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Regierungspräsidium Darmstadt Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt Regierungspräsidium Darmstadt Telefon: 069-2714-0 (Zentrale) Fristenbriefkasten: Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt Telefax: 069-2714-5950 Luisenplatz 2, Gutleutstraße 114 Internet: www.rp-darmstadt.hessen.de 64283 Darmstadt 60327 Frankfurt am Main ____ ____ ____ IV/F 43.1-539/12 Gen 38/06 28. Dezember 2010 GENEHMIGUNGSBESCHEID Erteilung der 1. Teilgenehmigung E.ON Kraftwerke GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Dirk Jost, Keith Plowman und Dirk Rüggen, Tresckowstraße 5, 30457 Hannover I Erteilung der 1. Teilgenehmigung 2 II Eingeschlossene Genehmigungen 4 III Zugrundeliegende Antragsunterlagen 4 IV Nebenbestimmungen für die Errichtung (Bauphase) / Inhaltsverzeichnis 5 V Nebenbestimmungen zur Absicherung der Prognoseentscheidung nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG / Inhaltsverzeichnis 31 VI Sachverhalt / Inhaltsverzeichnis 57 VII Genehmigungsvoraussetzungen / Inhaltsverzeichnis 149

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Regierungspräsidium Darmstadt Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt

Regierungspräsidium Darmstadt Telefon: 069-2714-0 (Zentrale) Fristenbriefkasten:

Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt Telefax: 069-2714-5950 Luisenplatz 2,

Gutleutstraße 114 Internet: www.rp-darmstadt.hessen.de 64283 Darmstadt

60327 Frankfurt am Main

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IV/F 43.1-539/12 Gen 38/06 28. Dezember 2010

GENEHMIGUNGSBESCHEID

Erteilung der 1. Teilgenehmigung

E.ON Kraftwerke GmbH,

vertreten durch die Geschäftsführer

Dirk Jost, Keith Plowman und Dirk Rüggen,

Tresckowstraße 5,

30457 Hannover

I Erteilung der 1. Teilgenehmigung 2 II Eingeschlossene Genehmigungen 4 III Zugrundeliegende Antragsunterlagen 4 IV Nebenbestimmungen für die Errichtung (Bauphase) / Inhaltsverzeichnis 5 V Nebenbestimmungen zur Absicherung der

Prognoseentscheidung nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG / Inhaltsverzeichnis 31

VI Sachverhalt / Inhaltsverzeichnis 57 VII Genehmigungsvoraussetzungen / Inhaltsverzeichnis 149

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 2 von 321

GENEHMIGUNGSBESCHEID

I Erteilung der 1. Teilgenehmigung

Auf Antrag vom 22. Mai 2008 in der Fassung vom 5. Juni 2009 wird der

E.ON Kraftwerke GmbH,

vertreten durch die Geschäftsführer

Dirk Jost, Keith Plowman und Dirk Rüggen,

Tresckowstraße 5,

30457 Hannover

- Antragstellerin –

I.1. nach Maßgabe der in Nr. III aufgeführten Pläne, Zeichnungen und Beschrei-

bungen und unter Beachtung der nachstehenden Nebenbestimmungen

nach den §§ 8, 16 Abs. 1 Bundes- Immissionsschutzgesetz (BImSchG) die

1. Teilgenehmigung erteilt, auf dem

Grundstück in 63538 Großkrotzenburg

Grundbuch, Gemarkung: Großkrotzenburg

Flur: 23

Flurstücke: 42/1, 269/15

einen steinkohlebefeuerten Kraftwerksblock (Block 6) mit einer Feuerungs-

wärmeleistung von 2.350 MWth und einer elektrischen Nettoleistung von

1.055 MWel sowie einer Fernwärmeleistung von bis zu 300 MWth mit zuge-

hörigen Nebeneinrichtungen zu errichten.

I.2. Die 1. Teilgenehmigung berechtigt zur Errichtung und Durchführung von:

Bauvorbereitenden Maßnahmen (Räumen der Baufläche von vorhan-

denem technischen Gerät) und die Freimachung der Baustellenein-

richtungsflächen sowie die Errichtung der dazu gehörenden techni-

schen Infrastruktur (Baustraßen, Büro- und Sanitärcontainer, Montage-

flächen, Strom- und Wasseranschlüsse)

Kesselhaus, DeNOx- Anlage, Luvo- Gebäude, Kohletagesbunker und

Treppentürmen (Bau- und Maschinentechnik)

Maschinenhaus mit dem Treppenturm (Bau- und Maschinentechnik)

Blockwartengebäude

Eigenbedarf-, Block-, Erreger und Reservetrafos (nur Bautechnik)

Kühlturm und Kühlwasserpumpenbauwerk (Bau- und Maschinentech-

nik) und weitere Kühlanlagen (nur Bautechnik)

Saugzuggebläse und Elektrofilter (Bau- und Maschinetechnik)

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 3 von 321

I.3. Folgende Anlagenteile werden von dieser Teilgenehmigung nicht erfasst

und sind in einer späteren Teilgenehmigung zu beantragen:

Herstellung der Baugruben für sonstige Anlagen

Hilfsdampferzeugung

Rauchgasentschwefelungsanlage mit Stapeltank für Entleerung, Gips-

entwässerung

Schaltanlagengebäude

Maschinentechnik der unter I.2 genannten Trafos

Maschinentechnik der Kühlanlagen

Kalksteinmehlsilo, Grobaschelager u. Flugaschesilo

Deionatstapeltank

Brückenbauwerke für Brennstoffversorgung, Ascheentsorgung

Vollentsalzungsanlage, Kondensatreinigungsanlage, Kühlturmzusatz-

wasseraufbereitungsanlage

Kühlwasserentnahmebauwerk

Fernheizanlage

Wasserstoffversorgung

Gleisanlagen (für E- Filterasche- und Gipsverladung)

I.4. Diese Teilgenehmigung berechtigt nicht zur Inbetriebnahme der Anlage

oder von Anlagenteilen.

I.5. Diese Teilgenehmigung wird unter dem Vorbehalt erteilt, dass in den nach-

folgenden Bescheiden aus sachlichen Gründen zusätzliche oder von der

Teilgenehmigung abweichende Anforderungen an die Errichtung der o.g.

Anlagenteile gestellt werden können.

I.6. Die Teilgenehmigung ergeht gemäß § 12 Abs. 3 BImSchG unter dem Vor-

behalt des Widerrufs bis zur endgültigen Entscheidung über diese Geneh-

migung.

I.7. Die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens hat die Antragstellerin

zu tragen. Die Festsetzung der Höhe der Kosten bleibt einem gesonderten

Bescheid vorbehalten.

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II Diese Genehmigung schließt folgende andere behördliche Entscheidun-

gen ein:

II.1. Baugenehmigung nach § 64 der Hessischen Bauordnung (HBO) für die bau-

lichen Maßnahmen

II.2. Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

für die Errichtung der Dampfkesselanlage

II.3. Zulassung des Eingriffs nach § 15 Bundes- Naturschutzgesetz (BNatSchG)

II.4. Anzeige nach § 7 der 12. BImSchV

II.5. Luftfahrtrechtliche Zustimmung nach § 14 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)

III Zugrundeliegende Antragsunterlagen

Die im Anhang I aufgeführten Antragsunterlagen sind Bestandteil dieses

Bescheides.

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IV Nebenbestimmungen für die Errichtung (Bauphase) / Inhaltsverzeichnis

Die Genehmigung wird unter den nachfolgenden Bedingungen erteilt und

mit den nachfolgenden Auflagen verbunden.

IV Nebenbestimmungen für die Errichtung (Bauphase) 5

IV.1. Allgemeines 6

IV.2. Bauaufsichtliche Nebenbestimmungen und Hinweise 7

IV.2.16. Hinweise 8

IV.3. Luftreinhaltung während der Bauphase 9

IV.4. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während der Bauphase 9

IV.4.1. Lärmimmissionen 9

IV.4.2. Erschütterungsimmissionen 14

IV.4.3. Lichtimmissionen 14

IV.5. Arbeitsschutz 15

IV.6. Dampfkesseltechnische Nebenbestimmungen 15

IV.7. Brandschutz 16

IV.7.33. Hinweis 20

IV.8. Anlagenbezogener Gewässerschutz 21

IV.9. Retentionsraum 21

IV.10. Grundwasserschutz 22

IV.11. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen für die Bauphase 23

IV.12. Naturschutz 23

IV.12.1. Allgemeines 23

IV.12.2. Vermeidung und Minimierung von Eingriffen 24

IV.12.3. Ausgleich und Ersatz von Eingriffen / Ausführungsplanung 24

IV.12.4. Artenschutz 26

IV.13. Eisenbahnrechtliche Nebenbestimmungen 27

IV.14. Luftfahrt 29

IV.15. Verkehrsrechtliche Nebenbestimmungen 29

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 6 von 321

IV.1. Allgemeines

IV.1.1. Für eine spätere Abscheidung von CO2 mit der Carbon-Capture-Storage-

(CCS)-Technologie sind am Standort des Kraftwerks Staudinger entspre-

chende Flächen freizuhalten.

IV.1.2. Block 6 des Kraftwerks Staudinger darf nur in der in den vorgelegten und in

Anhang I dieses Bescheides dargestellten Unterlagen beschriebenen Art

und Weise und entsprechend den Anforderungen der 13. BImSchV errichtet

werden, es sei denn im Folgenden oder in weiteren Teilgenehmigungen

werden Änderungen gefordert.

IV.1.3. Ergeben sich in den nachfolgenden Teilgenehmigungsverfahren Bedenken

grundsätzlicher Art gegen das gesamte Vorhaben der Errichtung und des

Betriebes des Blocks, die zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht vorher-

sehbar waren, oder weichen die den Teilgenehmigungsanträgen beizufü-

genden Unterlagen von dem diesem Bescheid zugrunde liegenden Unter-

lagen wesentlich ab, oder können aufgrund der Änderungen der Angaben

bislang unberücksichtigte nachteilige Auswirkungen auftreten, besteht der

allgemeine Vorbehalt, in den nachfolgenden Teilgenehmigungsbescheiden

zusätzliche oder von diesem Bescheid abweichende Anforderungen an die

Errichtung und / oder den Betrieb der geplanten Kohlekraftwerksanlage zu

stellen.

IV.1.4. Die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift des vollziehbaren Bescheides

sowie der dazugehörenden in Anhang I aufgeführten Unterlagen sind am

Betriebsort bzw. an der Baustelle aufzubewahren und den im Auftrag der

Genehmigungs- oder Überwachungsbehörden tätigen Personen auf Ver-

langen vorzulegen.

IV.1.5. Die Anlage ist entsprechend den vorgelegten und in Ziffer III. genannten

Unterlagen zu errichten, soweit im Folgenden keine abweichenden Rege-

lungen getroffen werden. Ergeben sich Widersprüche zwischen den Ab-

schnitten IV. und V. einerseits und den in Abschnitt III. in Verbindung mit

den in Anhang I genannten Unterlagen, so gelten erstere.

IV.1.6. Der Baubeginn ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F,

Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“ drei Wochen vorher

anzuzeigen.

IV.1.7. Der Genehmigungsbescheid ergeht unbeschadet der behördlichen Ent-

scheidungen, die nach § 13 BImSchG nicht von der Genehmigung einge-

schlossen werden.

IV.1.8. Die erteilte Genehmigung erlischt, wenn der Inhaber ab Unanfechtbarkeit

des Bescheides einen Zeitraum von einem Jahr verstreichen lässt, ohne mit

der Errichtung der Anlage zu beginnen. Die Genehmigung erlischt ferner,

wenn nicht innerhalb von vier Jahren ab Unanfechtbarkeit des Bescheides

entsprechend den vorgelegten Beschreibungen und Zeichnungen der Be-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 7 von 321

trieb der Anlage aufgenommen wird. Die Fristen können auf Antrag verlän-

gert werden.

IV.2. Bauaufsichtliche Nebenbestimmungen und Hinweise

IV.2.1. Der Bau des Kraftwerkblocks 6 des Kraftwerkes Staudinger, folgend Bau-

maßnahme genannt, ist so durchzuführen, dass

schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem

Stand der Technik vermeidbar sind,

nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umweltein-

wirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

IV.2.2. Vier Wochen vor Baubeginn und Rückbau sind dem Luftwaffenamt – Abtei-

lung FlBtrbBw, Dezernat a, Fliegerhorst WAHN 501/11, Postfach 90 61 10,

51127 Köln und dem Amt für Flugsicherung der Bundeswehr, Dezernat I 5,

Insterburger Straße 4-6, 60487 Frankfurt am Main Dezernat II 4 – unter An-

gabe der Registriernummer „West2-C-4023-08-a“ alle endgültigen Daten

wie Art des Hindernisses, Standort mit geographischen Koordinaten im

World Geodetic System 84 (WGS 84) ersatzweise in Gauß-Krüger-

Koordinaten, Höhe über Grund, Gesamthöhe über NN, ggf. Art der Kenn-

zeichnung und Datum der geplanten Fertigstellung zwecks Veröffentlichung

als Luftfahrthindernis anzuzeigen.

IV.2.3. Mit der Prüfung der bautechnischen Nachweise gemäß § 59 HBO wird sei-

tens der Unteren Bauaufsicht des Main-Kinzig-Kreises das Ingenieurbüro

Dietz, Hanau, beauftragt.

IV.2.4. Das Bauvorhaben darf erst ausgeführt werden, wenn der nach § 59 HBO

benannte Prüfingenieur die statisch konstruktive Standsicherheit festgestellt

und der Bauherrschaft bescheinigt hat.

IV.2.5. Mit den einzelnen Bauabschnitten darf erst begonnen werden, wenn die

entsprechenden statischen Prüfberichte vorliegen. Das Aktenexemplar ist

der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen.

IV.2.6. Maßgebend für die Ausführung der Konstruktionen ist die geprüfte stati-

sche Berechnung. Auf eine Übereinstimmung der Bauvorlagen mit der ge-

prüften statischen Berechnung ist sorgfältig zu achten.

IV.2.7. Die Bewehrungszeichnungen sind dem mit der Prüfung der statischen Be-

rechnung beauftragten Prüfingenieur zur Prüfung vorzulegen.

IV.2.8. Für das Bauwerk wird die Überwachung der tragenden Konstruktion durch

den Prüfingenieur angeordnet. Über die ordnungsgemäße Durchführung

der Abnahme ist eine Bescheinigung je Bauabschnitt vorzulegen.

IV.2.9. Die Ausführung der Stahl- und Maurerarbeiten ist vom Prüfingenieur, wel-

cher die statische Berechnung geprüft hat, baubegleitend zu überwachen.

Ein Bericht hierüber ist der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 8 von 321

IV.2.10. Entsprechend § 65 Abs. 3 und § 74 Abs.1, 7 HBO sind die jeweiligen Bau-

abschnitte der Bauaufsicht schriftlich mit den Vordrucken BAB 17, 18 und 20

mitzuteilen.

IV.2.11. Jegliche Arbeiten im Nahbereich der Erdgashochdruckleitung der WINGAS

GmbH & Co. KG sind rechtzeitig vor deren Ausführung durch die jeweilige

ausführende Baufirma bei der WINGAS GmbH & Co. KG, Abt. GNT, Post-

fach 10 40 20, 34112 Kassel, anzuzeigen. Die WINGAS wird für diese Arbei-

ten einen sogenannten Schachtschein ausstellen und durch den Pipeline-

Service in Reckrod (Tel.: 06672/9203-1230 oder Mobil: 0170/6370102) ei-

nen Ortstermin vereinbaren. Der Pipeline-Service wird für eine örtliche

Ausweisung des Leitungsverlaufes zur Verfügung stehen und während der

gesamten Baumaßnahme die Betriebssicherheit der Erdgashochdrucklei-

tung überwachen. Ein Umlegen der Kosten für die Betriebsaufsicht auf den

Verursacher wird vorbehalten.

IV.2.12. Die Zugänglichkeit der Versorgungsanlagen der WINGAS GmbH & Co. KG

zum Zwecke von behördlich vorgesehenen Kontrollen, Instandhaltungs-

maßnahmen, Intensivmessungen etc. muss für die WINGAS GmbH & Co. KG

auch in Zukunft jederzeit gewährleistet bleiben.

IV.2.13. Dies gilt entsprechend für die notwendige Beseitigung des Bewuchses mit

Maschineneinsatz innerhalb des Leitungsschutzstreifens. Zum Schutz der

Erdgashochdruckleitung führt die WINGAS GmbH & Co. KG im mehrjähri-

gen Abstand turnusmäßig eine entsprechende Pflege des Schutzstreifens

durch, da Baum- und Gehölzbewuchs unter Umständen die Leitung be-

schädigen kann.

IV.2.14. Nach Bekanntwerden der Lage der internen und externen naturschutzrecht-

lichen und -fachlichen Kompensationsmaßnahmen sind diese der WINGAS

GmbH & Co. KG zur Stellungnahme vorzulegen.

IV.2.15. Tiefwurzelnde Bäume sind innerhalb eines Abstandes von 2,5m zur Außen-

kante der Rohrleitung nicht zulässig. Für flachwurzelnde Gehölze im Lei-

tungsschutzstreifen ist die Zustimmung der WINGAS GmbH & Co. KG erfor-

derlich.

IV.2.16. Hinweise

IV.2.16.1. Da das Bauvorhaben als Sonderbau im Sinne des § 2 Abs. 8 HBO einzustu-

fen ist, bedarf es im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einer vollständi-

gen bauaufsichtlichen Überprüfung nach § 58 HBO.

IV.2.16.2. Sollten über die beantragten brandschutzrechtlichen Abweichungen gemäß

§ 63 HBO hinaus weitere Abweichungen erforderlich sein, sind diese noch

gesondert zu beantragen.

IV.2.16.3. Während der Bauarbeiten zum Einsatz kommende Baukräne bedürfen ggf.

einer Genehmigung nach § 15 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) durch das Regie-

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rungspräsidium Darmstadt, Abteilung III, Dezernat 33.3, „Luft- und Güter-

kraftverkehr“. Dazu sind Unterlagen für die Kranstellung außerhalb von Bau-

schutzbereichen (Standort und Höhe des Krans) einzureichen.

IV.3. Luftreinhaltung während der Bauphase

IV.3.1. Die Bauarbeiten sind so zu gestalten, dass für die Nachbarschaft keine un-

zumutbaren Staubbelästigungen entstehen (z. B. durch organisatorische,

die Dauer der Staubexposition verkürzende Maßnahmen; emissionsarme

Verfahren). Aufkommender Staub ist durch Berieselung niederzuhalten.

Ggf. sind wirksame chemische Staubbindemittel einzusetzen. Insbesondere

ist dem Entstehen von Feinstaub (PM10) entgegenzuwirken, z. B. durch Ein-

satz von Sprühbefeuchtungstechnik.

IV.3.2. Zur Vermeidung bzw. Minderung von Staubemissionen auf der Baustelle

sind insbesondere folgende Maßnahmen durchzuführen:

Befestigung der Hauptverkehrswege des Baustellenverkehrs.

Bei Bedarf regelmäßiges Reinigen von Fahrzeugen und Reifen zur

Vermeidung von Fahrbahnverschmutzungen. Falls erforderlich, sind

die Reifen der Baumaschinen und Lkw beim Verlassen des Baustellen-

geländes durch eine Reifenwaschanlage zu reinigen.

Durch die Baumaßnahme verunreinigte private und öffentliche Ver-

kehrsflächen sind regelmäßig zu reinigen.

Bedarfsgerechter Schutz der Erdhalden gegen Verwehung (z.B. durch

Befeuchtung oder Abplanen mit reißfester Folie).

IV.3.3. Halden, von denen Gerüche ausgehen können, z.B. Halden organoleptisch

auffälligen Bodenmaterials, sind mit reißfester Folie abzudecken.

IV.4. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während der Bauphase

IV.4.1. Lärmimmissionen

IV.4.1.1. Die im Rahmen der Baumaßnahme vom Betrieb von Baumaschinen ausge-

henden Geräuschemissionen dürfen – gemessen als Immissionen 0,5m vor

den geöffneten von den Geräuschen am stärksten betroffenen Fenstern

zum Aufenthalt von Menschen bestimmter Gebäude – die in der nachfol-

genden Tabelle 1: Immissionsrichtwerte aufgeführten Immissionswerte (IRW)

nicht überschreiten:

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Tabelle 1: Immissionsrichtwerte

Immissionsorte IRW

dB (A)

tags/nachts

Brown-Boveri-Straße 19, Hanau/Großauheim 60/45

Kleingartenanlage Hergerswiesen – Süppcheswiese Ha-nau/Großauheim

60/45

Hanauer Landstraße 71, Großkrotzenburg 55/40

Hanauer Landstraße 98, Großkrotzenburg 65/50

Kreuzburgstraße 29, Großkrotzenburg 55/40

Zum Glockenzehnten/Eichelacker, Großkrotzenburg 55/40

Eisenbahnstraße 26-28, Hanau/Klein-Auheim 55/40

Seligenstädter Straße 111-119, Hanau/Klein-Auheim 60/45

Karl-Zeiss-Straße 11-22 65/50

Angergasse 11 (IO 1.1), Hainburg/Hainstadt Nord 55/40

Hüttengasse 21 (IO 1.2), Hainburg/Hainstadt Mitte 55/40

Hauptstraße 6-8 (IO 10), Hainburg/Hainstadt Nord 55/40

Kanalstraße 3 (IO 4), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40

Uferstraße 16 (IO 6.0), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40

Uferstraße 1 (IO 6.1), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40

Schleusenstraße (IO 6.2), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40

Die Nachtzeit beginnt um 20:00 Uhr und endet um 07:00 Uhr. Die übrige

Zeit ist Tagzeit. Der Immissionswert ist überschritten, wenn der nach Num-

mer 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm

(AVV Baulärm) zu ermittelnde Beurteilungspegel den Immissionswert über-

schreitet. Der Immissionswert ist ferner überschritten, wenn ein Messwert

den Immissionswert am Tag um 30 dB(A) – in Anlehnung an den Maximal-

pegel nach Nummer 6 .1 der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift

zum Bundes- Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz

gegen Lärm - TA Lärm) – und nachts um 20 dB(A) nach Nr. 6.5 der Allge-

meinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm überschreitet.

IV.4.1.2. Die Errichtung des Blocks 6 ist hinsichtlich der Erschütterungen und der

Geräusche messtechnisch zu begleiten. Insbesondere sind folgende Bau-

phasen / Arbeiten zu berücksichtigen:

Bauphase 1 – Rammen zum Einbringen von Spundwänden. Geräusche

und Erschütterungen am Immissionsort Hainstadt, Hauptstraße 6-8 (IO

10; Kloster).

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Bauphase 2 – Geräusche während der Nachtzeit an den Immissionsor-

ten IO 10, Hainstadt, Hauptstraße 6-8 (Kloster) und IO 1.1, Hainstadt,

Angergasse 16.

Die messtechnische Begleitung ist im Einvernehmen mit dem Kreisaus-

schuss des Main- Kinzig- Kreises durchzuführen und mit diesem vor Baube-

ginn abzustimmen.

IV.4.1.3. Spätestens 24 Stunden vor Beginn lärmintensiver Bauarbeiten, wie z. B.

Rammarbeiten, ist der Kreisausschuss des Main- Kinzig- Kreises, Amt für

Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum, Sachbereich Immissionsschutz,

Barbarossastraße 20, 63571 Gelnhausen, über die Aufnahme solcher Arbei-

ten zu informieren. Ferner ist vorgenannter Stelle spätestens sieben Tage

vor Baubeginn eine Aufstellung der auf der Baustelle tätigen Firmen vorzu-

legen. Bei Bedarf ist die Liste entsprechend dem Baufortschritt zu aktualisie-

ren.

IV.4.1.4. Die Einhaltung der unter Nr. IV.4.1.1. festgesetzten Immissionswerte ist bei

begründeten Beschwerden durch Messungen einer nach § 26 BImSchG für

das Land Hessen bekannt gegebenen Messstelle gegenüber dem Kreisaus-

schuss des Main- Kinzig- Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz und ländli-

cher Raum, Sachbereich Immissionsschutz, nachzuweisen.

IV.4.1.5. Der Gutachter, der die Lärmprognose für den Bau des Kraftwerkblocks 6

erstellt hat bzw. während der Bauphase beratend oder als Lärmschutzbeauf-

tragter für den Antragsteller tätig ist, darf die unter Nr.IV.4.1.2. geforderten

Messungen nicht durchführen.

IV.4.1.6. In jeder der im Gutachten der Firma Müller BBM benannten Bauphasen sind

mindestens zwei begleitende Messungen durch die beauftragte Messstelle

durchzuführen. Die Messstelle ist zu beauftragen, einen Messbericht mit den

Ergebnissen entsprechend Nr. 6 AVV Baulärm zu erstellen. Mindestens zwei

Ausfertigungen des Messberichtes sind dem Kreisausschuss des Main-

Kinzig- Kreises, Sachbereich Immissionsschutz, unmittelbar zu übersenden.

IV.4.1.7. Bei von der Messstelle festgestellter Überschreitung der unter Nr. IV.4.1.1.

festgesetzten Immissionswerte um mehr als 5 dB(A) bzw. der Werte für

Maximalpegel sind umgehend in Abstimmung mit dem Kreisausschuss des

Main- Kinzig- Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum,

Sachbereich Immissionsschutz, Lärmminderungsmaßnahmen organisatori-

scher oder technischer Art abzustimmen und umzusetzen.

IV.4.1.8. Der Genehmigungsinhaber hat bei der Ausschreibung der Bauarbeiten si-

cherzustellen, dass durch die beauftragten Unternehmen ausschließlich Ver-

fahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schallemissi-

onen dem Stand der Technik entsprechen. Ferner hat er sicherzustellen,

dass die Baustelle so eingerichtet und betrieben wird, dass Geräusche ver-

hindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, zum Bei-

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spiel durch Einsatz lärmarmer Baumaschinen mit dem Umweltzeichen

„Blauer Engel" (RAL 53) bzw. geräuscharmer Kraftfahrzeuge, die entspre-

chend § 49 Abs. 3 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) mit ei-

nem „G" gekennzeichnet sind.

IV.4.1.9. Folgende Maschinen und Geräte dürfen im Rahmen der Baumaßnahme nur

betrieben werden, wenn deren Schallleistungspegel den in den Art. 12 und

13 der Richtlinie 2000/14/EG „Geräuschemissionen von Geräten und Ma-

schinen" genannten Schallleistungspegel nicht überschreiten:

Tabelle 2: Geräteliste

Nr. Gerät/Maschine

01 Hubarbeitsbühne mit Verbrennungsmotor

03 Bauaufzug für den Materialtransport mit

03.1 Verbrennungsmotor

03.2 Elektromotor

04 Baustellenbandsägemaschine

05 Baustellenkreissägemaschine

06 Tragbare Motorkettensäge

07 Kombiniertes Hochdruckspül- u. Saugfahrzeug

08 Verdichtungsmaschine in der Art von:

08.1 Vibrationswalze und nicht vibrierende Walzen, Rüttelplatten und

Vibrationsstampfer

08.2 Explosionsstampfer

09 Kompressor (> 350 kW)

10 Handgeführter Betonbrecher und Abbau-, Aufbruch- u. Spaten-

hammer

11 Beton- u. Mörtelmischer

12 Bauwinde mit

12.1 Verbrennungsmotor

12.2 Elektromotor

13 Förder- u. Spritzmaschine für Beton u. Mörtel

14 Förderband

15 Fahrzeugkühlaggregat

16 Planiermaschine (< 500 kW)

17 Bohrgerät

18 Muldenfahrzeug (< 500 kW)

19 Be- u. Entladeaggregat von Silo- oder Tankfahrzeugen

20 Hydraulik- u. Seilbagger (< 500 kW)

21 Baggerlader (< 500 kW)

22 Altglassammelbehälter

23 Grader (< 500 kW)

26 Hochdruckspülfahrzeug

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27 Hochdruckwasserstrahlmaschine

28 Hydraulikhammer

29 Hydraulikaggregat

30 Fugenschneider

31 Müllverdichter, der Bauart nach ein Lader mit Schaufel (< 500

kW)

37 Lader (< 500 kW)

38 Mobilkran

39 Rollbarer Müllbehälter

40 Motorhacke (<3 kW)

41 Straßenfertiger

41.1 Ohne Hochverdichtungsbohle

41.2 Mit Hochverdichtungsbohle

42 Rammausrüstung

43 Rohrleger

45 Kraftstromerzeuger

45.1 < 400 kW

45.2 > 400 kW

46 Kehrmaschine

48 Straßenfräse

50 Shredder / Zerkleinerer

52 Saugfahrzeug

53 Turmdrehkran

54 Grabenfräse

55 Transportbetonmischer

56 Wasserpumpe (nicht für Unterwasserbetrieb)

57 Schweißstromerzeuger

IV.4.1.10. Alle Maschinen, die im Rahmen der Baumaßnahme zum Einsatz kommen,

sind in den arbeitsfreien Zeiten und bei Arbeitsunterbrechungen abzustel-

len.

IV.4.1.11. Die Motoren der zum Be- und Entladen wartenden Fahrzeuge sind, wenn es

der Betrieb zulässt, abzuschalten. Warteplätze sind außerhalb lärmgefährde-

ter Bereiche vorzusehen.

IV.4.1.12. Zur Vermeidung unnötiger Lärmbeeinträchtigungen sind leistungsstärkere

Maschinen und Geräte einzusetzen, die nicht bei Volllast arbeiten müssen.

Während der Einsatzzeit der Maschinen und Geräte sind die Geräteführer

zur Einhaltung einer drehzahlbewussten, lärmarmen Arbeitsweise anzuhal-

ten.

IV.4.1.13. Kreissägen sind mit ihrer Schnittachse rechtwinklig zum kritischsten Immis-

sionsort aufzustellen. Aufgehende Bauwerksteile, Wände, Erdwälle, gesta-

pelte Baustoffe, Bauwagen oder Container sind, sofern vorhanden, als

„Schallschutzwall" bei der Aufstellung von Kreissägen und vergleichbarer

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stationärer Baumaschinen und Geräte zu verwenden. Baustellen- und Hand-

kreissägen haben lärmarme, scharfe Sägeblätter aufzuweisen.

IV.4.1.14. Besonders lärmintensive Arbeiten sind, wenn bauabwicklungstechnisch

möglich, in die Zeiten des starken Verkehrslärms bzw. in die Tageszeiten zu

legen, in denen mit geringster Belästigung der im Einwirkungsbereich der

Baumaßnahme sich aufhaltender Menschen zu rechnen ist (9:00 bis 13:00

Uhr und 15:00 bis 18:00 Uhr).

IV.4.2. Erschütterungsimmissionen

IV.4.2.1. Im Rahmen des Baus des Kraftwerkblocks 6 dürfen zum Schutz von Men-

schen die Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 nicht überschritten werden.

IV.4.2.2. Die Einhaltung der unter Nr. IV.4.2.1 festgesetzten Anhaltswerte der

DIN 4150 ist bei Einsatz Erschütterungen verursachender Maschinen bau-

begleitend durch eine nach § 26 BImSchG für das Land Hessen anerkannte

Messstelle überwachen und dokumentieren zu lassen.

IV.4.2.3. Die Arbeitsfrequenz der im Rahmen der Baumaßnahme eingesetzten Ma-

schinen sollte möglichst weit von den vorhandenen geo- und bauwerksdy-

namischen Eigenfrequenzen liegen.

IV.4.2.4. Vorteilhaft ist eine verstellbare Frequenz, wodurch Resonanzen während

des Arbeitsprozesses vermieden werden können.

IV.4.2.5. Im Falle vom Gutachter festgestellter Überschreitungen der Anhaltswerte

der DIN 4150 sind in Abstimmung mit dem Kreisausschuss des Main- Kinzig-

Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum, Sachbereich

Immissionsschutz, umgehend Maßnahmen zur Vermeidung schädlicher

Umwelteinwirkungen durch Erschütterungsimmissionen abzustimmen.

IV.4.3. Lichtimmissionen

IV.4.3.1. Im Rahmen der Baumaßnahme zum Einsatz kommende Lichtanlagen sind

dem Stand der Technik entsprechend zu errichten und zu betreiben. Es ist

insbesondere sicherzustellen, dass die Beleuchtung nur auf die gewünsch-

ten Flächen beschränkt bleibt. Eine direkte Blickverbindung zu Lichtquellen

von benachbarten schutzbedürftigen Daueraufenthaltsräumen und -flächen

ist durch geeignete Lichtpunkthöhe, Neigungswinkel der Leuchten, Reflek-

toren, Blenden usw. zu vermeiden.

IV.4.3.2. Für größere Flächen der Baustelle, die gleichmäßig ausgeleuchtet werden

sollen, sind Scheinwerfer mit asymmetrischer Lichtverteilung zu verwenden,

die oberhalb von 85° Ausstrahlungswinkel (zur Vertikalen) kein Licht abge-

ben.

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IV.4.3.3. Im Rahmen der Baumaßnahme zum Einsatz kommende Lichtanlagen haben

zum Schutz von Insekten ein insektenfreundliches Spektrum aufzuweisen

(z.B. Natriumdampflampen statt Quecksilberdampflampen).

IV.4.3.4. Im Rahmen des Betriebes von Beleuchtungsanlagen auf der Baustelle des

Kraftwerkblocks 6 dürfen die Richtwerte der Leitlinie - Hinweise zur Messung

und Beurteilung von Lichtimmissionen - des Länderausschusses für Immissi-

onsschutz (LAI) vom 10. Mai 2000 nicht überschritten werden. Für den Fall

begründeter Immissionsbeschwerden wegen Lichtimmissionen ist die Ein-

haltung der Immissionswerte vorgenannter Leitlinie durch Messung einer

nach § 26 BImSchG anerkannten Messstelle gegenüber dem Kreisausschuss

des Main- Kinzig- Kreises, Sachbereich Immissionsschutz, nachzuweisen.

IV.4.3.5. Die von Beleuchtungsanlagen hervorgerufene mittlere Beleuchtungsstärke

(EF) in der Fensterebene von schutzbedürftigen Daueraufenthaltsräumen

(z.B. Wohn- , Schlafzimmer) und -flächen (z. B. Balkone , Terrassen) in 63512

Hainburg darf tagsüber (6.00 bis 22.00 Uhr) den Wert von 3 Ix und nachts

(22.00 bis 6.00 Uhr) 1 Ix, ermittelt nach der Leitlinie - Hinweise zur Messung

und Beurteilung von Lichtimmissionen - des Länderausschusses für Immissi-

onsschutz (LAI) vom 10. Mai 2000, nicht überschreiten.

IV.5. Arbeitsschutz

IV.5.1. Spätestens bis zur (Teil-) Inbetriebnahme hat der zukünftige Betreiber unter

Hinzuziehung einer Sicherheitsfachkraft eine Gefährdungsbeurteilung für

den zukünftigen Betrieb des Kraftwerkes zu erstellen und fortlaufend zu ak-

tualisieren. Die Gefährdungsbeurteilung hat besonders die Gefährdungen

durch

Dampf / Druck und

Gefahrstoffe sowie

Explosionsgefährdungen

IV.5.2. zu berücksichtigen. Das Konzept zur Aktualisierung der Gefährdungsbeur-

teilung ist im Einvernehmen mit einer Sicherheitsfachkraft dokumentiert

festzulegen.

IV.6. Dampfkesseltechnische Nebenbestimmungen

IV.6.1. Der Sachverständige einer zugelassenen Überwachungsstelle ist in die fol-

genden Detailplanungen für Montage, Installation und Betrieb der Dampf-

kesselanlage einzubeziehen.

IV.6.2. Die aus Detailplanungen für Montage, Installation und Betrieb der Dampf-

kesselanlage resultierende Überarbeitung der Unterlagen erfordert die

Freigabe eines Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle.

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IV.6.3. Die Komponenten der Dampfkesselanlage sind einer besonderen betriebli-

chen Überwachung hinsichtlich ihres Verhaltens durch schädigende Einflüs-

se zu unterziehen:

Das Prüfkonzept der Dampfkesselanlage ist im Rahmen der Detailpla-

nung einem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstel-

le zur Bewertung vorzulegen.

Das Prüfkonzept erfasst alle Parameter, die erforderlich sind, um die

Werkstoffeigenschaften verifizieren zu können.

Im Einvernehmen mit einem Sachverständigen einer zugelassenen

Überwachungsstelle ist die notwendige Dokumentation festzulegen.

IV.6.4. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat im Rah-

men der Erprobung des Dampfkesselbetriebes zu prüfen, dass bei Ausfall

der Speisepumpe (SPAT) und im Falle des gleichzeitigen Ausfalls der SPAT

und der E- Speisepumpen (Schwarzfall) der Dampferzeuger ohne das Auf-

treten unzulässiger Materialtemperaturen abgeschaltet werden kann.

IV.6.5. Die Bewertung der erforderlichen Qualität der Sicherheitseinrichtungen der

Dampfkesselanlage und deren Anlagenteile sind einem Sachverständigen

einer zugelassenen Überwachungsstelle im Rahmen der Detailplanung vor-

zulegen und von diesem zu prüfen.

IV.7. Brandschutz

IV.7.1. Die aktuellen Merkblätter der Bau- und Berufsgenossenschaften sowie des

Verbandes der Sachversicherer (VdS) – wie z. B. ZH 1/503 „Brandschutz bei

Bauarbeiten“+ VdS 2021 „Bauarbeiten“ – sind anzuwenden.

IV.7.2. Es muss eine Möglichkeit vorhanden sein, in Schadensfällen die zuständige

Feuerwehr zu alarmieren. Zur unverzüglichen Alarmierung der Feuerwehr,

der Polizei oder des Rettungsdienstes sind die entsprechenden Rufnum-

mern den Mitarbeitern auf der Baustelle bekanntzugeben. Ein diesbezügli-

ches Konzept ist mit der Werkfeuerwehr und mit dem Kreisausschuss des

Main- Kinzig- Kreises, Amt 37 – Gefahrenabwehrzentrum -, Frankfurter Stra-

ße 34, 63571 Gelnhausen (GAZ- MKK) abzustimmen.

IV.7.3. Durch organisatorische und betriebliche Maßnahmen ist sicherzustellen,

dass die öffentlichen Gefahrenabwehrkräfte im Alarmfall in Zusammenarbeit

mit der Werkfeuerwehr jederzeit, d. h. auch außerhalb der üblichen Arbeits-

zeiten, unverzüglich und ungehindert Zutritt zur Baustelle haben und diese

anfahren können.

IV.7.4. Dem GAZ- MKK ist bei jeder wesentlichen Änderung, jedoch mindestens

monatlich, ein aktueller Feuerwehrplan vorzulegen. Einzelheiten sind vorab

mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK abzustimmen.

IV.7.5. Während der Bauphase ist in Abstimmung mit der Leitung der Werkfeuer-

wehr und dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung I, Dezernat 18

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„Gefahrenabwehr und Ordnungsrecht“, eine Höhenrettungseinheit durch

die Antragstellerin jederzeit vor Ort zum unverzüglichen Einsatz bereit zu

halten.

IV.7.6. Die Einsatzstärke der Werkfeuerwehr ist für die Bauzeit anzupassen. Diese

Anforderung wird in geeigneter Form in dem Werkfeuerwehrbescheid des

Regierungspräsidiums Darmstadt, Abteilung I, Dezernat 18 „Gefahrenab-

wehr und Ordnungsrecht“ aufgenommen.

IV.7.7. Die Alarmierung der Werkfeuerwehr erfolgt nach einer mit dem GAZ- MKK

abgestimmten Alarm- und Ausrückordnung (AAO). Die AAO ist aufgrund

der geänderten Bedingungen während der Bauphase anzupassen.

IV.7.8. Es ist eine Fachbauleitung Brandschutz einzurichten, um die fachgerechte

Umsetzung der bauordnungsrechtlichen und fachtechnischen Anforderun-

gen sicher zu stellen, sowie die Übereinstimmung mit dem Brandschutzkon-

zept zu attestieren. Es sind regelmäßig (einmal monatlich) Sachstandsbe-

richte über den aktuellen Ausführungsstand der Arbeiten an das GAZ- MKK

zu übermitteln. Eine enge Zusammenarbeit der Fachbauleitung(en) und der

Werkfeuerwehr im Bereich des Brandschutzes wird vorausgesetzt und ge-

fordert. Die Fachbauleitung Brandschutz ist schriftlich zu benennen. Die

Fachbauleitung Brandschutz attestiert die fachgerechte Ausführung der Ar-

beiten im Hinblick auf Brandschutz und die Übereinstimmung der Ausfüh-

rung mit dem Brandschutzkonzept. Diese Konformitätserklärung ist Be-

standteil der Abnahmeunterlagen (Rohbauabnahme, Teilabnahmen, vorzei-

tige Teil- Inbetriebnahmen usw.).

IV.7.9. Die Prüfung der Umsetzung der Muster- Leitungsanlagen- Richtlinie (MLAR)

ist zwingend erforderlich. Diese Prüfung ist Bestandteil der Aufgaben der

Fachbauleitung Brandschutz. Die Fachbauleitung Brandschutz hat die fach-

gerechte Umsetzung der bauordnungsrechtlichen und fachtechnischen An-

forderungen sicher zu stellen, sowie die Konformität zum Brandschutzkon-

zept zu attestieren. Weiterhin ist die Umsetzung der Muster- Lüftungsanla-

gen- Richtlinie (M-LüAR) durch die Fachbauleitung Brandschutz alternativ

durch die Fachbauleitung Raum-Luft-Technik (RLT) zu bestätigen und dem

GAZ- MKK vorzulegen. (vgl. Punkt 5.21.1/2 des Brandschutzkonzeptes der

DMT GmbH & Co. KG, 20604047 GS-BS-Krü/Lis vom 16. September 2008

(Brandschutzkonzept der Antragstellerin)).

IV.7.10. Dem GAZ- MKK ist jeweils vor Beginn des bestimmungsgemäßen Betriebes

von Anlagen bzw. Anlagenteilen ein Abnahmebericht zuzusenden, der die

Zusammenfassung sämtlicher brandschutztechnischer Sachverständigenab-

nahmen nach der Verordnung über die Prüfung technischer Anlagen und

Einrichtungen in Gebäuden (TPrüfVO) beinhaltet. Die Sachverständigenab-

nahmen haben den gesamten Bereich abzudecken, der in Betrieb gehen

soll.

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IV.7.11. Die Abnahmegrundsätze der Sachverständigen sind zu berücksichtigen und

einzuhalten.

IV.7.12. Der Block 6 unterliegt der Hessischen Prüfberechtigten- und Prüfsachver-

ständigenverordnung (HPPVO) und der darin beschriebenen Prüfungen

und Prüffristen. Darüber hinaus ist der Blitzschutz durch einen Sachverstän-

digen abzunehmen.

IV.7.13. Die TPrüfVO ist für das Projekt bindend. Die Abnahmegrundsätze der Sach-

verständigen sind zu berücksichtigen und einzuhalten.

IV.7.14. Die im Laufe der Projektabarbeitung erfolgten Abstimmungen und Sonder-

lösungen sind zu protokollieren und durch die Beteiligten und zusätzlich

durch die Werkfeuerwehr abzuzeichnen. Solche Sonderlösungen und Ab-

stimmungen sind nur mit schriftlicher Zustimmung des GAZ- MKK vorzu-

nehmen.

IV.7.15. Die Brandschutzpläne sind im Laufe der Weiterplanung des Projektes zu

ergänzen und als Brandschutzgewerkepläne zu den Themen

Brandabschnitte,

Löscheinrichtungen,

Brandmeldetechnik und Elektro und

Lüftung

IV.7.16. zu erstellen.

IV.7.17. Die Brandschutzgewerkepläne sind jeweils acht Wochen vor Baubeginn der

jeweiligen Gewerke für den Block 6 dem GAZ- MKK zur Zustimmung vorzu-

legen. Spätere Änderungen bedürfen ebenfalls der Zustimmung.

IV.7.18. Es sind Listen der Projektbeteiligten zu erstellen und vier Wochen vor Bau-

beginn an das GAZ- MKK zu übermitteln. Die Ansprechpartner und ihre Er-

reichbarkeit (Telefon, Fax und Emailadresse) sind zu benennen.

IV.7.19. Die Löschwasserrückhaltung ist mit 10.000 l/min über zwei Stunden plus der

Menge / des Volumens der vorhandenen wassergefährdenden Stoffe anzu-

setzen (siehe Punkt 5.3.4 Brandschutzkonzept der Antragstellerin).

IV.7.20. Die „speziellen Brandschutzmaßnahmen“ für Revisionsarbeiten am / im

Kühlturm sind mit der Werkfeuerwehr abzustimmen und in einer Arbeitsan-

weisung festzulegen. Die Anweisung ist vor Inbetriebnahme dem GAZ- MKK

zur Zustimmung vorzulegen. Änderungen dieser Arbeitsanweisung sind

dem GAZ- MKK mitzuteilen und zur Zustimmung vorzulegen (siehe Punkt

5.12.1 des Brandschutzkonzepts der Antragstellerin).

IV.7.21. Die DIN 18035 ist in DIN 18095 umzuändern (siehe Punkt 5.13.4 des Brand-

schutzkonzepts der Antragstellerin, vorletzter Absatz).

IV.7.22. Im Schutzstreifen von 5m dürfen keine Brandlasten vorhanden sein. Die

Forderungen der MLAR für notwendige Flure sind für den brandlastfreien

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Streifen umzusetzen (siehe Punkt 5.13.4, letzter Punkt des Brandschutzkon-

zeptes der Antragstellerin).

IV.7.23. Es sind jährlich Alarmierungs- und Räumungsübungen durchzuführen und

diese zu dokumentieren. Dabei sind die Flucht- und Rettungspläne von der

Feuerwehr zu überprüfen (siehe Punkt 5.17 des Brandschutzkonzept der An-

tragstellerin).

IV.7.24. Zusätzlich zu dem EIN / AUS- Schalter ist sicherzustellen, dass der im L 90-

Kanal entstehende Unterdruck (mangels Nachströmung) nicht dazu führt,

dass der L 90 Kanal dadurch zerstört wird und dadurch die Brandabschnitts-

trennung nicht mehr gegeben ist. Weiterhin ist die Zulässigkeit eines

AN/AUS-Schalters gemäß DIN 18232 bzw. DIN EN 12101 mit dem Sachver-

ständigen für die Rettungsleittechnik zu klären. Es ist ein Konzept zur Brand-

entrauchung vorzulegen. Im Konzept ist darzulegen, dass die Brandab-

schnittsbildung jederzeit gewährleistet ist. Das Konzept ist mit dem Lüf-

tungsgesuch dem GAZ -MKK acht Wochen vor Baubeginn vorzulegen (vgl.

Punkt 5.22.5 des Brandschutzkonzepts der Antragstellerin).

IV.7.25. Es ist festzulegen, bei welchen Ereignissen eine automatische Alarmierung

erfolgt und welche Bereiche dann geräumt werden. Die Brandmeldeanlage

(BMA) ist gemäß den Vorgaben der DIN VDE 0833-2 und der DIN 14675 zu

planen und zu errichten. Das Konzept BMA ist acht Wochen vor Baubeginn

des Gewerks für den Block 6 dem GAZ- MKK zur Zustimmung vorzulegen

(vgl. Nr. 5.2.3 Brandschutzkonzept der Antragstellerin).

IV.7.26. Gemeinsam mit der Werkfeuerwehr wurden die Vorgaben für die Wand-

hydranten folgendermaßen festgelegt: Wandhydrant nach DIN 14461, je-

doch mit zusätzlicher, separater Anschlussmöglichkeit eines C- Druck-

schlauches für die Werkfeuerwehr. Dieser Anschluss ist mit einem separaten

Niederschraubventil auszustatten. Die Durchflussmenge der Wandhydran-

ten wird auf 200 l/Minute, bei 5bar Strahlrohrdruck und einem Gleichzeitig-

keitsfaktor von 3 Wandhydranten festgelegt. Die Anordnung der Wandhyd-

ranten ist gemeinsam mit der Werkfeuerwehr festzulegen. Das Ergebnis

dieser Abstimmung ist in den Brandschutzgewerkeplänen zu dokumentie-

ren (vgl. Punkt 5.24.1 Brandschutzkonzept der Antragstellerin).

IV.7.27. Sollten Sonderlöschmittel für Wirkbereiche der Wandhydranten erforderlich

sein, so sind diese Bereiche in die Brandschutzgewerke- und Feuerwehrplä-

ne einzutragen. Die erforderlichen Sonderlöschmittel sind für eine Einsatz-

dauer von mind. 10 Minuten direkt vor Ort am betreffenden Wandhydran-

ten vorzuhalten.

IV.7.28. Bei der Brandmeldeanlage sind Leitungen mit Funktionserhalt erforderlich,

beispielsweise bei Kabelführungen durch mehrere Brandabschnitte. Die An-

forderungen der DIN VDE 0833-2, der DIN 14675, der MLAR und die Verle-

gevorschriften sind zu beachten und umzusetzen. Der erforderliche Funkti-

onserhalt der Brandmeldezentrale ist auch bezüglich der Energieversor-

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gung zu gewährleisten (vgl. Punkt 5.26 Brandschutzkonzept der Antrag-

stellerin).

IV.7.29. Während der Bauausführung ist die Priorität auf die rechtzeitige und funkti-

onelle Ausbildung der Flucht- und Rettungswege und der brandschutztech-

nischen Einrichtungen und deren Funktion zu legen. Interimslösungen für

die einzelnen Bauphasen sind mit der Werkfeuerwehr abzustimmen, im

speziellen sind die ggf. veränderten Zufahrten zu Baustellenbereichen und

vor allem zu sich in Betrieb befindlichen Bereichen des Geländes zu klären.

Der Plan mit möglichen Feuerwehraufstellflächen und Flächen für die Feu-

erwehr hat in enger Zusammenarbeit mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ-

MKK zu erfolgen.

IV.7.30. Sollten Teilinbetriebnahmen erfolgen, oder sich baustellenbedingt Ände-

rungen der Zufahrten zu sich in Betrieb befindlichen Bereichen des Gelän-

des ändern, so sind die Feuerwehrpläne rechtzeitig mit der Werkfeuerwehr

und dem GAZ- MKK abzustimmen und anzupassen. Weiterhin sind in Ab-

stimmung mit der Werkfeuerwehr Feuerwehrpläne für die Baustelleneinrich-

tungsflächen und Vormontageplätze zu erstellen. Sollten im Zuge einzelner

Bauphasen oder Baufortschritte Änderungen erfolgen, sind die Feuerwehr-

pläne mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK abzustimmen und anzu-

passen. Diese Feuerwehrpläne sind fünffach in Papierform und zweifach als

DVD / CD in pdf- Format dem GAZ- MKK zur Verfügung zu stellen. Es sind

für die Bauphasen rechtzeitig Interimsmaßnahmen festzulegen und mit der

Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK abzustimmen. Die Abstimmungser-

gebnisse sind zu dokumentieren und im Zuge der Bauarbeiten gemäß Ab-

stimmung umzusetzen. Nach Bedarf finden Ortsbegehungen der öffentli-

chen Feuerwehren statt.

IV.7.31. Das Lüftungsgesuch ist acht Wochen vor Baubeginn des Gewerks für den

Block 6 dem GAZ- MKK zur Zustimmung vorzulegen.

IV.7.32. Die detaillierten Anforderungen an die beiden Feuerwehraufzüge und de-

ren Steuerungen sind mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK festzule-

gen und zu dokumentieren. Abweichungen von den in Vorschriften nor-

mierten Anforderungen sind darzustellen.

IV.7.33. In das Gebäude ist eine Gebäudefunkanlage einzubauen. Die Funkversor-

gung ist auch während der Bauphase sicherzustellen. Die Ausführung ist

gemäß „Merkblatt für Gebäudefunk der hessischen Feuerwehren“ durchzu-

führen. Die Planungen sind entsprechend dem Baufortschritt dem GAZ-

MKK zur Zustimmung vorzulegen.

IV.7.34. Hinweis

Die Anlage unterliegt gemäß §§ 45 und 80 Abs. 1 Nr. 4 HBO der wieder-

kehrenden Prüfung durch die Bauaufsicht sowie der Gefahrenverhütungs-

schau nach den §§ 15 und 16 Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die

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Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HBKG). Die Durchführung

der Gefahrenverhütungsschau sowie der wiederkehrenden Prüfung sind

gebührenpflichtig. Sie werden in regelmäßigen Zeitabständen durch den

zuständigen Gefahrenverhütungsbeauftragten und die Bauaufsicht durch-

geführt.

IV.8. Anlagenbezogener Gewässerschutz

IV.8.1. Die vorgesehenen Ölabscheider sind in einer weiteren Teilgenehmigung

detailliert zu beschreiben und insbesondere hinsichtlich des Einsatzes von

Heizöl mit einem Dichtefaktor > 0,85 neu zu überrechnen.

IV.8.2. Durch fehlende Rückhaltung von Leichtflüssigkeiten im Trockenwetterfall

(Regenbehandlung im Bypass) ist im Sinne des Besorgnisgrundsatzes eine

zentrale Ölabscheidung weiterhin vorzusehen.

IV.8.3. Aufgrund der Lage eines Großteils der Kanäle im erweiterten Wasser-

schutzgebiet sind bei der Inbetriebnahmeprüfung sowie der wiederkehren-

den Dichtheitsprüfung höhere Anforderungen in Anlehnung an das ATV-

Arbeitsblatt A 142 umzusetzen.

IV.8.4. Vor Baubeginn sind aktualisierte Ausführungspläne für die geänderte Nie-

derschlagswasserableitung bis zum Schacht 27 vorzulegen.

IV.8.5. Es ist zu prüfen, inwieweit alle Teilflächen an die Regenwasserbehandlung

angeschlossen werden können. Es ist zumindest eine Vorbehandlung des

Bereiches der Flugascheverladung vorzusehen (LKW- Verkehr).

IV.8.6. Hinweis

Die in der ersten Teilgenehmigung beschriebenen Entwässerungsanlagen

bedürfen keiner Genehmigung nach § 60 Abs. 3 Wasserhaushaltsgesetz

(WHG) in Verbindung mit § 39 Hessisches Wassergesetz (HWG).

IV.9. Retentionsraum

IV.9.1. Der den Hochwasserabflussbereich des Mains querende Teil der Zufahrt

zum Wasserentnahmebauwerk ist höhengleich mit dem umliegenden Ge-

lände auszuführen.

IV.9.2. Die im landschaftspflegerischen Begleitplan (Ausgleichsplan, Block 6, Anla-

ge 2.1, Fläche AF2) vorgesehene Nachpflanzung von Pappeln im Hochwas-

serabflussbereich des Mains darf nur in gleicher Anzahl mit dem Verlust der

Bäume im Abflussbereich erfolgen.

IV.9.3. Bei der Pflanzung von Hecken aus Bäumen und Sträuchern (Fläche A1) dür-

fen im Hochwasserabflussbereich nur diejenigen, die auch hier entfernt

wurden, ausgeglichen werden. Dabei sind Hecken in diesem Bereich gene-

rell nur in Fließrichtung anzulegen.

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IV.10. Grundwasserschutz

IV.10.1. Der Standort der Maßnahme liegt teilweise innerhalb der vom ehemaligen

Hessischen Landesamt für Bodenforschung (HLfB) in der gutachterlichen

Stellungnahme vom 9. Februar 1996 (Az.: 341 – 204/96 Sch/Kl) vorgeschla-

genen Erweiterung der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes für das

Wasserwerk I Wallersee der Stadtwerke Hanau GmbH. Für Maßnahmen in-

nerhalb der vorgeschlagenen Schutzgebietserweiterung gelten die gleichen

technischen Anforderungen wie für vergleichbare Maßnahmen innerhalb

der Zone III des festgesetzten Wasserschutzgebietes.

IV.10.2. Die Vorgaben der Schutzgebietsverordnung vom 18. Juni 1962 (StAnz.

36/62 S. 1221) sind einzuhalten.

IV.10.3. Die Versickerung von Abwasser und Niederschlagswasser sowie von sonsti-

gem anfallenden potentiell verunreinigten Grund- oder Oberflächenwasser

ist innerhalb des festgesetzten Wasserschutzgebietes und in der vorge-

schlagenen Erweiterung verboten. Das nicht gefasste Regenwasser kann

breitflächig an Ort und Stelle passiv versickert werden.

IV.10.4. Die Bauleitung und das Personal der beauftragten Firmen auf der Baustelle

sind vorab auf den Grenzverlauf des Wasserschutzgebietes sowie der vor-

geschlagenen Erweiterung hinzuweisen. Es ist insbesondere darauf hinzu-

weisen, dass für die Baumaßnahmen innerhalb der vorgeschlagenen Erwei-

terung die gleichen Maßgaben gelten, wie im bereits festgesetzten Wasser-

schutzgebiet.

IV.10.5. Auf der Baustelle sind gut sichtbar und dauerhaft ein Alarmplan und ein

Plan über den Grenzverlauf des Wasserschutzgebietes sowie der vorge-

schlagenen Erweiterung anzubringen. Daraus müssen für Unfälle, die eine

Grundwassergefährdung bzw. Bodenverunreinigung zur Folge haben kön-

nen, die notwendigen Gegenmaßnahmen und die Stellen, die informiert

werden müssen, zu entnehmen sein.

IV.10.6. Betriebsstörungen und sonstige Vorkommnisse, die erwarten lassen, dass

wassergefährdende Stoffe in das Grundwasser gelangen, sind dem Regie-

rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 41.4 „Anlagenbezoge-

ner Gewässerschutz“, unverzüglich anzuzeigen. Mit der Beseitigung des

Schadens ist unverzüglich zu beginnen.

IV.10.7. Innerhalb des bestehenden Wasserschutzgebietes sowie der vorgeschlage-

nen Schutzgebietserweiterung sind alle auf der Baustelle einzusetzenden

Geräte vor dem erstmaligen Gebrauch und während des Betriebes in re-

gelmäßigen Abständen (arbeitstäglich) auf Undichtigkeiten (Öl- und Treib-

stoffverluste) hin zu überprüfen.

IV.10.8. Auf der Baustelle sind ständig ausreichende Mengen an Ölbindemitteln und

geeignete Auffangvorrichtungen bereitzuhalten und bei Bedarf einzusetzen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 23 von 321

IV.11. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen für die Bauphase

IV.11.1. Die bei der Durchführung der Baumaßnahmen, einschließlich des Boden-

aushubs, der Baufeldfreimachung und der Freimachung der Baustellenein-

richtungsflächen anfallende Abfälle sind entsprechend dem Merkblatt „Ent-

sorgung von Bauabfällen“ Stand 15. Mai 2009 der Regierungspräsidien

Darmstadt, Gießen und Kassel zu beproben, zu separieren und zu entsor-

gen. Das Merkblatt kann im Internet von der Homepage des Regierungs-

präsidiums Darmstadt unter www.rp-darmstadt.hessen.de heruntergeladen wer-

den.

IV.11.2. Nach Abschluss der Baumaßnahmen ist ein Abschlussbericht zur Abfallent-

sorgung zu erstellen und dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung

IV/F, Dezernat 42.1 „Abfallwirtschaft Ost“ vorzulegen. Der Bericht soll die

angefallenen Abfälle, die Verwertungs- und Beseitigungswege sowie be-

sondere Auffälligkeiten dokumentieren. Es wird empfohlen, den Bericht

nach folgendem Muster in tabellarischer Form zu erstellen.

Tabelle 3: Mustertabelle Abschlussbericht

Nr. Abfall-

schlüssel/

Abfallbe-

zeichnung

nach AVV

interne Be-

zeichnung/

Abfallbe-

schreibung

geschätz-

te Menge

(t)

Entsor-

gungs-

nachweis-

Nr.

Entsorger

(Anschrift)/

Entsorgungs-

verfahren

Bemer-

kung/ Zu-

ordnung/

Verweis auf

Analytik

IV.12. Naturschutz

IV.12.1. Allgemeines

Folgende Planunterlagen sind Bestandteil dieser Genehmigung:

Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) der Arcadis Consult GmbH

Darmstadt vom Mai 2009 einschließlich der Fortschreibung vom

17. Mai 2010 einschließlich der durch Grüneintrag korrigierten Ein-

griffs- / Ausgleichsbilanz;

Zusatzbewertung Landschaftsbild der Arcadis Consult GmbH Dar-

mstadt vom Mai 2009 in der Fassung der Fortschreibung vom 17. Mai

2010;

Fachbeitrag Artenschutz der Arcadis Consult GmbH Darmstadt vom

Mai 2009;

FFH- Verträglichkeitsuntersuchung, erstellt durch das Kieler Institut für

Landschaftsökologie (KIfL) und die TÜV NORD Umweltschutz GmbH &

Co.KG vom 25. August 2010.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 24 von 321

IV.12.2. Vermeidung und Minimierung von Eingriffen

IV.12.2.1. Alle Baumaßnahmen sind unter größtmöglicher Schonung der betroffenen

Biotope und durch den Einsatz umweltschonender Arbeitstechniken durch-

zuführen. Die Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen nach Kapitel 7.1

des landschaftspflegerischen Begleitplanes sind umzusetzen. Der Baube-

ginn ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat 53.1

„Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ rechtzeitig vorher anzuzeigen. Die

Baustelleneinrichtungsflächen und weitere durch die Baumaßnahmen be-

einträchtigte Flächen sind unverzüglich nach Abschluss der Arbeiten wie-

derherzustellen.

IV.12.2.2. Zur Minimierung der Beeinträchtigungen sind die Bauwerke mit einem an

die Landschaft angepassten Anstrich zu versehen. Das Farbkonzept ist ab-

schließend mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat

53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ abzustimmen.

IV.12.2.3. Die Umsetzung der naturschutzrechtlichen Auflagen ist durch eine qualifi-

zierte ökologische Baubegleitung aus dem Fachbereich der Landespflege

oder vergleichbarer Fachrichtungen zu begleiten und sicherzustellen. Vor

Baubeginn ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat

53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ die damit beauftragte Person zu

benennen.

IV.12.2.4. Über den Sachstand der jeweiligen Zwischenschritte sind durch die ökolo-

gische Baubegleitung zeitnah Ergebnisprotokolle zu erstellen und dem Re-

gierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsrege-

lung/Planungsbeiträge“ kurzfristig vorzulegen. Abweichungen bei der Bau-

ausführung sind mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, De-

zernat 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ abzustimmen.

IV.12.3. Ausgleich und Ersatz von Eingriffen / Ausführungsplanung

IV.12.3.1. Die Ausgleichsmaßnahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplans sind

spätestens in der der Fertigstellung der Baumaßnahme folgenden Pflanzpe-

riode durchzuführen.

IV.12.3.2. Für die Maßnahme A 4 „Zulassen der natürlichen Sukzession und Schaffung

von Habitatstrukturen“ ist die Ausführungsplanung mit dem Regierungsprä-

sidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsrege-

lung/Planungsbeiträge“ abzustimmen. Die Sukzessionsflächen sind über ei-

nen Zeitraum von 3 Jahren zweimal jährlich in der Vegetationsperiode auf

das Auftreten von invasiven Arten (z.B. Riesenbärenklau, Goldrute, Japani-

scher Knöterich, Drüsiges Springkraut) hin zu kontrollieren. Auftretende An-

siedlungen o.g. Arten sind umgehend zu beseitigen.

IV.12.3.3. Die Ausführung der Maßnahme AF 2 „Nachpflanzung und Ergänzung von

Pappeln“ sind mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, De-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 25 von 321

zernat 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“, der unteren Naturschutz-

behörde des Main-Kinzig-Kreises und dem Wasser- und Schifffahrtsamt ab-

zustimmen. Es ist nachzuweisen, dass es sich bei den zu pflanzenden

Schwarzpappeln um Pflanzmaterial gesicherter und gebietsheimischer Her-

kunft handelt.

IV.12.3.4. Für die Ausführung der Maßnahme AF 4 „Herstellung von Ersatzhabitaten

und Trittsteinbiotopen für die Zauneidechse“ ist eine Detailplanung vorzu-

legen und mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat

53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ abzustimmen.

IV.12.3.5. Für die Maßnahme A 5 „Anlage von Extensivrasen und Wiesen“ ist die Ra-

senmischung RSM 8.1 oder soweit vorhanden autochthones Saatgut (z.B.

Regiozert) zu verwenden. Die Pflege der Flächen ist mit dem Regierungs-

präsidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsrege-

lung/Planungsbeiträge“ abzustimmen. Dabei ist es ausreichend+ wenn die

Flächen lediglich einmal jährlich gemäht werden bzw. alternierend brach

fallen.

IV.12.3.6. Die Ausführungsplanung für die Maßnahmen K 1 „Verbesserung der ökolo-

gischen Situation am Main bei Rumpenheim“ ist im Rahmen der Genehmi-

gungsplanung nach § 68 Abs. 2 WHG mit dem Regierungspräsidium Dar-

mstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsregelung / Planungsbeiträge“

abzustimmen. Die vollständigen wasserrechtlichen Genehmigungsanträge

sind spätestens innerhalb von 12 Monaten nach Erteilung dieser immissi-

onsschutzrechtlichen Genehmigung (1. Teilgenehmigung) beim Regie-

rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat 41.2 „Oberflächenge-

wässer“ vorzulegen.

IV.12.3.7. Nach der mit Grüneintrag korrigierten Eingriffs- / Ausgleichsbilanz im land-

schaftspflegerischen Begleitplan ergibt sich ein Biotopwertdefizit von

23.493 Biotopwertpunkten. Die Eingriffs- / Ausgleichsbilanz ist bei weiteren

Teilgenehmigungen fortzuschreiben, sofern sich dort zusätzliche Eingriffe

ergeben. Spätestens nach Abschluss der Kompensationsmaßnahmen und

der Beendigung der Baumaßnahmen ist eine naturschutzrechtliche Ab-

schlussbilanzierung zu erstellen. In der Abschlussbilanzierung sind Eingriffe,

die ggf. bei der Ausführung der Baumaßnahme zusätzlich erforderlich ge-

worden sind, zu bilanzieren sowie eingetretene Ausfälle zu erfassen. Soweit

sich hieraus ein Kompensationsdefizit ergibt, kann als Kompensation die

von der Antragstellerin vorgeschlagene Beteiligung an der Ökokontomaß-

nahme von Hessenforst „Entwicklung naturnaher Waldbestände im Natur-

schutzgebiet Bulau“ (K 2) anerkannt werden. In diesem Fall sind die Lage,

die Art, die erbrachte Aufwertung und die Verfügbarkeit des als Ersatzmaß-

nahme festzusetzenden Teiles der o.g. Ökokontomaßnahme in Text und

Karte darzulegen. Die konkretisierten Unterlagen sind mit der Abschlussbi-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 26 von 321

lanzierung vorzulegen. Die Festsetzung der Maßnahme oder eines Ersatz-

geldes in einem Änderungsbescheid bleibt vorbehalten.

IV.12.3.8. Die Abnahme der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist nach Beendigung

der Fertigstellungspflege mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abtei-

lung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ durchzuführen.

IV.12.3.9. Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind dauerhaft zu erhalten und ent-

sprechend zu pflegen. Ein Pflegekonzept ist vorzulegen.

IV.12.4. Artenschutz

IV.12.4.1. Um Beeinträchtigungen der Vogelarten in den zu erhaltenden Gehölzbes-

tänden zu vermeiden, sind die im landschaftspflegerischen Begleitplan vor-

gesehenen Maßnahmen M 2 „Schutz an das Baufeld angrenzender Vegeta-

tionsbestände“ und MF 2 „Errichtung von Sichtschutzzäunen“ auch im Be-

reich des Ufergehölzsaums am Main umzusetzen. Als konfliktvermeidende

Maßnahme nach Tabelle 4 des Fachbeitrages Artenschutz sind im Bereich

des potenziellen Eisvogelbrutplatzes die Bauarbeiten außerhalb der Haupt-

brutzeit dieser Art durchzuführen. Die Details bei der Ausführung sind mit

dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat 53.1 „Eingriffs-

regelung / Planungsbeiträge“ abzustimmen.

IV.12.4.2. Die im Fachbeitrag Artenschutz und dem landschaftspflegerischen Begleit-

plan beschriebenen Maßnahmen MF 4 „ Maßnahmen zum Schutz der Wan-

derfalken“ und AF 3 „Schaffung von Nisthilfen für den Eisvogel“ sind so

rechtzeitig vor Baubeginn umzusetzen, dass dann geeignete (Ersatz-) Brut-

plätze für die Arten zur Verfügung stehen. Der Abschluss der Maßnahmen

ist dem Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Ein-

griffsregelung/Planungsbeiträge“ unverzüglich anzuzeigen.

IV.12.4.3. Es ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat 53.1

„Eingriffsregelung / Planungsbeiträge“ vor Baubeginn nachzuweisen, dass

die vorgesehenen oder bereits umgesetzten artenschutzrechtlichen Maß-

nahmen MF 5 „Maßnahmen zum Schutz von Zauneidechsen“ und AF 3

„Schaffung von Nisthilfen für den Eisvogel“ sowie MF 4 „Maßnahmen zum

Schutz der Wanderfalken“ zum Erfolg geführt haben. Beim Eisvogel und

beim Wanderfalken ist zu kontrollieren und zu dokumentieren, ob die Nist-

hilfen angenommen werden. Die Maßnahme AF 4 (Herstellung von Ersatz-

habitaten und Trittsteinbiotpen für die Zauneidechse) ist im Sockelbereich

der geplanten Masten noch umzusetzen. Die bereits hergestellten Ersatzha-

bitate und Trittsteinbiotope entlang der Baustraße und südlich des Auslauf-

kanals sind dauerhaft, d.h. auch bei Weiternutzung der Baustraße, in ihrer

Funktion zu erhalten. Soweit es der Bauablauf erfordert, können die Stan-

dorte der Ersatzhabitate entlang der Baustraße in Abstimmung mit der öko-

logischen Baubegleitung ggf. daran angepasst werden, solange eine Ver-

netzung zeitlich und räumlich gewährleistet bleibt.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 27 von 321

IV.12.4.4. Sofern das Ziel der vorgezogenen artenschutzrechtlichen Ausgleichsmaß-

nahmen nicht erreicht wird, bleiben ergänzende Maßnahmen vorbehalten.

IV.13. Eisenbahnrechtliche Nebenbestimmungen

IV.13.1. Die Baustellenordnung muss wegen der Gefahren aus dem Eisenbahnbe-

trieb auf der Anschlussbahn überarbeitet werden. Zusätzlich ist der örtliche

Eisenbahnbetriebsleiter als wichtiger Ansprechpartner aufzunehmen. Bei

der Einarbeitung ist auch auf die Gefahren aus der Oberleitungsanlage über

den Gleisen hinzuweisen. Der eventuell temporäre Rückbau der Oberlei-

tung ist dabei zu berücksichtigen.

IV.13.2. Bei der Baustellenerschließung und der zugehörigen Verkehrsführung muss

beachtet werden, dass eine Bahnüberquerung mit Straßenfahrzeugen nur

für wenige Sonderfälle (z. B. für Schwertransporte oder Großbauteiltrans-

porte von Außen nach Innen oder umgekehrt) und außerhalb des regulären

Eisenbahnbetriebes gestattet werden kann. Hierzu sind rechtzeitig die ent-

sprechenden Anträge und Unterlagen in Abstimmung mit dem zukünftigen

örtlichen Eisenbahnbetriebsleiter aufzustellen und zur eisenbahntechni-

schen Zustimmung vorzulegen.

