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Integriertes Praktikum II. Praktikum für das 2. Semester IP2 v.6.3

Integriertes Praktikum II.Praktikum für das 2. Semester · Das Integrierte Praktikum Mathematik/Physik/EDV 2 (IP 2) ist eine Lehrveranstaltung mit 2 Kreditpunkten. Die Arbeitsbelastung

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Integriertes Praktikum II. Praktikum fürdas 2. Semester

IP2 v.6.3

Uwe Groÿmann, Christof Menzel

Stand: 18. März 2016

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Student05 : know_how

Online-Tests Menzel: im Moodle-Kurs Mathematik Antestat FB05

Moodle-Einschreibeschlüssel: hängen am Brett von Herrn Menzel

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Wichtige Termine Sommersemester2016

Termine für Ihre Versuche bei Herrn Groÿmann bzw. Herrn Menzel: Siehe aktueller Aushang am

jeweiligen Brett.

Letzter Abgabetermin für Testatleistungen (z.B. Protokolle) in diesem Semester bei Herrn Groÿ-

mann: 08.07.2016

Nachholtermine für den Teil Physik (mit Anmeldung!): Siehe Brett von Herrn Groÿmann.

Wir holen Ihre abgegebenen Aufgaben im Teil Mathematik ab: Mittwoch Mittag.

Nachholtermine für den Teil Mathematik (mit Anmeldung!): Siehe Aushang am Brett von Herrn

Menzel.

Letzter Abgabetermin für Aufgaben in diesem Semester bei Herrn Menzel: 22.06.2016

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 81.1. Formales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

1.2. Allgemeine Anleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

I. Physik und angewandte EDV 11

2. Einleitung zum physikalischen Teil 122.1. Testaterteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.1.1. Antestat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.1.2. Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.1.3. Präsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.1.4. Abschlussgespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.1.5. Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.2. Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.3. Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.4. Nichtbestehen des Physikteils des Praktikums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3. Versuch Kraft und Energie (KUE) 173.1. Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.2. Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3.3. Physikalischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3.3.1. Spezialfall Erdbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.3.2. Messungen mit der Luftkissenbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.3.2.1. Bewegung ohne resultierender Beschleunigung . . . . . . . . . . 22

3.3.2.2. Bewegung mit resultierender Beschleunigung . . . . . . . . . . . 24

3.3.3. Materialprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.3.3.1. Untersuchung der Qualitätsmerkmale von festen Lebensmitteln . 24

3.3.3.2. Untersuchung der Oberächenspannung von Flüssigkeiten . . . . 27

3.3.4. Wie kann die Energie berechnet werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.3.4.1. Wie hängen die potentielle und die kinetische Energie zusammen? 29

3.3.4.2. Wie kann man sich ein abgeschlossenes System vorstellen? . . . . 30

3.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.4.1. Gröÿen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

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Integriertes Praktikum II 5

3.4.2. Verwendete Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

3.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4. Versuch Photometrie (PHO) 334.1. Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

4.2. Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4.3. Physikalischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

4.3.1. Was ist Licht aus physikalischer Sicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4.3.2. Was ist Farbe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4.3.2.1. Wie kann Farbe gemessen werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4.3.2.2. Wie können bestimmte Farbtöne hergestellt werden? . . . . . . . 39

4.3.2.3. Wie können Farbtöne gemessen werden? . . . . . . . . . . . . . . 43

4.3.3. Konzentrationsbestimmung mit dem Lambert-Beerschen Gesetz . . . . . . 43

4.3.4. Was macht weiÿe Wäsche so weiÿ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

4.3.4.1. Wie funktioniert ein Weiÿtöner? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.3.4.2. Warum lässt sich das menschliche Auge durch die Weiÿtöner so

hinters Licht führen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.4.1. Gröÿen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4.4.2. Verwendete Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

4.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

5. Versuch Induktivität und Kapazität (RCL) 495.1. Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5.2. Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

5.3. Physikalischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

5.3.1. Was ist ein Kondensator? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

5.3.1.1. Wovon hängt die Kapazität eines Kondensators ab? . . . . . . . 52

5.3.1.2. Was passiert beim Entladen eines Kondensators? . . . . . . . . . 54

5.3.1.3. Was passiert beim Laden eines Kondensators? . . . . . . . . . . 56

5.3.1.4. Bestimmung des kapazitiven Widerstands . . . . . . . . . . . . . 57

5.3.2. RFID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

5.3.2.1. Funktionsweise von RFID-Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . 59

5.3.2.2. Energieversorgung der Tags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

5.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

5.4.1. Gröÿen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

5.4.2. Verwendete Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

5.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

6. Versuch Viskosität (VIS) 646.1. Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

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6.2. Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

6.3. Physikalischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

6.3.1. Warum ist die Höhe der Viskosität von verschiedenen Stoen unterschiedlich? 67

6.3.2. Wie kann die Viskosität berechnet werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

6.3.2.1. Messung der Viskosität mit dem Höppler-Viskosimeter . . . . . . 69

6.3.2.2. Messung der Viskosität mit dem Rotationsviskosimeter . . . . . 70

6.3.2.3. Messung der Viskosität mit dem Brookeld-Viskosimeter . . . . 72

6.3.2.4. Messung der Viskosität mit den Auslaufbechern . . . . . . . . . 72

6.3.3. Gibt es verschiedene Formen von Viskosität? . . . . . . . . . . . . . . . . 74

6.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

6.4.1. Gröÿen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

6.4.2. Verwendete Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

6.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

II. Mathematik/Statistik und angewandte EDV 77

7. Einleitung zum mathematischen Teil (Menzel) 78

8. Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2) 808.1. Checkliste. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

8.2. Vorbereitende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

8.3. Einführung der Regressionsgeraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

8.3.1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

8.3.2. Wiederholungen aus der beschreibenden Statistik . . . . . . . . . . . . . . 85

8.3.3. Die Trendlinie im linearen Fall (lineare Regression) . . . . . . . . . . . . . 86

8.3.4. Berechnung am Beispiel des Fallversuches . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

8.3.5. Test des linearen Modells (Test auf Signikanz der Korrelation) . . . . . . 90

8.4. Aufgaben während des Praktikums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

8.5. Teillösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

9. Statistik 3. (STAT3) 999.1. Checkliste. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

9.2. Vorbereitende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

9.3. Aufgaben während des Praktikums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

9.4. Teillösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

9.5. Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

10.Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST) 10910.1. Checkliste. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

10.2. Vorbereitende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

10.3. Praktische Aufgaben während des Praktikums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

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Integriertes Praktikum II 7

10.4. Teillösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

III. Anhang 126

Literaturverzeichnis 127

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1. Einleitung

1.1. Formales

Das Integrierte Praktikum Mathematik/Physik/EDV 2 (IP 2) ist eine Lehrveranstaltung mit 2

Kreditpunkten. Die Arbeitsbelastung je Kreditpunkt beträgt 27 Zeitstunden pro Kreditpunkt,

also 54 Zeitstunden insgesamt für das IP 2. Die Arbeitsbelastung wird von uns wie folgt geplant:

Art Workload in h

Präsenz 14

Vorbereitung und Selbststudium 27

Nachbereitung, z.B. Übungszettel oder Protokolle 13

Summe 54

(Hierbei handelt es sich um durchschnittliche Werte.) Davon entfällt die Hälfte auf den

mathematisch-statistischen Teil, die andere auf den physikalischen Teil.

Das IP 2 wird mit Testat abgeschlossen. Zum Erlangen des Testats sind einzelne Teilleistungen

erforderlich (Näheres hierzu siehe in den Einleitungen der beiden Teile des vorliegenden Skripts).

Diese Teilleistungen sind:

Anwesenheit zu allen Terminen. Versäumte Termine müssen nachgeholt werden.

Onlinetests vor oder nach einigen Versuchen.

Gelöste Aufgabenblätter nach einigen Versuchen.

Versuchsprotokolle nach einigen Versuchen.

Bearbeitete Dateien nach einigen Versuchen.

Präsentation.

Für Hinweise auf Fehler im Skript oder auf unverständliche Passagen sind wir dankbar und

viele Jahrgänge von Studierenden nach Ihnen werden es auch sein.

Uwe Groÿmann

Christof Menzel

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Integriertes Praktikum II 9

1.2. Allgemeine Anleitungen

Anwesenheit

Für jeden der beiden Teile des Praktikums wird ein gesonderter Zeitplan am Brett von Herrn

Groÿmann bzw. Herrn Menzel ausgehängt. Sie müssen an den Ihnen zugewiesenen Praktikums-

terminen teilnehmen. Sollten Sie an einem Termin nicht teilnehmen können (wegen Krankheit

oder fehlender Voraussetzungen (Antestat)), so müssen Sie stattdessen an einem Nachholtermin

teilnehmen. Eine bescheinigte Anwesenheit für alle Praktikumsthemen ist Voraussetzung für das

Praktikumstestat.

Für die Anwesenheitspicht gibt es wichtige didaktische Gründe:

Wir stellen sicher, dass tatsächlich Sie (und nicht jemand anders) sich mit den Aufgaben

beschäftigt.

Lerntheoretische Untersuchungen zeigen, dass eine gewisse Beschäftigung mit dem Sto die

Kompetenz der Beteiligten fördert, und zwar unabhängig vom Einstiegsniveau. Wir stellen

eine gewisse Mindestdauer sicher, die Sie sich mit den Themen befasst haben.

Eine erfolgreiche Teilnahme an den Praktikumsterminen erleichtert wesentlich die Erledi-

gung der abzugebenden Aufgaben.

Arbeiten in Gruppen.

Im Teil Mathematik/EDV arbeiten Sie bei Herrn Menzel in Zweiergruppen. Wenn Sie zu zweit

arbeiten, ist es Ihnen freigestellt, unter welchem der beiden Benutzer Sie Ihre abzugebenden

Dateien speichern. Stellen Sie aber sicher, dass wir Ihren jeweiligen Partner kennen (in den

Dateien gibt es dafür entsprechende Felder).

Im Teil Physik arbeiten Sie in Teams zu vier Personen jeweils an einem Versuchsthema. Jedes

Teammitglied bearbeitet dazu eigenständig eine Teilaufgabe. Alle Teilaufgaben sollen vom Team

später zusammengeführt werden. So erhalten Sie einen guten Überblick über das behandelte

Thema. Der gedankliche Austausch und das zur Verfügung stellen der von den Teammitgliedern

erstellten Dateien ist dafür sehr wichtig.

Online-Tests.

Einige Antestate und Abtestate erfolgen Online.

Online-Antestate für die Themen bei Herrn Menzel müssen vor dem Praktikumstermin erledigt

sein. Bitte führen Sie die Online-Tests im Moodle-Kurs Mathematik Antestat FB05 durch!

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10 Einleitung

Ohne erfolgreiches Antestat keine Versuchsteilnahme! (Hierfür gibt es einen wichtigen Grund:

Ohne entsprechende Vorbereitung und die erfolgreiche Absolvierung eines Antestats werden Sie

während der Versuchsdurchführung mit elementaren Fragen die Aufmerksamkeit der Betreuer

beanspruchen und diese damit Ihren besser vorbereiteten Kommilitoninnen und Kommilitonen

vorenthalten. Diesem Eekt möchten wir vorbeugen.)

Bei Herrn Groÿmann werden die Antestate unmittelbar vor der Versuchsdurchführung abgeleis-

tet. Aus den gleichen Gründen ist auch hier ohne ein erfolgreiches Antestat keine Versuchsdurch-

führung möglich.

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Teil I.

Physik und angewandte EDV

11

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2. Einleitung zum physikalischen Teil

2.1. Testaterteilung

Neben dem Aneignen von Wissen ist das wichtigste Ziel eines Praktikums die Vermittlung von

Fähigkeiten und Kompetenzen. Im Physikpraktikum sollen die Studierenden nach den beiden

Semestern in der Lage sein, eigenständig einfache Versuche durchzuführen. Dazu gehört sowohl

die Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen zur Vorbereitung als auch die Durch-

führung der Versuche (incl. Messwertermittlung, Tabellen- und Grakerstellung, Formeleingabe

in der Tabellenkalkulation und Fehlerrechnung) und die Auswertung sowie Interpretation der

Ergebnisse. Die erfolgreiche Durchführung der Versuche sind ein Zeichen dafür, dass der Studie-

rende diese Fähigkeiten erworben hat.

Alle Leistungen, die Sie im Praktikumsteil Physik erbringen, werden bepunktet. Die erreich-

baren Punkte sind in Tabelle 2.1 aufgeführt. Es sind maximal 110 Punkte zu erreichen. Das

Testat für den Praktikumsteil Physik wird erteilt, wenn Sie mindestens 65 Punkte erreicht und

die Pichtteile des Praktikums durchgeführt haben. Die Pichtteile sind in Tabelle 2.1 mit *

gekennzeichnet.

Leistung PunktzahlAntestat∗ 5Versuchsdurchführung∗ 0, . . . , 10Präsentation∗ 0, . . . , 10Abschlussgespräch 0, 3, 5, 7, 10Datenblätter 0, . . . , 10Bericht 0, . . . , 10

Tabelle 2.1.: Übersicht über die zu erreichenden Punkte im Praktikumsteil Physik. Mit ∗ gekenn-zeichnete Leistungen müssen durchgeführt worden sein.

Nachfolgend werden die einzelnen Leistungen beschrieben.

2.1.1. Antestat

Antestate sind Pichtteile des Praktikums. Die Antestate müssen wie im ersten Semester bestan-

den sein, um zur Versuchsdurchführung zugelassen zu werden. Gegebenenfalls müssen Sie sie vor

12

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Integriertes Praktikum II 13

der Versuchsdurchführung solange wiederholen, bis Sie bestanden sind. Für jedes Antestat gibt

es 5 Punkte.

2.1.2. Versuchsdurchführung

Alle Versuche müssen durchgeführt worden sein. Die Versuchsdurchführung beginnt einheitlich

um xx:15Uhr und endet um xx:45Uhr. Dann muss zum Nachweis der Versuchsdurchführung Ihre

Datei auf den Dateiserver hochgeladen sein. Die Datei wird von der Laboraufsicht anschlieÿend

geprüft und bewertet.

2.1.3. Präsentation

Sie werden den zweiten der von Ihnen durchgeführten Versuche präsentieren. Die Bewertungs-

kriterien haben sich gegenüber dem 1. Semester etwas geändert (Tab. 2.2).

Kriterium PunkteTeilnahme an der Präsentation K.O.Fremde Quellen waren als solche gekennzeichnet K.O.Angemessene Länge des eigenen Präsentationsbeitrags 1Nennung der Aufgabenstellung 0, 5Angemessene Gliederung 0, 5Korrekte Versuchsbeschreibung 1Darstellung in Tabellen und Diagrammen war sinnvoll 1Eigene Versuchsergebnisse wurden vorgestellt und waren richtig 1Versuchsergebnisse wurden richtig interpretiert 2Empfehlung bzw. Zusammenfassung war richtig 1Korrekte Fachsprache 1Strukturierter Vortrag 1

max. Punktzahl 10

Tabelle 2.2.: Bewertungskriterien für die Präsentation

Die Präsentation wird einmal durchgeführt und bepunktet.

2.1.4. Abschlussgespräch

Für die Versuche PHO und RCL werden Abschlussgespräche durchgeführt. Diese beginnen jeweils

15 min vor dem Ende der Praktikumszeit. Dann ist der Versuch zu beenden und die Datei

hochzuladen (siehe AbschnittVersuchsdurchführung). Lesen Sie in den Versuchsunterlagen nach,

ob für das Abschlussgespräch für Ihren Versuch vom Team ein Ergebnisblatt auszufüllen ist.

Ihre Leistung im Abschlussgespräch wird mit bis zu 10 Punkten bewertet. Das Abschlussgespräch

wird einmal durchgeführt und bepunktet.

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14 Einleitung zum physikalischen Teil

2.1.5. Bericht

Für jeden Versuchsteil des Versuchs KUE ist ein Einzelbericht zu erstellen, für jeden Versuchsteil

des Versuchs VIS ein Aufgabenblatt zu bearbeiten. Für beides gibt es jeweils bis zu 10 Punkte.

Während sich beim Aufgabenblatt für VIS die Punkte aus den gelösten Aufgaben ergeben, hängt

die erreichte Punktzahl bei KUE von der Vollständigkeit der Bearbeitung und der Richtigkeit

der Ergebnisse ab. Die Berichte werden einmal korrigiert und bepunktet.

Wie im ersten Semester ist bei abzugebenden Berichten folgendes zu beachten:

Deckblatt mit

⇒ Titel des protokollierten Versuchs und Aufgabenteils,

⇒ Name, Vorname,

⇒ Matrikelnummer,

⇒ Gruppenbuchstabe, Teamnummer.

⇒ (Der Berichttext kann auf dem Deckblatt beginnen)

Die Blätter des Berichts sind mit Heftklammern zu heften. Verwenden Sie bitte keine

Schnellhefter, Büroklammern, Sichthüllen oder ähnliches. So zusammengefügte Berichte

erhalten Sie unkorrigiert zurück, da sie uns das Korrigieren unnötig erschweren.

Zum Bericht gehört ein Ausdruck des Datenblatts.

Mit dem Aufgabenblatt muss das Datenblatt Ihrer Aufgabe und das Ergebnisblatt Ihres

Teams abgegeben werden.

Gerne geben wir Ihnen eine Rückmeldung zu Ihren schriftlichen Ausarbeitungen. Dazu wird es

einen festen Termin speziell für Rückfragen zum Praktikum geben, an dem Herr Land und Herr

Groÿmann anwesend sind. Bitte beachten Sie hierzu die Aushänge. Sie können auch in die Sprech-

stunde von Herrn Groÿmann kommen. Bitte vereinbaren Sie dafür einen Termin. Rückmeldungen

per Email werden nicht gegeben, weil sie zu aufwändig und missverständlich sind.

2.2. Team

Wie im ersten Semester bestehen die einzelnen Versuche aus jeweils vier Versuchsteilen, die Sie

mit Ihrem Team bearbeiten, das normalerweise aus vier Personen besteht. Jedes Teammitglied

ist für einen Versuchsteil zuständig. Einige Versuchsteile müssen Sie jedoch zu Zweit bearbeiten.

Das ist in den Versuchsbeschreibungen dann ausdrücklich erwähnt. Sollte Ihr Team aus drei

Personen bestehen, bearbeitet Ihr Team die Versuchsteile 13, der Versuchsteil 4 (z.B. VIS4)

entfällt. Entsprechend verfahren Sie mit Versuchsteil 3, falls Sie nur zu Zweit sind.

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Integriertes Praktikum II 15

2.3. Vorbereitung

Sie bereiten sich vor dem Praktikum auf die Theorie des Versuchs vor. Dazu gehört auch die

Aufteilung der Versuchsteile auf die Teammitglieder. Anders als im ersten Semester nden Sie

die erforderlichen Dateien hierzu auf der Physik-Website. Beachten Sie, dass die Dateien beim

ersten Önen mit Ihren Eingaben personalisiert werden.

Fragen zur Theorie klären Sie vor dem Praktikumstermin. Sollten Sie dabei Schwierigkeiten

haben, kommen Sie zur Klärung der oenen Fragen spätestens einen Tag vor Ihrem Praktikums-

termin ins Labor oder in die Sprechstunde von Herrn Groÿmann. Probleme bei der Versuchs-

durchführung klären wir gemeinsam während des Praktikums.

Zur Vorbereitung gehört im Sommersemester auch die Ergänzung der Excel-Dateien. Die erfor-

derlichen Ergänzungen sind je nach Versuchsteil unterschiedlich. Es können Tabellen, Formeln

oder Graken einzugeben sein. Zur Unterstützung nden Sie Musterdateien im PDF-Format auf

der Physik-Website. Ihre Datei bringen Sie zum Praktikumstermin auf Ihrem USB-Stick mit.

Auf den Rechnern im Praktikum benden sich keine Vorlagen mehr. Benennen Sie Ihre Datei

so, dass der Dateiname sich aus der Bezeichnung des Versuchsteils, einem Leerzeichen und Ihrer

Matrikelnummer zusammensetzt.

Beispiel Wenn Sie den Versuchsteil KUE4 bearbeiten und Ihre Matrikelnummer

123456 ist, sollten Sie Ihre Datei in KUE4_123456.xlsx umbenennen.

Ohne die von Ihnen ergänzte Datei werden Sie nicht zur Durchführung des Prakti-

kumsversuchs zugelassen!

Die von Ihnen vervollständigte Datei soll die gleiche Funktionalität in den ergänzten Formeln

und Graken aufweisen, kann jedoch anders gestaltet sein als die Musterdatei. Wenn Sie Ihre

Excel-Datei entsprechend der Mustervorlage ergänzen, beachten Sie folgende Kennzeichnungen

in den Mustervorlagen:

Zellen, in die Sie während des Praktikums Ihre Messdaten eingeben oder hineinkopieren

sollen, sind hellblau hinterlegt.

Zellen, in die Sie eine Formel eingeben sollen, um aus Ihren Messdaten und anderen Daten

Ergebnisse zu berechnen, sind grün hinterlegt.

Zellen, in die an den Computer angeschlossene Messgeräte ihre Messwerte schreiben, sind

gelb hinterlegt. Diese dürfen nicht verschoben werden.

Überschreiben und/oder verschieben Sie keine Zellen, in denen von uns bereits Formeln eingege-

ben sind. Passen Sie die vorhandenen Formeln gegebenenfalls an.

Speichern Sie während des Versuchs Ihre Versuchsdatei in regelmäÿigen Abständen auf dem

Server ab. Spätestens am Ende des Versuchs sollten Sie Ihre Datei auch auf Ihrem USB-Stick

speichern. Auf den Rechnern ist nur das Zwischenspeichern von Dateien nicht sinnvoll, da die

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16 Einleitung zum physikalischen Teil

Abbildung 2.1.: Beispiele für die Farbhinterlegung. Diese Beispieldatei können Sie ebenfallsvon der Physik-Website herunterladen (Beispiel_Exceldatei.png).

Verzeichnisse beim nächsten Start der Rechner gelöscht werden. Erstellen Sie von den Dateien

möglichst umgehend eine Sicherheitskopie auf einem anderen Speichermedium.

2.4. Nichtbestehen des Physikteils desPraktikums

Das Testat wird nicht erteilt, wenn der Studierende weniger als 65 Punkte hat.

Versuche, Präsentation und Abtestate können nicht wiederholt werden. Bei Versäumen eines

Praktikumstermins aus Krankheitsgründen ist ein Attest vorzulegen, um einen Nachholtermin

wahrnehmen zu können.

Ein nicht bestandenes Physikpraktikum muss als Ganzes in einem späteren Semester wiederholt

werden.

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3. Versuch Kraft und Energie (KUE)

Und jetzt noch ein bisschen Schulteraction, fordert Woopie Goldberg in Sister Act von den

Nonnen des Chors. Bewegung - ein wichtiger Teil für den Erfolg ihrer Auftritte.

Was aus physikalischer Sicht eine Bewegung ist und warum sich überhaupt etwas bewegt, wissen

Sie bereits aus dem 1. Semester. Die Abschnitte 3.3,3.3.1 und 3.3.4 dienen lediglich der Wieder-

holung.

Newton1 hat sich als erster Gedanken über die Ursachen von Bewegungen gemacht und diese

niedergeschrieben. Auf den Gedanken soll er der Legende nach gekommen sein, als er unter einem

Apfelbaum lag und ihm ein Apfel auf den Kopf el.

Was auch immer ihn dazu gebracht hat sich über Bewegungen Gedanken zu machen: Mit seinen

Schlussfolgerungen lassen sich viele Bewegungen in unserer Umwelt erklären.

3.1. Checkliste

Vorbereitung

Ihre Vorbereitung sollte einen Tag vor Ihrem Praktikumstermin abgeschlossen sein.

2 Arbeiten Sie dieses Kapitel des Skripts durch.

2 Legen Sie im Team fest, wer von Ihnen welchen Versuchsteil bearbeitet.

2 Laden Sie die Musterlösungen für diesen Versuch herunter und vollziehen Sie die Ergebnisse

und Aussagen der Graken nach.

2 Laden Sie die Excel-Dateien für diesen Versuch herunter und ergänzen Sie Ihren Versuchs-

teil. Prüfen Sie durch Einsetzen von Musterwerten, ob die ergänzten Formeln die gleichen

Ergebnisse wie in der Musterdatei liefern. Gehen Sie ebenso bei zu ergänzenden Diagram-

men vor.

2 Lesen Sie die FAQ zu diesem Versuch, um auf häug gemachte Fehler vorbereitet zu sein.

2 Machen Sie sich mit den in Ihrem Versuchsteil eingesetzten Geräten vertraut, indem Sie

sich die Bedienungsanleitungen und Videos zur Instruktion ansehen.

2 Fragen Sie bei Unklarheiten bei den Betreuern oder Herrn Groÿmann nach.1Sir Isaac Newton, ∗ 1643, † 1727, englischer Physiker, Mathematiker, Astronom, Alchemist und Chemiker

17

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18 Versuch Kraft und Energie (KUE)

Durchführung

2 Bringen Sie die erforderlichen Dateien auf Ihrem USB-Stick mit.

2 Führen Sie das Antestat durch.

2 Nach Bestehen des Antestats: Sehen Sie sich die Geräte für Ihren Versuchsteil an und

vergleichen Sie sie mit den Informationen aus Betriebsanleitungen und Videos. Schalten

Sie sie jedoch erst ein, nachdem die Betreuung Sie dazu aufgefordert hat!

2 Führen Sie Ihre Messungen durch.

2 Vergleichen Sie kritisch die eigenen Messwerte mit den Musterwerten. Verfahren Sie ebenso

mit den Graken bezüglich Kurvenverlauf, Trendlinien etc..

2 Bei Problemen mit Messgeräten oder Ergebnissen: Schlagen Sie in den FAQ nach, ob Ihr

Problem dort aufgeführt ist und wenden Sie die Lösung an.

Nachbereitung

2 Tauschen Sie sich mit Ihren Teammitgliedern über Ihre Ergebnisse aus!

2 Erstellen den Einzelbericht. Arbeiten Sie dazu die im Arbeitsblatt Testat der Excel-Datei

aufgelisteten Punkte ab und ergänzen Sie sie ggf. sinnvoll.

2 Beachten Sie vor dem Ausdruck die Formatvorgaben für den Bericht (vgl. Abschnitt 2.1.5)

2 Fragen Sie bei der Betreuung oder Herrn Groÿmann nach, falls Sie dabei auf Probleme

stoÿen.

2 Geben Sie Ihren Bericht innerhalb von 14 Tagen im Labor ab oder werfen Sie ihn in das

Postfach von Frau Winkens.

3.2. Lernziele

In Ihrem weiteren Studium und in den Berufsfeldern der Studiengänge Oecotrophologie bzw. Ca-

tering und Hospitality Services nden die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie in diesem Versuch

erwerben, Anwendung. Z.B.

Haushaltstechnik

Produktentwicklung

Reinigungstechnik

Sensorik

Verständnis der Funktionsweise von Maschinen

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Integriertes Praktikum II 19

Qualitätskontrolle z.B.

⇒ Lebensmitteluntersuchungen

⇒ Gemeinschaftsverpegung

Durch Ihre Vorbereitung auf den Versuch und die praktischen Arbeiten

kennen Sie den Zusammenhang zwischen Weg, Zeit, Geschwindigkeit und Beschleunigung

für einfache Bewegungen

können Sie die Gleichungen umstellen und aus Messwerten diese Gröÿen berechnen

kennen Sie den Kraftbegri und können das 1. und 2.Newtonschen Gesetz anwenden

kennen Sie den Zusammenhang zwischen Kraft und Drehmoment

kennen Sie den Unterschied zwischen kinetischer und potentieller Energie

wissen Sie wie beide Energieformen miteinander zusammenhängen

können Sie aus Messwerten beide berechnen

3.3. Physikalischer Hintergrund

Die meisten Bewegungen in unserer Umwelt können mit der sogenannten klassischen Mechanik

erklärt werden, zu deren Begründern Newton zählt. Die Grundpfeiler der klassischen Mechanik

bestehen aus drei Gesetzen, von denen wir an dieser Stelle zwei benötigen. Sie sind Ihnen aus

der Physikvorlesung des ersten Semesters bereits bekannt. Grundlegend ist dabei der Begri der

Kraft. Eine Kraft ist die Fähigkeit etwas zu bewirken. Sei es eine Verformung eines Schwamms,

den Sie mit Ihren Fingern zusammendrücken, eine Nuÿ knacken oder wenn Sie von einem Stuhl

aufstehen [9, 12, 13, 10].

1. Das Trägheitsprinzip oder 1. Newtonsches Gesetz

Ein Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen gradlinigen Bewe-

gung, solange die Summe aller auf ihn einwirkenden Kräfte Null ist. Oder als physikalische

Formel:

FGes =∑

F = 0 (3.1)

mit

FGes Gesamtkraft in N

F Einzelkraft in N

Dieser einfache physikalische Satz lässt sich in zwei Aussagen teilen.

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20 Versuch Kraft und Energie (KUE)

Bendet sich ein Gegenstand in Ruhe, also bewegt er sich nicht, wird er nicht anfangen

sich zu bewegen, solange keine Kraft auf ihn wirkt. Oder es wirken mehrere Kräfte, die

sich gegenseitig aufheben. Auch dann bleibt ein Gegenstand in Ruhe. Das kennen wir

aus unserem täglichen Leben. Wenn beispielsweise eine Vase vom Tisch fällt und der kleine

Bruder sagt, er hätte überhaupt nichts gemacht, glauben wir ihm das nicht. Vasen bewegen

sich nicht von selbst zu Tischkanten und fallen runter!

Ein Gegenstand der sich bewegt, wird seine Bewegung beibehalten, also Geschwindigkeit

und die Richtung, in die er sich bewegt, solange keine Kraft auf ihn wirkt. Dieser Aussage

können wir nicht so leicht zustimmen. Wir wissen aus Erfahrung, dass die meisten Gegen-

stände, die sich bewegen, langsamer werden und nach einer gewissen Zeit liegen bleiben.

Hat sich hier Newton geirrt?

Nein, Newton hatte schon recht mit seiner Vermutung. Das Problem ist nur, dass bewegte

Gegenstände in unserer Welt ständig mit anderen Gegenständen in Berührung kommen.

Eine Kugel z.B., die über den Boden rollt, muss mit ihm und auÿerdem mit der Luft Kon-

takt haben. Auf die Kugel wirkt dann Reibung mit dem Boden und der Luft. Reibung ist

eine von vielen möglichen Formen, in der Kräfte auftreten können. Im Weltraum auÿer-

halb der Anziehungskraft der Erde kann man das 1. Newtonsche Gesetz überprüfen und

seine Richtigkeit bestätigen. In einigen Fällen ist die Reibung auch auf der Erde so gering,

dass sie vernachlässigt werden kann. Ein gutes Beispiel dafür ist die Luftkissenbahn im

Praktikum. Wenn die Reibung vernachlässigt werden kann, können Sie das Trägkeitsgesetz

anwenden. Bei genauerer Betrachtung bleibt aber nur die Anwendung des 2. Newtonschen

Gesetzes.

