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Einleitung Die Trophoblastembolie ist eine selten beschriebene Komplikation der Blasenmole. In den einschlägigen Fachbüchern sind nur geringe oder keine Informationen zu diesem Krankheitsbild zu finden. Foudroyante Verläufe sind ähnlich einer Frucht- wasserembolie durch eine disseminierte intravasale Gerinnung (DIC), eine arterielle Hypoxämie und ein Herzkreislaufversagen gekennzeichnet [1,2,3]. Fallbericht Eine 50-jährige Patientin (160 cm, 66 kg, ASA II, Dauermedikation: Metoprolol, Enalapril, Nitrendipin, HCT und Furosemid) mit Verdacht auf eine invasive Blasen- mole unterzog sich nach erfolgloser konservativer Behandlung einer Uterusausräu- mung. Nach Gemeprost (Cergem ® ) und unter Sulproston (Nalador ® ) erfolgte die Saugkürettage und Kürettage des Uterus. Aufgrund einer persistierenden starken Blutung wurde eine sofortige Laparotomie mit Hysterektomie erforderlich. Neben dem stetig steigenden Infusions- und Transfusionsbedarf entwickelten sich in kürzester Zeit eine DIC und ein MOV mit Herzkreislauf-, Lungen- und Nierenver- sagen. Die arterielle Hypoxämie aggravierte die Situation, so dass ein Herzkreislauf- stillstand eintrat. Nach einer 10-minütigen Reanimation wurde die Blutstillung abge- brochen und das kleine Becken austamponiert. Bei Übernahme auf die Intensivstation war die Patientin kreislaufinstabil, anurisch und zeigte neben der DIC einen hochgradig eingeschränkten pulmonalen Gasaus- tausch und einen entsprechend beeinträchtigten Säure-Basen-Haushalt (FiO 2 1,0): pH 7,11; PaO 2 56 mmHg, PaCO 2 62 mmHg, HCO 3- st 16 mmol/l, BE -10, Lactat 7,2 mmol/l, SvcO 2 49%. Die Oxygenierung mit einer SpO 2 um 85-90 % gelang nur unter der Ventilation mit APRV (P1/P2=38/18 mbar, T1=T2=1,8 s). Der tiefste PaO 2 betrug 45,6 mmHg. Unter der Blutkomponententherapie stabilisierten sich die hämodynamischen Para- meter, so dass Adrenalin durch Dobutamin ersetzt und der Noradrenalinbedarf re- duziert werden konnte. Die Patientin erhielt perioperativ in den ersten 24 Stunden insgesamt 28 Erythrozytenkonzentrate, 28 Frischplasmen, 5 Thrombozytenkonzen- trate, Fibrinogen, PPSB, Tranexamsäure sowie 4,8 mg rFVIIa (NovoSeven ® ). Zur Verbesserung der Oxygenierung applizierten wir bronchoskopisch 1.800 mg Surfactant (36 Ampullen Alveofact ® ) und begannen 6,5 Stunden nach Aufnahme der Patientin auf der Intensivstation mit einer 12-stündigen Bauchlagerung, die wir in den folgenden Tagen zweimal wiederholten. Außerdem wurde bereits 2,5 Stun- den postoperativ mit der kontinuierlichen Nierenersatzbehandlung (CVVHDF) be- gonnen. Die Flüssigkeitsbilanzierung und die Steuerung der hämodynamisch akti- ven Substanzen erfolgten anhand einer engmaschigen klinischen Beurteilung unter Berücksichtigung der Parameter des erweiterten hämodynamischen Monitorings (Pulsion PiCCO plus). Außer den Katecholaminen verabreichten wir Milrinon (Coro- trop ® ) in einer Dosierung von 0,23 μg/kg/min für insgesamt 7 Stunden sowie supportiv 300 mg Hydrocortison täglich für 3 Tage. Aufgrund fortbestehender Sickerblutungen und anhaltendem Transfusionsbedarf er- folgte bereits am 1. postoperativen Tag eine Relaparotomie mit Entfernung der intraabdominalen Tamponade und Blutstillung. Die Patientin konnte am 11. postoperativen Tag extubiert werden. Es bestand kein neurologisches Defizit. Am 17. postoperativen Tag wurde die Patientin in einem gu- ten Allgemeinzustand mit suffizientem pulmonalem Gasaustausch unter Raumluft auf die Normalstation verlegt. Histologie: komplette Blasenmole mit Placenta accreta ohne Nachweis einer Blut- oder Lymphgefäßinvasion, kein Anhalt für invasive Mole oder Malignität. Schlussfolgerungen Die Trophoblastembolie stellt eine lebensbedrohliche Komplikation der Blasenmole dar, dabei ist die schwer gestörte Lungenfunktion infolge des Lungenödems und des intrapulmonalen Shunts die größte therapeutische Herausforderung. Das Lungenversagen konnte innerhalb von 72 Stunden durch die Beatmung im APRV-Modus mit 18 mbar PEEP, die Gabe von Surfactant, die sofortige Bauch- lagerung und den unverzüglichen Einsatz der CVVHDF beherrscht werden. Im Einzelfall kann die Restitutio ad integrum gelingen. Literatur 1 Cohle SD, Petty CS. Sudden death caused by embolization of tropholast from hydatidiform mole. J Forensic Sci 1985; 30: 1279-1283 2 Garner EIO, Chang-Lee WY, Lu KH, Goldstein DP, Berkowitz RS. Trophoblastic pulmonary embolization after hysterectomy for invasive complete mole. J Reprod Med 1999; 44: 908-912 3 Natonson R, Shapiro BA, Harrison RA, Stanhope RC. Massive trophoblastic embolization and PEEP therapy. Anesthesiology 1979; 51: 469-471 Intraoperativer Herzkreislaufstillstand infolge einer Trophoblastembolie K. Mauermann, A. Kellner, F. Hildebrandt Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin (Chefarzt: Dr. med. Knut Mauermann) Abb. 1 Präoperativer Röntgenthorax pa im Stehen Abb. 2 Röntgenthorax nach Aufnahme auf der Intensivstation Abb. 3 Röntgenthorax am 6. postoperativen Tag HAl 2009 - Hauptstadtkongress der DGAI , Poster-Nummer: PO 2.30

