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} Forschung: SAMPLE– Forschung am Kontinentrand } Success-Story: Geotechmarket nimmt Fahrt auf } Medien: Der richtige Umgang mit Journalisten } Interview: Über die Kooperation von Forschung und Industrie Insight Ausgabe 02/11 SAMPLE – ein Parade-Beispiel für interdisziplinäre Forschung Ein Gastbeitrag von Prof. Michael Weber (GFZ, Potsdam) Der Südatlantik steht im Mittelpunkt des DFG-Schwerpunktpro- gramms SAMPLE (SPP 1357: South Atlantic Margin Processes and Links with onshore Evolution). Hier, wo sich vor 200 Millionen Jah- ren ein neuer Ozean auftat, werden die Wechselwirkungen zwi- schen Tektonik, Klima, Sedimentation und Meeresströmung in- terdisziplinär untersucht. Aktiv sind dabei Forscher des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ), der Bundesanstalt für Geowis- senschaften und Rohstoffe (BGR), des Alfred Wegener Instituts für Polar und Meeresforschung (AWI) und des Leibniz Instituts für Ma- rine Wissenschaften (IfM-GEOMAR) sowie verschiedener Hoch- schulen beteiligt. Ein wichtiger Forschungsaspekt ist die Untersuchung dynamischer Prozesse im Erdmantel. Informationen über die Zusammensetzung und die Aufstiegsmechanismen des Magmas sind essentiell, um das Auseinanderbrechen von Gondwana und damit die Entste- hung des Atlantik zu verstehen. Bis heute geben aufgeschlossenes Krustenmaterial und verschiedene Hot Spots im Südatlantik noch einige Fragen diesbezüglich auf. Zudem werden die Strukturen der Erdkruste und des oberen Erd- mantels untersucht. Die quantitative Erfassung der Lithologie, Stra- tigrafie und Struktur der heutigen Küstengebiete in einem 3D- Modell soll bei der Rekonstruktion der erdgeschichtlichen Ent- wicklung helfen. Die Abtragung von Gesteinen an Land und der Transport der so entstehenden Sedimente geben einen Einblick in die Klimage- schichte der Region. Die Wechselwirkung zwischen Klimavariation und tektonischen Prozessen ist dabei von besonderem Interesse. Neben den Variationen im Niederschlag bestimmen Hebungs- oder Senkungsvorgänge der Landmassen die Abtragungsrate. Wie diese Wechselbeziehung im Detail funktioniert und welche quan- titativen Anteile die einzelnen Prozesse haben, zeigen Analysen von Sedimentkernen und seismische Daten. Der Eintrag von Sediment in den Südatlantik hat zudem Auswir- kungen auf die marinen Strömungsmuster der Region. Wie sich ... Fortsetzung im Innenteil Ryberg, GFZ, Potsdam

Insight201102

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} Medien: Der richtige Umgang mit Journalisten } Forschung: SAMPLE–Forschung am Kontinentrand } Success-Story: Geotechmarket nimmt Fahrt auf Ein Gastbeitrag von Prof. Michael Weber (GFZ, Potsdam) Ryberg, GFZ, Potsdam

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}Forschung:SAMPLE– Forschungam Kontinentrand

}Success-Story:Geotechmarketnimmt Fahrt auf

}Medien:Der richtige Umgang mit Journalisten

} Interview:Über die Kooperation von Forschung und Industrie

Insight Ausgabe 02/11

SAMPLE – ein Parade-Beispiel für interdisziplinäre ForschungEin Gastbeitrag von Prof. Michael Weber (GFZ, Potsdam)