2. Das Grundgesetz der Mechanik oder 2. Newtonsches Gesetz

Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und

geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher die Kraft wirkt.2 [18]

Dann lautet die Formel

FGes =∑

F 6= 0 (3.2)

Wenn sich die Geschwindigkeit und/oder die Richtung der Bewegung eines Gegenstandes

ändert, ist die Ursache immer eine wirkende Kraft. Oder anders ausgedrückt: Die wirkenden

Kräfte heben sich nicht gegenseitig auf, es bleibt eine wirkende Gesamtkraft übrig. Das

kennen Sie sicherlich vom Tauziehen. Wenn die Mannschaften auf beiden Seiten gleichstark

sind, bewegt sich das Seil nicht. Klarer Fall, hier kann das 1. Newtonsche Gesetz angewendet

werden. Das Tauziehen bleibt unendschieden. Ist jedoch eine Mannschaft kräftiger, zieht

sie das Seil langsam zu sich hin, auch wenn sich die andere Mannschaft noch so anstrengt.

Hier wirken zwei entgegengesetzte, aber nicht gleichgroÿe Kräfte, so dass in der Summe eine

Gesamtkraft entsteht, die nicht Null ist. Sie müssen das 2. Newtonsche Gesetz anwenden.

2Dies ist die Übersetzung des von Newton in Lateinisch formulierten Lex secunda

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Integriertes Praktikum II 21

Im folgenden betrachten wir nur noch die jeweils wirkende Gesamtkraft und bezeichnen

sie einfacher als Kraft. Je gröÿer die Kraft ist, desto stärker beeinusst sie die Bewegung.

Verdoppelt man die Kraft, wird sich ihre Wirkung auf den Gegenstand ebenfalls verdoppeln.

Die Geschwindigkeit ändert sich doppelt so schnell wie bei der einfachen Kraft und auch

die Richtungsänderung geschieht doppelt so schnell.

Newton hat auÿerdem festgestellt, dass jede Kraft sich als Produkt aus Masse m und einer

auf sie wirkenden Beschleunigung a zusammensetzt. Es gilt also allgemein für eine Kraft

die Gleichung

F = m · a (3.3)

Für viele Kräfte gibt es noch andere Formeln, wie z.B. das Hooke'sche Gesetz F = −k · d,das Sie ebenfalls aus der Vorlesung schon kennen. Wenn wir die Gleichung 3.3 in Glei-

chung 3.2 einsetzen, erhalten wir

FGes =∑

F = m · a 6= 0 (3.4)

mit

FGes Gesamtkraft in N

F Einzelkraft in N

m Masse des betrachteten Körpers in kg

a Beschleunigung, die auf den Körper wirkt in m/ s2

3. Das Reaktionsprinzip (3. Newtonsche Gesetz)

Es soll an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber genannt werden, ohne weiter darauf

einzugehen.

3.3.1. Spezialfall Erdbeschleunigung

Ein Spezialfall des 2. Newtonschen Gesetzes ist die Erdanziehungskraft, auch Gravitationskraft

genannt, die auf jeden Körper auf der Erde wirkt. Für sie gilt:

Fg = m · g (3.5)

mit

Fg Erdanziehungskraft in N

m Masse des betrachteten Körpers in kg

g Erdbeschleunigung, die auf den Körper wirkt in m/ s2

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22 Versuch Kraft und Energie (KUE)

Die Erdbeschleunigung ist eine Konstante. Eine einfache und häug verwendete Möglichkeit zur

Bestimmung der Masse m ist, die auf Sie wirkende Erdanziehungskraft F zu messen. Wenn die

Erdbeschleunigung g bekannt ist, lässt sich aus beiden Gröÿen leicht die Masse m berechnen.

Um exakte Werte zu erhalten, muss dafür die Erdbeschleunigung möglichst genau gemessen

werden. Je gröÿer die angestrebte Genauigkeit bei einer Messung wird, desto aufwendiger und

schwieriger wird der erforderliche Versuchsaufbau. In diesem Versuch werden Sie g ebenfalls

bestimmen. Beachten Sie die Genauigkeit, mit der Sie die Erdbeschleunigung bestimmen.

3.3.2. Messungen mit der Luftkissenbahn

Die Luftkissenbahn besteht aus einer Schiene, auf die ein Körper aufgesetzt werden kann. Der

Körper soll im Weiteren als Schlitten bezeichnet werden. Damit der Schlitten sich möglichst

reibungsarm bewegen kann, wird mit einem Gebläse Luft in die Schiene geblasen. In der Schiene

benden sich sehr viele kleine Löcher, aus denen die Luft entweichen kann. Bendet sich der

Schlitten über den Löchern, so hebt das durch den Luftstrom aus den Löchern entstehende

Luftkissen den Schlitten etwas an, so dass er fast reibungsfrei über die Schiene gleiten kann

(Abb. 3.1).

Abbildung 3.1.: Schlitten auf der Luftkissenbahn. In der Luftkissenbahn sind die Löcher für denLuftaustritt zu sehen.

Mit der Luftkissenbahn ist es möglich, Bewegungen nach dem 1. und 2. Newtonschen Gesetz zu

untersuchen. Entscheidend ist der Neigungswinkel α der Luftkissenbahn.

3.3.2.1. Bewegung ohne resultierender Beschleunigung

Wird die Schiene der Luftkissenbahn horizontal aufgebaut, ist also der Neigungswinkel α = 0, so

greift die Erdbeschleunigung genau senkrecht an. Sie zieht den Schlitten senkrecht auf die Schiene,

kann ihn aber nicht in der Waagerechten beschleunigen. Die resultierende Beschleunigung a ist

Null (Abb. 3.2). Die aus der Schiene ausströmende Luft hebt die Reibung auf und es sind Versuche

mit einer gleichförmigen Bewegung möglich.

Es gilt

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Integriertes Praktikum II 23

Abbildung 3.2.: Aus der Erdbeschleunigung resultierende Beschleunigung des Schlittens. Sieist abhängig von dem Neigungswinkel α der Luftkissenbahn.

s = v · t+ s0 (3.6)

mit

s Weg in m

v Geschwindigkeit in m/ s

t Zeit in s

s0 vor dem Start zurückgelegter Weg in m

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24 Versuch Kraft und Energie (KUE)

3.3.2.2. Bewegung mit resultierender Beschleunigung

Wird die Luftkissenbahn um den Winkel α geneigt, kann die Erdbeschleunigung g beschleunigend

auf den Schlitten wirken. Würde die Bahn senkrecht nach unten führen (α = 90), läge ein freier

Fall vor. Die resultierende Beschleunigung a entspräche der Erdbeschleunigung g. Bei kleineren

Neigungswinkeln beschleunigt jeweils nur ein Bruchteil der Erdbeschleunigung das Fahrzeug:

a = sin(α) · g (3.7)

Im Versuch werden Sie den Neigungswinkel aus der Höhendierenz h zwischen dem Anfang und

dem Ende der Luftkissenbahn berechnen. Die Vorgehensweise kennen Sie aus dem ersten Semester

aus dem Mathematikteil des IP und der Mathematikvorlesung. Aus den Bewegungsgleichungen

v = a · t (3.8)

und

s =1

2a · t2 (3.9)

können Sie bei genauer Messung der Gröÿen s, v, t die resultierende Beschleunigung a und damit

die Erdbeschelunigung g berechnen.

3.3.3. Materialprüfung

Materialprüfungen dienen dazu herauszunden, ob das geprüfte Material die Eigenschaften auf-

weist, die es haben soll. Dazu gehören Masse, Länge, Dichte und viele andere Gröÿen. Bei dem

Material kann es sich um die Verpackung handeln, die z.B. ein Lebensmittel vor Beschädigung

schützen soll, oder um das Lebensmittel selbst. Auch Reinigungsmittel können so untersucht

werden. Solche Prüfungen werden routinemäÿig in bestimmten vom Qualitätsmanagement fest-

zulegenden Intervallen durchgeführt.

3.3.3.1. Untersuchung der Qualitätsmerkmale von festenLebensmitteln

Betrachten wir das berühmte rohe Ei. Wenn Sie es transportieren wollen, werden Sie vorsichtig

sein müssen, insbesondere Stöÿe an Ecken oder Kanten können die Eierschale schnell zerbrechen.

Gesucht wird daher eine Verpackung, die einfach und kostengünstig ist und trotzdem das Ei

möglichst gut schützt. Dazu müssen Sie als erstes Wissen wovor das Ei geschützt werden muss.

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Integriertes Praktikum II 25

Denn bei bestimmten Belastungen ist die Eierschale erstaunlich widerstandsfähig. Wenn Sie es

hochkant zwischen Daumen und Zeigenger nehmen und versuchen würden, es zu zerdrücken;

es würde Ihnen nicht gelingen. Für die Konstruktion der Eierverpackung müssen Sie also zuerst

die Stärken und Schwächen Ihres Produkts kennen.

Im Praktikum untersuchen wir Lebensmittel, bei deren Bruch sich die Verschmutzung des Labor

in Grenzen hält. Daher die Untersuchung von Knäckebrot und Toast. An beide Produkte gibt es

u.a. zwei Forderungen:

1. Sie sollen möglichst bruchfest sein, damit die Verpackung möglichst kostengünstig und mit

geringem Aufwand konstruiert werden kann. Beim Kunden sollen möglichst alle Einzelpro-

dukte unbeschädigt ankommen, denn nur diese lassen sich z.B. im Restaurant den Kunden

anbieten.

2. Der Kunde möchte zwar ein knackiges Produkt, jedoch sich nicht daran die Zähne ausbeis-

sen.

Auf den ersten Blick scheint es sich um ein und dieselbe Eigenschaft zu handeln. Das ist jedoch

nicht der Fall. Die Verpackung muss Stöÿe abfedern. Stöÿe sind Vorgänge, bei denen innerhalb

kurzer Zeit Kräfte wirken. Stöÿe werden daher als dynamische Vorgänge bezeichnet. Beim Ab-

beissen dagegen steigert unser Gebiÿ die wirkende Kraft vergleichsweise langsam. Hier handelt

es sich eher um quasistatische Vorgänge. Um den Unterschied der Wirkungsweise zu verstehen,

denken Sie an einen Karateka, der ein Holzbrett zerschlägt. Das geht blitzschnell und muss es

auch, denn durchdrücken kann er das Brett nicht.

Daher sind für die beiden Untersuchungen zwei unterschiedliche Versuche durchzuführen. Mit

dem Pendelschlagwerk kann die Energie ermittelt werden, die für das Zerbrechen der Proben

erforderlich ist, wie er z.B. beim Fall zu Boden auftritt. Mit dem Texture Analyser wird die

Knickfestigkeit untersucht. Sie besagt, wieviel Kraft aufgewendet werden muss, um Knäckebrot-

scheiben zu zerbrechen. Dabei ermittelt der Texture Analyser die erforderliche Kraft, mit der er

eine Schiene auf eine Knäckebrotscheibe drückt, die auf zwei Auagern liegt. Mit den gesammel-

ten Daten kann der Verlauf der Kraft sowie einige andere Gröÿen während des Versuchs angezeigt

werden. Die Vorrichtung wird als Dreipunkt-Biegevorrichtung bezeichnet (Abb. 3.3).

Der Abstand der beiden Auager kann verändert werden. Je weiter sie voneinander entfernt sind,

desto geringer ist die für das Knicken erforderliche Kraft F . Bei diesem Versuch entsteht durch

die Kraft und den Abstand d zwischen Schiene und einem Auager ein Drehmoment τ.

τ = F · d (3.10)

Das Drehmoment, das das Knäckebrot gerade noch aushalten kann ohne zu zerbrechen, sollte

für alle Knäckebrotscheiben in etwa gleichgroÿ sein. Wenn Sie den Abstand der beiden Auager

ändern, ändert sich der Abstand d. Damit τ konstant bleibt, muss die wirkende Kraft sich

verändern. Das sollen Sie u.a. im Versuch überprüfen.

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26 Versuch Kraft und Energie (KUE)

Abbildung 3.3.: Dreipunkt-Biegevorrichtung des Texture Analysers mit aufliegenden Knäcke-brot.

Für die Untersuchung der Toastscheiben muss die Elastizität gemessen werden. Den Begri

Elastizität kennen Sie sicher von einem Gummiband, und wurde ebenfalls schon in der Vorlesung

behandelt. Von ihm wird erwartet, dass es nach dem Spannen und Entspannen genauso lang ist

wie vorher. Wenn es länger wäre, würden Sie es als ausgeleiert ansehen. Bei einem Toast ist

die Messung der Elastizität etwas schwieriger.

Dazu wird ein Probekörper mehrmals hintereinander an der gleichen Stelle mit gleichbleibender

Eindringtiefe in die Krume der Toastscheibe gedrückt und die dafür erforderliche Kraft gemes-

sen. Je stärker der Toast geröstet wurde, desto mehr verliert die Krume an Elastizität. Kann

sich bei einem ungerösteten Toast die entstandene Vertiefung fast ganz wieder zurückbilden (der

Fachausdruck hierfür heiÿt relaxieren), ist dies bei den gerösteten Toastscheiben mit zunehmen-

der Röstdauer immer weniger möglich. Die immer krossere Struktur des Toasts wird durch den

Probekörper gebrochen, wodurch eine dauerhafte Verformung entsteht.

Die Elastizität des Toasts wird durch die Dierenz der Kräfte angegeben, die zum Eindrücken

beim ersten Mal (rst cycle) und beim letzten Mal (last cycle) benötigt werden.

Ist die Dierenz der beiden Kräfte Null, so wäre der Toast elastisch wie ein Gummiband;

sicher kein Kauvergnügen.

Wäre die Dierenz der Kräfte gleich der Kraft beim ersten Eindrücken, würde das bedeuten,

dass der Toast seine Elastizität komplett verloren hätte. Die meisten Menschen würden ihn

als zu hart empnden und ebenfalls ablehnen. Die richtige Krossigkeit liegt - wie meistens

- zwischen diesen Extremen.

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Integriertes Praktikum II 27

Auÿerdem darf die absolute Kraft für den rst cycle einen bestimmten Wert nicht über-

schreiten. Denn wenn der Toast, ob getoastet oder nicht, hart wie Stein ist, ist er kein

Genuss mehr.

Für die Versuchsdurchführung wird der Texture Analyser mit einem Werkzeug bestückt, das aus

einer Stahlkugel an einem Stab besteht. Sie wird nacheinander mehrere Mal mit einer festgelegten

Tiefe in die Toastscheibe gedrückt und wieder angehoben. Der Texture Analyser misst bei jedem

Eindrücken die erforderliche Kraft.

3.3.3.2. Untersuchung der Oberflächenspannung vonFlüssigkeiten

Beim Geschirrspülen soll die Waschotte die Verschmutzung vom Geschirr möglichst schnell und

umfassend abtragen. Dazu muss der Kontakt zwischen Waschotte und Geschirr möglichst gut

sein. Am besten lässt sich dieser Kontakt an einem einzelnen Tropfen erkennen. Das geübte Auge

sieht z.B. beim Abwaschen am Abperlen des Wassers, ob noch ausreichend Reinigungswirkung

durch das Spülmittel vorhanden ist oder nicht.

Betrachten Sie einen Wassertropfen auf einer Glasplatte. Der Übergang von der üssigen Phase

des Wassers zur festen Phase der Glasplatte wird als Phasengrenze oder Grenzäche bezeichnet.

Der Übergang von der üssigen zur gasförmigen Phase hingegen als Oberäche.

Ein Flüssigkeitstropfen, der in einem Gas schwebt, wird eine kugelförmige Oberäche ausbilden.

Dafür sorgt die Oberächenspannung, die versucht, alle Flüssigkeitsmoleküle der Oberäche in

das Innere des Tropfens zu ziehen. Da die Oberächenspannung an jedem Punkt der Oberäche

gleich groÿ ist, bildet sich ein kugelförmiger Tropfen. Dieser Zustand des Tropfens ist auch der

energetisch günstigste Zustand und da die Natur immer alle Gegenstände in den energetisch

günstigsten Zustand bringt, bilden sich Flüssigkeitstropfen.

Kommt ein Flüssigkeitstropfen mit einer Oberäche in Kontakt, kann er dadurch einerseits seine

Oberäche zum Gas verkleinern, andererseits entsteht eine Grenzäche zum Festkörper. Genauso

sieht es für den Festkörper aus: Dort, wo er in Kontakt mit der Flüssigkeit kommt, kann er seine

Oberäche zum Gas verringern. Das ist ein energetisch günstigerer Zustand. Andererseits entsteht

aber eine neue Grenzäche zur Flüssigkeit, was energetisch ungünstiger ist. Die Natur wird wieder

den energetisch günstigsten Zustand einstellen, d.h. die Oberäche des Tropfens möglichst stark

zu verkleinern und gleichzeitig die dadurch entstehende Grenzäche zum Festkörper möglichst

klein zu halten.

Wie groÿ die Grenzäche tatsächlich wird, hängt von den Eigenschaften der Flüssigkeit und der

Oberäche des Festkörpers ab. Ein Wassertropfen auf Küchenkrepp verschwindet vollständig. Es

entsteht eine sehr groÿe Grenzäche zum Küchenkrepp. Ein Wassertropfen auf einem Lotusblatt

ist nahezu vollkommen rund. Es wirkt fast so, als wenn er über dem Blatt schwebt.

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28 Versuch Kraft und Energie (KUE)

Young3 entdeckte, dass der Kontaktwinkel θ zwischen der Festkörperoberäche und dem Flüs-

sigkeitstropfen ein Maÿ dafür ist, inwieweit ein Festkörper durch eine Flüssigkeit benetzbar ist

(Abb.: 3.4).

Abbildung 3.4.: Kontaktwinkel zwischen Festkörper und Flüssigkeitstropfen

Wird Wasser als Flüssigkeit verwendet so wird der Kontaktwinkel genutzt, um eine Aussage über

die Oberächeneigenschaft des Festkörpers bzgl. Wasser zu treen.

Bei Kontaktwinkeln um 0 wird die Oberäche als hydrophil bezeichnet.

Bei Kontaktwinkeln um 90 wird von einer hydrophoben Oberäche gesprochen.

Als superhydrophob werden Oberächen mit einem Kontaktwinkel gröÿer 90 bezeichnet.

Vom Lotuseekt wird gesprochen, wenn der Kontaktwinkel gröÿer als 140 ist [7].

Eine Oberäche wäre vollkommen unbenetzbar, wenn der Kontaktwinkel 180 betragen

würde, was jedoch in der Praxis nicht realisierbar ist.

Je kleiner der Kontaktwinkel θ ist, desto besser wird die Oberäche eines Festkörper benetzt

und desto besser wird sie gereinigt werden. Deswegen werden den Spülmitteln Tenside hinzu-

gefügt, weil diese die Oberächenspannung und somit den Kontaktwinkel vermindern und die

Reinigungsleistung steigern. Eine andere Möglichkeit Oberächen rein zu halten, ist die Nutzung

des Lotuseekts durch eine so genannte Nanobeschichtung. Sie lässt Wasser und Schmutz ohne

Einsatz zusätzlicher Reinigungsmittel schon bei einem geringen Neigungswinkel abperlen. Einige

Hersteller von Sanitärkeramik aber auch Fassadenhersteller nutzen diesen Eekt.

3.3.4. Wie kann die Energie berechnet werden?

Sie kennen die beiden wichtigsten Energieformen der Mechanik aus der Physik-Vorlesung des

ersten Semesters. Zum einen die kinetische Energie

Ekin =1

2·m · v2 (3.11)

3Thomas Young, ∗ 13.6.1773, † 10. Mai 1829, englischer Augenarzt und Physiker

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Integriertes Praktikum II 29

mit

Ekin kinetische Energie in J

m Masse in kg

v Geschwindigkeit des betrachteten Körpers in m/ s

und zum anderen die potenzielle Energie

Epot = m · g · h (3.12)

mit

Epot potentielle Energie in J

m Masse in kg

g Erdbeschleunigung in m/ s2

h Höhe des Körpers über dem Erd- bzw. Fuÿboden in m

Da die Masse m eines Gegenstands und die Erdbeschleunigung g konstant sind, wird die ki-

netische Energie Ekin durch das Quadrat der Geschwindigkeit v2 verändert. Ekin ist also eine

Energie der Bewegung, auch als Bewegungsenergie bezeichnet. Die potentielle Energie Epot hängt

dagegen von der Höhe h des Körpers über dem Boden ab. Epot wird deshalb auch Energie der

Lage oder Lageenergie genannt. Sie können die Energie eines physikalischen Körpers also auf

zwei Wegen verändern:

1. Sie verändern seine Geschwindigkeit v, indem Sie ihn beschleunigen oder abbremsen, wofür

in beiden Fällen eine Kraft F auf den Körper wirken muss, wie Newton in seinem 2. Gesetz

formuliert hat (vgl. Gleichungen 3.2, 3.3 und 3.4).

2. Sie verändern den Abstand zwischen dem Körper und dem Boden, also ändern die Höhe h.

Bevor Sie die Abstandsänderung vornehmen, ruht der Körper, hat also keine Geschwindig-

keit (v = 0). Hier gilt das 1. Newtonsche Gesetz, nachdem für die wirkende Gesamtkraft

Fges = 0 gilt (vgl. Gleichung 3.1). Damit der Abstand nun geändert werden kann, muss der

ruhende Körper bewegt werden. Das bedeutet, dass er eine Geschwindigkeit v > 0 erhält.

Damit sich seine Geschwindigkeit verändert, muss er nach dem 2. Newtonschen Gesetz

beschleunigt werden. Hat er den von Ihnen gewünschten Abstand erreicht, bremsen Sie ihn

ab, bis er zum Stillstand kommt, also v = 0.

3.3.4.1. Wie hängen die potentielle und die kinetischeEnergie zusammen?

In dem Moment in dem Sie den Abstand des Körpers verändern, also v 6= 0 gilt, besitzt der

Körper eine kinetische Energie, die jedoch verschwindet, sobald der Körper wieder zur Ruhe

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30 Versuch Kraft und Energie (KUE)

kommt. Zur Veränderung der potentiellen Energie müssen Sie also immer kinetische Energie

aufwenden.

Genauere Untersuchungen zeigten, dass

die Summe aus kinetischer und potentieller Energie immer konstant ist, wenn es

sich um ein abgeschlossenes System handelt, aus dem weder Energie entnommen noch

hinzugefügt wird.

Ekin + Epot = const (3.13)

Dieser Zusammenhang ist ein weiteres fundamentales Gesetz und wird als Energieerhaltungssatz

bezeichnet. In dieser Form wurde er erstmalig von Helmholtz4 formuliert.

3.3.4.2. Wie kann man sich ein abgeschlossenes Systemvorstellen?

Betrachten wir dazu den freien Fall eines Balls im Vakuum. Das Fallexperiment bildet dann ein

abgeschlossenes System, wenn Sie

es in eine groÿe Tüte einpacken könnten, durch die nichts von auÿen nach innen oder

umgekehrt kommt

nur die Gravitationskraft wirkt und

nichts anderes in der Tüte ist, als der Ball.

Was sich Physiker in ihren Gedanken als abgeschlossenes System überlegen, ist leider selten

realisierbar. Wie wir bereits weiter oben festgestellt haben, entsteht überall, wo Körper mit un-

terschiedlichen Geschwindigkeiten in Kontakt stehen, eine mehr oder weniger starke Reibung

(vgl. S. 20). Wenn wir das obige Fallexperiment in der Luft statt im Vakuum durchführen wür-

den, gäbe es zwischen den Luftmolekülen und dem Ball Reibung. Reibung erzeugt Wärme, die

durch unsere gedachte Tüte nicht aufgehalten wird. Wir hätten also kein abgeschlossenes Sys-

tem. Je nachdem, wie genau Ihre Messungen sein müssen, können Sie die Reibungskräfte in Ihren

Berechnungen vernachlässigen oder nicht.

3.4. Zusammenfassung

4Herrmann von Helmholtz, *1821, †1894, deutscher Physiker

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Integriertes Praktikum II 31

3.4.1. Größen und Einheiten

Gröÿe Formelzeichen Einheit Abkürzung

Kraft F m· kgs2 N

Masse m kg

Beschleunigung a ms2

Erdbeschleunigung g ms2

Weg, Strecke d, h, s m

Zeit t s

Geschwindigkeit v ms

Drehmoment τ m2· kgs2 N ·m

Energie E kg·m2

s2 J

3.4.2. Verwendete Formeln

s = 12 · a · t

2

s = v · t+ s0

v = 2·st

v = a · t

FGes =∑F = 0

FGes =∑F 6= 0

F = m · a

Fg = m · g

τ = F · d

Ekin = 12 ·m · v

2

Epot = m · g · h

E = Ekin + Epot = const

3.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis

Wenn Sie die folgenden Fragen beantworten können, haben Sie die wesentlichen physikalischen

Zusammenhänge des Versuchs verstanden.

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32 Versuch Kraft und Energie (KUE)

Wie verändert sich die Masse m eines Körpers, wenn die Erdanziehungskraft 10mal gröÿer

wäre, als sie tatsächlich ist?

Wieso kann bei der Luftkissenbahn die Beschleunigung a nicht gröÿer als die Erdbeschleu-

nigung g werden?

Wie unterscheiden sich die Berechnungen der Geschwindigkeit v aus der zurückgelegten

Strecke s und der Zeit t für eine gleichförmige Bewegung von der einer gleichmäÿig be-

schleunigten Bewegung?

Was beschreibt der Kontaktwinkel?

Was ist der Lotuseekt?

Was bewirken Tenside im Spülmittel?

Wieso sind Flüssigkeitstropfen im Gas kugelförmig?

Was ist der Unterschied zwischen Knickfestigkeit und Bruchfestigkeit?

Was ist potentielle Energie?

Was ist kinetische Energie?

Wie kann die potentielle bzw. die kinetische Energie verändert werden?

Wie hängen potentielle und kinetische Energie zusammen?

Was ist ein abgeschlossenes System?

Warum ist die Luftkissenbahn in der Realität kein abgeschlossenes System?

Was müssen Sie bei der Luftkissenbahn verändern, damit eine gleichförmige bzw. gleich-

mäÿig beschleunigte Bewegung entsteht?

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4. Versuch Photometrie (PHO)

Das Auge isst mit! Dieser Spruch gilt heute mehr denn je. Nicht nur bei Lebensmitteln

wird beim Marketing sehr genau auf eine optimale farbliche Gestaltung des Produkts geach-

tet. Schwankungen in der Farbe werden oft nur in engen Grenzen vom Marketing toleriert und

stellen entsprechend hohe Ansprüche an die Produktion. Da die Rohstoe oft Farbschwankun-

gen aufweisen, muss vor und während der Verarbeitung neben anderen Kontrollen die Farbe des

Produkts überprüft und bei Abweichungen mit Änderungen an der Rezeptur oder dem Herstel-

lungsverfahren reagiert werden. Dazu muss die Farbe mit so genannten Standards verglichen

werden, was gerade bei geringen Farbnuancen schwierig ist.

4.1. Checkliste

Vorbereitung

Ihre Vorbereitung sollte einen Tag vor Ihrem Praktikumstermin abgeschlossen sein.

2 Arbeiten Sie dieses Kapitel des Skripts durch.

2 Legen Sie im Team fest, wer von Ihnen welchen Versuchsteil bearbeitet.

2 Laden Sie die Musterlösungen für diesen Versuch herunter und vollziehen Sie die Ergebnisse

und Aussagen der Graken nach.

2 Laden Sie die Excel-Dateien für diesen Versuch herunter und ergänzen Sie Ihren Versuchs-

teil. Prüfen Sie durch Einsetzen von Musterwerten, ob die ergänzten Formeln die gleichen

Ergebnisse wie in der Musterdatei liefern. Gehen Sie ebenso bei zu ergänzenden Diagram-

men vor.

2 Lesen Sie die FAQ zu diesem Versuch, um auf häug gemachte Fehler vorbereitet zu sein.

2 Machen Sie sich mit den in Ihrem Versuchsteil eingesetzten Geräten vertraut, indem Sie

sich die Bedienungsanleitungen und Videos zur Instruktion ansehen.

2 Fragen Sie bei Unklarheiten bei den Betreuern oder Herrn Groÿmann nach.

33

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34 Versuch Photometrie (PHO)

Durchführung

2 Bringen Sie die erforderlichen Dateien auf Ihrem USB-Stick mit.

2 Führen Sie das Antestat durch.

2 Nach Bestehen des Antestats: Sehen Sie sich die Geräte für Ihren Versuchsteil an und

vergleichen Sie sie mit den Informationen aus Betriebsanleitungen und Videos. Schalten

Sie sie jedoch erst ein, nachdem die Betreuung Sie dazu aufgefordert hat!

2 Führen Sie Ihre Messungen durch.

2 Vergleichen Sie kritisch die eigenen Messwerte mit den Musterwerten. Verfahren Sie ebenso

mit den Graken bezüglich Kurvenverlauf, Trendlinien etc..

2 Bei Problemen mit Messgeräten oder Ergebnissen: Schlagen Sie in den FAQ nach, ob Ihr

Problem dort aufgeführt ist und wenden Sie die Lösung an.

Nachbereitung

2 Tauschen Sie sich mit Ihren Teammitgliedern über Ihre Ergebnisse aus!

2 Übertragen Sie die Ergebnisse Ihres Teams in die Datei PHO_Ergebnis.xlsx.

2 Die beiden oberen Punkte dienen bereits zur Vorbereitung des Abschlussgesprächs. Des

weiteren sollten Sie im Abschlussgespräch die Fragen aus der Datei Ergebnis.xlsx be-

gründet beantworten und auch darüber hinaus gehende Zusammenhänge erklären können.

Ideal ist es, wenn Sie dies in einer Art kleinem Vortrag leisten und die Betreuung nicht

nachfragen muss.

4.2. Lernziele

In Ihrem weiteren Studium und in den Berufsfeldern der Studiengänge Oecotrophologie bzw. Ca-

tering und Hospitality Services nden die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie in diesem Versuch

erwerben, Anwendung. Z.B.

Chemie

Biochemie

Lebensmittelchemie

Haushaltstechnik

Produktentwicklung und -design

Werkstoe

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Integriertes Praktikum II 35

Reinigungstechnik

Sensorik

Arbeitswissenschaft

Psychologie

Qualitätskontrolle z.B.

⇒ Lebensmitteluntersuchungen

⇒ Gemeinschaftsverpegung

⇒ Verpackung

Durch Ihre Vorbereitung auf den Versuch und die praktischen Arbeiten

kennen Sie die Grundbegrie der Farblehre

können Sie Messungen mit dem Farbsystem L*a*b* durchführen und die Messergebnisse

interpretieren

können Sie das Lambert-Beer'sche Gesetz anwenden

kennen Sie den prinzipiellen Umgang mit einem Photometer

kennen Sie die Wirkungsweise von optischen Aufhellern

wissen Sie, wie Abmusterungen von Farben durchgeführt werden

können Sie Eekte der Metamerie berücksichtigen

kennen Sie die Vorgehensweise zum Eichen von Messgeräten

wissen Sie, wie Messergebnisse verschiedener Messgeräte miteinander vergleichbar gemacht

werden können.

4.3. Physikalischer Hintergrund

Das menschliche Auge ist ein Organ mit phantastischer Leistungsfähigkeit. So kann der Mensch

sowohl bei Vollmond mit einer Beleuchtungsstärke von etwa 0, 2 lx (Lux), als auch bei Son-

nenschein mit Beleuchtungsstärken von über 100.000 lx sehen. Geringe Unterschiede in der Be-

leuchtungsstärke oder im Farbton sind dagegen nicht erfassbar. Durch die Photometrie konnten

Messgeräte entwickelt werden, die untersuchte Farben und Beleuchtungsstärken sehr genau be-

stimmen. Wurde früher in der Lebensmittelindustrie beispielsweise zur Bestimmung der Farbe

des Eigelbs mit dem so genannten Dotterfächer - er besteht aus Streifen, die mit verschiedenen

Gelbtönen gefärbt sind - gearbeitet, werden dafür heute elektronische Farbmessgeräte einge-

setzt. Sie können so eingestellt werden, dass bei zu groÿer Farbabweichung eine entsprechende

Fehlermeldung ausgeworfen wird. Die Messdaten können auÿerdem gleich auf einem Computer

gespeichert werden und erleichtern so das Qualitätsmanagement.