IV.13.3. Zur Gefahrenabwehr aus und für den Eisenbahnbetrieb ist die Eisenbahnbe-

triebsanlage während der Bauzeit mit einer Absperreinrichtung nach Vor-

gaben des örtlichen Eisenbahnbetriebsleiters im Benehmen mit der Fach-

kraft für Arbeitssicherheit zu schützen.

IV.13.4. Die Baustellenkräne in der Nähe der Eisenbahnbetriebsanlage sind mit ei-

ner Schwenkbegrenzung auszustatten.

IV.13.5. Die Mindestabstände (Bauwiche und / oder Schutzabstände usw.) gemäß

der Landesbauordnung sind einzuhalten. Der Mindestabstand von festen

Gegenständen zum geraden Gleis ohne Überhöhung beträgt 3,00m. Bei ei-

ner Eisenbahnstreckengeschwindigkeit über 30 km/h = 3,20m.

IV.13.6. Im Bereich der Grundstücksgrenze zur Gleisanlage können Signal- und

Fernmeldekabel verlegt sein, die für die Betriebsführung notwendig sind.

Die Kabelanlagen sind in Benehmen mit dem Gleisanlageneigentümer / Be-

treiber vor Baubeginn zu sichern.

IV.13.7. Durch die Bauarbeiten darf die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes nicht

beeinträchtigt werden. Das Betreten von Gleisanlagen sowie Lagern von

Baustoffen, Bauteilen und Abstellen von Baugeräten im Gleisbereich ist ver-

boten.

IV.13.8. Müssen ausnahmsweise aufgrund des Bauverfahrens Gleisanlagen gesperrt

werden, ist vor Baubeginn mit den Gleisanlageneigentümer / Betreiber die-

ser Eingriff in den Eisenbahnbetrieb durch einen Baudurchführungsvertrag

zu regeln.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 28 von 321

IV.13.9. Um Überschneidungen im Schwenkbereich - Gleisbereich zu vermeiden,

müssen Baustellenkräne mit einer Schwenk- und Laufkatzenbegrenzung

ausgestattet werden. Ausnahmen sind im Baudurchführungsvertrag zu re-

geln.

IV.13.10. Alle Arbeitsgruben und Bauteile sind außerhalb der unter 45° verlaufenden

Druckzone (gemessen von Unterkante Schwellenende) zu verlegen. Ar-

beitsgruben im unmittelbaren Dammbereich sind zu vermeiden. Müssen sie

ausnahmsweise innerhalb der Druckzone / Dammbereich angelegt werden,

so ist rechtzeitig vor Baubeginn ein Standsicherheitsnachweis einschließlich

Ausführungspläne der Baubehelfe und nicht temporären Bauteilen der Lan-

deseisenbahnaufsicht geprüft zur Überprüfung vorzulegen. Als Verkehrslast

ist das Lastbild 71 gemäß DIN Fachbericht 101 anzusetzen. Die Aufstellung

und Prüfung sollte von zwei unabhängigen in Eisenbahnlasten erfahrenen

Ingenieuren durchgeführt werden.

IV.13.11. Dem Bahngelände dürfen keine Oberflächen-, Dach- oder sonstige Abwäs-

ser zugeleitet werden, damit die Entwässerung und Standsicherheit der

Gleisanlage nicht gefährdet wird. Die vorhandenen Bahnseitengräben dür-

fen nicht verfüllt werden.

IV.13.12. Der Bauherr muss das Grundstück derart einfrieden, dass ein Betreten der

Bahnanlage verhindert wird. Dies gilt auch für die Bauzeit. Die Einfriedung

ist von ihm und seinen Rechtsnachfolgern laufend zu unterhalten und ggf.

zu erneuern.

IV.13.13. Bei öffentlichem Kraftfahrzeugverkehr direkt neben der Grundstücksgrenze

Gleisseite müssen ggf. zusätzliche Schutzeinrichtungen (z.B. Leitplanken)

vorgesehen werden, damit rangierende bzw. ausbrechende Fahrzeuge

nicht in den Gleisbereich gelangen können und dort liegen bleiben.

IV.13.14. Gehölzanpflanzungen müssen so weit vom Gleisbereich entfernt vorge-

nommen werden, dass dieser Bereich auch bei Windwurf nicht beeinträch-

tigt wird und jederzeit die erforderliche Sicht für die Fahrwegbeobachtung

gewährleistet ist. Die Gehölzanpflanzung ist laufend zu pflegen. Der Freiflä-

chenplan ist entsprechend zu überprüfen.

IV.13.15. Lichtreklamen neben der Gleisanlage, die zur Verwechselung mit Eisen-

bahnsignalen führen können, dürfen nur nach besonderer Genehmigung

durch die zuständige Aufsichtsbehörde aufgestellt bzw. verändert werden.

IV.13.16. Grundstücks- und Gebäudebeleuchtungen dürfen nur blendfrei aufgestellt

werden, damit eine sichere Fahrwegbeobachtung im Gleisbereich gewähr-

leistet ist. Dies gilt auch für die Baustellenbeleuchtung.

IV.13.17. Für das Verlegen von Ver- und Entsorgungsleitungen im Bereich der nicht-

bundeseigenen Eisenbahn sind die jeweiligen Kreuzungsrichtlinien zu be-

achten.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 29 von 321

IV.13.18. Brennbare sowie explosionsgefährdete Stoffe dürfen nicht in unmittelbarer

Nähe des Gleisbereiches gelagert, umgefüllt oder auf andere Weise be-

handelt werden. Es gilt die jeweilige Gefahrengutverordnung. Hiervon aus-

genommen ist der genehmigte Umschlag von gasförmigem Ammoniak und

Kohle.

IV.14. Luftfahrt

IV.14.1. Es ist eine Nachtkennzeichnung gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvor-

schrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV; NfL I – 143/07

vom 24. Mai 2007) anzubringen und eine Veröffentlichung als Luftfahrthin-

dernis zu veranlassen.

IV.14.2. Dem Regierungspräsidium Darmstadt, Dezernat III 33.3 „Luft- und Güter-

kraftverkehr“, sind in Bezug auf die Nachtkennzeichnung geeignete Gebäu-

deansichten vorzulegen, ggf. mit einem Befeuerungsvorschlag entspre-

chend der AVV.

IV.14.3. Da die Veröffentlichung des Kraftwerks als Luftfahrthindernis verändert wer-

den muss, sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung III, Dezer-

nat III 33.3 „Luft- und Güterkraftverkehr“, darüber hinaus folgende, endgül-

tige Veröffentlichungsdaten bekannt zu geben:

Namen des Standortes;

Geographische Standortkoordinaten;

Höhe der Bauwerksspitze (m ü. Grund);

Höhe der Bauwerksspitze (m ü. NN);

Art der Kennzeichnung (Beschreibung).

Weiter ist ein Ansprechpartner mit Anschrift und Telefonnummer der Stelle

zu benennen, die einen Ausfall der Befeuerung meldet bzw. für die Instand-

setzung zuständig ist.

IV.15. Verkehrsrechtliche Nebenbestimmungen

IV.15.1. Spätestens zum 1. Februar jeden Jahres ist dem Regierungspräsidium

Darmstadt ein Bericht über die kraftwerksbedingten Verkehrsbewegungen

des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres vorzulegen. In dem Bericht

sind die Bewegungen der Verkehrsträger Eisenbahn, Schiff und Lastkraft-

wagen zahlenmäßig aufzuführen und den Angaben im Prognosegutachten

Müller BBM Nr. M65 985/29 vom 12. Mai 2009 vergleichend gegenüberzu-

stellen.

IV.15.2. Das Tor 1 des Kraftwerkes darf mit Schwertransporten über 60 Tonnen nur

über die A 45 - AS Alzenau – L 3308 (Waitzweg) – L 3309 (Taunusstraße /

Lindensraße) – Hergerswiesenweg angefahren werden, da aus Richtung

Großkrotzenburg eine mindertragfähige Brücke (maximal 60 t) existiert.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 30 von 321

Falls das Tor 3 (Baustellenzufahrt) mit Schwertransporten angefahren wer-

den muss, hat die Anfahrt über die Depotstraße zu erfolgen.

IV.15.3. Während der Bauphase ist eine Baustellenampel erforderlich. Dafür ist mit

dem Amt für Straßen- und Verkehrswesen Gelnhausen, Gutenbergstraße 2-

4, 63571 Gelnhausen, der Verkehrsbehörde, der Polizei und der Baufirma

ein verkehrsregelndes Konzept zu erarbeiten.

IV.15.4. Sollte für die Bauzeit eine zusätzliche Baustellenzufahrt notwendig werden,

ist beim Amt für Straßen- und Verkehrswesen Gelnhausen, Gutenbergstraße

2-4, 63571 Gelnhausen ein Antrag auf Errichtung einer befristeten Baustel-

lenzufahrt zu stellen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 31 von 321

V Nebenbestimmungen zur Absicherung der Prognoseentscheidung nach §

8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG / Inhaltsverzeichnis

Die nachfolgenden – den Betrieb der Anlage betreffenden – Nebenbestim-

mungen werden zur Absicherung der Prognoseentscheidung nach § 8 Abs.

1 S. 1 Nr. 3 BImSchG bereits im Rahmen dieser 1. Teilgenehmigung ver-

bindlich festgesetzt.

V.1. Allgemeines 32

V.2. Termine 32

V.3. Nebenbestimmungen zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen 33

V.4. Nebenbestimmungen zur Überwachung der Emissionsbegrenzungen an

den Emissionsquellen E061 und E052 35

V.5. Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Emissionsbegrenzungen

und zu Anforderungen im Störungsfall 38

V.6. Nebenbestimmung zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen der

Selbstverpflichtung und zur Überwachung der Selbstverpflichtung 40

V.7. Nebenbestimmungen zur Festlegung und Überwachung der

Emissionsbegrenzungen an den Emissionsquellen E059, E060, E062, E063,

E065 und E066 41

V.8. Hinweis: 42

V.9. Kühlturm 42

V.10. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während des Betriebes 43

V.10.2. Erschütterungsimmissionen 47

V.10.3. Lichtimmissionen 48

V.11. Messungen während des Betriebs 49

V.12. Arbeitsschutz während des Betriebs 50

V.13. Brandschutz während des Betriebs 52

V.14. Nebenbestimmungen und Hinweise zum anlagenbezogenen

Gewässerschutz während des Betriebs: 52

V.14.3. Hinweise 54

V.15. Bodenschutz 54

V.16. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen 55

V.17. Hinweis zum Fischereirecht 55

V.18. Luftfahrtrechtliche Nebenbestimmungen 55

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 32 von 321

V.1. Allgemeines

V.1.1. Diese Genehmigung wird unter der Bedingung erteilt, dass ab der Inbe-

triebnahme des Blocks die Blöcke 1, 2 und 3 des Kraftwerkes nicht mehr be-

trieben werden.

V.1.2. Zum Anfahren des Blocks darf nur Heizöl EL nach DIN 51603-1 oder Heizöl

nach DIN 51603-4 RLS eingesetzt werden.

V.1.3. Die neue Hilfskesselanlage (5 Hilfskessel) darf nicht parallel mit Block 4 be-

trieben werden.

V.1.4. Für die Blöcke 1, 2 und 3 sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abtei-

lung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ 6 Monate

nach der Inbetriebnahme des Blocks 6 jeweils ein Rückbauplan zur Abstim-

mung vorzulegen.

V.1.5. Spätestens drei Monate vor Inbetriebnahme des Blocks 6 ist ein um den

Block 6 ergänzter Emissionsbericht gemäß Anhang 2 zum Treibhaus- Emis-

sionshandelsgesetz (TEHG) für das Kraftwerk Staudinger dem Regierungs-

präsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-

Energie+ Lärmschutz“+ vorzulegen.

V.1.6. Während des Betriebes der Anlage muss ständig eine verantwortliche und

mit der Anlage vertraute Aufsichtsperson anwesend sein.

V.1.7. Die Antragstellerin hat der zuständigen Behörde und dem Regierungsprä-

sidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie,

Lärmschutz“, unverzüglich jede bedeutsame Störung des bestimmungsge-

mäßen Betriebs der Anlage mitzuteilen.

V.1.8. Über den Betrieb der Anlage sind Aufzeichnungen zu führen. Aus diesen

Aufzeichnungen muss der Zeitraum (Dauer, Beginn und Ende) hervorgehen,

in dem die Anlage betrieben wurde. Auch ist zu vermerken, welche Anla-

genteile benutzt und zu welchen Zeiten welche Luftreinhalteanlagen betrie-

ben wurden. Die Aufzeichnungen sind mindestens drei Jahre aufzubewah-

ren und den Bediensteten der Aufsichtsbehörde auf Verlangen vorzulegen.

V.2. Termine

V.2.1. Der jeweilige Termin der Inbetriebnahme der Teilanlagen ist dem Regie-

rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-

schutz-Energie, Lärmschutz“ mindestens 14 Tage vorher schriftlich anzuzei-

gen.

V.2.2. Die Mitteilung des Betreibers nach § 52a BImSchG ist mit der Inbetrieb-

nahme- Meldung zu übermitteln.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 33 von 321

V.3. Nebenbestimmungen zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen

V.3.1. Beim Anfahren des Blocks mit Heizöl EL nach DIN 51603-1 oder Heizöl nach

DIN 51603-4 RLS und beim Betrieb unter Einsatz von Steinkohle dürfen die

Emissionen folgender luftverunreinigender gas- oder dampfförmiger Stoffe

der Emissionsquelle E061 folgende Massenkonzentrationen – bezogen auf

Abgas im Normzustand (273,15 K, 101,3 kPa) und einem Volumengehalt an

Sauerstoff von 6 % nach Abzug des Feuchtegehaltes an Wasserdampf als

Tagesmittelwert – nicht überschreiten:

Tabelle 4: Einzuhaltende Massenkonzentrationen an der Quelle E061

Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration

Kohlenmonoxid (CO) 100 mg/m3

Stickstoffoxide - angegeben als NO2 95 mg/m3

Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 70 mg/m3

Anorganische Chlorverbindungen – angegeben als

HCl

20 mg/m3

Anorganische Fluorverbindungen – angegeben als

HF

1 mg/m3

Ammoniak (NH3) 2 mg/m3

Gesamtstaub 10 mg/m3

Quecksilber und seine Verbindungen – angegeben

als Hg

0,015 mg/m3

Halbstundenmittelwerte (außer für Hg) dürfen das Doppelte der genannten

Emissionswerte nicht überschreiten. Für Quecksilber und seine Verbindun-

gen, angegeben als Hg, gilt ein Halbstundenwert von 0,025 mg/m3. Die

Emissionsgrenzwerte sind auch bei der Heizflächenreinigung einzuhalten.

V.3.2. Für den Fall, dass die Langzeitversuche zur Abscheidung von Quecksilber

im Rauchgas des Blocks 5 ergeben sollten, dass geringere Hg-

Emissionskonzentrationen und -frachten als beantragt künftig sicher einge-

halten werden können, bleibt jeweils die Hinzufügung weiterer Auflagen mit

dem Inhalt ausdrücklich vorbehalten, dass die Festlegung von über den

Stand der Technik hinausgehenden Hg-Grenzwerten, die unterhalb der be-

antragten Hg-Konzentrationen liegen, vorgeschrieben werden.

V.3.3. Die Emission folgender luftverunreinigender Stoffe der Emissionsquelle

E061 darf folgende Massenkonzentrationen – bezogen auf Abgas im Norm-

zustand (273,15 K, 101,3 kPa) und einem Volumengehalt an Sauerstoff von

6 % nach Abzug des Feuchtegehaltes an Wasserdampf als Mittelwert, der

über die jeweilige Probenahmezeit gebildet wird - nicht überschreiten:

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 34 von 321

Tabelle 5: Einzuhaltende Massenkonzentrationen an der Quelle E061

Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration

Cadmium und seine Verbindungen, angegeben als

Cadmium und Thallium und seine Verbindungen, an-

gegeben als Thallium

Insgesamt

0,012 mg/m3

Antimon, Arsen, Blei, Chrom, Kobalt, Kupfer, Mangan,

Nickel, Vanadium, Zinn und deren Verbindungen, je-

weils angegeben als Element

Insgesamt

0,33 mg/m3

Arsen, Benzo(a)pyren, Cadmium und deren Verbin-

dungen, wasserlösliche Kobaltverbindungen,

Chrom(VI)- Verbindungen, jeweils angegeben als Ele-

ment oder

Arsen, Benzo(a)pyren, Cadmium, Kobalt, Chrom und

deren Verbindungen, jeweils angegeben als Element

Insgesamt

0,044 mg/m3

Polychlorierte Dioxine und Furane, bestimmt als Sum-

menwert nach Anhang I der 13.BImSchV

0,1 ng/m3

V.3.4. Zusätzlich gelten folgende Emissionsgrenzwerte für die Emissionsquelle

E061:

Tabelle 6: Einzuhaltende Emissionsgrenzwerte an der Quelle E061

Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration

Arsen 0,015 mg/m³

Blei 0,05 mg/m³

Cadmium 0,008 mg/m³

Chrom 0,014 mg/m³

Kobalt 0,002 mg/m³

Kupfer 0,1 mg/m³

Mangan 0,025 mg/m³

Nickel 0,07 mg/m³

Thallium 0,0038 mg/m³

Vanadium 0,036 mg/m³

Zink 0,013 mg/m³

Zinn 0,013 mg/m³

Antimon 0,005 mg/m³

Benzo(a)pyren 0,005 mg/m³

V.3.5. Der Jahresmittelwert für Staub im Abgas von Block 6 (Emissionsquelle E061)

wird auf 5 mg/m³ begrenzt. Der Jahresmittelwert für Ammoniak im Abgas

von Block 6 (Emissionsquelle E061) wird auf 1 mg/m³ begrenzt. Über die

Einhaltung dieser Jahresmittelwerte ist ein Nachweis im Sinne von § 19a

Abs. 1 der 13. BImSchV dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung

IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ jeweils bis zum

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 35 von 321

1. Februar des Folgejahres vorzulegen. Die Nachweise sind fünf Jahre nach

Ende des Nachweiszeitraums aufzubewahren.

V.3.6. Die Emission folgender luftverunreinigender gas- oder dampfförmiger Stof-

fe der Emissionsquelle E052 (Hilfskesselanlage) darf folgende Massenkon-

zentrationen – bezogen auf Abgas im Normzustand (273,15 K, 101,3 kPa)

und einem Volumengehalt an Sauerstoff von 3 % nach Abzug des Feuchte-

gehaltes an Wasserdampf als Tagesmittelwert – nicht überschreiten:

Tabelle 7: Einzuhaltende Massenkonzentrationen an der Quelle E052

Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration

Kohlenmonoxid (CO) 50 mg/m3

Stickstoffoxide - angegeben als NO2 100 mg/m3

Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 35 mg/m3

Gesamtstaub 5 mg/m3

Halbstundenmittelwerte dürfen das Doppelte der genannten Emissionswer-

te nicht überschreiten.

Die Emissionsgrenzwerte sind auch bei der Heizflächenreinigung einzuhal-

ten.

V.4. Nebenbestimmungen zur Überwachung der Emissionsbegrenzungen an

den Emissionsquellen E061 und E052

V.4.1. Im Abgas des Blocks (Emissionsquelle E061) sind die Emissionskomponen-

ten an:

Kohlenmonoxid (CO)

Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2

Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, angegeben als Stickstoffdioxid

Chlorwasserstoff (HCl)

Fluorwasserstoff (HF)

Ammoniak (NH3)

Quecksilber und seine Verbindungen, angegeben als Quecksilber

Gesamtstaub

Sauerstoffgehalt

sowie die erforderlichen Betriebsgrößen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 der

13. BImSchV

kontinuierlich zu ermitteln, zu registrieren und gemäß § 16 Abs. 1 der

13. BImSchV auszuwerten.

V.4.2. Im Abgas der Hilfskesselanlage (Emissionsquelle E052) sind die Emissions-

komponenten an:

Kohlenmonoxid (CO)

Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, angegeben als Stickstoffdioxid

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 36 von 321

kontinuierlich zu ermitteln, zu registrieren und gemäß § 16 Abs. 1 der

13.BImSchV auszuwerten.

V.4.3. Alle Messwerte, die innerhalb der Betriebszeit anfallen, sind in die Auswer-

tung einzubeziehen. Beginn und Ende der Betriebszeit sind der Auswerte-

einrichtung der kontinuierlichen Messungen über Statussignale mitzuteilen.

4 Wochen vor der warmen Inbetriebnahme von Block 6 oder der Hilfskes-

selanlagen sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-

zernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ Kriterien für den Be-

ginn und das Ende der Betriebszeit des elektrischen Auswertesystems zur

Abstimmung vorzulegen. Den Statussignalen muss von dem Regierungs-

präsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-

Energie+ Lärmschutz“+ schriftlich zugestimmt werden. Nach der Zustimmung

sind diese Bestandteil des Bescheides.

V.4.4. Zum Nachweis, dass die Emissionswerte der Nebenbestimmungen V.3.3

und V.3.4 an der Emissionsquelle E061 eingehalten sind, sind für jeden ein-

zelnen Parameter und Summenparameter, für den jeweils ein Grenzwert für

die Emissionskonzentration festgelegt ist, nach Erreichen des ungestörten

Betriebes (stationärer Betrieb) von Block 6, jedoch frühestens nach dreimo-

natigem Betrieb und spätestens sechs Monate nach Inbetriebnahme von

Block 6, sowie anschließend ein Jahr lang wiederkehrend Messungen alle 2

Monate jeweils mindestens an drei Tagen durchführen zu lassen. Mindes-

tens bei einer monatlichen Messung ist die Anlage im Volllastbetrieb zu fah-

ren. Nach Durchführung von insgesamt 6 Wiederholungsmessungen wird in

Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-

zernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ unter Berücksichtigung

der Messergebnisse das weitere Messintervall für wiederkehrende Einzel-

messungen an der Emissionsquelle E061 festgelegt. Im jeweiligen nach Ne-

benbestimmung V.4.13 geforderten Messbericht zu den durchgeführten

Einzelmessungen ist zu dokumentieren, welche Kohlen während der Dauer

der Einzelmessungen jeweils verbrannt wurden. Die nähere Bestimmung

der Bedingungen der Einzelmessungen erfolgt im Rahmen der in Nebenbe-

stimmung V.4.9 geforderten Messplanabstimmung.

V.4.5. Sobald ein eignungsfestgestelltes Langzeitprobenahmesystem für die qua-

sikontinuierliche Überwachung von Schwermetallkonzentrationen auf dem

Markt verfügbar ist, sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung

IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ und dem Hes-

sischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG), Außenstelle Kassel,

Ludwig-Mond-Straße 33, 34121 Kassel, ein Konzept für die Nachrüstung

von Block 6 mit einem solchen Langzeitprobenahmesystem zur Abstim-

mung vorzulegen. Das Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-

zernat 43.1 „Immissionsschutz - Energie+ Lärmschutz“, behält sich nach Vor-

lage und Prüfung eines solchen Konzeptes vor, nachträglich zu fordern, dass

Block 6 mit einem Langzeitprobenahmesystem nachzurüsten ist und die

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 37 von 321

Konzentrationen der Schwermetalle quasikontinuierlich zu überwachen

sind.

V.4.6. In der Anlage sind im Einvernehmen mit einer nach § 26 BImSchG bekannt

gegebenen Stelle geeignete Probenahmestellen an allen Emissionsquellen

(Verbrennungs- und Nicht-Verbrennungsquellen) zur technisch einwand-

freien und gefahrlosen Durchführung der Emissionsmessungen vorzusehen.

Hierbei sind die Richtlinien DIN EN 13284 Blatt 2 (in der Fassung von De-

zember 2004) in Verbindung mit DIN EN 15259 (in der Fassung von Januar

2008) zu beachten und umzusetzen. Die Probenahmestellen sind spätestens

14 Tage vor der warmen Inbetriebnahme von Block 6 und der Hilfskesselan-

lagen unter Vorlage von Zeichnungen und Unterlagen mit dem Regie-

rungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-

schutz-Energie+ Lärmschutz“+ abzustimmen.

V.4.7. Nach Erreichen des ungestörten Betriebes nach Inbetriebnahme von

Block 6, jedoch frühestens nach dreimonatigem Betrieb und spätestens

sechs Monate nach Inbetriebnahme sind entsprechend den Vorgaben des

§ 17 Abs. 1 der 13. BImSchV mindestens an drei Tagen mit Einzelmessun-

gen die Emissionskonzentrationen an Formaldehyd und Ameisensäure an

der Emissionsquelle E061 einmalig zu messen. Für die Messplanung und -

durchführung gelten die Nebenbestimmungen V.4.9 bis V.4.11. Nach Prü-

fung des vorzulegenden Messberichts behält sich das Regierungspräsidium

Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie, Lärm-

schutz“+ vor+ weitere Auflagen zu fordern.

V.4.8. Die in diesem Bescheid geforderten Einzelmessungen sind von einer nach

§ 26 des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) bekannt gegebenen

Stelle zur Feststellung, ob die festgelegten Emissionsgrenzwerte eingehal-

ten werden, durchführen zu lassen.

V.4.9. Für die in diesem Bescheid für die Emissionsquelle E061 geforderten Ein-

zelmessungen sind Messpläne gemäß Nebenbestimmung V.4.10 spätestens

zwei Wochen vor der Inbetriebnahme von Block 6 für die unter den Neben-

bestimmungen V.3 genannten Luftschadstoffparameter zu erstellen und mit

dem Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Im-

missionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ abzustimmen.

V.4.10. Die Messplanung hat gemäß DIN EN 15259 (in der Fassung von Januar

2008) – Messstrategie, Messplanung, Messbericht und Gestaltung von

Messplätzen - zu erfolgen.

V.4.11. Die gemäß § 14 Abs. 1 der 13. BImSchV erforderliche nähere Bestimmung

von Messverfahren und geeigneten Messeinrichtungen durch das Regie-

rungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-

schutz-Energie+ Lärmschutz“+ erfolgt für die geforderten Einzelmessungen

im Rahmen der Abstimmungen nach Nebenbestimmung V.4.9.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 38 von 321

V.4.12. Die in § 17 Abs. 3 der 13. BImSchV genannten Probenahmezeiten sind be-

reits bei der Messplanung zu beachten bzw. zu berücksichtigen.

V.4.13. Für die Berichte und Beurteilung der in diesem Bescheid für die Emissions-

quelle E061 geforderten Einzelmessungen gelten die Anforderungen nach

§ 18 Abs. 1 der 13. BImSchV. Die Dokumentation der Messergebnisse hat

gemäß Muster- Emissionsmessbericht, veröffentlicht in der jeweils aktuellen

Fassung unter

http://www.hlug.de/start/luft/emissionsueberwachung/pruefung-von-

emissionsmessungen.html

zu erfolgen.

V.5. Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Emissionsbegrenzungen und zu

Anforderungen im Störungsfall

V.5.1. Die Emissionsgrenzwerte unter den Nebenbestimmungen V.3.1 und V.3.6

sind eingehalten, wenn kein Ergebnis eines nach Anhang II der 13. BImSchV

validierten Tages- und Halbstundenmittelwertes den jeweils maßgebenden

Emissionsgrenzwert überschreitet und kein Ergebnis den Schwefelabschei-

degrad nach § 3 oder § 4 der 13. BImSchV unterschreitet.

Die Emissionsgrenzwerte unter Nebenbestimmung V.3.3 und V.3.4 gelten

als eingehalten, wenn kein Ergebnis einer Einzelmessung den jeweils maß-

gebenden Mittelwert über die jeweilige Probenahmezeit überschreitet.

Die Messinstitute sind dahingehend zu beauftragen, dass ein Exemplar des

jeweiligen Messberichtes direkt an das Hessische Landesamt für Umwelt

und Geologie (HLUG), Außenstelle Kassel, Ludwig-Mond-Straße 33, 34121

Kassel, zu senden ist. Im Anschreiben an das Regierungspräsidium Dar-

mstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie, Lärm-

schutz“+ ist schriftlich zu bestätigen+ dass die Vorlage an das HLUG erfolgt

ist.

V.5.2. Auf Basis der Überwachung der Emissionsbegrenzungen sind Block 6 und

die Hilfskesselanlagen so zu betreiben, dass ein Erreichen oder Überschrei-

ten der zulässigen Emissionswerte der Nebenbestimmungen V.3.1 und

V.3.3 bis V.3.6 erkannt und rechtzeitig verfahrenstechnisch geeignete Ge-

genmaßnahmen in Abhängigkeit von dem jeweiligen Emissionsparameter

getroffen werden können.

V.5.3. Wenn während der gesamten Betriebszeit der Auswerteeinrichtungen ein

nach Anhang II der 13. BImSchV validierter Halbstundenmittelwert oder Ta-

gesmittelwert einen kontinuierlich zu überwachenden Emissionsgrenzwert

erreicht oder überschreitet oder wenn der Wert einer erfolgten Einzelmes-

sung einen festgelegten Emissionsgrenzwert an Block 6 oder den Hilfskes-

selanlagen erreicht oder überschreitet, sind Block 6 oder die Hilfskesselan-

lagen komplett abzufahren, sofern innerhalb von maximal 24 Stunden ein

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 39 von 321

ordnungsgemäßer Betrieb von Block 6 oder der Hilfskesselanlagen nicht

wieder hergestellt werden kann. Einzelheiten zur Fahrweise von Block 6

oder der Hilfskesselanlagen sind in einer Betriebsanweisung festzulegen

und vor der Aufnahme des Normalbetrieb (stationärer Betrieb nach der In-

betriebnahme von Block 6 oder der Hilfskesselanlagen) im Zuge der Inbe-

triebnahme-Phase mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung

IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ abzustimmen.

Für sonstige Betriebsstörungen ohne Grenzwertüberschreitung gelten im

Übrigen die Regelungen in § 12 der 13. BImSchV mit Ausnahme einer Be-

triebsstörung in der Elektrofilteranlage. Bei einer Betriebsstörung in der

Elektrofilteranlage ist Block 6 umgehend komplett abzufahren.

V.5.4. Die Überschreitung eines durch Einzelmessungen überwachten Emis-

sionsgrenzwertes oder eines kontinuierlich überwachten Emissionsgrenz-

wertes ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat

43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ jeweils unverzüglich schriftlich

anzuzeigen (per Email); im Fall der kontinuierlichen Messungen nur, wenn

mehr als drei gemessene und validierte Halbstundenmittelwerte die festge-

legten Emissionsbegrenzungen überschreiten.

V.5.5. Ein länger als vier Stunden andauernder Ausfall oder eine länger als vier

Stunden andauernde Störung einer Messeinrichtung oder der Registrierein-

richtung ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat

43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ unverzüglich schriftlich (per

Email) anzuzeigen. Die Verfügbarkeit der Messeinrichtungen muss mindes-

tens 95% erreichen. Die Verfügbarkeit der Auswerteeinrichtung muss min-

destens 99% betragen. Die Verfügbarkeit wird angegeben als Verhältnis

von Mess- bzw. Auswertezeit zur Einsatzzeit. Die Einsatzzeit ist die Summe

aller Jahresstunden. Die Mess- bzw. Auswertezeit ist die Zeit, während der

die Auswerteeinrichtung für die jeweilige Messaufgabe verwertbare Ergeb-

nisse liefert.

V.5.6. Bei Ausfall einer Messeinrichtung ist entsprechend der unter B1.7 der Richt-

linie zur Bundeseinheitlichen Praxis bei der Überwachung der Emissionen

genannten Regelung zu verfahren. Zur Begrenzung der Ausfallzeiten der

Messeinrichtungen zur kontinuierlichen Überwachung der Emissionen ist

ein Wartungsvertrag mit dem jeweiligen Gerätehersteller der Messeinrich-

tung abzuschließen, der einen Ersatz einer defekten Messeinrichtung inner-

halb von 2 Werktagen sicherstellt. Oder es ist durch eine entsprechende

Reserveteilhaltung der Messgeräte durch den Betreiber ein Ersatz eines de-

fekten Messgerätes innerhalb von 2 Werktagen sicherzustellen. Im Übrigen

gilt die Anforderung des letzten Satzes des Anhangs II der 13. BImSchV.

V.5.7. Eine Störung einer Abgasreinigungseinrichtung, die nicht zu einer Über-

schreitung eines durch Einzelmessungen oder kontinuierlich überwachten

Emissionsgrenzwertes geführt hat, ist im Betriebstagebuch zu dokumentie-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 40 von 321

ren. Die Störungen sind in einem Bericht zusammenzufassen und dem Re-

gierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-

schutz-Energie+ Lärmschutz“+ spätestens drei Monate nach Ablauf eines Ka-

lenderjahres vorzulegen. In dem Bericht ist auch anzugeben, wie die Stö-

rungen behoben wurden bzw. welche Maßnahmen zur Behebung der Stö-

rungen ergriffen wurden und ggf. systematisch auftretende Störungen bzw.

Mängel zukünftig verhindert werden sollen.

V.5.8. Störungen, die zu einer erheblichen Abweichung vom ordnungsgemäßen

Betrieb führen, insbesondere einen Stillstand der Anlage bewirken, sind

dem Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Im-

missionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ unverzüglich zu melden. Im Rahmen

dieser Meldung ist mitzuteilen, inwieweit die Freisetzung von Luftschadstof-

fen auszuschließen ist. Unabhängig von der Abgabe einer Mitteilung sind

unverzüglich alle Maßnahmen zu ergreifen, damit das Eintreten von schädli-

chen Umwelteinwirkungen verhindert bzw. auf ein Minimum begrenzt wird.

V.6. Nebenbestimmung zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen der

Selbstverpflichtung und zur Überwachung der Selbstverpflichtung

V.6.1. Die Jahresfrachten der Blöcke 4, 5 und 6 werden in der Summe wie folgt

begrenzt:

Tabelle 8: Einzuhaltende Jahresfrachten für die Blöcke 4 bis 6

Luftverunreinigender Stoff Jahresfracht

Stickstoffoxide - angegeben als NO2 < 3.554 t/a

Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 < 1.219 t/a

Gesamtstaub < 221 t/a

V.6.2. Für die Bildung der Summenwerte für SO2, NO2 und Staub der Blöcke 4, 5

und 6 ist ein zusätzlicher kontinuierlich aufzeichnender Auswerterechner zu

installieren. Die Summenwerte sind kontinuierlich zu ermitteln, zu registrie-

ren und auszuwerten. Eine Kalibrierung des Auswerterechners hat alle 3

Jahre durch einen nach § 26 bekannt gegebenen Sachverständigen und die

Funktionsprüfung jedes Jahr durch einen Sachkundigen zu erfolgen.

V.6.3. Die Summenwerte nach Nebenbestimmung V.6.1 sind in der Zentralwarte

der Blöcke 4 bis 6 anzuzeigen und zu überwachen. Bei Erreichen von 90%

eines in Nebenbestimmung V.6.1 festgelegten Grenzwertes ist das Regie-

rungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-

schutz-Energie+ Lärmschutz“+ schriftlich zu informieren.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 41 von 321

V.6.4. Die Jahres- Emissionsfrachten von Block 6 werden wie folgt begrenzt:

Tabelle 9: Begrenzung der Jahres- Emissionsfrachten für den Block 6

Luftverunreinigender Stoff Jahresfracht

Stickstoffoxide - angegeben als NO2 < 2045 t/a

Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 < 785 t/a

Gesamtstaub < 120 t/a

V.6.5. Mit der Dokumentation der kontinuierlich gemessenen Jahresemis-

sionsfrachten im Jahresbericht nach § 19 (1) der 13. BImSchV - der dem Re-

gierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-

schutz-Energie+ Lärmschutz“, jeweils bis zum 31. März des Folgejahres vor-

zulegen ist – ist der Nachweis zu erbringen, dass die in Nebenbestimmung

V.6.4 begrenzten Jahresfrachten für Block 6 eingehalten werden.

V.6.6. Für den Fall, dass bereits vor Ablauf des jeweiligen Berichtsjahres die in den

Nebenbestimmungen V.6.1 und V.6.4 begrenzten, zulässigen Emis-

sionsfrachten an SO2, NO2 oder Staub verbraucht sind, sind die Kraftwerks-

blöcke, für die jeweils die Emissionsbegrenzungen gelten, für den restlichen

Zeitraum nicht mehr zu betreiben.

V.7. Nebenbestimmungen zur Festlegung und Überwachung der Emissions-

begrenzungen an den Emissionsquellen E059, E060, E062, E063, E065

und E066

V.7.1. Die Emissionen luftverunreinigender Stoffe der Emissionsquellen nach den

filternden Entstaubern der Kohlebunker (E066), Flugaschesilo (E062, E063,

E065), Branntkalkstaubsilo (E060) und Kalksteinmehlsilo (E059) dürfen bei

keinem Betriebszustand jeweils folgende Massenkonzentration – bezogen

auf das Abgas im Normzustand (273,15 K, 101,3 kPa), der als Mittelwert

über die jeweilige Probenahmezeit gebildet wird – überschreiten:

Tabelle 10: Einzuhaltende Massenkonzentration (Gesamtstaub) an den Quellen der Flug-aschesilos, Kohlebunker, Branntkalkstaubsilo und Kalksteinmehlsilo

Luftverunreinigender Stoff: Gesamtstaub Massenkonzentrati-

on

Quellen der Flugaschesilos (E062, E063, E065) 5 mg/m³

Quellen Kohlebunker (E066), Branntkalkstaubsilo (E060),

Kalksteinmehlsilo (E059)

10 mg/m³

V.7.2. Die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte ist gemäß Ziffer 5.3.2.1 Absatz 4

TA Luft durch eine erstmalige Einzelmessung und anschließend durch einen

Nachweis der Wirksamkeit der Gewebefilter (kontinuierlich wirkender Fil-

terwächter) nachzuweisen. Der Anlagenhersteller hat die Wirksamkeit der

Filterwächter als Ersatzmaßnahme für wiederkehrende Einzelmessungen zu

bestätigen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 42 von 321

Für die in Nebenbestimmung V.7.2 festgelegte Einzelmessung an den in

Tabelle 10 unter Nebenbestimmung V.7.1 genannten Emissionsquellen sind

Messpläne spätestens 2 Wochen vor der Inbetriebnahme von Block 6 für

Gesamtstaub zu erstellen und mit dem Regierungspräsidium Darmstadt,

Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie, Lärmschutz“+ ab-

zustimmen.

V.7.3. Die Gewebefilter sind gegen unzulässige Unter- und Überdrücke (Über-und

Unterdruckventil) abzusichern und zur messtechnischen Überwachung mit

einer Messeinrichtung auszurüsten, die in der Lage ist, die Funktionsfähig-

keit der Abgasreinigungseinrichtung kontinuierlich zu überwachen (Filter-

wächter).

V.7.4. Die in der Nebenbestimmung V.7.1 genannten Silos für Branntkalkstaub

und Kalksteinmehl sind mit Füllstandsanzeiger auszurüsten. Während des

Füllvorgangs muss die jeweilige Anzeigevorrichtung gut ablesbar sein, da-

mit ein Überfüllen verhindert werden kann.

V.7.5. Emissionen die bei Umschlag, Lagerung und Transport staubender Güter

entstehen können, sind dadurch zu vermindern, dass die Stäube in ge-

schlossenen Behältnissen abgezogen oder an den Austragsstellen befeuch-

tet werden. Für die staubförmigen Verbrennungsrückstände sind geschlos-

sene Transporteinrichtungen und Zwischenlager zu verwenden.

V.8. Hinweis

Der Betrieb des Kraftwerkes unterliegt hinsichtlich der Emission von Treib-

hausgasen den Anforderungen des Treibhausgas- Emissionshandelsgeset-

zes (TEHG). Vor Inbetriebnahme des Blocks muss die Betreiberin im Besitz

entsprechender Berechtigungen nach dem TEHG sein.

V.9. Kühlturm

V.9.1. Der Naturzugkühlturm mit Rauchgasableitung ist so zu errichten und zu be-

treiben, dass mikrobielles Wachstum, insbesondere die Vermehrung des

Krankheitserregers Legionella pneumophila, nachhaltig vermieden wird.

Die Vermeidung der Bildung von Biofilmen im Kühlwasserleitungssystem

und den Kühlturmeinbauten ist durch regelmäßige Kontrolle und ggf. Rei-

nigung zu gewährleisten. Das Kühlwasserleitungssystem und die Kühlturm-

einbauten sind während Stillstandzeiten des Kühlturms auf Ablagerungen,

Verschmutzungen, Biofilmbildung zu untersuchen, bei Vorhandensein sind

diese vor Wiederinbetriebnahme des Kühlwassersystems und des Kühl-

turms zu beseitigen.

V.9.2. Nach Inbetriebnahme sind das Kühlwasser und die Kühlturmschwaden zu-

nächst in monatlichen Abständen für die Dauer eines halben Jahres auf den

Gehalt an Mikroorganismen untersuchen zu lassen, und zwar auf Escherichia

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coli, Coliforme Keime, Keimzahl bei 36 °C, Keimzahl bei 20 °C und Legionel-

la Pneumophila.

V.9.3. Die Untersuchungsergebnisse sind dem Regierungspräsidium Darmstadt,

Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ je-

weils monatlich nach Messung und Auswertung vorzulegen.

V.9.4. Das Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immis-

sionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ behält sich vor nach Vorlage der Messer-

gebnisse zu entscheiden, welche Maßnahmen, im Fall der Auftretens von

erhöhten Keimzahlen von Legionellen im Kühlwasser des Naturzugkühl-

turms, zu ergreifen sind sowie nach Abschluss des zunächst halbjährlichen

Messprogramms und der Vorlage aller Messergebnisse über weitere Mes-

sungen (benannt unter V.9.2) und die Messhäufigkeit zu entscheiden.

V.10. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während des Betriebes

V.10.1. Lärmimmissionen

V.10.1.1. Als Gesamtbelastung aller einwirkenden Anlagen und Betriebe sind im Ein-

wirkungsbereich des Kraftwerks Staudinger folgende Immissionswerte zu-

lässig:

Tabelle 11: Einzuhaltende Geräusch- Immissionswerte

Immissionsort Tags:

(6.00 bis

22.00

Uhr)

Nachts:

(22.00 bis

6.00 Uhr)

Hainburg-Hainstadt, im Bereich zwischen Mainuferweg,

Hauptstraße, Angergasse (IO 1.1), Hüttengasse (IO 1.2)

und Karmeliterkloster (IO 10):

55 dB(A) 40 dB(A)

Hanau-Großauheim, nordwestlich entlang der Brown-

Boveri-Straße (IO 2.0):

60 dB(A) 45 dB(A)

Großkrotzenburg, an der Westendstraße und gegenüber

der Einmündung der Westendstraße in die Hanauer

Landstraße sowie an der Straße Zum Glockenzehnten und

der Kreuzburgstraße (IO 3; IO 8; IO 9):

55 dB(A) 40 dB(A)

Großkrotzenburg, im Bereich des Gewerbegebietes an

der Hanauer Landstraße und der Raiffeisenstraße (zwi-

schen dem Kraftwerksgelände und der Raiffeisenstraße)

(IO 7):

65 dB(A) 50 dB(A)

Hainburg Klein-Krotzenburg, im Bereich der Uferstraße

(IO 6.0; IO 6 .1), Römerstraße, Kanalstraße (IO 4), Main-

uferweg und der Schleusenstraße (IO 6.2):

55 dB(A) 40 dB(A)

V.10.1.2. Die von der hiermit genehmigten Anlage (Block 6) einschließlich des der

Anlage zuzurechnenden Fahrverkehrs (anlagenbedingter Verkehr auf dem

Betriebsgelände) ausgehenden Geräuschemissionen dürfen gemeinsam als

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Immission an den nachstehend aufgeführten Orten folgende Immissions-

wertanteile, ermittelt als Beurteilungspegel, nicht überschreiten:

Tabelle 12: Einzuhaltende Geräusch- Immissionen

Immissionsort tags (6.00 bis

22.00 Uhr)

nachts

(22.00 bis

6.00 Uhr)

Hainburg- Hainstadt, Angergasse 11 (IO 1.1): 40 dB(A) 33 dB(A)

Hainburg-Hainstadt, Hüttengasse 21 (IO 1.2): 38 dB(A) 32 dB(A)

Hanau-Großauheim, Brown- Boveri- Str. 19 (IO

2.0):

40 dB(A) 38 dB(A)

Großkrotzenburg, Hanauer Landstr. 71 (IO 3): 32 dB(A) 25 dB(A)

Hainburg - Klein-Krotzenburg, Kanalstr. 3 (IO 4): 30 dB(A) 24 dB(A)

Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Uferstraße 16

(IO 6.0):

32 dB(A) 26dB(A)

Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Uferstraße 1

(IO 6.1):

31 dB(A) 24 dB(A)

Hainburg OT Klein -Krotzenburg , Schleusen-

straße (IO 6.2):

30 dB(A) 24 dB(A)

V.10.1.3. IRW Anteile

Die vom gesamten Kraftwerk nach Inbetriebnahme des Blocks 6 einschließ-

lich des dem Kraftwerk zuzurechnenden Fahrverkehrs (anlagenbedingter

Verkehr auf dem Betriebsgelände) ausgehenden Geräuschemissionen dür-

fen gemeinsam als Immission an den nachstehend aufgeführten Orten fol-

gende Immissionswertanteile, ermittelt als Beurteilungspegel, nicht über-

schreiten:

Tabelle 13: Immissionsrichtwert- Anteile

Immissionsort Tags: (6.00 bis

22.00 Uhr)

Nachts:

(22.00 bis

6.00 Uhr)

Hainburg-Hainstadt, Angergasse 11 (IO 1.1): 46 dB(A) 38 dB(A)

Hainburg-Hainstadt, Hüttengasse 21 (IO 1.2): 44 dB(A) 38 dB(A)

Hanau-Großauheim, Brown-Boveri-Str. 19 (IO

2.0):

47dB(A) 40 dB(A)

Großkrotzenburg, Hanauer Landstr. 71 (IO 3): 40 dB(A) 35 dB(A)

Hainburg-Klein-Krotzenburg, Kanalstr. 3 (IO 4): 38 dB(A) 33 dB(A)

Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Uferstraße 16

(IO 6.0):

39 dB(A) 35 dB(A)

Hainburg OT Klein- Krotzenburg , Uferstraße 1

(IO 6.1):

39 dB(A) 34 dB(A)

Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Schleusenstraße

(IO 6.2):

38 dB(A) 34 dB(A)

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V.10.1.4. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen, z.B. Ausblasgeräusche, dürfen fol-

gende Immissionswerte nicht überschreiten:

Tabelle 14: Nicht zu überschreitende kurzfristige Geräuschspitzen

Immissionsort tags (6.00 bis

22.00 Uhr)

nachts

(22.00 bis

6.00 Uhr)

Hainburg-Hainstadt , im Bereich zwischen

Mainuferweg , Hauptstraße, Angergasse (IO

1.1), Hüttengasse (IO 1.2) und Karmeliter-

kloster (IO 10):

85 dB(A) 60 dB(A)

Hanau-Großauheim, nordwestlich entlang

der Brown-Boveri-Straße (IO 2.0):

90 dB(A) 65 dB(A)

Großkrotzenburg , an der Westendstraße

und gegenüber der Einmündung der

Westendstraße in die Hanauer Landstraße

(IO 3; IO 8; IO 9) sowie an der Straße Zum

Glockenzehnten und der Kreuzburgstraße:

85 dB(A) 60 dB(A)

Großkrotzenburg, im Bereich des Gewer-

begebietes an der Hanauer Landstraße und

der Raiffeisenstraße (zwischen dem Kraft-

werksgelände und der Raiffeisenstraße) (IO

7):

95 dB(A) 70 dB(A)

Hainburg Klein-Krotzenburg, im Bereich

der Uferstraße (IO 6.0; IO 6.1), Römerstra-

ße, Kanalstraße (IO 4), Mainuferweg und

der Schleusenstraße (IO 6.2):

85 dB(A) 60 dB(A)

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V.10.1.5. Tests der Sicherheitsventile der Anlage sind nur werktags in der Zeit von

7:00 bis 20:00 Uhr zulässig. Im Hinblick auf das Ansprechen der Sicherheits-

ventile in Notsituationen sind diese mit Schalldämpfern zu versehen, die si-

cherstellen, dass an den dem Kesselhaus nächstgelegenen Wohnhäusern

ein Immissionswert von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

V.10.1.6. Die Ausblasöffnungen sind mit Schalldämpfern zu versehen, die sicherstel-

len, dass bei Ausblasvorgängen, die über längere Zeit stattfinden an den

dem Maschinenhaus nächstgelegenen Immissionspunkten Angergasse (IO

1.1), Hüttengasse (IO 1.2) und Karmeliterkloster (IO 10) in der ungünstigsten

Nachtstunde der dort festgesetzte Immissionswert von 40 dB(A) nicht über-

schritten wird.

V.10.1.7. Die von der Anlage ausgehenden tieffrequenten Geräusche (vorherrschen-

de Energieanteile im Frequenzbereich unter 90 Hz) dürfen in schutzbedürf-

tigen Räumen nach DIN 4109 bei geschlossenen Fenstern bei der ermittel-

ten Differenz Lceq - LAeq den Wert von 20 dB(A) nicht überschreiten und in

keiner Oktavmittelfrequenz oberhalb der Hörschwelle liegen. Die lfd. Nr. 7.3

sowie der Anhang A.1.5 zur TA Lärm sind zu beachten.

V.10.1.8. Der gasbefeuerte Hilfskessel darf nur zur Besicherung der Fernwärmeer-

zeugung sowie bei Stillstand und beim Anfahren der übrigen Kraftwerks-

blöcke betrieben werden.

V.10.1.9. Die in der Immissionsprognose für Geräusche und Erschütterungen der

Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985/29 Rev. 01) zugrunde ge-

legten Ausgangswerte (wie z.B. A- bewertete Schallleistungspegel) sind ein-

zuhalten. Um den Stand der Technik bei der Schalldämmung aller relevan-

ten Schallquellen zu gewährleisten und die Umsetzung der sich aus dem

Schalltechnischen Gutachten ergebenden Schallschutzmaßnahmen sicher-

zustellen, müssen im Rahmen der technischen Detailplanung die Festle-

gung und Dimensionierung der Geräuschminderungsmaßnahmen, sowie

deren Realisierung von einem Sachverständigen für Schallschutz begleitet

und überwacht werden.

V.10.1.10. In diesem Zusammenhang sind die Abschnitte 9 und 10 der Immissions-

prognose zu beachten.

V.10.1.11. Die in der Immissionsprognose für Geräusche und Erschütterungen der

Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985/29 Rev. 01) angegebe-

nen bewerteten Bau- Schalldämmmaße müssen im eingebauten funktions-

tüchtigen Zustand am Bau eingehalten werden. Da ein bei der Eignungsprü-

fung im Laborprüfstand ermitteltes Schalldämm-Maß am Bau meist nicht er-

reicht wird, muss das bewertete Schalldämm-Maß des Bauteils mindestens

2 dB über dem in der o.a. Prognose geforderten Wert liegen. Das bewerte-

te Schalldämm-Maß von Türen und Toren muss mindestens 5 dB über dem

in der o.a. Prognose geforderten Wert liegen. Zum Nachweis über die Ein-

haltung der bewerteten Schalldämm-Maße der Fassaden- und Dachkon-

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struktionen sowie für Tore, Türen und Fenster sind Prüfzeugnisse durch Her-

steller/Lieferanten vorzulegen.

V.10.1.12. Ins Freie führende Türen, Tore und Fenster (auch Oberlichter) der Betriebs-

gebäude, in denen lärmintensiver Betrieb vorherrscht (z.B. Maschinenhaus),

sind bei Betrieb geschlossen zu halten. Das Anlagenpersonal ist entspre-

chend anzuweisen.

V.10.1.13. In allen Bereichen, in denen Leitungen und Kanäle (Dampfleitungen, Roh-

gaskanal etc.) durch die Fassade geführt werden, sind die Öffnungen schall-

technisch abzudichten.

V.10.1.14. Konsolen und Fundamente für Ventilatoren, Pumpen und Motoren sind

entdröhnt und isoliert auszuführen, oder mit schwingungsdämpfendem Be-

ton auszufüllen.

V.10.1.15. In allen Gebäudeteilen ist eine Schwingungsübertragung auf die Fassaden

zu vermeiden. Rohrleitungen, Lüftungskanäle und ähnliches sind ggf. elas-

tisch an der Fassade und an Stahlgerüsten anzubringen.

V.10.1.16. Zur Nachtzeit (22.00 – 6.00 Uhr) und an Sonn- und Feiertagen ist der anla-

gebedingte Verkehr von LKW, Zügen und Schiffen, sowie die Be- und Entla-

dung dieser Verkehrsträger unzulässig. Abweichend davon sind ausnahms-

weise maximal vier Schiffsbewegungen auf dem Kanal innerhalb einer Nacht

zulässig, wenn dies aufgrund der Entladezeiten nicht anders möglich ist. Be-

und Entladevorgänge von Schiffen zur Nachtzeit sind jedoch unzulässig.

V.10.1.17. Zur Feststellung, ob die zulässigen Immissionswerte / Immissionswertanteile

im Einwirkungsbereich der Anlage eingehalten werden, gelten die Vor-

schriften der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom

26. August1998 (veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt, GMBI. S.

503).

V.10.1.18. Der Betrieb der Kohleförderbänder zur Nachtzeit ist unzulässig.

V.10.2. Erschütterungsimmissionen

V.10.2.1. Maßgebendes Regelwerk für Erschütterungseinwirkungen sind die „Hinwei-

se zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungs- Immis-

sionen", die als Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom

10. Mai 2000 herausgegeben worden sind. Veröffentlicht von der Bund

/Länder Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz im Internet unter

http://lai.server.de/servlet/is/7147.

V.10.2.2. Die vom Betrieb der Anlage ausgehenden Erschütterungen dürfen die im

Regelwerk: „Hinweise zur Messung+ Beurteilung und Verminderung von Er-

schütterungs- Immissionen" genannten gebietsbezogenen Immissionswerte

für Einwirkungen auf Gebäude und für Einwirkungen auf Menschen in Ge-

bäuden nicht überschreiten (s. Anlage „Tabelle 1: Immissionswerte zur Beur-

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teilung von Erschütterungseinwirkungen auf Gebäude in mm/s“). Es gelten

für Einwirkungen auf Gebäude:

bei gewerblich genutzten Gebäuden die Immissionswerte nach Tabel-

le 1, Zeile 1 dieser Hinweise (= Immissionswerte für gewerblich ge-

nutzte Gebäude) und

bei Wohngebäuden die Immissionswerte nach Tabelle 1, Zeile 2 die-

ser Hinweise (= Immissionswerte für Wohngebäude).

Es gelten für Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden:

bei Einwirkungsorten innerhalb von Gewerbegebieten die Immissi-

onswerte nach Tabelle 2, Zeile 2 dieser Hinweise,

bei Einwirkorten innerhalb von Mischgebieten die Immissionswerte

nach Tabelle 2, Zeile 3 dieser Hinweise,

bei Einwirkorten in reinen und allgemeinen Wohngebieten die Immis-

sionswerte nach Tabelle 2, Zeile 4 dieser Hinweise.

V.10.2.3. Zur Vermeidung von Erschütterungen sind Aggregate und Anlagen körper-

schall entkoppelt bzw. schwingungstechnisch isoliert aufzustellen. Dazu wird

auch auf die lfd. Nrn. 9.5.1 und 14.2 der Immissionsprognose für Geräusche

und Erschütterungen der Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985

/29 Rev. 01) verwiesen; dies betrifft auch die Abstrahlung von Luftschall.

V.10.3. Lichtimmissionen

V.10.3.1. Bei der Anlagenbeleuchtung sind folgende Anforderungen zu erfüllen:

ausschließliche Verwendung nach unten abstrahlender Leuchten, ide-

alerweise mit planem Schutzglas,

Aufneigungswinkel gegenüber der Horizontalen maximal 10 %. Soweit

aus technischen Gründen Strahler mit größeren Aufneigungen einge-

setzt werden müssen (z.B. an Übergabestellen) ist der Strahler so aus-

zurichten, dass ein direkter Blickkontakt aus der Perspektive der

Wohnbebauung in die Reflektorfläche vermieden wird,

keine unnötig großen Lichtpunkthöhen, stattdessen dezentrale Aus-

leuchtung mit einer größeren Anzahl Leuchten,

Einsatz von insektenfreundlichen Natrium-Dampflampen bzw. LED-

Leuchten wo es möglich ist.

V.10.3.2. Folgende Immissionswerte für die mittlere Beleuchtungsstärke EF in der

Fensterebene von Wohnungen dürfen in der Nachbarschaft der Anlage, in

Abhängigkeit von der Gebietsart nicht überschritten werden:

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 49 von 321

Tabelle 15: Einzuhaltende Immissionswerte für die mittlere Beleuchtungsstärke

Einwirkungsort

Gebietsart nach Baunutzungsverordnung

Mittlere Beleuchtungsstärke EF in

lux

6.00 – 22.00

Uhr

22.00 – 6.00

Uhr

Kurgebiete, Krankenhäuser, Pflegeanstalten 1 1

Reine, allgemeine und besondere Wohnge-

biete, Kleinsiedlungsgebiete, Erholungsgebie-

te

3 1

Dorfgebiete, Mischgebiete 5 1

Kerngebiete, Gewerbegebiete, Industriege-

biete

15 5

V.10.3.3. Für die Messung und Beurteilung der Lichtimmissionen sind die „ Hinweise

zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen ", die als Beschluss des

Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10. Mai 2000 herausgegeben

worden sind, zu beachten (veröffentlicht von der Bund /Länder Arbeitsge-

meinschaft für Immissionsschutz im Internet unter

http://lai.server.de/servlet/is/7147).

V.11. Messungen während des Betriebs

V.11.1. Spätestens drei Monate nach Inbetriebnahme von Block 6 sind Geräusch-

immissionsmessungen auf Kosten der Betreiberin von einer vom Hessischen

Landesamt für Umwelt und Geologie nach § 26 BlmSchG bekannt gemach-

ten Messstelle durchführen zu lassen. Bei der Ermittlung der Geräuschim-

missionen sind die Vorschriften A.1 und A.3 des Anhangs der TA Lärm zu

beachten.

V.11.1.1. Die Immissionsmessungen (Schallimmissionen) sind an folgenden maßgeb-

lichen Immissionsorten durchzuführen:

am Gebäude Angergasse 11, Hainburg-Hainstadt (Immissionsort IO

1.1),

am Gebäude Brown-Boveri-Str. 19, Hanau-Großauheim ( Immissions-

ort IO 2.0),

am Gebäude Hanauer Landstraße 71, Großkrotzenburg (Immissionsort

IO 3) und

am Karmeliterkloster in Hainburg-Hainstadt (Immissionsort IO 10).

Die Messstelle hat den Messumfang und die Messorte mit dem Regierungs-

präsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-

Energie+ Lärmschutz“ abzustimmen. Über die Immissionsmessungen ist von

der Messstelle ein Messbericht erstellen zu lassen.

V.11.1.2. Die in diesem Bescheid genannte Anlagenkapazität ist mit allen ihren mög-

lichen Auswirkungen bei der Messung zu berücksichtigen. Die gesamte Be-

triebsweise ist konkret im Messbericht darzustellen. Der Messbericht muss

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den Maßgaben unter Nr. A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm entsprechen und

die für die Beurteilung der Messergebnisse erforderlichen sonstigen Rand-

bedingungen (z.B. Zustand von Schallschutzeinrichtungen, Auslastung der

Anlage während der Messungen) enthalten.

V.11.1.3. Die Messstelle ist zu verpflichten, den Messbericht spätestens 2 Monate

nach erfolgter Messung der nach § 52 BImSchG zuständigen Überwa-

chungsbehörde (Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat

43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“) in zweifacher Ausfertigung zu

übersenden.

V.11.1.4. Es ist nicht zulässig, die Stelle mit Messungen zu beauftragen, welche die

Lärmprognose im Genehmigungsverfahren erstellt hat.

V.11.1.5. Sind Immissionsmessungen nicht machbar, ist nach Ziffer A.3.4 der TA-Lärm

zu verfahren.

V.11.1.6. Für den Fall, dass entgegen den Ausführungen und Angaben im Genehmi-

gungsantrag, insbesondere in der Immissionsprognose für Geräusche und

Erschütterungen der Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985/29

Rev. 01) Erschütterungen auftreten sollten, sind Erschütterungsmessungen

von der Betreiberin durchzuführen.

V.12. Arbeitsschutz während des Betriebs

V.12.1. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat Schnitt-

stellen, die sich aus den Teilkonformitätsverfahren ergeben, zu bewerten.

Wechselwirkungen, die den sicheren Betrieb beeinflussen, sind dabei zu

berücksichtigen. Notwendige Maßnahmen sind in Abstimmung mit einem

Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle zu treffen und zu

dokumentieren.

V.12.2. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 Betriebssicherheits-

verordnung (BetrSichV) ist einem Sachverständigen einer zugelassenen

Überwachungsstelle bei Umschaltung auf die einsträngige Fahrweise nach-

zuweisen, dass dies zu keinen Druckschwankungen führt, die die Feuerung

beeinträchtigen.

V.12.3. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist einem

Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle nachzuweisen,

dass alle Sammler so entwässert sind, dass eine Reparaturschweißung mög-

lich ist.

V.12.4. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist einem

Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle nachzuweisen,

dass bei der Auslegung der drucktragenden Wandung des Mühlvorwär-

mers eine entsprechende Abrasion durch die Rauchgase berücksichtigt

worden ist.

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V.12.5. Vor Beginn der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV sind

alle Konformitätsbewertungsverfahren abzuschließen. Die Ergebnisdoku-

mentation ist einem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungs-

stelle zur Bewertung vorzulegen. Dabei sind die geeigneten Unterlagen zur

Überprüfung der vom Betreiber ermittelten Prüffristen für

Auslegung und Konstruktion einschließlich Auslegungsberechnungen,

Werkstoffe, deren Eignungsnachweise und durchgeführte Werkstoff-

prüfungen und

Qualität der Fertigung einschließlich der begleitenden Prüfungen der

Dampfkesselanlage und der Anlagenteile

vorzulegen.

V.12.6. Von einem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle ist zu

prüfen, das Grenzwerte plausibel sind und nur in der Schutzeinrichtung ge-

bildet werden und eine Sicherheitsplanung nach Kapitel 3.2 des Sicher-

heitshandbuches der Schutzeinrichtung durchgeführt wurde.

V.12.7. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat bei der

Prüfung nach § 14 Abs. 1 BetrSichV die Sicherheitsstromkreise auf solche

Fehlermöglichkeiten, die sich aus der Funktionsprüfung nicht feststellen las-

sen, zu prüfen (u.a. Absicherung, Prüfung der richtigen Verdrahtung der

Wächter und Begrenzer, Sichtprüfung der ordnungsgemäßen Leitungsver-

legung und Verdrahtung, ob die Betriebsbedingungen mit den Annahmen

bei der Auslegung übereinstimmen). Hierbei ist bei der Komplexität des

Schutzsystems eine Prüfung der Schutzeinrichtung auf einem Prüfstand er-

forderlich.

V.12.8. Die Lage der Gasspürköpfe im Bereich der Ammoniakdosierung ist mit ei-

nem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle einver-

nehmlich festzulegen.

V.12.9. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist einem

Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle der ausreichen-

de Inertisierungsgrad über alle Betriebszustände und alle Mühlen ein-

schließlich des Schwarzfalls nachzuweisen.

V.12.10. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist das Ex-

plosionsschutzdokument durch mitgeltende Dokumente wie Gerätelisten,

Betriebsanweisungen für Wartung und Instandhaltung, Konformitätserklä-

rungen und Bedienungs-/Wartungsanleitungen der Hersteller zu ergänzen.

V.12.11. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV durch eine

zugelassenen Überwachungsstelle sind

das Explosionsschutzdokument der Dampfkesselanlage gemäß An-

hang 4 A, Ziffer 3.8 BetrSichV unter Berücksichtigung der örtlichen

Gegebenheiten,

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 52 von 321

die Umsetzung der erforderlichen Explosionsschutzmaßnahmen und

Vorkehrungen für den ordnungsgemäßen Betrieb und vorhersehba-

ren Störungen und

die erforderlichen Eignungsnachweise von Geräten und Schutzsyste-

men im Sinne der Richtlinie 94/9/EG sowie die erforderlichen Prüf-

nachweise von befähigte Personen

durch eine befähigte Person mit besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet

des Explosionsschutzes zu prüfen.

V.12.12. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat die Auf-

zeichnungen der befähigten Personen im Rahmen der Ordnungsprüfung

auf Plausibilität zu prüfen.

V.13. Brandschutz während des Betriebs

V.13.1. Eine Werkfeuerwehr gemäß § 14 HBKG ist in angemessener Stärke erfor-

derlich. Die Werkfeuerwehr muss angemessen ausgerüstet, aufgestellt und

ausgebildet sein. Die Stärke, Ausrüstung und Festlegungen über die erfor-

derlichen Qualifikationen werden im Werkfeuerwehrbescheid des Regie-

rungspräsidiums Darmstadt, Abteilung I, Dezernat 18 „Gefahrenabwehr und

Ordnungsrecht“, festgelegt.

V.13.2. Die Werkfeuerwehr muss geeignete Löschmittel in ausreichender Menge für

die vorhandenen Gefahren vorhalten.

V.13.3. Die im Brandschutzkonzept angesprochenen Zu- und Durchfahrten sowie

Aufstell- und Bewegungsflächen für die Feuerwehr sind in Bezug auf die Be-

lastbarkeit an die größte Masse der bei der Werkfeuerwehr vorhandenen

Fahrzeuge anzupassen.

V.14. Nebenbestimmungen und Hinweise zum anlagenbezogenen Gewässer-

schutz während des Betriebs:

V.14.1. Im Keller des Maschinenhauses sowie des Kesselhauses wird das auf der

Bodenplatte anfallende Schmutzwasser oder ggf. Löschwasser in einem

Pumpensumpf zusammengeführt. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die

Pumpen der Hebeanlage des Maschinen- bzw. Kesselhauses im Bedarfsfall

von der Warte und von geeigneter Stelle außerhalb der Gebäude des Ma-

schinen- bzw. Kesselhauses abgeschaltet werden können.

V.14.2. An den Zugängen der Vorräume der Treppentürme UMT und UHT sind auf

der jeweiligen Kellerebene und der 0m – Ebene mobile Löschwasserbarrie-

ren vorzusehen. An den Türen und Toren der 0m – Ebene des Kessel- und

Maschinenhauses sind mobile Löschwasserbarrieren vorzuhalten.

Für alle Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, die nach

Nr. 9.4 des Anhangs 1 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit was-

sergefährdenden Stoffen (VAwS) eine Löschwasserrückhaltung bedürfen, ist

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eine ausreichende Rückhaltung des im Brandfall anfallenden Löschwassers

vor Ort vorzusehen. Entsprechende Nachweise sind in den Anzeige- und Zu-

lassungsverfahren für die Anlagen zu führen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 54 von 321

V.14.3. Hinweise

V.14.3.1. Die Anlagen zum Abfüllen von Ammoniakwasserlösung im Bereich ULD und

zum Lagern von Gipssuspension (REA), Slopöl (UHA) und Ammoniakwasser-

lösung (ULD) benötigen grundsätzlich eine Eignungsfeststellung, es sei

denn, es kann nachgewiesen werden, dass es sich um Anlagen einfacher

oder herkömmlicher Art handelt. Der entsprechende Antrag bzw. der

Nachweis ist im Rahmen einer späteren Teilgenehmigung nach BImSchG

vorzulegen.

V.14.3.2. Die Anlagen zum Abfüllen sowie zum Lagern von 96 %iger Schwefelsäure

(UGJ) ist unter der Berücksichtigung der Wassergefährdungsklasse 1 nach

VwVwS und des angegebenen Volumens der Gefährdungsstufe A zuzuord-

nen. Diese Anlagen unterliegen somit der Eigenverantwortung des Betrei-

bers und sind anzeigefrei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 VAwS.

V.14.3.3. Hinsichtlich der Lagerung des Slopöls ist bei Überschreitung der Lager-

mengenschwellen der Löschwasserrückhalterichtlinie das erforderliche

Löschwasser – Rückhaltevolumen für den Slopöllagerraum zu bemessen.

V.14.3.4. Maßgeblich für die Anforderungen an die in den Main einzuleitenden Ab-

wässer des Blocks sind die Anhänge 31 (Kühlwasser/ Dampferzeugung) und

47 (Rauchgasreinigung) der Abwasserverordnung sowie die Regelungen

der Hessischen Fischgewässerverordnung und der Wasserrahmenrichtlinie.

Hierbei sind neben den zitierten Abschnitten in Kapitel 3 der Antragsunter-

lagen auch die allgemeinen Anforderungen der Abwasserverordnung sowie

der Anhänge heranzuziehen.

V.14.3.5. Ein Vorlastabzug, wie in Kapitel 10 beschrieben, ist nur für Kühlwasser, wel-

ches unter den Anhang 31 der Abwasserverordnung fällt, möglich. Rege-

lungen hierzu werden in einem eigenständigen wasserrechtlichen Erlaub-

nisverfahren getroffen.

V.14.3.6. Mit der Richtlinie 2008/105/EG Des Europäischen Parlamentes und des Ra-

tes vom 16. Dezember 2008 über Qualitätsnormen im Bereich Wasserpolitik

ist eine Verschärfung der Norm für Quecksilber erfolgt. Es ist nicht auszu-

schließen, dass weitergehende Maßnahmen zur Minderung der Quecksil-

berfrachten aus Abwassereinleitungen erforderlich werden.

V.14.3.7. Darüber hinaus ist es Ziel der Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie

2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober

2000) die Emissionen von prioritär gefährlichen Stoffen wie Quecksilber bis

2028 einzustellen (sog. Phasing- Out- Verpflichtung). Dies erfordert ggf. die

Befristung oder den Widerruf der Einleiterlaubnis bis Ende des Jahres 2028.

V.15. Bodenschutz

Gemäß Zusage der Antragstellerin laut Wortprotokoll zum Erörterungster-

min am 19. November 2009 (S. 68) ist in der Betriebsphase des Blocks 6 alle

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 55 von 321

fünf Jahre ein Bodenmonitoring durchzuführen. Ein entsprechendes Moni-

toringkonzept ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-

zernat 41.1 „Grundwasser+ Bodenschutz Ost“ spätestens 3 Monate vor der

ersten Probenahme zur Zustimmung vorzulegen.

V.16. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen

V.16.1. Der Abfall AV 1, Rechengut, Block 6 wird dem Abfallschlüssel 190801 Sieb-

und Rechenrückstände nach der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) zuge-

ordnet.

V.16.2. Der Abfall AV 4, Grobasche, Block 6 wird dem Abfallschlüssel 100101 Rost-

und Kesselasche, Schlacken und Kesselstaub mit Ausnahme von Kessel-

staub, der unter 100104 fällt nach der Abfallverzeichnisverordnung (AVV)

zugeordnet.

V.16.3. Der Abfall AV 25, Sonstige Abfälle (einschließlich Putzlappen und Revisions-

abfälle), Block 6 ist nach Inbetriebnahme der Anlage und bei erstmaligem

Anfall der einzelnen der unter AV 25 subsumierten Abfälle dem Regie-

rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat 42.1 „Abfallwirtschaft

Ost“ mitzuteilen.

