu eingeführter physischer Tonträger (z.B. verbesserte CDs,DVDs) und die Verwendung von datengestützten digitalen Diensten (Musik Download, Streaming).

Innovatonshemmnisse in der Creatve Industries identfziert Handke über die Indikatoren der Innovatonserhebung der Europäischen Gemeinschaf (CIS). Dazu gehören: ungleiche Marktbedingungen für Firmen unterschiedlicher Größe, unzureichender Zugang zu Finanzierung, zu hohes ökonomisches Risiko, Probleme beim Finden passender Kooperatonspartner, Fachkräfemangel, fehlender Schutzrechtezugang, Mangel an Marktnformatonen, organisatorische Probleme innerhalb des Unternehmens, Probleme beim Durchsetzen von Urheberrechten und Mangel an technischen Informatonen.

Abschließend lässt sich die Einschätzung der Innovatonsfähigkeit der Creatve Industries nach Handke wie folgt zusammenfassen:

Die Creatve Industries kennzeichnet eine schnelle Folge von Innovatonen in der Verbreitung und Verwertung ihrer Dienstleistungen.

Die Creatve Industries ist in weiten Teilen überdurchschnitlich innovatv, weil sie eine starke Ausdiferenzierung von Produkten und Diensten beim kreatven Content erreicht.

Die Messung von Innovatonen der Creatve Industries wird nur durch die Kombinaton verschiedenerIndikatoren möglich. Dazu zählen die Erfassung des Marktwerts, der Nutzungsintensität und der Nutzerbewertungen.

4.4 European Competitiveness Report (EU Kommission 2010)

Der jährlich publizierte European Compettveness Report der Generaldirekton Unternehmen und Industrie (früher DG ENTR – heute GD GROW), enthielt im Jahr 2010 erstmals ein ausführliches Kapitel zu Innovatonen und Wetbewerbsfähigkeit der Creatve Industries in Europa. Der Bericht geht davon aus, dass die Innovatonskraf der Creatve Industries Realität ist. Eine methodische Begründung mit Blick auf die Innovatonsforschung erfolgt nicht – ebenso wenig fnden sich Hinweisedarauf, welche neuen methodischen Instrumente diese These auch empirisch belegen können. Mit seiner Einschätzung greif der Report keine der in den vorgestellten Studien vorgetragenen Überlegungen und Argumente auch implizit auf. Im Folgenden werden seine Thesen vorgestellt.

Der Report rechnet einige Kreatvbranchen EU-weit zu den potenziell innovatvsten Sektoren der Union. An erster Stelle rangieren hier Unternehmen im Bereich der Beratung und dem Vertrieb von Sofware. Architekturbüros und Werbeagenturen können ebenfalls einen überdurchschnitlich hohenAnteil von innovatven Unternehmen vorweisen. Der Grund hier: neue oder deutlich verbesserte Dienstleistungen.

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Darüber hinaus sind die Kreatvbranchen ganz allgemein eine wichtge Triebkraf für Innovaton. Das betrift sowohl die Organisaton digitaler Dienstleistungsangebote und Lieferketen, wie auch die Anregungen zur Innovaton in Kreatvbranchen. Zugleich nutzen sie intensiv neuere Technologien undspielen eine maßgebliche Rolle bei der Akzeptanz technologischer Innovatonen. Außerhalb des IKT-Sektors selbst zählen Verlage und Sofwareunternehmen zu den ersten Nutzern des Internet und des elektronischen Geschäfsverkehrs.

Typisch für die Kreatvbranchen sind kleine Organisatonsstrukturen, die sie zu natürlichen Kandidaten für die KMU-Politk machen. Hier gilt es, durch entsprechende Regelungen der öfentlichen Förderung Investtonsengpässe zu vermeiden. Angemessene allgemeine und berufiche Bildung ist ebenfalls eine wichtge Voraussetzung für die Gewährleistung der Kompetenzen, die die Branche für ihr Wachstum benötgt.

Wichtg ist aus Sicht der EU die verstärkte Kommunikaton aller Kreatvbranchen. Hier bedarf es einergezielten Koordinaton, dazu eines stärkeren Austausches über bewährte Verfahrenspraktken und eine Unterstützung des Networking. Damit können alle Kreatvbranchen ihre Wachstumschancen optmieren und einen wertvollen Beitrag zur europäischen Wirtschaf insgesamt leisten.