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36 Versuch Photometrie (PHO)

4.3.1. Was ist Licht aus physikalischer Sicht?

Eine physikalische Modellvorstellung von Licht ist elektromagnetische Strahlung. Es ist die glei-

che Strahlungsart, die beim Handy, Radio oder Fernsehen zur Übertragung der Informationen

benutzt wird. Während es jedoch z.B. beim Radio üblich ist, die Frequenz anzugeben, auf der

ein Sender zu nden ist, wird bei Licht die Wellenlänge verwendet. Da Frequenz und Wellenlänge

proportional zueinander sind, kann die Wellenlänge λ aus Lichtgeschwindigkeit c und Frequenz

ν berechnet werden.

λ =c

ν(4.1)

4.3.2. Was ist Farbe?

Die Augen sind während der Entwicklung des Menschen immer auf eine Lichtquelle hin optimiert

worden: Die Sonne. Das für den Menschen sichtbare Licht Violett bis Rot hat eine Wellenlän-

ge von etwa 400 − 700 nm. Das Spektrum des Sonnenlichts umfasst mit wenigen Ausnahmen,

die als Fraunhofer-Linien bezeichnet werden, alle möglichen Farben. Es wird daher als kontinu-

ierliches Spektrum bezeichnet. Die Intensität der verschiedenen Lichtfarben, die von der Sonne

kommen, ist unterschiedlich hoch. Das Maximum der Intensität liegt im gelben Bereich, weshalb

die Sonne auch gelb wirkt. Die unterschiedliche Intensität der verschiedenen Lichtfarben wird als

Intensitätsverteilung bezeichnet und ist neben dem Spektrum eine wichtige Kenngröÿe für eine

Lichtquelle.

Als Farbe empndet der Mensch Licht einer bestimmten Wellenlänge. Um die Farbe eines Ge-

genstandes erkennen zu können, müssen transparente Gegenstände mit Licht durchstrahlt oder

undurchsichtige mit Licht bestrahlt werden. Je nachdem erhalten unsere Augen Farbinformatio-

nen vom reektierten Lichtanteil oder vom durchgelassenen (transmittierten) Lichtanteil. Diese

Farbinformation entstehen dadurch, dass die von einer Lichtquelle bestrahlten Stoe bestimmte

Wellenlängen des Lichts absorbieren. Die anderen Wellenlängen werden transmittiert bzw. re-

ektiert und können das Auge oder ein Messgerät erreichen. Voraussetzung dafür ist, dass die

verwendete Lichtquelle sämtliche Wellenlängen ausstrahlt. Fehlt beispielsweise in einer Licht-

quelle das Gelb vollständig, wird ein gelber Gegenstand fast schwarz aussehen. Gelbes Licht ist

zum Reektieren nicht vorhanden und alle anderen Farben werden absorbiert.

4.3.2.1. Wie kann Farbe gemessen werden?

Da der menschliche Farbeindruck immer auf der Sonne als Lichtquelle basiert, müssen künstli-

che Lichtquellen dem Spektrum und der Intensitätsverteilung des Sonnenlichts möglichst nahe

kommen. Das ist sehr schwierig. Glühlampen kommen dem Sonnenlicht nahe, da sie auch ein

kontinuierliches Spektrum haben. Aber ihre Intensitätsverteilung entspricht meist nicht dem

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Integriertes Praktikum II 37

des Sonnenlichts. Leuchtstoampen haben ein Farbspektrum, das nur aus bestimmten Farben

besteht. So ein Spektrum wird als diskretes Spektrum bezeichnet. Mit technischen Tricks wird

versucht, eine Leuchtstoröhre möglichst viele Farben ausstrahlen zu lassen. Trotzdem bleiben

Lücken. Je nach Herstellungsart wirkt das Licht der Leuchtstoröhren kalt, weil die bläulichen

Farben intensiver abgestrahlt werden oder warm, weil die rötlichen Farben eine höhere Intensität

haben.

Wird ein Gegenstand mit einer bestimmten Farbe unter dem Licht von zwei verschiedenartigen

Lichtquellen betrachtet, wird seine Farbe als unterschiedlich empfunden. Das wird als Metamerie

bezeichnet. Weiteres dazu im Abschnitt 4.3.4.2.

Zur Farbbestimmung werden verschiedene Messverfahren angewendet.

Messung des spektralen Reexionsgrads ρ(λ). Zur Bestimmung des spektralen Re-

exionsgrads ρ(λ) wird die reektierte Strahlungsleistung ΦR und die eingefallene Strah-

lungsleistung ΦE gemessen und ihr Quotient gebildet: (rho(λ) = ΦRΦE

Messung des spektralen Transmissionsgrads τ(λ). Ist das Verhältnis von transmit-

tierter Strahlungsleistung ΦT zu eingefallener Strahlungsleistung ΦE : τ(λ) = ΦTΦE

. Der

spektrale Transmissionsgrad spielt bei der im Abschnitt 4.3.3 beschriebenen Photometrie

eine wichtige Rolle.

Messung des spektralen Absorptionsgrads α(λ). Er wird aus dem Verhältnis von

absorbierter Strahlungsleistung ΦA und eingefallener Strahlungsleistung ΦE berechnet:

α(λ) = ΦAΦE

Alle drei Gröÿen sind einheitenlose Materialkonstanten, d.h. sie sind charakteristisch für das

Material. Man kann also mit diesen Gröÿen das Vorhandensein bestimmter Stoe in einer un-

tersuchten Probe nachweisen. Die Begrie spektral und Strahlungsleistung in den Denitionen

müssen noch erklärt werden.

Spektral bedeutet, dass der Reexions-, Transmissions- bzw. Absorptionsgrad für jede Farbe

getrennt aufgenommen wird. Wie fein dabei verschiedene Farbtöne und Farbnuancen noch un-

terschieden werden, hängt von der erforderlichen Genauigkeit ab. Reexions-, Transmissions- und

Absorptionsgrad sind von der Farbe und damit von der untersuchten Wellenlänge λ abhängig.

Ihr Formelzeichen wird deshalb als Funktion der Wellenlänge geschrieben.

Die Strahlungsleistung Φ ist die in einem Zeitintervall ∆t abgegebene Strahlungsenergie ∆Q,

bzw. richtiger in dierentieller Schreibweise Φ = dQdt . Da nur ein Teil der von der Lichtquelle

ausgesandten Strahlung auf die Fläche fällt, die der zu untersuchenden Gegenstand einnimmt,

muss in einem Vorversuch die Strahlungsleistung der Lichtquelle ΦE gemessen werden, die auf

diese Fläche fällt. Die Bestimmung von ΦE wird als Kalibrierung bezeichnet.

Trit Strahlung auf einen Körper, so wird ein Teil transmittiert, einer reektiert und einer

absorbiert. Andere Möglichkeiten gibt es nicht. Ihre Summe ergibt immer 1:

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38 Versuch Photometrie (PHO)

τ(λ) + ρ(λ) + α(λ) = 1 (4.2)

Auÿerdem beeinusst die Oberächenbeschaenheit (Textur) den Farbeindruck, weil die Farben

anders reektiert bzw. transmittiert werden. So ändern zum Beispiel unterschiedliche Webmuster

bei Textilien den Farbeindruck selbst dann, wenn der Sto mit einheitlicher Farbe behandelt

wurde. Matte oder glänzende Oberächen sind ein anderes Beispiel für den Einuss der Textur

auf den Farbeindruck [9, 12, 13, 11].

Wenn die Farbe eines Gegenstands oder einer Flüssigkeit bestimmt werden soll, hätte man am

liebsten einen Wert. Ähnlich wie bei der Nutzung einer Waage, um Zutaten für ein Rezept abzu-

wiegen. Das Rezept für eine Farbe müsste jedoch für jede Wellenlänge aus dem für das mensch-

liche Auge sichtbaren Bereich eine Angabe über die Intensität dieser Wellenlänge beinhalten. Je

nachdem in wie viele Teile der sichtbare Wellenlängenbereich unterteilt wird, kann diese Liste

der Angaben sehr lang und unhandlich werden, wie in den nächsten Abschnitten noch gezeigt

wird.

Was für die Farbbestimmung unbequem ist, hat für andere Bereiche eine groÿe Bedeutung. Wenn

Sie eine Farbprobe mit Licht verschiedener Wellenlänge bestrahlen, wird diese Probe je nach Wel-

lenlänge des bestrahlenden Lichts dieses unterschiedlich stark reektieren. Ein grünes Blatt wird

unter grünem Licht grün aussehen, also das grüne Licht zu einem hohem Anteil zu unseren Au-

gen reektiert. Rotes Licht dagegen lässt das Blatt im Idealfall schwarz aussehen. Es wird kein

Licht reektiert. Für die meisten Farben sind die Ergebnisse jedoch nicht so eindeutig. Sie kön-

nen die Intensität der reektierten Strahlung in einem Diagramm als Funktion der Wellenlänge

auftragen. Dann erhalten Sie ein so genanntes Remissionsdiagramm, dass sehr genau Auskunft

über die Anteile der verschiedenen Wellenlängen in der Farbe des untersuchten Gegenstands gibt

(Abb. 4.4).

Abbildung 4.1.: Remissionsdiagramm einer grünen Oberfläche. Zum besseren Verständnis istunter die Abzisse das Farbspektrum eingefügt.

In der Chemie werden chemische Stoe auf ihre Transmissions- bzw. Absorptionseigenschaften bei

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Integriertes Praktikum II 39

verschiedenen Wellenlängen untersucht und entsprechende Diagramme erstellt. Bei vielen Stoen

sind die Ergebnisse so charakteristisch wie der Fingerabdruck bei einem Menschen. Sie können

so unbekannte Stoe identizieren oder in einem Stogemisch das Vorhandensein bestimmter

Stoe und ihre Konzentration nachweisen. Diese Verfahren wird Photometrie genannt.

4.3.2.2. Wie können bestimmte Farbtöne hergestelltwerden?

Für die Herstellung von bestimmten Farbtönen ist die Anfertigung eines Remissionsdiagramms

zu umständlich und zeitaufwändig. Im Produktionsprozess können sie schwerlich kontrolliert

werden, zumal es durch die Produktion zu Farbveränderungen kommen kann. Wer schon einmal

versucht hat, für das Ausbessern einer farbig gestrichenen Tapete Farbe anzumischen, kennt die

Schwierigkeiten. Durch das Trocknen verändert sich die Helligkeit der Farbe. Auch die Verwen-

dung verschiedener Papiersorten beeinusst den Farbeindruck, wie in Abbildung 4.2 zu sehen ist.

Wir brauchen eine Möglichkeit, mit wenigen Angaben genau den gewünschten Farbton festlegen

zu können. Die Grundlage hierfür bildet das Konzept der drei Grundfarben.

Abbildung 4.2.: Probedrucke gleicher Farbe auf unterschiedlich weißem Papier. Quelle: [16, S.15]

Hierbei muss allerdings zwischen der Mischung farbigen Lichts und der Mischung von Pigmenten

unterschieden werden. Ersteres wird als additive Farbmischung, letzteres als subtraktive Farbmi-

schung bezeichnet.

Die additive Mischung arbeitet mit den Grundfarben Rot, Grün, Blau und kann damit die

meisten Farben erzeugen. Weiÿ wird durch gleiche Anteile von Rot, Grün und Blau erzeugt.

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40 Versuch Photometrie (PHO)

Typisches Beispiel für die additive Farbmischung ist der Farbbildschirm. Wenn Sie sich ihn mit

einer Lupe ansehen, werden Sie feststellen, dass weiÿe Flächen durch gleichgroÿe und gleichhelle

rote, grüne und blaue Punkte erzeugt werden. Bei Schwarz leuchtet dagegen kein Punkt. Durch

Mischung zweier Grundfarben lässt sich eine Mischfarbe erzeugen, deren Farb- oder Buntton vom

Mischungsverhältnis der beiden Grundfarben abhängt. Die dritte Grundfarbe lässt sich dagegen

nicht erzeugen. Auch die so genannten unbunten Farben, der Sammelbegri für Weiÿ, Schwarz

und die Grautöne, lassen sich aus zwei Grundfarben nicht ermischen.

Fügt man gleiche Teile von Rot und Grün zusammen, ergibt sich Gelb. Durch Zumischen einer

kleinen Menge Blau wird das Gelb blasser, die Farbintensität sinkt, bis bei gleichen Anteilen

von Rot, Grün und Blau Weiÿ entsteht. Durch Angabe der Mischungsanteile für die Grundfar-

ben kann die Lichtfarbe genau vorbestimmt werden. Dieses Verfahren bezeichnet man nach den

Anfangsbuchstaben der Grundfarben als RGB-Farbsystem. Die internationale Kommission für

Beleuchtung (CIE) hat Farbtafeln entwickelt, mit denen die Grundfarbenanteile der verschie-

denen Farben ermittelt werden können. Die gebräuchlichsten sind die CIE 1931 und CIE 1976

(Abb. 4.3) [4].

Abbildung 4.3.: Normfarbtafel nach CIE 1931. Quelle: [16, S. 9]

In ähnlicher Weise wird bei der subtraktiven Mischung verfahren. Hier sind jedoch als Grundfar-

ben Rot, Gelb und Blau erforderlich. Keine Farbe ergibt die Bestrahlung ein Stos mit weiÿem

Licht mit weiÿer Oberäche bzw. eine transparente Flüssigkeit. Bei der Mischung der Grundfar-

ben zu gleichen Teilen entsteht eine schwarze Oberäche bzw. eine lichtundurchlässige Flüssig-

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Integriertes Praktikum II 41

keit. Das subtraktive RGB-Farbsystem wird zum Beispiel bei Tintenstrahldruckern eingesetzt.

Allerdings haben sich dabei die Grenzen der subtraktiven Farbmischung gezeigt. Das ermischte

Schwarz wich oft von dem erwarteten in Richtung eines Graubrauns ab, so dass heutige Tinten-

strahldrucker zusätzlich mit einer schwarzen Tintenpatrone ausgerüstet werden (Abb. 4.4).

Abbildung 4.4.: Links: Additive Farbmischung wie sie beim Überlagern von farbigen Lichtquel-len entsteht. Die Überlagerung aller drei Farben ergibt weißes Licht.Rechts: Subtraktive Farbmischung wie sie bei Druckern oder beim Einsatz vonFarbfiltern bei einer weißen Lichtquelle entsteht. Wenn das Licht durch alle dreiFilter fallen soll, kommt kein Licht durch die Filter.

Die Tatsache, dass für die additive und die subtraktive Farbmischung zwei verschiedene Farb-

systeme erforderlich sind, beeinträchtigt den Nutzen des RGB-Farbsystems. Deswegen wurde ein

anderes Farbsystem von der CIE entwickelt. Es basiert auf den vier Farben, die in den beiden

RGB-Farbsystemen benutzt wurden: Rot, Gelb, Grün und Blau. Die vier Farben werden auf

einem Farbkreis angeordnet (Abb. 4.5). Rot und Grün bzw. Gelb und Blau liegen sich auf dem

Farbkreis gegenüber: Grün links (-a*), Rot rechts (+a*), Gelb oben (+b*) und Blau (-b*) un-

ten. Die sich gegenüber liegenden Farben werden als komplementäre Farben bezeichnet. Diese

Bezeichnung kommt aus dem Englischen und wird alle die etwas irritieren, die Farblehre im

Kunstunterricht hatten. Die von dort bekannten Komplementärfarben haben nur begrenzt mit

den komplementären Farben des CIELAB-Farbsystems zu tun.

Schauen wir uns den Farbkreis in Abb. 4.5 genauer an. Bewegt man sich auf konstantem Radius

auf dem Farbkreis, verändert sich der Farbton. Hält man den Winkel konstant und verändert den

Radius, verändert sich die Sättigung der Farbe. Im Zentrum ergeben sich die unbunten Farben.

Für die Darstellung der unbunten Farben von Weiÿ bis Schwarz sowie für die Darstellung von

Farbtönen verschiedener Helligkeit muss die Farbscheibe zu einer Kugel erweitert werden. Dieser

Wert wird mit L* bezeichnet. L* kann Werte von 0 für Schwarz bis 100 für Weiÿ annehmen

(Abb. 4.6). Mit diesen drei Werten kann jede Farbe auf der als CIELAB bezeichneten Farb-

tafel dargestellt werden [4]. Die im Praktikum verwendeten Farbmessgeräte geben die Farben

im CIELAB-System an. Da Papier und Bildschirme zweidimensionale Medien sind, wird meist

nicht mit der Kugel gearbeitet, sondern der Farbkreis der Kugel dargestellt, auf dem sich die

gewünschte bzw. gemessene Farbe bendet, wie er in Abbildung 4.5 bereits vorgestellt wurde.

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42 Versuch Photometrie (PHO)

Abbildung 4.5.: Farbkreis nach dem CIELAB-Farbsystem. Quelle: [16, S. 11]

Abbildung 4.6.: Farbkugel nach dem CIELAB-Farbsystem. Quelle: [16, S. 11]

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Integriertes Praktikum II 43

4.3.2.3. Wie können Farbtöne gemessen werden?

Um die Farbe eines Gegenstandes oder einer Flüssigkeit zu messen, können zwei verschiedene

Verfahren angewandt werden:

der Gegenstand oder die Flüssigkeit wird mit weiÿem Licht bestrahlt. Sie bestimmen je

nach Verfahren im reektierten oder, gerade bei Flüssigkeiten, im absorbierten bzw. trans-

mittierten Anteil die Farbe mit einem Farbmessgerät.

der Gegenstand oder die Flüssigkeit wird mit Licht einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt.

Für diese Wellenlänge wird gemessen, wie groÿ der reektierte bzw. der absorbierte oder

transmittierte Anteil ist. Messungen dieser Art werden mit Photometern durchgeführt.

Spezielle Photometer sind in der Lage, die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung, mit

der die Probe durchstrahlt wird, automatisch zu verändern. Dabei kann es sich auch um elek-

tromagnetische Strahlung auÿerhalb des sichtbaren Bereichs handeln wie Infrarot, Ultraviolett,

Röntgen- oder Mikrowellenstrahlung. Diese Photometer werden als Spektralphotometer bezeich-

net. Spektralphotometer kommen im Chemie-, Lebenmittelchemie- und Physiklabor des Fachbe-

reichs zum Einsatz. Die gewonnenen Messergebnisse werden in einem Remissionsdiagramm (vgl.

Abb. 4.1) dargestellt und geben Aufschluss darüber, bei welcher Wellenlänge z.B. eine besonders

groÿe Absorption der Strahlung durch den untersuchten Sto stattndet.

In vielen Fällen sind die so gewonnenen Spektren von chemischen Stoen so charakteristisch für

sie wie ein Fingerabdruck für einen Menschen. Mehr noch: Bei der Untersuchung einer Flüssigkeit

sind auch Aussagen über die Konzentration eines Stoes in einer Flüssigkeit möglich.

4.3.3. Konzentrationsbestimmung mit demLambert-Beerschen Gesetz

Eigentlich ganz einfach: In einer Flüssigkeit sollen sich Moleküle eines bestimmten Stoes be-

nden, die z.B. rotes Licht absorbieren. Je höher die Konzentration des Stos ist, desto mehr

vom roten Licht wird absorbiert und desto weniger Licht durchstrahlt die Flüssigkeit. Diese

Überlegung zeigt Abb. 4.7. Der chemische Sto in der Flüssigkeit wird durch rote Kugeln, die

verwendete elektromagnetische Strahlung durch die roten Pfeile dargestellt. Der chemische Sto

ist in der Lage, diese Strahlung zu absorbieren. Trit ein Strahl auf ein Molekül des Stos, so

wird er von diesem absorbiert, d.h. es wird hinter der Küvette eine geringere Strahlungsintensi-

tät gemessen als vor ihr. Unterschiedliche Konzentrationen des Stos führen zu einer mehr oder

weniger starken Abnahme der Strahlungsintensität hinter der Küvette.

Zwischen der Konzentration des Stos und dem Verhältnis des eingestrahlten zum transmittier-

ten Licht gibt es den vermuteten Zusammenhang. Er wird durch das Lambert-Beersche Gesetz

beschrieben:

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44 Versuch Photometrie (PHO)

Abbildung 4.7.: Messprinzip beim Lambert-Beerschen Gesetz. In der Flüssigkeit befindet sichein Stoff

Eλ = − lg

(ItransI0

)= ελ · c · d (4.3)

mit

Eλ Extinktion, spektrale λ (einheitenlos)

I0 Intensität des eingestrahlten Lichts in W/m2

Itrans Intensität des transmittierten Lichts in W/m2

ελ dekadischer molarer spektraler Extinktionskoezient λ in

L/( mol · cm)

c Konzentration der untersuchten Substanz in mol/L

d Dicke der durchstrahlten Flüssigkeit in cm

Der Vergleich der eingestrahlten Intensität I0 und der transmittierten Intensität Itrans des Lichts

einer bestimmten Wellenlänge λ gibt Ihnen also die Möglichkeit, die Konzentration c eines Stos

in einer Flüssigkeit zu bestimmen. Vorausgesetzt, Sie kennen den dekadischen molaren Extinkti-

onskoezienten ελ, eine Materialkonstante sowie die Strecke d, die das Licht durch die Flüssigkeit

zurücklegt. Letztere ist bei den verwendeten Küvetten problemlos zu bestimmen. Beachten Sie,

dass die Einheit von d in cm angegeben wird. Für die Extinktion ergibt sich der Wertebereich

0 ≤ Eλ ≤ ∞ (4.4)

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Integriertes Praktikum II 45

Bei geschickter Wahl der Wellenlänge der verwendeten elektromagnetischen Strahlung ist es auch

möglich, in einem Gemisch aus verschiedenen Stoen die Konzentration eines bestimmten Stos

zu ermitteln. In Abb. 4.8 wird die Strahlung nur von dem durch rote Kugeln symbolisierten

Sto absorbiert. Trit die Strahlung jedoch auf den anderen Sto (gelbe Kugeln), so wird die

Strahlung nicht absorbiert.

Abbildung 4.8.: Die gewählte Wellenlänge wird von den roten Molekülen absorbiert, von dengelben hingegen nicht. Das Licht setzt seinen Weg nach Passieren der gelbenMoleküle ungehindert fort.

4.3.4. Was macht weiße Wäsche so weiß?

In der Waschmittelwerbung ist ein immer wieder hervor gehobenes Argument die blendende

Weiÿheit der Wäsche nach Anwendung des beworbenen Waschmittels. Weiÿe Wäsche wird mit

besonders sauberer Wäsche gleich gesetzt. Daher wird auch in Hotels und Gaststätten neben

Fleckenfreiheit auf weiÿe Wäsche Wert gelegt.

Damit Textilien weiÿ werden, muss in der Produktion das Gewebe gebleicht werden. Trotz dieser

Bleichung haben Textilien noch einen leichten Gelbstich. Der b*-Wert ist also nicht Null, sondern

leicht positiv. Dieser Gelbstich wird auch als Blaudefekt bezeichnet. Früher wurde der Blaude-

fekt durch Zugabe von blauem Farbsto, Wäscheblau genannt, beim Waschen kompensiert. Bei

richtiger Zugabe konnte dadurch ein b*-Wert von Null erreicht werden. Der leichte Gelbton und

der beim Waschen zugefügte Blauton sind aber beide im Gewebe. Einfallendes Licht, dass von

dem Gewebe reektiert wird, verliert durch Absorption, die die beiden Farbtöne hervorrufen,

einen Teil seiner Helligkeit [6]. Der L*-Wert sinkt etwas, wodurch das Gewebe grau wirkt. Der

berühmte Grauschleier aus der Werbung. Diesen Eekt können Sie mit einem Farbmessgerät

messen. Heute wird, durch Einsatz der sogenannten optischen Aufheller statt der Wäschebläue,

sowohl der Gelbstich kompensiert als auch die Helligkeit des Gewebes verbessert.

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46 Versuch Photometrie (PHO)

4.3.4.1. Wie funktioniert ein Weißtöner?

Optische Aufheller, in der Fachwelt auch als Weiÿtöner bezeichnet, sind in der Lage für den

Menschen unsichtbares UV-Licht, dass eine Wellenlänge von 300 − 400nm hat, zu absorbieren

und als langwelligeres sichtbares Licht zu emittieren. Diesen Eekt nutzt man auch bei den

Textmarkerstiften und anderen als Neonfarben bekannte Farben aus. In der Physik wird der

Eekt als Fluoreszenz bezeichnet. Weiÿtöner verwandeln UV-Licht in violettes, bläuliches, oder

grünblaues Licht. Dementsprechend wirkt das weiÿe Handtuch bei Sonnenlicht weiÿ mit einem

leichten Violett-, Blau- oder Grünblaustich [19].

Unter UV-Licht, das Sie aus der Disko auch als Schwarzlicht kennen, leuchten mit Weiÿtönern

behandelte weiÿe Textilien deshalb strahlend weiÿ. Wenn Sie sich dagegen die selben Textilien

unter einer tageslichtähnlichen Beleuchtung ansehen, in der nur sehr geringe UV-Lichtanteile

vorhanden sind, sehen Sie ein mehr oder weniger graues Weiÿ, weil durch das fehlende UV-

Licht kein zusätzliches Licht von den Weiÿtönern emittiert werden kann. Mit solchen künstlichen

Lichtquellen, sie werden als D65 bezeichnet, kann die tatsächliche Farbe ohne Einuss der Weiÿ-

töner untersucht werden. Sowohl Untersuchungen mit UV-Licht als auch mit D65 gehören zur

Farbabmusterung in der Qualitätskontrolle.

4.3.4.2. Warum lässt sich das menschliche Auge durch dieWeißtöner so „hinters Licht führen“?

Seit Millionen von Jahren hat sich das Auge so entwickelt, dass es die Umwelt und die darin

enthaltenen Farben optimal wahrnimmt und die Sinneseindrücke an das Gehirn weitermeldet.

Das Sonnenlicht ist sozusagen der Standard, in dem wir Farben am besten unterscheiden können.

Wenn jetzt durch den Weiÿtöner durch Umwandlung von UV-Licht zusätzliches sichtbares Licht

auf Ihre Augen trit, wird den Augen eine höhere Beleuchtungsstärke vorgegaukelt als tatsächlich

vorhanden ist. Die Wäsche wirkt viel heller, als Ihr Gehirn bei den tatsächlich vorliegenden

Lichtverhältnissen erwarten würde. Da der Mensch UV-Licht nicht sehen kann, fällt uns dieser

Trick nicht auf.

Weil unser Sehen so auf das Sonnenlicht abgestimmt ist, kann eine Farbbestimmung in bei-

spielsweise reinem blauen oder rotem Licht nicht funktionieren. Das wird zum Beispiel in der

Sensorik ausgenutzt, um den Farbeindruck des zu verkostenden Lebensmittels auszuschalten (vgl.

Abb. 4.9).

4.4. Zusammenfassung

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Integriertes Praktikum II 47

Abbildung 4.9.: Metamerie: Verschieden gefärbte Papiere einmal unter weißem Kunstlicht undeinmal unter blauem Licht

4.4.1. Größen und Einheiten

Gröÿe Formelzeichen Einheit Abkürzung

Beleuchtungsstärke E Lux lx

Wellenlänge λ 10−9m nm

Lichtgeschwindigkeit c m/s

Frequenz ν Hertz Hz

Strahlungsleistung, eingefallene ΦE Watt W

Strahlungsleistung, reektierte ΦR Watt W

Strahlungsleistung, durchgelassene ΦT Watt W

Strahlungsleistung, absorbierte ΦA Watt W

Reexionsgrad, spektraler ρ(λ) - -

Transmissionsgrad, spektraler τ(λ) - -

Absorptionsgrad, spektraler α(λ) - -

Strahlungsintensität I Wm2

Extinktion, spektrale E(λ) - -

Extinktionskoezient, ε(λ) Lmol· cm

dekadischer molarer spektraler

Konzentration c molL

Dicke der durchstrahlten Flüssigkeit d cm

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48 Versuch Photometrie (PHO)

4.4.2. Verwendete Formeln

λ = cν

Φ = dQdt

ρ(λ) = ΦRΦE

τ(λ) = ΦTΦE

α(λ) = ΦAΦE

τ(λ) + ρ(λ) + α(λ) = 1

Eλ = − lg(ItransI0

)= ελ · c · d

4.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis

Wenn Sie die folgenden Fragen beantworten können, haben Sie die wesentlichen physikalischen

Zusammenhänge des Versuchs verstanden.

Was ist der Unterschied zwischen der additiven und der subtraktiven Farbmischung?

Wann nden sie Anwendung?

Warum ist die Sonne gelb?

Welche Spektralfarben ndet man im Sonnenlicht?

Was ist Metamerie?

Was zeigt ein Remissionsdiagramm?

Warum beeinusst das Spektrum einer Lichtquelle die Farbwirkung eines Körpers?

Was ist der Vorteil der CIELAB-Farbtafel gegenüber der CIE 1976-Farbtafel?

Warum können Farben nur sehr grob per Augenschein verglichen werden?

Was sind Komplementärfarben?

Wie heiÿen die Grundfarben?

Was sind unbunte Farben?

Was ist der Unterschied zwischen einem diskreten und einem kontinuierlichen Spektrum?

Wie lautet das Lambert-Beersche Gesetz?

Was beschreibt das Lambert-Beersche Gesetz?

Wofür kann ein Photometer eingesetzt werden?

Wie wirken Weiÿtöner?

Wozu werden Weiÿtöner eingesetzt?

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5. Versuch Induktivität und Kapazität(RCL)

Eine Messmethode in der Anthropometrie ist die Körperfettmessung. Mit ihrer Hilfe kann ei-

ne Aussage über die Zusammensetzung der Körpermasse getroen werden, wodurch die Frage

Übergewicht, Idealgewicht oder Untergewicht? wissenschaftlich geklärt werden kann. Für ei-

ne dafür eingesetzte Messmethode werden Handgelenke und Knöchel mit Elektroden versehen,

durch die ein Strom ieÿt. Das ist völlig gefahrlos, da es sich nur um einen kleinen Strom handelt.

Aus der angelegten Spannung und dem ieÿenden Strom kann der Widerstand berechnet werden.

Dieser ermöglicht Rückschlüsse auf das Gesamtkörperwasser und den Zustand der Membranen

der Körperzellen [15]. Ist die Körpermasse bekannt, kann damit der Körperfettanteil berechnet

werden.

Unser Körper selbst erzeugt und benutzt ebenfalls Elektrizität, um über die Nerven z.B. Befehle

an die Muskeln weiterzugeben. Diese Elektrizität kann gemessen werden. Bei Herzerkrankungen

wird dies in Form eines Elektrokardiogramms (EKG) für die Diagnose ausgenutzt. Mit Elek-

troden können die sehr geringen Spannungen abgenommen und mit empndlichen Messgeräten

dargestellt werden.

5.1. Checkliste

Vorbereitung

Ihre Vorbereitung sollte einen Tag vor Ihrem Praktikumstermin abgeschlossen sein.

2 Arbeiten Sie dieses Kapitel des Skripts durch.

2 Legen Sie im Team fest, wer von Ihnen welchen Versuchsteil bearbeitet.

2 Laden Sie die Musterlösungen für diesen Versuch herunter und vollziehen Sie die Ergebnisse

und Aussagen der Graken nach.