V.16.4. Die aufgeführten Abfallschlüssel sind im abfallrechtlichen Nachweisverfah-

ren anzuwenden. Änderungen der Abfallschlüssel können nur in begründe-

ten Einzelfällen und mit schriftlicher Zustimmung der zuständigen Abfallbe-

hörde erfolgen. Diese Zustimmung muss vor Beginn der Entsorgung erteilt

werden.

V.16.5. Fallen beim Betrieb der Anlage, bei Reinigungs- und Wartungsarbeiten

oder bei Betriebsstilllegung nachweispflichtige Abfälle an, die noch nicht im

Rahmen der Genehmigung beurteilt wurden, sind diese der zuständigen

Abfallbehörde anzuzeigen.

V.17. Hinweis zum Fischereirecht

Im Vorgriff auf die Beantragung der das Kühlwasserentnahmebauwerk be-

inhaltenden Teilgenehmigung ist das Regierungspräsidium Darmstadt, Ab-

teilung V, Dezernat 51.1 „Landwirtschaft+ Landschaftspflege+ Fischerei“ zur

Abstimmung in die Konzeption und Planung der Fischschutzanlagenteile

mit einzubeziehen.

V.18. Luftfahrtrechtliche Nebenbestimmungen

Es ist eine Nachtkennzeichnung gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvor-

schrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV; NfL I – 143/07

vom 24. Mai 2007) anzubringen und eine Veröffentlichung als Luftfahrthin-

dernis zu veranlassen. Einzelheiten dazu sind mit dem Regierungspräsidium

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Darmstadt+ Abteilung III+ Dezernat 33.3 „Luftverkehr+ Güterkraftverkehr“ ab-

zustimmen.

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VI Sachverhalt / Inhaltsverzeichnis

VI.1. Beschreibung des Vorhabens 61

VI.1.1. Standort und verkehrliche Anbindung 61

VI.1.2. Antragsgegenstand 61

VI.1.3. Überblick über das Anlagenkonzept und die Anlagentechnik 62

VI.2. Verlauf des Genehmigungsverfahrens 63

VI.2.1. Raumordnungsverfahren 63

VI.2.2. Umweltverträglichkeitsprüfung 64

VI.2.3. Öffentliche Bekanntmachung, Auslegung 65

VI.2.4. Erörterungstermin 67

VI.2.5. Beteiligung der Fachbehörden 67

VI.3. Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen 69

VI.3.1. Flächeninanspruchnahme 69

VI.3.2. Betriebsbedingte Wirkungen über den Luftpfad 70

VI.3.2.1. Gas- und partikelförmige Emissionen (Luftschadstoffe) 70

VI.3.2.1.1. Haupt-Emissionsquelle: 70

VI.3.2.1.2. Hilfsdampferzeugeranlage 72

VI.3.2.1.3. Abluft Siloanlagen 73

VI.3.2.1.4. LKW-Verkehr / Schienen- und Schiffstransporte 73

VI.3.2.2. Schallemissionen 74

VI.3.2.3. Emissionen von Abwärme und Wasserdampf über den neuen Kühlturm 76

VI.3.2.4. Emissionen von Kohlendioxid und anderer klimarelevanter Gase 76

VI.3.2.5. Emissionen von elektromagnetischen Feldern 76

VI.3.2.6. Ionisierende Strahlung 77

VI.3.2.7. Lichtemissionen 77

VI.3.2.8. Erschütterungen 80

VI.3.3. Betriebsbedingte Wirkungen über den Wasserpfad 80

VI.3.3.1. Roh- / Kühlwasserentnahme 80

VI.3.3.2. Abwärme an den Vorflutern (Main) 80

VI.3.3.3. Abwasser 81

VI.3.3.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen 81

VI.3.3.5. Kraftwerksnebenprodukte und sonstige Abfälle 82

VI.3.3.6. Wirkfaktoren bei der Errichtung der Anlage (Bauphase) 82

VI.3.3.7. Wirkfaktoren bei Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb 83

VI.3.4. Schutzgutbezogene Darstellung des Ist- Zustandes und voraussichtliche

Veränderung infolge des geplanten Vorhabens 83

VI.3.4.1. Schutzgut Luft 83

VI.3.4.1.1. Vorbelastung 83

VI.3.4.1.1.1. Methodik 83

VI.3.4.1.1.2. Ergebnisse der Vorbelastungsmessung – Kurzzeitwerte 86

VI.3.4.1.1.2.1. Stickstoffdioxid 86

VI.3.4.1.1.2.2. Schwebstaub PM10 87

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VI.3.4.1.2. Zusatzbelastung (Voraussichtliche Veränderung infolge des geplanten

Vorhabens) 87

VI.3.4.1.2.1. Ausbreitungsrechnung (mit Eingabedaten) zur Ermittlung des

Immissionsbeitrages des Blocks 6 87

VI.3.4.1.2.2. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Jahreswerte 90

VI.3.4.1.3. Gesamtbelastung (Jahreswerte) aus der Vorbelastung und dem

Immissionsbeitrag des Blocks 6 93

VI.3.4.1.4. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Kurzzeitwerte 96

VI.3.4.1.5. Ermittlung der Gesamtbelastung (Kurzzeitwerte) aus der

Vorbelastung und dem Immissionsbeitrag des Blocks 6 97

VI.3.4.1.5.1. Schwebstaub 97

VI.3.4.1.5.2. NO2 und SO2 98

VI.3.4.1.6. Anfahren der Anlage 98

VI.3.4.1.7. Abschätzung der Immissionsbelastung bei Ausfall der

Rauchgasentschwefelungsanlage / Entstickungsanlage 98

VI.3.4.1.8. Verkehrsbedingte Luftschadstoffemissionen 99

VI.3.4.2. Schutzgut Klima 99

VI.3.4.2.1. Ist- Zustand 97

VI.3.4.2.1.1. Klimatische Situation und klimaökologische Funktionen im

Bereich / Umfeld des Standortes 99

VI.3.4.2.1.2. Wind- / Ausbreitungsverhältnisse 100

VI.3.4.2.2. Voraussichtliche Auswirkungen des Vorhabens 101

VI.3.4.2.2.1. Auswirkungen durch die Flächeninanspruchnahme und die Errichtung von

Bauwerken 101

VI.3.4.2.2.2. Auswirkungen durch den Betrieb des Naturzug-Nasskühlturms 103

VI.3.4.2.2.2.1. Sonnenscheindauer und Globalstrahlung 103

VI.3.4.2.2.2.2. Luftfeuchte 104

VI.3.4.2.2.2.3. Auswirkungen durch den „Prallhangeffekt“ 105

VI.3.4.2.2.2.4. Auswirkungen durch CO2- Emissionen 106

VI.3.4.3. Schutzgut Mensch 106

VI.3.4.3.1. Lufthygiene 106

VI.3.4.3.1.1. Ausgangssituation / Ist- Zustand 106

VI.3.4.3.1.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 106

VI.3.4.3.1.2.1. Luftschadstoffimmissionen 106

VI.3.4.3.1.2.2. Umweltmedizinische – humantoxikologische Bewertung 107

VI.3.4.3.1.2.3. Mikrobiologisch-hygienische Bewertung der Kühlturmemissionen 108

VI.3.4.3.2. Schallimmissionen 109

VI.3.4.3.2.1. Ist- Zustand 107

VI.3.4.3.2.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 110

VI.3.4.3.2.2.1. Bestimmungsgemäßer Anlagenbetrieb 110

VI.3.4.3.2.2.2. Vergleich der kraftwerksbedingten Schall- Immissionsbeiträge

im bisherigen und zukünftigen Gesamt-Kraftwerksbetrieb 112

VI.3.4.3.2.2.3. Sonderbetriebszustände 112

VI.3.4.3.2.2.4. Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrswegen 113

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VI.3.4.3.2.2.5. Bauphase 113

VI.3.4.3.3. Sonstige Immissionen 113

VI.3.4.3.3.1. Elektromagnetische Felder 113

VI.3.4.3.3.2. Ionisierende Strahlung 114

VI.3.4.3.3.3. Lichtimmissionen 114

VI.3.4.3.3.4. Erschütterungen 115

VI.3.4.3.4. Verschattung durch Schwaden der Kühltürme und durch Bauwerke 115

VI.3.4.3.4.1. Ist- Zustand 112

VI.3.4.3.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 116

VI.3.4.3.5. Anthropogene Nutzungsfunktionen (z.B. Erholungsfunktion) 118

VI.3.4.3.5.1. Ist- Zustand 118

VI.3.4.3.5.1.1. Kraftwerkstandort und Nahbereich 118

VI.3.4.3.5.1.2. Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) 119

VI.3.4.3.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen des Vorhabens 120

VI.3.4.4. Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt 120

VI.3.4.4.1. Ist- Zustand 120

VI.3.4.4.1.1. Anlagenstandort 120

VI.3.4.4.1.1.1. Biotop- und Nutzungstypen 120

VI.3.4.4.1.1.2. Fauna 121

VI.3.4.4.1.2. Weiterer Untersuchungsraum 122

VI.3.4.4.1.2.1. Flora und Fauna im Main 123

VI.3.4.4.1.2.2. Biologische Vielfalt 126

VI.3.4.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 126

VI.3.4.4.2.1. Flächeninanspruchnahme und Biotopverlust 126

VI.3.4.4.2.2. Auswirkungen auf die Fauna 127

VI.3.4.4.2.2.1. Vögel 127

VI.3.4.4.2.2.2. Fledermäuse 128

VI.3.4.4.2.2.3. Reptilien und Amphibien 128

VI.3.4.4.2.2.4. Insekten – Tagfalter, Widderchen und Heuschrecken 128

VI.3.4.4.2.3. Immissionen von Luftschadstoffen – Konzentration 128

VI.3.4.4.2.4. Immissionen von Luftschadstoffen – Schwefeldeposition 129

VI.3.4.4.2.5. Immissionen von Luftschadstoffen – Gesamt-Stickstoffdeposition 130

VI.3.4.4.2.6. Immissionen von Schall 131

VI.3.4.4.2.7. Immissionen von Licht 131

VI.3.4.4.2.8. Individuenverluste durch Wasserentnahme 131

VI.3.4.4.2.9. Ökologische Auswirkungen der stofflichen und thermischen

Gewässerbeeinflussung durch die Kühlturmabflut und anderesAbwasser132

VI.3.4.5. Schutzgut Boden 132

VI.3.4.5.1. Ist- Zustand 132

VI.3.4.5.1.1. Anlagenstandort 132

VI.3.4.5.1.2. Bodenformen im Untersuchungsraum 132

VI.3.4.5.1.3. Vorbelastungssituation 133

VI.3.4.5.1.3.1. Ackerflächen 133

VI.3.4.5.1.3.2. Grünland 134

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VI.3.4.5.1.3.3. Waldflächen 134

VI.3.4.5.1.4. Bodenfunktionen 134

VI.3.4.5.1.5. Altstandorte / Altablagerungen 134

VI.3.4.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 135

VI.3.4.5.2.1. Flächeninanspruchnahme 135

VI.3.4.5.2.2. Deposition / Eintrag luftgetragener Schadstoffe 135

VI.3.4.6. Wasser – Oberflächenwasser 136

VI.3.4.6.1. Ist- Zustand 136

VI.3.4.6.1.1. Main 136

VI.3.4.6.1.1.1. Hydromorphologie und Wasserhaushalt 137

VI.3.4.6.1.1.2. Chemische- physikalische Gewässerqualität 137

VI.3.4.6.1.1.3. Temperaturverhältnisse, Ausdehnung der Wärmefahne

(3D- Modellierung) 138

VI.3.4.6.1.1.4. Sedimentbeschaffenheit (chemische Parameter) 138

VI.3.4.6.1.2. Sonstige Gewässer 139

VI.3.4.6.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 139

VI.3.4.6.2.1. Veränderung der Abflussverhältnisse 139

VI.3.4.6.2.2. Veränderung der chemischen- physikalischen und biologischen

Zusammensetzung des Mains durch die Abwasser- und

Kühlwassereinleitung 140

VI.3.4.6.2.2.1. Wassertemperatur 140

VI.3.4.6.2.2.2. Chemisch- physikalische Parameter 140

VI.3.4.6.2.2.3. Veränderung der Strukturgüte 141

VI.3.4.6.2.2.4. Diffuse Belastungen durch Luftschadstoffe 141

VI.3.4.6.2.2.5. Baubedingte Auswirkungen 142

VI.3.4.7. Schutzgut Wasser – Grundwasser 142

VI.3.4.7.1. Ist- Zustand 142

VI.3.4.7.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 143

VI.3.4.7.2.1. Einträge von Luftschadstoffen 143

VI.3.4.7.2.2. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen 143

VI.3.4.7.2.3. Veränderung der Grundwasserneubildungsrate durch

Flächenversiegelung 144

VI.3.4.7.2.4. Baubedingte Auswirkungen 144

VI.3.4.8. Landschaft 144

VI.3.4.8.1. Ist- Zustand 144

VI.3.4.8.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 145

VI.3.4.9. Kultur- und sonstige Sachgüter 146

VI.3.4.9.1. Ist- Zustand 143

VI.3.4.9.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 146

VI.3.4.10. Wechselwirkungen 146

VI.3.4.10.1. Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern 146

VI.3.4.10.2. Wechselwirkungen aufgrund von Schutzmaßnahmen 147

VI.3.4.10.3. Wechselwirkungen zwischen Stoffgruppen 147

VI.3.4.10.4. Kumulierende Wirkungen mit anderen Vorhaben 148

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VI.1. Beschreibung des Vorhabens

VI.1.1. Standort und verkehrliche Anbindung

Der ca. 99 ha große Gesamt-Kraftwerkstandort befindet sich überwiegend

auf der Gemarkung der Gemeinde Großkrotzenburg, unmittelbar östlich

des Mains auf Höhe der Main-km 61,2 – 62,2 (Zählung flussaufwärts). Zu ei-

nem kleinen Teil befindet sich das Betriebsgelände in der Gemarkung

Groß-Auheim der Stadt Hanau.

Die mit den Kraftwerksanlagen bestückten Teile des GesamtKraftwerk-

standortes sind als „Fläche für Ver- und Entsorgung“ im Flächen-

nutzungsplan der Gemeinde Großkrotzenburg (2007) ausgewiesen. Ein Be-

bauungsplan liegt nicht vor.

Die neuen Anlagen des Blocks 6 werden überwiegend auf Flächenberei-

chen errichtet, auf denen sich das bisherige Kohlefreilager befand. Der Ab-

stand zu den nächstgelegenen Wohnbauflächen beträgt ca. 500m (Wohn-

bauflächen im Norden/ Hanau). Weitere Wohnbauflächen befinden sich öst-

lich des Kraftwerkstandortes (Großkrotzenburg, ca. 1.550m) sowie jenseits

des Mains (Hainburg und Hanau/ Klein-Auheim, > 1.275m). Die Entfernun-

gen stehen jeweils in Bezug zur Mitte des Kühlturms von Block 6. Die östlich

des Gesamt-Kraftwerkstandortes bzw. nordöstlich des Baufeldes für Bocks 6

vorhandene Einzelbebauung (Aussiedlerhof) wurde zwischenzeitlich von

der Antragstellerin erworben. Die dauerhafte Nutzung des Anwesens zum

Zwecke des Wohnens und Gewerbes wird in geeigneter Weise ausge-

schlossen.

Der Gesamt- Kraftwerkstandort befindet sich an der L 3309 und verfügt über

einen Bahnanschluss sowie einen Mainhafen.

Die prägnantesten neuen Bauwerke sind der Kühlturm mit einer Höhe von

180m und einem Beckendurchmesser von 120m an der Basis bzw. 71m an

der Mündung sowie das ca. 127m hohe Kesselhaus mit einer Grundfläche

von ca. 50m x 57m. Im Bestand wird die Kraftwerksanlage durch die 128m

und 141,5m hohen Kühltürme der Blöcke 4 und 5 sowie die 195m bis 250m

hohen Kamine der Blöcke 1 bis 4 geprägt. Die maximalen Gründungstiefen

der neuen Bauwerke des Blocks 6 reichen bis -8,60m (Maschinenhaus) unter

0,00m = 106,00m über Normal Null.

VI.1.2. Antragsgegenstand

Die Antragstellerin hat am 22. Mai 2008 in der Fassung vom 5. Juni 2009 mit

letzten Ergänzungen vom 15. Dezember 2010 einen Antrag auf Erteilung ei-

ner 1. immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigung zur Errichtung eines

steinkohlebefeuerten Kraftwerksblocks (Block 6) mit einer Feuerungswärme-

leistung von 2.350 MWth und einer elektrischen Nettoleistung von 1.055

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MWel sowie einer Fernwärmeleistung von bis zu 300 MWth mit zugehörigen

Nebeneinrichtungen auf dem Gelände des Kraftwerks Staudinger, Gemar-

kung Großkrotzenburg, Flur 23, Flurstücke 42/1, 269/15, gestellt.

Die 1. Teilgenehmigung umfasst die bauvorbereitenden Maßnahmen (Räu-

men der Baufläche von vorhandenem technischem Gerät) und die Freima-

chung der Baustelleneinrichtungsflächen sowie die Errichtung der dazuge-

hörenden technischen Infrastruktur (Baustraßen, Büro- und Sanitärcontainer,

Montageflächen, Strom und Wasseranschlüsse) sowie die Errichtung der

UBE HS-EB-Trafos (nur Bautechnik), UBF Blocktrafos (nur Bautechnik), UBG

Reservetrafo (nur Bautechnik), UBM Kühlanlagen (nur Bautechnik), UBR Er-

regertrafo (nur Bautechnik), UCA Blockwartengebäude, UHA Kesselhaus

(Bau- und Maschinentechnik), UHF Kohletagesbunker (Bau- und Maschinen-

technik), UHQ Elektrofilter (Bau- und Maschinentechnik), UHT Treppenturm

Kesselhaus/Luvogebäude, UMA Maschinenhaus (Bau- und Maschinentech-

nik), UMT Treppenturm Maschinenhaus/Kesselhaus, URA Kühlturm (Bau-

und Maschinentechnik), URD Kühlwasserpumpenbauwerk (Bau- und Ma-

schinentechnik), UVA Luftvorwärmer-/DeNOx-Anlage (Bau- und Maschinen-

technik), UVB Saugzuggebläse (Bau und- Maschinentechnik).

Das Anlagenkonzept sieht vor, verschiedene vorhandene Nebenanlagen

des Kraftwerkstandortes mit zu benutzen (z.B. die beiden Kohlelager mit je

220.000 t, die Bekohlungsanlagen, die Einrichtungen der Heizöl-, Ammoni-

ak- und Erdgasversorgung sowie die Gipslagerhalle).

Der gültige wasserrechtliche Bescheid für den Betrieb der Blöcke 1-5 wird

im Rahmen eines eigenständigen wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens an

den künftigen Kraftwerksbetrieb angepasst.

Die Blöcke 1-3 sollen nach Inbetriebnahme des neuen Blocks 6 außer Be-

trieb genommen und rückgebaut werden. Eine 2,2 ha große Teilfläche der

Blöcke 1-3 ist als Erweiterungsfläche für eine CO2-Abscheidung vorgesehen.

VI.1.3. Überblick über das Anlagenkonzept und die Anlagentechnik

Der neue, mit Steinkohle befeuerte Block 6 verfügt über eine Feuerungs-

wärmeleistung von max. 2.350 MWth und dient der Erzeugung einer elektri-

schen Nettoleistung von 1.055 MWel sowie einer Fernwärmeleistung von bis

zu 300 MWth. Das Kraftwerk wird ganzjährig im Grund- und Mittelastbereich

betrieben. In besonders lastarmen Zeiten (z.B. Sommerwochenende,

nachts) ist sowohl ein Betrieb mit Minimallast als auch eine Abschaltung

denkbar. Block 6 lässt sich entsprechend der Verfahrenstechnik in folgende

Betriebseinheiten untergliedern:

Dampferzeuger (Kesselanlage mit Steinkohlenstaubfeuerung; 376 t/h

Steinkohle bei Volllast bezogen auf Hu = 22,50 MJ/kg) und Entsti-

ckungsanlage (SCR);

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 63 von 321

Rauchgasreinigung (Elektrofilter, Entschwefelung) und Rauchgasablei-

tung (über 180m-Kühlturm; Einleitung in der Mitte des Kühlturm in ca.

50-60m über Grund);

Abwasseraufbereitung aus Rauchgasreinigung (ca. 20 m³/h)

Strom- und Fernwärmeerzeugung

Hilfskesselanlage (5 Stück, max. Gesamtfeuerungswärmeleistung: 200

MWth; Erdgasbetrieb; Ableitung der Abgase über den vorhandenen

250m Kamin des Blocks 4);

Rückkühlanlage im Kreislaufbetrieb (mit 180m hohem Naturzug-

Nasskühlturm; Beckendurchmesser Basis: 120m, Mündung: 71m)

Nebenanlagen (Brennstoffversorgung (u.a. 5 Kohletagesbunker),

Hilfsmittelbereitstellung (u.a. Ammoniakverdampfung), Wasser- / Ab-

wasseraufbereitung, Einrichtungen zur Reststoffentsorgung; Bau zwei-

er Doppelgleise etc.).

Die vom Generator erzeugte elektrische Energie wird über eine Generator-

ableitung zu den beiden Maschinentransformatoren vor Ort geführt. Für die

Energieableitung in das 380 kV-Verbundnetz wird eine Freileitung mit einer

Länge von 1,4 km und vier neuen Masten (Höhen einschließlich Mastspitze

55 bis 85 m) von den Maschinentransformatoren bis zum Umspannwerk

Großkrotzenburg errichtet. Das Umspannwerk wird um ein neues 380 kV-

Feld erweitert. Für diese beiden Maßnahmen werden separate Genehmi-

gungsverfahren nach dem Energiewirtschaftsgesetz durchgeführt.

Die erzeugte Fernwärme wird in die Fernwärmenetze Hanau-Ost, Großkrot-

zenburg und Hanau-West sowie zukünftig in Richtung Untermain einge-

speist. Der Netto-Wirkungsgrad des Blocks 6 liegt bei reiner Stromerzeu-

gung bei 45,5%. Bei maximaler Fernwärmeauskopplung steigt der Nut-

zungsgrad des eingesetzten Brennstoffs auf 56,3%.

Das Anlagenkonzept entspricht hinsichtlich des Wasser-Dampf-Kreislaufes,

der Verbrennungstechnik, der Vermeidung von Emissionen sowie der Rück-

kühlanlage (Naturzug- Nasskühlturm in Verbindung mit Kreislaufbetrieb und

integrierter Ableitung der Rauchgase mit einer Bauhöhe von 180m) den

bestverfügbaren Techniken im Sinne des IVU-Referenzdokumentes (Merk-

blatt über die besten verfügbaren Techniken für Großfeuerungsanlagen,

http://www.bvt.umweltbundesamt.de/sevilla/ kurzue.htm).

VI.2. Verlauf des Genehmigungsverfahrens

VI.2.1. Raumordnungsverfahren

Mit landesplanerischer Beurteilung vom 29. Juni 2009 hat das Regierungs-

präsidium Darmstadt als obere Landesplanungsbehörde mit Zustimmung

der Regionalversammlung Südhessen festgestellt, dass das Vorhaben der

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 64 von 321

Antragstellerin bei Beachtung der nachfolgend wiedergegebenen Maßga-

ben mit den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung verein-

bar ist, und die erforderliche Abweichung vom RPS 2000 nach § 12 Hessi-

sches Landesplanungsgesetz (HLPG) zugelassen. Die Maßgaben lauten im

Einzelnen:

„Die Trägerin der Maßnahme hat durch einen entsprechenden Antrag

auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu ge-

währleisten, dass Block 6 die gesetzlichen Emissionsvorgaben deutlich

unterschreitet und das von der Trägerin der Maßnahme abgegebene

Emissionsversprechen, nämlich – ausgehend von einem Betrieb der

Blöcke 4 bis 6 – keine höheren jährlichen Frachten an Staub, Schwe-

feldioxid und Stickstoffdioxid als im Durchschnitt der Jahre 1996 bis

2006 zu emittieren, sicher eingehalten wird.

Ferner ist zu gewährleisten, dass Block 6 zu keinem Zeitpunkt parallel

zu den Blöcken 1 bis 3 betrieben wird.

Die Trägerin der Maßnahme hat durch einen entsprechenden Antrag

auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu ge-

währleisten, dass ausschließlich Steinkohle als Brennstoff zum Einsatz

kommt.

Bei der Errichtung der geplanten Maßnahme ist die Möglichkeit der

Nachrüstung des Kraftwerks mit Technologien zur CO2- Abscheidung

vorzusehen.

Im Überschwemmungsgebiet ist ausschließlich die Errichtung der

Kühlturmzusatzwasseraufbereitungsanlage sowie – falls erforderlich –

eines Teils der Rauchgasentschwefelungsanlage zulässig.

Das mit den Raumordnungsunterlagen dargelegte Logistikkonzept –

Verlagerung von der Straße zur Schiene und Wasserweg – ist umzuset-

zen. Dem Regierungspräsidium Darmstadt, obere Landesplanungs-

behörde, sind jährlich Berichte vorzulegen, mit welchen Verkehrsmit-

teln der An- und Abtransport von Brenn-, Betriebs- und Abfallstoffen

erfolgt ist.

Die geplante Maßnahme ist – wie in den Raumordnungsunterlagen

beschrieben – mit der Möglichkeit bis zu 300 MWth Fernwärme auszu-

koppeln, zu errichten.

VI.2.2. Umweltverträglichkeitsprüfung

Am 12. Dezember 2006 fand zwischen der Antragstellerin und dem Regie-

rungspräsidium Darmstadt, Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt,

eine Besprechung statt, in der Gegenstand, Umfang und Methode der Um-

weltverträglichkeitsprüfung sowie sonstige für deren Durchführung erhebli-

che Fragen erörtert wurden.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 65 von 321

Zu diesem Termin waren die zu beteiligenden Behörden, die betroffenen

Gemeinden, die zuständigen Behörden des Freistaates Bayern und die an-

erkannten Naturschutzverbänden eingeladen.

Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Besprechung und der schriftlichen

Stellungnahmen der Beteiligten wurde die Antragstellerin mit Schreiben

vom 10. Mai 2007 über die voraussichtlich beizubringenden Unterlagen un-

terrichtet.

VI.2.3. Öffentliche Bekanntmachung, Auslegung

Die Veröffentlichung der Einleitung des Genehmigungsverfahrens erfolgte

am 13. Juli 2009 im Staatsanzeiger des Landes Hessen Nr. 29, Seite 1615 ff.,

im Internet sowie in folgenden Tageszeitungen:

Offenbach-Post

Frankfurter Rundschau,

Hanauer Anzeiger,

Maintaler Tagesanzeiger

Gelnhäuser Neue Zeitung

Gelnhäuser Tageblatt

Main-Echo

Darmstädter Echo

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Frankfurter Neue Presse.

Die Auslegung der Antragsunterlagen erfolgte in der Zeit vom 21. Juli 2009

(erster Tag) bis zum 20. August 2009 (letzter Tag). Der Genehmigungsan-

trag wurde bei der Genehmigungsbehörde und in den nachfolgend aufge-

führten Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt,

ausgelegt:

Gemeindevorstand der Gemeinde Großkrotzenburg, Bahnhofsstra-

ße 4, 63538 Großkrotzenburg,

Magistrat der Stadt Hanau, Technisches Rathaus, Stadtplanungsamt /

Auslegungsstelle, 2. OG Zimmer 2.15, Hessen-Homburg-Platz 7,

63452 Hanau,

Magistrat der Stadt Bruchköbel, Rathaus, Zimmer 15, Hauptstraße 32,

63486 Bruchköbel,

Gemeindevorstand der Gemeinde Erlensee, Rathaus, Servicebüro,

Zimmer 210, Am Rathaus 3, 63526 Erlensee,

Gemeindevorstand der Gemeinde Freigericht, Bauamt, 1. OG Zimmer

26, Bahnhofstraße 13, 63579 Freigericht- Somborn,

Magistrat der Stadt Langenselbold, Schlosspark 2, Zimmer 10, 63505

Langenselbold,

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 66 von 321

Magistrat der Stadt Maintal, Rathaus, Klosterhofstraße 4-6, Flur vor den

Zimmern A005 bis A008, 63477 Maintal- Hochstadt,

Gemeindevorstand der Gemeinde Rodenbach, 2. Stock, Zimmer

34/35, Buchbergstraße 2, 63517 Rodenbach,

Gemeindevorstand der Gemeinde Hasselroth, Bauverwaltung, Zim-

mer 2, Hauptstraße 66, 63594 Hasselroth,

Gemeindevorstand der Gemeinde Hainburg, Bauamt, Hauptstraße 46,

63512 Hainburg,

Magistrat der Stadt Heusenstamm, Bauamt, Flurbereich vor Zimmer

145, Fachdienst 3.1 Bauverwaltung / Stadtplanung, Im Herrngarten 1,

63150 Heusenstamm,

Gemeindevorstand der Gemeinde Mainhausen, Umweltamt, Zim-

mer 4, Rheinstraße 3, 63533 Mainhausen,

Magistrat der Stadt Mühlheim, Rathaus, Friedensstraße 20, 63165

Mühlheim am Main,

Magistrat der Stadt Obertshausen, Bauverwaltung, Zimmer 29, Schu-

bertstraße 11, 63179 Obertshausen,

Magistrat der Stadt Rodgau, Rechts- und Ordnungsamt, Zimmer 1.32,

Hintergasse 15, 63110 Rodgau,

Magistrat der Stadt Seligenstadt, Rathaus, Zimmer Nr. 212 (Vorzimmer

Bauamt), Marktplatz 1, 63500 Seligenstadt,

Magistrat der Stadt Offenbach, Telefonzentrale / Raum für öffentliche

Auslegungen (Erdgeschoss), Raum E 5 a, Berliner Straße 100, 63065

Offenbach am Main,

Magistrat der Stadt Babenhausen, Stadtverwaltung, Zimmer 214,

Marktplatz 2, 64832 Babenhausen,

Stadtverwaltung Alzenau, Abteilung Umwelt und Forsten, Brentano-

straße 3, 63755 Alzenau,

Gemeindeverwaltung Kahl, Rathaus, Zimmer 006, Aschaffenburger

Straße 1, 63796 Kahl am Main,

Gemeindeverwaltung Karlstein, Rathaus, Zimmer Nr. 14 (1. Stock), Am

Oberborn 1, 63791 Karlstein am Main,

Gemeindeverwaltung Kleinostheim, Rathaus, Zimmer 14, Kardinal-

Faulhaber-Straße 12, 63801 Kleinostheim.

Die Veröffentlichung der Antragsunterlagen auf der Internetseite des Regie-

rungspräsidiums Darmstadt (www.rp-darmstadt.hessen.de) erfolgte zu-

nächst unvollständig. Insbesondere einige Pläne ließen sich anfangs nicht

öffnen.

Innerhalb der Einwendungsfrist vom 21. Juli 2009 bis zum 3. September

2009 konnten Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben werden. Insge-

samt haben ca. 8500 Personen fristgerecht Einwendungen erhoben. Diese

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 67 von 321

Einwendungen wurden den betroffenen Fachbehörden zur Berücksichti-

gung bei der Überprüfung des Vorhabens zugeleitet. Außerdem wurde der

Inhalt der Einwendungen der Antragstellerin bekannt gegeben.

VI.2.4. Erörterungstermin

Der Termin zur Erörterung der erhobenen Einwendungen gegen den Ge-

nehmigungsantrag fand in der Zeit vom 10. bis 20. November 2009 im Bür-

gerhaus von Großkrotzenburg, Schulstraße 7, 63538 Großkrotzenburg statt.

Die mündliche Verhandlung wurde unter Leitung der Genehmigungsbe-

hörde durchgeführt. Nach der Begrüßung und der Einleitung durch die

Verhandlungsleiterin erläuterte die Antragstellerin ihr Vorhaben.

Die erhobenen Einwendungen wurden unter verschiedenen Hauptthemen-

punkten zusammengefasst. Die Einwendungen wurden von der Verhand-

lungsleitung vorgetragen und konnten von den Einwenderinnen und Ein-

wendern erläutert, präzisiert und verdeutlicht werden.

Am Ende der Verhandlung wurden die schriftlich erhobenen Einwendungen

weder zurückgenommen noch für erledigt erklärt, so dass über sie im Ge-

nehmigungsverfahren zu entscheiden war.

Über den Erörterungstermin wurde ein stenographisches Wortprotokoll er-

stellt. Die von der Verhandlungsleiterin und von den Schriftführern unter-

zeichnete Niederschrift wurde zum Verwaltungsvorgang der Genehmi-

gungsbehörde genommen. Das Wortprotokoll mit den im Erörterungster-

min vorgelegten Folien wurde den Einwendern, die dies beantragt hatten,

sowie der Antragstellerin übergeben.

VI.2.5. Beteiligung der Fachbehörden

Zur Prüfung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 6 BImSchG

vorliegen oder durch Nebenbestimmungen gemäß § 12 Abs. 1 BImSchG

herbeigeführt werden können, wurden folgende Behörden und Stellen, de-

ren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, beteiligt:

DB Services Immobilien GmbH, Frankfurt am Main,

WINGAS GmbH, Kassel,

Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Frankfurt am Main, der Landesbe-

vollmächtigte für technische Bahnaufsicht,

Planungsverband Ballungsraum Rhein/Main,

Regionaler Planungsverband Untermain,

Umweltbundesamt, Deutsche Emissionshandelsstelle,

Bayerisches Landesamt für Umwelt,

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft,

Amt für Landwirtschaft und Forsten Kitzingen,

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 68 von 321

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege,

Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbau,

Regierung von Unterfranken,

Bezirk Unterfranken, Fischereifachberatung,

Bezirk Unterfranken, Kultur- und Heimatpflege,

Wasser- und Schifffahrtsamt Aschaffenburg,

Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg,

Stadtverwaltung Aschaffenburg,

Landratsamt Aschaffenburg, Abteilung Immissionsschutz,

Wehrbereichsverwaltung West, Außenstelle Wiesbaden,

Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Sachgebiet Hygiene und

Umweltmedizin,

Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Kreisbauamt,

Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz

und ländlichen Raum, Untere Wasserbehörde / Untere Naturschutz-

behörde,

Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz

und ländlichen Raum, Immissionsschutz,

Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Gefahrenabwehrzentrum,

Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Kreisplanung / Untere Denk-

malschutzbehörde,

Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Straßenverkehrsbehörde,

Kreisausschuss des Kreises Offenbach, Fachdienst Umwelt / Immissi-

onsschutz,

Amt für Straßen- und Verkehrswesen Gelnhausen,

Magistrat der Stadt Hanau, Bauaufsichts- und Umweltamt,

Magistrat der Stadt Hanau, Stadtplanungsamt,

Magistrat der Stadt Hanau, Technischer Umweltschutz,

Eigenbetrieb Hanau Verkehr und Entsorgung,

Stadtwerke Hanau GmbH,

Gemeindevorstand der Gemeinde Großkrotzenburg,

Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Immissionsschutz,

Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Gewässergüte,

Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Bodenschutz,

Die durch das Vorhaben betroffenen Fachdezernate des Regierungs-

präsidiums Darmstadt:

Dezernat I 18 „Gefahrenabwehr und Ordnungsrecht“,

Dezernat II 24 „Gesundheitswesen“,

Dezernat III 31.1 „Regionalversammlung+ Regionalplan+ Infra-

struktur+ Umwelt+ Wirtschaftsförderung“,

Dezernat III 31.2 „Regionale Siedlungs- und Bauleitplanung“,

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Dezernat III 33.1 „Straßen- und Schienenverkehr“+

Dezernat III 33.3 „Luft- und Güterkraftverkehr“+

Dezernat V 51.1 „Landwirtschaft+ Landschaftspflege+ Fischerei“+

Dezernat V 52 „Forsten“+

Dezernat V 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“+

Dezernat IV/Da 43.1 „Immissionsschutz – Energie, Baustoffe,

Lärm-, Strahlenschutz –„,

Dezernat IV/F 41.1 „Grundwasser, Bodenschutz Ost“+

Dezernat IV/F 41.2 „Oberflächengewässer“+

Dezernat IV/F 41.4 „Anlagenbezogener Gewässerschutz“+

Dezernat IV/F 42.1 „Abfallwirtschaft Ost“+

Dezernat IV/F 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+

Dezernat IV/F 43.2 „Immissionsschutz - Chemie West, Chemika-

lienrecht -“+

Dezernat IV/F 43.3 „Immissionsschutz – Chemie Ost, Strahlen-

schutz –“,

Dezernat IV/F 45.3 „Arbeitsschutz [Informations- und Elektro-

technik+ Energie+ Bauwesen und Verkehr]“+

Dezernat IV/Wi 44 „Bergaufsicht“

VI.3. Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen

Bei dem beantragten Vorhaben handelt es sich um eine genehmigungsbe-

dürftige Anlage nach Nr. 1.1 Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV. Für die

geplante Anlage ist entsprechend § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV in Verbindung

mit Nr. 1.1.1 der Anlage 1 zum UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung

durchzuführen. Diese Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbstständiger

Bestandteil des Genehmigungsverfahrens und beinhaltet eine zusammen-

fassende Darstellung der Umweltauswirkungen (§ 20 Abs. 1a 9. BImSchV).

Die nachfolgenden Ausführungen beinhalten auch diese zusammenfassen-

de Darstellung der Auswirkungen des Gegenstands der 1. Teilgenehmi-

gung sowie der Errichtung der restlichen Anlagenteile und des Betriebs der

insgesamt beantragten Anlage.

VI.3.1. Flächeninanspruchnahme

Der Planbereich des Blocks 6 umfasst eine Fläche von insgesamt

211.680m². Davon entfallen auf Frei- und Grünflächen derzeit 53.429m²,

nach der Verwirklichung des Vorhabens 48.421m². Auf Verkehrsflächen

(Asphalt / Beton / Pflaster) entfallen künftig 53.419m² und 43.325m² auf

Schotter, Sand und andere wasserdurchlässige Befestigungen. Gebäude

nehmen eine Fläche von 58.768m² ein.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 70 von 321

VI.3.2. Betriebsbedingte Wirkungen über den Luftpfad

VI.3.2.1. Gas- und partikelförmige Emissionen (Luftschadstoffe)

VI.3.2.1.1. Haupt-Emissionsquelle:

Das gereinigte Abgas aus der Feuerung des Blocks 6 (3.171.500 Nm³/h tro-

cken bei 6Vol.-% Sauerstoff; Volllastbetrieb) wird über den 180m hohen

neuen Kühlturm in die Atmosphäre abgeleitet. Die beantragten Emissions-

werte liegen bei den überwiegenden Parametern deutlich unterhalb der

maßgebenden Emissionsgrenzwerte der 13. BImSchV:

Tabelle 16: Beantragte Emissionswerte / Emissionsgrenzwerte der 13. BImSchV

Stoff Tagesmittelwert Halbstundenmittelwert

Mittelwerte in mg/m³ i. N., tr., 6 Vol.-% O2.

SOx angegeben als SO2 70 (200) 140 (400)

NOx angegeben als NO2 95 (200) 190 (400)

Staub 10 (20) 20 (40)

Quecksilber und seine

Verbindungen, angege-

ben als Hg

0,015 (0,03) 0,025 (0,05)

CO 200 (200) 400 (400)

Mittelwert über die Probenahmezeit in ng/m³ i. N., tr., 6 Vol.-% O2

PCDD/F 0,1

Die in Klammern gesetzten Werte geben die Emissionsgrenzwerte gemäß § 3 der 13. BImSchV an. Zu-

dem ist für den Parameter NO2 ein Jahresmittelwert von 100 mg/m³ gemäß § 3 Abs. 4 der 13. BImSchV

einzuhalten.)

Die beantragten Emissionswerte für SO2, NO2, Staub, Hg und PCDD/F wer-

den als Emissionsgrenzwerte festgesetzt. Für CO wird in Nebenbestimmung

V.3.1 die Emissionskonzentration für den Tagesmittelwert auf 100 mg/m³

begrenzt. Ergänzend werden zudem Emissionsgrenzwerte für anorganische

Chlor- und Fluorverbindungen und Ammoniak (siehe Nebenbestim-

mung V.3.1) sowie für Schwermetalle (Summenwerte und Einzelstoffe) und

Benzo(a)pyren (siehe Nebenbestimmungen V.3.3 und V.3.4) festgelegt.

Durch die ergänzenden Emissionsgrenzwerte und den Jahresmittelwert für

Staub von 5 mg/m³ wird sichergestellt, dass im Anlagenbetrieb keine höhe-

ren Emissionen freigesetzt werden, als in die Immissionsprognose einge-

stellt wurden.

Für den Fall, dass die Langzeitversuche zur Abscheidung von Quecksilber

im Rauchgas des Blockes 5 ergeben, dass die beantragten Quecksilberkon-

zentrationswerte sicher unterschritten werden können, bleiben Regelungen

zur Festsetzung niedrigerer Konzentrationswerte vorbehalten (siehe Ne-

benbestimmung V.3.2).

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 71 von 321

Für die Parameter Ameisensäure und Formaldehyd ist eine einmalige Emis-

sionsmessung durchzuführen (siehe Nebenbestimmung V.4.7). Nach den

mit Schreiben vom 24. Februar 2010 ergänzend vorgelegten Antragsunter-

lagen sind die Parameter Ameisensäure und Formaldehyd bei Kohlkraft-

werken vernachlässigbar.

Antragsgegenstand ist der Kesselbetrieb des Blocks 6 mit folgenden Lastfäl-

len und entsprechenden Abluftvolumina:

Tabelle 17: Lastfälle

Lastfall 2)

Kessellast

[%] Fernwärme- auskopplung

[%]

Betriebsstunden/a Abgasvolumen [Nm³/h]

(tr., 6Vol.-% O2)

ML 30 70 30 2.200 2.220.050

VL 0 100 0 3.290 3.171.500

SL 0 110 0 210 3.488.650

VL 30 100 30 250 3.171.500

VL 70 100 70 2.000 3.171.500

VL 100 100 100 500 3.171.500

Zwischensumme 8.450 1)

AUS 0 0 310 0

Gesamtjahresstunden 8.760

1) = 96,5 % der Jahresstunden 2) ML: Mittellast, VL: Volllast, SL: Spitzenlast

Die Lastfälle wurden für die Ausbreitungsrechnung der Luftschadstoffe ei-

nem zeitlichen Verlauf im Jahresgang zugeordnet. Die Fernwärmeauskopp-

lung erfolgt demnach im Zeitfenster von September bis April. In die Aus-

breitungsrechnung wurden für den Block 6 folgende Emissionsfrachten (Pa-

rameter gemäß 13. BImSchV, gefasste Quellen) eingestellt:

SO2- Fracht: 1.734 t/a

NO2- Fracht: 2.353 t/a

Staub- Fracht: 248 t/a

CO- Fracht: 4.955 t/a

Hg- Fracht: 0,37 t/a

PCDD- Fracht: 2,5 g/a

Mit Nebenbestimmung V.3.1 ist die Emissionskonzentration für CO gegen-

über der beantragten Konzentration um 50 % reduziert. Im gleichen Maße

reduzieren sich die Emissionsfrachten und Immissionen für CO.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 72 von 321

Die jährlichen Luftschadstofffrachten der zukünftigen Gesamtkraftwerksan-

lage (Blöcke 4 bis 6, gefasste Quellen, ohne Kohlelager) werden gemäß

dem Schreiben der Antragstellerin vom 5. Juni 2009 wie folgt begrenzt (s.

Nebenbestimmung V.6.1):

SO2- Fracht: < 1.219 t/a

NO2- Fracht: < 3554 t/a

Staub- Fracht: < 221 t/a

Die Einhaltung der vorgenannten Selbstverpflichtungen ist durch Nebenbe-

stimmungen V.6 sichergestellt. Mit dieser Begrenzung werden die Emissio-

nen / Immissionen des zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb gegenüber

den Emissionen / Immissionen für die Parameter SO2, NO2 und Staub des

Kraftwerksbetriebs aus dem langjährigen Mittel 1996 bis 2006 nicht anstei-

gen.

Nach den mit Schreiben vom 24. Februar 2010 ergänzend von der Antrag-

stellerin vorgelegten Antragsunterlagen wird zur Einhaltung der vorgenann-

ten jährlichen Staubfrachten des Gesamtkraftwerkes für den Block 6 eine

Staubkonzentration von 5 mg/m³ im Jahresmittel prognostiziert. Entspre-

chend wird die Emission in Nebenbestimmung V.3.5 begrenzt. Bei Einhal-

tung dieses Wertes im Anlagenbetrieb halbieren sich die berechneten Im-

missionsbeiträge des Blocks 6 für Staub sowie die Staubinhaltsstoffe und

partikelgebundenen Schadstoffe (Metalle, Benzo(a)pyren, Dioxine / Furane)

nahezu (Staubkonzentration für die Ausbreitungsrechnung: 10 mg/m³).

Unabhängig davon werden von der Antragstellerin beim NOx, beim SOx

beim Staub und beim Quecksilber Emissionskonzentrationen beantragt, die

deutlich unterhalb der Emissionsgrenzwerte der 13. BImSchV liegen.

Für Zeiten des Ausfalls der Rauchgasentschwefelungsanlage / Entstickungs-

anlage (max. 120 h/a) werden für SOx, angegeben als SO2, 300 mg/m³ und

für NOx, angegeben als NO2, 600 mg/m³ beantragt.

VI.3.2.1.2. Hilfsdampferzeugeranlage

Die Abluft der erdgasbetriebenen Hilfsdampferzeugeranlage zur Stützung

der Fernwärmeerzeugung im Schwachlastbetrieb, zur Fernwärmeerzeugung

bei Stillstand des Kraftwerks und zur Produktion von Hilfsdampf für das

Kraftwerk (im Wesentlichen im Anfahrbetrieb) wird über den 250m hohen

vorhandenen Kamin des Blocks 4 in die Atmosphäre abgeleitet (Gesamt-

Abluftvolumen der fünf Kessel: 166.500 Nm³/h tr.; bei 3 Vol.-% Bezugssau-

erstoffgehalt). Die beantragte Betriebszeit der Hilfsdampferzeugeranlage

liegt bei 2.700 h/a (= 30,8% der Gesamtjahresstunden).

Die beantragten Emissionswerte (Emissionsgrenzwerte gemäß der 13.

BImSchV) sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt:

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Tabelle 18: Emissionen Hilfsdampferzeugeranlage

Stoff Tagesmittelwert Halbstundenmittelwert

Mittelwerte in mg/m³ i. N., tr., 3 Vol.-% O2.

Rauchgasvolumenstrom 166.500 Nm3/h tr. (insges. für 5 Hilfskessel)

SOx angegeben als SO2 35 70

NOx angegeben als NO2 100 200

Staub 5 10

CO 50 100

In die Ausbreitungsrechnung wurden für die Hilfsdampferzeuger folgende

Emissionsfrachten eingestellt:

SO2- Fracht: 5,8 t/a

NO2- Fracht: 16,7 t/a

Staub- Fracht: 0,8 t/a

CO- Fracht: 8,3 t/a

Die Hilfskesselanlage wird nicht zeitparallel mit dem Block 4 betrieben (sie-

he Nebenbestimmung V.1.3).

VI.3.2.1.3. Abluft Siloanlagen

Die Verdrängungsabluft der Siloanlagen (Stäube von Steinkohle (Kohleta-

gesbunker) und Kalkstein sowie Flugasche) wird durch Aufsatzfilter abge-

reinigt und bei Quellenhöhen von 30m bis 71,2m (sechs Siloanlagen) frei-

gesetzt. Die Emissionen der Silos werden nach der Nebenbestimmung V.7.1

für den Kohletagesbunker, das Kalksteinmehlsilo und Branntkalkstaubsilo

jeweils auf 10 mg/m³, für die 3 Flugaschesilos jeweils auf 5 mg/m³ begrenzt

(zum Vergleich: in der Ausbreitungsrechnung wurde jeweils eine Konzentra-

tion von 10 mg/m³ angesetzt.). Bei Abluftvolumina der sechs Siloanlagen

zwischen 3.600 m³/h bis 45.000 m³/h werden im Gesamtjahresbetrieb nach

den Emissions-Antragswerten 8 t/a an Staub freigesetzt. Bei der Ausbrei-

tungsrechnung der Luftschadstoffe wurden die Staubinhaltsstoffe (Metalle)

mit berücksichtigt.

VI.3.2.1.4. LKW-Verkehr / Schienen- und Schiffstransporte

Im zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb ergibt sich ein LKW-Aufkommen

von bis zu 123 LKW/d (darunter 45 LKW/d Anlieferung Kalksteinmehl, 32

LKW/d Grobasche-Entsorgung) bei insgesamt 13.000 LKW/a. Damit redu-

ziert sich das LKW-Aufkommen gegenüber der Ist-Situation (20.800 LKW/a).

Die Anlieferung der Steinkohle erfolgt per Schiff oder Bahn. Im zukünftigen

Gesamtkraftwerksbetrieb ist von täglich 8 Zügen und 5 Schiffen auszuge-

hen.

Das LKW- Aufkommen während der Bauphase wird mit 52.000 LKW (Bau-

fahrzeuge) pro Jahr geschätzt. Bei einem Ansatz von 260 Bautagen pro Jahr

entspricht dies durchschnittlich 200 LKW pro Tag.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 74 von 321

Für die LKW-Emissionen (Abgasemissionen + Abrieb / Staub-Aufwirbelung)

wurde eine separate Ausbreitungsrechnung durchgeführt. Die Fahrstrecke

auf dem Werksgelände wurde mit 1.200m angesetzt, bei einer Staubemissi-

on (Abrieb / Aufwirbelung) von 0,8 g/km.

VI.3.2.2. Schallemissionen

In Zusammenhang mit dem Kraftwerksbetrieb entstehen Schallemissionen

durch stationäre, kontinuierliche Quellen (wie Gebäudeabstrahlungen, Be-

triebseinrichtungen / -vorgänge) sowie durch temporäre Vorgänge (Entla-

devorgänge, Fahrverkehre).

Der A-bewertete, ins Freie abgestrahlte Gesamt-Schallleistungspegel des

neuen Blocks 6 (einschließlich Materialstrom Kohle ab dem Eckturm 1) be-

trägt zusammengefasst für

stationäre, kontinuierliche Quellen: 111 dB(A)

alle Quellen (stationär / kontinuierlich und temporär): 114 dB(A).

An einigen Geräuschquellen wie Kühlturm, Blocktransformatoren und

Rauchgasreinigung geht der vorgesehene Schallschutz – teilweise deutlich –

über den derzeit praktizierten Stand der Technik zur Lärmminderung hinaus.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 75 von 321

Tabelle 19: A-bewertete, ins Freie abgestrahlte Gesamt- Schallleistungspegel der statio-nären und mobilen Geräuschquellen des Blocks 6, zusammengefasst in Funk-tionsgruppen

Schallquelle A- bewerteter

Schallleis-

tungspegel in

dB

Eckturm 1 und Kohlelagern ins Kesselhaus (Kohletagesbunker) 90

Kohletagesbunker (Schwerbau) 86

Kesselhaus, einschließlich Lüftungsöffnungen, Entrauchung,

Türen, Tore, Frischluftansaugung, Rohgaskanäle und Enta-

schungseinrichtungen im Freien

98

E-Filter inklusive Unterbau und Nebenaggregate 95

Rohgaskanäle vom E-Filter zum Saugzug 91

Saugzuggebläse inklusive Antrieb, Nebenaggregate und Schall-

dämpfer (im Gebäude)

96

Rohgaskanal vom Saugzug zum Wäscher 90

Rauchgasentschwefelung (Wäscher, etc.) einschließlich REA

Pumpenhaus mit Lüftungsöffnungen, Entrauchung, Türen, Tore

und Fenster

99

Reingaskanal vom Wäscher zum Schornstein 82

Maschinenhaus, einschließlich Lüftungsöffnungen, Türen, Tore

und Fenster

93

Transformatoren inklusive Kühleinrichtung 92

Blockwartengebäude 82

Kühlturm inklusive Kühlturmpumpenbauwerk 110

Kühlturmpumpenbauwerk 87

Gipsentwässerungs- und Lagerungsgebäude inklusive Neben-

aggregate wie Vakuumpumpenausblasöffnung, etc.

92

Kühlwasser-Entnahmebauwerk 92

Kühlturmwasserzusatzaufbereitung 87

Kondensatreinigungs- und Vollentsalzungsanlage 87

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 76 von 321

Flugaschesilo mit Unterbau (Abzug und Verladung) sowie För-

derleitungen

96

Lkw-Verkehr auf Werksgelände 111

Summe der stationären, kontinuierlich betriebenen Quellen

(ohne Werksverkehr, ohne Brennstoffentladung)

111

Summe aller Quellen 114

VI.3.2.3. Emissionen von Abwärme und Wasserdampf über den neuen Kühlturm

Über den neuen Kühlturm wird eine Wärmeleistung von 1.254 MW an die

Luft abgeführt. Der Volumenstrom (Schwaden: Gemisch aus Luft / Abgas

Kessel Block 6, Wasserdampf und Wassertropfen) am Austritt des Kühlturms

beträgt 18.738,8 m³ /s. Die Schwadentemperatur beträgt 26,9 °C. Die über

den Kühlturm freigesetzte Menge an Wasser in Form von Wasserdampf be-

trägt bis zu 1.500 m³/h. Bei den Daten handelt es sich um Auslegungsdaten.

Mit dem Schwaden können Keime in die Atmosphäre freigesetzt werden.

Beim vorgenannten Schwadenvolumen an der Kühlturmkrone wird ein Ge-

samtkeimgehalt von bis zu 1 KBE/m³ Schwaden in 180m Höhe erwartet.

VI.3.2.4. Emissionen von Kohlendioxid und anderer klimarelevanter Gase

Die Kohlendioxidemissionen des Gesamtkraftwerksbetriebs erhöhen sich

von derzeit 4.317.249 t/a (Kraftwerksbetrieb im Jahr 2009) bei einer erwar-

teten mittleren Jahresemissionskonzentration auf Basis der eingesetzten

Brennstoffmengen und dem Emissionsfaktor 96g CO2/MJ für Steinkohle

und 56g CO2/MJ für Erdgas für die Blöcke 4 bis 6 auf zukünftig 8.125.744

t/a.

Als weiteres klimarelevantes Gas werden zukünftig von den beiden Stein-

kohleblöcken (Blöcke 5 und 6) insgesamt 127 t/a an Distickstoffmonoxid

(N2O) emittiert. Unter Berücksichtigung des Äquivalenzfaktors von N2O zu

CO2 = 310 CO2-Äquivalente werden über den Block 5 damit weitere 11.780t

CO2/a und über den geplanten Block 6 weitere 27.590 t CO2/a freigesetzt.

VI.3.2.5. Emissionen von elektromagnetischen Feldern

Elektromagnetische Felder werden bei Kraftwerksanlagen u. a. durch die

Generatorableitung, den Maschinentransformator, die Mittelspannungsan-

lage, die Niederspannungsverteilung sowie die Ableitung vom Transforma-

tor ins elektrische Netz erzeugt. Die maximal berechneten Feldstärken lie-

gen bei folgenden Werten:

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 77 von 321

Tabelle 20: Emissionen von elektromagnetischen Feldern

Magnetische Flussdichte B [ T] 37,0

Elektrische Feldstärke E [KV/m] 4,7

VI.3.2.6. Ionisierende Strahlung

Steinkohlen enthalten immer natürliche radioaktive Stoffe, die über Staub-

emissionen freigesetzt werden. Als Maximalwerte der Steinkohlen werden

Urangehalte von 3,1 g/t und Thoriumgehalte von 7,4 g/t angesetzt. Für den

Hilfskessel (Erdgasbetrieb) ist grundsätzlich die Freisetzung von Radon von

Bedeutung.

Für den Gesamtkraftwerkstandort kann die Aktivität mit 2,0 x 1011 Bq/a ab-

geschätzt werden. Die aus dem Beteiligungsverfahren veranlasste Untersu-

chung von kolumbianischer Steinkohle auf natürliche radioaktive Stoffe (er-

gänzend vorgelegte Unterlagen der Antragstellerin vom 25. Februar 2010)

ergab keine höheren Analysenwerte.

VI.3.2.7. Lichtemissionen

Umweltrelevante Lichtemissionen können durch die Außenbeleuchtungen

auf dem Betriebsgelände entstehen. Es werden üblicherweise nach oben

abgeschirmte, breit- oder rotationssymmetrisch abstrahlende Quecksilber-

dampf-Lampen (50 bis 400 Wel) und Natriumdampf-Lampen (70 bis 400 Wel)

eingesetzt. Für die Ausleuchtung von Arbeitsplätzen mit besonderen Anfor-

derungen (z.B. Übergabestellen) kommen auch symmetrische und asym-

metrische abstrahlende Flutlichtleuchten, bestückt mit Halogen-

Metalldampflampen bis 1000 Wel zum Einsatz.

Durch den Betrieb des Naturzugnusskühlturms des Blocks 6, das heißt

durch die aus ihm entweichenden Dampfschwaden und der Gebäude des

Blocks 6 ist mit Verschattungswirkungen im Bereich rund um das bestehen-

de Kraftwerk zu rechnen.

Die Auswirkungen der Verschattungswirkungen, sowohl die der Dampf-

schwaden während des Betriebs des Naturzugnasskühlturms, als auch der

Gebäude wurden im Gutachten „Auswirkungen des Kühlturmbetriebs“ der

argumet Bahmann und Schmonsees GbR, Brühl, in Kooperation mit

simuPLAN, Dorsten, vom 4. Juli 2008 quantitativ abgeschätzt. Dazu wurden

Verschattungssimulationen mit

den Gebäudedaten des bestehenden Kraftwerks, Blöcke 1 bis 3, 4 und

5 und der zugehörigen modellierten Kühlturmschwaden (IST-Zustand,

Nullvariante) und

den Gebäudedaten des Ausbauzustandes des Kraftwerks, Blöcke 4, 5

und 6 und der zugehörigen modellierten Kühlturmschwaden (Planzu-

stand, Vorhabensvariante)

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 78 von 321

durchgeführt.

Grundlage für die Simulation der Verschattung ist die VDI-Richtline 3784,

Blatt 2. Das Simulationsverfahren der simuPLAN (SplaSh) entspricht dem

dort beschriebenen Rechenmodell und ist durch ein astronomisch / geo-

metrisches Modell ergänzt. Das seit einigen Jahren erprobte Modell wurde

auf der Fachtagung der Umweltmeteorologen der Deutschen meteorologi-

schen Gesellschaft im April 2007 in Garmisch- Partenkirchen vorgestellt.

Die Verschattungssimulation wurde auf Basis der standortspezifischen Kli-

madaten (Temperatur, Niederschlag, Bewölkung, Sonnenscheindauer,

Windverteilung) der DWD- Stationen Schaafheim-Schlierbach (Bewölkung,

Sonnenscheindauer) und Kahl am Main für den Zeitraum 2002 bis 2006

durchgeführt.

Die sich aus den berechneten Schwadendimensionen und den realen und

geplanten Kraftwerksbauten ergebenden Beschattungszeiten wurden im

Umkreis von 10km um den Kraftwerkstandort berechnet und für 11 reprä-

sentative Immissionsorte in ihrer Auswirkung auf die Strahlungsverhältnisse

und die Sonnenscheindauer untersucht:

IP 1 Hainstadt Mainufer Süd;

IP 2 Hainstadt Nord;

IP 3 Hainstadt Nord Hafen;

IP 4 Großauheim Süd;

IP 5 Aussiedlerhof;

IP 6 Großauheim Mitte;

IP 7 Klein-Auheim Süd;

IP 8 Klein-Auheim Mitte;

IP 9 Großauheim Nord;

IP 10 Großauheim Ost und

IP 11 Großkrotzenburg (Bild 18, Seite 37 des Gutachtens.

Durch die Gebäude des Kraftwerks und den Betrieb des Kühlturms ist

grundsätzlich mit einer Minderung der Sonnenscheindauer und der Global-

strahlung zu rechnen.

Ergebnis der Modellsimulation ist, dass die stärker abgeschatteten Flächen

sich vorwiegend im nördlichen Halbraum des Kraftwerks befinden. Die Ver-

schattungswirkungen durch die Kraftwerksgebäude sind dabei ausschließ-

lich auf dem Kraftwerksgelände zu beobachten. Die Verschattungswirkun-

gen der Dampfschwaden der Kühltürme sind in Tabelle 10a, Seite 40 des

Gutachtens als prozentuale Verminderung der Sonnenscheindauer be-

schrieben und in den Anhängen A-7 (IST- Zustand, Nullvariante) und A-8

(Ausbauzustand, Vorhabensvariante) des Gutachtens graphisch dargestellt.

Für den IST- Zustand des Kraftwerkes (Prognosenullfall im Gutachten) ist ei-

ne prozentuale Verringerung der jährlichen Sonnenscheindauer von mehr

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 79 von 321

als 10 % auf Flächen nördlich des Kraftwerks zu erkennen. Die westliche

Grenze dieses Bereichs bildet der Main, die nördliche Grenze die Diesel-

straße (Hanau- Großauheim) und die östliche Grenze befindet sich maximal

250m östlich der L3309. Die bestehende prozentuale Verringerung der jähr-

lichen Sonnenscheindauer beträgt an den Immissionsorten IP 5 12,7 %, IP 4

7,1 %, IP 3 5,6 % und IP 6 4,0 %.

Für den Ausbauzustand des Kraftwerks (Vorhabensvariante im Gutachten)

verschiebt sich der stärker verschattete Bereich um bis zu ca. 200 m nach

Westen, 100 m nach Norden und 300 m nach Nordosten. Der Bereich der

stärker abgeschatteten Flächen erreicht den südlichen Stadtrand von Groß-

auheim. Die prognostizierte prozentuale Verringerung der jährlichen Son-

nenscheindauer wird sich an den Immissionsorten IP 5 um 7,2 %, IP 4 um

3,3 %, und IP 6 um 1,8 % erhöhen. An den Immissionsorten der Wohnbe-

bauung von Großauheim IP 4 und IP 6 erhöht sich der Rechenwert der pro-

zentualen jährlichen Sonnenscheinminderung auf 10,4 bzw. 5,8 %. am

stärksten wirkt sich die Verschattung im Ausbaufall am IP 5 aus, hier kann

sich, entsprechend der Prognose, die jährliche Sonnenscheindauer um

19,9 % im Ausbaufall verringern. Der IP 5 ist jedoch dem Werksgelände der

E.ON Kraftwerks Staudinger als zugehörig zuzuordnen, eine weitere Wohn-

nutzung ist dort nicht vorgesehen.

Im Bereich der südlich des Kraftwerks gelegenen Wohngebiete von Hain-

stadt und Großkrotzenburg verändert sich Ausdehnung der verschatteten

Bereiche nur wenig. Für den IST- Zustand des Kraftwerks ist eine prozentua-

le Verringerung der jährlichen Sonnenscheindauer von 1,3 % (IP 10) bis

1,7 % (IP 11) berechnet. Im Ausbauzustand des Kraftwerks kann es hier, ent-

sprechend der Prognose, zu einem Anstieg der Verringerung der jährlichen

Sonnenscheindauer von max. bis zu 1,3 % auf dann rund 2,6 – 2,7 % (IP 9

und IP 10) kommen.

Um die Auswirkungen der planungsbedingten Verschattungen durch Kühl-

turmschwaden und Kraftwerksgebäude zu bewerten haben die Gutachter

die Schwankungsbreite der Sonnenscheindauer von 2002 bis 2006 anhand

der angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) an der meteorologi-

schen Station Schaafheim-Schlierbach (Entfernung zum Kraftwerkstandort

ca. 20 km Luftlinie noch Süden) bewertet. Die natürliche jährliche Schwan-

kungsbreite der Sonnenscheindauer beträgt im Betrachtungsraum 10,3 %.

Die prognostizierte Minderung der jährlichen Sonnenscheindauer am IP_4

als am wesentlich belasteten Immissionsort von 7,1 % im IST-Zustand des

Kraftwerks und 10, 4 % im Ausbauzustand des Kraftwerks liegt im, bzw.

knapp über dem Bereich der im Jahresgang zu erwartenden natürlichen

Schwankungsbreite der Sonnenscheindauer.

Die relative jährliche Minderung der Globalstrahlung fällt deutlich geringer

aus, als die der Sonnenscheindauer, da nur ein Teil der direkten solaren

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 80 von 321

Strahlung durch die sichtbaren Wasserdampffahnen der Kühltürme absor-

biert bzw. reflektiert wird. Im Bereich der o. g. Immissionspunkte (außer IP 5)

ist eine Minderung von 2,1 % (IP 4) bis 0,2 % (IP 11) für den IST- Zustand er-

rechnet, die sich für den Ausbauzustand leicht um 1,5 % (IP 4) bis 0,1 %

(IP 11) erhöhen kann.

Die Globalstrahlung gibt an, wie viel Sonnenenergie auf der Erde zur Verfü-

gung steht. Sie setzt sich zusammen aus der sichtbaren Sonneneinstrahlung,

die sich durch klar erkennbaren Schattenwurf definieren lässt und der diffu-

sen Strahlung. Sie ist letztendlich in ihrer Gesamtheit als sichtbares und ver-

wertbares Tageslicht zu beschreiben.

VI.3.2.8. Erschütterungen

Erschütterungen können durch Turbinenanlagen und Nebenaggregate wie

Kohlemühlen, Kolbenverdichter, Kompressoren, Rüttelsiebe und Schwing-

förderer verursacht werden. Die Erschütterungsemissionen werden als Beur-

teilungswerte am Einwirkungsort betrachtet.

VI.3.3. Betriebsbedingte Wirkungen über den Wasserpfad

Die in den Antragsunterlagen enthaltenen Mengenangaben zum Abwasser

wurden im Rahmen des separaten wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens

zum Teil noch konkretisiert.

VI.3.3.1. Roh- / Kühlwasserentnahme

Die Rohwasserentnahme des Gesamtkraftwerksbetriebs aus dem Main re-

duziert sich von derzeit genehmigten 93.600 m³/h (Blöcke 1-5) auf zukünftig

rund 5.500 m³/h (Blöcke 4-6).

Die Kühlwasserentnahme aus dem Main wird bei Stilllegung der Blöcke 1-3

durch den Wegfall der Ablaufkühlung der Blöcke 1 und 2 und Betrieb des

Blocks in Kreislaufführung erheblich sinken.

Bezogen auf den Gesamtkraftwerksbetrieb ergibt sich eine Reduzierung des

Kühlwasserbedarfs von derzeit 81.000 m³/h (Blöcke 1-5, darunter Blöcke 1

und 2 im Ablaufbetrieb) auf zukünftig rund 5.200 m³/h (Blöcke 4-6 (Kreis-

laufbetrieb), ohne Blöcke 1-3).

VI.3.3.2. Abwärme an den Vorflutern (Main)

Die in den Main eingeleitete Wärmemenge wird von 532 MW (Blöcke 1 bis

3) auf 4 MW (Block 6) reduziert. Im zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb

(Blöcke 4 bis 6) ergibt sich eine Wärmemenge von 10 MW gegenüber der-

zeit genehmigten 814 MW. Das Abwärmereglement des einzuleitenden

Kühlwassers wird im separaten wasserrechtlichen Zulassungsverfahren fest-

gelegt.

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VI.3.3.3. Abwasser

Häusliches Abwasser wird in die Schmutzwasserkanalisation abgeleitet und

der betriebseigenen biologischen Abwasserbehandlungsanlage (1.500

EGW) zugeführt.

Rückführung ammoniumfreier Abwässer aus der Vollentsalzung / Konden-

satreinigung in den Prozess, externe Entsorgung ammoniumhaltiger Ab-

wässer

Aufbereitung und Ableitung in den Main des Abwassers aus der Rauchgas-

reinigung unter Einhaltung der Anforderungen der Anhänge 33 und 47 der

AbwV sowie des Verschlechterungsverbotes der Wasserrahmenrichtlinie;

Hinweis: Ergänzung der Abwasseraufbereitung um einen Kiesfilter und ei-

nen Ionentauscher im Zuge des separaten wasserrechtlichen Genehmi-

gungsverfahrens; detaillierte Beschreibung in einem weiteren Teilgenehmi-

gungsantrag bzw. im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren

Niederschlagswasser von befestigten Flächen wird in einem neuen Regen-

klärbecken (Errichtung im Zuge des separaten wasserrechtlichen Genehmi-

gungsverfahrens; detaillierte Beschreibung in einem weiteren Teilgenehmi-

gungsantrag) behandelt und in den Main abgeleitet. Nicht belastetes Nie-

derschlagswasser des neuen Kohlelagers wird im neu geschaffenen Reten-

tionsraum versickert. Für die Niederschlagswässer der Straßenflächen sowie

sonstige Schmutzwässer ist die Installation neuer Ölabscheider vorgesehen

(siehe Nebenbestimmung IV.8.1).

Ableitung in den Main von Kühlturmabflutwasser unter Einhaltung der An-

forderungen des Anhangs 31 der AbwV; Abflutwasser ohne Biozide und

ohne relevante chemische Zusätze (Block 4: 600 m³/h, Block 5: 160 m³/h

und Block 6: 500 m³/h). Die Ableitmengen in den Main reduzieren sich

durch die Kreislaufführung gegenüber dem heutigen Zustand erheblich.

VI.3.3.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Die Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sowie die Si-

cherungs- und Sofortmaßnahmen werden im Einzelnen erst in einer späte-

ren Teilgenehmigung beschrieben. Bei der Ausführungsplanung der Anla-

gen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (u. a. Abfüllanlagen, La-

geranlagen, Anlagen zur Verwendung von z. B. Hilfsstoffen, Schmiermitteln)

werden die einschlägigen fachgesetzlichen Vorschriften und Richtlinien ge-

nerell berücksichtigt.

Das Kraftwerks- Nullniveau befindet sich auf 106,00 m NN, sodass selbst bei

1,3- fachem Bemessungshochwasser kein Zufluss von Oberflächenwasser zu

besorgen ist. Die Keller sind grundwasserdicht ausgeführt, sodass auch der

Zufluss von Grundwasser ausgeschlossen ist.

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Beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (u.a. Anlieferung, Lagerung

und Verwendung von Hilfsstoffen und Schmiermitteln) werden alle ein-

schlägigen Vorschriften und Richtlinien berücksichtigt.

