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04/2010 Innovationsmanagement: Neue Chancen oder nur Risikovermeidung? ein Beitrag von Antje Gollnick und Dr. Thomas Liehr, TNS Infratest Antje Gollnick hat BWL an der Universität zu Köln studiert, mit den Schwerpunkten Marketing und Psychologie. Heute ist sie Mitglied des Consumer&Retail Boards der TNS Infratest GmbH und dort ver- antwortlich für das Thema Innovationsforschung. Sie hat 18 Jahre Erfahrung im Bereich der Konsumgüterforschung und dort für zahlreiche große Kunden das Thema Innovationsmanage- ment begleitet, wie z.B. Kraft, L‘Oréal, Campina und Coca Cola. Dr. Thomas Liehr hat Europäisches Management und Marketing u.a. in Reims und Mailand studiert. Nach seinem Abschluss verfasste er eine berufsbegleitende Promotion zu einer Anwendung von künstlichen neuronalen Netzen und Chaostheorie in der Ökonomie an der Universität Stuttgart. Er ist seit über 15 Jahren in der Marktforschung tätig und hat sich in dieser Zeit umfassende angewandte Expertise in den Bereichen Innovationsfor- schung, Segmentierung, Volumetric Forecasting und Data Mining erworben. Derzeit verantwortet Thomas Liehr den Bereich Innovation & Product Development bei der TNS Infratest. Fragt man Unternehmer, ob sie einen systemati- schen Prozess für ihr unternehmensinternes Inno- vationsmanagement implementiert haben, so wird dies von einer Mehrheit bejaht. Wird aber gezielt nachgefragt, wie umfassend der Innovationspro- zess denn strukturiert ist, so wird schnell deutlich, dass hier enorme Unterschiede bestehen. Häufig wird Innovationsmanagement hauptsächlich als ein Prozess verstanden, Risiken bei einer Produkt- neueinführung zu reduzieren. Dies geschieht dann dadurch, dass Ideen und Konzepte in einem Inno- vationstrichter zwar gescreent und priorisiert wer- den, wie aber diese Ideen in den Innovationstrichter gelangen, bleibt dabei einem mehr oder weniger unsystematischen Suchprozess überlassen. Häufig tritt sogar das „Prinzip Hoffnung“ in Kraft: Je mehr unterschiedliche Ideen aus internen und externen Quellen generiert werden, desto größer die Chance, dass am Ende des Innovationsprozesses auch min- destens eine tragfähige Marktchance dabei heraus- kommt. Unserem Verständnis nach muss ein systema- tisches Innovationsmanagement jedoch deut- lich mehr leisten: Die Herausforderung besteht darin, nicht nur Risiken zu reduzieren sondern auch nachhaltige Innovationschancen offen zu legen, um damit neue Chance zu ermöglichen. Innovationsmanagement deutlich früher starten Um diesem ambitionierten Anspruch gerecht zu werden, müssen von vornherein erfolgverspre- chende Ideen und Konzepte in den Innovations- trichter eingespeist werden. Im Unterschied zum oben genannten „Prinzip Hoffnung“ könnte man diesen Ansatz auch plakativ als „Qualität statt Quantität“ benennen. Dieser Anspruch ist nur dann einlösbar, wenn sich eine Prozesslogik entlang von Kundenbedürfnis und Marktrelevanz wie ein roter Faden durch den gesamten Innovationsprozess zieht. Ein roter Faden, an dem sich die Reise ori- entieren kann ein Innovationsprozess, der zur “Innovation Journey“ einlädt. Die einzelnen Phasen dieser Innovation Journey - angefangen beim Auf- Abdruck mit Genehmigung des Deutschen Fachverlages, planung & analyse, Mainzer Landstrasse 251, 60326 Frankfurt am Main, Telefon 069-7595-2019, Fax 069-7595-2017, [email protected], www.planung-analyse.de

Innovationsmanagement: Neue Chancen oder nur … · und Coca Cola. Dr. Thomas Liehr hat Europäisches Management und Marketing u.a. in Reims und Mailand studiert. Nach seinem Abschluss

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Page 1: Innovationsmanagement: Neue Chancen oder nur … · und Coca Cola. Dr. Thomas Liehr hat Europäisches Management und Marketing u.a. in Reims und Mailand studiert. Nach seinem Abschluss