2 Laden Sie die Excel-Dateien für diesen Versuch herunter und ergänzen Sie Ihren Versuchs-

teil. Prüfen Sie durch Einsetzen von Musterwerten, ob die ergänzten Formeln die gleichen

Ergebnisse wie in der Musterdatei liefern. Gehen Sie ebenso bei zu ergänzenden Diagram-

men vor.

49

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50 Versuch Induktivität und Kapazität (RCL)

2 Lesen Sie die FAQ zu diesem Versuch, um auf häug gemachte Fehler vorbereitet zu sein.

2 Machen Sie sich mit den in Ihrem Versuchsteil eingesetzten Geräten vertraut, indem Sie

sich die Bedienungsanleitungen und Videos zur Instruktion ansehen.

2 Fragen Sie bei Unklarheiten bei den Betreuern oder Herrn Groÿmann nach.

Durchführung

2 Bringen Sie die erforderlichen Dateien auf Ihrem USB-Stick mit.

2 Führen Sie das Antestat durch.

2 Nach Bestehen des Antestats: Sehen Sie sich die Geräte für Ihren Versuchsteil an und

vergleichen Sie sie mit den Informationen aus Betriebsanleitungen und Videos. Schalten

Sie sie jedoch erst ein, nachdem die Betreuung Sie dazu aufgefordert hat!

2 Führen Sie Ihre Messungen durch.

2 Vergleichen Sie kritisch die eigenen Messwerte mit den Musterwerten. Verfahren Sie ebenso

mit den Graken bezüglich Kurvenverlauf, Trendlinien etc..

2 Bei Problemen mit Messgeräten oder Ergebnissen: Schlagen Sie in den FAQ nach, ob Ihr

Problem dort aufgeführt ist und wenden Sie die Lösung an.

Nachbereitung

2 Tauschen Sie sich mit Ihren Teammitgliedern über Ihre Ergebnisse aus!

2 Die beiden oberen Punkte dienen bereits zur Vorbereitung des Abschlussgesprächs. Des

weiteren sollten Sie im Abschlussgespräch die Fragen aus der Datei RCL_Ergebnis.xlsx

begründet beantworten und auch darüber hinaus gehende Zusammenhänge erklären kön-

nen. Ideal ist es, wenn Sie dies in einer Art kleinem Vortrag leisten und die Betreuung nicht

nachfragen muss.

5.2. Lernziele

In Ihrem weiteren Studium und in den Berufsfeldern der Studiengänge Oecotrophologie bzw. Ca-

tering und Hospitality Services nden die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie in diesem Versuch

erwerben, Anwendung. Z.B.

Haushaltstechnik

Ernährungswissenschaften

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Integriertes Praktikum II 51

Produktentwicklung und -design

Werkstoe

Reinigungstechnik

Arbeitswissenschaft

Sportmedizin

Marketing

Qualitätskontrolle z.B.

⇒ Lebensmitteluntersuchungen

⇒ Gemeinschaftsverpegung

⇒ Verpackung

Durch Ihre Vorbereitung auf den Versuch und die praktischen Arbeiten

kennen Sie die grundsätzliche Vorgehensweise bei Untersuchungen zur Gebrauchs-

tauglichkeit

kennen Sie die Grundlagen der BIA-Messmethode zur Bestimmung des Körperfettanteils

kennen Sie die prinzipielle Arbeitsweise eines RFID-Lesegeräts mit seinen Stärken und

Schwächen und seinen Einsatzmöglichkeiten in der Warenwirtschaft, Erfassungssystemen

und Zugangskontrolle

kennen Sie die Frequenzabhängigkeit des Widerstands bestimmter elektrischer Bauteile

wissen Sie, welche Schwierigkeiten bei der Erstellung eines EKG auftreten können

kennen Sie den theoretischen und praktischen Verlauf der Entladekurve eines Kondensators

und können aus den Messungen die Konstanten bestimmen

5.3. Physikalischer Hintergrund

Strom, Spannung, Widerstand - das klingt doch ganz nach dem ohmschen Gesetz. Das ist nur

teilweise richtig. Die Körperzellen und -üssigkeiten haben zusätzlich kapazitive Eigenschaften.

Diese Eigenschaften haben in der Technik die Kondensatoren. Ein Kondensator ist ein elek-

trisches Bauteil, das wie der ohmsche Widerstand dem Strom einen elektrischen Widerstand

entgegensetzt, zusätzlich aber noch andere Eigenschaften hat, die Strom und Spannung beein-

ussen. Die Eigenschaften werden auch durch die Art der Spannung beeinusst. Auf das Ein- oder

Ausschalten einer Gleichspannungsquelle reagieren Kondensator und ohmscher Widerstand sehr

unterschiedlich. Wenn Sie eine Wechselspannung anlegen, verändert sich der Stromuss nochmals

[9, 12, 13, 11]. Beide Einüsse sollen im Folgenden betrachtet werden. Last but not least kann

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52 Versuch Induktivität und Kapazität (RCL)

mit einer Wechselspannung und einer Antenne eine elektromagnetische Strahlung erzeugt wer-

den. Sie ist Grundlage aller drahtlosen Techniken, die wir heute so gerne und selbstverständlich

nutzen: Handy, WLAN, Radio, Fernsehen, etc.. Ohne Kondensatoren, Spulen und Widerständen

wäre das alles nicht realisierbar.

5.3.1. Was ist ein Kondensator?

Abbildung 5.1.: Aufbau und Beispiel für einen Kondensator

Kondensatoren bestehen aus zwei metallischen Folien, die durch ein sogenanntes Dielektrikum

gegeneinander isoliert sind (Abb. 5.1). Die Folien sollen so an eine Spannungsquelle angeschlossen

werden, dass der Pluspol mit der einen und der Minuspol mit der anderen Folie verbunden ist.

Der mit dem Pluspol verbundenen Folie werden durch die Spannungsquelle Elektronen entzogen,

der an den Minuspol angeschlossenen Folie dagegen zusätzliche Elektronen zugeführt. Wenn Sie

die Spannungsquelle entfernen, können die Ladungen weder von den Folien verschwinden noch

kann sich der Ladungsüberschuss der negativen Folie mit dem Ladungsunterschuss der positi-

ven Folie ausgleichen. Das verhindert das Dielektrikum. Einen idealen Kondensator könnten Sie

zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt an einen Verbraucher anschlieÿen und vergleichbar mit

einer Batterie würde er den Verbraucher mit elektrischem Strom versorgen. In der Realität ist

die Isolation durch das Dielektrikum jedoch nie perfekt, wodurch es zu einem Ladungsaustausch

zwischen den Folien kommt und sich der Kondensator mit der Zeit entlädt. Die Fähigkeit eines

Kondensators Ladungen zu speichern wird Kapazität C genannt. Sie wird in Farad ( F) angege-

ben. Kondensatoren weisen meist Kapazitäten von Bruchteilen von Farad auf, angegeben in mF,

µF, nF oder pF.

5.3.1.1. Wovon hängt die Kapazität eines Kondensators ab?

Die Kapazität C eines Kondensators hängt von der Fläche A der beiden Folien, der Qualität und

Dicke des Dielektrikums zwischen den Platten sowie der angelegten Spannung U ab. Je gröÿer

die Folienäche und je geringer der Abstand zwischen den Folien, desto höher ist die Kapazität.

Der Abstand zwischen den Folien kann jedoch nur soweit verringert werden, wie dadurch kein

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Integriertes Praktikum II 53

Abbildung 5.2.: Prinzipdarstellung für das Entladen und Laden eines Kondensators

Spannungsüberschlag entsteht. Ein Spannungsüberschlag kann nur durch eine entsprechend gute

Isolation oder einen gröÿeren Abstand verhindert werden. Für groÿe Kapazitäten sind daher sehr

gute Isolationen ein entscheidender Faktor. Die Einussfaktoren sind in Tabelle 5.1 zusammen-

gefasst.

Einussfaktor groÿe Kapazität geringe Kapazität

Folienäche groÿ klein

Folienabstand klein groÿ

angelegte Spannung hoch niedrig

Tabelle 5.1.: Kapazität eines Kondensators und die Faktoren, die ihre Größe beeinflussen

Kapazität C und Spannung U bestimmen, wie viel Ladung Q in dem Kondensator gespeichert

werden kann. Die Ladung lässt sich aus

Q = C · U (5.1)

mit

Q Ladung in A · s

C Kapazität in F

U Spannung in V

berechnen.1 Kondensatoren werden meist aus je zwei Metall- und zwei Isolationsfolien durch

Aufrollen hergestellt. Eine andere Bauart benutzt zwischen den Metallfolien eine isolierende

Flüssigkeit, das so genannte Elektrolyt. In dem Versuch, den Sie durchführen, werden Elektro-

lytkondensatoren verwendet. Bei ihnen ist auf die richtige Polung zu achten, da sie anderenfalls

1Gleichung 5.2 kann man sich über die Eselsbrücke Q=Ku gut merken, wenn Sie C · U als Ku sprechen

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54 Versuch Induktivität und Kapazität (RCL)

beschädigt bzw. zerstört werden können! Wie bei den Messgeräten im Versuch WID muss für

eine richtige Polung der Pluspol des Kondensators an den Pluspol der Spannungsquelle und der

Minuspol an den Minuspol angeschlossen werden.

5.3.1.2. Was passiert beim Entladen eines Kondensators?

Angenommen, Sie messen in einer Schaltung wie in Abb. 5.1 und wollen das Entladen eines Kon-

densators, also die Verringerung der Ladung Q, verfolgen. Da die Kapazität eines Kondensators

konstant ist, folgt aus Gl. 5.1, dass dafür die Spannung U gemessen werden muss. Die Funkti-

on der zeitlichen Veränderung der Spannung U(t) kann durch Lösen einer Dierentialgleichung

gefunden werden:

U(t) = U0 · e−t/τ (5.2)

mit

U(t) Spannung zur Zeit t in V

U0 maximale Spannung in V

t Zeit in s

τ Zeitkonstante in s

In ähnlicher Form wird Gleichung 5.2 Sie noch häuger beschäftigen. Viele Vorgänge in der

Natur, wie Wachstumsprozesse z.B. von Bakterien werden durch sie beschrieben. Deshalb soll

sie an dieser Stelle genauer betrachtet werden.

Die zeitliche Veränderung der Spannung (U(t)) wird ausschlieÿlich durch den Exponenten der

e-Funktion hervorgerufen, denn nur dort kommt die Zeit t vor. Alle anderen vorkommenden

Gröÿen sind konstant. Wenn Sie die anfängliche Spannung U0 und die Zeitkonstante τ kennen,

können Sie mit Gl. 5.2 für jeden Zeitpunkt t die momentane Spannung berechnen.

Den prinzipiellen Verlauf der e-Funktion mit negativem Exponenten kennen Sie aus der

Mathematik-Vorlesung: Am Anfang, also zur Zeit t = 0 s ist e−t/τ = 1, nach unendlich langer

Zeit gilt e−t/τ = 0. Das heiÿt, dass die Spannung von ihrem Anfangswert

U(t = 0 s) = U0 (5.3)

auf seinen Endwert von

U(t→∞) = 0 V (5.4)

abfällt.

Drei weitere Zeitpunkte sind von Bedeutung:

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Integriertes Praktikum II 55

1. Welche Spannung besteht zur Zeit t = τ?

t/τ = 1

⇒ e−t/τ = e−1 ≈ 0, 37

⇒ U(t = τ) ≈ 0, 37 · U0 (5.5)

Die Spannung ist nach dieser Zeit auf etwa 37% des Anfangswerts U0 gefallen.

2. Wann ist die Spannung U(t) auf die Hälfte des Anfangswerts U0 gefallen?

U(t) =1

2· U0

⇒ t = τ · ln(2) (5.6)

Diese Zeit wird als Halbwertszeit bezeichnet, ihr Formelzeichen ist t1/2. Sie hängt nur von

der Zeitkonstanten τ ab.

3. Wann beträgt die Spannung 0 V? Mathematisch gesehen: Nie! In der Technik wird aber

davon ausgegangen, dass nach einer Zeit t = 5 · τ keine Spannung mehr vorhanden ist.

Dann ist die Spannung auf unter 1% des Anfangswerts gefallen.

U(t = 5 · τ) = U0 · e−5 ≈ 6, 7 · 10−3 · U0 (5.7)

Die betrachteten Zeitpunkte sind in Tabelle 5.5 zusammengefasst. Die Entlade- und Ladekurve

ist in Abb. 5.3 dargestellt.

Die in der Gleichung 5.2 verwendete Zeitkonstante τ wurde eingeführt, um deutlich zu machen,

dass es sich um eine Gröÿe mit der Einheit Zeit handelt. τ berechnet sich wie folgt:

τ = R · C (5.8)

mit

C Kapazität in F = A· sV

R ohmscher Widerstand in Ω = VA

τ Zeitkonstante in s

Die Dimensionsbetrachtung zeigt, dass τ tatsächlich als Einheit die Zeit hat. Das Ergebnis der

Dimensionsbetrachtung dürfte Ihnen schon vorher klar gewesen sein: Da im Exponenten keine

Einheiten sein dürfen, muss die Einheit von τ die Zeit sein. Nur so kürzen sich die Einheiten im

Exponenten weg.

τ = R · C

R · C in Ω · F =V

A· A · s

V

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56 Versuch Induktivität und Kapazität (RCL)

⇒ τ in s

5.3.1.3. Was passiert beim Laden eines Kondensators?

Durch das Einschalten wird der bisher ungeladene Kondensator geladen. Der Kondensator

wirkt dabei anfangs wie ein Kurzschluss, da sämtliche Elektronen, die aus der Spannungs-

quelle kommen, auf den Folien des Kondensators bleiben. Daher ist zu Anfang die Spannung

U(t = 0 s) = 0 V. Je näher der Kondensator seiner vollständigen Ladung kommt, desto weiter

steigt die Spannung U(t) an. Bei vollständiger Ladung erreicht die Spannung den maximalen

Wert U0. Für den Spannungsverlauf bei der Ladung eines Kondensators ergibt sich

U(t) = U0 · (1− e−t/τ ) (5.9)

Zeit t Spannung U(t)

Einschaltvorgang Ausschaltvorgang

t = 0 s U(t = 0 s) = 0 V U(t = 0 s) = U0

t = τ U(t = τ) = 0, 63 · U0 U(t = τ) = 0, 37 · U0

t = t1/2 = τ · ln(2) U(t = τ · ln(2)) = 12 · U0 U(t = τ · ln(2)) = 1

2 · U0

t = 5 · τ U(t = 5 · τ) ≈ U0 U(t = 5 · τ) ≈ 0 V

t→∞ U(t→∞) = U0 U(t→∞) = 0 V

Tabelle 5.5.: Die wichtigen Zeitpunkte und die sich daraus beim Entladen bzw. Laden einesKondensators ergebenen Spannungen U(t)

Abbildung 5.3.: Entlade- und Ladekurve eines Kondensators.

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Integriertes Praktikum II 57

5.3.1.4. Bestimmung des kapazitiven Widerstands

Der Widerstand eines Kondensator ist von der Kreisfrequenz ω einer Wechselspannung abhän-

gig. Durch das Lösen einer Dierentialgleichung ergibt sich der Ausdruck für den so genannten

kapazitiven Widerstand:

XC =1

ω · C(5.10)

mit

XC Kapazitiver Widerstand in Ω

ω Kreisfrequenz in Hz

C Kapazität in F

Beim kapazitiven Widerstand spielt die Kreisfrequenz ω eine wichtige Rolle. Sie berechnet sich

aus der Frequenz f nach

ω = 2 · π · f (5.11)

Wenn Sie die Frequenz verändern, ändert sich also die Kreisfrequenz ω und damit der Widerstand

XC des Kondensators. Da sich der kapazitive Widerstand nach Formel 5.10 aus dem Kehrwert

des Produkts aus Kapazität und Kreisfrequenz berechnet, verhält er sich umgekehrt proportional

zur Kreisfrequenz und zur Kapazität. Je kleiner beide sind, desto gröÿer wird der kapazitive

Widerstand.

Durch den Versuchsaufbau aus Abb. 5.4 kann mit dem Voltmeter die Spannung und mit dem

Ampermeter der Strom gemessen werden. Durch Anwendung des Ohmschen Gesetzes lässt sich

aus den beiden Messwerten der kapazitive Widerstand ermitteln.

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58 Versuch Induktivität und Kapazität (RCL)

Abbildung 5.4.: Wechselstromkreis mit einem Kondensator

5.3.2. RFID

RFID (gesprochen ar ef ei di) ist die Abkürzung für radio frequency identication. Diese Ab-

kürzung bezeichnet eine Technologie, die es schon seit mehr als 60 Jahren gibt: Die Identizie-

rung eines Gegenstandes anhand von Informationen, die über Radiowellen übertragen werden.

Was sich erst einmal sehr kompliziert anhört, kennen wir aus unserem Einkaufsalltag. Wertvolle

Produkte werden in Geschäften mit Etiketten versehen, die beim Verlassen des Geschäfts am

Ausgang einen Alarm auslösen, wenn die Ware noch nicht bezahlt und das Etikett deaktiviert

wurde (Abb.: 5.5). Diese Etiketten haben nur eine Funktion: Aktiviert oder deaktiviert: 1 oder 0.

Etwas, das sich sehr gut über EDV-Systeme verarbeiten lässt. Für die Kontrolle des Etiketts am

Ausgang werden Geräte benötigt, die die Funketiketten mit elektromagnetischer Strahlung einer

bestimmten Frequenz bestrahlen und die Antwort des Etiketts auswerten. Aus der Beschreibung

merken Sie schon, dass die Funktionalität der Etiketten sehr beschränkt ist.

In den letzten Jahren sind die Systeme weiterentwickelt worden. Ingenieure und Techniker haben

die Funktionalität des Etiketts, das auch mit dem englischen Wort Tag (gesprochen täg) bezeich-

net wird, so vorangetrieben, dass sie inzwischen Informationen über den Gegenstand speichern

können, auf dem sie befestigt sind. Dazu mussten u.a. die Antennenanlagen weiterentwickelt

werden. Meist bestehen sie aus einer oder mehreren Antennen und einem sogenannten Reader,

der die Steuerung der Antennen vornimmt. Diese Einheit von Antennen und Reader wird unter

Fachleuten kurz als Reader bezeichnet. Genauso wie ein Barcode auf einem Gegenstand über den

Scanner an der Kasse dieser mitteilt, welcher Gegenstand bezahlt werden soll, kann ein Tag dem

Reader mitteilen, um welchen Gegenstand es sich handelt. Scannerkassen müssten nicht mehr

jeden einzelnen Barcode lesen, was manchmal zu Problemen führt, sondern würden gleichzei-

tig alle Tags im Einkaufskorb abfragen. Das Kassieren würde viel schneller gehen. Viele andere

Prozesse lieÿen sich mit RFID bewerkstelligen:

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Integriertes Praktikum II 59

Abbildung 5.5.: Stift mit Funketikett als Diebstahlschutz

Bestellen neuer Waren, wenn der Vorrat zu Neige geht,

Kontrolle der Anlieferung oder Auslieferung (es werden gleich ganze Paletten gescannt!),

Buchführung,

Temperaturüberwachung z.B. bei Fleisch und Fisch oder TK-Artikeln

vom Verbraucher abrufbare Informationen über den Artikel, z.B. Allergie auslösende Stoe

Haus- und Nutztiere bekommen ein Tag in Form einer Kapsel unter die Haut gepanzt,

um die Tiere sicher identizieren zu können.

Gäste bezahlen mit einem Funketikett in Form eines Armbands oder einer Kapsel, die unter

die Haut gepanzt wird

Spezielle Tags können an Wäschestücken befestigt werden. Sie können in einer Wäscherei

Informationen über den Kunden und die vorgesehene Behandlung der Wäsche geben.

5.3.2.1. Funktionsweise von RFID-Systemen

Wesentliche Komponenten eines RFID-Systems sind der Reader und die Tags. Auÿerdem wird

weitere Hard- und Software benötigt, um die Daten zu verarbeiten und zu speichern. Die Hard-

und Software soll in diesem Versuch jedoch nur am Rande behandelt werden.

Der Reader ist ein relativ unscheinbarer Kasten, an dem die Reader-Antennen angeschlossen sind.

Auch sie sind unscheinbare Kästen. RFID-Systeme gibt es für drei verschiedene Frequenzen. Das

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60 Versuch Induktivität und Kapazität (RCL)

im Praktikum eingesetzte RFID-System arbeitet im UHF-Frequenzbereich. Es ist in Abb. 5.6 zu

sehen. In Europa beträgt die für RFID-Systeme freigegebene Frequenz 866 − 868 MHz [1]. Der

Datenaustausch zwischen Reader und Tag funktioniert nur auf dieser Frequenz. Zum Vergleich:

das D1- und D2-Netz des Mobilfunknetzes haben eine Frequenz von 900 MHz.

Abbildung 5.6.: RFID-System im Praktikumsversuch

Wenn Sie das erste Mal ein Tag in der Hand halten, werden Sie wahrscheinlich enttäuscht sein. Es

handelt sich um einen mehrere Zentimeter langen Folienstreifen mit einer meist kupfer- oder sil-

berfarbenen Leiterbahn, die sich scheinbar willkürlich über die Folienäche schlängelt (Abb.: 5.7).

Der Eindruck täuscht: Diese Leiterbahn ist speziell für die Hochfrequenztechnik konzipiert wor-

den. Es ist die Antenne des Tags, die einen optimalen Empfang gewährleisten soll. Aber eine

Antenne auf dem Tag allein reicht nicht. Die Daten müssen auf dem Tag auch gespeichert und

dazu auch verarbeitet werden. Dafür benötigt das Tag zusätzlich zur Antenne weitere Kompo-

nenten: Speicher, Prozessor und Energieversorgung. Diese Komponenten benden sich in einem

Chip auf dem Tag. Er ist etwa 1 mm2 klein und so dünn, dass er auf dem Tag gerade so zu

erfühlen ist. Sie können sich ein Tag als Minicomputer mit sehr geringen Fähigkeiten vorstellen.

5.3.2.2. Energieversorgung der Tags

Aus der Physik-Vorlesung wissen Sie, dass jedes Gerät zum Funktionieren Energie benötigt.

Ein Tag benötigt zum Senden, Empfangen, Verarbeiten und Speichern der Daten demnach auch

elektrische Energie. Auf den im Praktikum verwendeten sogenannten passiven Tags ist aber keine

Batterie vorhanden. Wie kann dann ein Tag funktionieren?

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Integriertes Praktikum II 61

Abbildung 5.7.: RFID-Tag

Elektromagnetische Strahlung kann zur Energieübertragung genutzt werden, wie Sie es z.B. von

der Mikrowelle kennen. Aber auch die Übertragung von Informationen ist möglich. Das kennen

Sie vom Radio, TV und vom Mobiltelefon. Die für die Arbeit des Tags erforderliche Energie

liefert der Reader über seine Antenne. Der Trick ist, dass die Antennen zuerst elektromagnetische

Strahlung abstrahlt, um das Tag mit Energie zu versorgen. Sie wird von der Antenne des Tags

empfangen und in einem winzigen Kondensator gespeichert. Diese sehr geringe Energiemenge

reicht aus, damit der Chip arbeiten und Daten mit dem Reader austauschen kann. Wenn es

beim ersten Mal nicht klappt, werden weitere Anläufe genommen, bis der Austausch einwandfrei

funktioniert hat.

Die Technik der Energieübertragung mit elektromagnetischer Strahlung steckt noch in den Kin-

derschuhen. Deshalb sind die Entfernungen zwischen Reader und Tag bei UHF-Systemen auf

3 − 6 m begrenzt. Bei gröÿeren Entfernungen reicht die übertragende Energie nicht mehr aus,

um den Tag mit Energie für den Datenaustausch zu versorgen. Auch bei geringeren Entfernungen

kann es zu Fehlfunktionen kommen. Leitende Folien können die elektromagnetische Strahlung

dämpfen, d.h. einen Teil der abgestrahlten Energie absorbieren, so dass ebenfalls zu wenig Ener-

gie für einen Datenaustausch zur Verfügung steht. Auch Wasser hat eine dämpfende Wirkung.

Was in der Mikrowelle bei einer etwa 3mal gröÿeren Frequenz gewollt ist, nämlich dass die

elektromagnetische Strahlung vom Wasser absorbiert wird und das Wasser erwärmt, kann bei

RFID-Systemen dazu führen, dass ebenfalls zu wenig Energie für die Aktivierung des Tags zur

Verfügung steht. Die vom Reader abgestrahlten Energiemengen sind auf jeden Fall so gering, dass

eine Erwärmung des Wassers praktisch nicht stattndet. Der Reader hat eine Leistung P = 2 W,

während eine Mikrowelle eine Leistung von einigen hundert Watt hat [1].

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62 Versuch Induktivität und Kapazität (RCL)

5.4. Zusammenfassung

5.4.1. Größen und Einheiten

Gröÿe Formelzeichen Einheit Abkürzung

Spannung U Volt V

Ladung Q Coulomb A · s

Kapazität C Farad F

Zeit t Sekunden s

Zeitkonstante τ Sekunden s

Halbwertszeit t1/2 Sekunden s

Widerstand, ohmscher R Ohm Ω

Widerstand, kapazitiver XC Ohm Ω

Frequenz f Hertz Hz

Kreisfrequenz ω Hertz Hz

Beleuchtungsstärke E Lux Hz

5.4.2. Verwendete Formeln

ω = 2 · π · f

Q = C · U

U(t) = U0 · (1− e−t/τ )

U(t) = U0 · e−t/τ

τ = C ·R

XC = 1ω·C

5.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis

Wenn Sie die folgenden Fragen beantworten können, haben Sie die wesentlichen physikalischen

Zusammenhänge des Versuchs verstanden.

Was ist die Halbwertszeit?

Was ist die Zeitkonstante?

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Integriertes Praktikum II 63

Nach welcher Zeit ist - streng mathematisch gesehen - der Ein- bzw. Ausschaltvorgang bei

dem Kondensator abgeschlossen?

Nach welcher Zeit wird technisch der Ein- bzw. Ausschaltvorgang als abgeschlossen be-

trachtet?

Wie ist ein Kondensator aufgebaut?

Wie verändert sich der Widerstand eines Kondensators, wenn die Frequenz einer anliegen-

den Wechselspannung vergröÿert wird?

Wie kann in einem Versuchsaufbau der kapazitive Widerstand bestimmt werden? Welches

Gesetz wenden Sie dafür an?

Was ist ein RFID-System?

Was ist ein Reader?

Was ist ein Tag?

In welchem Frequenzbereich arbeitet ein UHF-RFID-System?

Wie wird ein Tag mit Energie versorgt?

Wieso ist die Reichweite von RFID-Systemen begrenzt?

Wie groÿ ist die Reichweite von UHF-RFID-Systemen maximal?

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6. Versuch Viskosität (VIS)

Soÿe soll eine bestimmte Konsistenz haben. Ist sie zu dünn, hilft man schon mal mit Speisestärke

nach, damit sie schön sämig wird. Wie die Moleküle der Speisestärke es schaen, die Soÿe zu

binden, bleibt an dieser Stelle oen, denn hier geht es um die Frage

Woher weiÿ ich, dass die Soÿe oder eine andere beliebige Flüssigkeit die gewünschte Konsistenz

hat?

Ganz einfach: Man lässt sie von einem Löel tropfen und sieht, ob sie zu üssig oder zu fest

ist. Diese qualitative Methode funktioniert sehr gut, solange man am eigenen Herd steht. Eine

Auszubildende steht daneben und weiÿ jetzt, wie die Chen ihre Soÿe haben will. Und wenn

sie unsicher ist, kann sie sie ja noch einmal fragen. Aber wie erklären Sie jemandem, der weit

entfernt ist, was Sie unter der richtigen Konsistenz einer Soÿe verstehen? Wie können Sie sicher

stellen, dass ein angeliefertes Produkt die richtige Konsistenz hat?

6.1. Checkliste

Vorbereitung

Ihre Vorbereitung sollte einen Tag vor Ihrem Praktikumstermin abgeschlossen sein.

2 Arbeiten Sie dieses Kapitel des Skripts durch.

2 Legen Sie im Team fest, wer von Ihnen welchen Versuchsteil bearbeitet.

2 Laden Sie die Musterlösungen für diesen Versuch herunter und vollziehen Sie die Ergebnisse

und Aussagen der Graken nach.

2 Laden Sie die Excel-Dateien für diesen Versuch herunter und ergänzen Sie Ihren Versuchs-

teil. Prüfen Sie durch Einsetzen von Musterwerten, ob die ergänzten Formeln die gleichen

Ergebnisse wie in der Musterdatei liefern. Gehen Sie ebenso bei zu ergänzenden Diagram-

men vor.

2 Lesen Sie die FAQ zu diesem Versuch, um auf häug gemachte Fehler vorbereitet zu sein.

64

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Integriertes Praktikum II 65

2 Machen Sie sich mit den in Ihrem Versuchsteil eingesetzten Geräten vertraut, indem Sie

sich die Bedienungsanleitungen und Videos zur Instruktion ansehen.

2 Fragen Sie bei Unklarheiten bei den Betreuern oder Herrn Groÿmann nach.

Durchführung

2 Bringen Sie die erforderlichen Dateien auf Ihrem USB-Stick mit.

2 Führen Sie das Antestat durch.

2 Nach Bestehen des Antestats: Sehen Sie sich die Geräte für Ihren Versuchsteil an und

vergleichen Sie sie mit den Informationen aus Betriebsanleitungen und Videos. Schalten

Sie sie jedoch erst ein, nachdem die Betreuung Sie dazu aufgefordert hat!

2 Führen Sie Ihre Messungen durch.

2 Vergleichen Sie kritisch die eigenen Messwerte mit den Musterwerten. Verfahren Sie ebenso

mit den Graken bezüglich Kurvenverlauf, Trendlinien etc..

2 Bei Problemen mit Messgeräten oder Ergebnissen: Schlagen Sie in den FAQ nach, ob Ihr

Problem dort aufgeführt ist und wenden Sie die Lösung an.

Nachbereitung

2 Tauschen Sie sich mit Ihren Teammitgliedern über Ihre Ergebnisse aus!

2 Übertragen Sie die Ergebnisse Ihres Teams in die Datei VIS_Ergebnis.xlsx.

2 Drucken Sie sich am Ende des Versuchs das Aufgabenblatt für Ihren Versuchsteil aus.

2 Lösen Sie die Aufgaben des Aufgabenblatts und geben Sie es zusammen mit dem Datenblatt

Ihres Versuchsteils und dem Ergebnisblatt ab.

6.2. Lernziele

In Ihrem weiteren Studium und in den Berufsfeldern der Studiengänge Oecotrophologie bzw. Ca-

tering und Hospitality Services nden die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie in diesem Versuch

erwerben, Anwendung. Z.B.

Chemie

Biochemie

Lebensmittelchemie

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66 Versuch Viskosität (VIS)

Haushaltstechnik

Produktentwicklung

Werkstoe

Reinigungstechnik

Sensorik

Qualitätskontrolle z.B.