VI.3.3.5. Kraftwerksnebenprodukte und sonstige Abfälle

Im Kraftwerksbetrieb fallen im Wesentlichen folgende Nebenprodukte und

Abfälle an:

Tabelle 21: Abfälle und Nebenprodukte

Ein-

heit

Status

quo

Blöcke

1,3,4,5

geplanter Zustand Zunahme

gegen-

über

Status quo Block 4 Block 5 Block 6 Summe

Grobasche

(einschließ-

lich 50%

Restfeuchte)

t/a

83.030 0 30.007 66.920 96.927 + 16,7%

Flugasche t/a 123.285 0 135.032 297.913 432.945 + 251,2 %

Gips (ein-

schließlich

10% Rest-

feuchte)

t/a

72.768 0 27.653 62.455 90.108 + 23,8%

Filterkuchen

(KZA + REA-

Schlamm)

t/a

6.192 0 5.522 8.992 14.514 + 134,4%

VI.3.3.6. Wirkfaktoren bei der Errichtung der Anlage (Bauphase)

Während der ca. vierjährigen Bauphase sind im Wesentlichen folgende

Wirkfaktoren bestimmend:

Herrichtung der Baustelleneinrichtungsfläche und der Baustellenzu-

fahrt (temporäre Flächeninanspruchnahme)

Bautätigkeit zwischen 6 bis 22 Uhr (in Spitzenzeiten auch bis zu 24

Stunden am Tag) mit bis zu 10 Großkränen (Hakenhöhe bis zu 190m),

Ramm- / Spundungsarbeiten, Einsatz von Baumaschinen (mit Schall-,

Staub- / Abgasemissionen, ggf. Erschütterungen)

Schallleistungspegel während der Bauphasen (Taktmaximalpegelver-

fahren, 5-Sekunden-Takt; einschließlich Impulshaltigkeit):

Bauphase 1: Erdarbeiten, Aushub:

mit Vibrationsramme: LWAFTm5, Tag = ca. 127 dB(A)

ohne Vibrationsramme: LWAFTm5, Nacht = ca. 119 dB(A)

Bauphase 2: Betonarbeiten, Rohbau: LWAFTm5 = ca. 117 dB(A)

Bauphase 3: Stahlbau: LWAFTm5 = ca. 119 dB(A)

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 83 von 321

Bauverkehre (max. 400 LkW / d und 720 PKW / d; alle LKW-Fahrten

und 95% der PKW-Fahrten innerhalb von 6.00 bis 22.00 Uhr)

zeitlich befristete Grundwasserhaltungsmaßnahmen (Ableitung des

Wassers in den Main); Gegenstand eines separaten Genehmigungsan-

trages

VI.3.3.7. Wirkfaktoren bei Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb

Der Gesamt- Kraftwerkstandort ist ein Betriebsbereich im Sinne des § 3 Abs.

5a BImSchG, der den Grundpflichten der 12. BImSchV unterliegt. In den

Kraftwerksblöcken 4 bis 6 selbst werden keine Stoffe gemäß Anhang I der

12. BImSchV gehandhabt, die die Mengenschwellen der Spalte 4 des An-

hangs I der 12. BImSchV überschreiten.

Ein sicherheitstechnisches Konzept zur Verhinderung von Störfällen unter

Einbeziehung des Blocks 6 wurde mit den Antragsunterlagen vorgelegt. Die

dort beschriebenen relevanten Störfallszenarien lassen keine besonderen

Gefahren für die Umgebung des Kraftwerks in nicht bestimmungsgemäßen

Betriebszuständen erwarten.

Die Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Brandereignissen

sind im Brandschutzkonzept beschrieben (Anlage 16-1).

Als Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb wurde zudem der

Ausfall der Rauchgasentschwefelung (mit erhöhten Freisetzungen von SO2

(300 mg/m³) und NO2 600 mg/m³)) betrachtet. Bei einem Ausfall des

Elektrofilters erfolgt eine Schnellabschaltung des Blocks 6, so dass der Still-

stand des Blocks 6 bereits nach 30 Sekunden erreicht wird. Innerhalb dieser

30 Sekunden liegt der Abscheidegrad des Elektrofilters zwischen 5% und

30%. Bei diesem Vorgang würde für maximal 5 min. eine Staubkonzentrati-

on von höchstens 20 mg/m³ im Reingas hinter der REA emittiert und höchs-

tens 5,3 kg Staub freigesetzt. Eine derart niedrige Staubkonzentration ist

nicht als Staubfahne sichtbar.

VI.3.4. Schutzgutbezogene Darstellung des Ist- Zustandes und voraussichtliche

Veränderung infolge des geplanten Vorhabens

VI.3.4.1. Schutzgut Luft

VI.3.4.1.1. Vorbelastung

VI.3.4.1.1.1. Methodik

Der Kraftwerkstandort befindet sich im südöstlichen Randbereich des ge-

mäß § 44 BImSchG festgelegten „Untersuchungsgebietes Untermain“. In-

nerhalb des vorhabensbezogenen Untersuchungsraumes (10km-Umkreis

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 84 von 321

um den Kraftwerkstandort) befindet sich die Messstation Hanau des Luft-

messnetzes des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HLUG).

Zur Ermittlung der Vorbelastungssituation im Untersuchungsraum wurden

im Zeitraum vom 13. April 2007 bis zum 12. Juli 2008 in Abstimmung mit

den zuständigen Behörden und den Kommunen im Untersuchungsraum je-

weils einjährige Vorbelastungsmessungen zur Konzentration an Luftschad-

stoffen (Stickstoffdioxid, Schwebstaub, Schwermetalle im Schwebstaub,

Quecksilber und Dioxine / Furane) sowie zur Deposition an Luftschadstoffen

(Staubniederschlag, Schwermetalle und Dioxine / Furane im Staubnieder-

schlag) an zehn ausgewählten Mess- bzw. Monitorpunkten durchgeführt.

Die Messungen des Staubniederschlags (ohne Inhaltsstoffe) wurden bis De-

zember 2008 fortgeführt. Die in der Ergebnistabelle für die Depositionen

dargestellten Staubniederschlagsmesswerte beziehen sich auf den Mess-

zeitraum November 2007 bis Dezember 2008.

Der Messort MP 3 diente zur Dokumentation der großräumigen Hinter-

grundbelastung ohne direkten Einfluss der Immissionen aus dem Kraftwerk

Staudinger.

Auf die Ermittlung der SO2- Vorbelastung wurde aufgrund der geringen

lufthygienischen Relevanz von SO2 (bekanntes niedriges Belastungsniveau;

Jahresmittelwert an der HLUG-Station Hanau 2 bis 4 µg/m³ in den Jahren

2007 bis 2009) verzichtet.

Im Ergebnis ist zusammenfassend festzustellen, dass die Messwerte bei al-

len Parametern und an allen Messorten jeweils unterhalb der maßgebenden

Bewertungskriterien liegen. Die Messwerte für die Konzentrationen errei-

chen am Ort der höchsten Belastung überwiegend Anteile von < 25% an

den jeweiligen Beurteilungswerten. Konzentrationen mit einem Anteil an

den Beurteilungswerten von > 25% wurden für Schwebstaub (PM10; 57,5%)

und Stickstoffdioxid (75%) gemessen. An der HLUG-Messstation Hanau

wurde in den Jahren 2007 bis 2009 bei der Stickstoffdioxidkonzentration ein

Anteil am Immissionswert der TA Luft (Jahresmittel) von 92,5 bis 97,75 % er-

reicht (Lufthygienische Jahresberichte der HLUG).

In den Vorbelastungsmessungen sind die Emissionen von Staub und Staub-

niederschlag aus dem Kohleumschlag und der Kohlelagerung des seiner-

zeit noch offenen Kohlelagerplatzes enthalten. Zwischenzeitlich wurde auf

Grundlage eines separaten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-

fahrens ein neues geschlossenes Kohlekreislager errichtet. In der Immissi-

onsprognose des Genehmigungsverfahrens zum Kohlekreislager wurde

nachgewiesen, dass die neue Anlage zu geringeren Immissionen führt.

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Tabelle 22: Ergebnisse der Vorbelastungsmessung von Luftschadstoffen - Konzentration

Sch

ad

sto

ff

Ein

he

it

Vorbelastung Bewertungskri-

terien

Prozentualer

Anteil [%] der

max. Vorbelas-

tung am jewei-

ligen Beurtei-

lungswert MP

1

MP

2

MP

3

MP

4

MP

5

MP

6

MP

7

MP

8

MP

9

MP

10

Ma

x.

vo

n 1

0

Me

ssp

un

kte

n

Konzentration %

NO2 g/m3

30 24 20 25 - 26 25 23 23 29 30 40 75,00

PM10 g/m3

22 17 16 20 - 20 20 17 23 19 23 40 57,50

As ng/m3

0,8 0,7 0,7 0,5 - 0,9 0,8 0,8 0,8 1,4 1,4 6 23,30

Cd ng/m3

0,23 0,2 0,21 0,18 - 0,24 0,19 0,18 0,2

3

0,1

9

0,24 5 4,80

Co ng/m3

0,3 0,1 0,1 0,1 - 0,2 0,1 0,1 0,2 0,2 0,3 20 1,50

Cr ng/m3

2,4 1,9 1,8 1,6 - 2,3 1,9 1,8 2,2 2,0 2,4 17 14,10

Cu ng/m3

15,4 9 7,5 8,2 - 12,3 11,3 7,0 11,

2

15,

1

15,4 1.000 1,50

Mn ng/m3

7,8 6,5 5,8 5,6 - 7,8 7,7 5,6 6,5 8,2 8,2 150 5,50

Ni ng/m3

1,7 1,5 1,3 1 - 1,2 1,2 1 1,1 1,3 1,7 20 8,50

Pb ng/m3

7,2 6,2 5,9 4,8 - 9,2 6,4 5,7 6,6 7,4 9,2 500 1,80

Sb ng/m3

2,9 1,8 1,4 1,6 - 2,4 2,3 1,5 2,9 2,8 2,9 5.000 <0,1

Sn ng/m3

3 2 1,9 1,8 - 2,7 2,5 1,7 2,9 3,6 3,6 20.000 <0,1

TI ng/m3

0,05 0,05 0,05 0,05 - 0,05 0,05 0,05 0,0

5

0,0

5

0,05 14 0,36

V ng/m3

0,6 0,5 0,5 0,3 - 0,5 0,6 0,6 0,6 0,4 0,6 20 3,00

Hg ng/m3

0,9 0,7 - - - 0,8 - - - - 0,9 50 1,80

PCD

D/F

fg/ m3

24 21 - - - 27 - - - - 27 150 1,80

Der Anteil der Fraktion PM2,5 am Schwebstaub der Fraktion PM10 kann nach

allgemeinen Messerfahrungen mit rd. 80% angesetzt werden. Unter diesem

Ansatz ergibt sich ein Maximalwert der PM2,5-Konzentration von rd. 18,4

µg/m³. Der Jahresmittelwert von 25 µg/m³ für PM2,5 gilt nach der Richtlinie

RL2008/50/EG vom 21. Mai 2008 und der 39. BImSchV ab 2010 als Zielwert,

ab 2015 als Grenzwert.

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Tabelle 23: Ergebnisse der Vorbelastungsmessung von Luftschadstoffen - Deposition

Sch

ad

sto

ff

Ein

he

it

Vorbelastung Bewertungskrite-

rien

Beurteilungswert

Prozentualer

Anteil [%] der

max. Vorbelas-

tung am jewei-

ligen Beurtei-

lungswert MP

1

MP

2

MP

3

MP

4

MP

5

MP

6

MP

7

MP

8

MP

9

MP

10

Ma

x.

vo

n 1

0

Me

ssp

un

kte

n

Deposition %

StN mg/

(m2d)

57 52 57 47 45 84 53 38 45 45 84 350 24,00

As g/

(m2d)

0,7 0,4 0,4 0,4 1,3 0,4 0,3 0,5 0,3 0,3 1,3 4 32,50

Cd g/

(m2d)

0,2 0,1 0,1 0,1 0,3 0,2 0,2 0,1 0,2 0,1 0,3 2 15,00

Co g/

(m2d)

0,5 0,2 0,8 0,2 0,3 0,3 0,4 0,2 0,7 0,2 0,8 5 16,00

Cr g/

(m2d)

2,4 1,6 1,7 1,8 2,1 2,2 1,8 1,2 2,1 1,7 2,4 82 2,93

Cu g/

(m2d)

9,5 5,9 8,0 6,4 6,0 7,4 6,7 5,8 7,9 7,0 9,5 99 9,60

Mn g/

(m2d)

12,

9

11,

3

13,

7

9,9 15,

9

12,8 11,

3

15,

1

12,

3

12,

5

15,9 10-30 53,00

Ni g/

(m2d)

5,8 1,1 1,5 1,5 1,8 1,7 1,5 1,1 1,6 1,2 5,8 15 38,67

Pb g/(m2

d) 2,7 2,8 3,2 2,8 3,3 3,4 2,1 7,9 2,5 2,5 7,9 100 7,90

Sb g/(m2

d)

1,3 0,5 0,4 0,4 0,3 0,4 0,3 0,3 0,4 0,5 1,3 10 13,00

Sn g/(m2

d)

2,3 1,7 1,4 1,1 1,4 1,5 1,5 1,2 1,7 1,5 2,3 15 15,33

TI g/

(m2d)

0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 2 5,00

V g/

(m2d)

1,1 0,9 1,2 1,1 2,4 1,6 1,1 0,9 1,1 0,8 2,4 100 2,40

Hg g/(m2

d)

0,0

6

0,2

5

0,1

2

0,1

0

0,0

9

0,08 0,0

5

0,3

1

0,0

9

0,0

4

0,31 1 31,00

PCDD/F pg/

(m2d)

1,9 1,9 - - - 1,7 - - - - 1,9 4 47,50

VI.3.4.1.1.2. Ergebnisse der Vorbelastungsmessung – Kurzzeitwerte

VI.3.4.1.1.2.1. Stickstoffdioxid

Der Stundenwert der TA Luft in Höhe von 200 µg/m³ (bei 18 zulässigen

Überschreitungen pro Jahr) wurde weder bei der vorhabensbezogenen

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Vorbelastungsmessung (2007/2008) noch an der HLUG-Messstation Hanau

(2007 bis 2009) erreicht.

VI.3.4.1.1.2.2. Schwebstaub PM10

Bei den Vorbelastungsmessungen im Zeitraum April 2007 bis Juli 2008

wurde an 9 Messstellen in einem einjährigen Messzeitraum zwischen vier bis

vierzehn Tagen eine Überschreitung des Schwebstaub-Tagesmittelwertes

von 50 µg/m³ ermittelt. An der HLUG-Messstation Hanau wurden in den

Jahren 2007 bis 2009 an max. 13 Tagen der Schwebstaub-Tagesmittelwert

von 50 µg/m³ überschritten. Die Kurzzeit-Immissionswerte der TA Luft für

Schwebstaub (PM10; zulässige Überschreitungshäufigkeit: 35 Tage pro Jahr)

werden demzufolge eingehalten bzw. unterschritten.

VI.3.4.1.2. Zusatzbelastung (Voraussichtliche Veränderung infolge des geplanten

Vorhabens)

VI.3.4.1.2.1. Ausbreitungsrechnung (mit Eingabedaten) zur Ermittlung des Immissions-

beitrages des Blocks 6

Die Antragstellerin hat Ausbreitungsrechnungen gemäß Anhang 3 der TA

Luft mit dem Modell TALdia / AUSTAL2000 (Version 2.3.6) unter Verwen-

dung der Winddaten der Messstation Kahl am Main (25 m ü. GOK) zur Er-

mittlung des Immissionsbeitrages des Blocks 6 durchgeführt.

Das Rechengebiet wurde mit einer Abmessung von 33 x 28,4 km so weit ge-

fasst, dass der Bereich des Spessarts ausreichend mit eingeschlossen ist.

Das Beurteilungsgebiet umfasst einen Radius von 10km um den neuen

Kühlturm und einen Radius von 12,5km um den 250m hohen vorhandenen

Schornstein des Blocks 4.

Als Emissionsquellen wurden berücksichtigt:

Steinkohle-Kessel mit Ableitung über den 180m hohen Kühlturm

Siloanlagen für Flugasche, Kalksteinmehl / Branntkalk, Kohletages-

bunker

5 Hilfskessel mit Ableitung über den vorhandenen 250m hohen Kamin

des Blocks 4

Die erforderliche Mindesthöhe des Kamins für die Ableitung der Abluft der

Hilfskessel wurde rechnerisch nachgewiesen. Die Bestimmung einer Min-

desthöhe des Kühlturms ist entsprechend VDI 3783 Blatt 13 nicht erforder-

lich. Für die Ermittlung des Immissionsbeitrages wurden insgesamt vier Re-

chenläufe durchgeführt (1 Rechenlauf Steinkohle-Kessel und Hilfskessel; je

ein Rechenlauf pro Siloanlage (Kohle, Kalkstein / Branntkalk, Flugasche)).

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Der Steinkohle- Kessel wird mit der erwarteten / beantragten Kombination

von Kessellast und Fernwärmeauskopplung (Lastfälle) sowie den beantrag-

ten Emissionsgrenzwerten berücksichtigt. Die Lastfälle wurden für die Aus-

breitungsrechnung der Luftschadstoffe einem zeitlichen Verlauf im Jahres-

gang zugeordnet.

In die Ausbreitungsrechnung wurden auch die Parameter Benzol mit einer

Emissions-Konzentration von 0,009 mg/m³ sowie HCl (20 mg/m³) und HF (1

mg/m³) einbezogen.

Bei den Siloanlagen und den Hilfskesseln wurden die beantragten Emissi-

onswerte und Betriebszeiten gemäß Formular 8/1 (Antragskapitel 8) sowie

die Inhaltsstoffe im Staub (Metalle) gemäß Anlage 8-2 berücksichtigt. In der

nachfolgenden Tabelle sind die beantragten, in die Ausbreitungsrechnung

eingestellten Emissionsfrachten des Blocks 6 für SO2, NO2 und Staub im

Vergleich mit den erwarteten mittleren Emissionsfrachten für Block 6 und

den beantragten zukünftigen Gesamtkraftwerksfrachten dargestellt. Wie die

Gegenüberstellung zeigt, wurde bei der Ausbreitungsrechnung des Blocks

6 beim SO2, NOx und beim Schwebstaub eine zum Teil deutlich höhere

Emissionsfracht angesetzt, als im zukünftigen Betrieb des Blocks 6 erwartet

wird. Die in die Ausbreitungsrechnung eingestellte Emissionsfracht über-

schreitet zudem bei den Parametern SO2 und Staub jeweils die für den zu-

künftigen Gesamtkraftwerksbetrieb beantragte Emissionsfracht. Dies be-

deutet, dass die errechneten Immissionsbeiträge für den Block 6 diesbezüg-

lich überschätzend sind.

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Tabelle 24: Emissionsfrachten der Ausbreitungsrechnung im Vergleich mit den erwarteten Emissionsfrachten des Blocks 6 und den beantragten Gesamtkraftwerksemis-sionen

Schad- stoff

Emissionsfrachten Kessel Block 6 Ausbreitungs- rechnung [t/a] gemäß Anlage 8-2 (I-Prognose)

Erwartete mittlere Emissions-frachten Block 6 gemäß Anlage 4.-1 (UVU)

Max. Emis-sionsfrachten Ge-samtkraftwerk-standort (Blöcke 4-6, Feuerung) [t/a]; gemäß Schreiben der Antragstellerin vom 05.06.2009

[t/a] %-Anteil an E-Fracht Ausbrei-tungs-rechnung

SO2 1.734 777 44,8 < 1.219

NOx als NO2

2.353 1.998 84,9 < 3.554

Staub 248 111 44,8 < 221

Der Einfluss von Gebäuden wurde mit dem Windfeldmodell TALdia be-

rechnet; bei der Kühlturmableitung wurden die Ergebnisse der VGB- For-

schungsvorhaben Nr. 262 und 279 berücksichtigt. Bei der Ausbreitungs-

rechnung wurde für die Stickstoffdioxid-Emissionen am Quellort (Abgasaus-

tritt) eine emissionsseitige Aufteilung von 90% NO und 10% NO2 ange-

nommen. Quecksilber wurde bei der Ausbreitungsrechnung zu 100% als

gasförmig (Hg(II)) angesetzt. Bei der Auswertung wurde eine Verteilung der

Quecksilberemissionen in 90% gasförmiger Emissionen und 10% in Form

von Emissionen als partikelgebundenes Quecksilber (Hg(p)) berücksichtigt.

Die in § 3 Abs.1 Satz 2 Nr. 3, lit. a) bis c) 13. BImSchV festgelegten Emis-

sionsgrenzwerte (Metalle, Benzo(a)pyren) gelten nicht für den Einsatz von

Kohle (§ 3 Abs.2 Satz 1 13. BImSchV). Bei der Ausbreitungsrechnung wur-

den dennoch ergänzend zu den Emissions-Antragswerten für das Reingas

aus der Kesselfeuerung des Blocks 6 sowie für die Abluft der Siloanlagen

die in § 3 Abs.1 13. BImSchV aufgeführten Schwermetalle mit betrachtet. Im

Rahmen der Ausbreitungsrechnung für das Raumordnungsverfahren wur-

den zudem die Parameter Ammoniak und Benzo(a)pyren eingestellt.

Für die Schwermetall-Emissionen des Reingases wurden plausible Schwer-

metallanalysen unter Berücksichtigung spezifischer Transferfaktoren vom

Brennstoff zum Rauchgas angesetzt. Die Schwermetall-Emissionen der Silo-

Anlagen entsprechen der Zusammensetzung des jeweiligen Staubes (Koh-

lestaub, Kalksteinstaub, Flugasche). Die Schwermetallkonzentrationen sind

nachfolgend zusammenfassend dargestellt:

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Tabelle 25: Emissionskonzentrationen Reingas Block 6 und Siloanlagen (Eingangsdaten)

Stoff Reingas Block 6 Emissionskon-

zentration (TMW) [mg/m³]

Siloanlagen

Emissionskonzentration [ g/m³]

Flugasche Kalkstein Kohlebun-ker

Cadmium (Cd) 0,008 0,025 0,004 0,03

Thallium (Tl) 0,0038 0,025 0 0,005

Quecksilber und seine Verbindun-gen (Hg)

0,015 0,025 0,00005 0,006

Antimon (Sb) 0,005 0,1 0,0004 0,01

Arsen (As) 0,015 0,3 0,0049 0,12

Blei (Pb) 0,05 1,2 0,02 1,5

Chrom (Cr) 0,014 1,2 0,022 0,45

Kobalt (Co) 0,002 0,88 0 0,05

Kupfer (Cu) 0,1 1,8 0 0,27

Mangan (Mn) 0,025 8,1 0 0,95

Nickel (Ni) 0,07 1,2 0,01 1

Vanadium (V) 0,036 2 0 0,34

Zinn (Sn) 0,013 0,1 0 0,02

Benzo(a)pyren 1) 0,005 - - -

Zink (Zn) 0,013 3,8 0 0,19

Ammoniak (NH3) 1) 2,0 - - -

1) Eingangsdaten Ausbreitungsrechnung ROV

Nach den am 24. Februar und 9. August 2010 ergänzend vorgelegten An-

tragsunterlagen liegen die im Reingas erwarteten Emissionskonzentrationen

bei den meisten Parametern niedriger als die in die Immissionsprognose

eingestellten Konzentrationen.

Als Grundlage für die FFH-Verträglichkeitsprüfung wurde zudem eine er-

gänzende Ausbreitungsrechnung auf der Basis von erwarteten Jahresfrach-

ten durchgeführt. Im Zuge der Berechnungen wurde u.a. die Deposition an

Stickstoff und Schwefel ermittelt.

VI.3.4.1.2.2. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Jahreswerte

Die maximalen Immissionsbeiträge des Blocks 6 (einschließlich Siloanlagen

und Hilfskessel) an Luftschadstoffen im Beurteilungsgebiet (Radius von

10km um den neuen Kühlturm und von 12,5km um den Kamin des Blocks 4)

im Sinne einer worst-case-Betrachtung sind in den nachfolgenden Tabellen

12 und 13 für die Konzentration und die Deposition im Vergleich mit den

maßgebenden anerkannten Beurteilungswerten dargestellt. Die räumliche

Lage der aufpunktbezogenen Immissionsmaxima wurde in der Immissions-

prognose (Antragskapitel 8) und im Rahmen des Beteiligungsverfahrens in

ergänzend von der Antragsstellerin vorgelegten Unterlagen vom 9. Februar

2010 kartografisch dargestellt.

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Die maximalen Immissionsbeiträge für die Stoffe, die ausschließlich aus den

hohen Quellen (Kühlturm, Kamin des Blocks 4) freigesetzt werden (SO2, HCl,

F) - mit Ausnahme des NO2 – sowie für die Konzentration an Cadmium, Thal-

lium und Quecksilber liegt rd. 2 Kilometer nordöstlich der Anlage.

Das Maximum der Deposition an Cadmium und Quecksilber befindet sich

rd. 10km nördlich des Kraftwerkes. Das NO2-Maximum befindet sich außer-

halb des Beurteilungsgebietes in einer Entfernung von ca. 12 bis 13km vom

Kraftwerk.

Beim Staub (einschließlich übrige Inhaltsstoffe, vorstehend nicht benannt)

liegt das Immissionsmaximum der Konzentration und der Deposition, be-

dingt durch die vergleichsweise niedrige Quellhöhe der Siloanlagen (30m

bis 71,2m), auf dem Kraftwerksgelände.

Maßgebende Beurteilungswerte finden sich in den bundesdeutschen fach-

gesetzlichen Regelwerken zum Immissionsschutz (TA Luft, 39. BImSchV),

Veröffentlichungen des Länderausschusses für Immissionsschutzes (LAI) so-

wie in sonstigen anerkannten Fachbeiträgen.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die maximalen Immissionsbeiträge des

Blocks 6 bei allen Parametern - mit Ausnahme der Quecksilberdeposition -

unterhalb der Irrelevanzgrenzen (Konzentration < 3% des jeweiligen Beur-

teilungswertes; Deposition < 5% des jeweilige Beurteilungswertes) liegen.

Durch den Betrieb des Blocks 6 wird bei der Konzentration der meisten Pa-

rameter als maximaler Immissionsbeitrag ein Anteil an den Beurteilungswer-

ten von überwiegend deutlich weniger als 1% erreicht. Bei den Parametern

Schwebstaub und den Inhaltsstoffen Arsen, Nickel und Vanadium im

Schwebstaub werden Anteile von max. 1,7% an den Beurteilungswerten er-

reicht.

Bei der Deposition liegt der maximale Immissionsbeitrag bei den meisten

Parametern bei einem Anteil an den jeweiligen Beurteilungswerten von we-

niger als 1,3%. Ein Anteil an den Beurteilungswerten von mehr als 1,3%

ergibt sich bei folgenden Parametern (Deposition): Arsen und Cadmium:

2,5%, Nickel: 3,2%, Quecksilber: 9,0% und Dioxine / Furane: 14,75% (Bezug:

Anteil am LAI-Zielwert für die langfristige Luftreinhaltung). Für Quecksilber

und Dioxine / Furane sowie für die übrigen Parameter wurde anhand der

Ermittlung der Gesamtbelastung nachgewiesen, dass auch bei einem rele-

vanten Immissionsbeitrag an Quecksilber bzw. Dioxinen / Furanen keine

schädlichen Umwelteinwirkungen durch die Immissionen des Blocks 6 her-

vorgerufen werden können.

Beim Mangan liegt kein anerkannter Beurteilungsmaßstab für die Depositi-

on vor. Nach Kühlung / Peters (1994) liegt eine Manganbelastung von 10 bis

30 µg/(m² d) im mittleren Wertebereich für ein ländliches Gebiet / Reinluft-

gebiet.

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Bei den LAI- Werten für Dioxine / Furane für die Staubkonzentration (150

fg/m³) und die Staubdeposition (4 pg/m²xd) handelt es sich jeweils um

Zielwerte für die langfristige Luftreinhaltung, so dass diese Werte ausdrück-

lich nicht als Orientierungswert für die Sonderfallprüfung herangezogen

werden können (LAI, 2004). Eine Wertung unter Bezugnahme auf die Irrele-

vanzschwellen (3% Konzentration und 5% Deposition) ist hier nicht zulässig.

Tabelle 26: Immissionsbeitrag des Blocks 6 (einschließlich Hilfskessel und Siloanlagen) an Luftschadstoffen – Konzentration im Vergleich mit den maßgebenden Beurtei-lungswerten

Zusatzbelastung Block 6

Schadstoff

Maximale Zusatz-

belastung

Bewertungskriteri-

en (BW)

Anteil der max.

Zusatzbelastung

an BW in %

Gasförmige Komponenten [ g/m³]

Stickstoffdioxid (NO2) 0,17 40 (TA Luft) 0,43

Schwefeldioxid (SO2) 0,32 50 (TA Luft) 0,64

Schwebstaub [ g/m³]

Schwebstaub (PM-10) 2) 0,53 40 (TA Luft) 1,33

Inhaltsstoffe im Schwebstaub [ng/m³]

Arsen (As) 0,074 6 (39. BImSchV, TA

Luft))

1,23

Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,033 5 (39. BImSchV, TA

Luft)

0,66

Kobalt (Co) 0,048 20 (HLUG) 0,24

Chrom (Cr) 0,11 17 (LAI) 0,65

Kupfer (Cu) 0,48 1.000 (1/100 MAK) 0,05

Mangan (Mn) 0,47 150 (WHO) 0,31

Nickel (Ni) 0,34 20 (39. BImSchV, TA

Luft)

1,70

Blei u. s. Verb. (Pb) 0,26 500 (TA Luft) 0,05

Antimon (Sb) 0,025 5.000 (RK-Wert für

langf. Inh.)

<0,1

Zinn (Sn) 0,057 20.000 (1/100 MAK) <0,1

Thallium (TI) 0,016 14 (Eikmann, 2008;

unveröff.)

0,11

Vanadium (V) 0,24 20 (LAI) 1,20

Quecksilber und seine Ver-

bindungen (Hg)

0,062 50 (LAI) 0,12

Dioxine / Furane (PCDD/F)

[fg/m³]

0,43 fg/m³ 150 (LAI) (0,29)

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 93 von 321

Tabelle 27: Immissionsbeitrag des Blocks 6 (einschließlich Hilfskessel und Siloanlagen) an Luftschadstoffen – Deposition im Vergleich mit den maßgebenden Beurtei-lungswerten

Zusatzbelastung Block 6

Schadstoff

Maximale Zusatz-belastung

Bewertungskriteri-en (BW)

Anteil max. Zusatzbelas-tung an BW

Staubniederschlag [mg/(m2d)]

Staubniederschlag (StN) 0,62 350 (TA Luft) 0,18

Inhaltsstoffe im Staubniederschlag [ g/(m2d)]

Arsen (As) 0,10 4 (TA Luft) 2,5

Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,05 2 (TA Luft) 2,5

Kobalt (Co) 0,06 5 (Vergleichswert HLUG))

1,2

Chrom (Cr) 0,15 82 (BBodSchV)) 0,18

Kupfer (Cu) 0,69 99 (BBodSchV) 0,7

Mangan (Mn) 0,58 10-30 (Messwerte ländl. Raum)

1,9-5,8

Nickel (Ni) 0,48 15 (TA Luft) 3,2

Blei u. s. Verb. (Pb) 0,36 100 (TA Luft) 0,36

Antimon (Sb) 0,03 10 (Vergleichswert HLUG)

0,3

Zinn (Sn) 0,08 15 (Anlage 22-4, ROV-Gutachten)

0,5

Thallium (TI) 0,02 2 (TA Luft) 1,0

Vanadium (V) 0,32 100 (Vergleichswert HLUG)

0,32

Quecksilber und seine Verbin-dungen (Hg)

0,09 1 (TA Luft) 9,0

Dioxine / Furane (PCDD/F) 0,59 4 (LAI) (14,75)

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass beim SO2 sowie beim Staub für den

Betrieb des Blocks 6 höhere Emissionsfrachten angesetzt wurden, als im zu-

künftigen Gesamtkraftwerksbetrieb freigesetzt werden.

VI.3.4.1.3. Gesamtbelastung (Jahreswerte) aus der Vorbelastung und dem Immissi-

onsbeitrag des Blocks 6

Maßgebende Beurteilungswerte finden sich in den bundesdeutschen fach-

gesetzlichen Regelwerken zum Immissionsschutz (TA Luft, 39. BImSchV),

Veröffentlichungen des Länderausschusses für Immissionsschutzes (LAI) so-

wie in sonstigen anerkannten Fachbeiträgen.

Ungeachtet des Nachweises der Irrelevanz im Sinne der TA Luft bzw. der

sonstigen anerkannten Beurteilungswerte wurde von der Antragstellerin mit

den vorgelegten Antragsunterlagen nachgewiesen, dass die Immissions-

werte der TA Luft bzw. der sonstigen anerkannten Beurteilungswerte unter

Berücksichtigung des zukünftigen Gesamtkraftwerksbetriebs in der Ge-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 94 von 321

samtbelastung eingehalten bzw. unterschritten werden. Die Regelungen

der TA Luft bei Überschreiten von Immissionswerten (z.B. Maßnahmen zur

Luftreinhaltung, die über den Stand der Technik hinausgehen) sind demzu-

folge hier nicht anzuwenden.

Zur Ermittlung der Gesamtbelastung wurde im Bereich der 10 Mess- bzw.

Monitorpunkte die jeweils gemessene Vorbelastung mit der berechneten

Zusatzbelastung (Immissionsbeitrag Block 6) überlagert (Vorbelastung + Zu-

satzbelastung = Gesamtbelastung). Die so errechnete Gesamtbelastung ist

insoweit überschätzend, als in der Vorbelastung der Kraftwerksbetrieb der

Blöcke 1 bis 3, 4 und 5 mit den tatsächlichen Betriebszeiten enthalten ist

und die Blöcke 1 bis 3 nach der Inbetriebnahme des neuen Blocks 6 stillge-

legt werden.

Ergänzend wurde in den Antragsunterlagen zudem - in weiterer Überschät-

zung - der maximal gemessene Wert der Vorbelastung mit dem maximalen

Immissionsbeitrag (Block 6) im gesamten Beurteilungsgebiet / Untersu-

chungsraum überlagert (worst-case-Betrachtung).

In der Gesamtbelastung (worst-case) werden die Beurteilungswerte bei al-

len Parametern deutlich unterschritten (vgl. Tabelle 28: Gesamtbelas-

tung an Luftschadstoffen – Überlagerung der Vorbelastungsmessungen mit

dem berechneten Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Konzentration und Ta-

belle 29: Gesamtbelastung an Luftschadstoffen – Überlagerung Vorbelas-

tungsmessungen mit dem berechneten Immissionsbeitrag des Block 6 –

Deposition).

Bei der Konzentration liegen die Anteile der max. worst-case-

Gesamtbelastung an den Beurteilungswerten bei den meisten Parametern

bei überwiegend deutlich weniger als 20%. Beim Arsen im Schwebstaub

werden Anteile an den Beurteilungswerten von 25% erreicht, beim Schweb-

staub 60% und beim Stickstoffdioxid 75,5%. Überlagert man beim

Stickstoffdioxid den maximalen worst-case Immissionsbeitrag des Blocks 6

mit dem maximalen Messwert der HLUG-Station Hanau (2009) ergibt sich

ein Anteil am Immissionswert der TA Luft von 98,2%.

Bei der Deposition liegen die Anteile an den Beurteilungswerten bei den

meisten Parametern bei überwiegend deutlich weniger als 50%. Bei der Di-

oxin / Furan-Deposition ergibt sich ein Anteil von 62%. Beim Mangan liegt

kein anerkannter Beurteilungsmaßstab für die Deposition vor. Nach Kühling

/ Peters (1994) liegt die Manganbelastung im mittleren Wertebereich für ein

ländliches Gebiet / Reinluftgebiet.

Bei Abschätzung des PM2,5-Anteils mit 80% des PM10-Wertes errechnet sich

damit im Sinne einer worst-case-Betrachtung eine PM2,5-Gesamtbelastung

von ca. 19,2 µg/m³. Die entspricht einem Anteil am EU-Grenzwert (25

µg/m³) von ca. 77%.

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Tabelle 28: Gesamtbelastung an Luftschadstoffen – Überlagerung der Vorbelastungsmes-sungen mit dem berechneten Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Konzentration

Gesamtbelastung Maximale Gesamtbelastung

(worst-case)

Bewertungskriteri-en (BW)

Anteil der ma-ximalen Ge-

samtbelastung

an BW

Gasförmige Komponenten [ g/m³]

Stickstoffdioxid (NO2) 30,2 40 (TA Luft) 75,5

Schwebstaub [ g/m³]

Schwebstaub (PM-10) 2) 24 40 (TA Luft) 60,00

Inhaltsstoffe im Schwebstaub [ng/m³]

Arsen (As) 1,5 6 (39. BImSchV, TA Luft))

25,00

Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,27 5 (39. BImSchV, TA Luft)

5,40

Kobalt (Co) 0,35 20 (HLUG) 1,75

Chrom (Cr) 2,5 17 (LAI) 14,71

Kupfer (Cu) 16 1.000 (1/100 MAK) 1,60

Mangan (Mn) 8,7 150 (WHO) 5,80

Nickel (Ni) 2,0 20 (39. BImSchV, TA Luft)

10,00

Blei u. s. Verb. (Pb) 9,5 500 (TA Luft) 1,90

Antimon (Sb) 2,9 5.000 (RK-Wert für langf. Inh.)

0,06

Zinn (Sn) 3,7 20.000 (1/100 MAK) 0,02

Thallium (TI) 0,066 14 (Eikmann, 2008; unveröff.)

0,47

Vanadium (V) 0,84 20 (LAI) 4,20

Quecksilber und seine Verbin-dungen (Hg)

0,96 50 (LAI) 1,92

Dioxine / Furane (PCDD/F)

(fg/m³)

27 150 (LAI) 18,00

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Tabelle 29: Gesamtbelastung an Luftschadstoffen – Überlagerung Vorbelastungsmessun-gen mit dem berechneten Immissionsbeitrag des Block 6 – Deposition

Gesamtbelastung Maximale Gesamt-belastung

(worst-case)

Bewertungskriteri-en (BW)

Anteil der ma-ximalen Ge-

samtbelastung an BW

Staubniederschlag [mg/(m2d)]

Staubniederschlag (StN) 85 350 (TA Luft) 24,29

Inhaltsstoffe im Staubniederschlag [ g/(m2d)]

Arsen (As) 1,4 4 (TA Luft) 35,00

Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,35 2 (TA Luft) 17,50

Kobalt (Co) 0,86 5 (Vergleichswert HLUG))

17,20

Chrom (Cr) 2,5 82 (BBodSchV)) 3,05

Kupfer (Cu) 10 99 (BBodSchV) 10,10

Mangan (Mn) 16 10-30 (Messwerte ländl. Raum)

53,33

Nickel (Ni) 6,3 15 (TA Luft) 42,00

Blei u. s. Verb. (Pb) 8,3 100 (TA Luft) 8,30

Antimon (Sb) 1,3 10 (Vergleichswert HLUG)

13,00

Zinn (Sn) 2,4 15 (Anlage 22-4, ROV-Gutachten)

16,00

Thallium (TI) 0,12 2 (TA Luft) 6,00

Vanadium (V) 2,7 100 (Vergleichswert HLUG)

2,70

Quecksilber und seine Verbin-dungen (Hg)

0,4 1 (TA Luft) 40,00

Dioxine / Furane (PCDD/F)

(pg/m².d)

2,5 4 (LAI) 62,50

VI.3.4.1.4. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Kurzzeitwerte

Die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung für die Kurzzeitwerte (Immissi-

onsbeitrag des Blocks 6 an NO2, SO2 und Schwebstaub) sind nachfolgend

dargestellt:

Tabelle 30: Immissionsbeitrag des Blocks 6 an SO2 und Schwebstaub – Kurzzeitwerte

Maximum Tag (t00)

Zusatzbelas-tung Block 6 + Silos

MP1 MP2 MP3 MP4 MP5 MP6 MP7 MP8 MP9 MP10

Max.

PM10 g/m3

0,50 0,86 0,42 0,27 0,47 0,51 0,28 0,64 0,61 0,35 6,5

SO2 g/m3

4,5 8,3 3,7 2,3 3,7 4,0 3,8 9,3 5,7 2,8 49

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Tabelle 31: Immissionsbeitrag des Blocks 6 an NO2 und SO2 – Kurzzeitwerte

Maximum Stunde (s00)

Zusatzbelastung Block 6 + Silos

MP1 MP2 MP3 MP4 MP5 MP6 MP7 MP8 MP9 MP10 Max.

NO2 g/m3 123 301 108 61 54 72 114 231 157 86 607

SO2 g/m3 89 174 80 51 87 72 92 203 137 68 1184

Als maximaler Tagesmittelwert an Schwebstaub (PM10) wurde an den 10

Monitorpunkten ein Wert von bis zu 0,86 µg/m³ (MP 2) errechnet. Der Ma-

ximalwert im gesamten Beurteilungsgebiet liegt bei 6,5 µg/m³. Im folgen-

den Kapitel ist ausgeführt, dass sich dieser Immissionsbeitrag nicht auf die

Immissionssituation auswirkt.

Beim SO2 werden Immissionskonzentrationen aus dem Anlagenbetrieb des

Blocks 6 an den 10 Monitorpunkten erreicht, die dem Wert nach die Kurz-

zeitkonzentrationswerte der Tabelle 1 der TA Luft für den Tag (125 µg/m³

mit 3 zulässigen Überschreitungen im Jahr) und die Stunde (350 µg/m³ mit

24 zulässigen Überschreitungen im Jahr) unterschreiten.

Auch beim NO2 liegt der Immissionsbeitrag des Blocks 6 an den 10 Moni-

torpunkten unterhalb der Konzentration der Tabelle 1 der TA Luft (200

µg/m³ mit 18 zulässigen Überschreitungen im Jahr).

Die in der letzten Spalte der Tabelle 31: Immissionsbeitrag des Blocks

6 an NO2 und SO2 – Kurzzeitwerte genannten Immissionsbeiträge des

Blocks 6 stellen Maximalwerte für Einzelereignisse mit einer geringen Auf-

trittswahrscheinlichkeit im Jahresverlauf dar. Zur Einhaltung der Immissi-

onswerte der Tabelle 1 der TA Luft sind die Überschreitungshäufigkeiten

der Immissionswerte der TA Luft (Stunden- bzw. Tagesmittel) maßgebend

(siehe nachfolgendes Kapitel VI.3.4.1.5).

VI.3.4.1.5. Ermittlung der Gesamtbelastung (Kurzzeitwerte) aus der Vorbelastung und

dem Immissionsbeitrag des Blocks 6

VI.3.4.1.5.1. Schwebstaub

Durch den Immissionsbeitrag des Blocks 6 erhöht sich die Anzahl der Tage

mit Überschreitung des TA Luft-Tagesmittelwertes für Schwebstaub von

50µg/m³ an den Vorbelastungs-Messstellen um max. einen Tag (siehe nach-

folgende Tabelle 32: Überschreitungshäufigkeit des Kurzzeitwertes der

TA Luft für Schwebstaub). Der Immissionswert der TA Luft (Überschrei-

tungshäufigkeit: 35 Tage) wird unverändert auch in der Gesamtbelastung

unterschritten.

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Tabelle 32: Überschreitungshäufigkeit des Kurzzeitwertes der TA Luft für Schwebstaub

PM10- Überschreitungshäufigkeit von 50 g/m3

Tagesmittel (Grenzwert 35)

Messpunkte MP1 MP2 MP3 MP4 MP6 MP7 MP8 MP9 MP10

Messwerte 2007/2008

1/a 13 6 4 8 9 10 7 14 7

Beitrag von

Block 6 + Silos

1/a 0 1 0 1 1 0 0 0 1

Gesamtbelas-tung

1/a 13 7 4 9 10 10 7 14 8

% 37 20 11 26 29 29 20 40 23

VI.3.4.1.5.2. NO2 und SO2

Auch beim NO2 (Stundenmittel) und bei SO2 (Stunden- und Tagesmittel)

werden die nach der TA Luft zulässigen Überschreitungshäufigkeiten von 18

Überschreitungen für NO2 und 3 Überschreitungen für SO2 (Tageswert) bzw.

24 Überschreitungen (Stundenwert) in der Gesamtbelastung nach den Kri-

terien der TA Luft (Nr. 4.7.2 und 4.7.3) nicht überschritten.

VI.3.4.1.6. Anfahren der Anlage

Die beim Anfahren der Anlage entstehenden Emissionen / Immissionen aus

dem Betrieb der fünf Hilfskesselanlagen sind bei der oben genannten Aus-

breitungsrechnung (Betriebsstunden und Emissionsfrachten) enthalten.

VI.3.4.1.7. Abschätzung der Immissionsbelastung bei Ausfall der Rauchgasentschwe-

felungsanlage / Entstickungsanlage

Auf Basis der Antragswerte für die Schwefel- und Stickstoffoxidemissionen

bei Ausfall der Rauchgasentschwefelungsanlage / Entstickungsanlage (siehe

Kapitel VI.3.3.7) wurden die maximalen Tagesmittel anhand der Ergebnisse

der Ausbreitungsrechnung mit 115 µg/m³ (SO2) bzw. 78 µg/m³ (NO2) ge-

schätzt. In der nachfolgenden Tabelle sind die ermittelten Kurzzeitwerte ori-

entierend im Vergleich zu den für den bestimmungsgemäßen Betrieb gel-

tenden Kurzzeitwerten der TA Luft dargestellt.

Tabelle 33: Nicht bestimmungsgemäßer Betrieb

Stoff Ermittelte Kurz-

zeitwerte

Bewertungs-

maßstab

TA Luft

Mittelungszeit-

raum

TA Luft

Zulässige Über-

schreitungshäufigk

eit im Jahr

Schwefeldioxid

(SO2-S24)

150 µg/m3 350 µg/m3 1 h 24

Schwefeldioxid

(SO2-T03)

38 µg/m3 125 µg/m3 24 h 3

Stickstoffdioxid

(NO2-S18)

124 µg/m3 200 µg/m³ 1 h 18

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VI.3.4.1.8. Verkehrsbedingte Luftschadstoffemissionen

In einer separaten Ausbreitungsrechnung wurde der Immissionsbeitrag des

kraftwerksbedingten Verkehrs für ein LKW- Aufkommen von 20.800 LKW / a

(Betriebsphase derzeitiger Anlagenbetrieb) und von 52.000 LKW / a (Bau-

phase) an drei ausgewählten Immissionsorten im Umfeld des Kraftwerks be-

rechnet.

Im derzeitigen Anlagenbetrieb liegen die Immissionsbeiträge bei allen Pa-

rametern (Schwebstaub, NO2 und Benzol) deutlich unterhalb der Irrele-

vanzgrenze. Mit der Inbetriebnahme des Blocks 6 wird sich die Anzahl der

LKW um rd. 37,5% reduzieren und demzufolge auch die verkehrsbedingten

Immissionen.

Während der Bauphase liegen - mit den obigen LKW- Ansätzen – die Immis-

sionsbeiträge für Schwebstaub und Benzol an allen drei Immissionsorten

sowie für Stickstoffdioxid an zwei Immissionsorten unverändert deutlich un-

terhalb der 3%-Irrelevanzgrenzen. Beim Stickstoffdioxid erreicht der Immis-

sionsbeitrag (1,8 µg/m³) am Immissionsort MP 3 (Großauheim) einen Anteil

am Immissionswert der TA Luft von 4,5%.

Mit den seitens der Antragstellerin ergänzend mit Schreiben vom 24. Feb-

ruar 2010 vorgelegten Unterlagen wurde nachgewiesen, dass auch in der

Überlagerung der Betriebsphase des derzeitigen Anlagenbetriebs mit der

Bauphase für den Block 6 die Immissionswerte der TA Luft eingehalten bzw.

deutlich unterschritten werden.

VI.3.4.2. Schutzgut Klima

VI.3.4.2.1. Ist- Zustand

VI.3.4.2.1.1. Klimatische Situation und klimaökologische Funktionen im Bereich / Um-

feld des Standortes

Die bebauten Bereiche des Gesamtkraftwerkstandortes - einschließlich des

Baufelds des Blocks 6 - sind im Landschaftsplan der Gemeinde Großkrot-

zenburg als Industrie-Klimatop / Raum städtischer Überwärmung (Wärme-

speicherung / erhöhte nächtliche Abstrahlung / Barriere für Luftleitbahn“)

ausgewiesen.

Durch die vorhandene Überbauung kommt es am Kraftwerkstandort zu ei-

ner marginalen Erwärmung am Tage und einer erhöhten nächtlichen Aus-

strahlung. Des Weiteren wird durch die bodennahe Erwärmung und die

Baukörper das Windfeld auf dem Kraftwerksgelände verändert.

Dem Main, der unmittelbar westlich und weiter südlich des Kraftwerkstand-

ortes verläuft, kommt nach dem Landschaftsplan der Gemeinde Großkrot-

zenburg die Funktion einer Kaltluft- und Frischluftbahn zu. Die nicht über-

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bauten Freiflächen im Kraftwerksbereich / -umfeld sind im Landschaftsplan

als „potentiell hoch aktive Ventilationsbahn / Ventilationsfläche“ ausgewie-

sen. Als Gewässer-Klimatop ist der Main gegenüber der Umgebung durch

einen ausgleichenden thermischen Einfluss gekennzeichnet, der sich in den

schwach ausgeprägten Tages- und Jahresgängen der Temperatur wider-

spiegelt. Die Luftfeuchtigkeit ist zudem höher als im Umland.

Die im weiteren Umfeld des Kraftwerkstandortes vorhandenen Waldgebiete

stellen potentiell aktive Frischluftgebiete dar.

Im Rahmen eines behördlicherseits veranlassten Fachgutachtens wurde der

Ist- Zustand der Kaltluft- und Flurwindsituation mit dem Modell FITNAH für

ein großräumiges Rechengebiet, das die Randhöhen des Spessarts mit um-

fasst, berechnet. Simuliert wurde das Strömungsgeschehen für eine typi-

sche Sommer-Wetterlage, in der es zur Ausbildung von Kaltluftströmungen

und lokalen Flurwinden kommt.

Im Ergebnis der Berechnungen ist festzustellen, dass die nächtliche Kaltluft

aus süd-südöstlicher Richtung kommend den Kraftwerkstandort in Richtung

Nord-Nordwesten überstreicht. Einflüsse des Kraftwerks auf die Strömungs-

und Temperaturverhältnisse zeigen sich nur in Bodennähe und bleiben lokal

auf den Kraftwerkstandort und das unmittelbare Umfeld begrenzt.

VI.3.4.2.1.2. Wind- / Ausbreitungsverhältnisse

Für die Ausbreitungsrechnungen mit AUSTAL2000 ist nach TA Luft eine re-

präsentative Jahreszeitreihe der meteorologischen Ausbreitungsbedingun-

gen erforderlich. Für den Standortbereich wurde die Vergleichsstation Kahl

am Main vom Deutschen Wetterdienst empfohlen. Sie weist fünfjährige kon-

tinuierliche Windmessungen und Beobachtungsreihen auf, die für Ausbrei-

tungsklassenstatistiken eine ausreichende Datendichte mitbringen. Das im

Rechenprogramm der Immissionsprognose verwendete Grenzschicht- und

Windfeldmodell modelliert die Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der

Höhe, die Winddrehung mit der Höhe, Turbulenzen durch Gebäude und

ggf. Kanalisierung durch Geländestrukturen. Der Einsatz von Daten aus Bo-

denstationen entspricht der nach TA Luft vorgeschriebenen Verfahrenswei-

se. Aus meteorologischer Sicht ist als repräsentative Jahreszeitreihe von

Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse die Jahreszeit-

reihe der DWD Messstation Kahl am Main des Jahres 2001 geeignet. Die

Verwendung der Daten einer nahegelegenen Messstation mit Überprüfung

der Übertragbarkeit bzw. Verwendbarkeit entspricht der erforderlichen

Vorgehensweise nach TA Luft. Die in der Windmessstation Kahl a. Main er-

mittelten meteorologischen Daten wurden nicht auf den Kraftwerkstandort

verschoben, sondern sind an Ort und Stelle der Messungen in die Ausbrei-

tungsberechnungen eingegangen. Positiv wirkt sich auf die Ausbreitungs-

rechnungen zudem aus, dass sich der Messort Kahl am Main nur etwa fünf

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 101 von 321

Kilometer südöstlich vom Kraftwerkstandort und damit deutlich innerhalb

des Beurteilungsgebietes der TA Luft befindet.

Aus der ca. 4,5 km südöstlich des Kraftwerks gelegenen Messstation Kahl

am Main ist eine Windrichtungsverteilung mit einem Maximum aus Südsüd-

ost und einem sekundärem Maximum aus Richtung Südwest bis Süd anzu-

treffen. Die mittlere Windgeschwindigkeit im Jahresmittel beträgt 2,9 m/s in

25m Höhe über Grund. Windschwache Wetterlagen mit Windgeschwindig-

keiten von weniger als 1,4 m/s treten an ca. 25,6% der Jahresstunden auf;

hohe Windgeschwindigkeiten mit mehr als 8,5 m/s an nur 0,7% der Jahres-

stunden. Windsituationen mit einer nur geringen atmosphärischen Durch-

mischung der bodennahen Luftschichten (Ausbreitungsklassen I und II) sind

in 39,4% der Jahresstunden zu erwarten.

VI.3.4.2.2. Voraussichtliche Auswirkungen des Vorhabens

Im Rahmen der Auswirkungsprognose sind die Auswirkungen durch die

Flächeninanspruchnahme und die Errichtung von Bauwerken (dazu

VI.3.4.2.2.1), Auswirkungen durch den Betrieb des Naturzug-Nasskühlturms

(dazu VI.3.4.2.2.2)+ Auswirkungen durch den „Prallhangeffekt“ (dazu

VI.3.4.2.2.2.3) sowie Auswirkungen durch CO2- Emissionen (dazu

VI.3.4.2.2.2.4) zu betrachten.

VI.3.4.2.2.1. Auswirkungen durch die Flächeninanspruchnahme und die Errichtung von

Bauwerken

Der Kraftwerkstandort ist bereits derzeit durch einen hohen Versiege-

lungsgrad (< 60 %) geprägt. Es ist nicht erkennbar, dass die weitere Über-

bauung / Versiegelung des ca. 99ha großen Gesamt-Kraftwerkstandortes in

einem Umfang von ca. 6,3ha die vorhandenen klimaökologischen Effekte in

erheblichem Umfang verstärkt. Die Standortfläche des Blocks 6 wurde in der

Vergangenheit überwiegend als Kohlelager genutzt, so dass hier anthropo-

gen überprägte Flächen ohne besondere lokalklimatische Funktionen

überbaut werden.

Durch die Errichtung von weiteren Bauwerken mit Höhen bis zu ca. 127m

(Kesselhaus) bzw. bis 180m (Kühlturm) kommt es zu zusätzlichen Verände-

rungen des bodennahen Windfeldes, die sich jedoch auf den unmittelbaren

Nahbereich der Maßnahmen, und damit lokal auf den Kraftwerkstandort

und das unmittelbare Umfeld, beschränken.

Mit den Antragsunterlagen wurde ein Fachgutachten vorgelegt, das den

Einfluss des Kraftwerks Staudinger auf den Kaltlufthaushalt untersucht. Im

Ergebnis des Fachgutachtens ist festzustellen, dass die geplante Bauwerks-

erweiterung nur einen unbedeutenden Einfluss auf die Strömungsverhält-

nisse hat. Eine erhebliche Verschlechterung der Belüftungssituation oder

eine Blockierung der Luftströmung ist nicht zu befürchten. Die Ventilations-

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bahn des Maines wird durch die Baumaßnahme nicht beeinflusst. Nachteili-

ge Auswirkungen auf die Frischluftzufuhr zu Siedlungsflächen sind nicht zu

befürchten.

Die ergänzend durchgeführten Berechnungen mit dem FITNAH- Modell

und dem ABC- Modell („Airflow around Buildings Clusters – hoch auflösen-

des Strömungsmodell) zum Einfluss des Blocks 6 auf das bodennahe Kalt-

luft- und Flurwindsystem haben die Einschätzungen des Fachgutachtens be-

stätigt.

Berechnungen der Kaltluftflurwinde mit dem Rechenprogramm FITNAH er-

geben, dass signifikante Kaltluftabflüsse im Bereich der markanten Gelän-

destrukturen (Berghänge wie Hänge des Spessarts) nur bis zu 2 km in die

vorgelagerte Ebene reichen, jedoch nicht das Umfeld des Kraftwerkstandor-

tes erreichen. Weiterhin weisen die großräumigen Berechnungen Kanalisie-

rungseffekte für Kaltluftströmungen nur in den Spessart-Tälern, zwischen

den Spessart-Hängen und den flachen Erhebungen des Schäferberges im

Bereich Michelbach-Alzenau nach. Im Umfeld des Kraftwerkes gibt es je-

doch keine Höhenunterschiede, die in der Lage wären, eine markante Strö-

mungskanalisierung in diesem Bereich herbei zu führen. Eingebettet ist das

Strömungsgeschehen im Umfeld des Kraftwerkes nach den Berechnungen

in eine nordwestlich gerichtete Strömung im gesamten Bereich der Main-

Niederung westlich des Spessarts von Aschaffenburg bis Hanau (Wind aus

etwa 140 bis 170 °). Grundsätzlich können lokal wärmere Bereiche wie In-

dustrie- und Siedlungsgebiete für geringfügige Änderungen der Strömun-

gen der Flurwinde sorgen. Diese bleiben jedoch aufgrund ihrer naturgemäß

hauptsächlich bodennahen Antriebsursache auf lokale Änderungen - zum

Beispiel der Windrichtung unmittelbar über dem Boden – beschränkt (Ein-

drehen Richtung Wärmequelle). Aber lokale Flurwinde-Effekte, die über das

unmittelbar benachbarte Gelände des Kraftwerkes hinaus reichen, wurden

nicht mit FITNAH berechnet. Insgesamt ergibt sich, dass das Kaltluft-

Flurwindsystem im Untersuchungsgebiet durch die zusätzliche Berücksichti-

gung des Blocks 6 nicht wesentlich verändert wird. Unterschiede sind ledig-

lich im Bereich des Kraftwerkstandortes selbst und seiner unmittelbaren

Nachbarschaft erkennbar. Aus diesem Grund wurde zusätzlich die Hinder-

niswirkung in dieser kleinräumigen Zone mit einem sehr viel höher auflö-

senden Simulationsmodell nochmals vertieft untersucht. Die Modellrech-

nungen mit Angaben zu den Bremswirkungen bzw. den flankierenden Be-

schleunigungswirkungen des Windes wurden für verschiedene Höhen über

Grund durchgeführt.

Im Ergebnis der Berechnungen zeigen sich nur geringe Veränderungen ge-

genüber dem Ist- Zustand, die sich auf das Kraftwerksgelände sowie das na-

he Umfeld begrenzen. Diese lokalklimatische Studie hat ergeben, dass eine

für die Bewohner spürbare Veränderung der Windverhältnisse (Belüftung

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durch Kaltluft/ Flurwinde) sowohl im Jahresmittel als auch im Einzelfall nicht

zu erwarten ist.

Damit konnte keine Untersuchung eine weitreichende Wirkung des Blocks 6

auf die Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet aufzeigen.

VI.3.4.2.2.2. Auswirkungen durch den Betrieb des Naturzug-Nasskühlturms

Die beim Kühlvorgang im Naturzug- Nasskühlturm entstehende warme,

wasserdampfreiche Luft tritt mit einem vertikal gerichteten Impuls aus dem

Kühlturm aus. Nach dem Austritt wird der Sättigungsdampfdruck in der sich

abkühlenden wasserdampfreichen Abluft in größeren Bereichen überschrit-

ten, so dass sich ein sichtbarer Schwaden ausbildet.

Wesentliche Veränderungen von meteorologischen Parametern wie Bewöl-

kung, Temperatur, Luftfeuchte, Nebelbildung, Niederschlag, Auslösung von

Gewittern, Eisbildung sind nicht zu erwarten.

VI.3.4.2.2.2.1. Sonnenscheindauer und Globalstrahlung

Gemäß dem Fachgutachten zu den Auswirkungen des Kühlturmbetriebs ist

nach den durchgeführten Modellrechnungen zu den Schwadenemissionen

und den Beschattungen durch die geplanten Kraftwerksbauten mit einer zu-

sätzlichen Verminderung der jährlichen Sonnenscheindauer von bis zu ma-

ximal 3,3% (IP 4, Großauheim) und der Globalstrahlung von bis zu maximal

1,5% (IP 4, Großauheim) im Bereich von 10 ausgewählten repräsentativen

Monitorpunkten (Bebauungen / Siedlungsflächen; ohne ehemaligen Aus-

siedlerhof) zu rechnen. Als meteorologische Vergleichsdaten wurden die

Daten der DWD-Station Schaafheim- Schlierbach (2002 bis 2006) zugrunde

gelegt.

Ein Einfluss auf das Pflanzenwachstum durch eine geringfügig verminderte

Globalstrahlung ist nicht zu befürchten, da in den meisten Fällen die für die

maximale Assimilation notwendige Globalstrahlung weit überschritten wird.

Die Globalstrahlung gibt an, wie viel Sonnenenergie auf der Erde zur Verfü-

gung steht. Sie setzt sich zusammen aus der sichtbaren Sonneneinstrahlung,

die sich durch klar erkennbaren Schattenwurf definieren lässt und der diffu-

sen Strahlung. Sie ist letztendlich in ihrer Gesamtheit als sichtbares und ver-

wertbares Tageslicht zu beschreiben. Nach Messungen unter Kühlturm-

schwaden erreicht selbst unter ungünstigen Bedingungen noch 1/3 der ein-

fallenden kurzwelligen Strahlung den Erdboden. Am Standort des Kraft-

werks Staudinger fällt die relative jährliche Minderung der Globalstrahlung

deutlich geringer aus als die der Sonnenscheindauer, da nur ein Teil der di-

rekten solaren Strahlung durch die sichtbaren Wasserdampffahnen der

Kühltürme absorbiert bzw. reflektiert wird. Im Bereich der o. g. Immissions-

punkte (außer IP_5) ist eine Minderung von 2,1 % (IP_4) bis 0,2 % (IP_11) für

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den IST-Zustand errechnet, die sich für den Ausbauzustand leicht um 1,5 %

(IP_4) bis 0,1 % (IP_11) erhöhen kann.

Zudem wird eine wesentliche Minderung des Ertrags von Solaranlagen nicht

gesehen, da mögliche Minderung der Globalstrahlung durch die Kühlturm-

schwaden entsprechend der Prognose äußerst gering ausfällt.

Der Einfluss des Vorhabens auf die Verschattung durch Schwaden der Kühl-

türme und durch Bauwerke wird unter VI.3.4.3.4 beschrieben.

Die Beschattung der Erdoberfläche kann zu einer maximalen, kurzzeitigen

Verminderung der Lufttemperatur von etwa 1 Grad führen. Temperaturän-

derungen bzw. -erhöhungen am Erdboden infolge der Freisetzung der

Kühlturmabluft liegen unterhalb von 1 Grad. Infolge der natürlichen

Schwankungen der Monatsmitteltemperaturen am Erdboden ist ein Einfluss

auf langzeitige Mittelwerte der Lufttemperatur nicht nachweisbar.

Ergänzend wurden die Wirkungen des Blocks 6 auf die Temperaturverhält-

nisse mit dem Modell FITNAH für typische Sommer- und Wintersituationen

mit geringen Windgeschwindigkeiten berechnet. Im Ergebnis zeigt sich,

dass Temperaturunterschiede durch den Betrieb des Blocks 6 im Wesentli-

chen auf das Kraftwerksgelände begrenzt bleiben. Außerhalb des Kraft-

werksgeländes betragen die Unterschiede weniger als 0,4K und nehmen

rasch weiter ab. Eine für Bewohner benachbarter Siedlungsgebiete spürba-

re Veränderung der Temperaturverhältnisse ist nicht zu erwarten. Damit

konnte keine Untersuchung eine weitreichende Wirkung des Blocks auf die

Temperaturverhältnisse im Untersuchungsgebiet aufzeigen.

VI.3.4.2.2.2.2. Luftfeuchte

In Bodennähe führt die Verdunstung von Sprüh- und Rekondensattröpfchen

in einem Umkreis von bis zu einem Kilometer zu einer Erhöhung der spezifi-

schen Feuchte (Masse des Wasserdampfes / Masse der feuchten Luft) bis zu

0,5 g/kg. Eine Erhöhung des Jahresmittelwertes der relativen Luftfeuchte ist

unter Berücksichtigung der natürlichen Schwankungsbreite nicht nachweis-

bar.

Bei einer Wettersituation mit schwachem, mit der Höhe aber stärker zuneh-

mendem Wind kann sich die geringfügige Erhöhung der relativen Luft-

feuchte dahingehend auswirken, dass bei bevorstehender natürlicher Ne-

belentstehung dieser etwas früher entsteht. Ebenso kann sich dann die Ne-

belauflösung geringfügig hinauszögern. An Tagen ohne natürlichen Nebel

ist nicht mit einer Bodennebelbildung durch den Betrieb der Kühltürme zu

rechnen. Die Verstärkung einer bestehenden Nebellage ist ebenfalls nicht

zu befürchten.

Der Tröpfchenanteil im Schwaden beträgt etwa 1 bis 3 g/m³ Abluft. Bei ei-

ner mittleren Schwadenausdehnung von etwa 2.000m Länge und 300m

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Breite würde dies bei totalem Ausfall des gesamten Wassers eine Nieder-

schlagsmenge von nur etwa 0,3 bis 0,9 mm (= Liter/m²) verursachen. Diese

Niederschlagsmenge entspricht in der Größenordnung einem einstündigen

schwachen Regen. Ein derartiges vollständiges und alleiniges Abregnen

des Dampfschwadens (ohne sonstigen Niederschlag) ist bei realen Bedin-

gungen jedoch nicht möglich. Im Nahbereich kann der Kühlturmbetrieb ei-

ne maximale Erhöhung der durchschnittlichen Niederschlagshöhe von we-

nigen Prozent bewirken. Wegen der sehr großen räumlichen und zeitlichen

Variabilität des natürlichen Niederschlags ist die Herstellung eines Zusam-

menhangs zwischen einer Niederschlagserhöhung und dem Kühlturmbe-

trieb nicht möglich.

Die emittierte thermische Leistung aller Kühltürme entspricht in der Grö-

ßenordnung dem Leistungsbereich natürlicher schwacher Konvektion. Die

Erzeugung von Gewittern allein aufgrund der Kühlturmemissionen ist damit

bei den hier betrachteten Abwärmeleistungen auszuschließen. Diese Be-

trachtung ist theoretisch; ein Nachweis ist bisher nicht erbracht worden. Die

Freisetzung einer bereits in der Atmosphäre vorhandenen Labilitätsenergie

kann jedoch ausgelöst werden, d.h. in einer sowieso zu Wärmegewittern

neigenden Situation kann Gewitterbildung theoretisch begünstigt werden.

Diese Betrachtung ist theoretisch; ein Nachweis ist bisher nicht erbracht

worden.

Bei Auftreten der Ablagerung von Sprühtropfen auf gefrorenem Boden ist

Glatteisbildung denkbar. Hierfür ist jedoch eine Mindestregenmenge von

0,025 mm/h erforderlich. Niederschlagsintensitäten dieser Größenordnung,

hervorgerufen durch Sprühtropfenemissionen, können kurzzeitig bis in eine

Entfernung von ca. 1.000m von den Kühltürmen erreicht werden. Im Allge-

meinen reichen diese kurzzeitigen Niederschlagsmengen für eine Straßen-

benetzung jedoch nicht aus. Die bei hohen Windgeschwindigkeiten ggf. aus

dem Regenraum der Kühltürme heraus gewehten Tropfen werden durch

die vorgesehene Schallschutzwand abgeschirmt.

VI.3.4.2.2.2.3. Auswirkungen durch den „Prallhangeffekt“

Abgeleitet aus einem Fachgutachten zum Prallhangeffekt für den 141,5m

hohen Kühlturm des Blocks 5 aus dem Jahr 2003 können Prallhangeffekte

mit etwaigen erhöhten Immissionsbelastungen – auch in ungünstigen Situa-

tionen - im Bereich der in ca. 8km Entfernung beginnenden Hänge des

Spessarts ausgeschlossen werden. Das von der Antragstellerin eingesetzte

TA Luft – Modell ist bei den gegebenen standörtlichen Verhältnissen geeig-

net.

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VI.3.4.2.2.2.4. Auswirkungen durch CO2- Emissionen

Im Vergleich zur derzeitigen Situation werden sich im zukünftigen Gesamt-

kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) die CO2-Emissionen (ohne äquivalente

N2O- Emissionen) um 3.808.495 t/a auf 8.125.744 t/a erhöhen. Die Freiset-

zung der CO2- Emissionen erfolgt im Rahmen der Regelungen des Treib-

haus-Emissionshandelsgesetzes (TEHG), das die Belange der Klimarelevanz

der CO2- Emissionen und der Auswirkungen von TEHG-Emissionen auf den

Klimawandel für TEHG-Anlagen abschließend regelt. Eine Betrachtung der

Auswirkungen von CO2-Emissionen im Hinblick auf ihre Klimawirksamkeit ist

bei TEHG-Anlagen nicht Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Ge-

nehmigungsverfahrens.

VI.3.4.3. Schutzgut Mensch

VI.3.4.3.1. Lufthygiene

VI.3.4.3.1.1. Ausgangssituation / Ist- Zustand

Die Immissionssituation an Luftschadstoffen wurde durch Vorbelastungs-

messungen ermittelt (vgl. Kapitel VI.3.4.1.1.2). Die Messwerte liegen bei al-

len Parametern und an allen Messorten jeweils unterhalb der maßgebenden

Bewertungskriterien. Die Messwerte erreichen am Ort der höchsten Belas-

tung Anteile von bis zu maximal 75% (NO2) an den jeweiligen Bewertungs-

kriterien / Beurteilungswerten. An der HLUG-Messstation Hanau wurde

beim Stickstoffdioxid im Jahr 2009 ein Anteil am Immissionswert der TA Luft

von 97,75 % erreicht.

VI.3.4.3.1.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

VI.3.4.3.1.2.1. Luftschadstoffimmissionen

Immissionsbeiträge werden nach der TA Luft als irrelevant gewertet, wenn

sie so gering sind, dass sie nicht ursächlich zum Entstehen oder zur (qualita-

tiven) Erhöhung schädlicher Umwelteinwirkungen beitragen können.

Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 (einschließlich Hilfskessel und Siloan-

lagen) wurden durch eine Ausbreitungsrechnung ermittelt (vgl. Kapitel

VI.3.4.1.2.1). Weiterhin wurde aus der Addition / Überlagerung der gemes-

senen Vorbelastungswerte (Vorbelastungsmessungen) mit dem berechne-

ten Immissionsbeitrag des Blocks 6 an den zehn ausgewählten Mess- / Mo-

nitoringpunkten die Gesamtbelastung ermittelt. Ergänzend wurde zudem

die Gesamtbelastung ermittelt, die sich aus der Überlagerung des maximal

gemessenen Wertes der Vorbelastung mit dem maximalen Immissionsbei-

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trag des Blocks 6 im gesamten Beurteilungsgebiet ergibt (worst-case-

Betrachtung).

Wie dargelegt, sind die Immissionsbeiträge des Blocks 6 - auch im Bereich

des maximal beaufschlagten Immissionsortes - mit Ausnahme der Quecksil-

berdeposition als irrelevant gemäß den Regelungen der TA Luft und des

Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) sowie sonstiger anerkannten

Beurteilungsmaßstäbe zu werten.

Im Ergebnis werden bei den beiden Ansätzen zur Ermittlung der Gesamtbe-

lastung die Beurteilungswerte bei allen Parametern deutlich unterschritten.