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Einleitung

Die Trophoblastembolie ist eine selten beschriebene Komplikation der Blasenmole.In den einschlägigen Fachbüchern sind nur geringe oder keine Informationen zudiesem Krankheitsbild zu finden. Foudroyante Verläufe sind ähnlich einer Frucht-wasserembolie durch eine disseminierte intravasale Gerinnung (DIC), eine arterielleHypoxämie und ein Herzkreislaufversagen gekennzeichnet [1,2,3].

Fallbericht

Eine 50-jährige Patientin (160 cm, 66 kg, ASA II, Dauermedikation: Metoprolol,Enalapril, Nitrendipin, HCT und Furosemid) mit Verdacht auf eine invasive Blasen-mole unterzog sich nach erfolgloser konservativer Behandlung einer Uterusausräu-mung. Nach Gemeprost (Cergem®) und unter Sulproston (Nalador®) erfolgte dieSaugkürettage und Kürettage des Uterus. Aufgrund einer persistierenden starkenBlutung wurde eine sofortige Laparotomie mit Hysterektomie erforderlich.

Neben dem stetig steigenden Infusions- und Transfusionsbedarf entwickelten sichin kürzester Zeit eine DIC und ein MOV mit Herzkreislauf-, Lungen- und Nierenver-sagen. Die arterielle Hypoxämie aggravierte die Situation, so dass ein Herzkreislauf-stillstand eintrat. Nach einer 10-minütigen Reanimation wurde die Blutstillung abge-brochen und das kleine Becken austamponiert.

Bei Übernahme auf die Intensivstation war die Patientin kreislaufinstabil, anurischund zeigte neben der DIC einen hochgradig eingeschränkten pulmonalen Gasaus-tausch und einen entsprechend beeinträchtigten Säure-Basen-Haushalt (FiO2 1,0):pH 7,11; PaO2 56 mmHg, PaCO2 62 mmHg, HCO3-st 16 mmol/l, BE -10, Lactat 7,2mmol/l, SvcO2 49%. Die Oxygenierung mit einer SpO2 um 85-90 % gelang nurunter der Ventilation mit APRV (P1/P2=38/18 mbar, T1=T2=1,8 s). Der tiefste PaO2betrug 45,6 mmHg.