⇒ Lebensmitteluntersuchungen

⇒ Gemeinschaftsverpegung

⇒ Warenein- und -ausgangskontrolle

Durch Ihre Vorbereitung auf den Versuch und die praktischen Arbeiten

kennen Sie die Grundbegrie der Rheologie und die physikalische Modellvorstellung

kennen Sie die verschiedenen Bauarten von Viskosimetern sowie ihre Vor- und Nachteile

können Sie Messungen mit verschiedenen Viskosimetern durchführen und die Mess-

ergebnisse interpretieren

kennen Sie die möglichen Abhängigkeiten der Viskosität von z.B. Temperatur, Drehzahl,

Messdauer

6.3. Physikalischer Hintergrund

Es wird eine Messgröÿe für die Konsistenz benötigt, die Sie jemanden mitteilen können, so dass

derjenige dann genau weiÿ, welche Konsistenz Sie haben möchten. Diese Gröÿe wird als Vis-

kosität bezeichnet. Die Viskosität beschreibt also die Zähigkeit von Flüssigkeiten. Um sie zu

verstehen, müssen die Vorgänge beim Flieÿen einer Flüssigkeit genauer betrachtet werden. Dazu

wird in der Physik die Modellvorstellung des Kugelmodells angewendet. Im Kugelmodell werden

die Moleküle der Flüssigkeiten als Kugeln angesehen, die sich untereinander anziehen. Die dabei

wirkenden Kräfte werden als intermolekulare Kräfte bezeichnet. Flüssigkeiten werden als über-

einander gestapelte Lagen von Kugeln angesehen. Im Gegensatz zu echten Kugeln können die

Molekülkugeln jedoch nicht rollen (Abb. 6.1). Diese Modellvorstellung wird auch zur Erklärung

der Oberächenspannung benutzt.

Betrachten wir der Einfachheit halber erst einmal zwei Moleküllagen. Wenn eine Flüssigkeit

ieÿt, bewegen sich in der Modellvorstellung die Moleküllagen gegeneinander. Dabei gleiten die

Kugeln der oberen Lage über die der unteren Lage hinweg, die Moleküle führen einen sogenannten

Platzwechsel aus (Abb. 6.2). Für diesen Platzwechsel benötigen sie Energie, denn zwischen den

Moleküllagen entsteht beim Platzwechsel Reibung. Ist die Reibungsenergie höher als die zur

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Integriertes Praktikum II 67

Abbildung 6.1.: Kugelmodell als Modellvorstellung von Flüssigkeiten. Moleküle werden als Ku-geln angenommen. Für die hervorgehobenen Kugeln sind die Kräfte zwischenden Molekülen als gelbe Pfeile eingezeichnet.

Verfügung stehende Energie, kann kein Platzwechsel stattnden. Je höher die Temperatur der

Flüssigkeit ist, desto gröÿer ist die Energie in der Flüssigkeit und umso wahrscheinlicher ist es.

dass die benötigte Energie für einen Platzwechsel zur Verfügung steht. Dadurch entsteht eine

groÿe Temperaturabhängigkeit der Viskosität. Zur Angabe des Viskositätswerts gehört deshalb

immer die Flüssigkeitstemperatur bei der Messung dazu.

Abbildung 6.2.: Platzwechsel in der Modellvorstellung von Flüssigkeiten. Links der Ausgangs-zustand, in der Mitte werden die oberen Moleküllagen von rechts nach linksüber die untere Lage geschoben, wobei Reibung entsteht. Rechts ist der Platz-wechsel abgeschlossen.

6.3.1. Warum ist die Höhe der Viskosität von verschiedenenStoffen unterschiedlich?

Bisher haben wir das Verhalten von zwei Moleküllagen betrachtet. Flüssigkeiten bestehen aber

aus einer sehr groÿen Anzahl von Moleküllagen. Um die Vorgänge beim Flieÿen zu verstehen,

betrachtet man am besten ein von einer Flüssigkeit durchströmtes Rohr. Die Moleküllagen sollen

parallel zu den Rohrwänden verlaufen. Es muss in den verschiedenen Moleküllagen unterschiedli-

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68 Versuch Viskosität (VIS)

che Geschwindigkeiten geben. Denn wenn sich alle Flüssigkeitsteilchen im Rohr mit der gleichen

Geschwindigkeit bewegen würden, dürfte zwischen der Rohrwand und der ersten Moleküllage kei-

ne Reibung vorhanden sein. Sonst würden die Moleküle, die Kontakt mit der Rohrwand haben,

abgebremst werden und wären damit langsamer. Tatsächlich bewegt sich die erste Moleküllage

infolge der Reibung so gut wie gar nicht. Die zweite Moleküllage kann sich auf ihr aber schon

schneller vorwärts bewegen, die dritte noch schneller usw. bis die Geschwindigkeit in der Rohr-

mitte am gröÿten ist. Die Geschwindigkeit einer Flüssigkeit ist also in der Rohrmitte am höchsten

und an den Rohrwänden infolge der Reibung Null. Deshalb bleibt von einer Flüssigkeit auch im-

mer etwas an den Wänden kleben, es sei denn, Sie haben die Rohrwand mit dem Lotuseekt

ausgerüstet.

Trägt man über den Rohrquerschnitt die Geschwindigkeit der Flüssigkeitsmoleküle vom Rand

über die Rohrmitte zum Rand auf, so ergibt sich eine parabelförmige Kurve. Sie wird Geschwin-

digkeitsverteilung der Flüssigkeit genannt (Abb. 6.3). Was wir als Flieÿgeschwindigkeit messen,

ist eine Durchschnittsgeschwindigkeit, da wir meist nicht die Geschwindigkeit einzelner Moleküll-

agen messen, sondern die Geschwindigkeit der gesamten Flüssigkeit. Dieses Modell funktioniert

bei niedrigen Flieÿgeschwindigkeiten, bei denen die Reibung eine wesentliche Rolle spielt, sehr

gut. Solche Strömungen werden als laminare Strömung bezeichnet. Nur bei laminaren Strömun-

gen kann die Viskosität bestimmt werden.

Abbildung 6.3.: Geschwindigkeitsverteilung einer Flüssigkeitsströmung in einem Rohr. Die Pfei-le sind die Geschwindigkeitsvektoren in der Flüssigkeit. In der Rohrmitteherrscht die höchste Geschwindigkeit, an den Rändern wird sie Null.

6.3.2. Wie kann die Viskosität berechnet werden?

Stokes1 entwickelte ein Verfahren, bei dem eine Kugel durch eine Flüssigkeit in einem Rohr

bewegt wird. Die bei der Bewegung entstehende Reibungskraft ergibt sich aus dem Gesetz von

Stokes [9, 13, 11].

FReib = 6π · η · v · rKugel (6.1)

1George Gabriel Stokes, irischer Mathematiker und Physiker, *1819, †1903

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Integriertes Praktikum II 69

mit

FReib Reibungskraft, die die Kugel abbremst in N

η dynamische Viskosität in Pa · s

v Geschwindigkeit der Kugel in m/ s

rKugel Kugelradius in m

Sie ist proportional zur Viskosität der Flüssigkeit, zur Geschwindigkeit und zum Radius der

Kugel.

6.3.2.1. Messung der Viskosität mit demHöppler-Viskosimeter

Bei dem im Praktikumsversuch benutzten Höppler-Viskosimeter wird eine Kugel durch die Gra-

vitationskraft FG durch die zu untersuchende Flüssigkeit von der Oberäche zum Gefäÿboden

bewegt. Die dabei auftretende Auftriebskraft FAuftrieb wirkt der Gravitationskraft entgegen, so

dass die Kugel nur durch die Dierenz beider Kräfte beschleunigt wird.

FG − FAuftrieb = (mKugel · g)− (mFl · g)

= (ρKugel − ρFl) · VKugel · g (6.2)

mit

mKugel Masse der Kugel, die durch die Flüssigkeit fällt, in kg

mFl Masse der Flüssigkeit, die die Kugel verdrängt, in kg

VKugel Flüssigkeitsvolumen, das die Kugel verdrängt, in m

ρKugel Dichte der Kugel in kg/m3

ρFl Dichte der Flüssigkeit in kg/m3

g Erdbeschleunigung (9, 81 m/ s2)

Die in Gleichung 6.2 vorkommenden Gröÿen sind alle bekannt. Die Dierenz der beiden Kräfte

kann daher berechnet werden. Damit können wir die Kraft berechnen, die die Kugel beschleunigt.

Aus dem Gesetz von Stokes wissen wir aber auch, dass sich durch eine Geschwindigkeitszunahme

die Reibungskraft FReib erhöht. Irgendwann ist die Geschwindigkeit so groÿ, dass

FG − FAuftrieb − FReib = 0 (6.3)

und die Geschwindigkeit v bleibt konstant (1. Newtonsches Gesetz). Dadurch lässt sich v sehr

einfach bestimmen, wenn Sie die auf dem Viskosimeter markierte Fallstrecke s und die zugehörige

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70 Versuch Viskosität (VIS)

Fallzeit t messen.

v = s/t (6.4)

Für die Bestimmung der Viskosität werden die Gleichungen 6.1 und 6.2 in Gleichung 6.3 einge-

setzt.

FReib = FG − FAuftrieb6π · η · v · rKugel = (ρKugel − ρFl) · V · g (6.5)

Durch Umstellen der Gleichung und Einsetzen von Gleichung 6.4 ergibt sich für die Viskosität

η =(ρKugel − ρFl) · V · g

6π · v · rKugel

=(ρKugel − ρFl) · V · g

6π · st · rKugel

=VKugel · g

6π · s · rKugel· (ρKugel − ρFl) · t (6.6)

Der Bruch in dieser Gleichung enthält nur Gröÿen, die für das Höppler-Viskosimeter konstant

sind. Sie werden zur Gerätekonstante k zusammengefasst.

η = k · (ρKugel − ρFl) · t

= 0, 71255mPa · cm3

g· (ρKugel − ρFl) · t

6.3.2.2. Messung der Viskosität mit demRotationsviskosimeter

Das Viskosimeter Viscotester VT01 arbeiten nach einem etwas anderen Messprinzip. Ein Elek-

tromotor dreht mit einer konstanten Drehzahl einen meist becherförmigen Probekörper, der

in die zu messende Flüssigkeit eingetaucht wird. Es stehen Probekörper mit unterschiedlichen

Durchmessern und Höhen zur Verfügung [8]. Durch die Rotation der Probekörper entsteht in der

Flüssigkeit eine Drehbewegung, die umso stärker ist, je geringer der Abstand zwischen Flüssigkeit

und Oberäche des Rotationskörpers ist. Sie können das sehr gut bei der Viskositätsmessung des

Öls beobachten.

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Integriertes Praktikum II 71

Die Beobachtung lässt sich ebenfalls sehr anschaulich mit der Modellvorstellung von Flüssigkei-

ten erklären. Wegen der Drehbewegung gehen wir dazu von Moleküllagen in Form konzentrischer

Kreise aus. Da sich der Probekörper dreht, hat die erste auf ihm haftende Moleküllage die gröÿte

Geschwindigkeit. Bei allen folgenden Moleküllagen reduziert sich die Geschwindigkeit immer wei-

ter. Die letzte Moleküllage, die auf der bewegungslosen Gefäÿwand haftet, hat dementsprechend

keine Geschwindigkeit mehr.

Um den Probekörper in Rotation zu versetzen, muss die Reibungskraft FReib überwunden werden.

Dazu muss der Motor ein Drehmoment erzeugen, dass sich aus

τ = FReib · rPk (6.7)

ergibt. Je gröÿer die Reibung FReib ist, desto gröÿer wird das Drehmoment τ , das für die Rotation

des Probekörper erforderlich ist.

Damit der Motor das erforderliche Drehmoment erzeugen und die Drehzahl konstant halten kann,

muss ein Strom I durch dem Motor ieÿen. Es gilt

τ = Φ · I · sinα (6.8)

mit

τ Drehmoment (des Motors) in N · m

Φ magnetischer Fluss in V · s

I elektrische Stromstärke in A

Auf die Gröÿe Φ wird hier nicht weiter eingegangen. Durch Gleichsetzen und Umformen der

Gleichungen 6.7 und 6.8 sowie Einführung der Gerätekonstanten k ergibt sich

η = k · I (6.9)

Wenn Sie die Anzeige des Viscotesters VT01 ablesen, zeigt sie Ihnen die Viskosität η an. Tat-

sächlich misst das Gerät jedoch den Strom, der durch den Motor ieÿt und mit Hilfe der Gleichung

6.9 in die Viskosität umgerechnet werden kann.

Da das Gerät schon etwas älter ist, zeigt es die Viskosität in Poise (P) bzw. Zentipoise ( cP) an.

Diese Einheiten sind nicht mehr zulässig. Für die Umrechnung in die SI-Einheit Pascalsekunde

gilt

1 Pa · s = 10 P

1 P = 0, 1 Pa · s (6.10)

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72 Versuch Viskosität (VIS)

6.3.2.3. Messung der Viskosität mit demBrookfield-Viskosimeter

Das Brookeld-Viskosimeter arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip wie das Rotationsviskosime-

ter. Das im Versuch eingesetzte Werkzeug besteht aus einer kleinen zylindrischen Kammer mit

planem Boden und einem Kegel der über eine Achse von einem Motor gedreht wird. Die Kegel-

spitze zeigt nach unten in Richtung des Bodens der zylindrischen Kammer. Der Önungswinkel α

zwischen Kegel und (Boden-)Platte beträgt im Praktikum 2°. Die Geometrie des Werkzeugs gab

ihm seinen Namen: Kegel-Platte-Viskosimeter (Abb. 6.4). Die zu untersuchende Probe bendet

sich im Spalt zwischen Kegel und Platte. Der rotierende Kegel und die stillstehende Platte erzeu-

gen wie beim Rotationsviskosimeter ein Geschwindigkeitsgefälle in der zu untersuchenden Flüs-

sigkeit. Um die Reibung zwischen den Flüssigkeitsteilchen zu überwinden und die ausgewählte

Drehzahl des Kegels zu erzeugen, muss der Antriebsmotor ein bestimmtes Drehmoment aufbrin-

gen. Aus dem Drehmoment, das für die Erzeugung einer bestimmten Drehzahl erforderlich ist,

berechnet der eingebaute Mikrocomputer die Viskosität und weitere Gröÿen. Eine serielle Schnitt-

stelle ermöglicht es, das Viskosimeter durch einen PC zu steuern und die Messdaten auf den PC

zu übertragen. Anders als beim Rotationsviskosimeter kann beim Kegel-Platte-Viskosimeter die

Drehzahl des Kegels variiert werden. Dadurch sind Untersuchungen von Stoen möglich, deren

Viskosität von der Höhe des Geschwindigkeitsgefälles abhängt.

Abbildung 6.4.: Schnitt durch das Kegel-Platte-Viskosimeter. Im Messspalt befindet sich die zuuntersuchende Flüssigkeitsprobe.

6.3.2.4. Messung der Viskosität mit den Auslaufbechern

Als vierte Messmöglichkeit werden im Praktikum sogenannte Auslaufbecher eingesetzt. Dabei

handelt es sich um speziell gefertigte Becher, die ein Loch im spitz zusammenlaufenden Boden

besitzen, indem sich eine Düse mit 3 mm, 4 mm, 5 mm oder 6 mm bendet (Abb. 6.5). Der

Becher wird in die zu messende Flüssigkeit getaucht, ganz und möglichst ohne Blasen gefüllt

und wieder aus der Flüssigkeit gezogen. Durch die Düse im Boden läuft die Flüssigkeit zurück

in den Behälter. Dabei wird die Zeit gestoppt, in der der Flüssigkeitsstrahl ohne abzureiÿen aus

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Integriertes Praktikum II 73

dem Auslaufbecher herausieÿt. Die Auslaufzeit ist zum einen vom Düsendurchmesser und zum

anderen von der Viskosität der Flüssigkeit abhängig.

Abbildung 6.5.: Messung der Auslaufzeit mit dem Auslaufbecher. Aus der Auslaufzeit kann diekinematische Viskosität und bei Kenntnis der Dichte die dynamische Viskositätbestimmt werden.

Um aus der Auslaufzeit die Viskosität bestimmen zu können, werden spezielle Diagramme

benötigt, aus denen die Viskosität abgelesen werden kann. Diese Diagramme sind Teil der

DINEN ISO2431 [5]. Für die Norm stehen Auslaufbecher mit unterschiedlichen Durchmessern

der Auslaufdüse zur Verfügung, sodass darauf geachtet werden muss, welcher Auslaufbecher zum

Einsatz kommt. Die Bestimmung der Auslaufzeit erfreut sich groÿer Beliebtheit, da es sich um

ein schnell durchzuführendes und einfach zu handhabendes Verfahren handelt. In der Industrie

wird häug auf die Umrechnung der Auslaufzeit in die Viskosität verzichtet. Statt dessen werden

direkt die Auslaufzeiten angegeben. Da die durchführende Person die Messungen etwas beein-

usst, weisen Messungen mit den Auslaufbechern gröÿere Fehler auf, als die anderen vorgestellten

Messverfahren.

Die Messergebnisse mit dem Auslaufbecher und die der anderen Verfahren lassen sich nur mit ei-

ner Umrechnung vergleichen. Denn während mit den Auslaufbechern die kinematische Viskosität

gemessen wird, bestimmen die anderen Messverfahren die dynamische Viskosität. Beide Gröÿen

hängen unmittelbar über die Dichte ρ zusammen

ν =η

ρ(6.11)

mit

η dynamische Viskosität in Pa · s

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74 Versuch Viskosität (VIS)

und

ν kinematische Viskosität in mm2/ s

ρ Dichte der Flüssigkeit in kg/m3

Den Einuss der Dichte können Sie sich leicht erklären, wenn Sie sich zwei Flüssigkeiten mit

gleicher dynamischen Viskosität aber unterschiedlicher Dichte vorstellen. Die Flüssigkeit mit der

gröÿeren Dichte wird infolge der Gravitationskraft schneller durch den Auslaufbecher ieÿen,

weil sie bei gleichem Volumen eine gröÿere Masse aufweist. Eine Umrechnung der kinematischen

in die dynamische Viskosität ist mit Gleichung 6.11 möglich, wenn die Dichte der untersuchten

Flüssigkeit bekannt ist. Diese wird im Versuch mit so genannten Aräometern bestimmt.

6.3.3. Gibt es verschiedene Formen von Viskosität?

Bei den Flüssigkeiten, die wir bisher betrachtet haben, gingen wir davon aus, dass sich die Viskosi-

tät mit steigender Temperatur verringert. Viele Flüssigkeiten reagieren tatsächlich so. Sie werden

newtonsche Flüssigkeiten genannt. Sie können über die Angabe der temperaturabhängigen Vis-

kosität beschrieben werden. Beispiele für newtonsche Flüssigkeiten sind Wasser, Zuckerlösungen,

Mineralöle und Lösungsmittel.

Die Forschung hat inzwischen Substanzen entwickelt, die in Wasser aufgelöst einen völlig andere

Temperaturabhängigkeit der Viskosität aufweisen. Im Praktikum untersuchen Sie einen Sto,

der bei niedrigen Temperaturen eine nahezu konstante Viskosität aufweist. Ab einer bestimmten

Temperatur steigt dann die Viskosität sprunghaft an. Solche Stoe sind z.B. für die Herstellung

von Soÿen sehr interessant. Kalt mit wenig Kraft umzurühren und im heiÿen Zustand genau die

richtige Konsistenz zum Verzehr.

Es gibt aber Flüssigkeiten, die noch anders reagieren. Sie werden als nicht-newtonsche Flüssig-

keiten bezeichnet und sollen nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden:

Bei einigen Flüssigkeiten hängt die Viskosität zusätzlich von der Strömungsgeschwindigkeit der

Moleküle ab. Bei vielen Flüssigkeiten und Pasten sinkt die Viskosität mit steigender Strömungs-

geschwindigkeit. Das heiÿt, die Viskosität unserer oben beschriebenen Soÿe hängt nicht nur von

ihrer Temperatur sondern auch von der Geschwindigkeit ab, mit der Sie sie umrühren. Diese

Flüssigkeiten werden als strukturviskos bezeichnet. Die Viskosität von diesen Flüssigkeiten könn-

te mit dem im Praktikum verwendeten Viskosimeter der Firma Brookeld gemessen werden.

Dafür müsste zusätzlich die Rührgeschwindigkeit protokolliert werden.

Bei anderen Flüssigkeiten hängt die Viskosität von der Dauer des Strömens bzw. Rührens ab.

Je länger gerührt wird, desto geringer ist die Viskosität der Flüssigkeit. Kommt die Flüssigkeit

zur Ruhe, so regeneriert sie sich. Das heiÿt, dass die Viskosität nach einer unterschiedlich langen

Zeit wieder den ursprünglichen Wert erreicht. Dieses Verhalten wird Thixotropie genannt. Zu

den thixotropen Flüssigkeiten gehören Fette, Wachse, Kleister und Lacke.

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Integriertes Praktikum II 75

6.4. Zusammenfassung

6.4.1. Größen und Einheiten

Gröÿe Formelzeichen Einheit Abkürzung

Kraft F Newton N

Viskosität, dynamische η Pa · s

Viskosität, kinematische ν mm2/ s

Masse m Kilogramm kg

Volumen V Kubikmeter m3

Dichte ρ kg/m3

Drehmoment τ Newtonmeter N · m

Geschwindigkeit v m/ s

Erdbeschleunigung g m/ s2

Gerätekonstante k geräteabhängig -

6.4.2. Verwendete Formeln

FReib = 6π · η · v · rKugel

FG = ρKugel · VKugel · g

FAuftrieb = ρFl · VKugel · g

η = k · (ρKugel − ρFl) · t

FG − FAuftrieb − FReib = 0

ν = ηρ

τ = FReib · rPk

η = k · I

6.5. Selbstkontrolle: Fragen zum Verständnis

Wenn Sie die folgenden Fragen beantworten können, haben Sie die wesentlichen physikalischen

Zusammenhänge des Versuchs verstanden.

Was ist Viskosität?

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76 Versuch Viskosität (VIS)

In welchen Bereichen ist sie wichtig?

Was haben die vorgestellten Messverfahren gemeinsam und wo unterscheiden Sie sich?

Beschreiben Sie das physikalische Modell für die Erklärung der Viskosität.

Welche Rolle spielen Moleküllagen bei der Erklärung der Viskosität?

Was sind intermolekulare Kräfte?

Was ist das Gesetz von Stokes und was sagt es aus?

Inwieweit ist die Viskosität temperaturabhängig?

Was unterscheidet Newtonsche von nicht-Newtonschen Flüssigkeiten?

Wieso wird bei den Viscotester VT01 der elektrische Strom I gemessen, wo doch die

Viskosität bestimmt werden soll?

Wieso reicht es beim Höppler-Viskosimeter aus die Fallzeit der Kugel und die Temperatur

der Flüssigkeit zu messen, um die Viskosität zu bestimmen?

Wieso benötigen Sie zur Berechnung der dynamischen Viskosität aus der Auslaufzeit des

Bechers die Dichte der Flüssigkeit?

Welche der vier vorgestellten Messverfahren sind besonders zuverlässig?

Welches zeichnet sich durch seine Schnelligkeit aus?

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Teil II.

Mathematik/Statistik und angewandte EDV

77

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7. Einleitung zum mathematischen Teil(Menzel)

Organisatorische Besonderheiten im mathematischen Anteil des IP 2:

1. Antestate zu Praktikumsthemen aus dem Teil Mathematik/EDV erfolgen über die Lern-

plattform Moodle.

Zunächst müssen Sie sich bei Moodle im Kurs Antestat Mathematik FB05 einschreiben.

Der Selbsteinschreibeschlüssel lautet: matest05

Nun sind Sie im Kurs eingeschrieben und können die Antestate durchführen. Sie können

die Tests unbegrenzt wiederholen. Gespeichert und bewertet wird nur der jeweils letzte

Versuch. Sie müssen das Antestat zum jeweiligen Thema bis spätestens einen Tag vorher

bestanden haben, um am Integrierten Praktikum teilnehmen zu können. Um ein Antestat

zu bestehen müssen Sie mindestens 7 Fragen richtig beantworten, also 70% erreichen.

2. Die mathematischen Übungsanteile des Praktikums nden in gröÿeren Gruppen in einem

der Vorlesungsräume statt; bitte beachten Sie den Plan, der am schwarzen Brett aushängt.

Das Integrierte Praktikum Mathematik/Physik/EDV 2 setzt die Arbeit des Integrierten

Praktikums 1 im 2. Semester fort und ergänzt insbesondere die Grundvorlesung Mathema-

tik/Statistische Grundlagen um weitere Übungen.

Es ist erforderlich, dass Sie zu jeder Praktikumsstunde vorbereitet sind. Dazu nden Sie im

nachfolgenden Skript zu jedem Kapitel vorbereitende Aufgaben und ggf. Literaturangaben. Eine

unvorbereitete Teilnahme am Praktikum ist nicht sinnvoll.

Anwesenheit: Wegen des beschränkten Platzes in Raum O 127 und wegen der Ungleichmä-

ÿigkeit der Auslastung der Gruppen müssen Sie am Ihnen zugeteilten Termin teilnehmen. Dies

ist stundenplantechnisch immer möglich. Die Anwesenheit muss testiert werden. Sollten Sie an

einem Termin nicht teilnehmen können (z.B. wegen Krankheit oder wegen fehlender Voraus-

setzungen), so müssen Sie sich für einen Nachholtermin anmelden. Siehe hierzu die Einleitung.

Nachholtermine werden ausgehängt.

Online-Antestate: Bei erfolgreich durchgeführtem Online-Antest erscheint eine auszudru-

ckende Seite. Neuheit im Sommersemester 2014: Bitte tragen Sie die Online-Antestat-Codes

78

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Integriertes Praktikum II 79

auf dem Testatbogen ein. Alternativ: Drucken Sie diese Seite aus!Wir können Sie mit Ihrem

erfolgreich durchgeführtem Online-Test nur in Verbindung bringen, wenn Sie diese

Seite mitbringen oder den Code auf Ihrem Testatbogen eingetragen haben.

Abgabe der Aufgaben: Sie schlieÿen die Kapitel des IP2 mit abzugebenden Aufgaben ab.

Dies sind z.T. Dateien, z.T. Übungszettel. Bitte werfen Sie die Übungszettel in das Postfach von

Frau Bärtels. Abzugebende Dateien speichern Sie unter Ihrem Windows-Benutzer im Verzeich-

nis Z:\Export. Wichtig: Übungszettel und Dateien werden von uns ausnahmslos nur

Mittwochs abgeholt. Stellen Sie sicher, dass Ihre Abgabe rechtzeitig erfolgt, wenn

der nächste Praktikumstermin für Sie davon abhängt!

Beachten Sie die Termine zu Beginn dieses Skriptes. Wenn der letzte Abgabetermin für dieses

Semester verstrichen ist, werden keine weiteren Aufgaben mehr in diesem Semester korrigiert;

Ihr Testat verschiebt sich damit unweigerlich um mindestens ein Semester.

Motivation des Stoes: Wie schon in der Einführung zur Grundvorlesung Mathema-

tik/Statistische Grundlagen erwähnt, gibt es auf die Frage Wozu brauche ich das? keine all-

gemeingültige Antwort. Ich kann Ihnen nicht sagen, wozu Sie den Sto gebrauchen werden,

sondern nur, wozu man ihn gebrauchen kann. Sie werden jedoch aus mindestens 12 Schuljahren

die Erfahrung mitgebracht haben, dass man den mathematischen Sto unverhot zu einem spä-

teren Zeitpunkt wieder gebraucht und dann am besten vorbereitet sein sollte. Im Übrigen sind

Stoauswahl und Umfang der mathematischen Grundveranstaltungen Ergebnis von Diskussio-

nen mit den Kolleginnen und Kollegen des Fachbereichs sowie potentiellen Arbeitgebern unserer

Absolventinnen und Absolventen.

Selbstständigkeit: Das Praktikum arbeitet unabdingbar exemplarisch, und zur selbstständi-

gen Erarbeitung des Stoes durch die Studierenden gibt es keine Alternative hauptsächlich

auch deswegen, weil auch im späteren Berufsleben kein Mathematiker hinter Ihnen stehen wird.

Darum: Arbeiten Sie selbstständig und in kleinen Gruppen! Die Betreuung des Praktikums dient

dazu, Fragen zu beantworten, wenn Sie nicht allein weiterkommen, nicht jedoch, Ihnen den Sto

zu erläutern, den Sie allein vorbereiten können.

Nicht in jedem Falle werden alle Aufgaben während der Praktikumsstunden fertiggestellt werden

können; in diesem Falle arbeiten Sie sie bitte selbstständig zu Ende, dabei stehen Ihnen die Rech-

ner im EDV-Arbeitsraum zur Verfügung. In allen wesentlichen Fällen nden Sie Lösungshinweise,

Ansätze oder Ergebnisse im Skript.

Die Reihenfolge der Kapitel in diesem Skript ist nicht notwendig identisch mit der Reihenfolge

der Themenbearbeitung während des Semesters. Es gilt der ausgehängte Zeitplan.

Page 80: Integriertes Praktikum II.Praktikum für das 2. Semester · Das Integrierte Praktikum Mathematik/Physik/EDV 2 (IP 2) ist eine Lehrveranstaltung mit 2 Kreditpunkten. Die Arbeitsbelastung

8. Einführung in statistischeDatenanalyse mit SPSS. LineareRegression. (STAT2)

8.1. Checkliste. Einleitung

Für die Bearbeitung dieses Kapitels benötigen Sie:

2 Ihr Windows-Benutzeraccount für Raum O 127, das Sie bereits im ersten Semester einge-

richtet haben,

2 die unter Ihrem Account im Verzeichnis Z:\Import abgelegten Dateien STAT2.xlsm und

STAT2.docx,

2 einige Dateien aus dem Downloadbereich Menzel.

Vorher (bis einen Tag vor Ihrem Praktikumstermin)

2 Bearbeiten Sie die vorbereitenden Aufgaben (s.u.)!

2 Lösen Sie danach individuell den Onlinetest zum Kapitel STAT2!

Während des Praktikums

2 Arbeiten Sie zu zweit!

2 Bearbeiten Sie die Aufgaben während des Praktikums! Dazu melden Sie sich unter Ihrem

Windows-Benutzer im Raum O 127 am Rechner an und önen die Dateien STAT2.xlsm

und STAT2.docx im Verzeichnis Z:\Import. Arbeiten Sie mit diesen Dateien, speichern Sie

die Dateien dabei im Ordner Z:\Export ab!

Nachher (bis eine Woche nach Ihrem Praktikumstermin)

2 Arbeiten Sie weiterhin in der gleichen Zweiergruppe!

2 Stellen Sie die Aufgaben fertig, wobei Sie wiederum die Dateien STAT2.xlsm und

STAT2.docx im Verzeichnis Z:\Export abspeichern.

2 Wir teilen Ihnen ggf. im nächsten Praktikumstermin oder per Aushang mit, wenn Sie die

Dateien korrigieren oder ergänzen müssen. Hierfür stehen Ihnen zusätzliche Önungszeiten

im Labor O 127 zur Verfügung.

80

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Integriertes Praktikum II 81

Wozu der Sto dieses Kapitels? Im ersten Teil der heutigen Sitzung werden Sie in die

Verwendung eines Standardsoftwarepakets für statistische Aufgaben eingeführt, nämlich SPSS.

Viele statistische Berechnungen lassen sich mit SPSS schneller als mit Excel und in schnell

publizierbarer Form durchführen. Auÿerdem bietet SPSS viele Berechnungsverfahren, die in Excel

nicht vorhanden sind.

In zweiten Teil lernen Sie:

Theoretische Grundlagen der Regressionsanalyse.

Durchführung einer linearen Regression (Bestimmung der Regressionsgeraden = Trendli-

nie) für eine unabhängige und eine abhängige Variable, am Anwendungsbeispiel aus der

Physik.

Durchführung eines statistischen Tests (Korrelationsanalyse; F -Test) mittels Excel zur Fra-

ge, ob ein linearer Zusammenhang tatsächlich besteht, am Anwendungsbeispiel aus der

Lebensmittelindustrie.