VI.3.4.3.1.2.2. Umweltmedizinische – humantoxikologische Bewertung

Für das Raumordnungsverfahren wurde 2008 eine medizinisch- humantoxi-

kologische Bewertung der Immissionssituation im zukünftigen Kraftwerksbe-

trieb (Blöcke 4 bis 6) unter Berücksichtigung der Vorbelastungssituation er-

stellt. Die Aussagen dieses Fachgutachtens können für die meisten Parame-

ter unverändert auch für das vorliegende Verfahren verwandt werden, da

sich bei diesen die Emissionsdaten für den Block 6 nicht verändert haben.

Die Aussagen der medizinisch-humantoxikologische Bewertung sind inso-

weit - vorbehaltlich ggf. abweichender Eingangsdaten / Randbedingungen

der Ausbreitungsrechnung - überschätzend, als die für die Ausbreitungs-

rechnung im Rahmen des Raumordnungsverfahrens angesetzten Emis-

sionsfrachten an SO2, NOx und Staub (und damit alle staubgebundenen

Schadstoffparametern wie Schwermetalle und Benzo(a)pyren) die im hier

vorliegenden Antrag beantragten Emissionsfrachten überschreiten.

Für einzelne Parameter sind die im Rahmen des BImSchG-Verfahrens er-

rechneten maximalen Zusatzbelastungen (Immissionsbeiträge des Blocks 6)

höher als die Immissionsbeiträge der für das Raumordnungsverfahren er-

stellten Immissionsprognose, auf deren Grundlage die medizinisch-

humantoxikologische Bewertung erfolgte. Für diese Parameter wurde eine

ergänzende Stellungnahme zur umweltmedizinisch-humantoxikologischen

Bewertung vorgelegt. Im Ergebnis der ergänzenden Stellungnahme ist fest-

zustellen, dass sich Bezug nehmend auf die Einzelstoffbeurteilungen keine

inhaltlichen Änderungen der Aussagen aus dem früheren Gutachten erge-

ben. Nach der medizinisch-humantoxikologischen Bewertung sind keine

gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die im Beurteilungsgebiet des

Kraftwerks Staudinger wohnende Bevölkerung durch das geplante Vorha-

ben anzunehmen. Die Zusatzbelastungen (Immissionsbeiträge des Blocks 6)

sind als vernachlässigbar einzustufen. Die jetzt schon vorhandenen Gesamt-

belastungen, die jeweils deutlich unterhalb der jeweiligen Beurteilungswer-

te liegen, werden sowohl während der Bauphase als auch während der Be-

triebsphase praktisch gleich bleiben.

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Die nachfolgende Tabelle zeigt, dass in der Gesamtbelastung die jeweiligen

Beurteilungswerte um weniger als 25% (Arsen, Cadmium, Chrom, Nickel,

Dioxine / Furane) bzw. weniger als 50% (Benzo(a)pyren) ausgeschöpft wer-

den.

Tabelle 34: Darstellung der Veränderung durch Block 6

Parame-

ter

Max. Vorbelas-tung (MP 1-10)

Zusatzbelas-tung

Gesamtbelastung Beurteilungs-maßstab

Anteil der Ge-samtbelastung am Beurteilungs-maßstab

ng/m³

Arsen 0,9 (1,4) 3)

0,11 (0,074) 2)

1,01 (1.474)

6 16,8% (24,6%)

Cadmium 0,24 0,059 (0,033) 2)

0,299 (0,273)

5 6,0% (5,5%)

Chrom 2,4 0,10 (0,11) 2)

2,50 (2,51)

17 14,7% (14,8%)

Nickel 1,7 0,5 (0,34) 2)

2,2 (2,04)

20 11,0% (10,2%)

Benzo(a)-

pyren

0,38 1) 0,036 0,416 1 41,6%

Dioxine /

Furane

27 fg/m³ 0,43 fg/m³ 27,43 fg/m³ 150 18,29%

1) Messwert HLUG-Station Raunheim

2) Immissionsbeitrag gemäß Immissionsprognose (Kapitel VI.3.4.1.2)

3) Vorbelastungsmesswert (Kapitel VI.3.4.1.1.2)

VI.3.4.3.1.2.3. Mikrobiologisch-hygienische Bewertung der Kühlturmemissionen

Nach dem Fachgutachten zu den mikrobiologisch-hygienischen Auswirkun-

gen des Kühlturmbetriebs sind keine nachteiligen Auswirkungen durch

gesundheitsschädliche Agentien (Legionellen, Kühlwasserbeimischungen)

in den Kühlturmschwaden zu erwarten. Die Angaben und Ausführungen im

Fachgutachten sind plausibel.

Bei einem Volumenstrom des Schwadens an der Kühlturmkrone von

18.738,8 m³/sec resultiert ein Gesamtkeimgehalt von lediglich 1 KBE / m³

Schwaden in 180m Höhe.

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VI.3.4.3.2. Schallimmissionen

VI.3.4.3.2.1. Ist- Zustand

Zur Ermittlung der Schallimmissionssituation wurden im Zeitraum April 2007

bis Juli 2008 verschiedene schalltechnische Untersuchungen (Emissions-

messungen, Ausbreitungsrechnungen, Immissionsmessung an 18 Immissi-

onsorten durchgeführt. Bei den Betrachtungen wurden die Kraftwerksanla-

gen (Blöcke 1 bis 5, mit Klärschlamm-Mitverbrennung, Freiluftschaltanlage,

Umspannwerk, neuer Bekohlungsanlage), das Gewerbegebiet nach dem

Bebauungsplan Nr. 915/1 sowie sonstige gewerbliche Einzelanlagen be-

rücksichtigt. Für den Betrieb des Blocks 6 haben die Immissionsorte IO1 bis

IO6 eine besondere Relevanz, so dass diese detailliert untersucht wurden.

Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, werden im derzeitigen Kraftwerks- /

Anlagenbetrieb die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Tagzeit an al-

len Immissionsorten und für die Nachtzeit unterschritten. Ergänzend durch-

geführte Berechnungen für die Immissionsorte IO 1.1 und IO 1.2 (vorgelegt

am 24. Februar 2010) haben zu keiner veränderten Bewertung geführt. Der

unter konservativen Ansätzen nachberechnete Immissionswert für die Im-

missionsorte IO 1.1 und IO 1.2 unterschreitet mit nun 40 dB(A) unverändert

die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Nachtzeit.

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Tabelle 35: Schallimmissionsbeiträge im derzeitigen Gesamt-Kraftwerksbetrieb

Immissionsort

IRW

dB(A)

Berechneter Beurtei-

lungspegel Lr

Bestand Kraftwerk

dB(A)

Vorbelastung B-Plangebiet

Nr. 915.1

dB(A)

Sonstige Vorbelas-

tung

dB(A)

tags nachts tags nachts tags nachts nachts

IO1.1 Angergasse 11 55 40 45 39 34 23 10

IO1.2 Hüttengasse 21 55 40 43 39 33 22 8

IO2.0 Brown- Boveri Str. 19

60 45 47 43 49 38 38

IO3 Hanauer Landstr. 71

55 40 39 38 35 23 7

IO4 Kanalstraße 3 55 40 36 36 32 20 5

IO6.0 Uferstraße 16 55 40 39 38 33 21 6

IO6.1 Uferstraße 1 55 40 38 37 32 21 5

IO6.2 Schleusenstra-ße

55 40 37 36 32 20 5

VI.3.4.3.2.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

VI.3.4.3.2.2.1. Bestimmungsgemäßer Anlagenbetrieb

Zu Ermittlung des vorhabenbezogenen Schall-Immissionsbeitrages wurde

eine detaillierte Geräuschprognose gemäß TA Lärm mit einer Schallausbrei-

tungsrechnung nach E DIN ISO 9613-2 für den Block 6 einschließlich des

anlagenbezogenen Fahrverkehrs auf dem Betriebsgelände durchgeführt.

Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass der Immissionsbeitrag des Vorha-

bens die Immissionsrichtwerte für die Tagzeit (6.00 bis 22.00 Uhr) an den

Immissionsorten um mehr als 6 dB(A) unterschreitet.

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Tabelle 36: Schallimmissionsbeiträge des Blocks 6 im bestimmungsgemäßen Anlagenbe-trieb

Immissionsort

IRW

dB(A)

Beurteilungspegel Lr, die das Irrele-

vanzkriterium ein-

halten dB(A)

Berechneter Beur-teilungspegel Lr

Block 6

dB(A)

tags nachts tags nachts tags nachts

IO1.1 Angergasse 11 55 40 49 34 40 33

IO1.2 Hüttengasse 21 55 40 49 34 38 32

IO2.0 Brown- Boveri Str. 19

60 45 54 39 40 38

IO3 Hanauer Landstr. 71

55 40 49 34 32 25

IO4 Kanalstraße 3 55 40 49 34 30 24

IO6.0 Uferstraße 16 55 40 49 34 32 26

IO6.1 Uferstraße 1 55 40 49 34 31 24

IO6.2 Schleusenstraße 55 40 49 34 30 24

Gemäß Nr. 3.2.1 der TA Lärm sind vorhabenbezogene Immissionsbeiträge,

die die Immissionsrichtwerte der TA Lärm um mindestens 6 dB(A) unter-

schreiten, als nicht relevant zu werten. Die Ermittlung der Vorbelastung und

der Gesamtbelastung ist in diesem Falle nicht erforderlich.

Für die Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) werden die Immissionsrichtwerte der

TA Lärm an den Immissionsorten IO4, IO6 und IO6.2 um mindestens 6

dB(A) unterschritten. An den übrigen Immissionsorten liegt die Unterschrei-

tung bei lediglich 2 bis 5 dB(A). Für diese Immissionsorte wurde die Ge-

samtbelastung aus der Vorbelastung und dem zukünftigen Anlagenbetrieb

(Gesamtkraftwerk Staudinger mit Block 6) ermittelt. Wie die nachfolgende

Tabelle zeigt, werden in der Gesamtbelastung die Immissionsrichtwerte an

allen betrachteten Immissionsorten um mindestens 2 d(A) unterschritten.

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Tabelle 37: Berechnete Geräusch- Gesamtbelastung – Überlagerung Schallvorbelastung mit dem Immissionsbeitrag des Blocks 6

Immissionsort

IRW

dB(A)

Berechneter Beurteilungspegel Lr

Geräuschgesamtbelastung

dB(A)

nachts nachts

IO1.1 Angergasse 11 40 38

IO1.2 Hüttengasse 21 40 38

IO2.0 Brown- Boveri Str. 19

45 43

IO3 Hanauer Landstr. 71

40 35

IO6.0 Uferstraße 16 40 35

Es werden keine Schalldruckpegel erreicht, die zu einer Überschreitung der

Immissionsrichtwerte für kurzzeitige Geräuschspitzen (Maximalpegelkriteri-

um) nach der TA Lärm führen könnten. Mit einer Überschreitung der An-

haltswerte der DIN 45680 durch tieffrequente Geräusche ist bei 31,5-Hz-

Oktave Schalldruckpegel von max. 64 dB (unbewerteter Schalldruckpegel)

nicht zu rechnen.

VI.3.4.3.2.2.2. Vergleich der kraftwerksbedingten Schall- Immissionsbeiträge im bisheri-

gen und zukünftigen Gesamt-Kraftwerksbetrieb

Der Vergleich der Schall-Immissionsbeiträge des Kraftwerks Staudinger im

bisherigen Kraftwerksbetriebs (Stand: 2007) mit dem zukünftigen Kraft-

werksbetrieb (Blöcke 4 bis 6, neue Bekohlungsanlage) zeigt, dass für die

Nachtzeit an fast allen maßgebenden Immissionsorten eine Verbesserung

der Immissionssituation eintritt. Am IO 2.0 bleibt der Immissionsbeitrag des

Kraftwerkes unverändert. Für die Tagzeit liegen die Immissionsbeiträge des

zukünftigen Kraftwerksbetriebs an den Immissionsorten um bis zu 1 bzw. 2

dB(A) höher als im Jahr 2007.

VI.3.4.3.2.2.3. Sonderbetriebszustände

Der Antragstellerin wird durch die Nebenbestimmung V.10.1 auferlegt die

Sicherheitsventile so mit Schalldämpfern auszustatten, dass an den nächst-

gelegenen Wohnhäusern in Hainstadt ein Schalldruckpegel von 60 dB(A)

nicht überschritten wird. Die durch Ausblasvorgänge hervorgerufenen Ge-

räusche werden durch Schallschutzmaßnahmen auf die gemäß TA Lärm ein-

zuhaltenden Werte reduziert.

Der Betrieb der gasbefeuerten Hilfskessel wurde bei den Ausbreitungs-

rechnungen zeitparallel zum Kesselbetrieb des Blocks 6 berücksichtigt.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 113 von 321

VI.3.4.3.2.2.4. Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrswegen

Im Ergebnis der schalltechnischen Berechnungen zu den Verkehrsgeräu-

schen auf öffentlichen Verkehrswegen (Straßenverkehr, Schienenverkehr

und Schiffsverkehr) ist festzustellen, dass gemäß den Regelungen der Nr.

7.4 der TA Lärm keine organisatorischen Schallschutzmaßnahmen erforder-

lich sind.

VI.3.4.3.2.2.5. Bauphase

Zur Abschätzung der vorhabenbedingten Geräuschimmissionen während

der Bauphase wurde eine separate Schallausbreitungsrechnung nach E DIN

ISO 9613-2 für folgende drei Bauphasen durchgeführt:

Bauphase 1: Erdarbeiten (Keller- und Fundamentaushub, Einbringen

von Spundwänden)

Bauphase 2: Schalungs- und Betonierarbeiten

Bauphase 3: Montage / Stahlbau

Die Berechnung wurde auf Basis konservativer Emissionsansätze durchge-

führt, die durch Messungen am Bau des Kraftwerks Datteln (Steinkohleblock

Datteln 4; 1.100 MWel) überprüft und bestätigt wurden. Die Immissions-

richtwerte der AVV Baulärm werden für die Tagzeit an allen Immissionsorten

während der gesamten Bauphase unterschritten.

Die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm für die Nachtzeit werden in der

Bauphase 1 und 3 bei dreistündiger nächtlicher Bautätigkeit an einem Im-

missionsort (IO 10) um maximal 2 dB(A) überschritten. Als organisatorische

Lärmminderungsmaßnahme erfolgte eine Begrenzung des Einsatzes von

Vibrationsrammen auf die Tagzeit (7.00 bis 20.00 Uhr).

In der Bauphase 2 errechnen sich Überschreitungen der Immissionsricht-

werte der AVV Baulärm von 1 bis 5 dB(A) an drei Immissionsorten (IO 1.1,

1.2 und 10). Weitere Lärmminderungsmaßnahmen sind nach den Regelun-

gen der AVV Baulärm nicht erforderlich, da die Richtwertüberschreitungen

tagsüber nicht mehr als 5 dB(A) betragen.

VI.3.4.3.3. Sonstige Immissionen

VI.3.4.3.3.1. Elektromagnetische Felder

Im Rahmen eines Fachgutachtens erfolgten Berechnungen der magneti-

schen Flussdichte und der elektrischen Feldstärken der relevanten Kraft-

werkeinrichtungen sowie eine 24-Stunden Messung der magnetischen

Flussdichte an drei ausgewählten Messpunkten (Siedlungsbereiche, Hain-

stadt, Großauheim, Großkrotzenburg) im unmittelbaren Umfeld des Kraft-

werkstandortes. Die gemessenen maximalen Feldstärken sind nachfolgend

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 114 von 321

im Vergleich mit den Richtwertempfehlungen der ICNIRP (International

Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) im Expositionsbereich 2

(> 8 h) dargestellt (jeweils Effektivwerte):

Tabelle 38: Vergleich Feldstärken mit den Richtwertempfehlungen

Max. berechnete Feldstärke

Max. gemessene Feldstärke

Richtwert E2 ICNIRP

Magnetische Flussdich-

te B [ T]

37,0 1,9 100

Elektrische Feldstärke E

[KV/m]

4,7 - 5

Die berechneten bzw. gemessenen maximalen Feldstärken liegen unterhalb

des auf den Personenschutz ausgerichteten ICNIRP-Richtwertes, der in

Deutschland als gesetzlich bindend eingeführt ist und Vorsorgeaspekte be-

rücksichtigt. Eine Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar eine Gefähr-

dung für Menschen ist nach heutigem Wissensstand auszuschließen.

VI.3.4.3.3.2. Ionisierende Strahlung

Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens wurde die mögliche Strahlenex-

position der Bevölkerung (von außen und durch Inhalation) infolge des

Kraftwerksbetriebs an 8 ausgewählten Beurteilungspunkten im Umfeld des

Kraftwerkes auf Grundlage der berechneten vorhabenbedingten Staubim-

missionen (Schwebstaub, Staubniederschlag) sowie der Radonfreisetzung

aus der Erdgasverbrennung nach Modellen und Parametern der Allgemei-

nen Verwaltungsvorschrift zu § 47 StrlSchV (Entwurf Stand: 30. Mai 2005)

ermittelt.

Die unter sehr konservativen Annahmen berechneten Werte für die effektive

Jahresdosis lagen bei allen betrachteten Varianten (einschließlich des hier

beantragten Anlagenkonzeptes) weit – um mehr als das Tausendfache – un-

ter den Werten für die jährliche mittlere effektive Dosis der deutschen Be-

völkerung. Der Maximalwert der Summe der effektiven Jahresdosis aus In-

halation und Bodenstrahlung (jeweilige Maximalwerte) für den hier bean-

tragten 1.100 MWel-Steinkohleblock beträgt 1,279 µSv. Der in Anlehnung an

§ 46 StrlSchV (Begrenzung der Strahlenexposition der Bevölkerung) und

§ 101 StrlSchV (Entfernung von radioaktiven Verunreinigungen von Grund-

stücken) heranzuziehende Grenz- bzw. Richtwert von 1.000 µSv = 1 mSv

wird um mindestens das 780fache unterschritten.

VI.3.4.3.3.3. Lichtimmissionen

Im Zuge des Raumordnungsverfahrens wurde eine gutachtliche Stellung-

nahme zu möglichen Konfliktsituationen durch Lichtimmissionen hinsichtlich

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 115 von 321

Aufhellung und Blendwirkung erstellt. Zur Ermittlung der Ist-Situation wur-

den photometrische Messungen der Beleuchtungsstärke in Lux an ausge-

wählten Immissionsorten im Umfeld des Kraftwerkstandortes bzw. des Mai-

nes durchgeführt. Dabei wurden Messwerte zwischen 0,03 bis 0,47 lx ermit-

telt. Ein Erreichen oder Überschreiten der Immissionswerte der Licht- Leitli-

nie des LAI (2001; strengster Wert: 1 lx) ist nicht zu besorgen.

Soweit ein direkter Blickkontakt von Wohnbebauungen in die Reflektorflä-

che vermieden bzw. wegen ausschließlich nach unten abstrahlender Leuch-

ten mit planem Schutzglas minimiert wird, sind bei den gegebenen Abstän-

den zu den nächstgelegenen Siedlungsflächen keine erheblichen Belästi-

gung durch Blendungen zu befürchten.

VI.3.4.3.3.4. Erschütterungen

Von Fachgutachterseite wurde abgeschätzt, ob in der Bauphase oder vom

Anlagenbetrieb Belästigungen von Anwohner im Umfeld des Kraftwerks

ausgehen können. Erschütterungsrelevante Aggregate werden so aufge-

stellt, dass die bewertete Schwingstärke (KB-Wert) weniger als 0,4 beträgt.

Bei derartigen Schwingstärken wird die Spürbarkeitsgrenze in einem Ab-

stand von 20 bis 40m von der emittierenden Anlage erreicht. Bei gegebe-

nen Abständen von mehr als 450m zu Wohnbebauungen können Belästi-

gungen von Anwohnern infolge des Betriebs des Blocks 6 mit Sicherheit

ausgeschlossen werden.

Die Erschütterungsimmissionen aus dem Baustellenbetrieb wurden nach

DIN 4150-1 bestimmt. Die Anhaltswerte der DIN 4150-2 werden nicht über-

schritten, so dass Belästigungen aus erschütterungsrelevanten Bautätigkei-

ten (z.B. Einsatz einer Vibrationsramme) im Bereich der relevanten Immissi-

onsorte im Kraftwerksumfeld nicht erwartet werden. Ferner sind gemäß den

Regelungen der DIN 4150-3 keine Gebäudeschäden an Wohnhäusern zu

erwarten.

VI.3.4.3.4. Verschattung durch Schwaden der Kühltürme und durch Bauwerke

VI.3.4.3.4.1. Ist- Zustand

Durch die Gebäude des Kraftwerks und den Betrieb der Kühltürme ist

grundsätzlich mit einer Minderung der Sonnenscheindauer zu rechnen.

Die Auswirkungen der Verschattungswirkungen, sowohl die der Dampf-

schwaden während des Betriebs der Kühltürme als auch der Gebäude wur-

den im Gutachten „Auswirkungen des Kühlturmbetriebs“ der argumet Bah-

mann und Schmonsees GbR, Brühl, in Kooperation mit simuPLAN, Dorsten,

vom 04.07.2008, Proj.-Nr. W0108/09/03, quantitativ abgeschätzt. Dazu wur-

den Verschattungssimulationen mit den Gebäudedaten des bestehenden

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 116 von 321

Kraftwerks, Blöcke 1 bis 3, 4 und 5 und der zugehörigen modellierten Kühl-

turmschwaden (IST-Zustand, Nullvariante) und den Gebäudedaten des Aus-

bauzustandes des Kraftwerks, Blöcke 4, 5 und 6 und der zugehörigen mo-

dellierten Kühlturmschwaden (Planzustand, Vorhabensvariante) durchge-

führt. Die sich aus den berechneten Schwadendimensionen und den realen

und geplanten Kraftwerksbauten ergebenden Beschattungszeiten wurden

im Umkreis von 10 km um den Kraftwerkstandort berechnet und für 11 re-

präsentative Immissionsorte in ihrer Auswirkung auf die Strahlungsverhält-

nisse und die Sonnenscheindauer untersucht.

Grundlage für die Simulation der Verschattung ist die VDI-Richtline 3784,

Blatt 2. Das Simulationsverfahren der simuPLAN, SplaSh, entspricht dem

dort beschriebenen Rechenmodell und ist durch ein astronomisch / geo-

metrisches Modell ergänzt. Die Verschattungssimulation wurde auf Basis der

standortspezifischen Klimadaten (Temperatur, Niederschlag, Bewölkung,

Sonnenscheindauer, Windverteilung) der DWD-Stationen Schaafheim-

Schlierbach (Bewölkung, Sonnenscheindauer) und Kahl am Main für den

Zeitraum 2002 bis 2006 durchgeführt.

Ergebnis der Modellsimulation ist, dass die stärker abgeschatteten Flächen

sich vorwiegend im nördlichen Halbraum des Kraftwerks befinden. Die Ver-

schattungswirkungen durch die Kraftwerksgebäude sind dabei ausschließ-

lich auf dem Kraftwerksgelände zu beobachten. Die Verschattungswirkun-

gen der Dampfschwaden der Kühltürme sind in Tabelle 10a, Seite 40 des

Gutachtens als prozentuale Verminderung der Sonnenscheindauer be-

schrieben und in den Anhängen A-7 (IST-Zustand, Nullvariante) und A-8

(Ausbauzustand, Vorhabensvariante) des Gutachtens grafisch dargestellt.

Für den IST-Zustand des Kraftwerkes (Prognosenullfall im Gutachten) ist eine

prozentuale Verringerung der jährlichen Sonnenscheindauer von mehr als

10% auf Flächen nördlich des Kraftwerks zu erkennen. Die westliche Grenze

dieses Bereichs bildet der Main, die nördliche Grenze die Dieselstraße (Ha-

nau-Großauheim) und die östliche Grenze befindet sich maximal 250m öst-

lich der L3309. Die bestehende prozentuale Verringerung der jährlichen

Sonnenscheindauer beträgt an den Immissionsorten IP_4 7,1%, IP_3 5,6 %

und IP_6 4,0 %.

VI.3.4.3.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

Für den Ausbauzustand des Kraftwerks (Vorhabensvariante im Gutachten)

verschiebt sich der stärker verschattete Bereich um bis zu ca. 200m nach

Westen, 100m nach Norden und 300m nach Nordosten. Der Bereich der

stärker abgeschatteten Flächen erreicht den südlichen Stadtrand von Groß-

auheim. Die prognostizierte prozentuale Verringerung der jährlichen Son-

nenscheindauer wird sich maximal um 3,3 % am Immissionsort IP_4 erhö-

hen. Damit erhöht sich der Rechenwert der prozentualen jährlichen Sonnen-

scheinminderung am IP_4 auf 10,4 %.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 117 von 321

Um die Auswirkungen der planungsbedingten Verschattungen durch Kühl-

turmschwaden und Kraftwerksgebäude zu bewerten, haben die Gutachter

die Schwankungsbreite der Sonnenscheindauer von 2002 bis 2006 anhand

der Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) an der meteorologi-

schen Station Schaafheim-Schlierbach (Entfernung zum Kraftwerkstandort

ca. 20km Luftlinie noch Süden) bewertet. Die natürliche jährliche Schwan-

kungsbreite der Sonnenscheindauer beträgt im Betrachtungsraum 10,3 %.

Die prognostizierte Minderung der jährlichen Sonnenscheindauer am IP_4

als am wesentlich belasteten Immissionsort liegt im bzw. knapp über dem

Bereich der im Jahresgang zu erwartenden natürlichen Schwankungsbreite

der Sonnenscheindauer.

Die Verschattungswirkung von Kühlturmschwaden und Kraftwerksgebäuden

sind als Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG zu sehen und daher ist

nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu beurteilen, ob hier schädliche Umwelt-

einwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile, und erhebliche

Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft bestehen, bzw.

hervorgerufen werden können und der Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1

Nr. 2 BImSchG beachtet wird. Schädliche Umwelteinwirkungen, Gefahren

erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen setzen voraus, dass die

Immissionen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu negativen Effekten

führen, die als erheblich einzustufen wären. Anders als im Bereich des Lärm-

schutzes oder der Luftreinhaltung liegen zur Beurteilung der Verschat-

tungswirkungen durch Kühlturmschwaden und Kraftwerksgebäude keine

Richtwerte vor, an denen das Maß der Erheblichkeit abgeschätzt werden

könnte.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes

Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) hat sich im Januar 2007 in einer unver-

öffentlichten Studie mit dem möglichen nachteiligen gesundheitlichen Ef-

fekten und Belästigungen, die aufgrund von Kühlturmschwaden hervorge-

rufen werden könnten, befasst. Nach dieser Studie ist hinsichtlich der mög-

lichen Effekte durch verminderte Sonnenscheindauer bzw. Strahlungsstär-

ken zwischen nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen und bloßen Be-

lästigungen zu unterscheiden. Quantitative Beurteilungskriterien zur Bewer-

tung der Auswirkungen verminderter Sonnenscheindauer und Strahlungs-

stärke auf die menschliche Gesundheit (Vitamin-D-Mangel, Stimmungstrü-

bungen, Depressionen) liegen ihr zufolge nicht vor. Im Vergleich zu städti-

schen Wohnbedingungen, die durch Nachbarbebauung, Pflanzenbestand

vielfach zu einer stärkeren Verschattung von Grundstücken und Wohnräu-

men führen, ist die relative verschattende Beeinträchtigung durch Kühlturm-

schwaden als minder bedeutend einzustufen. Für einen kausalen Zusam-

menhang zwischen einer Verschattung durch Kühlturmschwaden und nega-

tiven gesundheitlichen Effekten gibt es laut der Studie keinen Zusammen-

hang. Die Studie sieht allerdings ein Potential für eine Belästigungswirkung

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 118 von 321

durch die sichtbaren Kühlturmschwaden. Nach allgemeinem Empfinden

dürfte der Schattenwurf durch Kühlturmschwaden nicht als erhebliche und

unzumutbare Belästigung angesehen werden, zumal er hier im Bereich der

natürlichen jährlichen Minderung der Sonnenscheindauer liegt.

Die weitere Umgebung des Kraftwerkstandortes ist industriell vorgeprägt.

Industrie- und Gewerbebetriebe, Verkehrswege, ein ehemaliges Kasernen-

gelände und das Kraftwerk mit seinen vorhanden Gebäuden, Kühltürmen

und Schornsteinen, dessen erste Genehmigungen in die Jahre 1964 / 1965

zurückreichen, prägen das Gebiet deutlich. Die prozentuale Minderung der

prognostiziert hinzukommenden Minderung der jährlichen Sonnenschein-

dauer von maximal 3,3 % und der entsprechend prognostizierten Gesamt-

minderung der jährlichen Sonnenscheindauer von maximal 10,4 % liegt im

Rahmen der prozentualen Schwankungsbreite der natürlichen jährlichen

Sonnenscheindauer.

Entsprechend der LANUV Studie zu möglichen nachteiligen gesundheitli-

chen Effekten und Belästigungen aufgrund Verschattung durch Kühlturm-

schwaden (2007) kann eine Einschätzung des Ausmaßes der Erheblichkeit

der Belästigung durch einen Vergleich der prozentualen Verminderung der

Sonnenscheindauer mit der Schwankungsbreite der jährlichen Sonnen-

scheindauer für den betreffenden Standort erfolgen. Bezugnehmend auf

den oben genannten Bewertungsansatz liegt die Verminderung der Son-

nenscheindauer auch nach Errichtung des Blocks 6 unverändert im Bereich

der natürlichen Schwankungsbreite. Nachteilige gesundheitliche Effekte

aufgrund von Verschattung durch Kühlturmschwaden sind nach derzeitigem

Kenntnisstand nicht zu erwarten. Ein quantitativer Bewertungsmaßstab für

eine Erheblichkeitsschwelle für etwaige Belästigungen durch Beschattungen

liegt nicht vor. Nach allgemeinem Empfinden dürften etwaige Belästigun-

gen infolge Verschattung durch Kühlturmschwaden nicht als erheblich ein-

zuschätzen sein (LANUV).

VI.3.4.3.5. Anthropogene Nutzungsfunktionen (z.B. Erholungsfunktion)

VI.3.4.3.5.1. Ist- Zustand

VI.3.4.3.5.1.1. Kraftwerkstandort und Nahbereich

Der ca. 99 ha umfassende Gesamt- Kraftwerkstandort ist im Fläche-

nnutzungsplan der Gemeinde Großkrotzenburg überwiegend als „Flächen

für die Ver- und Entsorgung“ ausgewiesen und wird in Teilbereichen bereits

seit den sechziger Jahren entsprechend genutzt. Der Anlagenstandort des

Blocks 6 liegt in zentraler Lage im westlichen Teil des allgemein nicht zu-

gänglichen Kraftwerksgeländes, im Nahbereich des Maines. Zum Kraft-

werksgelände gehören ein Hafenbecken sowie ein Kraftwerksteich.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 119 von 321

Das Kraftwerksgelände grenzt im Norden (jenseits der K 859) an Sonder-

bauflächen sowie Gemischte Bauflächen / Wohnbauflächen (Hanau), im Os-

ten an gewerbliche Bauflächen (Hanau / Großkrotzenburg), im Süden und

Westen an den Main (jenseits des Maines Wohnbauflächen / Gemischte

Bauflächen von Hainburg). Östlich des Kraftwerkstandortes bzw. nordöstlich

des Baufeldes für den Bock 6 befindet sich ein ehemaliger Aussiedlerhof,

der zwischenzeitlich von der Antragstellerin erworben wurde.

Teile des Kraftwerkstandortes befinden sich in der erweiterten Schutzzone

des Wasserwerkes I Wallersee der Stadtwerke Hanau GmbH. Das Wasser-

werk IV wird tangiert.

Eine fischereiliche Nutzung / Bewirtschaftung des Mains im Bereich der

Stauhaltung Mühlheim wird nur noch als Nebenerwerb oder aus Traditions-

gründen ausgeführt. Angaben zu Fangzahlen / -mengen liegen nicht vor.

Gemäß der Stellungnahme des Fischereiverbandes Unterfranken e.V. dür-

fen Mainfische aufgrund der Belastung mit Dioxinen nicht mehr verkauft

bzw. abgegeben werden.

VI.3.4.3.5.1.2. Untersuchungsraum (10 km-Umkreis)

Der Untersuchungsraum wird durch eine Vielfalt unterschiedlicher Nut-

zungsstrukturen geprägt.

Siedlungsbereiche befinden sich bei einem Anteil im Untersuchungsraum

von ca. 22% schwerpunktmäßig entlang der vorwiegend in Nordwest- Süd-

ost- Richtung verlaufenden Mainachse sowie in den äußeren Randbereichen

des Untersuchungsraumes. Zwischen den Siedlungsbereichen befinden sich

insbesondere östlich von Hanau sowie westlich der Main- Siedlungsachse

großflächige Waldgebiete.

Im Bereich der Freiflächen sind zahlreiche naturschutzfachliche Gebietsaus-

weisungen vorhanden. Auf großen Teilen des Untersuchungsraums sind

Wasserschutzgebiete vorhanden, die sich im Bereich des Kraftwerkes Stau-

dinger bis auf das Kraftwerksgelände erstrecken.

Die Mainebene und die Ausläufer des Spessarts bieten vielfältige Möglich-

keiten einer landschaftsgebundenen Erholung. Im Untersuchungsraum gibt

es zahlreiche Freizeit- und Erholungseinrichtungen (u.a. Badeseen, Kleingar-

tenanlagen, Sportanlagen), weitläufige Wälder mit gut erschlossenem Wan-

derwegenetz und diverse historische und kulturelle Anziehungspunkte. Im

Untersuchungsraum verlaufen Fernradwege und Wanderwege von überre-

gionaler Bedeutung. Durch das bestehende Kraftwerk ist bereits eine Vor-

belastung des Naturerlebnisses im Untersuchungsraum vorhanden.

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VI.3.4.3.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen des Vorhabens

Der Anlagenstandort befindet sich innerhalb des eingezäunten Kraftwerks-

geländes, so dass infolge der Flächeninanspruchnahme keine Flächen mit

anderweitigen anthropogenen Nutzungsfunktionen (z.B. Erholung / Freizeit-

funktion) entzogen werden.

Etwaige indirekte Auswirkungen durch die Immissionen des Blocks 6 bzw.

des Kraftwerksbetriebes wurden in den vorstehenden Kapiteln betrachtet.

Negative Auswirkungen auf Waldbestände und damit auf die Forstwirtschaft

können ausgeschlossen werden.

Auswirkungen auf die Belange der landschaftsgebundenen Erholung erge-

ben sich durch die optische Störwirkung des Blocks 6. Die Auswirkungen

auf das Landschaftsbild sind in Kapitel VI.3.4.8 beschrieben. Störwirkungen

durch die großvolumigen Bauwerke und die Bauwerkshöhen des Blocks 6

sind insbesondere im Umkreis bis zu 1.500 m gegeben. Besondere Erho-

lungseinrichtungen (wie z.B. Badeseen) sind in diesem Umkreis nicht vor-

handen. Für weiter entfernt liegende Objekte treten aufgrund der Entfer-

nung und der Vorbelastung durch das bestehende Kraftwerk keine erhebli-

chen visuellen Veränderungen ein.

Im zukünftigen Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) wird sich die thermische

Belastungssituation des Mains gegenüber der Ist- Situation verbessern, die

stoffliche Belastungssituation nicht wesentlich verändern. Die Fischverluste

durch die Kühlwasserentnahme (rechnerisch nach 2- monatigen Untersu-

chungen: 62,1 kg/a) dürften sich aufgrund der deutlich verminderten Kühl-

wasserentnahme deutlich verringern. Beim neu geplanten Kühlwasser- Ent-

nahmebauwerk sind hochwirksame Fischschutzmaßnahmen geplant. Vor

diesem Hintergrund sind keine erheblichen Auswirkungen auf fischereiliche

Belange zu besorgen.

VI.3.4.4. Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt

VI.3.4.4.1. Ist- Zustand

Beim Ist- Zustand des Schutzgutes „Tiere+ Pflanzen und biologische Vielfalt“

erfolgt eine differenzierte Beschreibung der Anlagenstandortes, des weite-

ren Untersuchungsraumes (bis 10 km) sowie der Flora und Fauna des Mai-

nes.

VI.3.4.4.1.1. Anlagenstandort

VI.3.4.4.1.1.1. Biotop- und Nutzungstypen

Im Bereich des Anlagenstandortes wurden im Herbst 2007 sowie von April

bis September 2008 Kartierungsarbeiten zur Erfassung der Biotoptypen auf

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einer Fläche von ca. 33 ha durchgeführt. Der Anlagenstandort wird wie folgt

begrenzt: im Norden durch die Gurtförderer des neuen Kohlelagers bzw.

durch den Kühlwasserauslaufkanal, im Osten durch die Umgehungsstraße

bzw. die Verlängerung der Bahntrasse, im Süden durch die so genannte

Hauptstraße (Werksgelände) und im Westen durch den Main.

Das Kartiergebiet umfasste weiterhin die Flächen der Baustelleneinrichtung

sowie die Wegstrecke der Energieableitung vom Block 6 über das Hafenbe-

cken bis zum Umspannwerk Großkrotzenburg.

Die Zuordnung / Einstufung der vorgefundenen Biotop- / Nutzungstypen

sowie die Bewertung der Biotop- / Nutzungstypen nach Wertepunkten (flä-

chenbezogen je m²) erfolgte nach den Vorgaben der Kompensationsver-

ordnung des Landes Hessen (2005). Die Beschreibung / Zuordnung zu den

Biotop- / Nutzungstypen erfolgte unter Berücksichtigung von grünordneri-

schen Vorgaben (Pflanzmaßnahmen) aus vorangegangenen Genehmi-

gungsverfahren.

Im Ergebnis der Kartierarbeiten ist festzustellen, dass mit 19,6 ha nahezu

60% des ca. 33 ha großen Kartiergebietes den Nutzungstypen „10.500: Ver-

siegelt und teilversiegelte Flächen“ bzw. „10.700: Überbaute Flächen“ zuzu-

ordnen sind. Von den verbleibenden 13,4 ha fallen ca. 5,2 ha unter den

Nutzungstyp „11.000: Äcker und Gärten“ und ca. 5+1 ha unter „02.000: Ge-

büsche+ Hecken+ Säume“.

Nach der Bewertung der Kartierergebnisse im Landschaftspflegerischen

Begleitplan sind die Vegetationsstrukturen im Baufeld von Block 6 überwie-

gend von geringer bis mittlerer ökologischer Bedeutung: Die Gehölzstruk-

turen sind für die Avifauna als Brut- und Nahrungshabitate interessant, blü-

tenreiche Wiesen(brachen) vor allem für Insekten und – in Verbindung mit

sonnenexponierten Schotterflächen – teilweise auch für Reptilien. Das Vor-

kommen seltener oder geschützter Tierarten in Teilbereichen der Biotopty-

pen kann zu einer standortbezogenen Aufwertung dieses Biotoptyps füh-

ren, wie es z.B. durch das Vorkommen der Zauneidechse in einer Sukzessi-

onsfläche / Wiesenbrache westlich der Erdgasreduzierstation der Fall ist

oder durch den Eisvogel am Kopf des Kühlwasserauslaufkanals. Generell

von hoher Bedeutung für den Arten- und Biotophaushalt sind die Flächen

rund um die Seen zum Main hin, der Saum aus Ufergehölzen sowie einige

Biotope im Umfeld. Geschützte Pflanzenarten wurden im Eingriffsbereich

nicht festgestellt.

VI.3.4.4.1.1.2. Fauna

Als Grundlage für die Prüfung der artenschutzrechtlichen Belange wurden

von April bis Ende September 2008 in bis zu 7 Kartiergängen im Bereich

des Gesamt- Kraftwerkstandortes faunistische Erhebungen durchgeführt.

Betrachtet wurden:

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Europäische Vogelarten nach Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie;

Fledermäuse (Arten des Anhangs IV der FFH- Richtlinie);

Reptilien, Amphibien, Tagfalter, Widderchen und Heuschrecken, unter

denen einzelne Arten teils nach Anhang IV der FFH-Richtlinie, teils

nach BNatSchG streng geschützt sind.

Bei den insgesamt vier Kartiergängen á sechs Stunden (Kombination aus Li-

nientaxierung und Revierkartierung) wurden 63 Vogelarten, darunter min-

destens 41 Brutvogelpaare erfasst. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 13 BNatSchG sind

alle europäischen Vogelarten als besonders geschützte Arten definiert. Die

Brutvögel Eisvogel, Flussregenpfeifern, Grünspecht und Teichhuhn sind

nach der BArtSchV streng geschützt. Die Brutvögel Eisvogel, Schwarzer Mi-

lan und Wanderfalke sowie der potenzielle Brutvogel Neuntöter sind Arten

nach Anhang I der Vogelschutz- Richtlinie.

Das relativ große Artenspektrum mit teilweise seltenen / gefährdeten Vo-

gelarten hängt mit dem kleinräumigen Wechsel unterschiedlicher Lebens-

räume und der weitgehend ungestörten Entwicklung der Lebensräume im

für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Kraftwerksgelände zusammen.

Bei vier Begehungen (Ultraschalldetektor, ergänzt durch Sichtbeobachtun-

gen) wurden fünf Fledermausarten (Großer Abendsegler, Kleiner Abend-

segler, Mückenfledermaus, Rauhautfledermaus, Zwergfledermaus) nachge-

wiesen, die jeweils nach der BArtSchV besonders geschützt sind und zu den

streng zu schützenden Arten nach Anhang IV der FFH- Richtlinie zählen.

Bei den Kartiergängen an ausgewählten Lebensräumen wurden insgesamt

drei Arten (Erdkröte, Teichfrosch, Zauneidechse) registriert, die jeweils nach

der BArtSchV besonders geschützt sind. Die an drei Fundorten erfasste

Zauneidechse gehört zudem zu den streng zu schützenden Arten nach An-

hang IV der FFH- Richtlinie.

Die Erfassung der Insekten erfolgte im Rahmen der Kartierung der anderen

Gruppen und an einer speziellen Begehung. Es wurden insgesamt 15 Tag-

falterarten und eine Widderchenart erfasst. Die Tagfalterarten Hauhechel-

bläuling, Kleiner Feuerfalter, Kleiner Heufalter und die Widderchenart Blut-

ströpfchen sind nach der BArtSchV besonders geschützt.

Von den neun festgestellten Heuschreckenarten ist die Blauflügelige Öd-

landschrecke nach der BArtSchV besonders geschützt.

VI.3.4.4.1.2. Weiterer Untersuchungsraum

Im Untersuchungsraum (10km- Umkreis, außerhalb des Anlagenstandortes)

sind eine Vielzahl von unterschiedlichen Biotoptypen vorhanden (Wald, He-

cken / Feldgehölze, Streuobstwiesen, Sandmagerrasen etc.), von denen ei-

nige selten und hochgradig schützenwert sind (z.B. Feuchtbiotope, Binnen-

dünen und Flugsandfelder).

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 123 von 321

Innerhalb des Untersuchungsraums sind 32 Naturschutzgebiete, 14 FFH-

Gebiete, drei Europäische Vogelschutzgebiete und 13 Landschaftsschutz-

gebiete vorhanden, die sich zum Teil räumlich überlagern. Das nächstgele-

gene FFH- Gebiet befindet sich ca. 1,2 km östlich des Anlagenstandortes.

Der Abstand zum nächstgelegenen Europäischen Vogelschutzgebiet be-

trägt ca. 1+5 km. Das Landschaftsschutzgebiet „Hessische Mainauen“ grenzt

unmittelbar an den Kraftwerkstandort an.

Im näheren Umfeld des Kraftwerkstandortes sind zahlreiche, überwiegend

kleinflächige, schützenswerte und / oder wertvolle Biotope bzw. nach § 30

BNatSchG gesetzlich geschützte Biotope vorhanden.

Die FFH-Gebiete und die Europäischen Vogelschutzgebiete sind in der FFH-

Verträglichkeitsuntersuchung u.a. hinsichtlich der Lebensraumtypen, ihres

Erhaltungszustandes und ihrer Erhaltungsziele sowie wesentlicher Arten be-

schrieben.

VI.3.4.4.1.2.1. Flora und Fauna im Main

Im Rahmen des gewässerökologischen Gutachtens wurden zwischen den

Staustufen Mühlheim (Main-km 53,05) und Krotzenburg (Main-km 63,75)

verschiedene Untersuchungen zur Flora und Fauna bzw. biologischen Was-

serqualität durchgeführt.

An je einer Untersuchungsstelle oberhalb bzw. unterhalb der Einleitstelle

des Kraftwerkes Staudinger wurden an beiden Uferseiten Untersuchungen

zur Bestandsituation nach den Methoden der Wasserrahmenrichtlinie

durchgeführt. Die Erhebungsdaten wurden mit bereits vorliegenden Daten

abgeglichen. Zusammenfassend kann der ökologische Zustand der Flora

wie folgt bewertet werden:

Main-km 62,25, unmittelbar oberhalb des Entnahmebauwerks, linkes

Ufer: mäßig

Main-km 62,25, unmittelbar oberhalb des Entnahmebauwerks, rechtes

Ufer: unbefriedigend bis schlecht

Main-km 61,55, unmittelbar unterhalb Einlaufbauwerk, linkes Ufer: un-

befriedigend bis schlecht

Main-km 61,55, unmittelbar unterhalb des Einlaufbauwerks, rechtes

Ufer: unbefriedigend bis schlecht

Im Juli 2007 wurden an drei Untersuchungsstellen (oberhalb (Main-km

62,25), am Standort (Main-km 61,45) und unterhalb (Main-km 58,85) der

Entnahme- / Einleitstelle des Kraftwerkes Staudinger) Proben mit einem

Seilzugbagger entnommen. Bei der Bestandserhebung wurden 31 ver-

schiedene Taxa bzw. 23 Arten des Makrozoobenthos registriert. Die Besied-

lungsdichte lag zwischen 3.000 Individuen/m² (Main-km 62,25) bis 7.500

Ind./m² (Main-km 58,85).

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 124 von 321

Im Gewässerökologischen Gutachten wird die Makrozoobenthos- Besiede-

lung im untersuchten Mainabschnitt unter Auswertung weiterer Daten des

Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie zusammenfassend wie

folgt bewertet:

Die Lebensbedingungen der benthischen Makrozoen sind im Main im Be-

reich des Kraftwerkstandortes stark von Maßnahmen der Gewässerunterhal-

tung und des Gewässeraufstaus geprägt. Der Main hat seinen Charakter als

epi- bis metapotamales Fließgewässer verloren. Die niedrigen Strömungs-

geschwindigkeiten haben zur Folge, dass sich Schwebstoffe verstärkt am

Gewässergrund ablagern und die normalerweise in einem kiesgeprägten

Strom vorhandene Vielfalt an Sohlsubstrattypen überlagern. Feinsedimente

sind als Substrat für viele wirbellose Fließwasserorganismen nicht geeignet.

Für den Gewässertyp „kiesgeprägte Ströme“ typische Arten konnten im un-

tersuchten Abschnitt nur sporadisch und in geringen Besiedlungsdichten

nachgewiesen werden. Die Lebensgemeinschaften werden in qualitativer

und quantitativer Hinsicht von Neozoen geprägt. Die Bewertungsergebnisse

nach der Wasserrahmenrichtlinie zeigen, dass sich der untersuchte Mainab-

schnitt in einem hinsichtlich der Makrozoobenthos-Besiedlung unbefriedi-

genden bis schlechten ökologischen Zustand befindet. Arten der Hessi-

schen Roten Listen wurden im untersuchten Mainabschnitt nicht nachgewie-

sen.

Interpretierbare Unterschiede zwischen der benthischen Lebensgemein-

schaft oberhalb und unterhalb des Kraftwerks Staudinger konnten nicht

festgestellt werden. Der oberhalb des Kraftwerkes gelegene Untersu-

chungsbereich weist die geringste Arten- und Individuenabundanz auf. Die

Zunahme zönologischer Strukturmerkmale bis zum Main-km 58,85 ist nicht

ursächlich aus dem Kraftwerksbetrieb interpretierbar.

Das Phytoplankton wurde an sechs Messterminen von Mai bis September

2007 an vier Probenahmestellen untersucht. Die im Main festgestellten Ar-

ten indizieren in der Mehrheit eutrophe, also nährstoffreiche Verhältnisse.

Mögliche Auswirkungen des Ablaufs des Kraftwerkes auf die Planktonzöno-

se des Mains wurden nicht beobachtet. Durch den Charakter des Mainab-

schnitts (staureguliert, ausgebaut, starker Schiffsverkehr) kann das Bewer-

tungsverfahren „PhytoFluss" als Bewertungsgrundlage nach der Wasser-

rahmenrichtlinie nur eingeschränkt angewendet werden. Davon unabhän-

gig war jedoch eine allgemein ökologische Bewertung des Untersuchungs-

abschnittes möglich. Aufgrund der ermittelten Indices ist das Gewässer in

seinem ökologischen Zustand als „mäßig" zu klassifizieren.

Insgesamt ist die Phytoplankton- Besiedlung im Main Ausdruck für einen

mäßigen bis unbefriedigenden ökologischen Zustand, für eine gute Einstu-

fung ist die Artenvielfalt zu gering.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 125 von 321

Das Zooplankton wurde an sechs Messterminen von Mai bis September

2007 an vier Probenahmestellen untersucht. Im untersuchten Mainabschnitt

konnten 55 Taxa nachgewiesen werden. Das Zooplankton des untersuchten

Mainabschnittes war im Vergleich zu anderen großen Flüssen sowohl quali-

tativ als auch quantitativ sehr gering entwickelt, trotz verminderter Fließge-

schwindigkeit und erhöhter Verweilzeit des Wasserkörpers infolge Aufstaus.

Das Fehlen natürlicher Stillwasserzonen und buchtenreicher Uferstrukturen

mit Makrophytenbewuchs ist möglicherweise Ursache für das relativ geringe

Vorkommen von Zooplankton im Main. Ein weiterer limitierender Faktor für

das Zooplankton sind permanente Turbulenzen (z.B. infolge des Schiffsver-

kehrs) im Wasserkörper. Auf dieser Grundlage wird der ökologische Zu-

stand des Mainabschnittes mit Zustandsklasse IV – unbefriedigend – beur-

teilt.

Zur Ermittlung der Ist- Zustandes wurden im Juli / August 2007 Datenerhe-

bungen mittels Elektrofischerei, Fischerei mit Uferzugnetz und Stellnetz an

ausgewählten Stellen zwischen Main-km 54,0 und 63,6 durchgeführt und

ergänzend der Fischanfall in den bestehenden Kühlwasserreinigungs-

anlagen untersucht.

In den Untersuchungen wurden 26 Fischarten festgestellt, davon 15 euryto-

pe Arten (ohne spezifische Ansprüche an die Strömung im Fluss), neun

rheophile (strömungsliebende) und zwei stagnophile (strömungsmeidende)

Arten. Die Fischfauna des Mains wird von eurytopen Arten dominiert. Es

herrschen einige wenige, ökologisch anspruchslose Fischarten wie Rotauge,

Flussbarsch, Kaulbarsch und Zander vor. Der Großteil der Fische im unter-

suchten Mainabschnitt ist an die Lebensbedingungen in der Stauhaltung

angepasst. Strömungsliebende Arten wie Nase, Barbe oder Hasel be-

schränken sich auf die wenigen strömenden Abschnitte im Unterwasser der

Staustufen. Geeignete Laichplätze und Jungfischhabitate fehlen in der Re-

gel. Der Main und die dort vorkommende Fischfauna befinden sich hier in

einem strukturell stark degradierten Zustand. Für typische Auenarten wie

Schleie, Hecht, Bitterling, Rotfeder oder Karausche mangelt es an Altarmen

oder Altwässern mit Wasserpflanzen als Laichsubstrat und als Jungfischle-

bensraum. Die Kartierung fischökologisch wertvoller Strukturen zeigt, dass

der Main in diesem Abschnitt stark anthropogen überprägt ist. Es sind nur

sehr wenig fischökologisch wertvolle Gewässerstrukturen vorhanden.

Fischverluste durch die Kühlwasserentnahme werden durch die bauliche

Gestaltung des Entnahmebauwerks und die Wirksamkeit der Fischscheu-

chanlage minimiert.

Die Bewertung der Stauhaltung Mühlheim- Großkrotzenburg gemäß der

Wassersrahmenrichtlinie mit dem Bewertungstool fiBS erbrachte für diesen

Gewässerabschnitt des Mains die Einstufung „mäßig". Diese Bewertung ist

eine zu gute Bewertung, da keine Leitfischarten in ausreichender Anzahl ge-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 126 von 321

fangen wurden und damit nicht in die Bewertung mit einbezogen werden

konnten. Die deutlichen ökologischen Defizite des Mains sind dagegen viel-

fältig und klar an den Dominanzen der Arten ablesbar.

Bei den gewässerökologischen Untersuchungen wurden elf Fischarten

nachgewiesen, die in den Roten Listen aufgeführt werden; sechs Arten Rote

Liste Hessen und neun Arten Rote Liste BRD. Mit Groppe, Weißflossen-

gründling, Rapfen (Anhang II) und der Barbe (Anhang V) wurden vier Arten

erfasst, die im Anhang der FFH- Richtlinie aufgeführt sind. Arten des An-

hangs IV wurden nicht festgestellt.

VI.3.4.4.1.2.2. Biologische Vielfalt

Die biologische Vielfalt im Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) wird u.a.

dokumentiert durch die Vielzahl an unterschiedlichen Biotoptypen und Le-

bensräumen (u.a. Waldflächen und Auenlandschaften) sowie zahlreichen

naturschutzfachlichen Schutzgebieten mit verschiedenartigen Schutzzwe-

cken/Erhaltungszielen.

Die vielfältigen Biotopstrukturen erfüllen Habitatansprüche der unterschied-

lichsten Tier- und Pflanzenarten. Die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische

Vielfalt) wird im Wesentlichen vom Vorhandensein ausreichend großer Bio-

top- und Verbund-/Vernetzungsstrukturen bestimmt.

VI.3.4.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

VI.3.4.4.2.1. Flächeninanspruchnahme und Biotopverlust

Der Planbereich des Blocks 6 umfasst eine Fläche von 211.680m². Der ge-

plante Block 6 soll auf dem Gelände des ehemaligen Kohlelagers zwischen

dem Main und dem Kühlturm des Blocks 4 (Kessel- und Maschinenhaus),

der neue Kühlturm nördlich des Kühlturms von Block 4 errichtet werden. Die

Hilfskesselanlage soll im Südosten des Kühlturms von Block 4 platziert wer-

den. Die neuen Bauwerke des Blocks beanspruchen 42.120 m² Fläche; zu-

sammen mit den be-stehenden, für den Block 6 genutzten Bauwerken,

ergibt sich ein Be-darf von 58.768 m². Damit beträgt die Differenz zwischen

Bestand und Planung 32.598 m².

Zu Eingriffen in den Naturhaushalt kommt es dabei insbesondere durch den

Verlust von Trittstein- und Sekundärbiotopen innerhalb des Kraftwerksge-

ländes und der damit verbundenen Beeinträchtigung teilweise geschützter

Arten. Es werden lediglich ca. 5.000m² Frei- / Grünflächen (darunter Ge-

hölzstrukturen mit kleinflächigem Ufergehölzsaum aus alten Pappeln und

Weiden, Obstwiesen, Wiesenbrachen und innerbetriebliche Grünflächen)

zusätzlich überbaut / versiegelt.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 127 von 321

Im Rahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplanes wurden Maßnah-

men vor Ort zur Vermeidung und Verminderung von Beeinträchtigungen,

Maßnahmen zum Artenschutz, sowie Ausgleichmaßnahmen (Pflanzung von

Baumgruppen sowie von Hecken aus Bäumen / Sträuchern, Wiederherstel-

len von Flächen, Zulassung der natürlichen Sukzession, Anlage von Extensiv-

rasen und Wiesen) entwickelt. Diese Maßnahmen wurden in die Eingriffs- /

Ausgleichsbilanz gemäß der Kompensationsverordnung des Landes Hessen

(2005) eingestellt.

Mit den vor Ort vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen können die Ein-

griffe bzw. die mit der Flächeninanspruchnahme verbunden Beeinträchti-

gung des Naturhaushalts sowie die mit der Überbauung verbundenen Be-

einträchtigungen des Landschaftsbildes nicht vollständig ausgeglichen

werden, so dass sich ein (externer) Kompensationsbedarf ergibt.

Unter Berücksichtigung der Anforderungen der Kompensationsverordnung

ist als Kompensationsmaßnahme die Verbesserung der ökologischen Situa-

tion am Main bei Rumpenheim im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie nach

den Vorgaben der Oberen Wasserbehörde vorgesehen. Damit kann eine

vollständige Kompensation des Eingriffs in absehbarer Zeit gewährleistet

werden.

Zum Ausgleich des im Landschaftspflegerischen Begleitplan vom 17. Mai

2010 in der mit Grüneintrag korrigierten Fassung verbleibenden Biotop-

wertdefizits kann die auf einem Ökokonto gebuchte Ersatzmaßnahme K2

„Entwicklung naturnaher Waldbestände im Naturschutzgebiet „Bulau“ her-

angezogen werden.

VI.3.4.4.2.2. Auswirkungen auf die Fauna

Nach dem Fachbeitrag zum Artenschutz werden folgende Konfliktpotenzia-

le für die Fauna aufgezeigt:

VI.3.4.4.2.2.1. Vögel

Konfliktpotenziale für Vögel treten auf durch

den Verlust von Bruthabitaten infolge der Flächeninanspruchnahmen

(Amsel, Blau- und Kohlmeise, Fituis, Gartengrasmücke, Girlitz, Grün-

ling, Heckenbraunelle, Bluthänfling, Mönchsgrasmücke, Nachtigall,

Rotkehlchen, Zilpzalp, Bachstelze, Hausrotschwanz)

potenzielle Beeinträchtigungen von Bruthabitaten durch Störwirkun-

gen aufgrund räumlicher Nähe (Saatkrähe, Blaumeise, Buntspecht,

Grünling, Grünspecht, Mönchsgrasmücke, Kohlmeise, Nachtigall, Ra-

benkrähe, Ringeltaube, Star, Zaunkönig, Zilpzalp, Gartengrasmücke,

Klappergrasmücke, Eisvogel) sowie durch

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 128 von 321

erhöhte Kollisionsrisiken durch die Energieableitung durch Freileitun-

gen (Graureiher, Stockente, Lachmöwe, Schwarzer Milan, Turmfalke,

Wanderfalke).

VI.3.4.4.2.2.2. Fledermäuse

Konfliktpotenziale für Fledermäuse ergeben sich ausschließlich für die Arten

Großer Abendsegler und Zwergfledermaus durch Quartierverluste. Bei den

übrigen drei festgestellten Arten handelt es sich um Durchzügler und / oder

Einzelnachweise ohne Habitatbindung.

VI.3.4.4.2.2.3. Reptilien und Amphibien

Konfliktpotenziale für Reptilien ergeben sich ausschließlich für die Zaunei-

dechse (Flächeninanspruchnahme von Habitaten). Konfliktpotenziale für

Amphibien ergeben sich nicht.

VI.3.4.4.2.2.4. Insekten – Tagfalter, Widderchen und Heuschrecken

Für Insekten werden keine negativen Auswirkungen auf die Populationen

erwartet.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass bei Umsetzung von Maßnahmen zur Kon-

fliktvermeidung und CEF- Maßnahmen für keine der o.g. Artengruppen ar-

tenschutzrechtliche Verbotstatbestände vorliegen.

VI.3.4.4.2.3. Immissionen von Luftschadstoffen - Konzentration

In der FFH- Vorprüfung wurden die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an SO2,

NOx als NO2, NH3 und F- Konzentration im Vergleich mit den Irrelevanzwer-

ten der TA Luft zum Schutz vor erheblichen Nachteilen, insbesondere Schutz

der Vegetation und von Ökosystemen (Nr. 4.4.3 und Anhang 1 der TA Luft)

dargestellt. Die Immissionsbeiträge liegen bei allen Parametern deutlich un-

terhalb der Irrelevanzwerte.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 129 von 321

Tabelle 39: Immissionsbeitrag an ausgewählten Luftschadstoffen im zukünftigen Gesamt- Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) im Vergleich mit den Irrelevanzgrenzen der TA Luft

Schadstoff Immissionsbeitrag zukünftiger Gesamt-Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4-6); ROV

[ g/m³]

Irrelevanzgrenzen gemäß TA Luft

[ g/m³]

SO2 0,85 2,0

NOx als NO2 1,0 3,0

NH3 0,0099

F 0,0067 0,04

Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wurde zudem auf Grund-

lage ergänzender Ausbreitungsrechnungen nachgewiesen, dass die Immis-

sionsbeiträge an Schwefeldioxid, Stickoxiden und Ammoniak im Bereich der

nächstgelegenen NATURA 2000-Gebiete bei jeweils weniger als 1% des

sog. Critical Level liegen:

Tabelle 40: Vergleich Immissionsbeitrag / Bagatellschwellen

Bagatellschwellen Maximalwert im gesam-

ten Rechengebiet

SO2 < 0,2 µg/m³ 0,16 µg/m³

NOx als NO2 < 0,3 µg/m³ 0,16 µg/m³)

NH3 < 0,08 µg/m³ 0,0037 µg/m³)

VI.3.4.4.2.4. Immissionen von Luftschadstoffen - Schwefeldeposition

In der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist dargestellt, dass die Schwe-

feldeposition (Jahresmittel) aus dem zukünftigen Kraftwerksbetrieb (Blöcke

4 bis 6) aus dem Schwaden (Auswaschen von Schwadentropfen mit dem

Niederschlag) mit 4 bis 6 kg S/(ha*a) und aus der Rauchgasfahne (Auswa-

schen von gasförmigen SO2) mit 5 bis 6 kg S/(ha*a) angenommen werden

kann. Der Bereich des sichtbaren Schwadens ist 15 bis 20 Mal kleiner als die

gesamte Rauchgasfahne im Untersuchungsraum (9km- Umkreis) und er-

streckt sich weitgehend auf das Kraftwerksgelände, so dass eine Addition

der beiden Depositionswerte (theoretischer Gesamtwert: 12 kg S/(ha*a))

keine ökologische Rolle spielt.

Wegen der Drehung der Rauchfahne wird für den Bereich der Hauptwind-

richtung (in Richtung Nordost) nur noch eine mittlere zusätzliche Jahresbe-

lastung von maximal 2 kg S/(ha*a) bei einer Hintergrundbelastung von ins-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 130 von 321

gesamt 13 bis 19 kg S/(ha*a) erwartet, d.h. sie ist nicht signifikant und führt

zu keiner Zusatzbelastung mit nachweisbaren Beeinträchtigungen.

Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wurde zudem auf Grund-

lage ergänzender Ausbreitungsrechnungen nachgewiesen, dass die Immis-

sionsbeiträge der Schwefeldeposition im Bereich der nächstgelegenen Na-

tura 2000-Gebiete jeweils weniger als 0,5 kg/ha*a liegen. Der höchste Wert

außerhalb des Werksgeländes wurde mit 2,9 kg/ha*a ermittelt. In die De-

tailbetrachtung der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung wurden alle Natura

2000-Gebiete einbezogen, bei denen eine Schwefeldeposition von mehr als

0,1 kg/ha*a errechnet wurde, da analog zur Beurteilung von Stickstoffdepo-

sitionen (KIfL 2008) unterhalb dieses Wertes keine belastbaren Ergebnisse

begründet und folglich Beeinträchtigungen sicher ausgeschlossen werden

können.

VI.3.4.4.2.5. Immissionen von Luftschadstoffen – Gesamt-Stickstoffdeposition

Nach der im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführten

Ausbreitungsrechnung liegt die Gesamt- Stickstoffdeposition (trockene und

nasse Deposition aus reduziertem und oxidiertem Stickstoff) aus dem Be-

trieb des geplanten Blocks 6 außerhalb des Werksgeländes bei maximal

0,61 kg/ha*a (nordwestlich, Bereich der L 3309). In den nördlich an den

Kraftwerkstandort angrenzenden Freiflächen / Siedlungsflächen werden

Stickstoffdepositionseinträge von 0,1 bis 0,5kg/ha*a berechnet. Im über-

wiegenden Teil des Rechengebietes liegt die Gesamt- Stickstoffdeposition

bei weniger als 0,1 kg/ha*a und damit unterhalb des Wertes, der nach den

Bewertungsvorschlägen des Kieler Instituts für Landschaftsökologie (KIFL

2008) aus Gründen der Rechengenauigkeit keine belastbaren Depositions-

ergebnisse liefert und auf dessen Grundlage demzufolge keine Beeinträch-

tigungen begründet werden können. In der FFH-

Verträglichkeitsuntersuchung wird ein Depositionswert von weniger als 0,1

kg/ha*a als sogenanntes Abschneidekriterium berücksichtigt.

Im Bereich der nächstgelegenen Natura 2000-Gebiete liegt die Gesamt-

Stickstoffdeposition bei weniger als 0,2 kg/ha*a. Nach der FFH- Verträglich-

keitsuntersuchung liegen die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Gesamt-

Stickstoffdeposition im Bereich der FFH-Gebiete bei jeweils weniger als 3%

der lebensraumtyp-spezifischen sog. Critical Loads. Dies bedeutet, dass sich

die Stickstoffbelastungssituation gegenüber der Vorbelastung nicht signifi-

kant verändert. Die Vorbelastung liegt nach den Datensätzen des Umwelt-

bundesamtes bei einzelnen Lebensraumtypen oberhalb des sog. Critical

Load.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 131 von 321

VI.3.4.4.2.6. Immissionen von Schall

Im Ergebnis einer überschlägigen Abschätzung der Schallimmissionen in

den nächstgelegenen lärmempfindlichen geschützten Lebensräumen (Eu-

ropäisches Vogelschutzgebiet 6019-401; ca. 1,7km vom Emissionsschwer-

punkt des Blocks 6 entfernt) wurde ein Immissionspegel von 39,5 dB(A) für

die Tagzeit und 31,5 dB(A) für die Nachtzeit ermittelt. Der Immissionsbeitrag

des Blocks 6 liegt damit deutlich unterhalb des Schallpegels von 47 dB(A),

bei dem Störwirkungen bei empfindlichen Vogelarten zu besorgen sind.

Die derzeit am Kraftwerkstandort vorhandenen Arten haben sich an die be-

stehenden Geräuschverhältnisse angepasst. Mit dem Betrieb des Blocks 6

ist keine relevante Erhöhung der Geräuschimmissionen verbunden.

VI.3.4.4.2.7. Immissionen von Licht

Soweit Leuchten eingesetzt werden, die das Licht in einem für Insekten unat-

traktiven Wellenlängenbereich ausstrahlen (z.B. Natriumdampf- Hoch- bzw.

Niederdrucklampen, LED- Leuchten), sind keine erheblichen Auswirkungen

auf Insekten zu erwarten.

VI.3.4.4.2.8. Individuenverluste durch Wasserentnahme

Die Kühlwasserentnahme ist so gestaltet, dass Individuenverluste minimiert

werden (geringe Strömungsgeschwindigkeit des Wassers im 300m langen

Entnahmekanal, Elektroscheuchanlage nach ca. 180 m von der Entnahmes-

telle). Im Rahmen des gewässerökologischen Gutachtens wurde nachge-

wiesen, dass die Elektroscheuchanlage sehr gut funktioniert und dass nur

wenige größere Individuen diese passieren und in die Kühlwasserreini-

gungsanlagen (Rechen-, Siebbandanlage) gelangen.

Während eines zweimonatigen Zeitraumes lag die tägliche Individuenzahl

an Fischen, die größer sind als 10cm und die zur Rechenanlage gelangten,

bei 1 bis 15 Fischen pro Tag (Median: 3,6 Fische pro Tag). Von diesen Fi-

schen waren 82% in gutem Zustand, 12% wiesen leichte und 6% wiesen

schwere Schädigungen auf.

Bei den an fünf Terminen durchgeführten 24- Stunden- Messungen von

Jungfischen in der Siebbandanlage wurden 18 Arten in Jungfischstadien

(Fischlarven und Jungfische) festgestellt. Die Kühlwasserentnahme aus dem

Main im Gesamtkraftwerksbetrieb wird sich gegenüber der derzeitigen Si-

tuation zukünftig um ca. 94% verringern. Die Individuenverluste dürften sich

demzufolge deutlich vermindern.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 132 von 321

VI.3.4.4.2.9. Ökologische Auswirkungen der stofflichen und thermischen Gewässerbe-

einflussung durch die Kühlturmabflut und anderes Abwasser

Die chemisch- physikalischen Parameter im Main werden sich im zukünfti-

gen Gesamt- Kraftwerksbetrieb nicht wesentlich verändern. Aufgrund des

zukünftig deutlich geringeren Wärmeeintrags (Reduzierung um ca. 98%)

wird sich die thermische Belastungssituation des Mains verbessern. Die

Temperaturen des Mains werden auch in Extremsituationen die geltenden

Grenzwerte sicher einhalten.

Vor diesem Hintergrund sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen

auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt durch thermische oder stoff-

liche Gewässerbeeinflussung zu erwarten. Zusätzliche nachteilige Auswir-

kungen auf die vorkommenden Arten nach Anhang II und V der FFH- Richt-

linie sind ebenfalls nicht zu erwarten.

VI.3.4.5. Schutzgut Boden

VI.3.4.5.1. Ist- Zustand

VI.3.4.5.1.1. Anlagenstandort

Im Bereich des Anlagenstandortes sind keine natürlich gewachsenen Böden

vorhanden. Der Anlagenstandort wird zum großen Teil der Kategorie

„Schotter+ Granulat+ Baufeld“ zugeordnet. Große Teile des Anlagenstandor-

tes wurden bisher als offenes Kohlelager genutzt.

Auch im Bereich der noch vorhandenen Frei- / Grünflächen (ca. 5.000 m²) ist

davon auszugehen, dass keine ungestörten Bodenverhältnisse vorliegen.

VI.3.4.5.1.2. Bodenformen im Untersuchungsraum

Der überwiegende Teil des Untersuchungsraums wird von der Mainniede-

rung eingenommen. Nördlich von Main und Kinzig schließen sich lößbe-

deckte Terrassenflächen an, im Osten erhebt sich der aus kristallinen Ge-

steinen aufgebaute Vorspessart über die Mainniederung.

Als Ausgangssubstrat für die Bodenbildung überwiegen Sande bis lehmige

Sande aus Terrassensanden und Flugsanden. Auf diesen Substraten entwi-

ckelten sich basenarme Braunerden, oft mit Bändern im Untergrund, sowie

Bänder- Parabraunerden und lokal Podsol- Braunerden. Aufgrund der ge-

ringen Speicherkapazität für Nährstoffe und Wasser werden diese Böden

überwiegend forstwirtschaftlich genutzt (z.B. Forst Wolfgang, Emmerichsho-

fer Wald).

In den Flussniederungen finden sich neben holozänen sandig- Iehmigen bis

tonigen Auenlehmen, auf denen sich braune Auenböden sowie Auengleye,

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 133 von 321

auch weit verbreitet quartäre Hochflutlehme, entwickeln konnten. Diese

weisen im Unterboden häufig einen im Vergleich zum Oberboden höheren

Tongehalt auf. Diese Tongehaltsdifferenz ist teilweise auf Tonverlagerung

(Lessivierung) zurückzuführen, überwiegend jedoch sedimentationsbedingt.

Aus der Tongehaltsdifferenz resultiert als Bodentyp die Parabraunerde, die

auf den Hochflutlehmen vorherrscht.

