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Ausgabe 18 März 2013 – Mai 2013 Deutschland € 11 • Österreich € 12,30 Luxemburg € 13,00 • Schweiz sfr 22,50 ISSN 1867-5166 www.hifi-stars.de

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Ausgabe 18März 2013 –Mai 2013

Deutschland € 11 • Österreich € 12,30Luxemburg € 13,00 • Schweiz sfr 22,50H

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ISSN 1867-5166

www.hifi-stars.de

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Lautsprecher Scherer „Elation“

Konsequentes Hochgefühl

Als Thomas Scherer die gut ausgepolsterte Transport-kiste aus seinem Wagen holt, bin ich sehr gespannt. Der kleine Lautsprecher „Elation“ aus dem Hause Tho-mas Scherer Audio Engineering soll sich wenige Mi-nuten später aus der Profi-Verpackung herausschälen. Zusätzlich im Gepäck hat der Inhaber der Bochumer Lautsprechermanufaktur ein Paar eigens für die Ela-tion entworfener Ständer in schwarz. Der Aufbau gestaltet sich einfach, die beiden Lautspre-cher passen exakt auf die Ständer, die Kabel sind schnell im WBT-bestückten Anschlußterminal versenkt und die ersten akustischen Signale erklingen. Soweit, so normal für den Einzug eines Testgerätes in meinen Hörraum, was sich aber dort seinen Platz gesucht hat ist alles andere als normal. Die Elation ist wie ihre gro-ße Schwester, die Evince, mit einem Breitbandchassis bestückt und gehört damit eher in die Kategorie „Spe-zialitäten und Besonderheiten“, vergleicht man die Anzahl erhältlicher Modelle mit dem Angebot an Mehr-wegsysthemen. Eine Frage, die ich für mich und für Sie im Verlauf dieses Tests klären möchte, ist, was macht dieser Lautsprecher anders und vielleicht sogar besser als ein konventionelles Mehrweglayout? Sehen wir uns zunächst den in jeder Hinsicht andersartigen Lautspre-

cher an. Die Elation kommt mit einer robusten Ober-fläche aus dem Mineralwerkstoff GetaCore in mattweiß (sechs weitere Farbtöne sind erhältlich), darunter be-findet sich das eigentliche Gehäuse aus skandinavischem Birkenmultiplex – insgesamt addiert sich das Material auf 19 Millimeter. Die Kombination verschiedener Ma-terialien mit unterschiedlichen Resonanzfrequenzen macht auf jeden Fall Sinn. Die Oberfläche wirkt sehr wertig und läßt sich auch in designorientierten Wohn-zimmern als kleiner Blickfang integrieren.In der oberen Hälfte der Schallwand sitzt der fünf Zoll große Breitbandschallwandler japanischer Herkunft; das langhubige System besitzt eine Membran aus Alu-minium. Der Treiber arbeitet auf ein geschlossenes Gehäuse mit knapp 18 Litern Volumen, das im Inneren keine weiteren Verstrebungen besitzt. Der Treiber ist sauber und paßgenau in die Schallwand eingelassen. Auf der Rückseite befindet sich ein Single-Wiring-Anschlußterminal mit WBT-nextgen-Buchsen. Die Verarbeitungsqualität dieses Kompaktlautsprechers ist, wie erwartet, sehr gut und dem Preissegment absolut angemessen. Die Elation werden einfach auf die exakt passenden Ständer gestellt, kleine Gummifüße sind dementsprechend am Rahmen der Ständer angebracht,

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damit die Lautsprecher nicht verrutschen können. Da der schwarz lackierte Stahlrahmen allerdings recht leicht ist und der Schwerpunkt zusammen mit dem Lautspre-cher vergleichsweise hoch liegt, sollte die Kombination nicht in der Nähe von spielenden Kindern aufgebaut werden. Im Zweifel empfi hlt auch Thomas Scherer einen alternativen, schwereren Ständer.