Durchführung des selben Tests mit SPSS und Interpretation der Ergebnisse.

Page 82: Integriertes Praktikum II.Praktikum für das 2. Semester · Das Integrierte Praktikum Mathematik/Physik/EDV 2 (IP 2) ist eine Lehrveranstaltung mit 2 Kreditpunkten. Die Arbeitsbelastung

82 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

8.2. Vorbereitende Aufgaben

Stellen Sie sich vor: Sie haben Daten gemessen, z.B. im Praktikum Ernährungsstatus, im IP-

Physikteil oder im Rahmen Ihrer Bachelorarbeit zum Thema Umsatz von Touristikunternehmen

in NRW, oder vielleicht in Vorbereitung eines kleinen Artikels, den Sie für eine Zeitschrift

schreiben möchten. Welche Daten Sie messen und warum Sie das tun, ist heute nicht unser

Thema; wir gehen für den Moment einmal davon aus, dass Sie das alles im Vorfeld gut begründet

haben.

Nun wollen Sie diese Daten mit statistischen Methoden auswerten: Sie wollen die Daten graphisch

darstellen, statistische Kenngröÿen berechnen, eventuell sogar Zusammenhänge zwischen Merk-

malen erkennen und belegen. Das alles geht mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS besonders

gut. Dieses Kapitel des Integrierten Praktikums führt Sie in die Verwendung dieses Programms

ein.

Um die Funktionen des Programms sinnvoll nutzen zu können, müssen Sie jedoch die statistischen

Begrie parat haben, um die es gehen wird. Bearbeiten Sie bitte vor dem Praktikumstermin die

folgenden Aufgaben und lösen Sie nachher den Onlinetest STAT2:

Aufgabe 8.2.1 1. Wiederholen Sie aus der Statistik des ersten Semesters die vier Skalenni-

veaus, die ein Merkmal besitzen kann! Beschreiben Sie kurz die vier Skalenniveaus!

2. Wiederholen Sie die Begrie arithmetischer Mittelwert, Varianz, Standardabweichung! Ge-

ben Sie aus dem Kopf die Denition dieser Gröÿen an, ausgehend von einem Merkmal X

mit den festgestellten Ausprägungen x1, . . . , xn!

3. Wiederholen Sie die Begrie Häugkeitstabelle (insbesondere zweidimensionale

Häugkeitstabelle), Abhängigkeit, Kovarianz, Korrelationskoezient (im Falle metrischer

Variablen)!

4. Angenommen, Sie haben mindestens zwei metrische Merkmale gemessen. Was ist ein Streu-

diagramm?

5. Wiederholen Sie folgende Begrie aus der beschreibenden Statistik: Kovarianz, Varianz,

Standardabweichung, Korrelationskoezient. (Literatur: [2]. Sie nden das Buch im Se-

mesterapparat in der Bibliothek.)

6. Lesen Sie das Kapitel 16 Statistische Tests mit SPSS aus [14]; Sie nden das Skript im

Downloadbereich.

Aufgabe 8.2.2 Wiederholen Sie aus der Mathematik die Kapitel über Geraden (lineare Funktio-

nen)! Welche Parameter beschreiben eine lineare Funktion? Wie errechnet man, sie, wenn zwei

Punkte auf der Geraden gegeben sind? Wie liest man sie aus einem Diagramm ab? Geben Sie je

ein konkretes Beispiel eines linearen Zusammenhangs zwischen zwei Merkmalen/Gröÿen aus:

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Integriertes Praktikum II 83

1. Haushaltstechnik,

2. Chemie,

3. BWL oder VWL,

4. Physik (geben Sie neben dem hier verwendeten Beispiel der gradlinig-gleichförmigen Be-

wegung (Versuch KUE) ein weiteres Beispiel an).

Formulieren Sie diesen Zusammenhang als Funktionsgleichung mit Erläuterung der Formelbuch-

staben!

Aufgabe 8.2.3 Lesen Sie den nachfolgenden einführenden Text Einführung der Regressionsge-

raden und vollziehen Sie die Rechnungen nach!

Nach der Lektüre dieses Textes sollten Sie folgende Fragen beantworten können:

1. Wie sind Steigung und y-Achsenabschnitt der Regressionsgerade deniert? Welche Eigen-

schaft hat die Regressionsgerade unter allen möglichen Geraden in Bezug auf die Mess-

punkte?

2. Wie ist das Bestimmtheitsmaÿ deniert? Welche Werte kann es annehmen? Erläutern Sie

kurz die Bedeutung dieser Werte!

Als Literatur zum Thema Schlieÿende Statistik sei allgemein empfohlen: [3].

8.3. Einführung der Regressionsgeraden

Aufgabe 8.3.1 Lösen Sie nun den Online-Antest zum Thema stat2!

8.3.1. Einleitung

In der Beschreibenden Statistik (1. Semester, Kapitel 12 im Skript [14]) haben wir uns mit dem

Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen/Variablen befasst.

Beispiel 8.3.1 1. In einem physikalischen Experiment zur Bestimmung der Erdbeschleuni-

gung g werde in insgesamt nMessungen an einer frei fallenden Kugel zum einen die Fallzeit

t, zum anderen die am Ende der Fallzeit erreichte Fallgeschwindigkeit v gemessen. Wir er-

halten insgesamt nMesswertpaare (t1, v1), . . . , (tn, vn). Wegen der theoretischen Beziehung

v(t) = gt + v0 besteht ein Zusammenhang zwischen der unabhängigen Variable t und der

abhängigen Variable v.

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84 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

2. Wirtschaftswissenschaftler haben festgestellt, dass zwischen dem Bruttoeinkommen E ei-

nes Haushaltes und den Ausgaben A des Haushaltes ein Zusammenhang besteht. Sie un-

tersuchen diesen Zusammenhang an insgesamt n Haushalten und erhalten n Paare von

Merkmalswerten (E1, A1), . . . , (En, An) von Werten für die unabhängige Variable E und

die abhängige Variable A.

Üblicherweise zeichnet man die Messwertpaare zunächst als Punkte in ein Streudiagramm. (In

Excel: Punkt(X,Y)-Diagramm.) Vgl. Abbildung 8.1 als Beispiel für den freien Fall.

Abbildung 8.1.: Beispiel: Messung der nach der Zeit t erreichten Fallgeschwindigkeit v(t) imVersuch Freier Fall. Links sehen Sie die Messwerttabelle, rechts das Streudia-gramm für die Messwertpaare (Fallzeit, Fallstrecke).

Besteht zwischen den beiden Variablen ein linearer funktionaler Zusammenhang, so pegt man

im Streudiagramm zusätzlich eine so genannte Trendlinie einzufügen. Diese Trendlinie stellt den

angenommenen linearen Zusammenhang zwischen den gemessenen Variablen graphisch dar (ist

also ein Funktionsgraph). Vgl. Abbildung 8.2 mit hinzugefügter Trendlinie.

In beiden oben genannten Beispielen ist folgendes oensichtlich: Wenn wir den genauen funktio-

nalen Zusammenhang zwischen den beiden betrachteten Variablen kennen, so können wir den

Wert der abhängigen Variablen aus dem Wert der unabhängigen Variablen auch errechnen, statt

ihn zu messen. In der Praxis können wir nicht für jeden der (unendlich vielen) t-Werte eine eigene

Fallversuchsmessung durchführen. Wir können aber den zugehörigen v-Wert für jeden beliebigen

Wert von t berechnen.

Aufgrund von statistischen Schwankungen (Störungen) liegen nicht alle gemessenen v-Werte

tatsächlich auf der Trendlinie (eigentlich meist keiner so ganz genau). Wer hat nun Recht die

Messung oder die behauptete Gerade? Und woher kommt die Trendlinie überhaupt?

Antwort auf diese Fragen gibt das vorliegende Kapitel, in dem wir die Trendlinienbestimmung

mittels des Verfahrens der Linearen Regression behandeln.

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Integriertes Praktikum II 85

Abbildung 8.2.: Das gleiche Streudiagramm für Messwertpaare (Fallzeit, Fallstrecke) mit hinzu-gefügter Trendlinie.

8.3.2. Wiederholungen aus der beschreibenden Statistik

Es seien zwei Variable X und Y gegeben, die wir insgesamt n-mal messen (Stichprobe vom

Umfang n). (Im Beispiel: wir messen n-mal den Zeitpunkt ti(i = 1, 2, . . . , n) und gleichzeitg

jedesmal die im freien Fall erreichte Fallgeschwindigkeit vi.) So erhalten wir n Messwertpaare

(x1, y1), . . . , (xn, yn).

Unter dem arithmetischen Mittel oder Mittelwert der metrischen Variable X bzw. Y versteht

man den Wert

x :=1

n

n∑i=1

xi

bzw.

y :=1

n

n∑i=1

yi.

(Die Mittelwerte beschreiben die mittlere Lage der gemessenen Werte.)

Unter der Varianz dieser Variablen X bzw. Y versteht man den Wert

σ2X :=

1

n

n∑i=1

(xi − x)2

bzw.

σ2Y :=

1

n

n∑i=1

(yi − y)2

(Die Standardabweichungen σX bzw. σY sind die Quadratwurzeln aus den Varianzen. Varianzen

bzw. Standardabweichungen messen die Streuung der Messwerte xi bzw. yi um den Mittelwert

x bzw. y.)

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86 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

Unter der Kovarianz σXY zweier metrischer Variable versteht man die Gröÿe

σXY :=1

n

n∑i=1

(xi − x)(yi − y).

Die Kovarianz selbst ist unanschaulich; sie misst den Grad der gemeinsamen Variation der beiden

Variablen X und Y . Sie ist zentraler Bestandteil des Korrelationskoezienten.

Der Korrelationskoezient r (nach Pearson) der beiden Variablen X und Y ist gewissermaÿen

die normierte Kovarianz:

r = rX,Y :=σXYσXσY

.

Der Korrelationskoezient ist ein Maÿ für die Stärke des Zusammenhangs zwischen den Varia-

blen. Er variiert zwischen -1 und +1. Dabei ist er 0, wenn die Variablen X und Y unabhängig

sind, +1, wenn die n Messwertpaare exakt auf einer Geraden mit positiver Steigung liegen, -1,

wenn die Messwertpaare exakt auf einer Geraden mit negativer Steigung liegen. Zwischenwerte

beschreiben jeweils unterschiedliche Stärken des Zusammenhangs.

8.3.3. Die Trendlinie im linearen Fall (lineare Regression)

Wir zeichnen das Streudiagramm der Messwertpaare (x1, y1) bis (xn, yn). (Vgl. Abbildung 8.3,

die Koordinaten des i-ten Punktes sind eingezeichnet.)

Abbildung 8.3.: Streudiagramm für Messwertpaare im allgemeinen Fall.

Angenommen, aus der Theorie vermuteten wir, dass ein linearer Zusammenhang zwischen Y als

abhängiger Variable und X als unabhängiger Variable besteht. Das berechtigt uns dazu, eine

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Integriertes Praktikum II 87

Skizze der Geraden in das Diagramm einzuzeichnen. Da unsere Messwertpaare stark streuen und

nicht exakt auf einer Geraden liegen, wissen wir noch nicht genau, wie die Gerade eingezeichnet

werden muss. Abbildung 8.4 zeigt eine Skizze; dabei ist in der Skizze berücksichtigt, dass der

Punkt (xi, yi) nicht genau auf der Geraden liegt im gegebenen Fall liegt er zu hoch. Der auf

der Geraden liegende Punkt hat die Koordinaten (xi, yi).

Abbildung 8.4.: Streudiagramm mit eingezeichneter Skizze der erwarteten Geraden. Der Punkt(xi, yi) liegt auf der Geraden, der Punkt (xi, yi) wurde gemessen.

Erinnerung: Über die gesuchte Gerade wissen wir immerhin ihren allgemeinen Funktionsterm:

y = f(x) = mx+ b,

wobei die beiden Parameter m (Steigung, im vorliegenden Kontext auch Regressionskoezient

genannt) und b (y-Achsenabschnitt, hier oft auch einfach Konstante genannt) noch gesucht sind.

Wir wollen sie aus den Messpunkten bestimmen. Da wegen unvermeidlicher Messfehler und

sonstiger unerfasster zufälliger Einüsse die Messwerte yi nach oben bzw. unten ausschlagen,

gibt es keine genaue Gerade, die durch alle Messpunkte verläuft. Wir müssen die skizzierte

Gerade bestmöglich durch die Messpunkte legen. Das heiÿt, wir müssen die Parameter m und b

so bestimmen, dass die Gerade nächstmöglich zu allen Messpunkten liegt. Aber wie?

Die auf der Geraden liegenden Punkte (xi, yi) lassen sich berechnen, wenn der genaue Funkti-

onsterm der Geraden bekannt ist:

yi = mxi + b.

Wir wollen alle |yi − yi| gleichzeitig klein bekommen. (Vgl. Abbildung 8.5.)

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88 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

Abbildung 8.5.: Alle Abstände der gemessenen Werte yi von den auf der Geraden liegenden,berechneten Werte yi sollten gleichzeitig klein sein.

Oenbar ist das ein mehrdimensionales Problem, da alle Messwertpaare (xi, yi) gleichermaÿen

in die Bestimmung von m und b eingehen. Die Methode zur Bestimmung der bestmöglichen

Geraden geht auf Carl Friedrich Gauÿ zurück und heiÿt Methode der kleinsten Quadrate: Die

bestmögliche Gerade ist die, so dass die Summe der Quadrate

n∑i=1

(yi − yi)2

minimiert wird, also:n∑i=1

(yi − (mxi + b))2 → minimieren

(in Abhängigkeit von den beiden Parametern m und b. Anmerkung: Hinter dieser Methode

steckt letztlich ein n-dimensionaler Satz des Pythagoras, denn es wird ein Abstand zwischen

zwei Punkten im n-dimensionalen Raum bestimmt; daher die Quadrate.)

Dieses Minimum ist dann erreicht, wenn gilt:

m =σXYσ2X

, (Regressionskoezient)

b = y −mx. (Konstante)

(Die Begründung, die wir hier nicht liefern können, erfolgt über die mehrdimensionale Analysis.)

Liegen viele Messpunkte nahe bei der Geraden, so passt die gefundene Gerade gut; liegen viele

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Integriertes Praktikum II 89

Messpunkte weit weg von der Geraden, so passt auch die nach der Methode der kleinsten Qua-

drate gefundene Gerade schlecht. Ein Maÿ dafür, wie gut die Gerade passt, ist das Bestimmt-

heitsmaÿ R2 oder auch r2XY . Es handelt sich hier um das Quadrat des Korrelationskoezienten.

Der Korrelationskoezient rXY liegt zwischen −1 und +1, daher variiert das Bestimmtheitsmaÿ

R2 zwischen 0 und 1; es ist 0, wenn kein Zusammenhang zwischen X und Y besteht, dagegen ist

es 1, wenn der lineare Zusammenhang zwischen X und Y durch die Messwerte exakt bestätigt

wird, wenn also alle Messwertpaare genau auf einer Geraden liegen.

8.3.4. Berechnung am Beispiel des Fallversuches

Vgl. Bsp. 8.3.1. In der folgenden Tabelle sehen Sie die Berechnungen für alle benötigten Gröÿen

aufgelistet (vgl. Abbildung 8.6).

Abbildung 8.6.: Alle benötigten Größen zur Bestimmung der Trendlinie mittels Methode derkleinsten Quadrate auf einen Blick. Die Messwerte stammen aus dem erstenAbschnitt aus dem physikalischen Beispiel (vgl. Abb. 8.1).

In der Zeile 11 dieser Tabelle nden Sie die Mittelwerte von t und v, darunter die Varianzen

und Standardabweichungen. Zur Berechnung der Kovarianz sind in der Tabelle in Spalte D, E

und F die benötigten Zwischengröÿen berechnet; die eigentliche Kovarianz steht in Zelle F16.

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90 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

Vergleichen Sie die Gröÿen g, v0 und R2 mit der Abbildung 8.2.

8.3.5. Test des linearen Modells (Test auf Signifikanz derKorrelation)

Die Regressionsgerade hat nur dann einen Sinn, wenn Sie bereits wissen oder zumindest ver-

muten, dass zwischen den betrachteten Daten ein linearer Zusammenhang besteht. Dies ist in

den vorliegenden Fällen gegeben. Mittels der Korrelationsanalyse können Sie nun überprüfen, ob

die Korrelation signikant ist, d.h. ob ein aus den Daten berechneter Korrelationskoezient

ungleich 0 tatsächlich auf einen linearen Zusammenhang hindeutet.

Der von Ihnen berechnete Korrelationskoezient r = rXY wird aus den Daten gewonnen. Er un-

terliegt damit zwangsläug den üblichen statistischen Schwankungen der Messungen. Wir gehen

davon aus, dass es zwischen den beiden Variablen einen wahren Korrelationskoezienten geben

muss, und der aus den Daten errechnete Koezient r ist eine vom Zufall beeinusste Annäherung

daran. Ist der wahre Korrelationskoezient auch ungleich 0? Der wahre Korrelationskoe-

zient wird in der Literatur oft mit ρ bezeichnet1 (nicht verwechseln mit dem Spearmanschen

Rangkorrelationskoezienten!). Unsere Hypothesen lauten demnach:

H0: ρ = 0 (der wahre Korrelationskoezient unterscheidet sich nicht von 0, also ist

kein linearer Zusammenhang zwischen den Variablen X und Y gegeben).

H1: ρ 6= 0.

(Erinnerung: Die Nullhypothese besagt üblicherweise, dass ein bestimmter Zusammenhang (hier:

linearer Zusammenhang) nicht besteht.)

Um ein Testverfahren durchführen zu können, benötigen wir eine Teststatistik (Testgröÿe), deren

Verteilung bei Vorliegen von H0 bekannt ist. Diese Gröÿe ist im vorliegenden Falle die Gröÿe

F = Femp :=r2(n− 2)

(1− r2),

der empirische F -Wert. (Nicht verwechseln mit dem Friedman-Wert!) (Dabei ist n die Zahl der

Messwertpaare.) Die Verteilungsfunktion sowie Quantile der Gröÿe F ndet sich tabelliert in

allen statistischen Standardwerken, z.b. [17]; Werte und Quantile der Verteilungsfunktion von F

lassen sich aber auch mit Excel berechnen bzw. werden von SPSS ggf. automatisch berechnet.

Betrachten wir zur Interpretation den Wert F genauer:

F ist oenbar stets gröÿer oder gleich 0.

Ist r nahe 1 oder −1, so ist r2 nahe 1, also ist F groÿ (denn sein Nenner wird sehr klein).

Wenn F groÿ ist, nehmen wir eher H1 an.

1ρ: griechischer kleiner Buchstabe rho (entspricht unserem r)

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Integriertes Praktikum II 91

Ist r nahe 0, so ist F nahe 0 (denn sein Nenner liegt ungefähr bei 1, sein Zähler liegt nahe

0). Wenn F nahe 0 ist, bleiben wir eher bei H0.

Qualitativ sieht also der Ablehnungs- und Beibehaltungsbereich aus wie in Abb. 8.7 gezeigt.

Abbildung 8.7.: Qualitativer Beibehaltungs- und Ablehnungsbereich für die Testgröße Femp.

Wenn wir dem in der Vorlesung besprochenen Vorgehen folgen, dann gehen wir nun wie folgt vor:

Wir legen ein Signikanzniveau α fest; üblicherweise α = 5%. Wir ermitteln das (1−α)-Quantil

Fkrit der Wahrscheinlichkeitsverteilung von F bei Gültigkeit von H0, hier also das 95%-Quantil.

Dies geschieht unter Verwendung von Tabellenwerken oder (wie in den nachfolgenden Aufgaben

beschrieben) unter Verwendung von Excel-Funktionen. Wir berechnen aus den gemessenen Daten

(x1, y1), . . . , (xn, yn) den Korrelationskoezienten r, daraus den Wert der Testgröÿe Femp, und

entscheiden wie folgt:

Fällt Femp in den Ablehnungsbereich, so verwerfen wir H0 und nehmen H1 an; dies wird

üblicherweise als Beweis für die Richtigkeit vonH1 angesehen (bei einer Irrtumswahrschein-

lichkeit von α).

Fällt Femp in den Beibehaltungsbereich, so behalten wir H0 bei. (Dies ist noch kein Beweis

für die Richtigkeit von H0 sondern nur die Abwesenheit hinreichend guter Gründe, H1

anzunehmen.)

Das Programm SPSS folgt einem geringfügig anderen Weg, der hier schon beschrieben werden

soll: SPSS verwendet direkt die Verteilungsfunktion für F an der Stelle Femp (bei Gültigkeit

von H0), d.h. SPSS berechnet

Sig. := P (F > Femp) = 1− P (F ≤ Femp),

jeweils unter der Voraussetzung, dass H0 gilt. Dieser Wert heiÿt auch Signikanz (abgekürzt

Sig.) oder p-Wert, mancherorts auch Überschreitungswahrscheinlichkeit; es ist die Wahrschein-

lichkeit, einen mindestens so groÿen Wert wie Femp aus den Messungen herauszubekommen,

wenn H0 gilt. Dieser Wert Sig. wird wie folgt interpretiert:

Ist die Signikanz Sig. kleiner als α, so verwerfen wir H0 und nehmen H1 an. Denn in

diesem Fall ist es unwahrscheinlicher als α, unser Femp herauszubekommen, wenn H0 gilt.

Ist die Signikanz Sig. gröÿer oder gleich α, so bleiben wir bei H0. Denn in diesem Fall ist

es nicht unwahrscheinlich genug, unser Femp bei Gültigkeit von H0 herauszubekommen.

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92 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

8.4. Aufgaben während des Praktikums

Teil 1. SPSS.

Aufgabe 8.4.1 Starten Sie SPSS! (Achtung: SPSS braucht zum Starten erhebliche Zeit; bitte

haben Sie Geduld! Wenn Sie denken: jetzt kommt nichts mehr, dann warten Sie noch 10 Se-

kunden! Wenn Sie SPSS zweimal starten, erhalten Sie Fehlermeldungen!) Folgen Sie aktiv der

Einführung in die Verwendung von SPSS, speziell folgende Begrie:

Variablenansicht, Datenansicht, Variablendenition, Variablentypen, Messniveau, Varia-

blenlabel, Wertelabel.

Welche Variablennamen sind erlaubt, welche nicht? Wie behilft man sich: Variablenlabel.

Speziell: Sinnvolle Angabe der Zahl der Dezimalstellen bei numerischen Merkmalen.

Eingabe von Daten per Hand. Einlesen von Daten aus einer Text-Datei (am Beispiel der

Datei Beispieldaten_Korrelation.txt, die Sie im download-Bereich des IP 1 nden und

die Sie schon kennen.

Streudiagramm, auch interaktiv. Deskriptive Statistik * Deskriptive Statistik (Optionen!).

Kreuztabelle.

Aufgabe 8.4.2 (Übung mit SPSS) Önen Sie die Beispieldatendatei mit SPSS.

1. Überprüfen Sie die Variablendenition und korrigieren Sie sie!

2. Zeichnen Sie ein Histogramm der Altersverteilung in der Jugendgruppe! (Diagramme *

Diagrammerstellung, links unten Histogramm wählen, dann den gewünschten Diagrammtyp

mit der Maus in die Diagrammvorschau ziehen, dann von links die gewünschte Variable

auf die x-Achse ziehen, dann im Fenster Elementeigenschaften Balken1 anklicken, unter

Statistik entscheiden, ob Sie ein absolutes oder relatives Histogramm wünschen. Den Rest

probieren Sie bitte selbst aus!)

(Hinweis: Im Fenster Elementeigenschaften können Sie unter Skalentyp auch logarithmisch

auswählen; vgl. 1. Semester: logarithmische Darstellung.)

Doppelklicken Sie auf das erstellte Diagramm! Formatieren Sie es: Passen Sie Schrifttypen,

Farben, Gröÿen an!

3. Speichern Sie Ihre Daten aus SPSS heraus; speichern Sie auÿerdem Ihr Diagramm aus

SPSS heraus (jeweils unter D:\Student). Welche Dateiendungen tragen die entstehenden

Dateien?

4. Übernehmen Sie Ihr Diagramm in ein Word-Dokument und speichern Sie dieses ab. Das

könnte Ihre Diplomarbeit sein.

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Integriertes Praktikum II 93

5. Zeichnen Sie das Streudiagramm Gröÿe gegen Gewicht (Gröÿe auf die y-Achse)! Beschrif-

ten Sie das Diagramm korrekt und übertragen Sie es in die Datei STAT2.docx. (Hinweis:

Wenn Sie in der Variablenansicht in SPSS für eine Variable einen Variablenlabel eingeben

(beliebiger Text), so erscheint dieser statt des Variablennamens als Achsenbeschriftung.)

6. Berechnen Sie die deskriptiven Statistiken der metrischen Variablen (Analyiseren * De-

skriptive Statistiken * Deskriptive Statistik, darin unter Optionen die gewünschten Werte

auswählen; wählen Sie auf jeden Fall Mittelwert, Standardabweichung und Varianz). Über-

tragen Sie die Tabelle in Ihr Word-Dokument!

7. Erstellen Sie eine Tabelle der Quartile der metrischen Variablen (Analysieren * Deskriptive

Statistiken * Häugkeiten; hier suchen Sie bitte selbst). Lassen Sie die Häugkeitstabellen

hier nicht anzeigen. Erläutern Sie die Tabelle (mündlich)!

8. Erstellen Sie eine zweidimensionale Häugkeitstabelle aus den Variablen Alter und Ge-

schlecht. (Analysieren * Deskriptive Statistiken * Kreuztabellen, dort die Variablen Alter

und Geschlecht eintragen; klicken Sie auch auf Zellen und setzen Sie bei allen Kästchen

unter Prozentwerte ein Häkchen.) Was bedeuten die drei Prozentwerte in jedem Tabel-

lenfeld? Beantworten Sie diese Frage in Ihrer Word-Datei!

9. Berechnen Sie die Korrelationen und Kovarianzen der drei metrischen Variablen paarweise

untereinander: Analysieren * Korrelation * Bivariat, darin Pearson auswählen, Signi-

kante Korrelationen nicht auswählen, unter Optionen sowohl Mittelwerte ... als auch

Kreuzproduktabweichungen ... auswählen, OK. Suchen Sie die Ihnen bekannten Zah-

len (siehe vorher: deskriptive Statistiken, suchen Sie z.B. Mittelwerte der Variablen und

Standardabweichungen)! Wo nden Sie in der Tabelle Korrelationen die Varianzen?

10. Zeichnen Sie ein Boxplot-Diagramm der Variablen Gewicht gegen Geschlecht. (Diagramme

* DIagrammerstellung, dort Boxplot anwählen und das linke Diagramm in das Diagramm-

vorschuafenster ziehen. Variable Geschlecht auswählen und auf die x-Achse ziehen, Gewicht

auf die y-Achse.) Erläutern Sie dieses Diagramm mit eigenen Worten mündlich!

11. Versuchen Sie auch einmal eine zweidimensionale Häugkeitstabelle der Variablen Gewicht

gegen Gröÿe. Können Sie damit etwas anfangen? Warum nicht? Wie könnte man sich

helfen?

Aufgabe 8.4.3 Warum ist r = 1 für bestimmte Variablenpaare? (Schauen Sie noch einmal in

der Tabelle der Korrelationen nach)

Welche Zusammenhänge zwischen Variablen entnehmen Sie Ihrer Auswertung? (Begründung.)

Teil 2. Lineare Regression.

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94 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

Aufgabe 8.4.4 Laden Sie die Datei STAT2.xlsm unter Z:\Import und arbeiten Sie damit, hier

mit Tabellenblatt Fallversuch. 2

Reproduzieren Sie die Tabelle aus Abbildung 8.6 des Skriptes zur Trendlinienbestimmung. Gehen

Sie von den Daten in den Zellen B3 bis B9 und C3 bis C9 aus. Alle anderen Zahlenwerte

werden durch Formeln berechnet! Berechnen Sie insbesondere die Gröÿen σXY (Ko-

varianz), r (Korrelationskoezient) und R2 (Bestimmtheitsmaÿ) unter Verwendung

der Zwischenergebnisse aus den Hilfszellen der Tabelle! (Füllen Sie alle weiÿen Felder

mit geeigneten Formeln; ein Abschreiben der Zahlen ist hier natürlich nicht gemeint. Forma-

tieren Sie ggf. die Felder geeignet, z.B. in Hinsicht auf die Zahl der Nachkommastellen. Warum

verwenden Sie die von Ihnen gewählte Zahl an Nachkommastellen?)

(Erinnerung: Eine Formel in einer Zelle beginnt immer mit einem =. Sie können Formeln von

Zelle zu Zelle kopieren (Rechtsklick * Kopieren, dann Rechtsklick * Einfügen; die Formel wird

sinngemäÿ geändert.) Wenn in einer kopierten Formel eine bestimmte Zelle als fester Bezug

eingetragen werden soll, müssen vor die Koordinaten der Zelle Dollarzeichen $ gesetzt werden.)

Reproduzieren Sie auch das Streudiagramm mit eingefügter Trendlinie aus Abbildung 8.2, las-

sen Sie sich dabei im Streudiagramm auch die Geradengleichung und das Bestimmtheitsmaÿ

anzeigen. Vergleichen Sie mit Ihrer Tabelle!

Aufgabe 8.4.5 In Kapitel 1 dieser Praktikumseinheit haben Sie gelernt, reine Textdateien in

SPSS einzulesen. SPSS ist auch in der Lage, Daten aus Excel-Dateien einzulesen und zu verar-

beiten. Versuchen Sie folgende Aufgabe selbstständig zu lösen: Lesen Sie die Messwerttabelle zum

Fallversuch (und nur diese, also den Bereich der Zellen B3 bis C10) in SPSS ein und korrigieren

Sie nachher ggf. die Variablendenition, insbesondere die Namen. Speichern Sie die SPSS-Datei

unter D:\student.

Zeichnen Sie mit SPSS das (geeignet beschriftete) Streudiagramm mit Trendlinie (Graken *

Streudiagramm, dort Variablen passend auswählen. Doppelklick auf das Diagramm startet den

Diagramm-Editor, dann Anklicken eines Messpunktes und Anklicken der Schaltäche Fügt ei-

ne Anpassungslinie hinzu; diese nden Sie in der Symbolleiste des Diagrammeditors. Von da

kommen Sie allein weiter.) Übernehmen Sie da Diagramm in Ihr Word-Dokument!

Analysieren Sie die Daten (Analysieren * Regression * Linear, dort die Variablen auswählen).

Nach dem letzten OK erhalten Sie einen SPSS-Output aus 4 Tabellen. Übernehmen Sie die

den Output in Ihr Word-Dokument! Wo nden Sie das Bestimmtheitsmaÿ? (Mit roter Ellipse im

Word-Dokument markieren!) In welcher Tabelle und unter welcher Bezeichnung nden Sie die

beiden Parameter Steigung und y-Achsenabschnitt der Regressionsgeraden? (Mit roter Ellipse

markieren!)

2Achtung: Alle weiteren Anweisungen zur Verwendung von SPSS werden nur korrekte Ergebnisse ergeben, wenn dasSkalenniveau der Variablen stimmt. Bitte speichern Sie die SPSS-Datendatei, nachdem Sie die Daetn des Fallvers-cush geladen haben und bevor Sie ein Diagramm zeichnen. Sollten sich beim Diagramm doch noch Schwierigkeitenergeben, müssen Sie das Diagramm einmal zurücksetzen und von vorn beginnen.