Der Südatlantik steht im Mittelpunkt des DFG-Schwerpunktpro-gramms SAMPLE (SPP 1357: South Atlantic Margin Processes andLinks with onshore Evolution). Hier, wo sich vor 200 Millionen Jah-ren ein neuer Ozean auftat, werden die Wechselwirkungen zwi-schen Tektonik, Klima, Sedimentation und Meeresströmung in-terdisziplinär untersucht. Aktiv sind dabei Forscher des DeutschenGeoForschungsZentrums (GFZ), der Bundesanstalt für Geowis-senschaften und Rohstoffe (BGR), des Alfred Wegener Instituts fürPolar und Meeresforschung (AWI) und des Leibniz Instituts für Ma-rine Wissenschaften (IfM-GEOMAR) sowie verschiedener Hoch-schulen beteiligt.Ein wichtiger Forschungsaspekt ist die Untersuchung dynamischerProzesse im Erdmantel. Informationen über die Zusammensetzungund die Aufstiegsmechanismen des Magmas sind essentiell, umdas Auseinanderbrechen von Gondwana und damit die Entste-hung des Atlantik zu verstehen. Bis heute geben aufgeschlossenesKrustenmaterial und verschiedene Hot Spots im Südatlantik nocheinige Fragen diesbezüglich auf. Zudem werden die Strukturen der Erdkruste und des oberen Erd-mantels untersucht. Die quantitative Erfassung der Lithologie, Stra-tigrafie und Struktur der heutigen Küstengebiete in einem 3D-Modell soll bei der Rekonstruktion der erdgeschichtlichen Ent-wicklung helfen.Die Abtragung von Gesteinen an Land und der Transport der soentstehenden Sedimente geben einen Einblick in die Klimage-

schichte der Region. Die Wechselwirkung zwischen Klimavariationund tektonischen Prozessen ist dabei von besonderem Interesse.Neben den Variationen im Niederschlag bestimmen Hebungs- oderSenkungsvorgänge der Landmassen die Abtragungsrate. Wiediese Wechselbeziehung im Detail funktioniert und welche quan-titativen Anteile die einzelnen Prozesse haben, zeigen Analysenvon Sedimentkernen und seismische Daten.Der Eintrag von Sediment in den Südatlantik hat zudem Auswir-kungen auf die marinen Strömungsmuster der Region. Wie sich... Fortsetzung im Innenteil

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Impressum: Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN, Telegrafenberg,14473 Potsdam, Deutschland, Tel.: +49 (0)331 288 1071,www.geotechnologien.de, Dr. Ute Münch (VisdP)

Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm GEOTECHNOLOGIENwird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung(BMBF) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Der Newsletter ist in Deutsch und Englisch in unserem Download-Bereichzu erhalten. Er erscheint zweimal im Jahr. Sollten Sie kein Interesse an derZusendung haben, schicken Sie uns eine Mail an:[email protected]

Bildnachweise Header (v. l. n. r.):SAMPLE-SPP.de, H. J. Boldt, J. Glass, clixAusgabe: 2/2011

Liebe Programm-Partnervon GEOTECHNOLOGIEN,

im FuE-Programm soll demnächst das Thema »System Erde –Leben« angegangen werden. Bereitsin der Konzeptschrift »Zukunftssicherung fürMensch und Erde« wurden die wichtigsten Frage-stellungen hierzu erörtert. Um nun aber gezielt überIdeen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Themas zudiskutieren, trafen sich Anfang Mai am MARUM inBremen über 20 Wissenschaftler verschiedener Fach-richtungen und Institute. Bei dem Rundgespräch ging es u.a. um die sehr un-terschiedlichen, teilweise sehr extremen Habitate.Viele Prozesse laufen im Grenzbereich zwischen derGeo- und Biosphäre ab und sollen nun gezielt er-forscht werden, da sie für das Verständnis der Erdeals System essentiell sind. In diesem Zusammenhangmuss natürlich auch der anthropogene Einfluss aufdie verschiedenen Prozesse verstanden und bewertetwerden, um ein nachhaltiges, verantwortungsvollesHandeln zu ermöglichen. Derzeitig wird eine Ausschreibung durch das BMBFmit den am Rundgespräch beteiligten Wissenschaft-lern vorbereitet. Über die öffentliche Bekannt-machung werden wir Sie selbstverständlich recht-zeitig informieren.