18 Liter LeidenschaftOptisch überzeugt nehme ich den Platz im Stereodrei-eck ein. Melody Gardot stimmt das entspannt be-schwingte „Amalia“ für mich an. Was zu allererst auf-fällt, ist der unglaublich tiefe und weite Raum, die völlig vom Lautsprecher gelöste Wiedergabe und eine fast schon übernatürliche Trennung der einzelnen In-strumente. Welch ein Auftakt! Das liegt zum einen an der Grammy-nominierten Abmischung des Albums “The Absence“, zum anderen aber eben auch an der musikalischen Wiedergabe der Elation. Die bedämpf-te Akustikgitarre und ein wohlproportionierter Baß eröffnen das Stück, bevor sich die amerikanische Sän-gerin und ein Hintergrundchor dazugesellen. Melody Gardots Stimme ist wunderbar frei in der Mitte der Stereobühne verortet. Wir sind so nah dran, daß wir sogar leiseste Artikulationsgeräusche wie das sanfte, runde Schließen ihrer Lippen bei bilabialen Verschluß-lauten wie „b“ oder „p“ hören können. Dabei verliert das Scherer-Pärchen niemals den musi-kalischen Zusammenhalt der Musiker aus den Augen.Diese Stimmigkeit erreicht Thomas Scherer durch eine intensive Analyse des verwendeten Breitbandchassis, sowohl in der Simulation als auch in der Meßpraxis.

Da es prinzipbedingt bei Treibern, die alleinverant-wortlich sind für den gesamten darzustellenden Fre-quenzbereich, Probleme (Partialschwingungen, Aus-löschungen und dadurch bedingte Verfärbungen) geben kann, setzt der Diplom-Ingenieur Thomas Scherer auf eine hochwertige passive Entzerrung. Diese realisiert er durch präzise gewickelte Spulen und Kondensatoren,

angeordnet auf einer selbst entwickelten und produ-zierten Platine. Das frißt zwar ein wenig Energie, sorgt aber für einen meßbar ausgewogenen Frequenzgang ohne auf die Vorteile eines Breitbandsystems zu ver-zichten; doch dazu später mehr. Allen Puristen sei an dieser Stelle in Erinnerung geru-fen, daß auch die Wiedergabe von Vinyl zwingend entweder passive oder aktive Entzerrung verlangt. Da beißt die Maus keinen Faden ab! Darüber hinaus setzen die besten Mastering-Studios weltweit mit wachsender Begeisterung sündhaft teure passive Entzerrer, also Filternetzwerke, zur Klangveredelung ein.

Emotionaler Zugang Ich möchte die Fähigkeiten der Elation in verschiede-nen Genres ausloten. Deshalb wechsele ich den Ton-träger. Vom Vokal Jazz geht es nahtlos über zum Dub-step. Scuba hat 2010 mit „Triangualation“ größere Bekanntheit erreicht. Besonders gelungen erschien mir schon damals das Stück „So you think you‘re special“, das jetzt über die Scherer-Boxen läuft. Dräuende, im Rhythmus wabernde Flächen umarmen die weite Klang-bühne, ein geshuffeltes Schlagzeug setzt ein, dazu kommt immer wieder ein perkussiver Akzent, eingebunden in

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einen weiten Hallraum. Da gibt es schon so viel zu entdecken und die kleinen 5-Zoll-Treiber lassen sich ob der transientenreichen Kost mit gehörigem Tiefgang in keiner Weise aus dem Konzept bringen. Die Baß-trommel sitzt ebenso souverän im unteren Teil des Klangbildes wie die harten Anschläge auf der Snare leicht rechts der Mitte angeordnet sind. Gleichzeitig

verschweigt die Elation auch nicht, daß es sich in die-sem Fall um eine Schlagzeugschleife, also ein Sample handelt. Wunderbar dann die zum Höhepunkt dieses Stücks einsetzende Stimme. Sie ist zwar durch Effekte verfremdet, aber dieses geschieht im Dienste der Mu-sik und ist daher völlig legitim. Auch hier stellt sich das Gefühl bei mir ein, nicht nur diesen einen Take hören zu wollen, sondern gleich das ganze Album. Wenn mir die Elation bei meinem favorisierten Stück schon so viel zeigt und so angenehme Emotionen erzeugen kann, was macht sie dann bei einem ganzen Album? Es gibt aber auch etwas, was die Elation nicht kann: Party-Lautstärken. Daher ist sie wirklich mehr für den Musikgenießer denn für den Discogänger geeignet. Die Scherer können durchaus laut, aber eben nur bis zu einem gewissen Pegel. Das ist aber weniger dem Breitbandprinzip, als vielmehr der reinen Physik geschuldet. Wer von einem Fünfzöl-ler in geschlossenem 18-Liter-Gehäuse abgrundtiefe Baßgewitter erwartet, ist tatsächlich schief gewickelt. Ich schreibe das nur der Vollständigkeit halber, weil – realistische Lautstärkepegel vorausgesetzt – das wei-ße Elation-Paar tatsächlich mit jeder Musikrichtung mehr als gut zurechtkommt. Und die beeindruckende