04/2010

Innovationsmanagement: Neue Chancen oder nur Risikovermeidung? ein Beitrag von Antje Gollnick und Dr. Thomas Liehr, TNS Infratest

Antje Gollnickhat BWL an der Universität zu Köln studiert, mit den Schwerpunkten Marketing und Psychologie. Heute ist sie Mitglied des Consumer&Retail Boards der TNS Infratest GmbH und dort ver-antwortlich für das Thema Innovationsforschung. Sie hat 18 Jahre Erfahrung im Bereich der Konsumgüterforschung und dort für zahlreiche große Kunden das Thema Innovationsmanage-ment begleitet, wie z.B. Kraft, L‘Oréal, Campina und Coca Cola.

Dr. Thomas Liehrhat Europäisches Management und Marketing u.a. in Reims und Mailand studiert. Nach seinem Abschluss verfasste er eine berufsbegleitende Promotion zu einer Anwendung von künstlichen neuronalen Netzen und Chaostheorie in der Ökonomie an der Universität Stuttgart. Er ist seit über 15 Jahren in der Marktforschung tätig und hat sich in dieser Zeit umfassende angewandte Expertise in den Bereichen Innovationsfor-schung, Segmentierung, Volumetric Forecasting und Data Mining erworben. Derzeit verantwortet Thomas Liehr den Bereich Innovation & Product Development bei der TNS Infratest.

Fragt man Unternehmer, ob sie einen systemati-schen Prozess für ihr unternehmensinternes Inno-vationsmanagement implementiert haben, so wird dies von einer Mehrheit bejaht. Wird aber gezielt nachgefragt, wie umfassend der Innovationspro-zess denn strukturiert ist, so wird schnell deutlich, dass hier enorme Unterschiede bestehen. Häufig wird Innovationsmanagement hauptsächlich als ein Prozess verstanden, Risiken bei einer Produkt-neueinführung zu reduzieren. Dies geschieht dann dadurch, dass Ideen und Konzepte in einem Inno-vationstrichter zwar gescreent und priorisiert wer-den, wie aber diese Ideen in den Innovationstrichter

gelangen, bleibt dabei einem mehr oder weniger unsystematischen Suchprozess überlassen. Häufig tritt sogar das „Prinzip Hoffnung“ in Kraft: Je mehr unterschiedliche Ideen aus internen und externen Quellen generiert werden, desto größer die Chance, dass am Ende des Innovationsprozesses auch min-destens eine tragfähige Marktchance dabei heraus-kommt.

Unserem Verständnis nach muss ein systema-tisches Innovationsmanagement jedoch deut-lich mehr leisten: Die Herausforderung besteht darin, nicht nur Risiken zu reduzieren sondern auch nachhaltige Innovationschancen offen zu legen, um damit neue Chance zu ermöglichen.

Innovationsmanagement deutlich früher starten

Um diesem ambitionierten Anspruch gerecht zu werden, müssen von vornherein erfolgverspre-chende Ideen und Konzepte in den Innovations-trichter eingespeist werden. Im Unterschied zum oben genannten „Prinzip Hoffnung“ könnte man diesen Ansatz auch plakativ als „Qualität statt Quantität“ benennen. Dieser Anspruch ist nur dann einlösbar, wenn sich eine Prozesslogik entlang von Kundenbedürfnis und Marktrelevanz wie ein roter Faden durch den gesamten Innovationsprozess zieht. Ein roter Faden, an dem sich die Reise ori-entieren kann – ein Innovationsprozess, der zur “Innovation Journey“ einlädt. Die einzelnen Phasen dieser Innovation Journey - angefangen beim Auf-

Abdruck mit Genehmigung des Deutschen Fachverlages, planung & analyse, Mainzer Landstrasse 251, 60326 Frankfurt am Main, Telefon 069-7595-2019, Fax 069-7595-2017, [email protected], www.planung-analyse.de

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spüren von relevanten Suchfeldern bis zur erfolgrei-chen Gestaltung des Launch-Plans – wird nun im Rahmen dieses Beitrags detaillierter beschrieben. Zunächst zeigen wir den konzeptionelle Rahmen und die grundlegenden Ideen auf. Diese werden anschließend anhand von konkreten Praxisbeispie-len verdeutlicht.