Im Raum von Erlensee werden die Terrassensande von bis zu 150 cm mäch-

tigem Löß überdeckt, auf dem sich Para- Braunerden mit mittlerem bis ho-

hem Basengehalt entwickelt haben. Örtlich finden sich ebenfalls stauwas-

serbeeinflusste Pseudogleye sowie stellenweise Tschernoseme (Bruchkö-

bel). Diese Böden werden aufgrund ihres großen Nährstoffspeichervermö-

gens intensiv landwirtschaftlich genutzt.

Am östlichen Rand des Untersuchungsraums, nördlich und südöstlich Alze-

naus finden sich Para- Braunerden mit mittlerem Basengehalt und Pseudo-

gleye auf teilweise skeletthaltigen Lößlehmen (Fließerden). In der Umge-

bung Michelbachs herrschen Pseudogleye- Braunerden, Parabraunerden

und Pseudogleye auf skelettreichen Fließerdecken aus Löß und autochto-

nem Verwitterungsmaterial vor.

VI.3.4.5.1.3. Vorbelastungssituation

Zur Ermittlung der Vorbelastung der Böden wurden im Mai 2009 an ausge-

wählten und mit der Genehmigungsbehörde abgestimmten Stellen im

Untersuchungsgebiet (10 km-Umkreis; Bereiche mit der höchsten trockenen

und nassen Deposition gemäß der für das Raumordnungsverfahren erstell-

ten Immissionsprognose / ausgewählte Bodenformen) an fünf Ackerstan-

dorten, fünf Grünlandstandorten und zwei Waldstandorten Bodenproben

entnommen. Anhand der Bodenproben wurden labortechnisch chemisch-

physikalische Parameter bestimmt.

Weiterhin wurden die Ergebnisse der Bodenzustandserhebung im Wald II

(vier Probenstandorte mit insgesamt 18 Einzelproben) sowie zwei Analysen

zur Schwermetallbelastung von Waldböden der (ehemaligen) Hessischen

Forsteinrichtungsanstalt Gießen (acht Einzelproben) ausgewertet.

VI.3.4.5.1.3.1. Ackerflächen

Eine Überschreitung der bodenartspezifischen Vorsorgewerte gemäß An-

hang 2 der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV; Schwermetalle) lag

nur an einem der fünf Beprobungsstandorte vor und zwar für Quecksilber

und PCB. Für die PCB lässt sich kein kausaler Zusammenhang zum derzeiti-

gen bzw. zukünftigen Kraftwerksbetrieb herstellen. Die ermittelten Dioxine /

Furangehalte lagen im Bereich der Hintergrundbelastung.

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VI.3.4.5.1.3.2. Grünland

Eine Überschreitung der bodenartspezifischen Vorsorgewerte gemäß An-

hang 2 der BBodSchV (Schwermetalle) lag für einzelne Parameter an drei

der fünf Beprobungsstandorte vor. Der Abgleich mit den Frachten gemäß

BBodSchV zeigt, dass bei Blei, Cadmium, Chrom und Nickel, die Vorbelas-

tung deutlich unterhalb der Werte gemäß Anhang 2 Nr. 5 der BBodSchV

liegt. Bei Quecksilber wird die Fracht ebenfalls eingehalten.

Für Zink sind in der BBodSchV keine entsprechenden Frachten ausgewie-

sen. Zink gehört nicht zu den maßgebenden Schadstoffparametern der

13. BImSchV. Die ermittelten Dioxin / Furangehalte lagen unterhalb der Hin-

tergrundbelastung.

VI.3.4.5.1.3.3. Waldflächen

An den beiden Waldstandorten sowie den Proben der (ehemaligen) Hessi-

schen Forsteinrichtungsanstalt Gießen werden die bodenartspezifischen

Vorsorgewerte gemäß Anhang 2 der BBodSchV für alle Parameter unter-

schritten.

Bei der Bodenzustandserhebung im Wald II wurde nur in einer von 18 Pro-

ben eine Überschreitung der Vorsorgewerte der BBodSchV für Blei und

Quecksilber festgestellt. Da hier keine Angaben zum Humusgehalt vorlie-

gen, ist hier keine abschließende Bewertung möglich.

VI.3.4.5.1.4. Bodenfunktionen

Die Bodenfunktionen (Lebensraumfunktion, Funktion als Bestandteil des

Naturhaushaltes, Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium, Funktion als Ar-

chiv der Natur- und Kulturgeschichte), wurden im hessischen Teil des Unter-

suchungsraum (10 km-Umkreis; Bereiche außerhalb der Siedlungsflächen)

bewertet. Im Sinne eines Maximalwertprinzips war für die Gesamtbewertung

die jeweils höchste flächenbezogene Einzelkriteriumsbewertung der Boden-

funktionen maßgebend.

Der überwiegende Teil der Flächen ist in Bezug auf die Bodenfunktionen

der Bewertungskategorie „hoch“ zuzuordnen. Am zweithäufigsten ergibt

sich die Einstufung in „hoch bis sehr hoch“ bzw. „hoch“. Die unterste Bewer-

tungskategorie „mittel“ hat flächenmäßig den vergleichsweise geringsten

Anteil im Untersuchungsraum.

VI.3.4.5.1.5. Altstandorte / Altablagerungen

Im Bereich der neuen Kohlekreislager wird derzeit ein Altstandort, Altflä-

chennummer 435.011.000.001.001, mit schädlichen Bodenverunreinigun-

gen und Grundwasserbelastungen hauptsächlich durch Mineralöle, leicht-

flüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe und LHKW saniert. Weiterhin

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werden im Bereich des Kraftwerkes Staudinger und der näheren Umgebung

insgesamt sechs Altablagerungen im Altlasteninformationssystem Hessen

geführt.

Für den Bereich des Blocks 6 liegen in der Altflächendatei keine Eintragun-

gen vor. Aufgrund der Vornutzung als Kohlelagerplatz ist jedoch mit schäd-

lichen Bodenveränderungen zu rechnen.

VI.3.4.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

VI.3.4.5.2.1. Flächeninanspruchnahme

Aus der Überbauung anthropogen überprägter Kraftwerksflächen lassen

sich keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf das Schutzgut

„Boden“ ableiten. Die mit dem Flächenverbrauch verbundenen naturschutz-

rechtlichen Implikationen (vergleiche VI.3.4.4.2.1) bleiben unberührt.

VI.3.4.5.2.2. Deposition / Eintrag luftgetragener Schadstoffe

Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind - mit Aus-

nahme der Quecksilberdeposition - jeweils als irrelevant zu werten. Eine

Wertung der Immissionsbeiträge an Dioxinen / Furanen anhand des Irrele-

vanzkriteriums ist nicht zulässig (siehe VI.3.4.1.2.2). Auch im Gesamtkraft-

werkbetrieb werden die Immissionswerte der maßgebenden Beurteilungs-

kriterien unterschritten, so dass über den Luftpfad keine erheblichen Aus-

wirkungen auf den Boden zu besorgen sind.

In der Gesamtbelastung (Vorbelastung + Immissionsbeitrag Block 6) wer-

den die Frachten gemäß Anhang 2 Nr. 5 der BBodSchV für alle Parameter

überwiegend deutlich unterschritten.

Ergänzend wurde die Anreicherung von Schwermetallen aus dem Anlagen-

betrieb des Blocks 6 errechnet und anhand der Irrelevanzwerte der UVPVwV

bewertet.

Bei der Berechnung handelt es sich um eine „worst-case“-Abschätzung, da

als Immissionsbeitrag der maximale im Beurteilungsgebiet berechnete De-

positionswert für einen Betriebszeitraum von 40 Jahren angesetzt wurde,

ohne etwaige Austragsvorgänge (z.B. durch Auswaschungen / Materialab-

trag).

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Immissionsbeiträge des Blocks 6 bei

allen Schwermetall-Parametern deutlich unterhalb der Irrelevanzgrenzen

der UVPVwV liegen.

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Tabelle 41: Berechnete Schwermetallanreicherung im Boden im Vergleich mit dem Irrele-vanzkriterium

Stoff Voraussichtli-

che Zusatzbe-

lastung durch

Block 6

[µg/m²]

Anreiche-

rung der

Schwermetal-

le im Boden

[µg/kg]

UVPVwV- Orien-

tierungswerte

[µg/kg]

Irrelevanz-

kriterium

(2% des

Orientie-

rungswerts

[µg/kg]

Blei 0,36 0,0125 100 2

Cadmium 0,05 0,0017 1,5 0,03

Chrom 0,15 0,0052 100 2

Kupfer 0,69 0,0240 60 1,2

Nickel 0,48 0,0167 50 1

Quecksilber 0,09 0,0031 1 0,02

Thallium 0,02 0,0007 1 0,02

Arsen 0,10 0,0035 40 0,8

VI.3.4.6. Wasser - Oberflächenwasser

VI.3.4.6.1. Ist- Zustand

VI.3.4.6.1.1. Main

Das Kraftwerk Staudinger liegt am rechten Ufer des unteren Mains etwa in

Höhe Main-km 62 (Zählung flussaufwärts) im Rückstaubereich der Main-

Staustufe Mühlheim (Main-km 53,05). Wenige Flusskilometer unterhalb des

Kraftwerks mündet die Kinzig bei Main-km 55 in den Main. Im Bereich des

Kraftwerks befindet sich ein Mainhafenbecken mit angrenzendem Kühlwas-

sereinlaufkanal. Nördlich des Mainhafenbeckens befindet sich jenseits der

Standortfläche für den Block 6 der Kühlwasserauslaufkanal. Am Main liegt

der ehemalige Nato- Ölhafen. Im südlichen Teil des Kraftwerkstandortes be-

findet sich ein Kraftwerkssee. Die Gewässergüte des Mains ist im betreffen-

den Streckenabschnitt in die Kategorie „mäßig belastet“ eingestuft.

Der Kraftwerkstandort befindet sich zum Teil innerhalb des Überschwem-

mungsgebietes des Mains. Dies gilt auch für kleinräumige Teile des Anla-

genstandortes des Blocks 6.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 137 von 321

Als Grundlage für die Beschreibung des Ist- Zustandes und der voraussicht-

lichen Veränderungen infolge des geplanten Vorhabens wurde ein Gewäs-

serökologisches Gutachten zu folgenden Aspekten erstellt:

Hydromorphologie und Wasserhaushalt (Auswertung vorhandener

Daten):

Chemisch- physikalische Gewässerqualität (sechsmalige Entnahme

von Wasserproben an je zwei Probenahmestellen oberhalb und un-

terhalb des Entnahme und Einleitbauwerkes im Zeitraum Mai bis Sep-

tember 2007; Analyse chemisch- physikalischer Parameter);

Temperaturverhältnisse, Ausdehnung der Wärmefahne (3D- Modellie-

rung verschiedener Betriebsszenarien mit abgeführter Wärmemenge

von max. 9,95 MW und einer eingeleiteten Kühlwassermenge von 0,35

m³/s; ausgewählte Zeiträume: 16. bis 30. April 2003 – durchschnittli-

che Randbedingungen – und 4. bis 18. August 2003 – Jahrhundert-

sommer –);

Sedimentbeschaffenheit (Entnahme von Sedimentproben an vier

Messstellen im August 2007; chemische Parameter);

Biologische Wasserqualität (Fische, Phyto- und Zooplankton, Makro-

zoobenthos, Phytobenthos);

Fischereiliche Nutzung (siehe VI.3.4.3.5.1.1 und VII.3.3.13.2.2.5).

VI.3.4.6.1.1.1. Hydromorphologie und Wasserhaushalt

Die Abflusscharakteristik des Mains ist von größeren Abflussschwankungen

geprägt. Der mittlere Abfluss des Mains beträgt am Pegel Krotzenburg

(Main-km 63,23) ca. 175 m³/s; der mittlere Niedrigwasserabfluss (MNQ) liegt

bei 52 m³/s.

Bei der Einstufung nach der Wasserrahmenrichtlinie wird der Main als er-

heblich verändertes Gewässer ausgewiesen. 99% der Gewässerstrecke sind

sehr stark bis vollständig verändert (Kriterien: Strukturbildungsvermögen,

Durchgängigkeit, Auendynamik, Gewässermorphologie, Rückstau).

VI.3.4.6.1.1.2. Chemische- physikalische Gewässerqualität

Bezüglich der Nährstoffverhältnisse und der Salzgehalte wurden im Gewäs-

serabschnitt weder in räumlicher noch in zeitlicher Hinsicht signifikante Ver-

änderungen nachgewiesen. Die Konzentrationen der einzelnen Parameter

schwankten nur sehr geringfügig, Erhöhungen der Stofffrachten des Mains

durch kraftwerksbedingte Einleitungen waren minimal.

Nach LAWA entsprach der Main im Untersuchungsgebiet 2007 der chemi-

schen Gewässergüteklasse II (mäßig belastet) mit Tendenz zu Güteklasse II –

III (deutlich belastet). Die für den vorhandenen Gewässertyp 10 (Kiesge-

prägte Ströme) vorgeschlagenen Orientierungswerte relevanter und geeig-

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neter physikalischer und chemischer Kenngrößen wurden meist deutlich un-

terschritten.

Schwermetalle im Mainwasser wurden nicht oder nur in minimalen Konzent-

rationen innerhalb des Schwankungsbereichs ihrer Hintergrundkonzentrati-

onen nachgewiesen. Vergleichsweise höhere Gehalte von Zink im Mainwas-

ser korrelierten mit erhöhten Zinkkonzentrationen im Sediment. Für

Schwermetallparameter festgelegte Umweltqualitätsnormen wurden zu je-

dem Zeitpunkt im Untersuchungszeitraum unterschritten. Auch die Zielvor-

gaben nach LAWA für die verschiedenen Schutzgüter (u.a. aquatische Le-

bensgemeinschaften, Schwebstoffe / Sedimente) wurden weitgehend er-

füllt.

Weitere Daten zu den Belastungen des Maines an Blei, Cadmium, Nickel

und Quecksilber wurden mit der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung sowie

im wasserrechtlichen Erlaubnisantrag vom 22. Oktober 2010 vorgelegt.

Demnach werden die derzeit geltenden Grenzwerte der Wasserrahmen-

richtlinie, der Fischgewässerrichtlinie sowie die Qualitätsnormen gemäß der

Richtlinie 2008/105/EG für die genannten Metalle in der Wasserphase ein-

gehalten. Bezüglich der mit Richtlinie 2008/105/EG eingeführten Biota-

Werte für Quecksilber liegen die Belastungen der bislang untersuchten Fi-

sche oberhalb des Grenzwertes. Es existiert jedoch bislang noch keine Fest-

legung, welcher Organismus für eine Biota- Bewertung herangezogen wird.

VI.3.4.6.1.1.3. Temperaturverhältnisse, Ausdehnung der Wärmefahne (3D- Modellierung)

Durch die Abwassereinleitung des Kraftwerks Staudinger im derzeitigen

Kraftwerksbetrieb kommt es entsprechend den Modellrechnungen bei mitt-

leren Verhältnissen zu einer Aufwärmung um max. 1 K (bzw. bis 2 K in unmit-

telbarer Nähe des Kühlwassereinlaufkanals) und für sommerliche Extrem-

verhältnisse um etwa 1,5 K (bzw. bis 2,5 K in unmittelbarer Nähe des Kühl-

wassereinlaufkanals). Die Aufwärmung beträgt zwischen einem Profil ober-

halb und unterhalb der Einleitung nach vollständiger Durchmischung des

Mains maximal 0,8 K (mittlere Verhältnisse) bzw. maximal 1,2 K (extreme

Verhältnisse). Bei extremen Verhältnissen wird die maximal zulässige Main-

temperatur von 28 °C rechnerisch erreicht bzw. kurzzeitig leicht überschrit-

ten (28,1 °C).

VI.3.4.6.1.1.4. Sedimentbeschaffenheit (chemische Parameter)

Die Qualitätsnormen der Parameter wurden nach Wasserrahmenrichtlinie

eingehalten, die gemessenen Konzentrationen unterschreiten die Konzent-

rationen für die Qualitätsnormen zum Teil sehr deutlich. Ursache für unter-

schiedliche Konzentrationen einiger Parameter ist die partikuläre Bindung

der Schadstoffe an die Kornfraktion < 20 µm.

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Entlang der Messstrecke wurde kein Trend zur Erhöhung der Konzentratio-

nen festgestellt, der eine Belastung der Sedimente durch Emissionen des

Kraftwerkes Staudinger belegen könnte. Stoffliche Emissionen des Kraftwer-

kes Staudinger (Abwasserpfad) lagen in allen relevanten Parametern im

Rahmen der Grenzwerte der wasserrechtlichen Erlaubnis.

VI.3.4.6.1.2. Sonstige Gewässer

Bei den Nebengewässern des Mains und den zahlreichen Stillgewässern im

Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) beschränkt sich der potenzielle Wir-

kungspfad auf den Eintrag von Luftschadstoffen. Aufgrund des irrelevanten

Immissionsbeitrages des Blocks 6 waren keine weiteren Untersuchungen zur

gewässerökologischen Situation erforderlich.

VI.3.4.6.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

Aufbauend auf den Ergebnissen der Erfassung des Ist- Zustandes erfolgt im

Rahmen des Gewässerökologischen Gutachtens eine Auswirkungsprognose

der stofflichen und thermischen Gewässerbeeinflussung für das geplante

Vorhaben.

Mit der Inbetriebnahme des mit Steinkohle befeuerten Blocks 6 wird sich

das Betriebsregime des Kraftwerkes durch die Stilllegung der Blöcke 1 bis 3

sowie der Granulier- und Granulatförderanlage des Kraftwerkes ändern. Da-

raus resultiert ein deutlich verminderter Kühlwasserbedarf des Kraftwerks,

mit Auswirkungen für die stoffliche und thermische Belastung des Mains.

VI.3.4.6.2.1. Veränderung der Abflussverhältnisse

Der Kühlwasserbedarf vermindert sich durch die reine Kreislaufkühlung der

Blöcke 4 bis 6 erheblich, wobei das entnommene Kühlwasser derzeit und

auch zukünftig abzüglich der Verdunstungsverluste wieder in den ausrei-

chend wasserführenden Main eingeleitet wird, so dass sich praktisch keine

Veränderungen der Abflussverhältnisse ergeben.

Die Gebäude und Anlagenteile des Blocks 6 werden - mit Ausnahme des

KZA- Gebäudes und eines kleinen Teils der Rauchgasentschwefelungsanla-

ge - ca. 0,5 m oberhalb der Linie des 200-jährigen Hochwassers errichtet, so

dass sich auch im Hochwasserfall keine Veränderungen der Abflussverhält-

nisse zu besorgen sind. Bei Extremhochwasser ist ein Austritt wassergefähr-

dender Stoffe auch ohne besondere Maßnahmen ausgeschlossen.

Im Zusammenhang mit der Errichtung des neuen Kohlelagers wurde Ersatz-

retentionsraum geschaffen, der den Retentionsraumverlust für die genann-

ten Bebauungen unterhalb der HQ100 ausgleicht.

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VI.3.4.6.2.2. Veränderung der chemischen- physikalischen Zusammensetzung des

Mains durch die Abwasser- und Kühlwassereinleitung

VI.3.4.6.2.2.1. Wassertemperatur

Im zukünftigen Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) kommt es unter normalen

/ mittleren Abfluss- und Temperaturbedingungen nicht zu einer relevanten

Erwärmung des Mains. Selbst unter angenommenen klimatischen und

hydrologischen Extrembedingungen eines „Jahrhundertsommers“ käme es

aufgrund der geringen eingeleiteten Wärmemenge nur in unmittelbarer

Nähe des Kühlwasserauslaufkanals oberflächen- und ufernah auf kurzer

Fließstrecke zu einer geringen Aufwärmung von maximal 0,5 K.

Der Kreislaufbetrieb aller Blöcke (Blöcke 4 bis 6) mit den sehr geringen

Kühlwassereinleitmengen sorgt für eine rasche Durchmischung des einge-

leiteten Kühlwassers im Main. An der Wasseroberfläche sind Temperaturer-

höhungen von maximal 0,5 K über eine maximale Distanz von 150m unter-

strom der Kühlwassereinleitung ausschließlich in Ufernähe (bis ca. 20m Dis-

tanz vom Ufer) zu erwarten. Sohlnah hat die Kühlwassereinleitung auch di-

rekt an der Mündung des Kühlwasserauslaufkanals keinen Einfluss auf die

Temperatur des Mains.

Die zu erwartende thermische Belastung fällt aufgrund der im Vergleich zum

Ist- Zustand sehr geringen Wärmelast und Einleitmenge deutlich geringer

aus. Erwärmungen werden selbst bei hydrologisch- meteorologischen Ext-

rembedingungen in viel engerem Umkreis auf das rechte Ufer beschränkt

bleiben und sind bereits nach etwa 150m nicht mehr messbar.

VI.3.4.6.2.2.2. Chemisch- physikalische Parameter

Sauerstoffgehalt:

Aufgrund der deutlich verringerten Einleitemenge von erwärmtem Kühlwas-

ser, welches mit Sauerstoff durch den Kühlturmbetrieb übersättigt ist, wird

sich der Sauerstoffhaushalt des Mains durch die Einleitung eher positiv ver-

ändern.

Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB):

Durch den Wegfall von potentiellen CSB-Erzeugern, der entsprechenden

Reinigung der Kühlturmzusatzwässer und der Verbesserung des CSB-

Abbaupotentials durch eine positive Auswirkung auf den Sauerstoffhaushalt

ist davon auszugehen, dass sich die CSB-Situation durch die geänderte Ein-

leitung nicht negativ verändern wird.

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Adsorbierbare organisch gebundene Halogene (AOX):

Mit dem gesteigerten Bedarf an Kühlturmzusatzwasser erhöht sich die Emis-

sion von AOX geringfügig. Im Vergleich zu den im Main gemessenen Frach-

ten ist dieses jedoch vernachlässigbar.

Chlorid:

Die emittierten Chloridfrachten erhöhen sich durch die im Vergleich gestei-

gerte Betriebsstundenzahl des Blocks deutlich. Ein Vergleich mit den Main-

frachten zeigt hier jedoch nur einen unerheblichen Anteil.

Ammonium und Sulfat:

Durch die Inbetriebnahme von Block 6 wird sich die Ammonium- wie auch

die Sulfatfracht geringfügig verringern, so dass sich keine Änderungen zu

der bisherigen Emissionssituation ergeben.

Schwermetalle:

Hinsichtlich der Schwermetalle wird durch eine erweiterte Anlagentechnik

sichergestellt, dass sich die abgegebenen Schwermetallfrachten, insbeson-

dere Quecksilber, gegenüber den bisherigen weiter verringern.

VI.3.4.6.2.2.3. Veränderung der Strukturgüte

Unabhängig vom Kraftwerk ist die Strukturgüte des Mains stark beeinträch-

tigt. Vor diesem Hintergrund werden durch die Errichtung neuer Einleit- und

Auslaufbauwerke keine erheblichen nachteiligen Veränderungen der Struk-

turgüte erwartet. Bauzeitliche Beeinflussungen werden durch geeignete

Maßnahmen minimiert.

VI.3.4.6.2.2.4. Diffuse Belastungen durch Luftschadstoffe

Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind jeweils als ir-

relevant zu werten. Zudem wurde im Rahmen der UVU anhand überschlägi-

ger Berechnung nachgewiesen, dass unter dem Gesichtspunkt der Wasser-

rahmenrichtlinie die Qualität der Oberflächengewässer durch atmosphäri-

sche Quecksilbereinträge nicht signifikant negativ beeinflusst wird.

Auch im Gesamtkraftwerkbetrieb werden die Immissionswerte der maßge-

benden Beurteilungskriterien unterschritten, so dass über den Luftpfad kei-

ne erheblichen Auswirkungen auf Gewässer zu besorgen sind. Ergänzend

wurde im Rahmen der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung mit dem Modell

MONERIS (Modelling Nutrient Emissions in River Systems) der aus den Wir-

kungspfaden Luft – Wasser und Luft – Boden – Wasser resultierende

Schwermetalleintrag (Blei, Cadmium, Nickel und Quecksilber) in den Main

rechentechnisch abgeschätzt.

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Bei Blei, Nickel und Cadmium wurde ein kraftwerksbedingter Eintrag in ei-

nem Bereich von 0,005% bis 0,05% der Gesamtbelastung des Mains errech-

net. Beim Quecksilber wurden unter überschätzenden Ansätzen Einträge

aus dem Betrieb des Blocks 6 in Höhe eines Anteils von bis zu 1,4% an der

Gesamtvorbelastung des Mains abgeschätzt.

VI.3.4.6.2.2.5. Baubedingte Auswirkungen

Das Grundwasser aus bauzeitlicher Grundwasserhaltung wird in den Main

abgeleitet. Die Grundwasserhaltung bzw. die Ableitung in den Main wird in

separaten Genehmigungsverfahren beantragt.

VI.3.4.7. Schutzgut Wasser – Grundwasser

VI.3.4.7.1. Ist- Zustand

Der Untersuchungsbereich ist durch relativ geringmächtige (meist < 10m)

pleistozäne Porengrundwasserleiter, mächtige (bis 40m) pliozäne Poren-

grundwasserleiter, miozäne Kluft- und Karstgrundwasserleiter sowie

Kluftgrundwasserleiter des Rotliegenden gekennzeichnet. Bei der lokalen

Wasserversorgung spielen die quartären Porengrundwasserleiter trotz ihrer

geringen Mächtigkeit aufgrund der sehr guten Wasserwegsamkeit und der

hohen Speicherkapazität eine entscheidende Rolle. Der quartäre Aquifer ist

oft durch einen pliozänen Grundwasserhemmer bzw. Wassernichtleiter vom

pliozänen 2. Grundwasserleiter getrennt.

Die quartären Sande und Kiese stellen im Untersuchungsraum den oberen,

1. Grundwasserleiter dar. Sie sind Wasser führend und besonders in grob-

sandigen und kiesigen Bereichen sehr gut wasserwegsam.

Während das obere Grundwasserstockwerk in den quartären Schichten als

relativ homogen bezeichnet werden kann, ist das untere Grundwasser-

stockwerk in den pliozänen und miozänen Sedimenten durch ausgespro-

chen starke Inhomogenität und Anisotropie gekennzeichnet. Es muss davon

ausgegangen werden, dass die Grenze Quartär - Tertiär (Sande / Kiese –

Tone / Schluffe) nicht in allen Bereichen als Wasserstauer fungiert. Ein hyd-

raulischer Kontakt zwischen tertiären und quartären Grundwasserleitern

über hydraulische Fenster ist daher zumindest bereichsweise gegeben.

Auch an der Kontaktfläche zwischen den pliozänen und den älteren miozä-

nen Sedimenten besteht über weite Bereiche ein hydraulischer Anschluss.

Im oberen Grundwasserleiter erfolgt ein flächenhafter Zustrom zum Main

bzw. zum Unterlauf der Kinzig.

Der Grundwasserstand für den 1. Grundwasserleiter liegt im Bereich des

Blocks 6 bei ca. 4,2 bis 6,3m unter Geländeoberkante.

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Die Grundwasserneubildungsrate kann für den Anlagenstandort (hoher Ver-

siegelungsgrad, Kraftwerksfläche) als gering (0,5 l/s*km²) abgeschätzt wer-

den. Teile des Kraftwerkstandortes befinden sich in der erweiterten Schutz-

zone (Zone III) des Wasserwerks I Wallersee der Stadtwerke Hanau GmbH

(Schutzgebietsverordnung von 18. Juni 1962 (StAnz. 36 S. 1221). Das Was-

serwerk IV wird tangiert. Der konkrete Anlagenstandort (Block 6) liegt au-

ßerhalb von ausgewiesenen Wasserschutzgebieten. Der östliche Teil der

Standortfläche liegt nach der gutachterlichen Stellungnahme des Hessi-

schen Landesamtes für Bodenforschung HLfB (heute: Hessisches Landesamt

für Umwelt und Geologie HLUG) vom 9. Februar 1996 (Az.: 341- 204/96

Sch/Kl) innerhalb einer vorgeschlagenen Erweiterungsfläche der weiteren

Schutzzone (III) des Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk I Wallersee.

Im Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) sind zahlreiche Wasserschutzge-

biete vorhanden.

VI.3.4.7.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

VI.3.4.7.2.1. Einträge von Luftschadstoffen

Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind jeweils als ir-

relevant zu werten. Auch im Gesamtkraftwerkbetrieb werden die Immissi-

onswerte der maßgebenden Beurteilungskriterien unterschritten, so dass

über den Luftpfad keine erheblichen Auswirkungen auf die Grundwasser-

qualität zu besorgen sind. Dies gilt auch für die im Untersuchungsraum vor-

handenen Wasserschutzgebiete.

VI.3.4.7.2.2. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen erfolgt unter Beachtung der

einschlägigen fachgesetzlichen Regelungen und Regelwerke, so dass der

Schutz des Wassers vor schädlichen Verunreinigungen sichergestellt ist. Die

Löschwasserrückhaltung kann im Keller des Maschinenhauses und Kessel-

hauses erfolgen. Ein direkter Ablauf von Löschwasser in das Entwässerungs-

system des Kraftwerkes kann nicht erfolgen.

Im Einvernehmen mit der Antragstellerin wurde vereinbart, dass für alle

Maßnahmen im vom HLfB vorgeschlagenen Erweiterungsbereich des Was-

serschutzgebietes die gleichen Anforderungen einzuhalten sind, wie bei

Maßnahmen innerhalb der Zone III des bestehenden Wasserschutzgebietes.

Dies ist bei der späteren konkreten Planung von Anlagen zum Umgang mit

wassergefährdenden Stoffen zu berücksichtigen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 144 von 321

VI.3.4.7.2.3. Veränderung der Grundwasserneubildungsrate durch Flächenversiegelung

Der Anlagenstandort trägt bereits derzeit nur in geringem Umfang zur

Grundwasserneubildung bei. Es ist nicht von einer messbaren Veränderung

der regionalen Grundwasserneubildungsrate auszugehen.

VI.3.4.7.2.4. Baubedingte Auswirkungen

Für die tiefgründigen Bauwerke ist eine bauzeitliche Grundwasserhaltung

erforderlich. Für die Grundwasserhaltung bzw. die Ableitung in den Main

wurde ein separater Zulassungsantrag gestellt. Gemäß den Ausführungen

im Landschaftspflegerischen Begleitplan wird bei einem Baugrubenverbau

der 1. (oberste) und der 2. (tiefere) Grundwasserleiter abgesperrt. Im

1. Grundwasserleiter führt dies im ungünstigsten Fall zu einem Wasserspie-

gelanstieg im Grundwasseranstrombereich um + 6cm und zu einer Spiegel-

absenkung im Abstrombereich von - 6cm. Diese geringen Spiegeländerun-

gen bewegen sich im Rahmen natürlicher Schwankungen und stellen keinen

relevanten Eingriff in das Grundwasser dar. Aufgrund der Erfahrungen bei

den Grundwassserhaltungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Errich-

tung des Kohlelagers ist eine Gefährdung des Grundwassers nicht besor-

gen.

VI.3.4.8. Landschaft

VI.3.4.8.1. Ist- Zustand

Als Grundlage für die Beschreibung des Ist- Zustandes der Landschaft und

der voraussichtlichen Veränderungen infolge der Errichtung des Blocks 6

mit seinem 127m hohem Kesselhaus und dem 180m hohem Kühlturm wur-

de eine Landschaftsbildbewertung nach dem Leitfaden des Regierungsprä-

sidiums Darmstadt „Zusatzbewertung Landschaftsbild“ durchgeführt.

Der Untersuchungsraum von rund 327 km² umfasst einen Radius von ca.

10km um den Block 6, der sich in Wirkzonen (WZ) von 0 bis 200m (WZ I;

Nahbereich), 200 bis 1.500m (WZ II) und 1.500 bis 10.000 m (WZ III) unter-

teilt. Die Raumeinheiten innerhalb der Wirkzonen wurden textlich beschrie-

ben und gemäß den Regelungen des o.g. Leitfadens nach ihrer Empfind-

lichkeit unter Berücksichtigung von Vorbelastungen bewertet.

Der Kraftwerkstandort liegt in der intensiv genutzten Mainebene, am Rande

des Verdichtungsraumes Hanau. Hier finden sich sowohl großflächige

Wohn- und Gewerbegebiet als auch landwirtschaftlich genutzte Flächen mit

Getreide- und Obstanbau rund um die Ortslagen. Eingerahmt wird das

Maintal großräumig betrachtet von den Höhenzügen des Spessarts im Os-

ten, vom Taunus im Nordwesten, dem Vogelsberg im Norden und dem

Odenwald im Süden. In den Höhenlagen nimmt der Waldanteil zu. Das

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 145 von 321

Landschaftsbild im Untersuchungsraum ist sehr heterogen. _Es ist charakte-

risiert durch die Mainebene mit Wiesenflächen und dem gewässerbeglei-

tenden Gehölzsaum, durch landwirtschaftlich genutzte Flächen und zusam-

menhängende Waldgebiete. Dort finden sich eingestreut z.B. in den ehe-

maligen Mainschlingen naturnahe Flächen wie Feuchtgebiete und Bruch-

wälder. Der Landschaftsraum im Untersuchungsraum ist insgesamt durch

die Verkehrstrassen und die Siedlungs- sowie Gewerbeflächen bereits stark

zerschnitten.

Die eigentliche Eingriffsfläche ist durch das vorhandene Kraftwerk mit den

bestehenden Blöcken 1 bis 3 sowie 4 und 5, mit den 128m und 141,5m ho-

hen Kühltürmen sowie den 195m bis 250m hohen Kaminen stark vorbelas-

tet. Siedlungsbereiche, Relief- und Waldflächen sorgen in weiten Teilen der

Wirkzonen für Sichtverschattung oder setzen die Wahrnehmbarkeit herab,

indem sie Teile der Bauwerke verdecken. So verbleiben vom 327 km² gro-

ßen Untersuchungsraum lediglich rd. 47 km², die als Sichtbereiche (für Kes-

selhaus und Kühlturm Block 6) in die nähere Betrachtung und die Land-

schaftsbildbewertung einbezogen wurden.

VI.3.4.8.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

Das zukünftige Erscheinungsbild des Kraftwerkstandortes mit dem Block 6

wurde auch in Fotomontagen aus unterschiedlichen Blickrichtungen simu-

liert.

Mit dem 127m hohen Kesselhaus und dem 180m hohen Kühlturm werden

Bauwerke errichtet, die teilweise deutlich über das Niveau der bestehenden

Gebäude herausragen. Dadurch führt der Neubau des Blocks 6 zu Beein-

trächtigungen des Landschaftsbildes. Die Störwirkung des Blocks 6 ist vor

allem in den Ortstrandlagen der Wirkzonen I (0 bis 200m) und II (200 bis

1.500m) bemerkbar. Innerhalb der Wirkzone III (1.500 bis 10.000m) erge-

ben sich Sichtbeziehungen vorrangig für die Ortschaften entlang des Mains,

da hier Verschattungseffekte durch Wald und Relief geringer sind. Betroffen

von den landschaftsbildrelevanten Bauwerken des Vorhabens sind vor allem

die Erholungsflächen und die Siedlungsrandbereiche in den nahgelegenen

Ortschaften Großauheim, Großkrotzenburg. Hainburg und Klein-Auheim.

Größere Flächen mit Sichtbeziehungen zum geplanten Block 6 befinden

sich darüber hinaus in der Wirkzone II nordwestlich von Rodgau oder rund

um Erlensee. Auch von den exponierten Höhenlagen am Spessartrand tre-

ten Sichtbeziehungen zum Kraftwerk auf. Für alle im Mittel- und Fernbereich

gelegenen Flächen werden die neuen Bauwerke wegen der Entfernung nur

noch als Veränderung der Hintergrundkulisse wahrgenommen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 146 von 321

VI.3.4.9. Kultur- und sonstige Sachgüter

VI.3.4.9.1. Ist- Zustand

Der Anlagenstandort wird bereits langjährig als Kraftwerkstandort genutzt,

so dass sich hier keine Kultur- und sonstige Sachgüter (wie Bau- und Bo-

dendenkmale, historische Landnutzungen) befinden.

VI.3.4.9.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen

Betrachtungsrelevant sind mögliche indirekte Auswirkungen des Vorhabens

auf Kultur- und sonstige Sachgüter durch Luftschadstoffimmissionen (insbe-

sondere SO2) und Erschütterungen. Der Immissionsbeitrag des Blocks 6 an

SO2 und an allen weiteren Luftschadstoffparametern ist als irrelevant zu wer-

ten. Dies schließt auch saure Schadgase mit ein, die unter Einwirkung von

Feuchtigkeit die Substanz von Gebäuden angreifen könnten. Die Gesamt-

belastung an SO2 liegt im derzeitigen und zukünftigen Kraftwerksbetrieb

deutlich unterhalb der SO2- Konzentration von 10 bis 20 µg/m³, die Schäden

an Gebäuden und historischen Denkmälern hervorrufen könnten. Insofern

sind keine erheblichen Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter zu

besorgen.

Erschütterungsemissionen des Blocks 6 liegen bereits in einer Entfernung

von 20 bis 40m unterhalb der Spürbarkeitsgrenze.

VI.3.4.10. Wechselwirkungen

VI.3.4.10.1. Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern

In den vorangegangenen Kapiteln VI.3.4.1 bis VI.3.4.9 sind die voraussichtli-

chen Auswirkungen infolge des geplanten Vorhabens auf die einzelnen

Schutzgüter beschrieben worden.

Die vorgenannten Umweltkompartimente / Schutzgüter stehen in vielfälti-

gen Wirkungsbeziehungen / Wechselwirkungen untereinander. Daraus

ergibt sich u.a., dass sich aus Einwirkungen auf ein Schutzgut Folgewirkun-

gen für andere Schutzgüter ergeben können.

Der Hauptwirkungspfad in Zusammenhang mit der Errichtung und dem Be-

trieb des geplanten Blocks 6 ist die Freisetzung von Luftschadstoffen über

den 180m hohen Kühlturm. Die Luftqualität (Schutzgut Luft) ist unmittelbar

bedeutsam für den Menschen (vgl. Kapitel VI.3.4.3). Zudem können sich

einzelne Luftschadstoffe nachteilig auf die Vegetation und Ökosysteme

(Schutzgut Tiere und Pflanzen, vgl. Kapitel VI.3.4.4) und auf Kultur- und sons-

tige Sachgüter (vgl. Kapitel VI.3.4.9) auswirken.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 147 von 321

Die Deposition von Luftschadstoffen ist insbesondere relevant für den Bo-

den bzw. die Bodennutzung (vgl. Kapitel VI.3.4.5.2.2) sowie für das Wasser

bzw. die Nutzung des Wassers zur Trinkwassergewinnung (vgl. Kapitel

VI.3.4.6.2).

Aufgrund der Vornutzung und der anthropogenen Überprägung des Anla-

genstandortes innerhalb des Kraftwerksgeländes sind Wechselwirkungen

zwischen den Schutzgütern infolge der Flächeninanspruchnahme (z.B. Bo-

den Wasser Tier und Pflanzen Klima) von nachrangiger Bedeutung.

Aufgrund der Vorbelastungssituation durch die vorhandenen baulichen Ein-

richtungen des Kraftwerkes Staudinger ist nicht erkennbar, dass durch die

Errichtung des geplanten Blocks 6 erhebliche nachteilige Auswirkungen auf

die Erholungs- und Freizeitfunktion ausgehen könnten (Schutzgüter Land-

schaft Mensch (anthropogene Nutzungsfunktionen) (vgl. Kapitel

VI.3.4.3.5).

VI.3.4.10.2. Wechselwirkungen aufgrund von Schutzmaßnahmen

Wechselwirkungen zwischen den Umweltschutzgütern im Sinne § 2 Abs. 1

Satz 2 UVPG können nach Nr. 1 der UVPVwV u.a. durch bestimmte Schutz-

maßnahmen verursacht werden, die zu Problemverschiebungen führen.

Relevanter Wirkungspfad ist hier die Entsorgung der im Zuge der Rauchgas-

reinigung (Schutzmaßnahme zur Luftreinhaltung) anfallenden Rückstände.

Belastungsverschiebungen ergeben sich hier wie folgt:

Abreinigung der Abgase (Schutzmaßnahme für den Luftpfad)

Anfall von Rückständen (bei der Entsorgung zu prüfende Schutzgüter:

Boden, Wasser)

Im Ergebnis der Prüfung ist festzustellen, dass keine erheblichen nachteili-

gen Umweltauswirkungen durch die vorgenannten Belastungsverschiebun-

gen zu besorgen sind, da davon ausgegangen werden kann, dass umwelt-

verträgliche Entsorgungswege für die bei der Rauchgasreinigung anfallen-

den Rückstände zur Verfügung stehen.

VI.3.4.10.3. Wechselwirkungen zwischen Stoffgruppen

Die Immissionswerte der TA Luft gelten auch bei gleichzeitigem Auftreten

sowie chemischer oder physikalischer Umwandlung der Schadstoffe (Nr. 4.1

TA Luft).

Im Rahmen eines luftchemischen Gutachtens wurden Wechselwirkungen

zwischen dem gereinigten Rauchgas sowie den Kühllturmschwaden (feuch-

te Luft, Schwadentropfen) untersucht. Im Ergebnis wurde insbesondere die

Deposition an Schwefel abgeschätzt. Die Schwefeldeposition ist vorrangig

bedeutsam für Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume.

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VI.3.4.10.4. Kumulierende Wirkungen mit anderen Vorhaben

Der Untersuchungsraum des Kraftwerks Staudinger überschneidet sich nicht

mit den Untersuchungsräumen anderer geplanter, betrachtungsrelevanter

Vorhaben im Rhein- Main- Gebiet (GuD- Kraftwerk in Frankfurt-Griesheim,

EBS-Anlage im Industriepark Frankfurt-Höchst und KHKW Mainz).

Flugzeuge, die den ca. 25km entfernt gelegenen Flughafen Frankfurt am

Main anfliegen, überqueren den Anlagenstandort bei einem 3o- Sinkflug in

einer Höhe von ca. 1.200 m, so dass auch diesbezüglich keine kumulieren-

den Wirkungen zu betrachten sind.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 149 von 321

VII Genehmigungsvoraussetzungen

VII Genehmigungsvoraussetzungen / Inhaltsverzeichnis 149

VII.1. Genehmigungsbedürftigkeit 155

VII.1.1. Genehmigungsbedürftigkeit (allgemein) 155

VII.1.2. Genehmigung nach § 4 oder 16 BImSchG 155

VII.1.2.1. Einwendungen 155

VII.1.2.2. Bewertung der Einwendungen 156

VII.1.2.2.1. Grundsätze der Abgrenzung 156

VII.1.2.2.2. Anwendung auf den vorliegenden Fall 157

VII.1.3. Entscheidung nicht erforderlich 158

VII.2. Ordnungsgemäße Durchführung des Genehmigungsverfahrens 158

VII.2.1. Beteiligung der Öffentlichkeit und der Fachbehörden 159

VII.2.1.1. Beteiligung der Öffentlichkeit (Auslegung der Antragsunterlagen) 159

VII.2.1.1.1. Einwendungen 159

VII.2.1.1.2. Würdigung der Einwendungen 160

VII.2.1.2. Antragsunterlagen 161

VII.2.1.2.1. Umfang und Inhalt 161

VII.2.1.2.1.1. Einwendungen 161

VII.2.1.2.1.2. Würdigung der Einwendungen 162

VII.2.1.2.2. Vollständigkeit der Unterlagen 165

VII.2.1.2.2.1. Wesentliche Einwendungen 165

VII.2.1.2.2.2. Würdigung der Einwendungen 167

VII.2.2. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Methodik) 168

VII.2.2.1. Rechtsgrundlagen 168

VII.2.2.2. Wesentliche Einwendungen 169

VII.2.2.3. Würdigung der Einwendungen 169

VII.3. Anspruch auf Erteilung der beantragten Teilgenehmigung 170

VII.3.1. Berechtigtes Interesse, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG 171

VII.3.2. Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung der

Anlage, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG 171

VII.3.2.1. Baurechtliche Zulässigkeit 172

VII.3.2.1.1. Bauordnungsrecht 172

VII.3.2.1.2. Bauplanungsrecht 172

VII.3.2.1.2.1. Einwendungen 172

VII.3.2.1.2.2. Würdigung der Einwendungen 173

VII.3.2.1.2.2.1. Abgrenzung Innenbereich / Außenbereich 173

VII.3.2.1.2.2.2. Eigenart der nähere Umgebung 173

VII.3.2.1.2.2.3. Einfügen 174

VII.3.2.1.2.2.4. Kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme 175

VII.3.2.1.2.2.5. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse / Ortsbild 176

VII.3.2.1.2.2.6. Zulässigkeit nach § 35 BauGB 177

VII.3.2.1.2.2.7. Gemeindliches Einvernehmen 179

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 150 von 321

VII.3.2.1.2.2.8. Anlagenstandort § 50 BImSchG 180

VII.3.2.1.2.2.9. Sonstiges Baurecht (konkrete Planungen) 181

VII.3.2.2. Umweltauswirkungen während der Errichtung der Anlage (Bauphase) 182

VII.3.2.2.1. Luftreinhaltung während der Bauphase 182

VII.3.2.2.1.1. Wesentliche Einwendungen 182

VII.3.2.2.1.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 183

VII.3.2.2.2. Lärmimmissionen während der Bauphase 183

VII.3.2.2.3. Arbeitsschutz während der Bauphase / Betriebssicherheit 184

VII.3.2.2.4. Grundwasserhaltung während der Bauphase 184

VII.3.2.2.4.1. Auswirkungen bauzeitlicher Grundwasserentnahme 184

VII.3.2.2.4.2. Wesentliche Einwendungen: 184

VII.3.2.2.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 185

VII.3.2.3. Anlagentechnik, Stand der Technik / Best verfügbare Technik (BVT) 185

VII.3.2.3.1. Wesentliche Einwendungen 185

VII.3.2.3.2. Bewertung der Einwendungen 186

VII.3.2.3.2.1. Wirkungsgrad 186

VII.3.2.3.2.2. Alternative Techniken 188

VII.3.2.3.2.3. Brennstoff- Vorbehandlung 190

VII.3.2.3.2.4. Schadstoffreduzierung / Filtertechnik 190

VII.3.2.4. Naturschutzrechtliche Zulässigkeit 191

VII.3.2.4.1. Zulassung des Eingriffs nach § 15 BNatSchG 191

VII.3.2.4.1.1. Bewertungsmaßstäbe/ Bewertungsgrundlagen 191

VII.3.2.4.1.2. Wesentliche Einwendungen 191

VII.3.2.4.1.3. Würdigung der Einwendungen 195

VII.3.2.4.1.4. Bewertung 199

VII.3.2.4.2. Artenschutzrechtliche Belange 199

VII.3.2.4.2.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 199

VII.3.2.4.2.2. Wesentliche Einwendungen 200

VII.3.2.4.2.3. Würdigung der Einwendungen 203

VII.3.2.4.2.4. Bewertung 207

VII.3.3. Vorläufige Beurteilung nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG 207

VII.3.3.1. Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren 208

VII.3.3.1.1. Luftreinhaltung / Immissionen 208

VII.3.3.1.1.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 208

VII.3.3.1.1.2. Vorbelastung 210

VII.3.3.1.1.2.1. Wesentliche Einwendungen 210

VII.3.3.1.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 210

VII.3.3.1.1.3. Immissionsprognose 214

VII.3.3.1.1.3.1. Wesentliche Einwendungen 214

VII.3.3.1.1.3.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 215

VII.3.3.1.1.4. Verkehrsimmissionen 225

VII.3.3.1.1.4.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen 225

VII.3.3.1.2. Radioaktivität 225

VII.3.3.1.2.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen 225

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 151 von 321

VII.3.3.1.2.1.1. Wesentliche Einwendungen 225

VII.3.3.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 226

VII.3.3.2. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Luftreinhaltung /

Emissionen) (Vorsorge gegen schädliche Umweltauswirkungen) 229

VII.3.3.2.1. Wesentliche Einwendungen 229

VII.3.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 230

VII.3.3.2.2.1. Ableitung der Emissionen 230

VII.3.3.2.2.2. Höhe der Emissionen 231

VII.3.3.2.3. Quecksilberemissionen 231

VII.3.3.2.4. Selbstverpflichtung / Überwachung der Selbstverpflichtung 232

VII.3.3.3. Gesundheitlich / toxikologische Auswirkungen auf den Menschen 237

VII.3.3.3.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 237

VII.3.3.3.2. Wesentliche Einwendungen 237

VII.3.3.3.2.1. Legionellen 237

VII.3.3.3.2.2. Stäube, Feinstäube, Aerosole 238

VII.3.3.3.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 239

VII.3.3.3.3.1. Immissionssituation / -beiträge Luftschadstoffe / Humantoxikologie 240

VII.3.3.3.3.2. Stäube 241

VII.3.3.3.3.3. Stickstoffdioxid (NO2) 241

VII.3.3.3.3.4. Schwefeldioxid (SO2) 241

VII.3.3.3.3.5. Antimon (Sb) 241

VII.3.3.3.3.6. Arsen (As) 241

VII.3.3.3.3.7. Blei (Pb) 242

VII.3.3.3.3.8. Cadmium (Cd) 242

VII.3.3.3.3.9. Chrom (Cr) 242

VII.3.3.3.3.10. Cobalt (Co) 242

VII.3.3.3.3.11. Kupfer (Cu) 242

VII.3.3.3.3.12. Mangan (Mn) 243

VII.3.3.3.3.13. Nickel (Ni) 243

VII.3.3.3.3.14. Quecksilber (Hg) 243

VII.3.3.3.3.15. Thallium (Tl) 243

VII.3.3.3.3.16. Vanadium (V) / Zinn (Sn) 243

VII.3.3.3.3.17. Dioxine / Furane 244

VII.3.3.3.3.18. Benzo(a)pyren 244

VII.3.3.3.3.19. Mikrobiologie 245

VII.3.3.4. Schutzgut Klima / klimaschädliche Gase 245

VII.3.3.4.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen 245

VII.3.3.4.2. Wesentliche Einwendungen 246

VII.3.3.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 248

VII.3.3.4.3.1. Einsparpotentiale durch geringere Brennstoffmengen 248

VII.3.3.4.3.2. Berechnung der Treibhausgas-Emissionen 249

VII.3.3.4.3.3. Politische Ziele 249

VII.3.3.4.3.4. Alternativenvergleich in Bezug auf CO2- Emissionen 250

VII.3.3.4.3.5. Umsetzung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes 251

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 152 von 321

VII.3.3.4.3.6. Stilllegung alter Blöcke 252

VII.3.3.5. Schutzgut Klima / Verschattung 252

VII.3.3.5.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 252

VII.3.3.5.2. Wesentliche Einwendungen 253

VII.3.3.5.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 254

VII.3.3.6. Abfall (Vermeidung / Verwertung), § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG 255

VII.3.3.7. Energieeffizienz, § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BImSchG 256

VII.3.3.7.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 256

VII.3.3.7.2. Wesentliche Einwendungen 256

VII.3.3.7.2.1. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 257

VII.3.3.7.2.1.1. Fehlender Energiebedarf 257

VII.3.3.7.2.1.2. Einsparpotentiale durch effizientere Nutzung 258

VII.3.3.7.2.1.3. Vergleich von Varianten der Energieerzeugung 258

VII.3.3.8. Lärm, Erschütterungen, Licht 262

VII.3.3.8.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen 262

VII.3.3.8.2. Wesentliche Einwendungen 262

VII.3.3.8.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 264

VII.3.3.9. Gerüche 269

VII.3.3.9.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 269

VII.3.3.9.2. Wesentliche Einwendungen 269

VII.3.3.9.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 269

VII.3.3.10. Anlagensicherheit, Störfallverordnung, Arbeitsschutz 270

VII.3.3.10.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 270

VII.3.3.10.2. Wesentliche Einwendungen 270

VII.3.3.10.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 271

VII.3.3.10.3.1. Störfallkonzept 271

VII.3.3.10.3.2. Betriebsgeheimnisse 272

VII.3.3.10.3.3. Achtungsgrenze 272

VII.3.3.10.3.4. Menge an Störfallstoffen 272

VII.3.3.10.3.5. Anlagensicherheit 273

VII.3.3.10.3.6. Ammoniak- und Stickoxidemission im Störungsfall 274

VII.3.3.11. Wasserwirtschaft 274

VII.3.3.11.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 274

VII.3.3.11.2. Auswirkungen auf Grundwasserqualität durch Stoffeinträge;

Auswirkungen auf Wasserschutzgebiete und auf die öffentliche

Trinkwasserversorgung 276

VII.3.3.11.2.1. Wesentliche Einwendungen 276

VII.3.3.11.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 276

VII.3.3.11.3. Auswirkungen auf das Oberflächengewässer 277

VII.3.3.11.3.1. Stoffeinträge 277

VII.3.3.11.3.1.1. Direkteinleitung 277

VII.3.3.11.3.1.2. Quecksilber 277

VII.3.3.11.3.2. Beeinträchtigung des Überschwemmungsgebiets 281

VII.3.3.11.3.2.1. Wesentliche Einwendungen 281

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 153 von 321

VII.3.3.11.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 282

VII.3.3.11.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen /

Löschwasserrückhaltung 283

VII.3.3.11.4.1.1. Auswirkungen von Schadstoffdepositionen auf die

Grundwasserqualität / Wasserschutzgebiet 284

VII.3.3.11.4.1.2. Auswirkungen auf die

Grundwasserneubildung / den Grundwasserkörper 285

VII.3.3.12. Schutzgut Boden 285

VII.3.3.12.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 285

VII.3.3.12.2. Wesentliche Einwendungen 286

VII.3.3.12.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 287

VII.3.3.13. Umweltverträglichkeit / Schutzgut

Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt 289

VII.3.3.13.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 289

VII.3.3.13.2. Bewertung 290

VII.3.3.13.2.1. Standort / Biotopverlust 290

VII.3.3.13.2.2. Standortumfeld: Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt 290

VII.3.3.13.2.2.1. Konzentrationen von Luftschadstoffen 291

VII.3.3.13.2.2.2. Lichtimmissionen 291

VII.3.3.13.2.2.3. Schallimmissionen 291

VII.3.3.13.2.2.4. Schadstoffdeposition / Stoffeinträge 291

VII.3.3.13.2.2.5. Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt im Main 292

VII.3.3.14. FFH- Verträglichkeitsprüfung 292

VII.3.3.14.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 292

VII.3.3.14.1.1. FFH-Gebiet 5919-304 „NSG Schifflache bei Großauheim“ 293

VII.3.3.14.1.2. FFH-Gebiet 5819-309

„US-Militärgelände bei Großauheim“ 293

VII.3.3.14.1.3. FFH-Gebiet 5919-303

„NSG Schwarzbruch und NSG Pechgraben bei Seligenstadt“ 294

VII.3.3.14.1.4. FFH-Gebiet 5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau“ 295

VII.3.3.14.1.5. FFH-Gebiet 5819-304 „Bruchköbel“ 297

VII.3.3.14.1.6. FFH-Gebiet 5820-302 „Weideswiesen-Oberwald bei Erlensee“ 297

VII.3.3.14.1.7. FFH-Gebiet 5820-301

„Kinzigaue von Langenselbold“ 298

VII.3.3.14.1.8. FFH-Gebiet 5721-305

„Kinzig zwischen Langenselbold und Wächtersbach“ 300

VII.3.3.14.1.9. FFH-Gebiet 5820-303

„Tongrube von Meerholz und Hardt bei Bernbach“ 301

VII.3.3.14.1.10. FFH-Gebiet 5821-303

„Hailerer Sonnenberg und angrenzende Magerrasenflächen“ 301

VII.3.3.14.1.11. Vogelschutzgebiet 6019-401

„Sandkiefernwälder in der östlichen Untermainebene“ 302

VII.3.3.14.1.12. Vogelschutzgebiet 5821-450

„Felswände bei Büdingen und Gelnhausen“ 304

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 154 von 321

VII.3.3.14.2. Wesentliche Einwendungen 304

VII.3.3.14.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 305

VII.3.3.14.3.1. Anwendung der Bagatellschwelle für die Stickstoff- Zusatzbelastung 305

VII.3.3.14.3.2. Prüfung charakteristischer Arten 306

VII.3.3.14.3.3. Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten 306

VII.3.3.14.3.4. Berücksichtigung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 3 307

VII.3.3.14.3.5. Vollständigkeit der Prüfung relevanter oder potenzieller FFH- Gebiete 307

VII.3.3.14.3.6. Fehlerhafte Eingangsdaten in der Immissionsprogose der FFH-VU 308

VII.3.3.14.3.7. Nachvollziehbarkeit der ermittelten N- und S-Depositionen 309

VII.3.3.14.3.8. Nachvollziehbarkeit der Ausbreitungsfahne bei Stickstoffdeposition 310

VII.3.3.14.3.9. Schornsteinhöhe für die Ableitung der Emissionen der Hilfskessel 311

VII.3.3.14.3.10. Bewertung 312

VII.3.3.15. Schutzgut Kultur- und sonstige Sachgüter 315

VII.3.3.15.1. Wesentliche Einwendungen 315

VII.3.3.15.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 315

VII.3.3.16. Raumordnung und Landesplanung 316

VII.3.3.16.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 316

VII.3.3.16.2. Wesentliche Einwendungen 316

VII.3.3.16.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 318

VII.3.4. (Intendiertes) Ermessen 320

VII.4. Sachbescheidungsinteresse 320

VII.4.1.1.1. Einwendungen 320

VII.4.1.1.2. Würdigung der Einwendungen 320

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 155 von 321

Das Vorhaben ist nach § 4 Abs. 1 S. 3 BImSchG in Verbindung mit der Vier-

ten Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes

(Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) ge-

nehmigungsbedürftig (dazu VII.1). Die Antragstellerin hat auf der Grundla-

ge des nach der 9. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissions-

schutzgesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren – 9.

BImSchV) ordnungsgemäß durchgeführten Genehmigungsverfahrens (dazu

VII.2) und der eingereichten Antragsunterlagen nach Maßgabe der beige-

fügten Auflagen und Bedingungen nach § 6 in Verbindung mit § 8 Satz 1

des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luft-

verunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, und ähnliche Vorgänge

(Bundes- Immissionsschutzgesetz – BImSchG) einen Anspruch auf Erteilung

der beantragten Teilgenehmigung (dazu VII.3). Der Antragstellerin fehlt

auch nicht das erforderliche Sachbescheidungsinteresse (dazu VII.4).

VII.1. Genehmigungsbedürftigkeit

Das Vorhaben ist insgesamt und daher auch im Hinblick auf die vorliegende

– die Errichtung der Anlage betreffende – Teilgenehmigung genehmi-

gungsbedürftig (dazu VII.1.1). Dabei spricht alles dafür, dass das Vorhaben

der Antragstellerin die wesentliche Änderung einer bestehenden Anlage

darstellt (dazuVII.1.2). Dies braucht jedoch nicht abschließend entschieden

zu werden (dazu VII.1.3).

VII.1.1. Genehmigungsbedürftigkeit (allgemein)

Das Vorhaben der Antragstellerin ist als Anlage zur Erzeugung von Strom,

Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Ein-

satz von Brennstoffen in einer Verbrennungseinrichtung mit einer Feue-

rungswärmeleistung von mehr als 50 Megawatt nach § 4 Abs. 1 Satz 3

BImSchG in Verbindung mit Ziffer 1.1, Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV

genehmigungsbedürftig.

VII.1.2. Genehmigung nach § 4 oder 16 BImSchG

VII.1.2.1. Einwendungen

Mehrere Einwender sind der Auffassung, eine Änderungsgenehmigung sei

nicht ausreichend für die beantragte Zulassung (der Errichtung) des

Blocks 6. Das beantragte Vorhaben stelle kein Änderungsvorhaben im Sin-

ne von § 16 BImSchG dar, sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4

BImSchG. Es handele sich weder um die Erweiterung einer gemeinsamen

Anlage noch um die Errichtung eines Anlagenteils, der zu einer Gesamtan-

lage gehöre. Vielmehr werde die Errichtung eines für sich genehmigungs-

pflichtigen Kraftwerksblocks beantragt, der zukünftig die dann noch vor-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 156 von 321

handenen anderen Anlagen der Antragstellerin dominieren und prägen

werde. Die Genehmigungsbehörde gehe unzutreffend vom Vorliegen einer

nur wesentlichen Änderung der Anlage und nicht von einer Neugenehmi-

gung aus.

VII.1.2.2. Bewertung der Einwendungen

Die Anlage, deren Errichtung mit der vorliegenden Teilgenehmigung bean-

tragt wird, stellt entgegen der Auffassung einiger Einwender keine Neuan-

lage im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG dar. Durch die Errichtung der

Anlage wird vielmehr das bestehende Kraftwerk Staudinger im Sinne von

§ 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG wesentlich geändert.

VII.1.2.2.1. Grundsätze der Abgrenzung

Für die Abgrenzung von dem Neugenehmigungserfordernis einerseits und

dem Änderungsgenehmigungserfordernis andererseits werden vor allem

folgende Kriterien genannt bzw. verwendet:

Von einer Neuerrichtung ist dann auszugehen, wenn sich der Charakter der

gesamten Anlage dahingehend ändert, dass sie als eine komplett neue An-

lage qualifiziert werden muss. Als Beurteilungsmaßstab wird der Umfang

der Gesamtanlage im ursprünglichen Zustand herangezogen. Wird die An-

lage um einen Teil erweitert, ist darauf zu achten, dass von einer Neuerrich-

tung gesprochen werden muss , wenn der Neubau zu einer erheblichen Er-

höhung der Gesamtkapazität der Anlage führt, der Neubau also den größ-

ten Anteil der Kapazität der Anlage auf sich vereint1. Maßgeblich für die

Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV.

Danach erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnot-

wendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, auf Nebeneinrichtungen,

die mit den betriebsnotwendigen Anlagenteilen und Verfahrensschritten in

einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie

auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen

räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demsel-

ben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen ver-

bunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Ein

neues Vorhaben stellt hiernach eine Änderung der genehmigten Anlage

dar, wenn es als Nebeneinrichtung der genehmigten Anlage zuzuordnen ist

oder mit ihr betriebstechnisch und organisatorisch in einer Weise verbun-

den ist, die es nach der Verkehrsanschauung rechtfertigt, eine einheitliche,

nach einem übergreifenden Konzept betriebene Anlage anzunehmen2.

1 Jarass, BImSchG, 7. A. 2007, § 15 RdNr. 5, 11 2 BVerwGE 69, 351, 355 ff.; BVerwG, Beschluss vom 9. April 2008 – 7 B 2.08

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 157 von 321

Eine Neuerrichtung liegt demgegenüber vor, wenn durch die Änderung der

Charakter der Gesamtanlage verändert wird3 bzw. wenn die Änderungen

derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifi-

ziert werden muss4. Weiter soll eine Neuerrichtung anzunehmen sein, wenn

der Betrieb um eine zusätzliche, selbständige und genehmigungsbedürftige

Anlage erweitert wird5.

Nach Sellner6 soll in Fällen, in denen mehrere Anlagen eine gemeinsame

Anlage im Sinne von § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV bilden und eine weitere An-

lage hinzutritt, wie folgt zu unterscheiden sein:

Gehört eine hinzutretende Anlage ihrerseits dem Verbund der bestehen-

den gemeinsamen Anlage durch einen engen räumlichen und betriebli-

chen Zusammenhang an, so handelt es sich um die Änderung der vorhan-

denen (gemeinsamen) Anlage. Hierfür ist ein Änderungsgenehmigungsver-

fahren durchzuführen7. Ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusam-

menhang mit der vorhandenen gemeinsamen Anlage dagegen nicht gege-

ben, so ist für die hinzutretende Anlage § 4 BImSchG anzuwenden, eine

Neugenehmigung ist erforderlich.

Desweiteren wird für die Abgrenzung Änderung / Neuerrichtung die Frage

gestellt, ob der Kernbestand der Anlage vollständig oder überwiegend ver-

ändert wird. Wenn ja, soll eine Neuerrichtung vorliegen, wenn nein, eine

Änderung8. Außerdem wird noch eine Neuerrichtung angenommen, wenn

die Kapazität der bisherigen Anlage mehr als verdoppelt wird9.

VII.1.2.2.2. Anwendung auf den vorliegenden Fall

Nach den vorgenannten Abgrenzungskriterien handelt es sich im vorlie-

genden Fall des Kraftwerks Staudinger bei dem o.g. Vorhaben Errichtung

und Betrieb eines Blocks 6 unter Mitberücksichtigung der Stilllegung der

Blöcke 1 bis 3 aus den im folgenden genannten Gründen um eine Ände-

rung und nicht um eine Neuerrichtung. Der Charakter der Gesamtanlage

ändert sich nicht. Zwar kommt ein neuer Block 6 hinzu. Dafür werden aber

die Blöcke 1 bis 3 stillgelegt, und vor allem bleiben die Blöcke 4 und 5 be-

stehen. Außerdem handelt es sich sowohl bei den Blöcken 1 bis 3 als auch

3 Jarass, a.a.O., § 15 RdNr. 11; Czajka in: Feldhaus, Bundes- Immissionsschutzrecht, Bd. 1, Teil I, § 16 BImSchG, RdNr. 23 4 Führ, in: Koch / Scheuing, Gemeinschaftskommentar zum BImSchG, § 16 RdNr. 159 5 Jarass, a.a.O., § 15 RdNr. 11 6 Sellner in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Bd. I, BImSchG, § 16 BImSchG RdNr. 45; § 8a BImSchG RdNr. 94 7 So im Ergebnis auch Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Bd. II, § 1 der 4. BImSchV, RdNr. 22 8 Sellner, a.a.O., § 15, RdNr. 45 9 Jarass, a.a.O., § 15 Rn. 12

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 158 von 321

bei Block 6 im Wesentlichen um (Kohle-)Kraftwerksblöcke zur Stromerzeu-

gung.

Zwar könnte im Sinne des oben referierten Kriteriums von Jarass (siehe

Fußnote 1) hier hinsichtlich Block 6 von einer Erweiterung um eine zusätzli-

che, schon für sich genehmigungsbedürftige Anlage mit der Folge der An-

nahme einer Neuerrichtung ausgegangen werden. Insoweit ist aber zu be-

rücksichtigen, dass die bestehende Kraftwerksanlage Staudinger als eine

gemeinsame Anlage entsprechend § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV zu behandeln

ist. Diesbezüglich ist nach Meinung der Genehmigungsbehörde dem diffe-

renzierenden Ansatz von Sellner zu folgen. Hierfür spricht, dass dieser An-

satz sachgerecht differenziert und die hier letztlich einschlägige Ziffer 1.1

des Anhangs der 4. BImSchV mit der Verwendung des Begriffs „Kraftwerk“

ebenfalls letztlich von einer Gesamtbetrachtung ausgeht. Die Anwendung

des differenzierenden Ansatzes von Sellner führt hier zu folgendem Ergeb-

nis: Die hinzutretende Anlage Block 6 gehört ihrerseits durch einen engen

räumlichen und betrieblichen Zusammenhang dem Verbund der bestehen-

den gemeinsamen Anlage des Kraftwerks Staudinger an. Demgemäß han-

delt es sich bezüglich des hinzutretenden Blocks 6 um eine Änderung der

vorhandenen (gemeinsamen) Anlage. Der Kernbestand der Anlage wird

weder vollständig noch überwiegend verändert; die Kapazität der bisheri-

gen Anlage wird nicht mehr als verdoppelt, sondern sie bleibt im Wesentli-

chen gleich: Der Ist- Zustand der Feuerungswärmeleistungen beträgt in der

Summe 5140 MW (im Einzelnen: Block 1: 639 MW, Block 2: 639 MW, Block

3: 881 MW, Block 4: 1.611 MW, Block 5: 1.370 MW). Der geplante Zustand

der Feuerungswärmeleistungen beträgt in der Summe 5381 MW (im Einzel-

nen: Block 4: 1.611 MW, Block 5: 1.370 MW, Block 6: 2.350 MW). Auch

nach diesem (Kapazitäts-)Kriterium ist daher nicht von einer Neuerrichtung

sondern von einer Änderung auszugehen. Im Ergebnis ist bei einer Ge-

samtbetrachtung im vorliegenden Fall bei dem Vorhaben der Antrag-

stellerin von einer Änderung und nicht von einer Neuerrichtung auszuge-

hen mit der Folge, dass ein Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16

BImSchG zutreffender Weise durchgeführt worden ist.

VII.1.3. Entscheidung nicht erforderlich

Letztlich kommt es jedoch auf diese Frage nicht an, da sich weder im Hin-

blick auf die anzuwendenden Verfahrensvorschriften noch im Hinblick auf

den Prüfungsumfang etwas ändert.

VII.2. Ordnungsgemäße Durchführung des Genehmigungsverfahrens

Das durchgeführte Genehmigungsverfahren entspricht den Anforderungen

der 9. BImSchV. Öffentlichkeit und Fachbehörden wurden ordnungsgemäß

beteiligt (dazu VII.2.1). Die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV in Verbin-

dung mit Ziffer 1.1.1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglich-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 159 von 321

keitsprüfung (UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsuntersuchung

wurde durchgeführt (dazu VII.2.2). Auf der Grundlage der in Kapitel VI ent-

haltenen zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des

Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tie-

re, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima und

Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie den Wechselwirkungen

zwischen den vorgenannten Schutzgütern nach § 20 Abs. 1a) der 9.

BImSchV ergibt sich die unter VII. vorgenommene Bewertung nach § 20

Abs. 1b) der 9. BImSchV.

VII.2.1. Beteiligung der Öffentlichkeit und der Fachbehörden

Die Beteiligung der Öffentlichkeit (dazu VII.2.1.1) ist in Übereinstimmung

mit § 10 BImSchG sowie den §§ 9 ff. der 9. BImSchV erfolgt. Der notwendi-

ge Erörterungstermin wurde verfahrensfehlerfrei durchgeführt. In sämtli-

chen Stadien der Öffentlichkeitsbeteiligung lagen im Sinne des § 10 Abs. 1

S. 3 BImSchG vollständige, den Antragsgegenstand erschöpfend beschrei-

bende Antragsunterlagen vor (dazu VII.2.1.2).

VII.2.1.1. Beteiligung der Öffentlichkeit (Auslegung der Antragsunterlagen)

Die nach § 16 Abs. 2 S. 1 BImSchG schon wegen des Fehlens eines anders-

lautenden Antrages der Antragstellerin erforderliche Öffentlichkeitsbeteili-

gung wurde durch die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 S. 1

BImSchG in Verbindung mit den §§ 8 f. der 9. BImSchV eingeleitet ord-

nungsgemäß durchgeführt. Schließlich wurden die Antragsunterlagen in

Übereinstimmung mit § 10 Abs. 3 S. 2 BImSchG in Verbindung mit § 10 der

9. BImSchV öffentlich ausgelegt.

VII.2.1.1.1. Einwendungen

Es wird von Einwenderseite bemängelt, die Genehmigungsbehörde habe

mit der Terminierung der öffentlichen Auslegung der Unterlagen während

der Sommerferien einseitig die wirtschaftlichen Interessen der Antrag-

stellerin bevorzugt und damit die verfassungsrechtlich geschützten Rechte

der Betroffenen auf Teilhabe am Verfahren verletzt.