Ihre Ute Münch

Technologietransfer bekommt Schwung –Abschlussförderung ist ein wertvolles Instrument

Die Abschlussfinanzierung für die Vermarktung von viel-versprechenden technischen Neuentwicklungen aus denGEOTECHNOLOGIEN hat überzeugt und wird auch imForschungsschwerpunkt »Mineraloberflächen« ermög-licht. So konnten sich bislang schon zwei Projekte er-folgreich um die zusätzlichen Finanzmittel bewerben. Mit der Förderung müssen Forschungsergebnisse zumarktfähigen Prototypen weiterentwickelt werden, umsich im industriellen Maßstab zu bewähren. Bereits zum2. Mal ermöglicht das BMBF diese Förderung. Zuvor nutz-ten drei Projekte des Themenschwerpunktes »Frühwarn-systeme« die finanzielle Unterstützung, um ihre jeweili-gen Technologien zu optimieren und mit Industriepart-nern weiter zu entwickeln sowie für neue Anwendungs-möglichkeiten zu adaptieren.Die Technologieplattform Geotechmarket unterstütztedie Projekte u.a. mit Marktrecherchen und der Vermitt-lung passender Industriepartner. Es wurden beispiels-weise Informationsflyer erstellt sowie potentielle An-wender auf Industriemessen identifiziert und kontaktiert.Die schnelle und frühzeitige Vernetzung hilft anschlie-ßend, die von den Unternehmen formulierten Erwartun-gen und Anforderungen in den vorindustriellen Produk-tionsprozess zu integrieren. So wurden Sensorsysteme, die zum Monitoring vonHangrutschungen entwickelt wurden, beispielsweise andie Anforderungen zur Überwachung einer Schiffshebe-anlage angepasst. Erste Testreihen zeigen, dass sich dieErwartungen auf Anwenderseite erfüllen. Auch die in den »Mineraloberflächen« entwickeltenTechnologien und Forschungsergebnisse sollen nun ihreMarkttauglichkeit beweisen. Sofern auch diesmal dieseFinanzmittel das gesteckte Ziel erreichen helfen, wäre eswünschenswert, diese Fördermöglichkeit des BMBF inden GEOTECHNOLOGIEN zu etablieren. ¢

... Fortsetzung Bericht SAMPLEregionale und überregionale Strömungen veränderthaben, wird von einer weiteren Fokusgruppe untersucht.Details und aktuelle Einblicke in die Forschung im SPP1357 finden Sie auf der Webseitewww.sample-spp.de.Die Kenntnis über die verschiedenen geologischen Pro-zesse entlang von Kontinentalrändern ist von enormer Be-deutung, da sich hier oftmals wichtige Rohstoffe finden.Zudem kommt es in diesen Regionen verstärkt zu Erdbe-ben, Vulkanausbrüchen, Tsunamis und Erosionsschäden.In den GEOTECHNOLOGIEN wurden diese Aspekte deshalb sowohl vom BMBF und der DFG als auch von derEU gefördert. ¢

PD Dr. Cornelius Fischer

habilitierte in diesem Jahr an der Uni-versität Göttingen und leitet derzeit eineNachwuchswissenschaftlergruppe imRahmen des GEOTECHNOLOGIENSchwerpunktes »Mineraloberflächen«.Zuvor untersuchte er als Feodor-Lynen-Stipendiat der A. v. Humboldt-Stiftungan der Rice University (Houston) kineti-sche Aspekte der Gesteinsverwitterung.