Mut zur Lücke: Früher Fokus auf relevante Suchfelder

Einer unserer Kunden hat den Beginn des Innovati-onsprozesses treffend formuliert: „The Fuzzy Front End“. Gemeint ist damit, dass die ersten Schritte im Innovationsmanagement, die ja die Richtung der gesamten nachfolgenden Innovationsinitiative vorgeben müssen, häufig eher durch Unsicherheit und Rätselraten als durch Systematik und strin-gente Analyse geprägt sind. Die Herausforderung besteht darin, basierend auf vorhandenen Markt-daten, Studieninformationen und Trendmaterialien, diejenigen Suchfelder zu definieren, für die der Markt den dringendsten Bedarf für neue oder ver-besserte Lösungen hat. Oder anders ausgedrückt: Gesucht sind diejenigen Marktbereiche, in denen der Leidensdruck der Konsumenten aktuell am höchsten ist. Werden gute Ideen und Lösungen auf solchen Feldern von hoher Konsumentenrelevanz präsentiert, steigt die Chance für eine erfolgreiche Innovation deutlich an. Das Aufspüren und detail-lierte Beschreiben solcher Themenfelder gelingt am Besten durch eine Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden, die das Erkennen und Priorisieren von „Consumer Insights“ ermöglichen. So kann sich die anschließende Entwicklung von

Ideen und Konzepten gezielt auf diejenigen Markt-bereiche ausrichten, die über ein hohes A-priori-Erfolgspotential verfügen.

Balance zwischen Kreativität und Disziplin: Fokussierte Ideenentwicklung

Die detaillierte Beschreibung von „Consumer Insights“ und darauf aufbauenden Innovationsmög-lichkeiten können als eine Art Pflichtenheft für das jeweilige Innovationsprojekt angesehen werden. Die Aufgabe der sich anschließenden Ideen- und Konzeptentwicklung besteht nun darin, innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens, kreative Lösun-gen zu entwickeln. Das klingt zunächst nach einem Widerspruch - Kreativität sollte sich ja gerade ohne enge Begrenzungen am Besten entfalten können. Die Praxis zeigt jedoch, dass das Einhalten eines gewissen Korridors im Vorfeld identifizierter Erfolgs-parameter die Kreativität und Originalität der Lösun-gen häufig sogar noch verstärkt, da auf diese Weise Orientierung zur Bewertung von „guten“ Lösungen an die Hand gegeben wird. Die Kunst besteht darin, diese Orientierungswerte zwar zu vermitteln („Dis-ziplin“), den Raum der möglichen Lösungen damit jedoch nicht über Gebühr einzuschränken, so dass die eigentlich Kreativität des Prozesses dennoch voll zum Tragen kommen kann. Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen dies.

KurzfassungDer Beitrag zeigt auf, wie die Marktforschung einen aktiven Beitrag dazu leisten kann, Innovationschan-cen für ihre Kunden zu eröffnen. Dazu reicht das bis-her häufig anzutreffende Rollenverständnis der reinen Risikoreduzierung entlang des Innovationstrichters bei Weitem nicht aus. Vielmehr müssen zunächst relevante ‚Consumer Insights’ und Suchfelder aus Konsumentensicht identifiziert werden. Im Anschluss wird für diese Themen eine fokussierte Ideen- und Konzeptentwicklung durchgeführt. Schließlich kommt es beim Testen und Priorisieren der entwickelten Kon-zepte darauf an, besonders innovative Ideen – die möglicherweise ihrer Zeit voraus sind – zu erkennen und entsprechend zu schützen. Für mehr Details besuchen Sie uns bitte unter http://www.tns-infratest.com/marketing_tools/IPD.asp

DISCOVER DEVELOP DELIVER

Innovations-plattformen

Strate-gisches

Innovations-Pflichtenheft

Absatzprog-nose und Launch-planung

Konzepte priorisieren

& verbessern

Fokussierte Kreativität

Produkt Mix Optimierung

LaunchTracking

Strategie

Fokussierung:Identifikation von

Innovationsplattformenals Basis für

erfolgversprechende Ideen und Konzepte

KreativitätPassende Ideen

entwickeln (Divergenz), welche

begeistern und dennoch in der Realität

der Umsetzbarkeit geerdet sind.