Raumabbildung, Trennschärfe und Musikalität habe ich so von einem Lautsprecher unter 5.000 € noch nicht gehört. Die Elation überschreitet wie selbstverständlich die Schwelle zwischen gutem Musikhören und echtem Musikerlebnis. Die Betonung liegt hier auf „Erlebnis“ und ich übertreibe hier nicht! Das Duo Larkin Poe liegt auf. Ich habe mir den Titel „Fall from the Tree“ her-

Einsatz kam, zeigen die Kompaktlautsprecher erneut ohne Umschweife. Der Chor, wenn auch ähnlich klar und hochtonreich aufgenommen, steht räumlich ein-deutig hinter der Hauptstimme. Die vollmundigen E-Gitarren rahmen die Stimmen ein, der Baß liefert das Fundament. Ein Stück, das sich mutmaßlich in vielen Plattenschrän-ken finden wird, ist Lou Reeds „Perfect Day“ aus dem 72er-Album „Transformer“. Selten habe ich diese Auf-nahme emotionaler gehört als über die Elation. All das Pathos im Refrain, die Zerbrechlichkeit der Strophe, das dynamische Klavier, die Streicher im Hintergrund, alles wächst zu einem musikalischen Ereignis mit star-ker Anziehungskraft zusammen. Dem kann ich mich nur schwer entziehen. Bei Paul McCartneys Version von „I’m Gonna Sit Right Down And Write Myself A Letter“ hätte ich mir ein wenig mehr Souveränität bei der Darstellung des Kon-trabaß gewünscht, aber Thomas Scherer muß ja auch seinem großen Modell Evince die Chance geben, etwas besser zu machen als die kleinen Elation. Solche Wün-sche wagte ich bei anderen Kompaktlautsprechern in klassischer Mehrwegeanordnung bisher kaum zu äu-ßern, aber die fast makellose musikalische Darstellung

ausgesucht. Die beiden Musi-kerinnen Rebecca und Megan Lovell liefern hier exzellenten Songwriter-Folk ab. Dieser changiert ein wenig zwischen Americana, Indie- Pop, Bluegrass und Soul. Die-se einzelnen Elemente und die entsprechenden musikalischen Gefühlswelten finden gleich-sam Eingang in mein Gehör und auch in meinen Bauch. Das Schlagzeug klingt wun-derbar authentisch. Der Besen, die verschiedenen E-Gitarren und die glockenklare Stimme lassen den Hörer die melan-cholische Grundstimmung dieses Songs durchleben. Das hier ein anderes, eher höhen-betontes Mikrophon zum

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der Elation, die weit mehr ist als das, was von einem vergleichsweise kleinen Schallwandler zu erwarten wäre, verleitet mich dazu.

Etwas richtig gemachtDer Versuch einer Begründung: Breitbandlautsprecher kommen dem Ideal einer Punktschallquelle sehr nahe. Das System hat darüber hinaus kaum Probleme mit der Phase, wenn der Frequenzgang ausgeglichen ist – letzteres ist bei Breitbandlautsprechern aber nicht im-mer von Hause aus gegeben. Und hier liegt die Kunst des Entwicklers der Elation. Thomas Scherer hat es über sein passives Filternetzwerk geschafft, den Frequenzgang des von ihm eingesetzten Treibers weitestgehend linear zu gestalten. Dabei hat er nicht nur auf Achse, sondern auch außerhalb des üblichen Meßbereichs die Mikrophone aufgestellt und nach und nach so die richtige und den meisten Hörsi-tuationen angemessene Konfiguration seines Filters gefunden. Die passive Schaltung aus Spulen und Kon-densatoren in der Elation sorgt nun dafür, daß der Pegel vor allem im Grundtonbereich so angepaßt wird, daß die Tonalität davon profitiert. Ziel war es hier für