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Integriertes Praktikum II 95

Aufgabe 8.4.6 Lesen Sie nun nach dem soeben gelernten Verfahren die Messdaten zum Phy-

sikpraktikumsversuch BRI ein (sie nden sich auf dem zweiten Tabellenblatt der von Ihnen

eingelesenen Excel-Datei). Im Versuch BRI untersuchen Sie die Abhängigkeit der Zuckerkon-

zentration einer Zuckerlösung vom mittels optischer Scheibe gemessenen Grenzwinkel. Aus der

physikalischen Theorie wissen Sie, dass hier ein linearer Zusammenhang erwartet wird.

Rekapitulieren Sie den möglichen Wertebereich für Femp. (Hinweis: welche Werte kann r

annehmen, welche Werte kann n annehmen?)

Geben Sie qualitativ an: Je stärker der Zusammenhang zwischen X und Y , desto

_______ der Wert von F .

Rekapitulieren Sie den qualitativen Beibehaltungsbereich und den Ablehnungsbereich! (Für

welche Werte von F behalten wir H0 bei, für welche lehnen wir H0 ab?)

Der F -Wert folgt bei Vorliegen von H0 der sogenannten F -Verteilung (Fisher-Verteilung) mit

den Freiheitsgraden n1 = 1, n2 = n − 2. (Die Freiheitsgrade sind zwei Parameter, welche die

Verteilungsfunktion von F beschreiben.) (Siehe hierzu [17], S. 538543, insbesondere 538 und

539.) Wir interessieren uns hier nur für die Berechnung durch SPSS und die Interpretation der

Ergebnisse.

Berechnen Sie mittels Excel den empirischen F -Wert.

Berechnen Sie mittels eingebauter Excel-Funktion F.VERT denWert der Verteilungsfunktion

zu diesem Femp bei Vorliegen von H0. (Nehmen Sie ggf. die Hilfe von Excel zu Hilfe.) Es

ist:

F.VERT(Femp) = P (F ≤ Femp),

also ist die von uns gesuchte Signikanz (der p-Wert) gleich

Sig. = 1− F.VERT(Femp),

die Wahrscheinlichleit, bei Vorliegen vonH0 unseren oder einen noch extremeren (gröÿeren)

empirischen F -Wert zu erhalten.

Berechnen Sie auÿerdem den kritischen F -Wert, welcher den Beibehaltungsbereich vom

Ablehnungsbereich trennt; das ist derjenige F -Wert, für den die Verteilungssfunktion von

F 95% wird, also das 95%-Quantil der Verteilungsfunktion. Verwenden Sie hierzu die Excel-

Funktion F.INV.

Führen Sie nun eine Regressionsanalyse mittels SPSS durch: Analysieren * Regression * Line-

ar, dort die abhängige und unabhängige Variable mittels der Pfeile in die jeweiligen Kästchen

verschieben, OK.

In der Tabelle ANOVA nden Sie einige der von Ihnen schon vorher berechneten Ergebnisse: Die

Spalte df gibt die beiden Werte für die Freiheitsgrade an. Den F -Wert kennen Sie schon; unter

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96 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

Signikanz nden Sie bis auf 3 Nachkommastellen den Wert der Verteilungsfunktion von F für

diesen F -Wert.

Formulieren Sie nun einen Antwortsatz zu den oben aufgeführten Hypothesen.

Aufgabe 8.4.7 Einige Verständnisaufgaben:

1. Können Sie erwarten, dass von Ihren gemessenen n Werten y1, . . . , yn die Hälfte oberhalb,

die Hälfte unterhalb der Regressionsgeraden (Trendlienie) liegt? Warum bzw. warum nicht?

2. Kann man durch Messwertpaare, die nach Augenschein auf einem nichtlinearen, krumm-

linigen Graphen liegen, eine Regressiongerade legen? (Bsp.: Die Ladekurve eines Konden-

sators.) Vor dem Hintergrund Ihrer Antwort: Was beweist uns die Regressionsgerade

naturwissenschaftlich betrachtet?

3. Gibt es Regressionsgeraden mit negativem m? (Wenn nein: Warum nicht? Wenn ja: Geben

Sie ein Beispiel.)

4. Kann man durch einen einzelnen Messpunkt eine Regressionsgerade legen? Kann man

durch genau zwei Messpunkte eine Regressionsgerade legen? Wenn ja: Wie verläuft sie

dann? Wenn nein: Warum nicht?

Aufgabe 8.4.8 Weitere Verständnisaufgaben und Wiederholungsfragen.

1. Welchen Wert hat das Bestimmtheitsmaÿ, wenn alle Messpunkte exakt auf einer Geraden

mit positiver Steigung liegen? Welchen Wert hat es, wenn alle Messpunkte exakt auf einer

Geraden mit negativer Steigung liegen?

2. Angenommen, das Bestimmtheitsmaÿ hat den Wert 1 (den Wert 0). Lässt dies (ohne weitere

Kenntnis) Rückschlüsse auf den Wert der Kovarianz der beiden Variablen zu? Lässt dies

(ohne weitere Kenntnis) Rückschlüsse auf den Wert der Korrelation zu? Lässt dies (ohne

weitere Kenntnis) Rückschlüsse auf den Wert des Regressionskoezienten zu?

3. Angenommen, Sie haben die Abhängigkeit der Variable Y von der Variable X mittels Kor-

relationsanalyse auf dem Signikanzniveau 5% überprüft und haben in der SPSS-Analyse

eine Signikanz von 6,3% herausbekommen. Bedeutet das, dass keine lineare Abhängigkeit

zwischen X und Y besteht? Formulieren Sie genauer, wie Sie dieses Ergebnis interpretieren

müssen!

8.5. Teillösungen

Lösung zur Aufgabe 8.4.4: Ein Hinweis zur Diagrammerstellung: In Excel:

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Integriertes Praktikum II 97

1. Datenbereich markieren, der als Streudiagramm dargestellt werden soll;

2. Einfügen * Diagramm wählen;

3. Punkt(X,Y)-Diagramm wählen. Füllen Sie hier nun alle Felder aus (probieren Sie gegebe-

nenfalls!), beschriften Sie insbesondere die Achsen und wählen Sie einen aussagekräftigen

Titel. Stellen Sie das Diagramm fertig.

4. Rechtsklick auf einen beliebigen Datenpunkt im Diagramm, Trendlinie hinzufügen wäh-

len;

5. Typ: linear;

6. Optionen: Gleichung im Diagramm darstellen sowie Bestimmtheitsmaÿ im Diagramm

darstellen.

Lösung zur Aufgabe 8.4.7:

1. Nein. Zum Beispiel baue man einen extremen Ausreiÿer unter ansonsten sehr nahe an der

Regressionsgerade liegenden Messwerten ein. Der Grund ist: Wir minimieren nicht die An-

zahl der Abweichungen in einer bestimmten Richtung, sondern ihre geeignet (quadratisch)

aufsummierte Gesamtgröÿe.

2. Ja, man kann. Sobald mehr als ein Messwertpaar vorliegt, haben alle an der Berechnung

beteiligten mathematischen Formeln einen Sinn. Die Regressionsgerade beweist für sich ge-

nommen gar nichts. Sie ist einfach die bestmögliche Gerade durch Ihre Messpunkte. Ob die

Messpunkte sinnvollerweise auf einer Gerade liegen sollten, muss die jeweilige Wissenschaft

begründen.

3. Ja. Ein Beispiel, das nahe am Fallversuch liegt: Wir werfen eine Kugel senkrecht in die Höhe

mit einer bekannten Geschwindigkeit. Durch die Erdanziehung wird die Kugel langsamer.

Wir messen den Betrag der Geschwindigkeit (Y ) in Abhängigkeit von der Zeit (X) bis zum

höchsten Punkt der Bahn. Der Betrag der Geschwindigkeit nimmt mit zunehmender Zeit

ab, wir erhalten also eine Gerade mit negativer Steigung.

4. Im ersten Fall: Nein. Praktisch gesehen ist die Steigung der Geraden unbestimmt, mathe-

matisch gesehen ist die Varianz von X gleich 0, daher auch der Nenner von m, also ist m

nicht deniert. Im zweiten Fall: Ja. Die Gerade verläuft genau durch die zwei Punkte.

Lösung zur Aufgabe 8.4.8:

1. In beiden Fällen hat das Bestimmtheitsmaÿ den Wert +1 (denn es ist das Quadrat des

Korrelationskoezienten, der im ersten Fall +1, im zweiten −1 ist).

2. Auf die Kovarianz kann überhaupt nicht zurückgeschlossen werden; man müsste sonst schon

die beiden Varianzen von X und Y kennen.

Die Korrelation muss oenbar +1 oder −1 betragen, denn ihr Quadrat ist gleich 1.

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98 Einführung in statistische Datenanalyse mit SPSS. Lineare Regression. (STAT2)

Der Regressionskoezient lautet σXYσ2X. Ohne Kenntnis von Zähler und Nenner lässt sich

keine Aussage darüber treen.

3. Dieses Ergebnis bedeutet nicht, dass kein linearer Zusammenhang besteht, sondern dass

er nicht signikant ist (auf dem 5%-Niveau). Wir haben keinen hinreichenden Grund, die

Hypothese H0 abzulehnen, behalten sie also bei. Trotzdem könnte ein Hinweis darauf, dass

ggf. eine erneute Messung mit mehr Messwertpaaren die Signikanz sicherstellen könnte,

angebracht sein.

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9. Statistik 3. (STAT3)

9.1. Checkliste. Einleitung

Für die Bearbeitung dieses Kapitels benötigen Sie:

2 das Skript zur Mathematik-Vorlesung sowie einen Taschenrechner.

Vorher (bis einen Tag vor Ihrem Praktikumstermin)

2 Bearbeiten Sie die vorbereitenden Aufgaben (s.u.)!

Während des Praktikums

2 Arbeiten Sie zu zweit!

2 Bearbeiten Sie die Aufgaben während des Praktikums!

2 Stellen Sie sich darauf ein, Ihre Aufgabenlösungen vor dem Plenum vorzustellen und zu

diskutieren!

Nachher (bis eine Woche nach Ihrem Praktikumstermin)

2 Arbeiten Sie weiterhin in der gleichen Zweiergruppe!

2 Bearbeiten Sie den während des Praktikums ausgeteilten Aufgabenzettel und geben Sie ihn

bis eine Woche nach dem Praktikum im Fach von Frau Bärtels ab!

2 Wir korrigieren die Übungszettel und teilen Ihnen ggf. im nächsten Praktikumstermin oder

per Aushang mit, wenn Sie einen erneuten Übungszettel bearbeiten müssen.

99

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100 Statistik 3. (STAT3)

Wozu der Sto dieses Kapitels? In der Vorlesung Mathematik/Statistische Grundlagen

werden mathematisch-statistische Hilfsmittel eingeführt, die auch geübt werden müssen. Die

heutige Sitzung dient ausschlieÿlich diesem Ziel.

Folgende Begrie und Verfahren der Vorlesung werden geübt:

Kovarianz und Korrelation

Grundaussagen zu Varianz und Kovarianz

Statistisches Testen: Qualitatives Entwickeln eines Testverfahrens

Gauÿ-Test

Kondenzintervalle (neu)

Rangsummentests: Friedman-Test und Page-Test

Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest

9.2. Vorbereitende Aufgaben

Aufgabe 9.2.1 Wiederholen Sie im Mathematikskript [14] (Version 6.0) die Kapitel 12

(Zusammenhang zwischen Merkmalen), 14 (Allgemeines zu statistischen Testverfahren),

15 (Quantizierung statistischer Testverfahren), 17 (Tests auf Rangordnung) und 18 (Chi-

Quadrat-Unabhängigkeitstest)!

Bringen Sie das Skript zum Praktikum mit!

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Integriertes Praktikum II 101

9.3. Aufgaben während des Praktikums

Wenn ein Signikanzniveau α benötigt wird und kein anderes angegeben ist, so nehmen Sie

standardmäÿig α = 5%.

Teil 1

Aufgabe 9.3.1 (Mathematische Beweise) Beweisen Sie (durch Ausrechnen der linken Seite) fol-

gende beiden Gleichungen für die Varianz und die Kovarianz, die in der Vorlesung schon verwen-

det wurden:

Es seien x1, . . . , xn die n Urwerte einer Messreihe. Zeigen Sie:

1

n

n∑i=1

(xi − x)2 =1

n

n∑i=1

x2i − x2.

Es seien (x1, y1), . . . , (xn, yn) die n Messwertpaare einer Messreihe. Zeigen Sie:

1

n

n∑i=1

(xi − x)(yi − y) =1

n

n∑i=1

xiyi − xy.

Aufgabe 9.3.2 (Kovarianz und Korrelationskoezient) Nachfolgend sehen Sie die Ergebnisse ei-

ner Messreihe zur geradlinig-gleichförmigen Bewegung eines Körpers, dessen zurückgelegter Weg

s = v · t+ s0 zu verschiedenen Zeiten t gemessen wurde. Mittelwerte und Standardabweichungen

sind schon angegeben.

t in s s in m

2,0 36,8

3,0 52,5

4,0 70,7

5,0 90,0

Mittelwert 3,5 62,5

Standardabweichung 1,118 19,900

1. Bestimmen Sie die Kovarianz σts! Welche Einheit hat sie?

2. Geben Sie den Korrelationskoezienten rts an und interpretieren Sie das Ergebnis!

Aufgabe 9.3.3 (Qualitatives Testen) Bitte bearbeiten Sie die folgenden drei Aufgaben entspre-

chend der in der Vorlesung besprochenen Arbeitsweise entlang vierer Schritte. Hier geht es darum,

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102 Statistik 3. (STAT3)

qualitativ ein Testverfahren zu entwickeln, insbesondere eine geeignete Testgröÿe, ihren Werte-

bereich und einen qualitativen Beibehaltungs- und Ablehnungsbereich anzugeben.

Bitte bereiten Sie sich darauf vor, Ihre Lösung vor dem Plenum vorzutragen und zu diskutieren!

1. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Durchführung einer Ernährungsberatung und

einem Abnahmeerfolg (Körpergewicht)?

2. Sie haben zwei verschiedene Chargen mit chemischen Proben. Stammen die chemischen

Proben, die auf ihren Gehalt an einer gewissen Substanz untersucht werden, aus zwei

Grundgesamtheiten mit gleicher Varianz? (Vollerhebung nicht möglich, weil zerstörende

Prüfung!)

3. Gibt es in Hamburg, München und Berlin jeweils prozentual gleich viele Grünen-Wähler?

(Vollerhebung nicht möglich!)

Einige Hinweise zu dieser Aufgabe:

a) Beachten Sie bei der Formulierung von Hypothesen, dass es einen Unterschied zwischen den

wahren Werten gewisser Messgröÿen in der Grundgesamtheit (bzw. in der Realität) und

konkreten Ausprägungen von Zufallsmessungen dieser Gröÿen gibt. Ein Beispiel aus dem

Bereich des Gauÿ-Tests: Der wahre Mittelwert der Messgröÿe im Gauÿ-Test heiÿt µ, der

Stichprobenmittelwert einer zufällig ermittelten Stichprobe heiÿt x. Mittels der Testgröÿe

x wollen wir eine Aussage über die wahre Gröÿe µ machen. (Dies nennt man auch eine

Schätzung des wahren Wertes der Gröÿe µ.)

b) Achten Sie genau darauf, wohin Sie den kritischen Wert der Testgröÿe im Wertebereich der

Testgröÿe legen. Normalerweise werden Sie die Alternativhypothese H1 erst annehmen,

wenn die Testgröÿe (über-)deutlich vom Normalfall abweicht. Beispiel: Wenn Sie die Fair-

ness einer Münze anzweifeln und dies durch hundertmaliges Werfen der Münze überprüfen

möchten, wenn Sie dann die Anzahl geworfener Köpfe als Testgröÿe nehmen, so werden Sie

den kritischen Wert der Testgröÿe nicht auf 50 oder 51 legen, sondern wohin?

c) Achten Sie genau darauf, ob Sie eine einseitige oder zweiseitige Fragestellung haben. Dies

muss sich in der Gestalt von Ablehnungs- und Beibehaltungsbereich widerspiegeln. Beispiel:

Beim zweiseitigen Gauÿ-Test prüfen wir, ob der Mittelwert einer bestimmten normalver-

teilten Gröÿe sich verschoben hat gleichgültig, ob nach oben oder unten. Demzufolge ist

der Ablehnungsbereich zweigeteilt, und es gibt zwei kritische Werte.

d) Ihre Formulierung muss den Charakter einer genauen Anleitung haben.

e) Im richtigen Leben gibt es keine Vorgaben, welche Messgröÿen zu erheben sind, um gewisse

Eigenschaften festzustellen. Es ist Ihre Aufgabe, die Auswahl konkreter Messgröÿen sachge-

recht zu treen auch in diesen Aufgaben! Das betrit insbesondere auch ggf. notwendige

Konkretisierungen der Fragestellung. Beispiel: Was ist ein Abnahmeerfolg?

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Integriertes Praktikum II 103

Teil 2

Aufgabe 9.3.4 (Gauÿ-Test) (Beachten Sie die Tabelle im Abschnitt Materialien!) Das Gewicht

von Schokoriegeln sei ursprünglich normalverteilt mit Mittelwert µ0 = 20, 00 g und Standard-

abweichung σ = 2, 50 g. Sie möchten überprüfen, ob der jetzige Mittelwert des Schokoriegelge-

wichtes noch immer unverändert ist. (Es wird vorausgesetzt, dass die Standardabweichung sich

nicht geändert hat.) Sie ziehen eine Stichprobe vom Umfang n = 40 vom Fertigungsband. Die

Schokoriegel werden ausgewogen, und es ergibt sich ein Stichprobenmittelwert x = 19, 30 g.

1. Stellen Sie die Hypothesen H0 und H1 zur Frage auf, ob sich der Mittelwert geändert hat!

2. Berechnen Sie das 97,5%-Quantil und das 2,5%-Quantil der Verteilung des Stichproben-

mittels (bei Gültigkeit von H0) an! Geben Sie den Beibehaltungsbereich und den Ableh-

nungsbereich an!

3. Muss (auf einem Signikanzniveau von α = 5%) davon ausgegangen werden, dass der

Mittelwert sich verschoben hat?

Aufgabe 9.3.5 (Kondenzintervall) Im Kapitel über den Gauÿ-Test (bzw. im entsprechenden

Kapitel über den t-Test, vgl. TEST in diesem Skript) haben wir überprüft, ob der Mittelwert

einer n-elementigen Stichprobe von Messungen einer normalverteilten Gröÿe noch immer aus

einer Grundgesamtheit stammt, deren Mittelwert µ0 von früher bekannt war oder ob wir von

einer Änderung des Mittelwertes ausgehen müssen.

Wir konstruieren einen Beibehaltungsbereich um den Soll-Mittelwert µ0 und prüfen, ob das

Stichprobenmittel x einer n-elementigen Stichprobe in diesem Beibehaltungsbereich liegt. Zur

Erinnerung: Der Beibehaltungsbereich wird so konstruiert, dass bei Gültigkeit von H0 ein Stich-

probenmittelwert mit Wahrscheinlichkeit 1− α darin liegen sollte. (α: Signikanzniveau). Einen

solchen Bereich nennt man auch einen Zufallsstreubereich für x.

Für den Rest dieser Aufgabe sei n := 30.

Aufgabenteil 1: Es sei X normalverteilt mit Mittel µ0 = 1350 (dimensionslose Gröÿe) und

σ = 82. Berechnen Sie für die Signikanzniveaus α = 5% und α = 1% den jeweiligen Bei-

behaltungsbereich (BB) für die Hypothesen des Gauÿ-Tests! Dies ist dann also ein 95%- bzw.

99%-Zufallsstreubereich für das Stichprobenmittel x einer n-elementigen Stichprobe.

In den Naturwissenschaften geht man oft einen umgekehrtenWeg: Man betrachtet den tatsächlich

gemessenen Stichprobenmittelwert x und konstruiert um ihn herum ein Intervall, in dem mit einer

gewissen Wahrscheinlichkeit der wahre Mittelwert µ0 erwartet wird. Ein solches Intervall nennt

man einen Vertrauensbereich oder ein Kondenzintervall für den wahren Mittelwert µ0.

Aufgabenteil 2: Oben haben Sie den BB (den Zufallsstreubereich) für x in der Form eines

Intervalls BB = [µ−c, µ+c] angegeben, wobei c ein gewisses Vielfaches der Standardabweichung

σ ist.

Für den Rest der Aufgabe sei der gemessene Stichprobenmittelwert x := 1361.

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104 Statistik 3. (STAT3)

1. Überlegen und begründen Sie: Der Stichprobenmittelwert x liegt genau dann im BB, wenn

der wahre Mittelwert µ0 im Intervall I = [x − c, x + c] liegt. (Das Intervall I nennt man

einen Vertrauensbereich oder ein Kondenzintervall für µ0.)

2. Berechnen Sie das 95%- und das 99%-Kondenzintervall für µ0 im vorliegenden Kontext!

Aufgabe 9.3.6 (Rangsummentests) (Die folgende Aufgabe ist angelehnt an eine im Jahr 2007

tatsächlich durchgeführte Diplomarbeit, bei der vier verschiedene Messverfahren zur Bestimmung

eines biometrischen Messwertes verglichen wurden.) An sieben Proben werden die Messgeräte

Sens-O-Matic, MeasureFinder, Click&Read und KBW zur Messung eines metrischen Merkmals

verglichen. Die untenstehende Tabelle zeigt die jeweiligen Messergebnisse:

Nr. Sens-O-Matic MeasureFinder Click&Read KBW

1 45 50 40 80

2 12 13 16 15

3 52 68 48 70

4 14 11 18 15

5 25 23 28 30

6 148 134 110 175

7 11 14 16 13

Messen die Geräte tatsächlich das Gleiche? (α = 5%). (Hinweis: Wenn die Messgeräte das Gleiche

messen, so sollten sich die Messwerte der unterschiedlichen Messgeräte je Proband nur zufällig

unterscheiden. Andernfalls sollte es eine systematische Abweichung zwischen mindestens einem

der Geräte und den anderen geben. Letzteres würde bedeuten dass mindestens eines der Mess-

geräte systematisch eher zu niedrig oder eher zu hoch misst. Welchen Test kennen Sie, der

hier anwendbar sein könnte?)

Aufgabe 9.3.7 (Rangsummentests) Sieben Probanden (Nr. 1 bis Nr. 7) verkosten 4 Saftproben

auf Süÿe (Probe A, B, C, und D). Jeder Proband ordnet jede Saftprobe nach seiner Verkostung

auf einen der vier Ränge 1 bis 4 ein (1: schmeckt am süÿesten, . . . , 4: schmeckt am wenigsten

süÿ). (Rangbindungen sind nicht zugelassen.) Sie sehen das Ergebnis in der folgenden Tabelle,

wobei die Proben der mit dem Refraktometer gemessenen Süÿe entsprechend schon sortiert sind.

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Integriertes Praktikum II 105

Nr. A B C D

1 2 3 1 4

2 1 2 3 4

3 2 3 1 4

4 2 1 4 3

5 1 2 3 4

6 3 2 1 4

7 1 2 4 3

Erkennen die Probanden die tatsächliche Süÿe korrekt?

Aufgabe 9.3.8 Der Friedman-Test und der Page-Test werden eingesetzt zur Überprüfung von

Rangfolgen. Worin besteht der entscheidende Unterschied?

Aufgabe 9.3.9 (Vierfeldertafel, Chi-Quadrat-Test) Lösen Sie die folgende Aufgabe wieder ent-

lang des vierschrittigen Schemas und fügen Sie als fünften Schritt die konkrete Angabe des

kritischen Wertes der Testgröÿe an! In einer Gruppe von Probanden werden die Variablen X =

Heilerfolg (ja, nein) und Y = Gabe des Medikamentes Toxikillin (ja, nein) aufgenommen.

Hier ist die zweidimensionale relative Häugkeitstabelle:

Tabelle 9.1.: Relative Häufigkeiten

Y ↓ \ X → Heilerfolg ja Heilerfolg nein gesamt

Gabe ja 0,0482 0,5229

Gabe nein 0,2410 0,1879

gesamt

Lässt sich ein Zusammenhang statistisch beweisen? (Zur Berechnung der benötigten Tabellen-

werte setzen Sie n := 10 000.)

9.4. Teillösungen

Zu diesem Kapitel gibt es keine Teillösungen.

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106 Statistik 3. (STAT3)

9.5. Materialien

Tabellen nden Sie im Praktikumsskript bzw. Mathematik-Skript bzw. den Foliensätzen zur

Mathematik-Vorlesung. Die meisten Tabellen lassen sich mittlerweile im Internet nden. Einige

benötigte Tabellen nden Sie nachfolgend:

Tabelle der Quantile der Standardnormalverteilung (benötigt für den Gauÿ-Test sowie die Be-

rechnung eines Kondenzintervalls beim Gauÿ-Test):

Abbildung 9.1.: Quantile der Standardnormalverteilung.

Tabelle kritischer Werte (Quantile) der Chi-Quadrat-Verteilung:

Tabelle kritischer Werte für den Friedman- und Page-Test:

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Integriertes Praktikum II 107

Quantile der Chi-Quadrat-Verteilungberechnet mit Excel 2013

WahrscheinlichkeitFreiheitsgrad (df) 99,90% 99,50% 99% 97,50% 95% 90%

1 10,828 7,879 6,635 5,024 3,841 2,7062 13,816 10,597 9,210 7,378 5,991 4,6053 16,266 12,838 11,345 9,348 7,815 6,2514 18,467 14,860 13,277 11,143 9,488 7,7795 20,515 16,750 15,086 12,833 11,070 9,2366 22,458 18,548 16,812 14,449 12,592 10,6457 24,322 20,278 18,475 16,013 14,067 12,0178 26,124 21,955 20,090 17,535 15,507 13,3629 27,877 23,589 21,666 19,023 16,919 14,684

10 29,588 25,188 23,209 20,483 18,307 15,98711 31,264 26,757 24,725 21,920 19,675 17,27512 32,909 28,300 26,217 23,337 21,026 18,54913 34,528 29,819 27,688 24,736 22,362 19,81214 36,123 31,319 29,141 26,119 23,685 21,06415 37,697 32,801 30,578 27,488 24,996 22,30716 39,252 34,267 32,000 28,845 26,296 23,542

Abbildung 9.2.: Quantile der χ2-Verteilung.

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108 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

Abbildung 9.3.: Kritische Werte für den Friedman-Test.

Abbildung 9.4.: Kritische Werte für den Page-Test.

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10. Übungen zum statistischenHypothesentest (TEST)

10.1. Checkliste. Einleitung

Für die Bearbeitung dieses Kapitels benötigen Sie:

2 Ihr Windows-Benutzeraccount für Raum O 127, das Sie bereits im ersten Semester einge-

richtet haben,

Vorher (bis einen Tag vor Ihrem Praktikumstermin)

2 Bearbeiten Sie die vorbereitenden Aufgaben (s.u.)!

2 Lösen Sie individuell den Onlinetest zum Kapitel TEST!

Während des Praktikums

2 Arbeiten Sie zu zweit!

2 Bearbeiten Sie die Aufgaben während des Praktikums!

Nachher (bis eine Woche nach Ihrem Praktikumstermin)

2 Arbeiten Sie weiterhin in der gleichen Zweiergruppe!

2 Bearbeiten Sie den während des Praktikums ausgeteilten Aufgabenzettel und geben Sie ihn

bis eine Woche nach dem Praktikum im Fach von Frau Bärtels ab!

2 Wir korrigieren die Übungszettel und teilen Ihnen ggf. im nächsten Praktikumstermin oder

per Aushang mit, wenn Sie einen erneuten Übungszettel bearbeiten müssen.

109

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110 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

Wozu der Sto dieses Kapitels? Das statistische Testen von Hypothesen (Durchführung von

Signikanztests) ist ein in allen experimentellen Wissenschaften grundlegendes Verfahren. Die

Methodik von Signikanztests ist, wie Sie sich aus der Mathematik-Vorlesung des ersten Semes-

ters erinnern, nicht einfach zu verstehen. Grob lässt sich das Verfahren wie folgt skizzieren:

1. Aufstellen einer klaren Fragestellung.

2. Explizites Niederschreiben von Teilfragen, die einer experimentellen Beantwortung zugäng-

lich sind. Insbesondere: Formulierung eines (in der ganz überwiegenden Regel) kontradikto-

rischen Hypothesenpaares, wobei (in der ganz überwiegenden Regel) die so genannte Null-

hypothese diejenige ist, bei der ein Zusammenhang als nicht bestehend angesehen wird.

(Achtung: Diese Faustregel ist sehr hilfreich bei verständiger Anwendung, jedoch sind Sie

bei der späteren Anwendung eines konkreten mathematischen Verfahrens nicht frei in der

Wahl der Nullhypotheses und der Alternativhypothese.)

3. Identizierung einer Testgröÿe (Teststatistik) und eines Verfahrens, mit Hilfe dessen bei

gegebenemWert der Teststatistik eine Entscheidung für oder gegen die Alternativhypothese

gefällt werden kann (zu gegebenem Signikanzniveau).

4. Tatsächliche Durchführung eines Experimentes zur Ermittlung des gemessenen Wertes der

Teststatistik. (Hierzu muss die ausgemessene Stichprobe repräsentativ sein!)

5. Fällen einer Entscheidung auf der Basis des Wertes der Teststatistik.

Die Punkte 1, 2 und 4 gehören zum groÿen Teil in die Einzelwissenschaften. Wir vernachlässigen

sie hier zugunsten der beiden eher mathematisch bestimmten Punkte 3 und 5. Im späteren

Leben werden Sie sich zu gegebener Situation erst ein passendes Testverfahren aus der Literatur

heraussuchen müssen. Auch dieses will geübt sein; hierzu dient das vorliegende Kapitel.

In diesem Praktikumskapitel lernen Sie:

Durchführung von statistischen Hypothesentests (Signikanztests) an verschiedenen An-

wendungsbeispielen, sowohl mit Zettel und Stift (und Tabellenwerken) wie auch mittels

der Standardsoftware SPSS.

Selbstständige Erarbeitung noch unbekannter Literatur zu einem noch unbekannten Test-

verfahren.

Umgang mit unbekannten Testverfahren unter Einsatz der Standardsoftware SPSS.

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Integriertes Praktikum II 111

10.2. Vorbereitende Aufgaben

Bearbeiten Sie bitte vor dem Praktikumstermin die folgenden Aufgaben:

Aufgabe 10.2.1 1. Wiederholen Sie die Kapitel 13 bis 17 des Mathematikskriptes [14]! Bear-

beiten Sie insbesondere neu das Kapitel 15! Bringen Sie Ihr Mathematik-Vorlesungsskript

mit!

2. Wiederholen Sie die Interpretation von Testgröÿe und Signikanz aus dem Kapitel STAT2,

insbesondere das Unterkapitel Test des linearen Modells (Test auf Signikanz der Korre-

lation) auf S. 90!

3. Lesen Sie den Textteil zu den Aufgaben 10.3.1 und 10.3.2 schon vor Beginn des Praktikums

gründlich!

Für die hier zu bearbeitenden Aufgaben benötigen Sie einige Tabellen, die in statistischen Stan-

dardwerken abgedruckt sind. Die hier benötigten Ausschnitte nden Sie im Text bzw. am Ende

dieses Kapitels oder im Mathematik-Skript. Mittels Standardsoftware (Excel, SPSS oder ver-

gleichbar) können die aus den Tabellen benötigten Zahlenwerte auch direkt berechnet werden;

siehe hierzu das Praktikumskapitel STAT2 und Teil 2 des heutigen Kapitels.