Desweiteren wurde vorgetragen, dass die ausgelegten Unterlagen nicht mit

den im Internet veröffentlichten Unterlagen übereingestimmt hätten. So

wären etwa die Antragsschreiben vom 22. März 2008 und vom 1. Dezember

2008 nicht im Internet veröffentlicht worden. Zu Beginn der Auslegung sei-

en die Antragsunterlagen zunächst gar nicht und an den Folgetagen nur

unvollständig abrufbar gewesen. Bis zur Internet-Einstellung der Umwelt-

verträglichkeitsstudie habe es länger als eine Woche gedauert. Wenn ein

entsprechender Internetservice eingerichtet werde und das Regierungsprä-

sidium durch eine Pressemitteilung auf diese Möglichkeit zur Einsichtnah-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 160 von 321

me in die Unterlagen über die eigene Homepage verweise, müsse aller-

dings auch gewährleistet sein, dass die Unterlagen ab dem Zeitpunkt der

Auslegung vollständig, übersichtlich und klar strukturiert eingestellt seien.

Von einzelnen Naturschutzverbänden wurde gerügt, dass die Übersendung

eines vollständigen Antragssatzes mit Hinweis auf die gesetzlichen Vor-

schriften verwehrt worden sei. Die Bereitstellung der Antragsunterlagen

auf DVD-Datenträger habe mehrere Tage gedauert und eine fristgerechte

Erstellung einer Stellungnahme erschwert.

Des Weiteren wurde von Seiten der anerkannten Umweltverbände einge-

wandt, es sei eine weitere Auslegung der nachgeforderten und von der An-

tragstellerin ergänzten Antragsunterlagen (insbesondere FFH- Verträglich-

keitsprüfung) erforderlich gewesen.

VII.2.1.1.2. Würdigung der Einwendungen

Die Einwendung greift nicht durch, weil kein Rechtsanspruch auf eine Aus-

legung außerhalb der Ferien besteht. Aus dem Gesetzeswortlaut (§ 10

Abs. 3 BImSchG) ist eine entsprechende Beschränkung nicht ableitbar.

Vielmehr sprechen die kurzen gesetzlichen Verfahrensfristen (hier 6 Monate)

und der dahinterstehende Beschleunigungsgedanke gerade bei einem

hochkomplexen Verfahren wie dem vorliegenden dafür, dass die Behörde

nach Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen unverzüglich die Öf-

fentlichkeitsbeteiligung einzuleiten hat. Andernfalls kann sie sich gegen-

über dem Antragsteller wegen unnötiger Verzögerungen schadensersatz-

pflichtig machen (Amtspflichtverletzung). Es kann nicht der Wille des Ge-

setzgebers gewesen sein, aus Rücksicht auf die Urlaubsplanung Einzelner

den Zeitraum für die Durchführung eines Erörterungstermins noch mehr zu

verkürzen und eine ordnungsgemäße Bearbeitung zu erschweren. Der inte-

ressierte und betroffene Bürger muss selbst abwägen, ob ihm die frist- und

rechtewahrende Erhebung von Einwendungen oder der ungestörte Urlaub

über die Dauer von einem Monat gerade im fraglichen Zeitraum wichtiger

ist. Ferner besteht in besonders gelagerten Einzelfällen (lange geplanter,

unaufschiebbarer Urlaub) auch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in

den vorigen Stand, wenn deswegen eine Überschreitung der Einwendungs-

frist nicht zu vermeiden war.

Die Einstellung von Unterlagen im Internet war ein zusätzlicher Service für

die interessierten Bürger und kein notwendiger Bestandteil der förmlichen

Öffentlichkeitsbeteiligung. Ein Verfahrensfehler ist daher zu verneinen.

Die geltenden Vorschriften sehen keine Pflicht zur Übersendung von An-

tragsunterlagen an die Naturschutzverbände vor. Deren Beteiligung wurde

wie für die Bürger und sonstige potentielle Einwender durch die Auslegung

der Unterlagen ermöglicht. Bei der Übersendung eines Datenträgers mit

den Antragsunterlagen handelt es sich um einen zusätzlichen, freiwilligen

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 161 von 321

Service, auf den kein Anspruch besteht. Die (fristgerechte) Fertigung einer

Einwendung kann somit allenfalls erleichtert, keinesfalls aber erschwert

werden.

Eine erneute Auslegung der nachgereichten Unterlagen über die Untersu-

chung der FFH-Verträglichkeit war nicht erforderlich. Siehe VII.2.1.2.2.2.

VII.2.1.2. Antragsunterlagen

Der Antrag auf Erteilung einer Teilgenehmigung hat nur diejenigen Anla-

gen(teile) zu beschreiben, die neu errichtet oder geändert werden (da-

zu VII.2.1.2.1). Die ausgelegten Antragsunterlagen waren zu keinem Zeit-

punkt unvollständige im Sinne des § 10 Abs. 3 S. 1 BImSchG (da-

zu VII.2.1.2.2).

VII.2.1.2.1. Umfang und Inhalt

VII.2.1.2.1.1. Einwendungen

Von mehreren Einwendern wurde der Anlagen- bzw. Vorhabensbegriff, der

Gegenstand dieses Genehmigungsverfahrens ist, thematisiert und in Frage

gestellt. Es wurde kritisiert, dass in den Antragsunterlagen grundsätzlich

nicht das gesamte Großkraftwerk sondern nur der geplante Block 6 in sei-

nen Umweltauswirkungen untersucht und bewertet worden sei. Es sei keine

Gesamtbetrachtung sämtlicher Emissionen im Hinblick auf das Gesamt-

kraftwerk, sondern nur in Bezug auf den neu zu errichtenden Block 6 erfolgt.

Dies sei ein Verfahrensfehler, der die Genehmigungsfähigkeit ausschließe.

Nach Auffassung der Einwender sei es der Antragstellerin verwehrt, sich in

irgendeiner Weise auf Bestandschutz hinsichtlich der von den bisherigen

Anlagen ausgehenden Immissionen oder sonstigen Umweltauswirkungen

zu berufen. Die Genehmigungsfrage stelle sich vielmehr komplett neu, und

zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Änderungsgenehmigung oder

eine Neugenehmigung handele. Dem Genehmigungsantrag zur wesentli-

chen Änderung der Anlage lägen fehlerhafte Auswirkungsprognosen zu-

grunde, weil in den Antragsunterlagen – z-B. in der Immissionsprognose –

nur Block 6 betrachtet worden sei. Dies widerspreche § 1 Abs. 2 und 3 der

4. BlmSchV. Nach den Vorgaben der 4. BlmSchV sei in einem immissions-

schutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Gesamtanlage (alle mitbe-

nutzte Anlagen und technische Einrichtungen) zu berücksichtigen. Wesent-

liche Teile des Projektes seien aus dem immissionsschutzrechtlichen Ge-

nehmigungsverfahren ausgeklammert worden. Insbesondere bei der Im-

missionsprognose und der Umweltverträglichkeitsuntersuchung sei das ge-

samte Großkraftwerk (bestehende Blöcke und geplanter Block 6) mit seinen

jeweiligen Immissionsbeiträgen zu untersuchen und zu bewerten gewesen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 162 von 321

Daher sei die vorgelegte Immissionsprognose entsprechend zu überarbei-

ten und auf die „Gesamtanlage“ auszurichten.

VII.2.1.2.1.2. Würdigung der Einwendungen

Bei der Entscheidung über eine Änderungsgenehmigung, die hier die

quantitative Änderung (Erweiterung) der bestehenden gemeinsamen Anla-

ge (Kraftwerk Staudinger) durch einen weiteren, selbständigen Kraftwerks-

block (Block 6) betrifft, sind in erster Linie die zu ändernden Teile und Ver-

fahrensschritte, zusätzlich aber auch die Anlagenteile bzw. Verfahrensschrit-

te, auf die sich die Änderung auswirken wird, in den Blick zu nehmen. Diese

Umschreibung enthält die einschlägige Vorschrift zum Prüfungsumfang

nach Nr. 3.5.3 TA Luft und entspricht wohl auch der überwiegenden Auffas-

sung in der Kommentarliteratur10. Auch in der oberverwaltungsgerichtli-

chen Rechtsprechung der letzten Jahre findet sich ganz überwiegend diese

Abgrenzung11. Des Weiteren versteht die TA Luft unter der Zusatzbelastung

den Immissionsbeitrag+ der „durch das beantragte Vorhaben“+ also hier Bau

(und Betrieb) von Block 6, voraussichtlich hervorgerufen wird (vgl. Nr. 2.2

Satz 3 TA Luft sowie die Definition gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2a UVPG).

Die Genehmigungsbehörde folgt mit dieser Auslegung der überwiegend

gängigen Genehmigungspraxis auch – soweit ersichtlich – der meisten Bun-

desländer. Zur Begründung wird auf den Wortlaut sowie die Entstehungs-

geschichte dieser Begriffsbestimmung verwiesen. Nach dem ursprüngli-

chen Entwurf der Bundesregierung war in Nr. 2.2 Abs. 1 Satz 3 TA Luft abzu-

stellen auf die „zu beurteilende Anlage“12. Auf Vorschlag des Bundesrates

wurde der Text dahingehend geändert, dass maßgebend sein solle das

„beantragte Vorhaben“13. Der Bundesrat habe mit dieser Änderung sicher-

stellen wollen, dass im Änderungsgenehmigungsverfahren für die Bestim-

mung der Zusatzbelastung nur auf das Änderungsvorhaben abzustellen ist.

Damit sollte auch an der früheren Rechtslage nach alter TA Luft (Fassung

1986, vgl. deren Nrn. 2.2.3.1 Abs. 2 und 2.6.1.1 Abs. 3) ausdrücklich festge-

halten werden. Dies gelte auch für die Fallgestaltung der Nr. 4.2.2 TA Luft.

Auch die EU-Richtlinie 2008/1/EG in ihrer zuletzt kodifizierten Fassung vom

15. Januar 2008 geht in Artikel 12 Abs. 2 Satz 2 davon aus, dass Prüfungs-

gegenstand einer Änderungsgenehmigung diejenigen Anlagenteile sein

sollen, die von der Änderung betroffen sein können.

10 Sellner in: Landmann/Rohmer, a.a.O. § 16 BImSchG, RdNr.. 150 ff., Czajka, a.a.O., § 16 BImSchG, RdNr. 84, 86 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen

11 OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2007 – 8 B 2477/06, RdNr. 60 ff; VGH Kassel, Urteil vom 24. September 2008 – 6 C 1600/07.T, unter B.2.a

12 Bundesratsdrucksache 1058/01 13 Bundesratsdrucksache 1058/1/01

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 163 von 321

Für ein Abstellen auf die Gesamtanlage könnte allerdings der Wortlaut der

Ziffer 4.2.2 Buchstabe a der TA Luft sprechen. Dort ist von der „Zusatzbelas-

tung durch die Emissionen der Anlage“ die Rede. Daraus leitet insbesonde-

re Hansmann14 ab+ dass grundsätzlich die „Emissionen der gesamten Anla-

ge“ der Immissionsprognose zu Grunde zu legen seien. Dieses Ausle-

gungsergebnis entspreche auch dem Regelungszweck und der zu konkreti-

sierenden gesetzlichen Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG,

wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben

sind, dass von ihnen (also der gesamten Anlage) keine schädlichen Umwelt-

auswirkungen hervorgerufen werden können. Nur auf diese Weise werde

ausgeschlossen, dass Anlagen in Gebieten mit Immissionswertüberschrei-

tungen stufenweise so erweitert werden können, dass zwar durch jede ein-

zelne Erweiterungsmaßnahme nur geringe zusätzliche Immissionsbeiträge

hervorgerufen werden, der Immissionsbeitrag der Gesamtanlage aber im

Laufe der Zeit die Irrelevanzgrenze (von 3 % z.B. nach Nr. 4.2.2 a TA Luft)

deutlich übersteigt. Damit sollte wohl einer Art „Salamitaktik“ der Betreiber

bei der Erweiterung von Anlagen vorgebeugt werden. Diese Auffassung

von Hansmann steht in auffälligem Widerspruch zur normativen Festlegung

des Prüfungsumfangs für die Änderungsgenehmigung, wie sie in den Nrn.

3.5.4 und 2.2 TA Luft zum Ausdruck kommt. Der Vorhaben- bzw. Anlagen-

begriff kann grundsätzlich in diesen Vorschriften gegenüber der Regelung

in Nr. 4.2.2 TA Luft, bei der es um die Voraussetzungen für die Genehmi-

gungsfähigkeit von beantragten Vorhaben geht, kein verschiedener sein.

Bezeichnenderweise zitiert Hansmann bei seinen Ausführungen zum Prü-

fungsumfang unter Nr. 3.5.3 Satz 2 TA Luft auch nur die Rechtsprechung

und die Äußerungen im Schrifttum, die dieser (einschränkenden) Definition

zustimmen und wirft lediglich noch die Zusatzfrage auf, in welchen Fällen

mit der Änderung Auswirkungen auf die unveränderten Anlagen(teile) her-

vorgerufen werden (z.B. bei Ableitung aller Emissionen über einen gemein-

samen Kamin).

Die Genehmigungsbehörde sieht von daher keinen zwingenden Grund, von

der bisherigen Rechtsauslegung und daraus folgenden Genehmigungspra-

xis abzuweichen, insbesondere auch bei einer typischen Fallgestaltung wie

vorliegend, bei der eine gemeinsame Anlage (Großkraftwerk) um einen

neuen Kraftwerksblock erweitert werden soll. Die Ableitung der Emissionen

von Block 6 erfolgt über einen eigenen Kühlturm, der in deutlichem Ab-

stand zu den übrigen Großkaminen der bestehenden Blöcke 1-4 stehen

wird und keine negativen Auswirkungen aufgrund von Überlagerungen von

Abgasfahnen erwarten lässt. Damit sind jedenfalls hinsichtlich der Emissio-

14 Hansmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., 3.2, zu Nr. 4.2 TA Luft, RdNr. 27

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 164 von 321

nen keine Auswirkungen auf die bestehende (gemeinsame) Anlage zu er-

warten.

Eine kritische Fallgestaltung im Sinne der abweichenden Auffassung von

Hansmann, bei der ein Betreiber in einem Gebiet, in dem bereits dessen

bestehende Anlage in relevantem Umfang zu einer Überschreitung von Im-

missionswerten beiträgt und möglicherweise nachträgliche Anordnungen

gemäß Nr. 6.1 TA Luft zu treffen wären, den vorhandenen Immissionsbei-

trag durch eine weitere (Teil-)Anlage deutlich erhöht und damit auch die

Schädlichkeit seiner Immissionen insgesamt, liegt hier ersichtlich nicht vor

und darf nach den regionalplanerischen Vorgaben auch nicht eintreten.

Auch scheidet eine „Salamitaktik“ der Antragstellerin, noch weitere Blöcke

jeweils unter der Relevanzgrenze der Vorschrift (4.2.2 a TA Luft) in absehba-

rer Zeit folgen zu lassen, offensichtlich aus.

Der Umfang der behördlichen Prüfung im Änderungsgenehmigungsverfah-

ren wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Die Beschränkung des Prüfungs-

umfangs ergibt sich aber aus dem Sinn des für die wesentliche Änderung

geltenden Genehmigungsvorbehalts, der es nicht gebietet, ohne sachliches

Erfordernis den gesamten bei der erstmaligen Errichtung und Inbetrieb-

nahme einer Anlage anfallenden Prüfungsaufwand erneut auszulösen. Es

geht vielmehr darum sicherzustellen, dass die geänderte Anlage bzw. ihr

geänderter Betrieb den Genehmigungsvoraussetzungen genügt. Bei einem

Änderungsvorhaben bezieht sich die Prüfung der Genehmigungsvorausset-

zungen dementsprechend zunächst auf die zu ändernden Anlagenteile oder

betrieblichen Verfahrensschritte. Darüber hinaus erstreckt sie sich auch auf

diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage,

auf die sich die Genehmigung auswirkt. Eine Einschränkung des Gegen-

stands der behördlichen Prüfung kann sich somit im Einzelfall daraus erge-

ben, dass die Änderung faktisch nicht notwendig die gesamte Anlage und

ihren Betrieb beeinflusst. Welche Anlagenteile und Verfahrensschritte im

Änderungsverfahren in den Blick zu nehmen sind, lässt sich abstrakt nicht

näher umschreiben, sondern richtet sich nach den konkreten Umständen

des Einzelfalls15. Dementsprechend kann ein Einwender mit seinen Einwen-

dungen gegen ein Änderungsvorhaben nicht die gesamte Anlage in ihrem

geänderten Zustand angreifen. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu be-

schränken, ob gerade die Änderung rechtmäßig genehmigt werden könn-

te16.

15 OVG NRW, Urteile vom 9. Dezember 2009 – 8 D 6/08.AK – S. 19 ff. und vom 3. Dezember 2008 - 8 D 21/07.AK - Juris RdNr. 116, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 8 B 2477/06 -, NWVBl. 2007, 439 = Juris RdNr. 55, jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. August 1996 - 11 C 9.95 -, BVerwGE 101, 347 = NVwZ 1997, 161 = Juris RdNr. 34 f. 16 OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 D 21/07.AK -, juris Rn. 121

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 165 von 321

Der Drittbetroffene kann sich also weder gegen das Änderungsvorhaben

wegen etwaiger Einwirkungen wenden, die auf der Erstgenehmigung beru-

hen, noch kann er die Änderung zum Anlass nehmen, die Erstgenehmigung

anzugreifen. Vielmehr kann sich ein Drittbetroffener allein auf solche Beein-

trächtigungen berufen, die entweder - im Sinne einer unmittelbaren Auswir-

kung des Änderungsvorhabens - auf den zu ändernden Anlagenteilen oder

betrieblichen Verfahrensschritten beruhen oder die - im Sinne einer mittel-

baren Auswirkung der Änderungsgenehmigung - auf diejenigen Anlagen-

teile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage zurückzuführen sind,

die zwar nicht Gegenstand des Änderungsverfahrens sind, auf die sich die-

ses aber auswirkt17. Eine auf die „Gesamtanlage“ bezogene Immissions-

prognose ist deshalb nicht notwendig.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass gerade bei Schadstoffauswirkun-

gen das Gesamtkraftwerk in Blick genommen wurde durch Vorbelastungs-

ermittlungen des gesamten Kraftwerks (Blöcke 1 bis 5), was zu einer Über-

schätzung der Auswirkungen bei einem gleichzeitigen Wegfall der Blöcke 1-

3 führt. Ferner wurden im Rahmen des Raumordnungsverfahrens auch die

Auswirkungen des Gesamtkraftwerks betrachtet und beurteilt.

Den Einwendungen hinsichtlich des Prüfgegenstands des Verfahrens konn-

te insoweit nicht entsprochen werden.

VII.2.1.2.2. Vollständigkeit der Unterlagen

VII.2.1.2.2.1. Wesentliche Einwendungen

Mehrfach wird von Einwenderseite gerügt, zahlreiche für die Genehmi-

gungsfähigkeit des Vorhabens erforderliche Unterlagen lägen bisher nicht

vor. Es werde davon ausgegangen, dass die Genehmigungsbehörde vor

einer Entscheidung über die beantragte Teilgenehmigung weitere Unterla-

gen und Untersuchungen nachfordern werde. Es wird gefordert, diese er-

gänzenden Unterlagen sodann erneut öffentlich auszulegen und erneut Ge-

legenheit zur Einwendung bzw. Stellungnahme zu geben. Da es sich bei

den fehlenden Unterlagen (insbesondere hinsichtlich der zu erwartenden

Schadstofffrachten in Bezug auf Gewässer) um Unterlagen handele, bei de-

nen es um die mögliche Beeinträchtigung drittschützender Rechte gehe, sei

eine erneute Auslegung zwingend erforderlich. Auch hinsichtlich der nach-

gereichten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wurde von mehreren Natur-

schutzverbänden die Forderung nach einer Auslegung dieser Unterlage er-

hoben.

17 OVG NRW, Urteile vom 9. Dezember 2009 S. 21 und vom 3. Dezember 2008 - 8 D 21/07.AK -, Juris RdNr. 125.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 166 von 321

Der Genehmigungsantrag sei noch nicht prüffähig, weil bislang erforderli-

che Genehmigungsverfahren noch nicht beantragt worden seien bzw. für

die Prüfung, ob gemäß § 6 Abs.1 Nr. 2 BImSchG und § 8 Satz 1 Nr. 2

BImSchG einer Genehmigung materiell-rechtliche Hindernisse entgegen-

stehen, die notwendigen Ermittlungen noch nicht in den Antragsunterlagen

enthalten seien. Für wesentliche Anlagenteile, die mit den zur Teilgeneh-

migung beantragten Anlagenteilen in einem engen Zusammenhang stün-

den, seien nicht ausreichend Unterlagen vorgelegt worden. Daher könne

nicht geprüft und beurteilt werden, ob der gesamten Anlage keine unüber-

windlichen Hindernisse entgegenstünden. Die Einhaltung der Vorschriften

sei zumindest für Schwefeldioxid nicht gesichert, da kein Genehmigungsan-

trag für die Rauchgasentschwefelungsanlage vorliege. Die Auswirkungen

des Vorhabens auf die Oberflächengewässer seien ebenfalls nicht ausrei-

chend ermittelt worden. Die für eine erste Teilgenehmigung nötige positive

Gesamtbewertung des Vorhabens sei nicht möglich, weil die wasserrechtli-

che Genehmigungsfähigkeit mangels Antragsunterlagen verneint werden

müsse. Es handele sich hierbei nicht um Genehmigungen, die nur am Ran-

de eine Rolle spielten. Die wasserrechtlichen Fragen seien vielmehr einer

der zentralen Punkte in dem Genehmigungsverfahren. Hinsichtlich der bis-

her nicht durchgeführten wasserrechtlichen Verfahren fehle es im Übrigen

an der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG.

Ferner wird von einzelnen Einwendern gerügt, die für eine erste Teilge-

nehmigung nötige positive Gesamtbewertung des Vorhabens sei ferner

nicht möglich, weil die gebotene Erschließung durch Anbindung an das

Hochspannungsnetz verneint werden müsse. Für die Ableitung des erzeug-

ten Stromes sei der Neubau einer 380 kV- Leitung zum Umspannwerk Groß-

krotzenburg erforderlich. Es sei vorgesehen, die neue Stromleitung im

Rahmen einer späteren Teilgenehmigung zu beantragen. Die 380 kV- Lei-

tung sei ein weiterer Eingriff in die Umwelt (z.B. hinsichtlich Landschaftsbild,

Elektrosmog, Vogelschlag), ohne dessen Einbeziehung die vorliegende

Umweltverträglichkeitsuntersuchung an maßgeblicher Stelle unvollständig

wäre. Die Antragsunterlagen müssten deshalb um diese Planungsunterla-

gen ergänzt werden. Hierbei handele es sich um ein wesentliches Detail der

Gesamtplanung mit potentiell erheblichen zusätzlichen Umwelteinwirkun-

gen, so dass nach Vervollständigung der Antragsunterlagen auch aus die-

sem Grund eine erneute Auslegung erforderlich werde.

Zur Erfüllung der Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG seien

gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BImSchG bei genehmigungsbedürftigen Anlagen,

die dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes

(TEHG) unterliegen, die Anforderungen der §§ 5 und 6 Abs. 1 TEHG einzu-

halten. Es fehlten in den Genehmigungsunterlagen die diesbezüglichen

Angaben. Gemäß § 4 TEHG bedürfe die Freisetzung von Treibhausgasen

durch eine Tätigkeit im Sinne des TEHG der Genehmigung. Es fehle in den

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 167 von 321

Antragsunterlagen ein Monitoring- Konzept zur Ermittlung der Treibhaus-

gasemissionen.

VII.2.1.2.2.2. Würdigung der Einwendungen

Nach § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV ist eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung

nur dann erforderlich, wenn in den nachgereichten Unterlagen Umstände

darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.

Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der nachgereichten Unterlagen

nicht vor. In den einzelnen Fachbereichen wurden im Anschluss an die Öf-

fentlichkeitsbeteiligung weitere Untersuchungen zur Prüfung der Genehmi-

gungsvoraussetzungen gefordert und nachgereicht. Von dieser Möglichkeit

ist Gebrauch gemacht worden, sofern hierzu Bedarf bestand. Aus diesen

Unterlagen ergeben sich aber keine neuen oder zusätzlichen nachteiligen

Auswirkungen des Vorhabens selbst. Sie tragen vielmehr zur vertieften

fachlichen und rechtlichen Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen bei.

Deren Offenlage war daher nicht erforderlich. Aus diesem Grund besteht

auch keine Verpflichtung zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung auf-

grund der zwischenzeitlich vorgelegten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung.

Die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Unterlagen wa-

ren vollständig. Sie haben zum Zeitpunkt der Öffentlichkeitsbeteiligung den

an die sogenannte Anstoßwirkung zu stellenden Anforderungen genügt.

Die „Vollständigkeit“ des Antrags und der Unterlagen bedeutet in diesem

Zusammenhang nicht, dass bereits zwangsläufig alle Unterlagen vorliegen

müssten, auf deren Basis später über den Antrag entschieden wird.

Auch hinsichtlich der FFH-Thematik konnten aufgrund der vorgelegten Un-

terlagen vertiefte Einwendungen formuliert werden und eine fundierte Erör-

terung zu diesem Thema erfolgen.

Ferner bestand die Möglichkeit, sich im Wege der Akteneinsicht im Rahmen

der §§ 10 Abs.1 S. 3 der 9. BImSchV, 9 Abs. 1 b S. 2 UVPG über den Inhalt

nachträglich vorgelegter Unterlagen zu informieren.

Es ist charakteristisch für Teilgenehmigungsverfahren, dass nur ein Teil des

Gesamtvorhabens beantragt wird und für den Rest eine Beurteilung der

Frage möglich sein muss, dass keine von vornherein unüberwindlichen Ge-

nehmigungshindernisse entgegen stehen. Nach Auffassung der Genehmi-

gungsbehörde haben die vorgelegten Unterlagen in Verbindung mit den

später nachgereichten Unterlagen in einzelnen Fachbereichen jeweils die

vorläufige Beurteilung mit hinreichender Sicherheit ermöglicht, dass der Er-

richtung und dem Betrieb der gesamten Anlage keine von vornherein un-

überwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvorausset-

zungen entgegenstehen. Hinsichtlich näherer Einzelheiten wird auf die Aus-

führungen in den einzelnen Fachkapiteln verwiesen. Ferner ist zu beachten,

dass zwischenzeitlich im Rahmen eines gesonderten wasserrechtlichen Er-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 168 von 321

laubnisantrags weitergehende wasserrechtliche Unterlagen vorgelegt wor-

den sind, die auf einer noch wesentlich vertiefteren Basis eine Prognose im

Sinne von § 8 BImSchG ermöglichen. Selbstverständlich sind in den noch

durchzuführenden eigenständigen Verfahren die Vorschriften über die Be-

teiligung der Öffentlichkeit zu beachten.

Hinsichtlich der erforderlichen Hochspannungstrasse liegt eine positive Ein-

schätzung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit durch die zuständige

Genehmigungsbehörde vor. Für die geplante Leitung ist eine selbstständi-

ge Planfeststellung / Plangenehmigung nach den §§ 43 ff. des Energiewirt-

schaftsgsetzes (EnWG) erforderlich. Die Hochspannungsleitung stellt weder

einen Anlagenbestandteil, noch eine Nebeneinrichtung des Kraftwerks dar.

Vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Anlage, die (wie etwa auch

die Fernwärmeleitung) einem eigenständigen Genehmigungserfordernis

und – verfahren unterliegt.

Die Genehmigung nach TEHG muss und soll im Rahmen der 1. Teilgeneh-

migung noch nicht mit erteilt werden, weil sie einen Bezug zum Betrieb

aufweist, nicht aber zur Errichtung. Die erforderliche Prognose hinsichtlich

des Fehlens unüberwindlicher Zulassungshindernisse ist allerdings mög-

lich, weil Angaben zu den zu erwartenden Emissionen vorliegen und un-

überwindliche Hindernisse für eine Genehmigung nach TEHG nicht erkenn-

bar sind. Ein abschließendes Monitoring- Konzept muss für die Bejahung

eines vorläufigen positiven Gesamturteils noch nicht vorliegen.

VII.2.2. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Methodik)

VII.2.2.1. Rechtsgrundlagen

Bei Vorhaben, die der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglich-

keitsprüfung unterliegen, sind innerhalb des Genehmigungsverfahrens die

zu erwartenden bedeutsamen Auswirkungen auf die Umweltschutzgüter,

d.h. auf Menschen, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Boden, Was-

ser, Luft, Klima, Landschaft sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter, des

Weiteren die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern

sowie die Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf

die Schutzgüter vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu er-

mitteln, § 1a der 9. BImSchV. Die Genehmigungsbehörde hat die Ergebnis-

se dieser Ermittlung auf der Grundlage der Antragsunterlagen, der behörd-

lichen Stellungnahmen sowie ggf. der Äußerungen und Einwendungen Drit-

ter - auch als Ergebnis der öffentlichen Erörterung - und eigenen Erkennt-

nissen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten, § 20 Abs.1a und 1b

der 9. BImSchV. Als Bewertungsmaßstäbe sind die für die Entscheidung

maßgeblichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden.

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Die Auswirkungen der geplanten Änderung des Kraftwerks auf die Umwelt

in diesem Sinne wurden in Kapitel VI (Sachverhalt) zusammengefasst darge-

stellt.

VII.2.2.2. Wesentliche Einwendungen

Es wird gerügt, dass bei den Betrachtungen der Umweltauswirkungen nicht

von einer bei anderen Kraftwerksanträgen gewählten Worst- case- Betrach-

tung (8.760 Stunden Volllastbetrieb) ausgegangen worden sei.

Ferner wird gefordert, die Umweltauswirkungen mit einer Nullvariante zu

vergleichen, bei der nur noch die Blöcke 4 und 5 mit den Auswirkungen ei-

nes Betriebes der Blöcke 4, 5 und 6 verglichen werden.

VII.2.2.3. Würdigung der Einwendungen

Bei der vorgesehenen Fernwärmeauskopplung sind nicht 8.760 Stunden

Volllastbetrieb die geeignete Worst- case- Betrachtung, sondern ein realisti-

sches Auskopplungsszenario für Fernwärme mit konservativen Annahmen

hinsichtlich der Betriebslastfälle der Feuerungsanlage. Die dem Antrag zu-

grunde liegenden wechselnden Lastfälle mit einem realistischen Auskopp-

lungsszenario stellen eine geeignete Grundlage für die Berechnung der

Umweltauswirkungen dar. Im Rahmen der Prognose der Umweltauswirkun-

gen muss nicht von einem unrealistischen Betriebsszenario ausgegangen

werden, das im Rahmen des Anlagenbetriebs nicht erreicht wird. Dies wäre

etwa bei einem Volllastbetrieb von 8.760 Betriebsstunden bei permanenter

Ferwärmeauskoppelung der Fall. Daher ist das gewählte Betriebsszenario

mit wechselnden Lastzuständen und einem realistischen Zeitraum für die

Fernwärmeauskopplung geeignet und ausreichend für eine realistische

Prognose der betrieblichen Auswirkungen im Sinne von Ziffer 2 des An-

hangs 3 der TA Luft. Der Umfang der Genehmigung und damit der Umfang

der zu erwartenden Umweltauswirkungen wird maßgeblich bestimmt durch

den Umfang des beantragten Anlagenbetriebes und dem diesem zugrunde

liegenden Betriebskonzept. Daher sind bei der Prüfung der Plausibilität der

Umweltprognosen auch die beantragten und als auflösende Bedingung der

künftigen Betriebsgenehmigung vorgesehenen Frachtbeschränkungen für

die relevantesten Luftschadstoffe als zusätzliche Begrenzung zu berücksich-

tigen, mit denen sichergestellt wird, dass keine Unterschätzung der tatsäch-

lichen Auswirkungen des Anlagenbetriebes erfolgt. Die beantragten und in

diesem Bescheid festgesetzten Begrenzungen der maßgeblichen Emis-

sionsfrachten stellen eine zusätzliche Garantie dafür da, dass es nicht zur tat-

sächlichen Überschreitung der Annahmen kommt, die den Umweltprogno-

sen zugrunde liegen.

Die Kritik hinsichtlich der bemängelten Auswahl der Vergleichsfälle für die

Beurteilung der Umweltauswirkungen ist nicht berechtigt. Nach Nr. 0.5.1.2

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 170 von 321

der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum UVPG ist im Regelfall ein Ver-

gleich des Istzustands mit den Auswirkungen des Vorhabens vorzunehmen,

wenn bis zur Vorhabensverwirklichung nicht mit erheblichen Veränderun-

gen zu rechnen ist. Bis zur Vorhabensverwirklichung könnten sich Verände-

rungen dadurch ergeben, dass aufgrund von Verzichtserklärungen für die

Blöcke 1 bis 3 deren Betrieb nicht mehr erfolgen würde. Block 2 wurde

mangels aktuellen Betriebs bei der Vorbelastungsermittlung nicht berück-

sichtigt. Auch hinsichtlich des Blocks 1 ist ein übergangsweiser Weiterbe-

trieb beabsichtigt. Lediglich Block 3 wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zum

Zeitpunkt der Realisierung des Vorhabens nicht mehr in Betrieb sein. Dies

gilt aber nur für den Fall dass es zur Vorhabensverwirklichung kommt. Ohne

Vorhabensverwirklichung würden sich voraussichtlich bis zum Zeitpunkt der

geplanten Inbetriebnahme von Block 6 keine erheblichen Veränderungen

ergeben. Bei einem fehlenden Bau und Betrieb eines neuen Blocks 6 käme

es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem rechtlich und technisch mögli-

chen vergleichbaren Weiterbetrieb der bestehenden Blöcke durch eine

Nachrüstung, um die bisher bereitgestellte Energiemenge beizubehalten.

Ferner ist es legitim und unter Berücksichtigung der konkreten Bewer-

tungsmaßstäbe des einschlägigen Fachrechts zulässig und geboten, einen

Vergleich mit dem Ist- Zustand vorzunehmen. Dieser Vergleich hat nach

dem Fachrecht auf der Grundlage einer Ermittlung der Vorbelastung, der

Zusatzbelastung und der nach der Verwirklichung des Vorhabens zu erwar-

tenden Gesamtbelastung zu erfolgen. Die Verpflichtung zur Vorbelastungs-

ermittlung beinhaltet zugleich die Notwendigkeit, den Istzustand bei Ver-

gleichsbetrachtungen heranzuziehen. Der status quo ist die Basis für die

Ermittlung der entscheidenden Gesamtbelastung. Diese wird an den gel-

tenden Grenzwerten gemessen. Vergleichsbetrachtungen spielen im Rah-

men der Umweltverträglichkeit und Genehmigungsprüfung sowohl bei Re-

levanzbetrachtung, als auch für Fragen der Genehmigungsfähigkeit keine

maßgebliche Rolle. Daher bestehen auch unter dem Aspekt der ausgewähl-

ten Vergleichsfälle gegen die methodische Vorgehensweise im Rahmen der

Umweltverträglichkeitsuntersuchung keine durchgreifenden Bedenken.

Dies gilt sowohl für den Immissionsschutzteil, als auch für die Prüfung der

sonstigen Umweltschutzgüter. Auch aus diesem Grund bleibt es bei der

Notwendigkeit und Zulässigkeit des Vergleichs mit dem Istzustand.

VII.3. Anspruch auf Erteilung der beantragten Teilgenehmigung

Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Teil-

genehmigung. Sie hat ein berechtigtes Interesse an deren Erteilung (dazu

VII.3.1). Die Voraussetzungen für die Errichtung der verfahrensgegenständ-

lichen Anlage liegen vor (dazu VII.3.2). Eine vorläufige Beurteilung hat er-

geben, dass der Errichtung und dem Betrieb der gesamten Anlage im Hin-

blick auf die Genehmigungsvoraussetzungen voraussichtlich keine unüber-

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windlichen Hindernisse entgegenstehen (dazuVII.3.3). Die Ausübung des

(intendierten) Ermessens führt vorliegend zur Erteilung der beantragten

Teilgenehmigung (dazuVII.3.4). Soweit Einwendungen nachfolgend nicht

ausdrücklich behandelt werden, werden diese zurückgewiesen.

VII.3.1. Berechtigtes Interesse, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG

Die Antragstellerin hat ein berechtigtes Interesse an der Genehmigung ih-

res Vorhabens in mehreren Teilgenehmigungen. Sowohl das Genehmi-

gungsverfahren als auch die Errichtung des Blocks 6 erstrecken sich wegen

der Komplexität und des Umfangs über einen Zeitraum, der – bei einer Ge-

samtbetrachtung und –genehmigung zu erheblichen Verzögerungen bei

der Fertigstellung und Inbetriebnahme führen würde. Zwar wäre auch die

Zulassung des vorzeitigen Beginns ein mögliches Mittel um diesen Interes-

senkonflikt zu umgehen. Insoweit bietet die Teilgenehmigung jedoch grö-

ßere Rechtssicherheit für die Antragstellerin.

VII.3.2. Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung der Anla-

ge, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG

Die Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung der Anlage liegen

vor. Die Voraussetzungen für die Erteilung der erforderlichen Baugenehmi-

gung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit § 64 der Hessischen

Bauordnung (HBO) liegen vor (dazu VII.3.2.1). Auch die dampfkesselrechtli-

chen Anforderungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit § 13

Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der

Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über

Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die

Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverord-

nung – BetrSichV) sind erfüllt (dazuVII.3.2.2.3). Die Voraussetzungen für die

Zulassung der Eingriffe in Natur und Landschaft nach § 15 Bundesnatur-

schutzgesetz (BNatSchG) liegen vor (dazu VII.3.2.4). Die vorgelegten An-

tragsunterlagen enthalten die nach § 7 Abs. 1 und 2 der 12. Verordnung zur

Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Störfall- Verordnung

– 12. BImSchV) erforderlichen Angaben, sodass eine gesonderte Anzeige

gemäß § 7 Abs. 3 der 12. BImSchV entfallen kann. Die von der Antrag-

stellerin vorgesehene Anlagentechnik entspricht dem Stand der Technik im

Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG (dazu VII.3.2.3). Schließlich werden

auch während der Bauphase der verfahrensgegenständlichen Anlage

schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nach-

teile und Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft im

Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG nicht hervorgerufen (dazu

VII.3.2.2).

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 172 von 321

VII.3.2.1. Baurechtliche Zulässigkeit

Dem Vorhaben stehen keine öffentlich- rechtlichen Vorschriften entgegen,

die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. Das Vorhaben ist sowohl

bauordnungsrechtlich (dazu VII.3.2.1.1) als auch bauplanungsrechtlich (dazu

VII.3.2.1.2) zulässig.

VII.3.2.1.1. Bauordnungsrecht

Es wurde gerügt, dass einzelne Anlagen zum Bauantrag fehlen würden

(Freiflächenplan, Berechnung des Maßes der baulichen Nutzung, Standsi-

cherheitsnachweis).

Die Vollständigkeit der Bauunterlagen wurde von der Fachbehörde bejaht.

Hinsichtlich einzelner Nachweise (insbesondere der Standsicherheit) ist

durch die beigefügten Auflagen sichergestellt, dass die geltenden bauord-

nungsrechtlichen Anforderungen eingehalten werden. So darf beispielswei-

se mit den Bauarbeiten erst nach Vorliegen des vom jeweiligen Prüfingeni-

eurs geprüften Standsicherheitsnachweises begonnen werden.

Bei Beachtung der unter IV.2 festgesetzten Nebenbestimmungen ist die

Genehmigungsfähigkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit

§ 64 HBO gegeben.

VII.3.2.1.2. Bauplanungsrecht

VII.3.2.1.2.1. Einwendungen

Es wurden Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines zusätz-

lichen Kraftwerksblocks erhoben. Das Bauvorhaben im baurechtlichen Au-

ßenbereich sei nicht zulässig und es bestünde die Notwendigkeit zur Auf-

stellung eines Bebauungsplans. Das „jeden Maßstab sprengende Bauvor-

haben“ füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung und in das

Landschaftsbild ein und verletze das Gebot der Rücksichtnahme. Die Vo-

raussetzungen für eine Baugenehmigung nach § 35 BauGB lägen hier nicht

vor. Für den geplanten Standort existiere kein Bebauungsplan, so dass es

sich um ein nach § 35 BauGB zu beurteilendes Vorhaben im Außenbereich

handele. Als ein solches sei das konkrete Vorhaben indessen nicht zulässig,

da es keinem der sieben privilegierten Vorhabenstypen, auch nicht dem Ty-

pus nach § 35 Abs.1 Nr. 3 BauGB entspreche. Des Weiteren sei auch die

weitere Voraussetzung des § 35 Abs. 1 BauGB, dass dem Vorhaben keine

öffentlichen Belange entgegenstehen dürfen, vorliegend nicht erfüllt. Dem

Vorhaben stünden eine Vielzahl von gewichtigen öffentlichen Belangen (des

Immissionsschutzes, des Naturschutzes, des Landschaftsschutzes, des Kli-

maschutzes, des Gewässerschutzes, des Bodenschutzes, der Störfallsicher-

heit, etc.) entgegen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 173 von 321

Die Gemeinde Großkrotzenburg habe ferner durch das Unterlassen der

Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Fläche des geplanten Kraftwer-

kes ihre Pflicht zur interkommunalen Abstimmung verletzt. Die Entwicklung

eines Industriegebietes mit umweltbelastenden Immissionen (u.a. durch

Luftverunreinigung, Lärm, Verschattung und Lichtimmissionen), das an die

vorhandene und geplante Wohnbebauung der Nachbarkommunen heran-

rücke, erfordere wegen der dadurch aufgeworfenen Konflikte die Aufstel-

lung eines Bebauungsplanes.

VII.3.2.1.2.2. Würdigung der Einwendungen

Entgegen der Auffassung der benachbarten Kommunen und Anwohner

sind durch die Erweiterung keine städtebaulichen Spannungen in einem

Ausmaß zu besorgen, die dem planungsrechtlichen Einfügensgebot entge-

genstehen und die Notwendigkeit eines qualifizierten Bebauungsplanes

begründen könnten. Vorausgesetzt wird dabei insbesondere, dass alle im-

missionsschutzrechtlichen Anforderungen durch das Vorhaben erfüllt wer-

den und auch das Ortsbild nicht erheblich beeinträchtigt wird. Insofern wird

auf die Prüfungen in den zugehörigen Fachkapiteln verwiesen.

VII.3.2.1.2.2.1. Abgrenzung Innenbereich / Außenbereich

In Ermangelung eines Bebauungsplans ist die bauplanungsrechtliche Zuläs-

sigkeit des Vorhabens der Erweiterung des Kraftwerks Staudinger in Groß-

krotzenburg um einen neuen steinkohlebefeuerten Kraftwerksblock

(Block 6) entweder nach § 34 oder § 35 BauGB zu beurteilen. Liegt das

Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, scheidet

die Anwendung des § 35 BauGB aus.

Das Kraftwerksgelände ist als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil zu

bewerten. Die bisher unbebauten Flächen, auf denen die Anlagen des

Blocks 6 errichtet werden sollen, unterbrechen den Bebauungszusammen-

hang nicht. Ihre Bebaubarkeit richtet sich folglich nach § 34 BauGB.

VII.3.2.1.2.2.2. Eigenart der nähere Umgebung

Die nähere Umgebung, in die sich das Vorhaben insbesondere hinsichtlich

des Maßes der baulichen Nutzung einfügen muss, geht nicht über das

Kraftwerksgelände hinaus. Dieses ist eindeutig gegenüber der Bebauung in

der – weiteren – Umgebung durch große unbebaute Flächen, Wasserflächen

und Verkehrsflächen abgegrenzt.

Die Eigenart der näheren Umgebung wird nach den gemäß § 34 Abs.1

Satz 1 BauGB maßgeblichen Merkmalen, d.h. nach Art und Maß der bauli-

chen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche, ausschließ-

lich durch die auf dem Kraftwerksgelände vorhandene kraftwerkstypische

Bebauung geprägt. Hinsichtlich der Höhe der vorhandenen baulichen An-

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lagen reicht die Spannweite von weniger als 50m bis zu 99m bei den Kes-

selhäusern, 141m bei den Kühltürmen und 250m bei den Schornsteinen.

Beim Maß der baulichen Nutzung ist allerdings nicht nur die Höhe der bau-

lichen Anlagen, sondern auch deren Umfang in Beziehung zur Höhe (Bau-

masse) in Betracht zu ziehen.

VII.3.2.1.2.2.3. Einfügen

Bei bloßer Betrachtung der Höhe halten sich die höchsten baulichen Anla-

gen des Blocks 6, nämlich der Kühlturm mit 180m und das Kesselhaus mit

127m, innerhalb des durch die Schornsteine des Blocks 4 (250m) und der

Blöcke 1 bis 3 (195m) gesetzten Rahmens. Jedoch ist die Baumasse der

Schornsteine wegen des wesentlich geringeren Umfangs erheblich gerin-

ger. Ein Vergleich, der nur auf die Höhen der vorhandenen baulichen Anla-

gen einerseits und der beabsichtigten neuen baulichen Anlagen anderer-

seits abstellt, ist deshalb nicht zulässig. Geboten ist vielmehr eine wertende,

alle Umstände einbeziehende Betrachtung. Dabei kommt dem Umstand,

dass der „massige“ Kühlturm des Blocks 6 in der Höhe die auch „massigen“

Kühltürme der Blöcke 4 und 5 um 52m bzw. um knapp 40m, d.h. um 66 %

bzw. um knapp 30 %, überragt, deshalb weniger Gewicht zu, weil der –

wenn auch schlanke – Rauchgasschornstein des Blocks 4 seinerseits den

Kühlturm des Blocks 6 um 70m, d.h. um knapp 40 %, überragt. Allerdings

ist auch der so erweiterte mathematische Vergleich nicht allein ausschlag-

gebend. Er muss durch eine wertende Betrachtung, die die optische Wir-

kung in den Vordergrund stellt, ergänzt werden.

Diese Bewertung führt zu dem Ergebnis, dass der Rahmen der Umge-

bungsbebauung durch das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen

Nutzung nicht überschritten wird. Der zusätzliche Kraftwerksblock hält sich

innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens und führt

aufgrund seiner Höhe und Baumasse nicht zu bodenrechtlichen Spannun-

gen, die nur mittels einer Bauleitplanung zu bewältigen wären. Trotz einzel-

ner Differenzen zwischen den einzelnen Kraftwerksblöcken und fehlender

Uniformität bei der Schornsteinhöhe und der Baumasse dominiert auch bei

einem Hinzukommen des Blocks 6 die Einheitlichkeit des industriell gepräg-

ten Nutzungszwecks und die Vergleichbarkeit des äußeren Erscheinungs-

bildes innerhalb des Bebauungszusammenhangs. Block 6 ist kein Fremd-

körper inmitten andersartiger Anlagen und vermittelt nicht den Eindruck ei-

ner gesonderten Einheit innerhalb eines davon getrennten Gesamtkraft-

werks. Deshalb fügt sich der Block 6 in die Eigenart der näheren Umgebung

ein, es sei denn, er ließe es an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sons-

tige, d.h. vor allem, auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Be-

bauung fehlen. Letzteres ist aber nicht der Fall.

Selbst wenn man im Rahmen der Einzelfallbewertung zu dem Ergebnis kä-

me, dass der Rahmen der Umgebungsbebauung überschritten wird, könnte

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sich Block 6 gleichwohl in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen,

wenn er trotz der Höhe und „Massigkeit“ von Kühlturm und Kesselhaus nicht

geeignet ist, im Verhältnis zu seiner Umgebung bodenrechtlich beachtliche

und bewältigungsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene

Spannungen solcher Art zu erhöhen. Hierbei ist die Betrachtung – wie beim

Einfügensgebot selbst allgemein – auf die nähere Umgebung, d.h. jeden-

falls nicht über den im Zusammenhang bebauten Ortsteil hinaus, zu be-

schränken. Besagte Eignung zur Begründung oder Verstärkung von Span-

nungen kommt dem Block 6 folglich nicht zu.

Block 6 verstößt auch nicht wegen einer „erdrückenden“ Wirkung von Kühl-

turm und Kesselhaus gegen das im Einfügensgebot des § 34 Abs.1 Satz 1

BauGB enthaltene baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Die räumliche

Reichweite eines solchen Rücksichtnahmegebotes ist nämlich in gleicher

Weise wie das Einfügensgebot auf die Eigenart der näheren Umgebung

begrenzt.

VII.3.2.1.2.2.4. Kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme

Von dem geplanten Block 6 geht auch keine optisch erdrückende Wirkung

im Hinblick auf die Grundstücke in der näheren Umgebung aus. Das Vor-

haben verstößt daher auch nicht aus diesem Grund gegen § 34 Abs. 1

BauGB in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme. Welche Anfor-

derungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von

den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die

Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusam-

menhang zugutekommt, um so mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen.

Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Inte-

ressen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirkli-

chen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sach-

gerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwi-

schen dem an, was einerseits den Rücksichtnahmebegünstigten und ande-

rerseits dem Rücksichtnahme-pflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten

ist18. Eine gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßende optisch be-

drängende Wirkung ist in der Rechtsprechung angenommen worden, wenn

dem hinzutretenden Bauwerk wegen seiner Höhe und Breite gegenüber

dem Nachbargrundstück eine „erdrückende“ bzw. „erschlagende“ Wirkung

zukommt19. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die baulichen Dimensio-

nen des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Ein-

BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122 = NJW 1978, 62 = Juris RdNr.. 22, vom 13. März 1981 - 4 C 1.78 – DÖV 1981, 672 = Juris RdNr. 33 und vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5.93 - NVwZ 1994, 686 = Juris RdNr. 17, BVerwG, Urteile vom 13. März 1981 – a.a.O. und vom 23. Mai 1986 – 4 C 34.85 – NVwZ 1987, 34 = Juris RdNr. 15

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 176 von 321

zelfalles derart übermächtig sind+ dass das „erdrückte“ Gebäude oder

Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Ge-

bäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrge-

nommen wird20, oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht

abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnis-

hofsituation hervorruft21.

Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich der geplante Erweiterungsbau

nicht als gegenüber den benachbarten Grundstücken rücksichtslos, weil er

ihnen gegenüber keine erdrückende Wirkung in dem oben dargestellten

Sinne hat. Der Block 6 soll in so großer Entfernung von benachbarten

Grundstücken errichtet werden, dass er deren baurechtliche Charakteristik

unberührt lässt. Von einem „Eingemauertsein“ oder einer Gefängnishofsitu-

ation kann keine Rede sein. Diese Bewertung bleibt unverändert, wenn

man eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der von dem Kühlturm emit-

tierten Schwaden anstellt. Wie unter Punkt ausgeführt, verursacht diese

keine unzumutbare Verschattung der Grundstücke der Nachbarn. Die Kühl-

turmschwaden werden in einer Höhe von 180m emittiert und erreichen so-

dann wegen ihres starken Auftriebs große Höhen. Aufgrund dieses Effekts

kann von ihnen eine erdrückende Wirkung auch in einer Zusammenschau

mit dem Kühlturm in Bezug auf die benachbarten Grundstücke nicht ausge-

gangen werden.

VII.3.2.1.2.2.5. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse / Ortsbild

Die Gebote, die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse

zu wahren sowie das Ortsbild nicht zu beeinträchtigen (§ 34 Abs. 1 Satz 2

BauGB) sind in der räumlichen Reichweite zwar nicht auf die nähere Umge-

bung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beschränkt. Diese Zulässig-

keitsschranken werden jedoch durch Errichtung und Betrieb des Blocks 6

nicht überschritten. Das Gebot der Wahrung gesunder Wohn- und Arbeits-

verhältnisse setzt als städtebauliches Missstandskriterium eine hohe Belas-

tungsschwelle voraus, die nicht durch eine Verkürzung der jährlichen Son-

nenscheindauer infolge Verschattung durch Kühlturmschwaden erreicht

oder überschritten wird, die innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite

liegt.

Eine Beeinträchtigung des Ortsbildes setzt eine optische Wertigkeit voraus,

die dem betreffenden Ort oder Ortsteil eine aus dem Üblichen herausra-

gende Prägung verleiht. Dafür liegen keine konkreten Erkenntnisse vor.

20 OVG NRW, Urteil vom 29. August 2005 – 10 A 3138/02 - Juris RdNr. 50 21 BVerwG, Urteil vom 11. Januar 1999 – 4 B 128.98 – NVwZ 1999, 879 = Juris RdNr. 3, OVG

Lüneburg, Urteil vom 2. Juli 1999 – 1 K 4234/97 – Juris RdNr. 22.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 177 von 321

VII.3.2.1.2.2.6. Zulässigkeit nach § 35 BauGB

Die beabsichtigte Erweiterung des Kraftwerks ist, wenn Block 6 – entgegen

der hier getroffenen Beurteilung – nicht innerhalb eines im Zusammenhang

bebauten Ortsteils liegen sollte, ein sog. privilegiertes Außenbereichsvor-

haben. Zwar ist § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nicht einschlägig, weil die Recht-

sprechung auch für Vorhaben, die der Versorgung mit Elektrizität oder

Wärme dienen, Ortsgebundenheit verlangt, diese aber für ein Steinkohle-

kraftwerk nicht zu begründen ist. Einschlägig ist aber § 35 Abs. 1 Nr. 4

BauGB, weil das Steinkohlekraftwerk als Störfallbetrieb im Sinne der 12.

BImSchV wegen seiner nachteiligen Wirkungen auf die Umgebung im Au-

ßenbereich verwirklicht werden „soll“. Ein anderer Standort im beplanten

Innenbereich der Gemeinde Großkrotzenburg ist bzw. war bei Errichtung

des ersten Kraftwerksblocks nicht vorhanden.

Kein Entgegenstehen öffentlicher Belange

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr.3

BauGB kann der Betrieb des Kraftwerks Staudinger nach Errichtung des

Blocks 6 nicht hervorrufen, wenn nach Prüfung und entsprechender Sicher-

stellung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren „schädli-

che Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und

erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht

hervorgerufen werden können“ (§§ 5 Abs.1 Satz 1 Nr.1+ 6 Abs.1 Nr.1

BImSchG). Das bebauungsrechtliche Anforderungsprofil zur Vermeidung

schädlicher Umwelteinwirkungen stimmt mit dem immissionsschutzrechtli-

chen überein.

Die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert werden durch

das Vorhaben Block 6 nicht beeinträchtigt, das Landschaftsbild nicht verun-

staltet (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Die für den Block 6 in Anspruch zu

nehmenden Flächen haben, da sie innerhalb des abgeschlossenen Be-

triebsgeländes liegen und zum Teil bereits intensiv betrieblich genutzt wur-

den (Kohlelagerplatz), keine nennenswerte landschaftliche und Erholungs-

funktion. Abgesehen davon könnte sich eine etwaige Wertigkeit dieser Art

nicht gegen das Interesse, das dem Vorhaben kraft seiner Privilegierung zur

Seite steht, nicht durchsetzen. Soweit es um den Eintrag von Luftschadstof-

fen in die Böden in der weiteren Umgebung geht, ist dem Schutzinteresse

der Fauna und Flora durch § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausreichend

Rechnung getragen. Das Landschaftsbild ist durch das vorhandene Kraft-

werk bereits vorbelastet. Der hinzukommende Block 6 wird das Bild nicht

so gravierend verändern, dass eine Schwelle erreicht ist, ab der sich das

Vorhaben kraft seiner privilegierten Zulässigkeit im Außenbereich nicht

mehr durchsetzen könnte.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 178 von 321

Auch die Wasserwirtschaft wird nicht gefährdet, wenn eine Ausnahme von

den für das Wasserschutzgebiet angeordneten Verboten (§ 52 Abs. 1 Satz 2

WHG) erteilt werden kann und erteilt wird.

Dass dem Vorhaben Block 6 „sonstige“+ in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht

ausdrücklich benannte öffentliche Belang entgegenstehen, kann ausge-

schlossen werden. Das baurechtliche Rücksichtnahmegebot wegen etwai-

ger „Belastungen psychischer Art“ ist durch den Blick auf die „massige“

Kraftwerkskulisse nicht verletzt. Insofern wird auf die Ausführungen zur Be-

achtung des Rücksichtnahmegebotes im Rahmen des § 34 BauGB

(VII.3.2.1.2.2.4) verwiesen. Dass ein für ein interkommunales Abstimmungs-

gebot (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB) von der Rechtsprechung vorausgesetzter

„qualifizierter Abstimmungsbedarf“ gegeben wäre+ der dem Vorhaben

Block 6 als „sonstiger“ öffentlicher Belang entgegenstehen könnte+ ist zu

verneinen, auch weil keine Mehrbelastung mit Immissionen für die Nach-

bargemeinden zu erwarten ist.

Nach einer vertieften Würdigung des Vortrags der angrenzenden Kommu-

nen zum Bestehen eines qualifizierten Abstimmungsbedarfs aufgrund kon-

kreter Nutzungen oder Planungen in Rahmen der Einwendungen kann dem

zu errichtenden Block 6 nicht ein Planungsbedürfnis als öffentlicher Belang

entgegen gehalten werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil im Rah-

men der Beteiligung der Fachbehörden von Seiten der angrenzenden

Kommunen keinerlei Planungen vorgetragen worden sind, die auch nur an-

satzweise das Stadium des Planaufstellungsbeschlusses erreicht hätten. Ein

bebauungsrechtliches Planungserfordernis oder Planungsbedürfnis besteht

bei Innenbereichsvorhaben nur dann, wenn ein Vorhaben den Rahmen der

vorhandenen Umgebungsbebauung überschreitet und dies zu einer Situa-

tion führen würde, die Spannungen aufbaut, Unruhe stiftet, verschlechtert.

Die Umgebung müsste sich in einer Weise ändern, die mit Problemen ver-

bunden wäre, die nicht im Immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-

fahren gelöst werden können, sondern, wenn überhaupt, nur im Rahmen

eines Bebauungsplanverfahrens. Auch die umfangreichen Nebenbestim-

mungen zur Begrenzung der umweltrelevanten Auswirkungen auf die

Nachbarschaft dokumentieren, dass die Nutzung bestehender und beab-

sichtigter Planungen in den angrenzenden Kommunen im Rahmen des im-

missionsschutzrechtlichen Verfahrens hinreichend berücksichtigt und ge-

schützt werden können, ohne dass dieser Zweck in einem gesonderten Pla-

nungsverfahren sichergestellt werden müsste.

Bei Außenbereichsvorhaben gewinnt das Planungserfordernis nur dann als

Zulässigkeitsvoraussetzung Bedeutung, wenn es sich um ein größeres Vor-

haben handelt, das aus Gründen der geordneten städtebaulichen Entwick-

lung und wegen des Entstehens einer Konfliktlage mit hoher Intensität einer

planerischen „Binnenkoordination“ oder Außenkoordination bedarf (z.B.

wegen der inneren Erschließung, des Ausgleichs von Eingriffen in Natur und

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Landschaft), die nicht im Baugenehmigungsverfahren geleistet werden

kann. Das damit angesprochene Planungserfordernis sieht das BVerwG als

einen – ungeschrieben – öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1

BauGB an. Die Ausführungen zu den einzelnen Fachteilen zeigen, dass auf-

grund der Auswirkungen des Vorhabens insbesondere der fehlenden Ver-

schlechterung der Schadstoffsituation die Voraussetzungen für ein Pla-

nungserfordernis nicht gegeben sind.

Auch das interkommunale Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 7

BauGB) als öffentlicher Belang steht dem Vorhaben Block 6 nicht entgegen.

Im vorliegenden Fall ist kein „qualifizierter Abstimmungsbedarf“ gegeben.

Ein solcher ist nicht gegeben, wenn es um die Berücksichtigung von Belan-

gen geht, die keine Auswirkungen gewichtiger Art darstellen, sondern le-

diglich im Rahmen des ‚einfachen’ Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 3

BauGB zu beachten sind. Die vorgetragenen Planungen der angrenzenden

Kommunen werden durch das Vorhaben nicht in einer solchen Intensität

beeinträchtigt, erschwert oder gar unmöglich gemacht, dass, ein qualifizier-

ter Abstimmungsbedarf im Vorfeld aufgrund konkurrierender Planungen

damit begründet werden könnte. Von entscheidender Bedeutung ist dabei,

dass es sich um ein vorhandenes Kraftwerk mit entsprechender Vorbelas-

tung handelt, das auch nach Errichtung des Blocks 6 keine erhebliche

Mehrbelastung für die benachbarten Gemeinden im Hinblick auf Immissio-

nen verursachen wird. Die betroffenen Planungen der Kommunen konnten

im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens umfassend vorge-

tragen werden und werden aus den bereits genannten Gründen nicht in ei-

ner Intensität tangiert, die eine interkommunale Abstimmung im Vorfeld

wegen eines qualifizierten Abstimmungsbedarfs erforderlich gemacht hät-

ten.

Die Einwendungen zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorha-

bens waren daher zurückzuweisen.

VII.3.2.1.2.2.7. Gemeindliches Einvernehmen

Die Gemeinde Großkrotzenburg hat das gemäß §§ 36, 34 BauGB erforder-

liche bauplanungsrechtliche gemeindliche Einvernehmen erteilt und dies

mit Schreiben vom 28. August 2009 der Genehmigungsbehörde mitgeteilt.

Durchgreifende Zweifel hinsichtlich einer wirksamen Einvernehmensertei-

lung bestehen nicht. Ein Verweigerungsgrund ergibt sich nur dann, wenn

das Vorhaben mit den §§ 31, 33-34 BauGB nicht vereinbar ist. Geht man

davon aus, dass sich das Vorhaben im Außenbereich befindet, d.h. § 35

BauGB anwendbar ist, so hat der Gemeindevorstand in seinem Schreiben

vom 26. August 2009 besonders darauf hingewiesen, dass bei dem geplan-

ten Vorhaben auf die Belange der Umwelt- und der Bevölkerung Rücksicht

zu nehmen sei und sich speziell auf den CO2- Ausstoß bezogen. Ob die

Gemeinde daraus eine Beeinträchtigung im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 3

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BauGB schlussfolgert, ergibt sich im Hinblick auf die ausdrückliche Erteilung

in dem Schreiben vom 26. August 2009 nicht. Sollte in dem Schreiben vom

26. August 2009 eine Verweigerung ausgedrückt werden, so könnte man

eine genaue Begründung erwarten mit Bezug auf das Gesetz. Im Übrigen

befürwortet die Gemeinde in demselben Schreiben ausdrücklich die Mo-

dernisierung des Kraftwerks Staudinger. Im Ergebnis ist das gemeindliche

Schreiben als Zustimmung zu interpretieren+ allerdings mit einer Art „Forde-

rung“. Eine ausdrückliche Einvernehmensverweigerung ist aus den gesam-

ten Umständen nicht zu entnehmen.

Das Einvernehmen der Stadt Hanau war vorliegend – anders als im Rahmen

der Genehmigung der beiden Kreiskohlelager – nicht erforderlich. Zwar

liegt ein Teil des Kraftwerks Staudinger auf Hanauer Gemarkung. Dies gilt

jedoch nicht für das vorliegend allein zu betrachtende Vorhaben der Errich-

tung des Blocks 6. Nach § 36 BauGB ist nur das Einvernehmen derjenigen

Gemeinde erforderlich ist, auf dessen Gebiet das beantragte Vorhaben rea-

lisiert werden soll. Der beantragte Block 6 befindet sich aber ausschließlich

auf dem Gebiet der Gemeinde Groß-Krotzenburg.

VII.3.2.1.2.2.8. Anlagenstandort § 50 BImSchG

Es wurde eingewendet, durch den geplanten Bau des NH3-Lagers werde

die Planungshoheit der Stadt Hanau betroffen, da gemäß § 50 BImSchG ein

Achtungsabstand von 350 Metern einzuhalten sei.

Innerhalb dieses Radius befänden sich jedoch u.a. Bestandsflächen für Ge-

werbe , auf welchen die Stadt Hanau Gewerbe ansiedeln möchte. Dies wer-

de behindert, da insbesondere aufgrund der Seveso-Richtlinie dieses Ge-

werbegebiet nicht durch Störfallbetriebe gefährdet werden dürfe. Außer-

dem dürften auch Benutzer des Gewerbegebiets, die sich z.B. zum Einkau-

fen auf das Gelände begeben, nicht gefährdet werden. Dadurch werde die

Pflicht zur Abwägung des Grundsatzes des § 50 BlmSchG verletzt, wonach

Industrieflächen so anzuordnen seien, dass schädliche Umwelteinwirkungen

auf die dem Wohnen dienenden Gebiete vermieden würden.

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zusammenfassend

Beschl. v. 3. Dezember 2009; 4 C 5/09 Juris Rn. 20) ist § 50 BImSchG auf

Entscheidungen über die bodenrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben nach

§ 34 BauGB weder direkt noch entsprechend anwendbar. § 50 BImSchG

enthält Anforderungen an die Zuordnung von für eine bestimmte Nutzung

vorgesehenen Flächen. Erforderlich für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist

eine, vom Abwägungsgebot gesteuerte planerische Entscheidung. Die Ent-

scheidung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-

fahrens beinhaltet jedoch eine gebundene Entscheidung. Beim Vorliegen

der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 34, 35 BauGB ist die baupla-

nungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens gegeben, ohne dass die

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Möglichkeit einer planerischen Abwägung besteht. (Dies gilt auch dann,

wenn im Vorhabenbereich mit störfallrelevanten Stoffen umgegangen wird).

In der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. De-

zember 2009 wird allerdings angezweifelt, ob die nationale Regelung des

§ 50 BImSchG in vollem Umfang die Vorgaben der Richtlinie 82/96 EG um-

gesetzt hat und ob mittels einer richtlinienkonformen Auslegung angemes-

sene Abstände zu benachbarten Nutzungen auch bei gebundenen Geneh-

migungsentscheidungen im unbeplanten Bereich gefordert werden müss-

ten. Dies hat zu einer Vorlage der Frage beim EUGH geführt. Die Entschei-

dung des Gerichts liegt noch nicht vor.

Unabhängig davon ist jedoch im Kraftwerksbereich keine Veränderung des

Lagers für Stoffe beantragt worden, die unter die 12. BImSchV fallen. Die

gelagerten Störfallstoffe (Ammoniak) und die Lagermengen erhöhen sich

nicht. Selbst wenn § 50 aufgrund einer EUGH- Entscheidung grundsätzlich

anwendbar sein sollte, läge im konkreten Fall keine Erhöhung der Gefähr-

dung vor. Aufgrund der fehlenden sicherheitsrelevanten Veränderungen

ergeben sich keine zusätzlichen Anforderungen im Hinblick auf eine Ab-

standswahrung zu Nutzungen in der Nachbarschaft des Vorhabens. Die Er-

weiterung des Betriebs ist nicht mit einer Erhöhung des Störfallrisikos ver-

bunden (die Kapazität des Ammoniaklagers wird nicht erweitert), und für

das mit dem Betrieb verbundene Störfallrisiko reichen die vorhandenen Ab-

stände aus.

Nicht zutreffend ist ferner die Auffassung, aufgrund des § 50 BImSchG müs-

se eine Konfliktbewältigung bei größeren Vorhaben mittels Bebauungspla-

nung auf der planerischen Ebene erfolgen. Dies ist nur dann der Fall (vgl. LR

§ 50 Rn. 15), wenn eine sachgerechte Bewältigung und Lösung der vorhan-

denen Konflikte nicht auf der Ebene des immissionsschutzrechtlichen Ge-

nehmigungsverfahrens möglich ist. Aus den Ausführungen zu den einzelnen

Fachgebieten, insbesondere auch zu den zu erwartenden Immissionen

ergibt sich, dass aufgrund der Höhe der Auswirkungen und im Hinblick auf

explizit beantragte Emissionsbegrenzungen für die relevantesten Schadstof-

fe eine Verschlechterung der Umweltsituation nicht zu erwarten ist. Bei die-

ser Konstellation ist es in jedem Falle möglich, unabhängig von einer voran-

gegangenen einzelvorhabenbezogenen Bauleitplanung die verbleibenden

und zu erwartenden Nutzungskonflikte zu bewältigen.

VII.3.2.1.2.2.9. Sonstiges Baurecht (konkrete Planungen)

Es wurde eingewandt, das Vorhaben greife in die Planungshoheit sowie in

das Eigentum von benachbarten Kommunen an öffentlichen Einrichtungen

rechtswidrig ein. Die Immissionen des Vorhabens behinderten die Verwirk-

lichung von Darstellungen der Regionalplanung, der Flächennutzungspla-

nung, Festsetzungen von Bebauungsplänen, die Umsetzung von hinrei-

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chend konkretisierten Bauleitplanungen sowie der Landschaftsplanung und

der forstwirtschaftlichen Planung. Das Vorhaben gefährde den Gesund-

heitsschutz für den Nutzer öffentlicher Einrichtungen, insbesondere für Kin-

der und Ältere sowie von gesundheitlich Vorbelasteten.

Das Vorhaben gefährde die Nutzung öffentlicher kommunaler Einrichtun-

gen wie auch die Realisierung der Bauleitplanungen und in Hanau insbe-

sondere die Umnutzung der Konversionsflächen durch einzelne besonders

schädliche Inhaltsstoffe der Emissionen.

Wie sich aus den Prüfungen anhand der jeweiligen fachgesetzlichen Prüf-

programme ergibt, werden die Anforderungen hinsichtlich der Umweltaus-

wirkungen eingehalten. Daher ist davon auszugehen, dass gemeindliche

Einrichtungen nicht durch schädliche Umwelteinwirkungen beeinträchtigt

werden und die Auswirkungen als nicht erhebliche Beeinträchtigung der

Planungshoheit hinzunehmen sind.

Sofern die Auswirkungen des Vorhabens sich im Rahmen der gesetzlichen

Vorgaben halten und insbesondere die Pflichten des § 5 BImSchG erfüllt

werden, sind keine unzumutbaren Beeinträchtigungen kommunaler Pla-

nungen ersichtlich. Neben der bereits bejahten bauplanungsrechtlichen Zu-

lässigkeit bewirkt die Einhaltung der fachgesetzlichen Anforderungen auch,

dass die gemeindliche Planungshoheit nicht in schwerer und unzumutbarer

Weise tangiert wird

VII.3.2.2. Umweltauswirkungen während der Errichtung der Anlage (Bauphase)

VII.3.2.2.1. Luftreinhaltung während der Bauphase

VII.3.2.2.1.1. Wesentliche Einwendungen

Es wurde eingewandt, dass in die Betrachtung der Gesamtbelastung die

NO2- Emissionen, die durch den Lkw- Verkehr im Rahmen des Neubaus von

Block 6 verursacht würden, nicht einbezogen wurden, obwohl diese in ei-

nem gesonderten Gutachten ermittelt wurden. Im Gegensatz zur Gesamtbe-

lastung durch das Kraftwerk würden die Belastungen durch den LKW-

Verkehr lokal und am Boden, also in unmittelbarer Nähe zu Mensch und Na-

tur wirken. Die Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV auch in der

Bauphase, erschiene insbesondere im Hinblick auf die zulässigen Stunden-

und Alarmschwellenwert des § 3 Abs. 7 der 22. BImSchV fraglich.