Thomas Scherer, eine möglichst perfekte Stimmenwie-dergabe zu erhalten. Dieser (im eigentlichen Sinne) Kompromiß führt zu einem besseren Ergebnis als die Nutzung dieses Treibers ohne Filter. Denn die ideale, ausschließlich kolbenförmig schwingende Membran gibt es bei linearer Ansteuerung in der Praxis nicht. Hier darf meiner Ansicht nach eingegriffe werden – Purismus hin oder her. Das Ergebnis der Entwicklungs-arbeit von Thomas Scherer ist eine für Breitbänder typische herausragende Raumabbildung und Losge-löstheit von den Lautsprechern ohne die einigen Breit-bandkonstruktionen nachgesagten Verfärbungen. Ich gönne mir noch Ralph Vaughan Williams „Fantasia on Greensleeves“ in der Einspielung des London Sym-phony Orchestra unter Sir Adrian Boult. Harfe und Querflöte zu Beginn der kurzen Bearbeitung leiten das Stück ein, bevor die gesamten Streicher das Thema auf-nehmen. Der Konzertsaal wird erneut gut ausgeleuch-tet, er ist sehr tief und erscheint breiter als die Laut-sprecheraufstellung zu sein. Das wellenartige Auf und Ab des Themas, das Ritardando zur Mitte des Werks, alles wird mit dem richtigen Gespür für das Tempo und mit unkomprimierter Dynamik wiedergegeben.

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Auf den Punkt gebracht

Die Elation macht ihrem Namen alle Ehre, über-setzt bedeutet das Wort nämlich so viel wie „Hochgefühl“. Und dieses stellt sich unverzüg-lich ein, sobald Ihre Lieblingsmusik über diese Ausnahmelautsprecher erklingt. Alle Vorurtei-le, die ich vielleicht gegen Breitbänder hatte, konnten die Scherer-Boxen gründlich widerlegen und mich gleichzeitig von den unbestreitbaren Vorzügen eines solchen Systems überzeugen. Neben der technischen Finesse sehen die Elati-on meiner Ansicht nach auch noch richtig gut aus und dürften in Zukunft einigen Konkurren-ten in der Klasse bis 5.000 Euro schwer zu schaf-fen machen. Mich haben sie jedenfalls voll und ganz überzeugt!

Information

Lautsprecher Thomas Scherer Audio Engineering „Ela-tion“Preis: 4.580 € / PaarStänder: 410 € / PaarVertrieb:Thomas Scherer Audio EngineeringLyrenstraße 13D-44866 BochumTel.: 0049 - (0) 2327-624298Fax: 0049 - (0) 2327-624299E-Mail: [email protected]: www.highend-design-lautsprecher.de

Frank Lechtenberg

Die gezupften Celli im Baßbereich sind ebenso gut zu hören wie die übrigen Stimmen im Streicherensemble. Ein voluminöserer Lautsprecher vermag hier sicherlich noch mehr Tiefgang zu vermitteln, aber diese horizon-tal wie vertikal funktionierende realistische Raumab-

bildung und Trennung der einzelnen Instrumenten-gruppen und -stimmen machen diese geringfügige Einschränkung sehr schnell vergessen. Die Vorzüge und grundsätzlichen Eigenschaften dieses Lautsprechers lassen sich zudem über unterschiedliche Verstärker nachvollziehen, auch wenn die Charaktere der jewei-ligen Endstufen über die Elation immer klar zu erken-nen sind. Die Wiedergabe über den in dieser Ausgabe getesteten Electrocompaniet PI 2D erschien mir bei-spielsweise ein wenig direkter, jedoch im Gegenzug weniger voluminös als über meine Audiolab-8200-P-Stereoendstufe. Es handelt sich hier aber lediglich um Nuancen. Thomas Scherer selbst hört die Elation gerne mit einem 25-Watt-Class-A-Verstärker – und auch das funktioniert.