PriorisierungKonvergenz hin zu

den bestenKonzepten, iterativ

optimiert und mit validierten

Benchmarksabgesichert.

ImplementierungOptimierung des Potenzials und

Vorbereitung der Markteinführung mit

daraus folgender Lernkurve

Entwicklung von erfolgreichen Neuprodukten……mit der Innovation Journey

Abbildung 1: Prinzip der Innovation Journey

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Innovation Journey in der Praxis: am Anfang steht ein relevanter Insight

Die größten und erfolgreichsten Produkte und Mar-ken haben eines gemeinsam: Sie basieren auf einem starken „Consumer Insight“. Wir glauben daran, dass ein Innovationsprozess deutlich zielge-richteter und schneller zum Erfolg führt, wenn die Produktideen auf einem relevanten Konsumenten-bedürfnis aufbauen.

Aber was ist eigentlich ein relevanter Insight? Über-all wird von Insights gesprochen. Bei genauer Nach-frage offenbaren sich jedoch sehr unterschiedliche Definitionen. Für TNS besteht ein Insight aus drei Elementen:

1. Konsumentenwahrheit: z.B. „Ich möchte gerne einen frischen Teint, …“

2. Bedürfnis: „…weil ich mich dann schöner fühle, …“

3. Spannungsfeld: „…aber ich habe Angst, dass die Sonne meiner Haut schadet und ein Bräunungs-mittel meine Haut künstlich aussehen lässt!“

Das Ergebnis: Gesichts- und Körperpflegeprodukte mit einem integrierten leichten Selbstbräuner. Eine Innovation, die im Markt eine ganz neue Kategorie etablierte.

Ein Beispiel, das zeigt, dass ein Insight an sich nicht immer „bahnbrechend“ neu sein muss. Aber durch das simple Bewusstmachen, insbesondere des bis-her ungelösten Spannungsfeldes, wird ein solcher Insight höchst relevant für den Innovationsprozess und inspiriert zu wirklich innovativen Ideen.

Ein weiteres Beispiel sind die neuen „flavoured waters“, die aus dem simplen Insight generiert wurden: „Ich versuche jeden Tag viel zu trinken, weil dies gut für meinen Körper ist, aber Wasser ist langweilig und schmeckt einfach nach nichts!“ Ein Insight, der es erlaubte, sehr fokussiert nach einem neuen Getränk zu suchen und heute die mit Abstand am schnellsten wachsende Getränkekate-gorie hervorgebracht hat.

Relevante Consumer Insights brauchen eine solide Grundlage in Form von beobachteten ‚interes-santen’ Verhaltensweisen. Genau hierfür stellt die Marktforschung eine Reihe von bewährten qualita-tiven Methoden zur Verfügung, angefangen von teil-nehmender Beobachtung über ‚Diaries’ bis hin zu ethnographische Ansätze. Die große Kunst besteht jedoch darin, diese Beobachtungen thematisch zu ‚clustern’, mit den zugrunde liegenden Bedürfnis-sen und Spannungsfeldern zu assoziieren und so ‚echte’ Consumer Insights daraus zu formen. Dafür braucht es sehr erfahrene Berater und Moderato-ren, die solche Insightment Prozesse effektiv struk-turieren und für in den Folgephasen direkt verwert-baren Output sorgen.

Denn allein der richtige Insight führt noch nicht zwangsläufig zu einer erfolgreichen Produkt-Neu-einführung. Idealerweise lassen sich aus einem Insight zahlreiche -und mitunter auch sehr unter-schiedliche- innovative Ideen ableiten. Auch hierzu kann die Marktforschung einen signifikanten Bei-trag leisten, indem sie in geeigneten Kreativforma-ten die Erfahrung von Seiten des Auftraggebers mit der Sektorexpertise des Instituts, der katalytischen Dynamik von besonders geschulten kreativen Ver-brauchern sowie ihrer eigenen Moderationsex-pertise bündelt. Das Ergebnis eines solchen Co-Creation-Prozesses ist meistens überzeugender (und der Prozess dahin effizienter), als hausinterne Brainstormings oder die Beauftragung einer isolier-ten, externen Kreativagentur.