Jetzt setzt er als Adjunct Assistant Professor diese Forschungsko-operation fort. Im Fokus der laufenden Untersuchungen steht dieReaktivität rauer, strukturierter Mineral- und Gesteinsoberflächengegenüber Kolloiden. Die Ergebnisse besitzen einerseits einen An-wendungsbezug, bspw. für die Prognose des Rückhalts kolloid-gebundener Schadstoffe an Gesteinsoberflächen. Andererseits liefern diese Arbeiten auch Impulse für die Grundlagenforschung,insbesondere bei der Untersuchung von Diageneseprozessen. ¢

Who is Who –Nachwuchs in der Forschung In dieser Ausgabe von Insight stellen sich Koordinatoren von Nachwuchsgruppen vor. Sie leiten die jeweiligen Verbundprojekte mit großem Erfolg.

NACCHO

hat sein Studium der Physik an der Universität Mailand (Italien) ab-geschlossen. Im Jahr 2005 promovierte er an der Universidad Com-plutense Madrid (Spanien). Im Folgenden arbeitete er als Wissen-schaftler an der Universität Hamburg und bei der BGR Hannover. ImRahmen seiner Forschung beschäftigte er sich hauptsächlich mit derEntwicklung und Anwendung von Inversionsalgorithmen für tekto-nische, vulkanische und induzierte Erdbeben. Seit Juli 2010 leitet HerrDr. Cesca die Nachwuchsgruppe MINE im Rahmen des GEOTECH-NOLOGIEN Programms »Tomographie des nutzbaren Untergrun-des«. Inhalt des MINE Projekts ist die Entwicklung und Implementie-rung von Verfahren zur kontinuierlichen Wellenformanalyse und In-version zur Überwachung und Charakterisierung von Minenregio-nen, Bergbau und Reservoiren mit dem Ziel der Verfolgung von klein-skaligen Schwächungszonen und Spannungsänderungen. ¢

ist Mineraloge und Nachwuchsgruppen-Leiter des GEOTECHNO-LOGIEN Projektes MIMOS am Bayerischen Geoinstitut in Bayreuth.Nach seiner Promotion an der Universität Münster im Jahr 2005 arbeitete er bis 2008 am Institut für Geowissenschaften der Uni-versität Jena. MIMOS untersucht den Einfluss der Mikrostruktur aufdie Alteration von Sulfiden. Ziel ist es, die Freisetzung und Mobilitätvon toxischen Elementen aus Sulfiden besser zu verstehen. Schwer-punkte bilden die Charakterisierung von Kristallstrukturen, Grenz-flächen und Nanopartikeln mit Hilfe der Transmissionselektronen-mikroskopie und die Rolle von Mikroorganismen auf die Sulfidver-witterung. Ab Mitte 2011 wird Dr. Pollok seine Tätigkeit am Lehr-stuhl für Analytische Mineralogie der Mikro- und Nanostrukturender Universität Jena fortsetzen. ¢

GEOTECHNOLOGIEN im Social WebDas FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN ist seit dem 1. Juni nun auch via Facebook erreichbar. Neueste Informationen und Termine ausden Geowissenschaften, aber auch Diskussionen und die Kommentare der Nutzer werden helfen, die Forschung und Entwicklung in denVerbundprojekten des Programms noch transparenter für die Öffentlichkeit zu machen. Verlinkungen zu aktuellen Neuigkeiten sowohl vondeutschen wie auch internationalen Partnern und Organisationen werden den »Freunden« helfen, sich schneller und umfangreicher überdas aktuelle Geschehen in der Geo-Community zu informieren.