Letztendlich leistet die Creatve Industries nicht nur einen wirtschaflichen Beitrag, so dass eine Förderung auf natonaler oder lokaler Ebene auch gesellschafspolitsch angemessen ist. Dabei steht außer Frage, dass bestmmte Kreatvbranchen einen positven Beitrag zu Strukturanpassungen in wirtschaflichen Abstegsregionen leisten. Sie können den sozialen Zusammenhalt stärken und die Teilnahme der wirtschaflich schwächeren Bevölkerungsgruppen an kulturellen Aktvitäten fördern. Wo abgestmmte und koordinierte Maßnahmen die wirtschafliche und soziale Bedeutung der Kreatvwirtschaf erhöhen sollen, kann die EU mitwirken.

Aus Sicht der EU stellen die kreatven Branchen ein umfangreiches Potenzial zur Stärkung des Wirtschafswachstums und der Schafung von Arbeitsplätzen. Sie spielen eine wichtge Rolle in der globalen Wertschöpfungskete und treiben die Innovaton voran. Insgesamt zeichnet sich ab, dass dieBedeutung von Kreatvität und von kreatven Berufen zunehmend auch außerhalb der Kreatvwirtschaf an Beachtung gewinnt. Sie wird etwa bei Strukturanpassungen in wirtschaflichen Abstegsregionen und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Integraton immer wichtger.

Hier kann die EU-Politk zur Stärkung der geistgen Eigentumsrechte und zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Dienstleistungen beitragen. Das Ziel dabei: Die Kreatvwirtschaf muss im Rahmen der KMU-Politk stärkere Berücksichtgung fnden und entsprechend einen besseren Zugang zu angemessenen Finanzierungen erhalten (EU Kommission 2010).

Hinzu kommt: Europa zählt zu den weltweit führenden Exporteuren von Produkten der Kreatvbranchen.

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4.5 Nichttechnische Innovation ( BMWI/Technopolis Group et al. 2016)

In einer aktuellen Studie hat das Bundeswirtschafsministerium (BMWI) das Thema „Nichtechnische Innovatonen“ untersuchen lassen. Diese Fragestellung ist überfällig. Wie oben ausgeführt, richtet sich das allgemeine Interesse zunehmend nicht mehr auf nur technische oder technologische Innovatonen. Bisher konzentrierte sich die deutsche Innovatonsförderung wesentlich auf klassische Branchen wie die Automobilindustrie, den Maschinenbau, die Elektroindustrie oder die chemische Industrie.

Inzwischen hat die Digitale Wirtschaf immer mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Branchenkomplex aus IKT-Industrie und Internetwirtschaf zeichnet sich jedoch nur zu einem geringen Teil durch Innovatonen im technologischen Bereich aus, sondern eher durch eine neue Kombinaton von Dienstleistungen. Es fragt sich, welche Art von Innovatonen das Wachstum dieses Branchenmix vorantreibt. Geht es hier nur um konventonelle Innovaton oder haben wir es hier mit einer neuen Art von innovatven Elementen zu tun, die den herkömmlichen Begrif von Innovaton sprengen?

Damit stellen sich grundsätzliche Fragen. Als Kernkompetenz der Kultur- und Kreatvwirtschaf gilt dieErstellung von ästhetschen Inhalten, sie wird als immaterielle Wirtschaf verstanden, die symbolisch-kulturelle Werke und Inhalte erstellt. Die Dienstleistungsbranchen wiederum sind ebenfalls im „immateriellen“ Bereich unterwegs. Wie ist in diesem Zusammenhang die Kernkompetenz der Digitalen Wirtschaf zu defnieren? Ist sie wirklich nur auf ihre technologische Komponente reduzierbar?

Jedenfalls defniert die Studie die nichtechnischen Innovatonen wie folgt:

„Unter nichtechnischen Innovatonen werden neuartge Produkt-, Dienstleistungs-, Prozess-, Organisatons- und Marketngkonzepte wie auch Geschäfsmodelle verstanden. Der primäre Wertschöpfungsbeitrag entsteht dabei nicht aus eingesetzten Technologien (z.B. Komponenten, Sofware), sondern wesentlich aus Veränderungen, die auf bisher nicht bekannte Anwendungskontexte, Nutzungsmöglichkeiten, organisatonale Strukturen oder Ertrags- und Wertschöpfungsmechaniken abzielen. Nichtechnische Innovatonen zeichnen sich vor allem durch eine hohe Kontextabhängigkeit und Anwendungsvielfalt aus. Sie haben interaktven Charakter und weisen tendenziell keine objektvierten Produkteigenschafen auf. Nichtechnische Innovatonen können in marktorienterter und gemeinwohlorienterter Ausprägung, aber auch in Mischformen vorliegen.“ (Technopolis Group et al., S. 38).