Unter der Blutkomponententherapie stabilisierten sich die hämodynamischen Para-meter, so dass Adrenalin durch Dobutamin ersetzt und der Noradrenalinbedarf re-duziert werden konnte. Die Patientin erhielt perioperativ in den ersten 24 Stundeninsgesamt 28 Erythrozytenkonzentrate, 28 Frischplasmen, 5 Thrombozytenkonzen-trate, Fibrinogen, PPSB, Tranexamsäure sowie 4,8 mg rFVIIa (NovoSeven®).

Zur Verbesserung der Oxygenierung applizierten wir bronchoskopisch 1.800 mgSurfactant (36 Ampullen Alveofact®) und begannen 6,5 Stunden nach Aufnahmeder Patientin auf der Intensivstation mit einer 12-stündigen Bauchlagerung, die wirin den folgenden Tagen zweimal wiederholten. Außerdem wurde bereits 2,5 Stun-den postoperativ mit der kontinuierlichen Nierenersatzbehandlung (CVVHDF) be-gonnen. Die Flüssigkeitsbilanzierung und die Steuerung der hämodynamisch akti-ven Substanzen erfolgten anhand einer engmaschigen klinischen Beurteilung unterBerücksichtigung der Parameter des erweiterten hämodynamischen Monitorings(Pulsion PiCCO plus). Außer den Katecholaminen verabreichten wir Milrinon (Coro-trop®) in einer Dosierung von 0,23 µg/kg/min für insgesamt 7 Stunden sowiesupportiv 300 mg Hydrocortison täglich für 3 Tage.

Aufgrund fortbestehender Sickerblutungen und anhaltendem Transfusionsbedarf er-folgte bereits am 1. postoperativen Tag eine Relaparotomie mit Entfernung derintraabdominalen Tamponade und Blutstillung.

Die Patientin konnte am 11. postoperativen Tag extubiert werden. Es bestand keinneurologisches Defizit. Am 17. postoperativen Tag wurde die Patientin in einem gu-ten Allgemeinzustand mit suffizientem pulmonalem Gasaustausch unter Raumluftauf die Normalstation verlegt.

Histologie: komplette Blasenmole mit Placenta accreta ohne Nachweis einer Blut-oder Lymphgefäßinvasion, kein Anhalt für invasive Mole oder Malignität.

Schlussfolgerungen

Die Trophoblastembolie stellt eine lebensbedrohliche Komplikation der Blasenmoledar, dabei ist die schwer gestörte Lungenfunktion infolge des Lungenödems unddes intrapulmonalen Shunts die größte therapeutische Herausforderung.

Das Lungenversagen konnte innerhalb von 72 Stunden durch die Beatmung imAPRV-Modus mit 18 mbar PEEP, die Gabe von Surfactant, die sofortige Bauch-lagerung und den unverzüglichen Einsatz der CVVHDF beherrscht werden.

Im Einzelfall kann die Restitutio ad integrum gelingen.

Literatur1 Cohle SD, Petty CS. Sudden death caused by embolization of tropholast from hydatidiform mole.

J Forensic Sci 1985; 30: 1279-12832 Garner EIO, Chang-Lee WY, Lu KH, Goldstein DP, Berkowitz RS. Trophoblastic pulmonary

embolization after hysterectomy for invasive complete mole. J Reprod Med 1999; 44: 908-9123 Natonson R, Shapiro BA, Harrison RA, Stanhope RC. Massive trophoblastic embolization and

PEEP therapy. Anesthesiology 1979; 51: 469-471

Intraoperativer Herzkreislaufstillstandinfolge einer Trophoblastembolie

K. Mauermann, A. Kellner, F. Hildebrandt

Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum NeubrandenburgKlinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin(Chefarzt: Dr. med. Knut Mauermann)

Abb. 1 Präoperativer Röntgenthorax pa im Stehen

Abb. 2 Röntgenthorax nach Aufnahme auf der Intensivstation

Abb. 3 Röntgenthorax am 6. postoperativen Tag

HAl 2009 - Hauptstadtkongress der DGAI , Poster-Nummer: PO 2.30