Dr. Simone Cesca Dr. Kilian Pollok

} 4.- 7. September »Fragile Earth« in MünchenGEOTECHNOLOGIEN Session, Vortrag zur Öffentlichkeitsarbeit, Informa-tionsstand GEOTECHNOLOGIEN

} 16. September Ausstellungseröffnung »Die Erde im Vi-sier« in der Sternwarte Bochum

} 20.- 21. September Satusseminar »CO2« Phase II,Deutsches GeoForschungsZentrum, Potsdam

} 27.- 29. September INTERGEO in NürnbergBeitrag zur Satellitentechnologie

} 11. Oktober 2011Satusseminar »Weltraum« Phase III,Universität Stuttgart

} 11.-13. Oktoberaqua alta Messe in Hamburg, Präsen-tation des Sensorsystems alpEWAS

} 22. OktoberLange Nacht der Wissenschaften, Erlangen, Informationsstand GEO-TECHNOLOGIEN

} 5.-9. DezemberAGU Fall Meeting, u.a. »Earth ScienceCommunication in a Changing MediaLandscape«, Deadline für Abstracts 4.August 2011

INTERGEO Auf der INTERGEO in Nürnbergwird GEOTECHNOLOGIEN sich inForm einer Videoinstallation undInformationstafeln u.a. zu denSatellitenmissionen CHAMP,GRACE, GOCE und SWARM beteiligen. ¢

aqua altaZwischen dem 11. und 13. Okto-ber 2011 präsentiert Geotech-market auf der internationalenFachmesse für Klimafolgen, Hoch-wasserschutz und Wasserbauaqua alta in Hamburg das innova-tive GNNS-System, das im Rah-men des Projektes alpEWAS (TUMünchen) entwickelt wurde. DieMessepräsenz ist ein wichtigerSchritt, um über die Überwa-chung von Fluss- und Küstendei-chen mit Hilfe von Sensorsyste-men zu berichten. ¢

Lange Nacht der WissenschaftenDie lange Nacht der Wissenschaf-ten oder auch ähnliche Veranstal-tungen stoßen auf zunehmendesInteresse bei der Bevölkerung. So-fern Sie Ihr GEOTECHNOLOGIENProjekt präsentieren wollen, un-terstützen wir Sie gerne bei derVorbereitung bzw. beteiligen unsbei Bedarf an Ihrer Präsentation/Stand. Mail an: geotech@geotechnologien. de¢

MESSEPRÄSENZ

Kalender

Die Erde im Visier –ein Zwischenbericht Die ersten zehn Monate der Tournee zei-gen bereits, dass sich die aktuelle Wander-ausstellung »Die Erde im Visier« nahtlos indie erfolgreiche Serie der Ausstellungspro-jekte des Koordinierungsbüros GEOTECH-NOLOGIEN einfügt. Die neue Schau mit Ex-ponaten aus der Satellitentechnik, Hands-

Führungen für Schulklassen, »Die Erde im Visier« in Karlsruhe

on-Objekten aus der Forschung und faszi-nierenden Fotografien und Visualisierungenhatte allein am ersten Standort in Münchenüber 80.000 Besucher.Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Au-gust 2011 im Museum für Naturkunde inKarlsruhe zu sehen. Anschließend wird sievom 16. September 2011 bis 15. April2012 in der Sternwarte Bochum gezeigt,bevor sie dann nach Kiel und Chemnitzzieht. www.die-erde-im-visier.de ¢

Museu

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Wissenschaftliche AussendarstellungWichtige Erkenntnisse und spannende Themen werden sowohl auf Projekt-Webseitenals auch bei GEOTECHNOLOGIEN präsentiert. Das Koordinierungsbüro bietet Ihnenbeim Aufbau Ihrer Webseiten gerne Unterstützung an.Mail an: geotech@geotechnologien. de ¢

Dr. Rolf Becker, ehemals Entwicklungsleiterdes Bereichs Umwelt der IMKO Micromo-dultechnik GmbH und heute Professor inder Fakultät Kommunikation und Umweltan der Hochschule Rhein-Waal in Kleveund Kamp-Lintfort, kennt beide Seiten vonFuE-Projekten: sowohl die Anforderungender Industrie an Forschungs- und Entwick-lungsprojekte als auch die Erwartungenvon wissenschaftlichen Einrichtungen.