Was sind die dahinterliegenden Motivationen und Bedürfnisse? Was sind mögliche Spannungsfelder, die einer Lösung bisher im Wege stehen?

Cluster analysieren…

Sämtliche Erkenntnisse werden auf die Kategorie übertragen und mit Hilfe der ‚Insight Trinity‘ zu Statements formuliert.

…in Insightsüberführen…

Insights mit ähnlicher Thematik werden zu Insightplattformenzusammengeführt: diese bilden das Sprungbrett für die Ideengenerierung.

…und zu Plattformen

zusammenfassen!

Alle Teilnehmer wählen ihre 10 interessantesten Beobachtungen aus.Beobachtungen sammeln…

Alle Beobachtungen, die ähnliche Aktionen, Tatsachen oder Gefühle beschreiben, werden geclustert. …und clusten.

Insightment Workshop: Ein strukturierter Prozess

Abbildung 2: Der Insightment Prozess

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Wurden nun kreative Lösungen als Antwort auf die identifizierten Consumer Insights entwickelt – mit oder ohne Hilfe der Marktforschung -, stellt sich bereits die Herausforderung nach der Priorisierung der generierten Ideen.

Welche der generierten Ideen hat das größte Potential?

Hier ist das Angebot der Marktforschung an ver-schiedensten Methoden zum Konzept-Screening groß, die vermeintlichen Unterschiede gering. In der Praxis zeigt sich, dass es grundsätzlich sehr einfach ist, klare Gewinner zu identifizieren: Über-durchschnittliche Kaufbereitschaft bei gleichzeitig hoher Neuartigkeit ist ein sicheres Indiz für eine risikoarme Neuproduktidee. Aber was ist mit den Ideen, die in der frühen Konzeptphase eine eher

durchschnittliche oder vielleicht sogar unterdurch-schnittliche Kaufbereitschaft erzielen. Sollte man diese im Zuge der Prozesseffizienz möglichst schnell aus dem Prozess herausfiltern? Wir mei-nen: Ein zweiter Blick auf das Potential der Ideen ist essentiell, bevor man diese Entscheidung zu vorschnell trifft. Denn die wirklich guten, bahnbre-chend neuen Ideen zeigen sich sehr selten bereits in der ersten Konzeptphase als eindeutige Gewin-ner. Dies aus unterschiedlichen Gründen: die Idee ist noch etwas unverständlich beschrieben, so dass entweder der Benefit nicht deutlich wird oder sie unglaubwürdig erscheint. Oder aber sie ist ihrer Zeit einfach noch voraus. Die Aufgabe der Marktfor-schung ist es nun, durch tiefergehende Diagnostik, sei es durch ergänzende qualitative Befragung, sei es durch Betrachtung von Segmenten, die als Vor-reiter in der Kategorie gelten oder auch durch ein-fache Integration weiterer Erfolgsindikatoren (neu-deutsch: KPI’s) die Ideen zu schützen, die sich als Rohdiamanten entpuppen. So ist ein Produkt wie Bionade nicht schon immer „Klassenbester“ gewe-sen. Heute aber gilt es als Paradebeispiele für eine erfolgreiche Innovation. Unser Appell: Lassen Sie auch einzelnen Ideen, die vielleicht im allgemeinen Ranking nur auf Platz drei oder vier rangieren eine Chance, wenn sie etwas „Besonderes“, vielleicht noch „Verborgenes“ haben!

AbstractThe article outlines, how market research can provide active support in identifying new winning innovation opportunities. The old innovation research paradigm of merely reducing risks along the innovation funnel is not sufficient any more to achieve is. The right process is to first detect consumer insights and demand driven search spaces. Based on these findings, a focused creative development of ideas and concepts is initiat-ed. Finally, the challenge when testing and prioritising these potentially extremely innovative new concepts is to recognise, if they are ahead of time, and to pro-tect them against being dismissed due to that reason.For more details please visit us at http://www.tns-in-fratest.com/marketing_tools/IPD.asp

Aus unterschiedlichen Bereichen: R&D, Brand Management, Marketingforschung, Vertrieb und Werbung sowie externe Agenturen

In einem aufwändigen Prozess auf ihre Kreativität getestete und zusätzlich geschulte Konsumenten