Damit spielen die Verfasser auf weltweit agierende Platormen wie Netlix, Amazon, YouTube oder Spotfy an. Mit diesen Beispielen aus der globalen Wirtschaf wird allerdings ein Großteil der Kultur- und Kreatvwirtschaf nicht hinreichend erfasst. Deshalb sollen in Verbindung mit dem herkömmlichen Innovatonssystem nochmals die besonderen Herausforderungen für die Kultur- und Kreatvwirtschaf genannt werden:

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Die Kleinsteiligkeit der Kultur- und Kreatvwirtschaf verhindert ofmals die Nutzung des

innovatven Potenzials, weil über die aktuellen Programme eine Forschungsfnanzierung nicht vorgesehen ist.

Weil innovatve Projekte in der Kultur- und Kreatvwirtschaf ihren Schwerpunkt in der Regel

nicht auf technologische Neuerungen allein gründen, fallen sie durch das Raster der Innovatonsförderung. Die richtet sich generell auf die technische Forschung und Entwicklungaus. Die Besonderheit der Kultur- und Kreatvwirtschaf passt bisher nicht in dieses System.

Innovatonsförderung für Teilmärkte der Kultur- und Kreatvwirtschaf wird bislang nur durch

eine Umdeutung bestehender Richtlinien möglich. So wird etwa dem Industriedesign, der Games-Industrie oder der Sofwarebranche inzwischen ein relevantes Innovatonspotenzial atestert, weil ihre Aktvitäten als Input für andere Wirtschafsbranchen gewertet werden.

Teilmärkte der Kultur- und Kreatvwirtschaf, die im Besonderen durch künstlerische oder kulturelle Leistungen geprägt werden, passen nicht in dieses Schema. Wegen des überwiegend nichtechnischen Charakters der Kultur- und Kreatvwirtschaf und vieler anderer Dienstleistungsbranchen schlagen die Autoren der Studie deshalb vor, sich nicht nur an technologischen Zielsetzungen zu orienteren. Gefördert werden sollen in Zukunf etwa:

Netzwerkangebote, insbesondere zum branchenübergreifenden Austausch, etwa zwischen

Entwicklern und potenziellen Nutzern oder technischen und nichtechnischen Innovatoren

Der Ausbau der Innovatonsinfrastruktur im Hinblick auf nichtechnische Innovatonen,

beispielsweise durch Start-Up-Zentren, Co-Working-Spaces, Innovaton-Hubs oder Innovaton-Labs

Der Ausbau von Beratungs- und Mentoring-Angeboten, etwa zur

Kommunikatons-/Marketngkompetenz, zur Geschäfsstrategie oder zur Internatonalisierung von nichtechnischen Innovatonen

Komplexe Vorhaben, die die experimentelle Entwicklung von kreatvwirtschaflichen Ideen in

allen ihren innovatven Erscheinungsformen aufzeigen können.

Dazu weisen die Studienautoren daraufin, dass mit der Förderung nichtechnischer Innovatonen teilweise vollkommenes Neuland betreten wird. Deshalb bietet sich eine schritweise Einführung der vorgeschlagenen Fördermaßnahmen an: „Mit der Förderung von nichtechnischen Innovatonen wirdteilweise vollkommenes Neuland betreten, so dass eine vorsichtge Implementerung empfohlen wird. Besondere Herausforderungen werden u.a. durch das EU-Beihilferecht gestellt, das allein schonin den verwendeten Begrifichkeiten vor allem auf technische Innovatonen zugeschniten ist. Ordnungspolitsch wie wetbewerbsrechtlich herausfordernd ist auch die o.g. Grundeigenschaf nichtechnischer Innovatonen, ofmals erst im Markt – also im Wetbewerb – auszureifen.“ (Technopolis Group et al., Zusammenfassung).

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5 Fazit

Die vorgestellten Überlegungen haben gezeigt, dass der herkömmliche und auf technologische Aspekte fxierte Innovatonsbegrif überholt ist. Wie immer, wenn es um Innovatonen geht, gilt es, die bisherigen Raster aufzugeben und Möglichkeiten zu diskuteren, wie den neuen Gegebenheiten Rechnung getragen werden kann. Die Bundesregierung hat bereits die Initatve ergrifen und für eineAusweitung des Begrifs von Innovaton plädiert. Neben die etablierte „technische Innovaton“ ist bereits die „digitale Innovaton“ getreten. Die Adapton einer neuen „künstlerisch-kreatven Innovaton“ steht auf der Tagesordnung. „Innovaton“ im Allgemeinen ist jedenfalls ein ofener Begrif, der sich schon nach seinem Selbstverständnis nach vorne orientert.