GEOTECH: Herr Becker, Sie haben denSchritt aus der Wirtschaft in die Hoch-schulforschung angetreten. WelcheUnterschiede sehen Sie zwischen FuE-Bereichen in Unternehmen und derForschung an Hochschulen?Becker: Diese Frage lässt sich nicht pau-schal beantworten, denn FuE-Aktivitätensind sehr individuell, sowohl bei den Hoch-schulen als auch den Unternehmen. Sogibt es z.B. Unternehmen, die rein anwen-dungsorientiert entwickeln und solche, diesich Abteilungen für Grundlagenforschungleisten, die sich kaum von den Forschungs-und Entwicklungslaboren der Hochschulenunterscheiden. Umgekehrt werden anHochschulen sowohl rein akademische Fra-gestellungen als auch konkrete For-schungs- und Entwicklungsaufträge vonUnternehmen bearbeitet. Das Unternehmen, für das ich arbeitete,war und ist in mehreren FuE-Projektenaktiv. In einem Fall ging es um die Ent-

wicklung eines kostengünstigen Sensorsfür Bewässerungsaufgaben, was durch dieHochschule Mannheim mit einer Diplom-arbeit unterstützt wurde. Ein anderes Vor-haben mit der Universität Hohenheimhatte die Entwicklung eines Feuchtesen-sors zum Ziel, der wie ein Pflug durch denAcker gezogen werden kann. Sie sehen also, dass in diesen Beispielen dieAbgrenzungen und Unterschiede zwischenFuE an Hochschulen und Unternehmenverschwimmen.

GEOTECH: Wer profitiert von inte-grierenden FuE-Projekten mit Part-nern aus Wissenschaft und Wirt-schaft? Die Unternehmen, die Univer-sitäten oder ziehen beide Partner hin-terher eine positive Bilanz?Becker: Für KMUs können sorgfältig aus-gewählte Forschungs- und vor allem Ent-wicklungsprojekte sehr wertvoll sein, umsich neue Technologien zu erschließen undPrototypen zu realisieren, die ggf. zügig zuverkaufsfähigen Produkten ausgebaut wer-den können. Häufig wird aber von KMUsdie Möglichkeit FuE über Projekte zu for-cieren kritisch gesehen, weil Beantragungund Bewilligung oft zu lange dauern, umkurzfristige Ziele zu erreichen. Ferner kanndie umfangreiche Berichtspflicht ein Hin-dernis sein. Der Erfolg eines Verbundvorhabens hängtmaßgeblich von der Projektleitung unddem Team ab, das sich aus den einzelnenProjektpartnern bilden muss. Wichtige Fra-gen in diesem Zusammenhang sind meinesErachtens: Stimmt die Chemie der Partner?Wie intensiv ist die Kommunikation? Sinddie »richtigen« Partner im Boot, d.h. wer-den für alle Ziele des Vorhabens die erfor-derlichen Kompetenzen bereitgestellt? Istder Projektplan gut durchdacht? Sind dieindividuellen Ziele klar formuliert und alleZuständigkeiten lückenlos geklärt? Stimmen Teamgeist und Projektplan ist derErfolg sehr wahrscheinlich und alle Betei-ligten können positive Bilanz ziehen.

GEOTECH: Sie sind in den GEOTECH-NOLOGIEN im Forschungsschwer-punkt »Frühwarnsysteme gegen Na-turgefahren« aktiv gewesen. Wieschätzen Sie die Zusammenarbeit im