In Theorie und Durchführung des Kreativformateserfahren – Leitung und Moderation plus Protokoll

Zusätzliche Teilnehmer: z. B. Sektor & Marketing Experten, Trendforscher…

ExterneExperten

Kunden Team

Kreativ Team‘Fascilitatoren’

KreativeKonsumenten

Ideengenerierung: Die Mischung macht‘s

Framework der wichtigsten Screening-Parameter

Abbildung 3: Ideengenerierung

Abbildung 4: Framework der wichtigsten Scree-ning-Parameter für Konzepttests

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Wie wird aus einem Rohdiamant eine erfolgrei-che Innovation? Vermeintliche Details machen den eigentlichen Unterschied!

Häufig zeigt sich in der Praxis, dass Neuprodukt-ideen im Laufe des Innovationsprozesses an Uni-queness verlieren. Schwächen werden ausgebes-sert, sie werden massenkompatibel gemacht. Auf der einen Seite ist dies notwendig und sinnvoll. Allerdings wird auf der anderen Seite häufig zu wenig Energie darauf verwendet, die Stärken noch weiter auszuarbeiten oder die sonstigen Elemente im Marketing-Mix einem Optimierungsprozess zu unterziehen. Aber gerade hier liegen die großen Chancen im Verborgenen.

So hat sich z.B. bei der Entwicklung eines ganz neuen Snackproduktes gezeigt, dass allein durch die Veränderung des Namens das prognostizierte Absatzvolumen um 50 Prozent gesteigert werden konnte. Der Grund: Ursprünglich sollte das Pro-dukt – aufgrund seiner Neuartigkeit - einen deut-schen Namen erhalten, der deutlich beschreibt, um welche Art von Produkt es sich handelt. Alternativ wurde dann aber ein englischer Fantasiename aus-probiert. Das Ergebnis: Durch den neuen Namen änderte sich die Anmutung des Produktes kom-plett von einem simplen Kinderprodukt zu einem trendigen Angebot, das zusätzlich auch für junge Erwachsene äußerst erstrebenswert ist.

Ähnliche Beispiele lassen sich auch für das Thema ‚optimaler Preis’ finden. Der Preis ist weit mehr als eine mögliche Kaufbarriere. Gezielt beforscht und ausgewählt, kann er wesentlicher Bestandteil der Produktwelt werden. Die Attraktivität eines Pkw der Marke Porsche wird nicht unwesentlich durch seinen hohen Kaufpreis und der damit verbundenen Selek-tivität bestimmt. Andererseits zeigt beispielsweise der Erfolg der neuen Haarpflegeserie „Syoss“, dass ein (günstiger) Preis kommunikativ geschickt einge-bunden, als relevante Lösung eines erlebten Span-nungsfeldes gespielt werden kann „Ich hätte gerne die Professionalität von Frisörprodukten, kann sie mir aber nicht leisten.“

Innovationsmanagement hört nicht beim ferti-gen Produkt auf!

Der Erfolg einer Produktneueinführung wird nicht zuletzt auch durch einen optimalen Launchplan bestimmt. Auch hier kann und sollte Marktforschung wichtige Hilfestellungen geben. So überprüfen wir bei unseren Volumenprognosen auch standardge-mäß, inwieweit der Einsatz von Samplingaktionen den Erfolg einer konkreten Neueinführung signifi-kant steigern kann. Bestes Beispiel dafür war die Einführung der Marke Dove. Hier hat eine großan-gelegte Samplingaktion mitgeholfen, die Skepsis an dem Produktkonzept „Seife plus Feuchtigkeitsmilch – das kann ich mir nicht vorstellen“ durch das pure Erleben aufzulösen.

Beispiele, die gezeigt haben, dass aus unse-rer Sicht die Aufgabe des Innovationsmanage-ments und darin explizit auch der Marktfor-schung, nicht nur darin besteht, das Risiko einer Produktneueinführung zu senken. Ganz im Gegenteil, sollten wir die verschiedensten Möglichkeiten nutzen, zusätzliche Chancen aufzudecken – sei es durch die Generierung von Insights, durch die Wahl des passenden Testansatzes oder aber auch durch die diffe-renzierte Interpretation der Ergebnisse.