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112 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

10.3. Praktische Aufgaben während desPraktikums

Teil 1: Mit Tabellen, Zettel und Stift.

Aufgabe 10.3.1 (Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest) Um den aus der Vorlesung bekannten

Test auf Verschiebung des Mittelwertes einer normalverteilten Gröÿe (Gauÿ-Test) anwenden zu

können, ist es erforderlich, schon vorher zu wissen, dass die betrachtete Gröÿe tatsächlich normal-

verteilt ist. Ganz allgemein kommt es oft vor, dass ein bestimmtes Testverfahren nur angewendet

werden kann, wenn man vorher bereits weiÿ, dass die betrachtete Variable X einer gewissen

Wahrscheinlichkeitsverteilung folgt. Wenn man dies nicht aus theoretischen Überlegungen be-

gründen kann, muss man es erst überprüfen, d.h. man muss überprüfen, ob die beobachtete

(relative) Häugkeitsverteilung des Merkmals X wohl von einer bestimmten zu Grunde liegen-

den Wahrscheinlichkeitsverteilung herrühren kann oder nicht.

Wir besprechen hier den Kolmogorov-Smirnov-Test (auch Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest

oder kurz KS-Test genannt); dieses Testverfahren gehört zu den so genannten nicht-

parametrischen Tests; es ist gut geeignet, um auch im Falle kleiner Stichproben zu prüfen, ob

eine gemessene relative Häugkeitsverteilung von einer bestimmten, gegebenen Wahrscheinlich-

keitsverteilung herrühren könnte.

Anwendungsbeispiel: Bei der Produktion von Stückgut, z.B. von Schokoriegeln, entsteht Aus-

schuss. Bekannt sei, dass auf lange Sicht ein Ausschussanteil von p entsteht, d.h., wenn Sie einen

Schokoriegel beliebig aus der Produktion ziehen, ist er mit Wahrscheinlichkeit p fehlerhaft (hier

sei p = 0, 12; das ist für eine echte Produktion riesenhaft, aber hier besser zu rechnen). Dann

ist Ihnen bereits aus der Vorlesung bekannt, dass die Variable X: Anzahl fehlerhafter Stücke in

einer Stichprobe vom Umfang n (hier sei n = 5) binomialverteilt ist (zu den beiden Parame-

tern n und p): Ziehen Sie aus der gesamten Produktion n Schokoriegel und zählen die Zahl X

fehlerhafter darunter, so gilt: Mit der Wahrscheinlichkeit

P (X = k) =

n

k

pk(1− p)n−k

nden Sie k fehlerhafte unter den n Stück.

Betrachten Sie hierzu als Beispiel die Abbildung 10.1; hier handelt es sich um ein Merkmal

aus dem Anwendungskontext des n-fachen Münzwurfs. Gemessen seien jeweils die dargestellten

Häugkeitsverteilungen. Vom bloÿen Ansehen würden Sie sicher unterschreiben, dass die linke

Messung darauf hindeutet, dass die Variable X tatsächlich binomialverteilt ist; ebenso würden

Sie sicherlich zustimmen, dass die rechte Messung eher nicht auf eine tatsächliche Binomialver-

teilung von X hindeutet. Nun wissen Sie natürlich, dass selbst bei einer Messung, wie rechts

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Integriertes Praktikum II 113

Abbildung 10.1.: Zwei (fiktive) Diagramme der gemessenen relativen Häufigkeitsverteilung vonZufallsvariablen. Die linke Variable könnte in der Realität binomialverteilt sein,die rechte wohl eher nicht.

dargestellt, nicht zu 100% ausgeschlossen werden kann, dass X in Wahrheit binomialverteilt ist,

denn durch zufällige Störungen der relativen Häugkeitsverteilung bei der Messung können trotz

allem extreme Ergebnisse herauskommen. Sie können aber durch Anwendung eines geeigneten

Testverfahrens zumindest eine Aussage mit einer sehr kleinen Irrtumswahrscheinlichkeit treen.

Stehen Sie als QM-Manager nun tatsächlich am Lagerausgang und ziehen aus den Kartons,

welche das Lager verlassen, mehrmals hintereinander Stichproben vom Umfang n, zählen jeweils

die fehlerhaften Stücke und erstellen daraus eine relative Häugkeitsverteilung, die z.B. wie in

Abbildung 10.1 links aussieht, so erhebt sich die Frage, ob die gemessene Häugkeitsverteilung

von der ursprünglichen Binomialverteilung zu den Parametern n und p herrühren kann oder

nicht (in letzterem Falle hätte sich an Ihrer Produktion etwas geändert; es könnte sich der Anteil

fehlerhafter Stücke, p, geändert haben; es könnte aber auch am Personal liegen, wobei Sie als

QM-Manager überdurchschnittlich häug Stichproben mit Produkten einer bestimmten Schicht

erhalten; es könnte sich um eine Montagsproduktion handeln; der Rohsto könnte zwischendurch

gewechselt worden sein).

Die Hypothesen lauten:

H0: Die Zahl X fehlerhafter Stücke in einer Stichprobe vom Umfang n = 5 folgt der Binomial-

verteilung zu den Parametern n und p = 0, 12.

H1: Die Zahl fehlerhafter Stücke folgt nicht dieser Verteilung.

(Ersteres wäre der zu erwartende, unauällige Normalfall: alles ist unverändert.)

Der Kolmogorov-Smirnov-Test funktioniert nun wie folgt:

1. Sie entnehmenN -mal (hier:N = 63) eine Stichprobe vom Umfang n (hier n = 5) und erstel-

len eine relative Häugkeitstabelle, d.h. bestimmen die relativen Häugkeiten f(k) =Anteil

der Stichproben mit k Fehlern, k = 0, . . . , 5. (Wir nehmen an, dass diese Messungen schon

gelaufen sind. Die relativen Häugkeiten nden Sie in der Tabelle 10.1 auf Seite 115.) Sie

berechnen dazu die kumulierte relative Häugkeit F (k).

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114 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

2. Sie berechnen die unter H0 zu erwartende Wahrscheinlichkeitsverteilung

P (X = k) =

n

k

pk(1− p)n−k, k = 0, . . . , 5.

Sie berechnen dazu die Verteilungsfunktion P (X ≤ k).

3. Sie vergleichen die kumulierte Häugkeitsverteilung mit der Verteilungsfunktion und be-

stimmen die maximale Abweichung, d.h. Sie berechnen für jedes k den Betrag der Dierenz

d(k) := |F (k)− P (X ≤ k)|

und bestimmen unter allen d(k) das maximale dmax. Das ist ein Wert zwischen 0 und 1, der

Wertebereich für dmax ist also das Intervall von 0 bis 1; die Endpunkte sind auch zugelassen.

(Warum gilt das alles?) Dieses dmax ist die Testgröÿe (Teststatistik). Vgl. hierzu Abb. 10.2.

4. Wenn H0 gilt, d.h. wenn X tatsächlich der Binomialverteilung zu den Parametern n =

5 und p = 0, 12 folgt, dann sollten alle Dierenzen d(k) eher klein sein, insbesondere

die Testgröÿe dmax. Wenn H1 gilt, wird dmax eher groÿ sein. Qualitativ zerfällt also der

Wertebereich für dmax in einen linken und einen rechten Bereich; dazwischen liegt als

Grenze ein kritischer Wert dkrit. Ist dmax < dkrit, so bleiben wir bei H0: Der linke Bereich

ist der Beibehaltungsbereich, der rechte der Ablehnungsbereich.

5. Die kritischen Werte dkrit sind natürlich von der Zahl durchgeführter Messung, also von N

abhängig, ebenso natürlich von der angestrebten Genauigkeit, d.h. vom Signikanzniveau

α. Diese Werte sind tabelliert in der Tabelle 10.2. Sie bestimmen zum angestrebten Signi-

kanzniveau (hier: α = 5%) und unserem gegebenen N = 63 den kritischen Wert dkrit.

Wenn dmax < dkrit, so behalten Sie H0 bei, andernfalls verwerfen Sie H0.

6. Genaue Interpretation des Ergebnisses: Eine Beibehaltung von H0 heiÿt nicht notwendig,

dass H0 gilt, sondern nur, dass wir auf dem gegebenen Signikanzniveau keine hinreichende

Veranlassung haben, H0 zu verwerfen. Trotzdem wird im Allgemeinen die Beibehaltung

von H0 in diesem Fall so interpretiert, dass die Annahme gerechtfertigt sei, dass X der

angegebenen Verteilung folgt.

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Integriertes Praktikum II 115

Tabelle 10.1.: Tabelle der relativen Häufigkeiten zur Messung der Anzahl fehlerhafter Stückebei Stichproben vom Umfang n = 5. Diese Messungen sind schon im Vorfeldgelaufen.

Fehlerzahl k f(k) F (k) P (X = k) P (X ≤ k) d(k)

0 0,350

1 0,560

2 0,084

3 0,003

4 0,002

5 0,001

dmax

dkrit

Tabelle 10.2.: Kritische Werte für d („Schranken für d“) im KS-Anpassungstest, zitiert nach [17],S. 428. (Diese Werte gelten nur für N > 35; für N ≤ 35 gilt eine modifizierteTabelle; siehe [17], S. 429.)

Schranken für d Signikanzniveau α

1, 073/√N 0,20

1, 138/√N 0,15

1, 224/√N 0,10

1, 358/√N 0,05

1, 517/√N 0,02

1, 628/√N 0,01

1, 731/√N 0,005

1, 949/√N 0,001

Führen Sie das soeben skizzierte Programm für die relative Häugkeitstabelle 10.1 durch, d.h.

beantworten Sie auf dem 5%-Niveau die Frage, ob wir bei der folgenden Häugkeitstabelle von

einer Binomialverteilung zu den Parametern n = 5 und p = 0, 12 ausgehen dürfen (füllen Sie

dazu insbesondere die angegebenen Spalten aus). Erinnerung: N = 63. Berechnen Sie dmax,

bestimmen Sie dkrit. Formulieren Sie die Hypothesen und einen vollständigen, klaren, kurzen

Antwortsatz.

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116 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

Abbildung 10.2.: Vergleich von gemessener Verteilungsfunktion F (X ≤ k) und berechne-ter Verteilungsfunktion P (X ≤ k) als Grundlage des Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstests.

Aufgabe 10.3.2 (Einstichproben-t-Test zum Vergleich eines empirischen Mittelwerts mit dem

Mittelwert einer normalverteilten Grundgesamtheit. Das vorliegende Problem hier: Länge von

Schokoriegeln entspringt einem Praxissemester bei einem namhaften Knabberriegelhersteller

der Region; dort ging es um die Dicke und damit um das Gewicht der aufgebrachten Schokola-

de.) In der Vorlesung haben wir den Kondenzbereich (das Kondenzintervall) um den empiri-

schen Mittelwert zum Zwecke des Vergleichs eines empirischen Stichprobenmittelwertes mit einer

Normalverteilung bestimmt, um die Frage zu beantworten, ob der tatsächlich gültige (wahre)

Mittelwert µ immer noch gleich einem früher einmal vorgegeben µ0 ist. (Vgl. Kapitel 12 des Vor-

lesungsskriptes.) Grundvoraussetzung für dieses Testverfahren war, dass die wahre Standard-

abweichung σ bekannt ist und verwendet werden kann. Beim Test verwendet man die Tatsache,

dass die Testgröÿe, nämlich der Stichprobenmittelwert X (bei Vorliegen von H0) normalverteilt

zu den Parametern µ0 und σ/√n ist, was man auch so ausrücken kann:

Die Gröÿe(X − µ0)

σ√n

ist normalverteilt zu den Parametern 0 und 1 (standardnormalverteilt).

Nun ist die Bekanntheit von σ in der Wirklichkeit nur selten gegeben. D.h., Sie müssen für

die wahre Standardabweichung einen Wert einsetzen, den Sie ebenfalls aus Ihren Messdaten

gewinnen. Dabei handelt es sich um die so genannte empirische Standardabweichung s, die durch

s2 :=1

n− 1

n∑i=1

(xi − x)2; s :=√s2

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Integriertes Praktikum II 117

deniert ist (sie unterscheidet sich von der (gewöhnlichen) Standardabweichung durch den Faktor

vor der Summe). Die Gröÿe s heiÿt auch Schätzer oder Schätzung für σ.1

Das bisher eingesetzte Testverfahren zum Vergleich der Mittelwerte unter Einsatz der Normal-

verteilung muss modiziert werden: Die neue Testgröÿe

X − µ0s√n

ist (bei Gültigkeit von H0) nicht normalverteilt, sondern t-verteilt mit n − 1 Freiheitsgraden.2

(n ist der Umfang der Stichprobe, aus welcher der empirische Mittelwert x berechnet wird.)

Quantile der t-Verteilung nden sich tabelliert. Lesen Sie nun den abgedruckten Auszug aus [17],

S. 342f: Abbildung 10.3.

1Warum verwendet man in gewissen Zusammenhängen die empirische Standardabweichung? Darauf gibt es keineeinfache Antwort. Eine nachvollziehbare Antwort nden Sie im Downloadbereich unter Mathematik/StatistischeGrundlagen im Skript Mathe-FAQs, Kapitel 4.

2Der Begri des Freiheitsgrades ist ein schillernder. In der Lehrbuchliteratur wird über diesen Begri häugspekuliert, um ihm eine einigermaÿen nachvollziehbare wenn auch falsche Interpretation zu geben. Ich schlieÿemich dem nicht an, sondern erwähne nur, dass es nicht eine t-Verteilung, sondern eine Schar von tm-Verteilungengibt (m ≥ 1). Im Falle des Mittelwerts von n identisch normalverteilten Variable gilt der erwähnte Satz, dassdann X−µ

s/√neiner tn−1-Verteilung folgt.

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118 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

Abbildung 10.3.: Auszug aus [17], S. 342f. zum Einstichproben-t-Test.

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Integriertes Praktikum II 119

Beantworten Sie nachfolgend folgende Frage: Die Länge von Schokoriegeln, die auf einer

Backstraÿe gefertigt werden, sei bekanntermaÿen normalverteilt mit Mittelwert µ0 = 12 cm.

Standardabweichung ist unbekannt. Sie ziehen zu Kontrollzwecken eine Stichprobe vom Umfang

n = 39 mit Stichprobenmittelwert 11, 7 cm und empirischer Standardabweichung s = 0, 34 cm.

Müssen Sie auf dem Signikanzniveau 5% annehmen, dass die Schokoriegel seit Neuestem nicht

mehr die richtige Länge haben? (Begründung! Beantworten Sie die zweiseitige Fragestellung!

Führen Sie insbesondere die Hypothesen genau auf!)

Geben Sie für diesen Fall das 95%-Kondenzintervall (auch: Vertrauensbereich) um den Stichpro-

benmittelwert an (also unter Verwendung der t-Tabelle in Abbildung 10.4). (Hinweis: Die t-Werte

der Tabelle sind Werte für die zweiseitige Fragestellung; beachten Sie hierzu noch einmal genau

das Beispiel aus [17], Abbildung 10.3. Das Kondenzintervall um den Stichprobenmittelwert ist

deniert als

I95% := [x− ts/√n , x+ ts/

√n],

wobei für t wiederum der gleiche kritische Wert zu nehmen ist, wie schon oben.)

Aufgabe 10.3.3 Das Füllvolumen von Milchpackungen sei bekanntermaÿen normalverteilt mit

Mittelwert µ = 1005 mL und (bekannter) Standardabweichung σ = 45 mL. Sie ziehen zu Kon-

trollzwecken eine Stichprobe vom Umfang n = 60 Milchpackungen mit Stichprobenmittelwert

1014 mL.

1. Geben Sie das 99%-Kondenzintervall um den Stichprobenmittelwert an.

2. Müssen Sie auf dem Signikanzniveau 1% annehmen, dass die Milchpackungen seit Neues-

tem falsch befüllt werden? Formulieren Sie die Begründung genau!

Teil 2: Anwendung von Standardsoftware.

Aufgabe 10.3.4 Verwenden Sie die Daten aus Aufgabe 9.3.6. Führen Sie den Friedman-Test

(α = 5%) mit SPSS durch; dabei beachten Sie bitte folgende Fragestellungen und Anleitung.

Formulieren Sie zu allen geeigneten Aufgabenteilen vollständige Antwortsätze in einem Word-

Dokument!

1. Formulieren Sie noch einmal genau die Hypothesen.

2. Verwenden Sie die SPSS-Hilfe und schlagen Sie dort das Stichwort Friedman-Test nach.

Lesen Sie den Hilfetext.

3. Welches sind Ihre Variablen: die Messgeräte (Sens-O-Matic usw.) oder die Versuchsdurch-

führungen (Durchführung Nr. 1 usw.)? Denieren Sie die geeigneten Variablen (mit Varia-

blenlabel, richtigem Datentyp und richtigem Messniveau)!

4. Welches sind die Werte Ihrer Variablen, d.h. welche Werte tragen Sie in SPSS unter Da-

tenansicht ein? (Hinweis: Beim Friedman-Test geht es um Ränge!)

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120 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

Abbildung 10.4.: Tabelle mit Quantilen der t-Verteilung; aus: [17], S. 210.

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Integriertes Praktikum II 121

5. Tragen Sie die Werte Ihrer Variablen ein. Führen Sie den Friedman-Test mittels SPSS

gemäÿ Anleitung der Hilfe-Funktion durch (folgen Sie auch den verschiedenen Links der

Hilfe!).

6. Übertragen Sie die entscheidende Tabelle des SPSS-outputs in ein Word-Dokument. Wel-

chen Wert hat die Teststatistik F (Hier: Chi-Quadrat)? Interpretieren Sie das Ergebnis:

Werden Sie die Nullhypothese verwerfen oder bleiben Sie bei der Nullhypothese? (Der Wert

Asymptotische Signikanz gibt Ihnen die Irrtumswahrscheinlichkeit (den p-Wert) an. Wie

interpretieren Sie diesen Wert?)

Aufgabe 10.3.5 In der Datei Schokoriegel.txt im Downloadbereich nden Sie die Original-

daten zur Messung der Länge von Schokoriegeln (vgl. Aufgabe 10.3.2). Lesen Sie die Datei in

SPSS ein und führen Sie den t-Test durch. (Wie lauten die Hypothesen?) (Hinweis: Verwenden

Sie die SPSS-Hilfe. Sie haben nur eine Stichprobe, deren Mittelwert mit einem vorgegebenen

Wert verglichen werden soll.)

Reproduzieren Sie die entscheidende(n) Tabelle(n) aus SPSS in Ihrem Word-Dokument. Inter-

pretieren Sie das Ergebnis.

Lesen Sie den Wert der Teststatistik t (bei SPSS: T) ab und vergleichen Sie mit Ihrem Er-

gebnis aus Aufgabe 10.3.2. Die Abweichung ist erheblich, nämlich fast 0,1. Woher kommt diese

Abweichung? (Hinweis: Vergleichen Sie die Standardabweichungen.)

Aufgabe 10.3.6 (Die in dieser Aufgabe verwendeten Daten sind Messdaten, gewonnen aus ma-

gnetresonanztomographischen Aufnahmen von menschlichen Köpfen, speziell des Nasen- und

Rachenraumes. Es handelt sich fast ausschlieÿlich um Längenangaben; diese Längenangaben be-

schreiben den Naseninnenraum der Patienten, ausgemessen entlang verschiedener Achsen. Die

Daten sind über einige Jahre an der Universität Essen entstanden und waren 2007/08 Gegen-

stand einer Dissertation auf dem Fachgebiet HNO. Vergleichbare Fragestellungen könnten sich

in Bezug auf biometrische Daten wie z.B. das Körpergewicht ergeben.)

Verwenden Sie die SPSS-Datei Nasen.sav, die Sie im Download-Bereich nden.

1. Untersuchen Sie die Variable Gesamtbreite Nasenvorhof (Acm) darauf, ob sie normal-

verteilt sein könnte. (Formulieren Sie die Hypothesen; zeichnen Sie ein Histogramm der

Variable mit eingezeichneter Normalverteilungskurve.

Wählen Sie nun ein geeignetes, Ihnen bekanntes Testverfahren aus; führen Sie dieses durch,

dabei verwenden Sie die SPSS-Hilfe; übernehmen Sie Ihr Ergebnis (nur die relevanten Tabel-

len und Graphen) in Ihr Worddokument.) (Hinweis: Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest,

in SPSS zu nden unter Analysieren * Nichtparametrische Tests * Alte Dialogfelder

* K-S bei einer Stichprobe.)

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122 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

2. Untersuchen Sie mit dem selben Test die Variable Tiefe bis zur Maxilla linke Nasenhälfte

(Fcm) auf Normalverteilung. Wie entscheiden Sie sich?

3. Zeichnen Sie ein Histogramm der selben Variablen. Sie stellen fest, dass um einen Wert von

1cm ein Haufen von Ausreiÿern zu sehen ist; bei diesen Patienten ist der Wert von Fcm

ungewöhnlich klein. Wählen Sie nun einen Teil der Daten aus (Daten * Fälle auswählen,

dort Falls Bedingung zutrit anklicken, dort eine Bedingung eingeben. Hier sollten Sie

folgende Bedingung wählen: Verwende nur Datensätze, bei denen Fcm gröÿer als 1,5 cm ist).

Wenn Sie das Dialogfenster Fälle auswählen verlassen und in die Datenansicht wechseln,

sehen Sie, dass in der linken Spalte diejenigen Datensätze ausgestrichen sind, deren Fcm-

Wert kleiner-gleich 1,5cm ist. Zeichnen Sie erneut ein Histogramm und führen Sie erneut

den K-S-Test durch. Wie entscheiden Sie?

4. Wählen Sie nun wieder alle Fälle aus. Untersuchen Sie nun die Variable a1cm (Ventraler

Abstand Kieferwand - Muschel rechts).

Hinweis: Die Variable a1cm umfasst weitestgehend Werte kleiner als 1cm. Aus unerndli-

chen Gründen kann SPSS hiermit nicht korrekt umgehen. Berechnen Sie also zunächst eine

neue Variable, die die hundertfachen Werte von a1cm annimmt: Transformieren * Varia-

ble berechnen; nennen Sie die neue Variable beispielsweise a1malhundert und setzen Sie

sie auf 100 * a1cm.

5. Zeichnen Sie ein (relatives) Histogramm dieser neuen Variable; wählen Sie dabei eine Klas-

senbreite von 1 (entspricht 0,01cm bei der Originalvariable). (Hinweis: Im Fenster Ele-

menteigenschaften bei Statistik auswählen: Histogrammprozent; oben Balken1 aus-

wählen, unten auf Parameter festlegen klicken; bei Klassengröÿen benutzerdeniert

wählen; bei Intervallbreite den Wert 1 eingeben.) Was fällt auf? Setzen Sie nacheinan-

der die Klassenbreite auf 2, auf 3 (entspricht 0,02cm bzw. 0,03cm bei der Originalvariable).

Zeichnen Sie jeweils wieder das Histogramm. Was ändert sich, was verrät uns das? (Hinweis:

Auösungsvermögen der Messapparatur.)

6. Wählen Sie nun all die Fälle aus, in denen a1cm gröÿer als 0 ist, auÿerdem a2cm, a3cm

und a4cm (diese Variablen sind verwandt, wie schon aus dem Namen hervorgeht). Lassen

Sie sich die deskriptive Statistik der vier Variablen anzeigen, insbesondere das Minimum

jeder der Variablen. Zeichnen Sie nun zwei weitere relative Histogramme von a1cm mit

Intervallbreiten 0,02 bzw, 0,03 cm. Was fällt auf?

Die vorliegenden Aufgaben zeigen an wenigen Beispielen, welche bemerkenswerten Resultate man

mittels statistischer Methoden aus Daten gewinnen kann, deren Bedeutung man gar nicht genau

kennt. Die tatsächliche gewonnen Resultate gehen noch weit darüber hinaus.

Aufgabe 10.3.7 (Hinweis: Diese Aufgabe wird aus Zeitgründen meist nicht mehr geschat. Wir

lassen sie als schöne, anwendungsbezogene Aufgabe im Skript.) Die folgenden Daten wurden auf

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Integriertes Praktikum II 123

dem Texture-Analyzer aufgenommen, den Sie aus dem Physikpraktikum kennen. Dabei wurden

handelsübliche Salzstangen auf ihre Bruchfestigkeit überprüft (welche ein Indiz für die Frische

der Salzstangen ist).

Verwenden Sie die Datei Salzstangen.xls, die Sie im Downloadbereich nden. Lesen Sie das erste

Blatt dieser Datei in SPSS ein. Korrigieren Sie den Datentyp der Spalte Datum.

Bearbeiten Sie folgende Teilaufgaben, um sich in den Daten zu orientieren und ggf. Vermutungen

über die Eigenschaften der Salzstangen zu formulieren und zu bestätigen.

1. Versuchen Sie zunächst, einige überüssige Variablen zu eliminieren. Führen Sie dazu ei-

ne Korrelationsanalyse durch (Analysieren * Korrelation * Bivariat, dort alle metrischen

Variablen auswählen). Sie erhalten eine Korrelationsmatrix, in der einige Korrelationsko-

ezienten = 1 sind. Was bedeutet dies? Erhärten Sie Ihre Vermutung, indem Sie die je-

weiligen Streudiagramme zeichen und die Geradengleichungen der Trendlinien einzeichnen

lassen. Die jeweils betroenen Variablenpaare messen also oenbar das Gleiche; entfernen

Sie jeweils eine der zwei betroenen Variablen.

2. Ein weiterer Korrelationskoezient ist = 0,966. Wechseln Sie nun nach Excel und zeichen

Sie das Streudiagramm für die betreenden Variablen (Elastizität und Elastizitätsfestig-

keit, letztere auf der x-Achse). Fügen Sie (in Excel) eine Trendlinie hinzu, diesmal jedoch

nicht linear. Welche passt am besten? Entfernen Sie den Auÿreiÿer, d.h. den Datenpunkt

mit der gröÿten Elastizitätsfestigkeit und zeichnen Sie erneut das Streudiagamm mit der

passendsten Trendlinie. Die passendste Trendlinie sollte vom Typ Potenz sein, ihr Expo-

nent sollte ungefähr 2 sein. Es liegt also die Vermutung nahe, dass die Variable Elastizität

von der Variablen Elastizitätsfestigkeit quadratisch abhängt.

3. Wechseln Sie nun zu SPSS und berechnen Sie eine neue Variable ElFestQuad, indem Sie

die Variable Elastizitätsfestigkeit quadrieren (Transformieren * Berechnen, dort den Na-

men der Zielvariablen = neuen Variablen und einen rechnerischen Ausdruck eingeben).

Wählen Sie Daten aus, indem Sie den Ausreiÿer auch hier ausschlieÿen. Zeichnen Sie das

Streudiagramm mit linearer Trendlinie der Variablen Elastizität (x-Achse) und ElFestQuad

mit Geradengleichung und Bestimmtheitsmaÿ; führen Sie auÿerdem eine lineare Regressi-

onsanalyse durch mit Elastizität als unabhängiger, ElFestQuad als abhängiger Variable.

Sie erhalten ein Bestimmtheitsmaÿ von 0,992; insbesondere ist die Konstante, d.h. der

y-Achsenabschnitt, praktisch 0, d.h. das Quadrat der Elastizitätsfestigkeit hängt tatsäch-

lich in einfacher Weise linear von der Elastizität ab. (Dies muss von der Physik genauer

begründet werden.) Wir können damit die Variable Elastizitätsfestigkeit eliminieren.

4. Finden Sie heraus: Hängt die maximale Biegung von der Höchstkraft ab? Hängt die Höchst-

kraft von der Masse (dem Durchmesser) ab? Versuchen Sie in allen Fällen auch physikalische

Argumente zu nden.

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124 Übungen zum statistischen Hypothesentest (TEST)

10.4. Teillösungen

Lösung zur Aufgabe 10.3.1:

Fehlerzahl k f(k) F (k) P (X = k) P (X ≤ k) d(k)

0 0,350 0,350 0,528 0,528 0,178

1 0,560 0,910 0,360 0,888 0,022

2 0,084 0,994 0,098 0,986 0,008

3 0,003 0,997 0,013 0,999 0,002

4 0,002 0,999 0,001 1,000 0,001

5 0,001 1,000 0,000 1,000 0,000

dmax 0,178

dkrit 0,171

Die Hypothesen lauten:

H0: Die relative Häugkeitsverteilung obiger Tabelle stammt aus einer zu den Parametern n = 5

und p = 0, 12 binomialverteilten Grundgesamtheit.

H1: Die relative Häugkeitsverteilung obiger Tabelle stammt nicht aus einer zu den Parametern

n = 5 und p = 0, 12 binomialverteilten Grundgesamtheit.

(Unter sehr allgemeinen Voraussetzungen folgt die relative Häugkeitsverteilung trotzdem einer

Binomialverteilung, denn es handelt sich um eine Anwendung eines unfairen Münzwurfs. Dann

kann die Nullhypothese also nur falsch sein, wenn die Parameter nicht stimmen. Am n kann

man aber nicht zweifeln. Also kann bei falsche Hypothese H0 nur der Parameter p falsch gewählt

sein, und wir können eigentlich formulieren: H1: Die relative Häugkeitsverteilung obiger Tabelle

stammt aus einer binomialverteilten Grundgesamtheit zur den Parametern n = 5 und p 6= 0, 12.)

Der Wert der Testgröÿe dmax, also der gröÿten Abweichung der kumulierten Häugkeit von der

Verteilungsfunktion, übersteigt den kritischen d-Wert; daher ist H0 zu verwerfen: Die Häug-

keitsverteilung stammt nicht aus einer zu den gegebenen Parametern binomialverteilten Grund-

gesamtheit.

Lösung zur Aufgabe 10.3.2:

Die Parameter lauten: µ0 = 12 cm, n = 39, x = 11, 7 cm, s = 0, 34 cm.

Die t-Werte der Tabelle sind Werte für die zweiseitige Fragestellung, d.h. wir benötigen den

t-Wert in der Spalte α = 0, 05; wegen n = 39 ist die Zahl der Freiheitsgrade FG = 38.

Wir berechnen den empirischen t-Wert (in der angegebenen Textpassage auch mit t bezeichnet)

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Integriertes Praktikum II 125

und vergleichen ihn mit dem kritischen Wert tkrit = t38;0,05;zweiseitig.

t =|x− µ0|

s

√n ≈ 5, 510,

tn−1;α;zweiseitig = t38;0,05;zweiseitig = 2, 024.

Da t > tkrit, wird H0 verworfen: Die Schokoriegel haben die falsche Länge.

Das 95%-Kondenzintervall um x ist von der Form

[x− tn−1;α;zweiseitigs√n, x+ tn−1;α;zweiseitig

s√n

] ≈ [11, 6 cm; 11, 8 cm].

Teillösung zur Aufgabe 9.3.6:

Rangsummen:Nr. Sens-O-Matic MeasureFinder Click&Read KBW

13 15 18 24

Wert der Teststatistik: 5, 91

Dies ist kleiner als der kritische Wert der Tabelle, daher wird H0 beibehalten.

Lösung zur Aufgabe 10.3.3:

1. [999 mL, 1029 mL].

2. Wir müssen nicht annehmen, dass die Milchpackungen seit Neuestem falsch befüllt werden,

denn der Soll-Mittelwert µ0 = 1005 mL liegt im 99%-Kondenzintervall um x (umgekehrt

liegt also x im 99%-Beibehaltungsbereich um µ0).

Die Teillösungen zu den Aufgaben zum Teil 2 nden Sie in der PDF-Datei Lösungen zum

Kapitel Statistik mit SPSS im Download-Bereich zu diesem Praktikum.

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Teil III.

Anhang

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