Projekt ILEWS (Integrative LandslideEarly Warning Systems) von Wissen-schaft und Industrie heute, am Endeder Projektförderung, ein?Becker: Aufgrund des integrativen Cha-rakters des Projekts umfasste das Konsor-tium Spezialisten unterschiedlichster Diszi-plinen: Hardware-Entwickler, Informatiker,Geophysiker, Historiker, physische Geogra-phen und Sozialgeographen, um nur ei-nige zu nennen. Für mich eine spannendeMischung von interessanten Menschen ausBereichen, mit denen ich teilweise beruf-lich bisher wenig zu tun hatte und vondenen ich persönlich viel gelernt habe. Die häufigen Projekttreffen haben wesent-lich zur Teambildung beigetragen. DieSprache und das akademische Interesseder Wissenschaftler unterscheiden sichmanchmal von denen der notwendiger-weise praxisorientierten Unternehmen. Esist dabei wichtig zu lernen, den Partner zurespektieren, zuzuhören, sich auf ihn ein-zulassen und seine Sprache zu verstehen.Das ist uns sehr gut gelungen.Die Zusammenarbeit im Projekt war zwi-schen den meisten Projektpartnern außer-ordentlich gut, und das, obwohl die Stelledes für die Führung des Projekts entschei-denden Projektkoordinators gestrichenwurde. Diese Funktion hat dann ein wis-senschaftlicher Mitarbeiter mit entspre-chenden Kompetenzen noch »nebenbei« übernommen, eine über die Maßen um-fangreiche Aufgabe neben der eigentli-chen wissenschaftlichen Bearbeitung.

GEOTECH: Wer hat die initiale Ideezum Projekt ILEWS gebracht? Kam derProjektvorschlag aus der Wissenschaftoder eher von Seiten der Industrie?Becker: Die wesentlichen Impulse für dieInitiierung des Vorhabens kamen aus denHochschulen, die den konkreten Bedarfnach einem solchen Frühwarnsystem auf-zeigen konnten. Davon haben die Unter-nehmen klar profitiert. Die Industriepartnerhaben Technologie bereitgestellt, betriebenund weiterentwickelt und zum Teil wissen-schaftliche Fragestellungen gemeinsam mitden Kollegen der Hochschulen bearbeitet. Durch die konkrete Anwendung der neuenTechnologien im Feld konnten die Unter-nehmen wertvolle Erkenntnisse gewinnen,die zyklisch in den weiteren Entwicklungs-

GEOTECHNOLOGIEN im Gespräch … mit Dr. Rolf Becker

... Fortsetzung auf der Folgeseite

prozess eingeflossen sind. Wissenschaftler und Industriepartner haben so das Früh-warnsystem gemeinsam vorangebrachtund voneinander profitiert. Das Unterneh-men für das ich damals arbeitete, hat seinestrategischen Ziele, wegen derer es demForschungsverbund beigetreten ist, voll er-reicht. ILEWS ist in meinen Augen ein gelungenesBeispiel erfolgreicher Zusammenarbeit vonHochschulen und Unternehmen.

GEOTECH: Sie kommen aus der Praxisund kennen die Anforderungen der

Nutzer und Kunden am Markt. Inwie-fern fließen diese Erkenntnisse in IhreLehr- und Forschungsaktivitäten ein?Wie profitieren Ihre Studenten vonIhrem praktischen Know-How? Gibt esvielleicht auch Tipps, die Sie Ihren Stu-denten für Ausgründungen oder denTechnologietransfer geben können?Becker: Die Hochschule Rhein-Waal legt inallen Studiengängen Wert auf die Vermitt-lung von Kommunikations-, Kooperations-und interkultureller Kompetenz. Deshalbsind entsprechende Kommunikationsfä-higkeiten unabdingbar, auch für den orga-

nisationsinternen Austausch. Eine Organi-sation muss sich darüber hinaus auf dieKooperationsfähigkeit seiner Mitarbeiterverlassen können, um effizient und erfolg-reich sein zu können. Bezüglich Ausgrün-dung kann ich den Studierenden nur emp-fehlen, während des Studiums Angebotezum Aufbau unternehmerischer Kompe-tenzen wahrzunehmen und sich möglichstfrüh die Frage zu stellen, ob eine Selbstän-digkeit für sie infrage kommt. Das eine isteine gute Idee zu haben, sie am Marktdurchzusetzen ist eine ganz andere Her-ausforderung. ¢