Bei der Debate um die damit verbundenen Chancen gilt es jedenfalls, neben den Möglichkeiten, die sie eröfnen, auch die damit einhergehenden Herausforderungen zu benennen.

5.1 Chancen

Der technische Innovatonsbegrif bröckelt und öfnet die Tür für neue Innovatonsformate. Damit verbunden ist eine Neudefniton der Wertschöpfung. Bisher orienterte sie sich wesentlich an der alt-industriellen Produkton.

Dienstleistungsbranchen können relevante Beiträge zur Wertschöpfung leisten und damit das Gleichgewicht der Volkswirtschaf neu defnieren. Damit ist verbunden: Produktons- und Dienstleistungssektor nähern sich in ihrer volkswirtschaflichen Bedeutung einander an.

Die Kultur- und Kreatvwirtschaf wird als innovatonsrelevante Branche anerkannt, was ganz andere Horizonte beim Thema Innovaton eröfnet. Die Kultur- und Kreatvwirtschaf kann als innovatve Kraf des Dienstleistungssektors akzeptert werden. Damit erlangt sie in der Innovatonsdebate eine neue Legitmaton.

Innovatonen in der Kultur- und Kreatvwirtschaf sind nicht nur kommerziell orientert, sondern auchgemeinwohlrelevant oder eben auch nicht-kommerziell. Denn die Kultur- und Kreatvwirtschaf bewegt sich schon immer Spannungsfeld der drei Sektoren Markt-Staat-Zivilgesellschaf.

5.2 Herausforderungen

Es fehlen theoretsche Konzepte, um die künstlerisch-kreatven bzw. inhaltsbezogenen Innovatonen logisch und plausibel zu beschreiben. Es fehlen Operatonalisierungen, um die neuen Innovatonstypen empirisch zu erfassen und zu klassifzieren. Es fehlen insbesondere statstsche Erhebungen, die den künstlerisch-kreatven und inhaltsbezogenen Innovatonen gerecht werden.

Zentrale Fragen dabei sind:

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Wo entsteht die Innovaton innerhalb und außerhalb der Kultur- und Kreatvwirtschaf?

Wie kann die Kultur- und Kreatvwirtschaf Innovatonsefekte vergleichbar nachweisen, wie dies

die technologische Innovaton kann?

Wie muss eine praxisorienterte Innovatonspolitk für die Kultur- und Kreatvwirtschaf gestaltet

werden, um der besonderen Spezifk der Kultur- und Kreatvwirtschaf (z. B. Soloselbständige undKleinstunternehmertum, ökonomische und nichtökonomische Wertschöpfung) gerecht zu werden?

Statstsche Untersuchungen sollen einen Beitrag zur Innovatonsfähigkeit der Kultur- und Kreatvwirtschaf liefern. Die OECD (2010) hat deshalb schon vor einigen Jahren ein Dokument zur neuen Innovatonsmessung vorgelegt. Darin werden einige zentrale Aspekte aufgeführt, die bei zukünfigen Analysen beachtet werden sollten:

Die Entwicklung von fachübergreifenden Ansätzen zur Datensammlung

Die Verbesserung der Messungen von Innovatonsaktvitäten in komplexen

Unternehmensstrukturen, Organisatonen und Netzwerken

Die Beförderung der Messungen von Fertgkeiten und Fähigkeiten, die für innovatve Arbeits- und

Tätgkeitsfelder gebraucht werden

Die Beförderung der Messungen von neu entstehenden Technologien und Inhalten

Die OECD fordert nichts weniger als die Überwindung tradierter Forschungsansätze. Nur so wird es möglich sein, neuere Entwicklungen in Unternehmen wie in der Wirtschaf insgesamt, im Arbeitsmarkt und in der Gesellschaf besser zu verstehen. Innovatonen und ihren Auswirkungen wird dabei eine besondere Bedeutung beigemessen.

Technische Innovatonen, digitale Innovatonen, nichtechnische Innovatonen, versteckte Innovatonen oder soziale Innovatonen spielen dabei nicht nur im Rahmen der Kultur- und Kreatvwirtschaf eine spezifsche Rolle. Es wird auch von Bedeutung sein, wie werthaltg die künstlerisch-kreatven Inhalte sind. Freilich: allein auf die ökonomische Wertschöpfung zu verweisen,dürfe in Zukunf kaum mehr ausreichen.

Unser Verständnis von „Innovaton“ und ihren vielfältgen Ausprägungen wird nicht nur die Zukunf der Kultur- und Kreatvwirtschaf, sondern die der gesamten Gesellschaf prägen.

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6 Anhang

6.1 Quellen und weiterführende Literatur

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