... Fortsetzung Interview mit Dr. R. Becker

Me and the Media – Der richtige Umgang mit den Medien

Geoforschung ist »in«. Redaktionen und freie Journalisten erken-nen immer deutlicher, dass die Geowissenschaften immer stärkerIhre Rolle als Leitwissenschaft des 21. Jahrhunderts ausfüllen.Daher werden Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftlerauch immer öfter zum Ansprechpartner der Medien. Um eine ef-fektive Pressearbeit leisten zu können, sollten aber einige Grund-prinzipien der Medienarbeit bekannt sein. Wir möchten Ihnen ei-nige Tipps zum Umgang mit Journalisten geben:Die Erreichbarkeit fängt damit an, dass beim Versand von Presse-mitteilungen der Ansprechpartner deutlich mit direkten Kontaktda-ten (Telefondurchwahl und Mailadresse) genannt wird. Wichtig istzudem, dass Kontaktdaten auf den Webseiten Ihres Institutes oderUnternehmens zu finden sind – und zwar dort, wo auch der Jour-nalist auf Sie als Experten aufmerksam geworden ist. Findet der Jour-nalist Ihre Kontaktdaten nicht, so wechselt er oft unter extrememZeitdruck stehend zu einem anderen, erreichbaren Experten.

Liefern Sie zuverlässig Informationen, denn oft benötigen Journa-listen weitere Hintergrundinformationen, die in dieser Form nochnicht zusammengestellt wurden. Dann heißt es, diese Faktenschnell zusammen zu tragen. Versprechen Sie den Journalistenaber nichts, was Sie nicht auch zeitnah liefern können. Sonst ver-lieren Sie schnell an Glaubwürdigkeit und verschwinden wiedervon der Liste der Experten.

Akzeptieren Sie die journalistische Arbeitsweise. Journalisten sindin der Regel unabhängig und berichten neutral. Wenn Sie zueinem Interview eingeladen werden (persönlich oder per Telefon),so gehen Sie davon aus, dass der Journalist Sie nicht »in die Pfannehauen« will. Dem Journalisten geht es in der Regel um eine nach-haltige Kontaktaufnahme mit Ihnen. Ein spannendes Thema istschließlich auch für den Journalisten Gold wert.

K. P

eterson

Wenn Sie Anwendungsbeispiele Ihrer Forschung aus dem Alltagkennen, so weisen Sie den Journalisten darauf hin, denn Relevanzist Trumpf. Oft sind einfache Beispiele von Forschungsergebnissenim Alltag nicht präsent, aber für die Zielgruppe des Journalistenvon großem Interesse.

Geben Sie Journalisten bei umstrittenen Themen die Gelegenheit,auch einen anderen Standpunkt als den Ihren kennenzulernen.Verweisen Sie auf kritische Arbeiten oder kontroverse Elementedes Themas, so steigert sich nicht nur Ihre Reputation – oft erge-ben sich so für den Journalisten zusätzliche Beweggründe dasThema nachhaltig in den Medien zu präsentieren.

Sind Sie sich bei Fragen des Journalisten nicht sicher die richtigenAntworten geben zu können, so sagen Sie dies deutlich. VerweisenSie nach Möglichkeit auf Kollegen oder Forschungspartner, die sichmit einzelnen Punkten besser auskennen. Machen Sie die GrenzenIhrer Expertise deutlich, der Journalist wird es Ihnen danken.

Erwarten Sie nicht, dass der Journalist Ihnen seinen fertigen Arti-kel zur »Korrektur« vorlegt. Aber bieten Sie gerne an, den Artikelnoch einmal gegenzulesen. Oftmals schleichen sich doch nochMissverständnisse und Fehler in den Beitrag ein.

Im Downloadbereich der Webseitendes FuE-Programms GEOTECHNOLO-GIEN finden Sie ein Tipp-Sheet zumUmgang mit Journalisten als pdf-File. www.geotechnologien.de ¢