Die Einwender argumentierten, dass in der Berechnung zur Gesamt- Fein-

staubbelastung die Zusatzbelastung durch den LKW- Verkehr in der Be-

triebs- und in der Bauphase nicht berücksichtigt worden sei. So ermittelte

Argumet, Bahmann und Schmonsees in einem separaten Gutachten eine

Zusatzbelastung in der Betriebsphase von 102,1 kg Feinstaub pro Jahr und

in der Bauphase eine Zusatzbelastung von 164,3 kg Feinstaub pro Jahr, die

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ausschließlich durch die Baufahrzeuge verursacht würde. Dies sei gegen-

über dem Gesamtausstoß an Staub von 213 t im Jahr ein äußerst geringer

Anteil, aber auch hier sei zu besorgen, dass der Feinstaub aus dem LKW-

Verkehr lokal und am Boden, also in unmittelbarer Nähe zu Mensch und Na-

tur wirken würde.

Zudem wurde eingewandt, dass die Emissionen luftfremder Stoffe aus dem

LKW- Verkehr während der Bauphase Block 6 und dem normalen weiterlau-

fenden Kraftwerksbetrieb nicht gemeinsam betrachtet worden wären.

VII.3.2.2.1.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

In einer separaten Ausbreitungsrechnung wurde der Immissionsbeitrag des

kraftwerksbedingten Verkehrs für ein LKW- Aufkommen von 20.800 LKW/a

(Betriebsphase derzeitiger Anlagenbetrieb) und von 52.000 LKW / a (Bau-

phase) an drei ausgewählten Immissionsorten im Umfeld des Kraftwerks be-

rechnet.

Im derzeitigen Anlagenbetrieb liegen die Immissionsbeiträge bei allen Pa-

rametern (Schwebstaub, NO2 und Benzol) deutlich unterhalb der Irrele-

vanzgrenze.

Während der Bauphase liegen - mit den obigen LKW- Ansätzen – die Immis-

sionsbeiträge für Schwebstaub und Benzol an allen drei Immissionsorten

sowie für Stickstoffdioxid an zwei Immissionsorten unverändert deutlich un-

terhalb der 3%- Irrelevanzgrenzen. Beim Stickstoffdioxid erreicht der Immis-

sionsbeitrag (1+8 μg/m³) am Immissionsort MP 3 (Großauheim) einen Anteil

am Immissionswert der TA Luft von 4,5%.

Mit den seitens der Antragstellerin ergänzend mit Schreiben vom 24. Feb-

ruar 2010 vorgelegten Unterlagen wurde nachgewiesen, dass auch in der

Überlagerung der Betriebsphase des derzeitigen Anlagenbetriebs mit der

Bauphase für den Block 6 die Immissionswerte der TA Luft eingehalten bzw.

deutlich unterschritten werden.

Im Rahmen separater Ausbreitungsrechnungen wurde nachgewiesen, dass

die Immissionswerte der TA Luft für Stickstoffdioxid und PM10 auch unter Be-

rücksichtigung des LKW- Fahrverkehrs (derzeitiger Anlagenbetrieb bzw.

Bauphase von Block 6) deutlich unterschritten werden. Der Immissionsbei-

trag an Benzol liegt bei deutlich kleiner 3% des Immissionsgrenzwertes der

39. BImSchV.

VII.3.2.2.2. Lärmimmissionen während der Bauphase

Durch die Errichtung des geplanten Blocks 6 entstehen keine schädlichen

Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen; der Schutz vor schädli-

chen Umwelteinwirkungen durch Geräusche ist sichergestellt.

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Zur Beurteilung der während der Bautätigkeit auftretenden Geräuschimmis-

sionen ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm

(AVV Baulärm) heranzuziehen.

Die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm werden für die Tagzeit an allen

Immissionsorten während der gesamten Bauphase unterschritten.

In der Bauphase 2 (Schalungs- und Betonierarbeiten) sind für die Nachtzeit

an einzelnen Immissionsorten Richtwertüberschreitungen von bis zu maxi-

mal 5 dB(A) zu erwarten. Nach den Regelungen der AVV Baulärm sind den-

noch keine weiteren Lärmminderungsmaßnahmen erforderlich, da die im

Einzelfall auftretenden Richtwertüberschreitungen nicht mehr als 5 dB(A)

betragen.

Organisatorische Schallschutzmaßnahmen für den An- und Abfahrverkehr

auf den Baustellen auf öffentlichen Verkehrsflächen sind nicht erforderlich.

Die Errichtung des Blocks 6 wird messtechnisch begleitet (siehe Nebenbe-

stimmung IV.4.1.4).

VII.3.2.2.3. Arbeitsschutz während der Bauphase / Betriebssicherheit

Durch die Auflagen des Kapitels IV.5 wird sichergestellt, dass die Antrag-

stellerin den Anforderungen des Arbeitsschutzes während der Bauphase

Genüge tut. Rechtsgrundlage für die entsprechenden Auflagen ist § 12

Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit den Vorschriften der Betriebssicher-

heitsverordnung.

VII.3.2.2.4. Grundwasserhaltung während der Bauphase

VII.3.2.2.4.1. Auswirkungen bauzeitlicher Grundwasserentnahme

Die bauzeitliche Grundwasserentnahme bedarf einer separaten wasser-

rechtlichen Zulassung. Die bislang durchgeführten Grundwasserhaltungs-

maßnahmen beim Bau des Kohlelagers haben keine negativen Auswirkun-

gen auf den Grundwasserhaushalt gezeigt, so dass von einer Erlaubnisfä-

higkeit auch der Grundwasserhaltungen für den Bau des Blocks 6 auszuge-

hen ist. Eine Grundwasserabsenkung, die bis zum benachbarten Natur-

schutzgebiet reicht, ist nicht zu erwarten.

VII.3.2.2.4.2. Wesentliche Einwendungen:

Hinsichtlich der vorgesehenen Baumaßnahmen wurde vorgebracht, dass

die Summenwirkung der Einzelmaßnahmen im Bezug auf den Grundwas-

serhaushalt nicht berücksichtigt worden sei. Weiterhin sei, aufgrund man-

gelnder Baugrundtragfähigkeit, mit Grundbruch zu rechnen. Bedingt durch

die Baumaßnahmen sei mit einer nachhaltigen Verunreinigung des Grund-

wassers zu rechnen und eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung der

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Stadt Hanau zu befürchten. Es wurde beantragt, der Vorhabensträgerin ein

Strömungsmodell zur Untersuchung der Auswirkungen der Baumaßnahmen

und der bauzeitlichen Grundwasserentnahmen auf die örtlichen Grundwas-

serverhältnisse, aufzugeben.

Zudem wurde vorgebracht, dass es durch den Kraftwerksausbau zur Absen-

kung des Grundwasserspiegels komme und damit der Grundwasserkontakt

der Vegetation im benachbarten Naturschutzgebiet beeinträchtigt werde.

VII.3.2.2.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Die bauzeitliche Grundwasserentnahme bedarf – wie dargelegt – einer was-

serrechtlichen Zulassung. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens sind die

Auswirkungen der Grundwasserhaltungsmaßnahmen für die Einzelbauwer-

ke und die Summenwirkung bei gleichzeitiger Förderung aus mehreren

Baugruben detailliert zu untersuchen und darzulegen. Weiterhin ist darzu-

legen, durch welche Maßnahmen die Gefahr eines hydraulischen Grund-

bruchs, einer Kontamination des Grundwassers und einer Beeinträchtigung

des Wasserwerks Wallersee verhindert werden. Die geforderte Berechnung

über das Ausmaß der Auswirkungen der Grundwasserhaltungsmaßnahmen

auf die örtlichen Grundwasserverhältnisse wird ebenfalls im Rahmen des

wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens durchgeführt.

Die bislang durchgeführten Grundwasserhaltungsmaßnahmen beim Bau

des Kohlelagers haben keine negativen Auswirkungen auf den Grundwas-

serhaushalt gezeigt, so dass von einer Erlaubnisfähigkeit auch der Grund-

wasserhaltungen für den Bau von Block 6 auszugehen ist.

Die Reichweite der Grundwasserabsenkungen für bauzeitliche Grundwas-

serhaltungsmaßnahmen wird im Rahmen des wasserrechtlichen Zulas-

sungsverfahrens nachgewiesen. Eine Grundwasserabsenkung, die bis zum

benachbarten Naturschutzgebiet reicht, ist nicht zu erwarten.

VII.3.2.3. Anlagentechnik, Stand der Technik / Best verfügbare Technik (BVT)

VII.3.2.3.1. Wesentliche Einwendungen

Im Wesentlichen wurde eingewandt, Block 6 entspreche im Hinblick auf den

Wirkungsgrad (dazu VII.3.2.3.2.1), wegen der Verfügbarkeit besserer, alter-

nativer Techniken (dazu VII.3.2.3.2.2), der beantragten Brennstoff- Vorbe-

handlung (dazu VII.3.2.3.2.3) sowie den vorgesehenen Maßnahmen zur

Schadstoffreduzierung sowie der vorgesehenen Filtertechnik (dazu

VII.3.2.3.2.4) nicht den besten verfügbaren Techniken (BVT).

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 186 von 321

VII.3.2.3.2. Bewertung der Einwendungen

VII.3.2.3.2.1. Wirkungsgrad

Im Block 6 kommt als regulärer Brennstoff ausschließlich Steinkohle zum

Einsatz. Block 6 hat bei reiner Stromerzeugung einen Nettowirkungsgrad

von 45,5 %. Die von Seiten der Einwender genannte Zahl eines Nettowir-

kungsgrades von 46,8 % für das Kraftwerk Westfalen ist in RWE Publikatio-

nen nicht nachvollziehbar, dort sind ca. 46 % genannt. Anders als im vorlie-

gend geplanten Block 6 werden im Kraftwerk Westfalen sowohl Steinkohle

als auch Petrolkoks eingesetzt, sodass es von vornherein an einer Ver-

gleichbarkeit fehlt. Der Brennstoffeinsatz je erzeugter MWhel (spezifischer

Brennstoffbedarf) hängt vom unteren Heizwert der eingesetzten Kohle ab.

Bei Petrolkoks handelt es sich um ein Abfallprodukt aus Raffinerien mit ei-

nem höheren Heizwert als Steinkohle (ca. 30,5 MJ/kg). Die vorliegend ein-

gesetzte Steinkohle hat eine Heizwertbandbreite von 22,5 bis 28,3 MJ/kg.

Die hier genannte Brennstoffmenge von 376 t/h ist die maximale Brenn-

stoffmenge mit minimalem Heizwert von 22,5 MJ/kg. Zudem sind die durch-

schnittlichen Umgebungstemperaturen des Rhein- Main Gebietes etwas hö-

her als die des Standortes des Kraftwerks Westfalen. Niedrigere Umge-

bungstemperaturen tragen über das erzielbare Vakuum im Kondensator zu

einem tendenziell höheren Wirkungsgrad bei. Die Wirkungsgrade der bei-

den modernen Kraftwerksprojekte unter Berücksichtigung der standortspe-

zifischen Gegebenheiten unterscheiden sich unwesentlich voneinander und

entsprechen den Anforderungen der BVT für Großfeuerungsanlagen.

Der BVT- Wirkungsgradbereich ist zutreffend mit 43 bis 47% wieder gege-

ben. Am weitesten entwickelte Kondensationskraftwerke konnten unter

Verwendung direkter Wasserkühlung, z.B. durch einen Standort an der

Meeresküste, Wirkungsgrade von 48% erreichen. Der Wirkungsgrad hängt

u. a. einerseits von hohen Kesseltemperaturen und -drücken, andererseits

von niedrigen Kühlwassertemperaturen ab. Die mit einem Naturzugkühl-

turm erreichbaren Kühlwassertemperaturen können allgemein nicht die

niedrigen Temperaturen von z. B. Meerwasser bei Anlagen im Küstenbe-

reich erreichen. Der Block 6 ist auf Basis der Kreislaufkühlung geplant, da

die Einleitung der Abwärme in den Main nur teilweise und ab gewissen

Umweltbedingungen nicht möglich ist. Mit Wirkungsgrad optimierenden

Maßnahmen und dem Einsatz des Standes der Technik entsprechender

Komponenten werden die folgenden Nettowirkungsgrade in Block 6 er-

reicht:

Nettowirkungsgrad beim Kondensationsbetrieb (ohne Fernwärmeer-

zeugung) von 45,5 %;

Brennstoffnutzungsgrad beim Betrieb mit 300 MW Fernwärmeerzeu-

gung von 56,3 %.

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Damit entspricht Block 6 in den Wirkungsgraden den Anforderungen des

aktuellen Merkblatts über beste verfügbare Techniken (BVT) für Großfeue-

rungsanlagen (zuletzt geändert 2006). Der Block 6 ist für die Strom- und

Fernwärmeversorgung im regionalen Umfeld geplant. Eine Verlegung z. B.

an die Nordsee (große Wärmeeinleitungsmenge möglich) würden zu gro-

ßen Leitungsverlusten beim Stromtransport und zum Wegfall der Fernwär-

meversorgung aus Kraftwärmekopplung (KWK) führen. Dieser neue Block

erzielt damit den höchstmöglichen Wirkungsgrad eines Steinkohlekraftwer-

kes für einen Binnenstandort (Kreislaufkühlung) und trägt mit der beantrag-

ten Wärmeauskopplung zur Schonung von Umwelt und Ressourcen bei.

Der Kesselwirkungsgrad des beantragten Blocks 6 beträgt 94,9 %. Dieser

Wirkungsgrad ist das Ergebnis der wärmetechnischen Berechnung des Her-

stellers und trägt zu dem hohen Wirkungsgrad der Gesamtanlage bei.

Entgegen der Auffassung einiger Einwender handelt es sich bei dem vorlie-

genden Kraftwerk auf Grund der beschränkten Nutzungsmöglichkeit von

Fernwärme um ein Kondensations- Kraftwerk und nicht um eine KWK- Anla-

ge. Nur für letztere gilt als Maß für die Energieeffizienz der Wärmever-

brauchswert (zugeführte Brennstoffenergie / abgegebene Energie an der

Kraftwerksgrenze) bzw. Brennstoffnutzungsgrad (Kehrwert des Wärmever-

brauchswertes) und der Kraftwerkswirkungsgrad (Nettostromerzeugung /

zugeführte Brennstoffenergie) in Prozent. Insoweit ist die Einwendung nur

bedingt zutreffend. Der im VGB- Gutachten zur Bewertung der Feuerungs-

anlage genannte Wirkungsgrad von 43,5 % - für den Kondensationsbetrieb -

bezieht sich auf die mittleren Wirkungsgrade von mit Kohle gefeuerten

Kraftwerken, die von 1955 bis 2008 erreicht worden sind. Der für den

Block 6 genannte Wirkungsgrad von ca. 46% für den Betrieb ohne Fern-

wärmeauskopplung stellt die erreichte Weiterentwicklung in der Kraftwerks-

technik dar. Bei einem Fernwärmebetrieb mit 300 MW beträgt der Anla-

gennutzungsgrad gemäß den Angaben im Genehmigungsantrag 56,3 %.

Dabei ist das Fernwärmenetz mit einer Vorlauftemperatur von 90° bis 130°C

und einer Rücklauftemperatur von 60° bis 80°C ausgelegt.

Die Fernwärmenutzung variiert dabei je nach Netzbedarf zu den jeweiligen

Jahreszeiten. Block 6 entspricht in den Wirkungsgraden den Anforderungen

des aktuellen Merkblatts über beste verfügbare Techniken (BVT) für Groß-

feuerungsanlagen. Der Nettowirkungsgrad bei reiner Stromerzeugung be-

trägt ca. 46 % (45,5 %) bei 1050 MW Nettostromerzeugung und bei 13 °C

Jahresdurchschnittstemperatur. Der Nettowirkungsgrad ist definiert als Net-

tostromerzeugung / Brennstoffwärmeleistung. Der Eigenverbrauch des

Blocks ist darin enthalten. Der Wirkungsgrad ist im Sommer etwas schlech-

ter, dafür aber im Winter etwas besser. Der Nutzungsgrad ist definiert als

die Summe der Nutzenergien (Nettostromerzeugung plus Fernwärmeaus-

kopplung) dividiert durch Brennstoffwärmeleistung. Die Fernwärmeaus-

kopplung hat somit keine Auswirkung auf den Nettowirkungsgrad aber sehr

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wohl auf den Nutzungsgrad, der sich bei 300 MW Fernwärmeauskopplung

im Winter auf 56,3 % steigern kann.

Um die Wärmeverluste zu minimieren und einen hohen Wirkungsgrad zu

erzielen, sind sämtliche Komponenten mit Isolierungen ausgestattet. Dies

betrifft Komponenten der gesamten Kraftwerksanlage, wie z. B. den gesam-

ten Dampferzeuger, sämtliche Rohrleitungen und die Turbine. Bei der Er-

mittlung der Wirkungsgrade sind die noch verbleibenden Wärmeverluste

berücksichtigt worden. Insbesondere beim Dampferzeuger sind die Wär-

meverluste in die Wirkungsgrad- Bestimmung für den Dampferzeugerwir-

kungsgrad eingegangen.

Die Ausführungen zur Materialhaltbarkeit in dem VGB- Gutachten dienen

der Darlegung des Standes der Kesseltechnik in Bezug auf den derzeit

möglichen Wirkungsgrad von Dampfkesselanlagen und mögliche zukünfti-

ge Wirkungsgrad- Verbesserungen durch eine Erhöhung der Dampfpara-

meter. Inhalt der Bewertung war,

das Konzept an den bisherigen Erfahrungen – Bau und Betrieb von

kohlebefeuerten Anlagen – zu spiegeln;

den Stand der Technik zu bewerten;

einen Vergleich mit der besten verfügbaren Technik durchzuführen

und

einen Ausblick auf die künftige Kraftwerksentwicklung zu geben, wo-

bei diese sich sowohl auf den Wirkungsgrad als auch auf die Emissio-

nen bezieht.

Lediglich mit Hilfe der in diesem Kraftwerk zum Einsatz kommenden, hoch

entwickelten Werkstoffe können die höchsten Dampfparameter, die heutzu-

tage in einem Kraftwerksprozess realisierbar sind, erreicht werden. Solche

hohen Dampfparameter sind aus thermodynamischer Sicht Basis für einen

hohen Wirkungsgrad. Generell liegt die Begrenzung der hohen Dampfpa-

rameter allerdings in der Temperaturbeständigkeit der Werkstoffe. Die hier

zum Einsatz kommenden austenitischen Werkstoffe stellen aus heutiger

Sicht den Stand der Technik dar. Weiterentwicklungen in der Werkstoff-

technologie laufen zwar in unterschiedlichen Forschungsprojekten, aller-

dings haben solche Werkstoffe in Langzeitproben im großtechnischem Um-

fang solchen Anforderungen noch nicht Stand gehalten.

VII.3.2.3.2.2. Alternative Techniken

Im Referenzdokument über die Anwendung der besten verfügbaren Tech-

niken (BVT) bei industriellen Kühlsystemen wird in der Tabelle 3.2, Seite 69,

Kap. 3.2.2 – Indirekter Energieverbrauch -, der spezifische direkte und indi-

rekte Energiebedarf verschiedener Kühlsysteme dargestellt. Für den Block 6

als Binnenstandort kommt keine Durch- oder Ablaufkühlung in Frage, so

dass als kaltes Ende nur eine Kreislaufkühlung mit Rückkühlwerk Berücksich-

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tigung finden kann. Wie man der Tabelle im BVT- Dokument entnehmen

kann, weist der Nasskühlturm gegenüber einem Hybrid- oder Trockenkühl-

turm einen geringeren Energieeigenbedarf auf. Bei den Nasskühltürmen

unterscheidet man im Wesentlichen zwischen Naturzugkühltürmen, Ventila-

tor- Kühltürmen und Zellenkühlern. Bei den beiden letztgenannten Kühl-

techniken kommen immer Ventilatoren zum Einsatz. Zieht man den im BVT-

Dokument angesetzten direkten Energiebedarf von 15 kWel / MWth heran, so

weisen Kühltürme mit Ventilatoren einen höheren Energiebedarf als Natur-

zugkühltürme auf. Mit einem geringeren direkten und indirekten Energie-

bedarf ergibt sich ein höherer Wirkungsgrad für das Kraftwerk und damit

die optimierte CO2- Emission für den Block 6. Dementsprechend ist als BVT

für den Standort Staudinger ein Naturzugnasskühlturm zu berücksichtigen.

Durch Auslegung des Kühlturmes auf 180 Metern Höhe über Grund ist -

aufgrund der thermodynamischen Bedingungen der Rauchgase und Kühl-

turmschwaden sowie der Höhendifferenz zu anderen, eine Ausbreitung ggf.

störenden Gebäuden (hier Kesselhaus) - eine freie Ausbreitung der Rauch-

gase sichergestellt, wobei infolge des thermodynamischen Impulses der

Kühlturmschwaden eine wesentlich größere Überhöhung des Emissionsni-

veaus der vor der Kühlturmmündung eingeführten Rauchgase ermöglicht

wird, als bei einer Direktableitung der gereinigten Rauchgase mittels

Schornstein. Hierdurch kann die Wiederaufheizung der Rauchgase nach der

Rauchgasentschwefelungsanlage entfallen, welches eine Verbesserung des

Brennstoffnutzungsgrades und letztlich u. a. eine Minderung der Emission

des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid zur Folge hat.

Andere Kühlturmarten, wie Trockenkühlturm, Hybridkühlturm oder mehrere

Zellenkühltürme zeigen geringere Bauhöhen, jedoch einen größeren Flä-

chenbedarf und für den Standort weitere Nachteile. Zudem müsste das

Rauchgas durch einen separaten Schornstein abgeführt werden. So führt ein

Trockenkühlturm, der das physikalische Prinzip der Verdunstungskühlung

nicht nutzen kann, aufgrund nur geringer ausnutzbarer Temperaturdifferenz

und der erforderlichen, leistungsstarken Ventilatorbelüftung zu einer erheb-

lichen zusätzlichen Lärmbelastung und zu einer Verschlechterung des elekt-

rischen Wirkungsgrades. Bei einem Zellenkühlturm sind zusätzlich die aus

niedrigerer Höhe freigesetzten Kühlturmschwaden zu berücksichtigen, die

sich ggf. nicht vor einer möglichen Bodenberührung auflösen und z.B. bei

Frosttemperaturen vermehrt Eisregen zur Folge haben können. Ein Hybrid-

kühlturm verbindet die Eigenschaften des Trockenkühlturmes mit denen

der Zellenkühltürme.

Dagegen ist die gewählte Technik des Nasskühlturmes mit integrierter

Rauchgasableitung erprobt, betriebssicher und aufgrund gewonnener Er-

fahrungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt beurteilbar.

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VII.3.2.3.2.3. Brennstoff- Vorbehandlung

Die für Block 6 vorgesehenen Kohlequalitäten sind u.a. im Kapitel 3.2.5 und

im Kapitel 6.7.1 des Antrages angegeben. Die Emissionsgrenzwerte sowie

alle anderen technischen Vorgaben und Bedingungen für den sicheren und

effektiven Betrieb des Blocks 6 – insbesondere des Kraftwerkskessels und

der Verbrennung der Kohle in ihm – werden sicher eingehalten. Mit der Ein-

bindung des 2. Kohlelagers besteht die Möglichkeit, zukünftige Kohlesorten

jeweils durch Entnahme aus Lager 1 und 2 so zu mischen, dass eine günsti-

ge Betriebsweise und Betriebsführung des Blocks gewährleistet ist.

VII.3.2.3.2.4. Schadstoffreduzierung / Filtertechnik

Im BVT- Merkblatt wird sowohl die Kombination von Gewebefilter und

Nasswäscher als auch die Kombination von Elektrofilter und Nasswäscher

als beste verfügbare Technik genannt. Im Block 6 wird eine Kombination

von Elektrofilter und Nasswäscher eingesetzt und damit die bestverfügbare

Technik praktiziert. Eine hochwirksame Quecksilberabscheidung ist durch

die Kombination von DeNOx, Elektrofilter und Nass- REA gegeben. Sollte

der im Block 5 des Kraftwerks Staudinger erprobte spezielle Katalysator eine

erwartete zusätzliche Quecksilberabscheidung ermöglichen, bleibt nach

Nebenbestimmung V.3.2 jeweils die Hinzufügung weiterer Auflagen mit

dem Inhalt ausdrücklich vorbehalten, dass die Festlegung von über den

Stand der Technik hinausgehenden Hg-Grenzwerten, die unterhalb der be-

antragten Hg-Konzentrationen liegen, vorgeschrieben werden. Die normale

Betriebstemperatur des Elektrofilters beträgt 120 bis 140°C, jedoch wird zur

Wirkungsgradoptimierung der Block mit möglichst niedrigen Temperaturen

(noch oberhalb des Säuretaupunktes), in der Regel unter 140 °C, betrieben.

Die Temperatur von 140 °C wird nur zum Ende der Reiselaufzeit und beim

Einsatz bestimmter Kohlen erreicht. Da der Anteil an partikelgebundenem

Quecksilber, welches im Elektrofilter abgeschieden wird, sehr viel niedriger

ist als der Anteil an anderen partikelgebundenen Schwermetallen, wird

grundsätzlich der Großteil der Abscheidung im nachgeschalteten Nasswä-

scher erfolgen. Er dient zur Abscheidung des Quecksilbers, das nach dem

Staubfilter noch im Rauchgas vorhanden ist. Für Block 6 wurde mit dem

Elektrofilter, welcher in die Rauchgasreinigung integriert ist, eine optimale

Lösung gewählt, mit der die Grenzwerte eingehalten und unterschritten

werden. Die in Betrieb befindlichen Gewebefilteranlagen dienen in der Re-

gel zur Abscheidung niedrig elektrisch leitfähiger Stäube, die im E-Filter

schlechter abgeschieden werden, oder haben Zusatzaufgaben in Anlagen

ohne REA. Diese Situation trifft für Block 6 nicht zu.

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VII.3.2.4. Naturschutzrechtliche Zulässigkeit

VII.3.2.4.1. Zulassung des Eingriffs nach § 15 BNatSchG

VII.3.2.4.1.1. Bewertungsmaßstäbe/ Bewertungsgrundlagen

Auf Basis des vorgelegten Landschaftspflegerischen Begleitplanes der Ar-

cadis Consult GmbH Darmstadt vom Mai 2009 einschließlich der Fort-

schreibung vom 17. Mai 2010 wurden die Zulassungsvoraussetzungen für

den mit dem Projekt verbundenen Eingriff in Natur und Landschaft nach

Maßgabe der Vorschriften des § 15 BNatSchG geprüft. Als Grundlage für

die Prüfung der Anerkennung und Bewertung der erforderlichen Kompen-

sationsmaßnahmen sowie für die Eingriffs-Ausgleichsbilanz diente die

Kompensationsverordnung vom 1. September 2005 (GVBl. I, S. 624 ff.). Für

die Bewertung des Landschaftsbildes wurde der im Auftrag der obersten

Naturschutzbehörde unter Federführung des Regierungspräsidiums Dar-

mstadt erarbeitete und zur landesweiten Anwendung empfohlene Leitfaden

„Zusatzbewertung Landschaftsbild“ verwendet.

VII.3.2.4.1.2. Wesentliche Einwendungen

Es wird angeführt, dass die Errichtung des Blocks 6 aufgrund der Beein-

trächtigungen als Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG einzustufen

sei. Da einzelne Aspekte nicht hinreichend im landschaftspflegerischen Be-

gleitplan dargestellt seien, müsse dieser überarbeitet werden, um die Zulas-

sungsvoraussetzungen des § 15 BNatSchG abschließend beurteilen zu kön-

nen: In den Bestands- und Konfliktplänen seien die Baustelleneinrichtungs-

flächen 2, 8, 9, 10, 13 und 15 nicht abgegrenzt. Es wird auch bemängelt,

dass das bezeichnete „Baufeld Errichtung Kohlekreislager“ fehlerhaft darge-

stellt sei.

Ferner wird vorgetragen, dass es einer Überarbeitung der Unterlagen zur

Landschaftsbildbewertung bedürfe, da die Ermittlung aufgrund des Leitfa-

dens „Zusatzbewertung Landschaftsbild“ nicht den gesetzlichen Anforde-

rungen entspreche. Die Eingriffsregelung setze eine fachlich- qualitative

Auseinandersetzung mit dem konkret vor Ort betroffenen Schutzgut Land-

schaftsbild voraus. Im Übrigen sei der Leitfaden „Zusatzbewertung Land-

schaftsbild“ nicht für so große Bauwerke geeignet. Der Kompensationsbe-

darf sei durch ein unabhängiges Landschaftsbildgutachten zu ermitteln. Da-

zu könnten z.B. die Rückbaukosten herangezogen werden. Der für die Be-

wertung des Landschaftsbildes herangezogene Leitfaden „Zusatzbewertung

Landschaftsbild“ sei auch deshalb nicht geeignet+ weil er auf der außer

Kraft getretenen AAV basiere.

In den Unterlagen fehle eine Herausarbeitung, welche Strukturen für die

Vielfalt, Eigenart und Schönheit betroffener Landschaftsräume verantwort-

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lich seien (Landschaftsbilderfassung) und wie sie durch die geplante Maß-

nahme qualitativ beeinträchtigt würden (Landschaftsbildbewertung). Im Üb-

rigen sei das Beurteilungsgebiet für das Schutzgut „Landschaftsbild’’ mit ei-

nem 10 km-Radius zu klein bemessen. Da der neue Kühlturm mit 180m

mindestens 40m höher sei als die beiden bestehenden Kühltürme (128m

und 141m), sei er deutlich großräumiger sichtbar. Damit würden zukünftig

weit entfernte Landschaftsbereiche optisch belastet, von denen bisher keine

Sichtbeziehungen zum Kraftwerk bestünden. Die geplanten Bauwerke wä-

ren aber auch von den Spessarthängen, von den ca. 20 bis 30km weit ent-

fernten Hängen des Odenwaldes und die Wolkentürme noch aus Entfer-

nungen von 70km einzusehen.

Im Hinblick auf die vorgenommene Bewertung der Landschaftsbildbeein-

trächtigung wird von den Naturschutzbehörden auch geltend gemacht,

dass zum Teil die Wertigkeiten der Landschaftsräume falsch berechnet wor-

den seien. Die Bewertung solle für alle Flächen nochmals überprüft werden.

Bei verschiedenen Landschaftsbildeinheiten (EM, EMB, LG, LSE, EH, LSK, LS,

NSE, LHF, NMF LDB, LRO3, LRO5, LD und LKOB) könne keine Abwertung

wegen interner Vorbelastungen geltend gemacht werden, da sich die stö-

renden Faktoren (Freileitung, Bahntrassen, Straßen) außerhalb der Teilflä-

chen befänden. Für die Landschaftsbildeinheiten SSK, SH, SMH2, SOF und

SG, die lediglich mit einem Punkt bewertet wurden, solle die Bewertung der

Fläche und deren Abgrenzung z.B. gegenüber den angrenzenden Land-

schaftsbildeinheiten nochmals überprüft werden. In der Einheit LRO2 solle

die Empfindlichkeit des Bereichs nordöstlich von Rembrücken mit „5“ be-

wertet werden, da dieser reicher strukturiert sei als die anderen Flächen in

der Einheit. Bei den Brachflächen in der Umgebung des Kraftwerkes sei ei-

ne höhere Bewertung mit dem Wert „7“ gerechtfertigt+ da diese gliedernde

Landschaftsstrukturen darstellten. Für die Landschaftsbildeinheiten US und

GAM solle die Empfindlichkeit höher bewertet werden, da es sich nicht um

innerörtliche Bereiche handele. Die Fläche US1 sei unterbewertet, da es sich

hierbei zum großen Teil um eine extensiv genutzte, zum Teil brach gefallene

Fläche mit großem Strukturreichtum handele. Für die Landschaftsbildeinheit

LGK1 müsse aufgrund der kleinen einzelnen höher zu bewertenden Flächen

die Gesamtfläche um einen Punkt höher eingestuft werden. Bei den Flächen

LKF2 in der Kinzigaue handele es sich um eine Landschaft mit großen Berei-

chen extensiver Grünlandbewirtschaftung, diese sei daher höher einzustu-

fen.

Ferner wird angemerkt, dass die Vorgaben der Verordnung über das Land-

schaftsschutzgebiet Hessische Mainauen einer Genehmigung entgegen

stünden, da das Landschaftsbild im Landschaftsschutzgebiet durch das Vor-

haben erheblich beeinträchtigt werde.

Bei den zur Kompensation geplanten Maßnahmen wird geltend gemacht,

dass in einzelnen Fällen Zweifel an der Eignung von Maßnahmen auf be-

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stimmten Flächen oder der Einstufung von Biotoptypen in der Eingriffs-

Ausgleichs- Eingriffs- / Ausgleichsbilanz bestünden. So müsse bei der Maß-

nahme A 4 „Zulassen der natürlichen Sukzession und Schaffung von Habi-

tatstrukturen“ im Rahmen der Pflege darauf geachtet werden, dass es nicht

zur massenhaften Ausbreitung von Neophyten komme. Außerdem mache

die Maßnahme für den Bereich des Mastes 4 keinen Sinn, da sich dort kein

Mosaik von Lebensräumen herstellen lasse und im Ausgleichsplan für Block

6 dort eine versiegelte Fläche dargestellt sei. Deshalb solle der Ausgleichs-

plan „Energieableitung“ an die Ausgleichspläne „Block 6“ und „Baustellen-

einrichtung“ angepasst werden und die Eingriffs- / Ausgleichsbilanz geän-

dert werden. Für A 4 sei außerdem die Bewertung der Fläche näher zu be-

gründen, da nicht deutlich werde, wie die einzelnen Biotoptypen in die In-

terpolation eingeflossen seien. Bei der Ermittlung des Durchschnittswertes

könne der Biotoptyp- Nr. 09.210 „ausdauernde Ruderalflur“ nicht berück-

sichtigt werden.

Als Maßnahme A 5 könne die „Anlage von Extensivrasen und Wiesen“ mit

dem Biotoptyp 6.9230 „Naturnahe Grünlandeinsaat“ nur anerkannt werden+

wenn wie am Kühlturm für Block 6 größere Flächen, angelegt würden. Die

übrigen Rasenflächen sollten mit der Biotoptyp- Nr. 11.221 „Gärtnerisch

gepflegte Anlagen im besiedelten Bereich“ bewertet werden. Außerdem sei

die Wiederherstellung einer Sportrasenfläche in der Eingriffs- / Ausgleichs-

bilanz mit der Biotoptyp- Nr. 11.224 „Intensivrasen“ zu bewerten.

Zur geplanten Ersatzmaßnahme K 1 „Verbesserung der ökologischen Situa-

tion am Main bei Rumpenheim“ weist das Wasser- und Schifffahrtsamt auf

die damit verbundene Inanspruchnahme von Flächen der Wasser- und

Schifffahrtsverwaltung hin. Vom Grundsatz her bestehe bei den Maßnahmen

Einverständnis. Bedingung hierfür sei aber die Übernahme der Unterhal-

tungs- und Verkehrssicherungspflicht der umgestalteten Bereiche durch die

Antragstellerin und der Abschluss eines entsprechenden Nutzungsvertra-

ges. Eine Detailplanung könne für die wasserrechtliche Genehmigung vor-

gelegt werden. Bezogen auf diese Maßnahme wird aber durch die Einwen-

der auch geltend gemacht, dass die Beschreibung der Maßnahme im land-

schaftspflegerischen Begleitplan unzureichend sei, da nicht erläutert sei,

welche ökologischen Ausgleichswirkungen mit der Maßnahme erzielt wer-

den könnten. Es müssten zumindest die wichtigsten ökologischen Funktio-

nen gutachterlich erläutert werden.

Außerdem wird gefordert, dass zusätzliche oder andere Vermeidungs-

Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vorzusehen seien.

Im Bezug auf das Landschaftsbild wird geltend gemacht, wegen der erheb-

lichen Beeinträchtigungen müssten zusätzliche Minimierungs- und Aus-

gleichsmaßnahmen vorgesehen werden. So sei z. B. das Thema Farbge-

bung nicht geprüft worden. Die Fassaden der Kraftwerksbauten könnten

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farblich an in der Natur dominierende Farbtöne der Umgebung während

der Vegetationsperiode angepasst werden. Im Übrigen sei auch nicht aus-

reichend geprüft worden, ob und welche Alternativen bestünden, ein op-

tisch verträglicheres Bauwerk zu errichten. Ferner könnten Beeinträchtigun-

gen auch durch Sichtschutzpflanzungen entlang eines Wander- und / oder

Fahrradweges oder Bepflanzungen in der Flur vermieden werden. Es müss-

ten als Ausgleichsmaßnahmen auch Erholungsprojekte im Nord- / Nord-

westspessart geplant werden.

Bisher fehle der Nachweis, dass keine weiteren Ausgleichsmaßnahmen

möglich seien. Unter anderem wird gefordert, dass die im Rahmen des

Neubaus des Blocks 6 notwendig werdenden Ausgleichsmaßnahmen (so-

weit möglich) auf dem Gebiet der Gemarkung der Gemeinde Großkrotzen-

burg umgesetzt würden.

Außerdem sei die lineare Durchgängigkeit an einer bzw. mehreren Staustu-

fen des Mains durch entsprechende Umgehungsgewässer oder zur Verbes-

serungen im Unterwasser Laichplätze für die im Main seltenen Kieslaicher

herzustellen. Es sei zu empfehlen, den Altmainarm Steinheim zu sanieren.

Die Stadt Hanau fordert im Rahmen der Genehmigung folgende Auflagen

aufzunehmen:

Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Kompensation der Beein-

trächtigungen von Natur und Landschaft, die durch die Baumaßnah-

men und die dazu notwendigen Erschließungsanlagen und –maß-

nahmen zu erwarten sind, sind von der Antragstellerin gemäß der

Fachplanung durchzuführen.

Die Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist durch eine

Ausführungsplanung zu konkretisieren. Die Ausführungsplanung ist

von qualifizierten Fachplanern zu erstellen und mit der zuständigen

Behörde abzustimmen.

Spätestens drei Monate nach Fertigstellung der Arbeiten zur Umset-

zung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist bei der zuständigen

Behörde die Abnahme der Maßnahme zu beantragen, mit der auch

die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten für die Kompensati-

onsmaßnahme nachzuweisen ist. Alternativ zur Maßnahmenabnahme

kann der Behörde eine Bestätigung des mit der Durchführungspla-

nung beauftragten Fachbüros vorgelegt werden, in der die einwand-

freie Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bestätigt

wird.

Die erforderlichen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zur Siche-

rung der in der Fachplanung aufgeführten Entwicklungsziele der Aus-

gleichs- und Ersatzmaßnahmen sind unverzüglich nach Fertigstellung

der festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu beginnen. Die

Pflege ist dauerhaft fortzuführen.

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Über die Durchführung der festgesetzten Pflegemaßnahmen ist der

zuständigen Behörde erstmalig zwei Jahre und im Anschluss daran

drei Mal wiederkehrend in Abständen von drei Jahren ein Bericht ei-

nes beauftragten Fachbüros vorzulegen, in dem eine Erfolgskontrolle

enthalten ist.

Während der Bauphase und im Betrieb sind alle außerhalb von Ge-

bäuden angebrachten Beleuchtungsanlagen mit Natriumdampflam-

pen auszustatten.

Die Kühlturmhöhe ist auf maximal 140 Meter über dem Erdboden zu

begrenzen.

VII.3.2.4.1.3. Würdigung der Einwendungen

Den vorstehend wiedergegebenen Einwendungen wurde insoweit Rech-

nung getragen, als die Antragstellerin am 17. September 2009 dazu aufge-

fordert wurde, den landschaftspflegerischen Begleitplan zu überarbeiten.

Mit der Vorlage des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans

vom 17. Mai 2010 hat die Antragstellerin dem Nachforderungsschreiben

entsprochen.

Den Argumenten zu den Bestands- und Konfliktplänen wird dahingehend

gefolgt, dass bei der Überarbeitung die fehlenden Grenzen der Baustellen-

Einrichtungsflächen 2 und 15 nachgetragen wurden. Die geforderte Korrek-

tur des Baufelds für die Kohlekreislager ist dagegen nicht notwendig, da die

Darstellungen aus dem genehmigten Plan zur Errichtung der Kohlekreisla-

ger übernommen wurden.

Entgegen der Auffassung der Einwender ist aus Sicht der Genehmigungs-

behörde die von der Antragstellerin vorgelegte Landschaftsbildbewertung

grundsätzlich als geeignet anzusehen, um den Kompensationsbedarf für die

Landschaftsbildbeeinträchtigung durch den Neubau des Blocks 6 zu ermit-

teln. Die Methode des Leitfadens ist für diesen Fall uneingeschränkt an-

wendbar. Der zugrunde gelegte Leitfaden „Zusatzbewertung Landschafts-

bild“ basiert auf der Regelung der damaligen AAV+ eine Zusatzbewertung

im Hinblick auf unterschiedliche Beurteilungsgrößen in denjenigen Fällen

durchzuführen, in denen die Grundbewertung nach der Wertliste der Nut-

zungstypen zu unvollständigen oder falschen Bewertungen führt. Da diese

Regelung weiterhin auch für die Beurteilungsgröße Landschaftsbild in der

Anlage 2 Nr. 2.2.1 der KV enthalten ist, wird der o.g. Leitfaden zugunsten

einer einheitlichen Vorgehensweise in allen Fällen, in denen eine Zusatzbe-

wertung erforderlich wird, weiterhin angewandt. Der Eingriffstyp des

Blocks 6 zählt auch nicht zu den unter C.2.6 des Leitfadens genannten Son-

derfällen. Die Kritik der Einwender ist auch deshalb nicht zutreffend, da in

dem Bewertungsverfahren die angesprochenen Kriterien berücksichtigt

werden. Das Verfahren beinhaltet die Kriterien Empfindlichkeit der Land-

schaft, Intensität des Eingriffs, Sichtbarkeitsfaktor, Wirkzonen und Verschat-

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tungsbereiche. In die Bewertung der „Empfindlichkeit der Landschaft“ sind

die von den Einwendern geforderten Kriterien Vielfalt, Schönheit und Ei-

genart eingeflossen. Es kann nicht gefordert werden, die Bewertung über

die 10km- Zone auszudehnen. Eine über diesen Bereich hinausgehende

Bewertung sieht der Leitfaden nicht vor, da nach den Vorgaben der

Nr. 2.1.1 in Anlage 2 der KV jeweils eine erhebliche Beeinträchtigung des

Landschaftsbildes, die in der Umgebung des Eingriffs wahrnehmbar ist, zu

bewerten ist. Bei einer Entfernung von über 10 km kann zwar im Einzelfall

noch von einer Sicht- oder Wahrnehmbarkeit ausgegangen werden, nicht

aber von einer erheblichen Beeinträchtigung. Im Raumordnungsverfahren

wurde durch das Gutachten „Neubau Block 6+ Kraftwerk Staudinger: Zu-

satzbewertung Landschaftsbild auf ROV-Ebene. Juni 2008“ der Arcadis

Consult GmbH vom Juni 2008 bereits hinreichend nachgewiesen, dass für

weiter entfernte Bereiche wie die „Hohe Straße“ aufgrund der Entfernung

zum Eingriff und der Vorbelastung durch das bestehende Kraftwerk keine

erheblichen visuellen Beeinträchtigungen eintreten.

Der vorgetragenen Kritik zu der konkreten Bewertung wurde insofern Rech-

nung getragen, als eine Überprüfung der Bewertung für einzelne Land-

schaftsbildeinheiten der Antragstellerin mit Schreiben vom 17. September

2009 aufgegeben wurde.

Die Zusatzbewertung Landschaftsbild wurden entsprechend dem Nachfor-

derungsschreiben vom 17. September 2009 überprüft und teilweise geän-

dert. Die vorgelegte Neubewertung vom 15. Mai 2010 ist aus naturschutz-

fachlicher Sicht plausibel. Bei der Ermittlung des Biotopwertdefizits ist je-

doch ein Rechenfehler aufgetreten. Das Biotopwertdefizit für die Land-

schaftsbildbewertung in Hessen ist in Tabelle 7 mit 373.970,17 Wertpunkten

angegeben. Das Defizit der Landschaftsbildbewertung in Bayern beträgt

nach der Tabelle 12 54.005,847 Wertpunkte. Hieraus ergibt sich eine Sum-

me von 427.976 Wertpunkten. Dies wurde auf der Seite 18 des landschafts-

pflegerischen Begleitplanes mit Grüneintrag korrigiert.

Außerdem kann auch § 3 der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Hessi-

sche Mainauen“ einer immissionsrechtlichen Genehmigung nicht entgegen

gehalten werden, weil der Standort des Kraftwerkes nicht im Landschafts-

schutzgebiet „Hessisches Mainauen“ liegt und der Bau eines neuen Blocks

somit keiner landschaftsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf.

Der Forderung, grundsätzlich andere oder weitere Maßnahmen zur Ver-

meidung und Minimierung von Beeinträchtigungen vorzusehen, kann aus

folgenden Gründen nicht bzw. nur bedingt entsprochen werden: Dem Ver-

meidungsgebot nach § 15 Abs.1 BNatSchG hat die Antragstellerin entspro-

chen, da im landschaftspflegerischen Begleitplan im Kapitel 7.1 geeignete

Maßnahmen vorgesehen sind. Mit den Maßnahmen und den vorgeschlage-

nen Nebenbestimmungen unter IV.12.2 können aus hiesiger Sicht die Vor-

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gaben des § 15 Abs. 1 BNatSchG erfüllt werden. Zur Minimierung von Land-

schaftsbildbeeinträchtigungen sind die Maßnahme M 5 „Begrünung von

Fassaden und Pflanzungen innerhalb des Kraftwerksgeländes und an den

Außengrenzen“ geplant. Durch diese Maßnahmen kann die beste Abschir-

mungswirkung für den am stärksten betroffenen Nahbereich erzielt werden.

Pflanzungen in der freien Landschaft können nicht verlangt werden, da die-

se meist nur punktuell wirksam und nicht geeignet sind, die Landschaftbild-

beeinträchtigung vollständig auszugleichen. Eine angepasste Farbgebung

ist im Gutachten zur Zusatzbewertung Landschaftsbild der Arcadis Consult

GmbH vom 25. Mai 2009 (Seite 23) ebenfalls geplant. Da diese jedoch nicht

als Minimierungsmaßnahme im landschaftspflegerischen Begleitplan be-

nannt ist, wird sie durch Nebenbestimmung IV.12.2.2 der Antragstellerin

verbindlich aufgegeben.

Den vorgetragenen Argumenten zur Ausgestaltung und Bewertung der ge-

planten Ausgleichsmaßnahmen wird gefolgt, da die Antragstellerin zuge-

sagt hat, bei der Überarbeitung des landschaftspflegerischen Begleitplanes

eine Anpassung der Eingriffs- / Ausgleichsbilanz vorzunehmen und die Be-

wertungsansätze ergänzend zu begründen.

In der mit dem überarbeiteten Landschaftspflegerischen Begleitplan vom

17. Mai 2010 vorgelegten Eingriffs- / Ausgleichsbilanz wurde die Bewertung

für den Sportrasen geändert. Nach der geänderten Eingriffs- / Ausgleichsbi-

lanz für Block 6 ergibt sich im Eingriffsbereich ein Biotopwertdefizit von

109.877 Biotopwertpunkten.

Bei den Maßnahmen A 4 „Zulassen der natürlichen Sukzession und Schaf-

fung von Habitatstrukturen“ und A 5 „Anlage von Extensivrasen und Wie-

sen“ wurde an der ursprünglichen Bewertung festgehalten, dies ist im Kapi-

tel 4.3 ergänzend erläutert. Die Bewertung für A 4 ist jetzt plausibel. Der Be-

kämpfung von Neophyten im Bereich der Sukzessionsflächen (A 4) hat die

Antragstellerin zugestimmt und dies wird mit der Nebenbestimmung

IV.12.3.2 des Genehmigungsbescheides verbindlich geregelt.

Die Bewertung für die Maßnahme A 5 kann akzeptiert werden, sofern Saat-

gut für Biotopentwicklungsflächen bzw. autochthonem Saatgut verwendet

und eine extensive Pflege vorgesehen wird. Dies wird in der Nebenbestim-

mung IV.12.3.5 festgelegt.

Durch die Maßnahmen auf dem Kraftwerksgelände werden die beeinträch-

tigten Funktionen des Naturhaushaltes in gleichartiger Weise wiederherge-

stellt. Damit wird auch der Forderung entsprochen, den Ausgleich in der

Gemarkung Groß- Krotzenburg zu realisieren. Mit den vor Ort vorgesehe-

nen Kompensationsmaßnahmen können die Eingriffe bzw. die mit der Flä-

cheninanspruchnahme verbunden Beeinträchtigung des Naturhaushalts

sowie die mit der Überbauung verbundenen Beeinträchtigungen des Land-

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schaftsbildes nicht vollständig ausgeglichen werden, so dass sich ein (exter-

ner) Kompensationsbedarf ergibt.

Außerdem ist die Ersatzmaßnahme K 1 „Verbesserung der ökologischen Si-

tuation am Main bei Rumpenheim“ vorgesehen. Sie ist geeignet, gemäß

§ 15 Abs. 2 BNatSchG die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes

in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise herzustellen und

entspricht den Vorgaben des § 2 der Kompensationsverordnung. Entgegen

der vorgetragenen Argumente sind ergänzende Ausführung zu der geplan-

ten Ersatzmaßnahme K 1 am Rumpenheimer Bogen nicht erforderlich, da

die Wirkungen im landschaftspflegerischen Begleitplan auf Seite 87 ff. hin-

reichend beschrieben sind. Mit der Maßnahme wird auch den Forderungen

der Einwender entsprochen, Ausgleich in der Mainaue zu realisieren. Sie

wurde aus der Konzeptplanung zur morphologischen Verbesserung des

Mains im Auftrag des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie

gemeinsam mit der oberen Wasserbehörde und der oberen Naturschutz-

behörde entwickelt. Die detaillierte Planung kann im Rahmen der Geneh-

migungsplanung nach § 68 WHG erfolgen. Dem Wasser- und Schifffahrts-

amt sichert die Antragstellerin zu, dass die Unterhaltungs- und ggfs. Ver-

kehrssicherungspflicht von ihr übernommen wird.

Damit kann eine nahezu vollständige Kompensation des Eingriffs in abseh-

barer Zeit gewährleistet werden. Nach der in der mit Grüneintrag korrigier-

ten Fassung des Landschaftspflegerischen Begleitplans vom 17. Mai 2010

verbleibt jedoch noch ein Biotopwertdefizit von 23.493 Biotopwertpunkten.

Für die Kompensation des ermittelten Biotopwertdefizits hat die Antrag-

stellerin in dem landschaftspflegerischen Begleitplan außerdem die Öko-

kontomaßnahme von Hessenforst „Entwicklung naturnaher Waldbestände

im Naturschutzgebiet Bulau“ als Maßnahme K 2 genannt. Diese kann her-

angezogen werden, um die Eingriffe in gleichwertiger Weise vollständig zu

ersetzen, da nach telefonischer Auskunft der unteren Naturschutzbehörde

der Stadt Hanau am 13. September 2010 dort noch ausreichend Maßnah-

men verfügbar sind.

Im vorliegenden Fall können sich im Zuge weiterer Teilgenehmigungen Än-

derungen z.B. beim Umfang des Eingriffes ergeben. Deshalb ist als Neben-

bestimmung IV.12.3.7 die Fortschreibung der Eingriffs- / Ausgleichsbilanz

bzw. eine Schlussbilanzierung vorbehalten. Weil sich der Umfang des ver-

bleibenden Biotopwertdefizits noch ändern kann und die Ersatzmaß-nahme

im Bereich des im Naturschutzgebiet Bulau noch nicht konkretisiert ist, wird

in der Nebenbestimmung IV.12.3.7 außerdem festgesetzt, dass eine genaue

Planung der Ersatzmaßnahme mit der Schlussbilanz vorzulegen ist. Die ab-

schließende Regelung der Kompensation durch die konkretisierte Ersatz-

maßnahme oder die Zahlung eines Ersatzgeldes wird ebenfalls vorbehalten.

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Der Forderung nach weiteren Ausgleichsmaßnahmen muss darüber hinaus

nicht entsprochen werden, da die geplanten Ausgleichsmaßnahmen im

Eingriffsbereich und die Ersatzmaßnahmen geeignet sind, die Vorausset-

zungen des § 15 Abs. 2 BNatSchG zu erfüllen.

Darüber hinaus wird angesichts der Größe des Projektes und der Vielzahl

der betroffenen naturschutzfachlichen Belange die Einrichtung einer ökolo-

gischen Baubegleitung (Nebenbestimmungen IV.12.4.3) erforderlich. Nur

auf diese Weise kann eine Bauabwicklung unter Einhaltung der naturschutz-

rechtlichen Auflagen gewährleistet werden. Die ökologische Baubegleitung

ermöglicht es, aufgrund ihres Fachwissens auftretende Probleme schnell zu

erkennen und durch kurzfristige Abstimmung mit der Naturschutzbehörde

zeitnah zu lösen.

Die von der Stadt Hanau für den Genehmigungsbescheid vorgeschlagenen

Auflagen sind in den Nebenbestimmungen unter IV.12 weitestgehend ent-

halten. Die geforderte Beleuchtung muss hingegen nicht in einer gesonder-

ten Nebenbestimmung geregelt werden, da diese als Maßnahmen M 4 im

landschaftspflegerischen Begleitplan bereits benannt ist. Die geforderte

Beschränkung der Kühlturmhöhe kann ebenfalls nicht als Nebenbestim-

mung aufgenommen werden, da die Antragstellerin eine Höhe von 180m

beantragt hat.

VII.3.2.4.1.4. Bewertung

Im Ergebnis kann der Eingriff in Natur und Landschaft gemäß § 15

BNatSchG zugelassen werden, da die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1

BNatSchG (Vermeidungsgebot) und die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2

BNatSchG (Ausgleichs- und Ersatzgebot) durch die im landschaftspflegeri-

schen Begleitplan in der durch Grüneintrag korrigierten Fassung vorgese-

henen Maßnahmen und ergänzend durch die unter IV.12 festgesetzten Ne-

benbestimmungen erfüllt sind.

VII.3.2.4.2. Artenschutzrechtliche Belange

VII.3.2.4.2.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Auf Basis des vorgelegten Fachbeitrags Artenschutz der Arcadis Consult

GmbH Darmstadt vom Mai 2009 wurde geprüft, ob die artenschutzrechtli-

chen Verbotstatbestände gemäß § 44 BNatSchG bei der Umsetzung des

geplanten Projekts ggf. erfüllt werden bzw. durch welche Maßnahmen diese

vermieden werden können. Die artenschutzrechtliche Prüfung wurde nach

dem „Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen“ (HMUELV

2009) durchgeführt.

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VII.3.2.4.2.2. Wesentliche Einwendungen

Im Bezug auf die artenschutzrechtliche Prüfung wird eingewandt, die vor-

genommenen Untersuchungen seien nicht ausreichend, um die Verbote

des § 44 Abs. 1 BNatSchG abprüfen zu können. Aufgrund der Mängel lasse

sich nicht abzuschätzen, wie sich Störungen aus dem Baubetrieb oder die

Entnahme der Vegetation im Baustellenbereich auswirkten.

Bei den Vögeln entspreche die Erfassung nicht dem Stand guter fachlicher

Methodik, da während maßgeblicher Zeiten gar keine Untersuchungen

stattgefunden hätten. Um auch Störungen währen der Mauser-, Überwinte-

rungs- und Wanderungszeiten beurteilen zu können, wäre es erforderlich

gewesen, in regelmäßigen Abständen (ca. 1 x pro Woche, mindestens aber

einmal pro Dekade) auch während der übrigen Zeit des Jahres die Vogel-

bestände im Wirkbereich zu erfassen. Solche Untersuchungen könnten nicht

von vornherein ausgeklammert werden, weil Störungen sowieso nicht zu

erwarten seien. Wie im landschaftspflegerische Begleitplan dargestellt, sei-

en die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Habitatstrukturen Gebü-

sche Gewässer und Röhricht sowie die offenen Wasserflächen des Mains

und auch der Hafenanlagen sowie anderer, im Nahbereich gelegenen Was-

serflächen Aufenthaltsräume für rastende und mausernde Singvögel. Au-

ßerdem sei das Vorgehen bei der Auswertung der Ergebnisse unklar. Dies

gelte insbesondere für die Vergabe des Status ''Brutvogel''. Überdies fehle

die fachlich übliche Differenzierung der einzelnen Vorkommen in Brutzeit-

feststellung, Brutverdacht und Brutnachweis. Die Bestandserfassungen gä-

ben keine Auskunft darüber, wo und in welchem Umfang die relevanten

Strukturen, insbesondere Nester, gelegen seien. Diese seien auch nicht er-

kennbar für die Arten, die ihre Nester mehrfach nutzen. Bei den Fledermäu-

sen wäre eine besonders gründliche Bestandserfassung erforderlich gewe-

sen, weil der Erhaltungszustand gleich mehrerer nachgewiesener Fleder-

mausarten ungünstig sei. Allerdings seien die angewandten Untersu-

chungsmethoden nicht geeignet, um Klarheit über das Artenspektrum und

den Status der im Gebiet auftretenden Fledermausarten zu erlangen. Eine

Zahl von 4 Begehungen und nur eine einzige Methode reichten nicht aus,

um das Artenspektrum sowie die saisonale und zahlenmäßige Streuung der

Raumnutzung im Eingriffsbereich zu ermitteln. Z.B. bei der Planung von

Windkraftanlagen empfehle der niedersächsische Landkreistag bis zu 16

flächendeckende Begehungen bei Kombination verschiedener Methoden.

Außerdem werde zur Untersuchungsintensität der Artengruppe Herpeto-

fauna nichts ausgesagt, sodass die Vollständigkeit der Ergebnisse nicht be-

urteilt werden könne. Der Untersuchungsaufwand scheine aber beschei-

den zu sein.

Auch die angewandte Methodik für die Untersuchungen zu den Schmetter-

lingen und den Heuschrecken seien für eine artenschutzrechtliche Prüfung

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 201 von 321

nicht tauglich, da lediglich eine Artenliste vorgelegt und nicht auf die Fut-

terpflanzen, Fraßplätze, Überwinterungsstellen abgestellt werde. Die natio-

nal geschützten Arten könnten einer artenschutzrechtlichen Prüfung nur

dann nicht unterzogen werden, wenn diese Arten im Rahmen der Eingriffs-

regelung qualifiziert und angemessen berücksichtigt würden. Da dies vor-

liegend nicht der Fall sei, müsste auch für Schmetterlinge im Sinne einer

Worst-Case-Betrachtung davon ausgegangen werden, dass die Verbote des

§ 44 Abs. 1 BNatSchG tangiert würden.

Die nach nationalem Recht besonders geschützten Arten würden nur unzu-

reichend berücksichtigt, Es fehlten Untersuchungen zu den anhand Biotop-

ausstattung der Eingriffsflächen zu erwartenden Arten der Gruppen der

Apoidea (Bienen und Grabwespen), der Bockkäfer und zu den besonders

geschützten Kleinsäugern, Libellen zu Mollusken und Pflanzen.

Außerdem wird eingewandt, dass für die im 25-km-Untersuchungsraum ge-

legenen Naturschutzgebiete (z.B. Alzenauer Sande) eine spezielle arten-

schutzrechtliche Untersuchung (saP) erforderlich wäre. Diese hätten eine

volle Vegetationsperiode untersucht werden müssen.

Im Fachbeitrag Artenschutz sei außerdem die Bezugsgröße der lokalen Po-

pulation nicht korrekt verwendet, da diese auf größere Flächen als das

Untersuchungsgebiet bezogen würden, ohne dass die räumliche Abgren-

zung konkretisiert würde oder Informationen über den Bestand des defi-

nierten Raumes vorlägen. Als lokale Population könne deshalb lediglich der

Bestand der aktuellen Untersuchung herangezogen werden. Die lokale Po-

pulation sei überdies genauer zu bestimmen, denn es sei ein deutlicher Un-

terschied, ob sich die Beeinträchtigungen auf vielleicht nur 2 oder vielleicht

doch 5 Brutpaare bezögen.

Ferner sei die Zusammenfassung der Vogelarten in den Datenblättern für

eine differenzierte Betrachtung artenschutzrechtlicher Sachverhalte nicht

geeignet, da in der Tabelle 3 fast alle nur denkbaren ökologischen Brutni-

schen zu einer einzigen Gruppe vermischt würden, obwohl die Arten unter-

schiedliche Ansprüche an die Lebensstätten hätten und einige davon dau-

erhaft geschützt seien, andere jedoch nur für die Zeit ihrer Nutzung. Die

Auswirkungen auf die Zugvogelstrecken über dem Standort Staudinger sei-

en nicht geprüft worden.

Das artenschutzrechtliche Verbot der Tötung werde nach den Planunterla-

gen für mehrere Arten erfüllt, denn gerade für größere Vögel wie die hier

vorkommenden Kormorane, Graureiher, Möwen und Wasservögel des

Mains seien Anflüge an Leitungen belegt. Dieses Kollisionsrisiko bestehe

auch für die im Gebiet auftretenden Greifvögel. Die vorgesehene Markie-

rung der Leitungen stelle daher keine Vermeidungsmaßnahme dar, son-

dern allerhöchstens eine Minderungsmaßnahme.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 202 von 321

Bei der Behandlung der Beeinträchtigung von Lärm auf Vögel seien bereits

47 dB(A) als populationsbezogene, artspezifische Störgröße relevant. Der

Lärm in der Bauphase hätte zu näheren Ermittlungen Anlass gegeben, da

Schallleistungspegeln von 127 dB(A) mit Ramme und 119 dB(A) ohne Ram-

me angegeben werden. Deshalb müsse durch Nebenbestimmungen gesi-

chert werden, dass während der Balz- und Brutzeit keine Erdarbeiten vor-

genommen würden. Auch bei der Saatkrähe sei die Wahrscheinlichkeit

groß, dass gerade die baubedingten Störungen (Lärm, Emissionen, Auftre-

ten von Menschen) in Verbindung mit der Fällung von randlich stehenden

Bäumen zu einer Aufgabe der Kolonie führen würden. Auch für den Eisvo-

gel seien die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände realisiert, denn der

Brutplatz am Kopf` des Kanals könnte gemieden werden. Der Verlust einer

Brut bei einer lokalen Population von ungefähr 3 Brutpaaren und einer lan-

desweit so seltenen Art müsse auf Ebene der lokalen Population als erheb-

lich bewertet werden. Ob die vorgesehene Anbringung von Nisthilfen für

den Wanderfalken ausreichten, um eine störungsbedingte Aufgabe des jet-

zigen Brutplatzes und die Rückkehr an den alten Standort nach Errichtung

des neuen Kühlturms zu gewährleisten, sei keinesfalls sicher. Aber selbst

wenn die Brut einer Saison ausfalle, hätte man es mit einer erheblichen po-

pulationsrelevanten Störung der Art zu tun, für die eine Ausnahmeprüfung

erforderlich sei.

Auch bei der Zauneidechse klafften die Ergebnisse und Bewertung des Vor-

kommens deutlich auseinander. Die Beeinträchtigungen würden jedoch in

unzutreffender Weise den einzelnen Verbotstatbeständen zugeordnet. Fer-

ner müsste davon ausgegangen werden, dass die gesichteten acht Indivi-

duen die für verschiedene artenschutzrechtliche Bewertungen relevante lo-

kale Population stellten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass man im Daten-

blatt zur Einschätzung komme der Erhaltungszustand dieser lokalen Popula-

tion sei günstig, obgleich der Erhaltungszustand für die kontinentale Region

als "ungünstig -unzureichend" beschrieben werde. Es würde alle drei Ver-

botstatbestände erfüllt, da es aufgrund der Baumaßnahmen zwangsläufig

zur Tötung von Tieren komme. Angesichts der Ausdehnung des Eingriffs

und der geringen Größe des Bestandes stellten die Baumaßnahme erhebli-

che Störungen dar, die unmittelbar populationsrelevant würden. Schließlich

komme es auch zur Zerstörung von Lebensstätten, bei Arbeiten während

der Winterruhe. Die angedachten Umsiedlungsaktionen seien als ungeeig-

net abzulehnen, da es lediglich gelinge, einen Bruchteil der ansässigen Po-

pulation zu fangen. Insofern könne es als gesichert gelten, dass trotz aller

Maßnahmen alle artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände erfüllt blieben.

Die Obere Naturschutzbehörde legt dar, dass die im landschaftspflegeri-

schen Begleitplan vorgesehenen konfliktvermeidenden Maßnahmen und

CEF-Maßnahmen grundsätzlich als geeignet anzusehen seien. Zum Teil sei

damit bereits vorlaufend begonnen worden. Für die ordnungsgemäße

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 203 von 321

Durchführung sei eine ökologische Baubegleitung und ein Monitoring zur

Auflage zu machen.

VII.3.2.4.2.3. Würdigung der Einwendungen

Die vorgetragenen Einwendungen zu dem Fachbeitrag Artenschutz sind im

Wesentlichen nicht zutreffend.

Die Obere Naturschutzbehörde hat in der Stellungnahme vom 31. August

2009 bestätigt, dass die Einschätzungen im Fachbeitrag Artenschutz insge-

samt nachvollzogen werden können. Der Untersuchungsrahmen wurde am

25. März 2008 zwischen der Antragstellerin und der oberen Naturschutzbe-

hörde grundsätzlich abgestimmt.

Die Kritik an der Bestandserfassung kann nicht nachvollzogen werden. Ei-

nerseits kann entgegen der von den Einwendern vertretenen Meinung eine

Abschichtung der Arten erfolgen. Auch gibt es keine rechtverbindlichen

Vorgaben, ob und in welcher Tiefe für eine artenschutzrechtliche Prüfung

die relevanten Arten untersucht werden sollen. Nach einer Veröffentlichung

„Geschützte Arten in Planungs- und Zulassungsverfahren“ (Trautner+

Lambrecht et al. 2006) ist es zulässig, den Umfang der Darstellung vom

Spektrum der betroffenen Arten sowie Art, Intensität und Schwere der be-

troffenen Auswirkungen zu bestimmen. Dies entspricht auch den Empfeh-

lungen des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung im Hessen vom

September 2009 (Hrsg. Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Land-

wirtschaft und Verbraucherschutz). Dort ist vorgesehen, zunächst die vorlie-

genden Daten- und Informationsgrundlagen auszuwerten und dann in Ab-

hängigkeiten von der Biotopausstattung und den Auswirken den konkreten

Untersuchungsrahmen festzulegen. Eine Abschichtung von Arten ist dem-

nach möglich, wenn deren natürliches Verbreitungsgebiet nicht im Bereich

um das geplante Vorhaben liegt, dies nicht Wirkraum des geplanten Vorha-

bens vorkommen oder sie gegenüber den jeweiligen Wirkfaktoren des Vor-

habens nach gesicherten Kenntnissen keine Empfindlichkeit ausweisen bzw.

erwarten lassen. Eine solche Abschichtung wurde für die im Bereich des

NSG Alzenauer Sande vorkommenden Arten vorgenommen, bei denen sich

nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine messbare vorhabenbedingte

Änderung der Immissionssituation ergibt.

Da im Planungs- und Zulassungsverfahren die Maßgaben des § 44 Abs. 5

BNatSchG zu beachten sind, kann im Übrigen auch nicht beanstandet wer-

den, dass sich die Prüfung der Zugriffsverbote im Wesentlichen auf die die

Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und die europäischen Vogelarten

beschränkt. Weitere Arten+ wie z. B. die nach nationalem Recht „besonders

geschützten Arten“+ das Vorkommen weiterer und nach nationalem Recht

besonders geschützter Arten wurde bei der Kartierung des Untersuchungs-

gebiets erfasst, dokumentiert und – falls nicht bereits Bestandteil des Fach-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 204 von 321

beitrags Artenschutz - in die Konfliktbetrachtung im Rahmen des Land-

schaftspflegerischen Begleitplans (LBP) einbezogen.

Es sind auch keine konkreten Defizite bei der Bestandserfassung erkennbar.

Die bei den Vögeln gewählte Methodik einer Kombination aus Liniein-

taxierung und Revierkartierung ist geeignet, um den Vogelbestand im Ein-

griffsgebiet vollständig zu erfassen, da sich diese nicht nur mit 4 Kartiergän-

gen begnügte, sondern zusätzlich auch 4 nächtliche Begehungen durchge-

führt und relevante Vogelarten auch im Rahmen der von Kartiergängen zu

Reptilien und zu Insekten und Reptilien notiert wurden. Zu den Zug- und

Rastvögeln wurden vorhandene Beobachtungen berücksichtigt. Nach den

Untersuchungsergebnissen und der Recherche zu Rast- und Gast-vögeln

bestand keine Notwendigkeit für weitere Untersuchungen. Die zur Darstel-

lung vorgetragene Kritik kann nicht nachvollzogen werden, da im Fachbei-

trag Artenschutz ab Seite 12 die Ergebnisse der Kartierung und die Vorge-

hensweise dargelegt sind und in der Kartendarstellung in der Anlage zum

Fachbeitrag Artenschutz sind die Standorte revieranzeigender Männchen,

Zentren der Brutreviere oder Neststandorte angegeben.

Die zur Fledermauserfassung geäußerten Bedenken sind ebenfalls nicht

nachvollziehbar, da die gewählte Methode wissenschaftlich als geeignetes

Verfahren zur bioakustischen Bestimmung von Fledermäusen anerkannt ist.

Die Erfassung ist zur Beurteilung der artenschutzrechtlichen Belange aus-

reichend, da die Kartiergänge in den für Fledermaus-Aktivitäten wichtigen

Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst vorgenommen und im übrigen

die ermittelten Daten in Verbindung mit den Habitatstrukturen verwendet

wurden. Hinweise auf besondere Fledermaushabitate (z.B. Quartiere) im

Eingriffsbereich haben sich weder durch die Erfassung ergeben, noch wur-

den durch die Einwender solche Daten vorgelegt.

Die Herpetofauna (Reptilien und Amphibien) ist ausreichend erfasst, da die-

se bei mehreren Begehungen schwerpunktmäßig in den potenziellen Habi-

taten sowie zusätzlich im Rahmen der Begehungen zur Avifauna kartiert

wurden.

Bei den Tagfaltern, Widderchen und Heuschrecken liegt mit den Artenlisten

und Angaben zu den Fundstellen und Habitaten eine ausreichende Daten-

grundlage vor und die potenziellen Konflikte sind dargestellt.

Auch die vorgenommene Abgrenzung der „lokalen Population“ kann nicht

grundsätzlich beanstandet werden. Unter dem Begriff der lokalen Populati-

on bzw. des lokalen Bestandes wird die Gesamtheit aller Individuen einer

Art verstanden, die eine räumlich abgrenzbare Fortpflanzungs- oder Über-

dauerungsgemeinschaft bilden. Die Abgrenzung ist artspezifisch in Abhän-

gigkeit von der Ökologie und dem Verbreitungsmuster der jeweiligen Art

vorzunehmen und macht nicht immer an der Grenze des Untersuchungsge-

bietes halt. Auch ist im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass im Fach-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 205 von 321

beitrag Artenschutz bei einzelnen Arten eine falsche Abgrenzung vorge-

nommen wurde. Bei den festgestellten Hecken-/Gehölzbrütern wurden die

jeweiligen lokalen Populationen auf größere Flächenbereiche als das Unter-

suchungsgebiet bezogen, da es sich um weit verbreitete Arten handelt, de-

ren Fortpflanzungsgemeinschaften ein großes Gebiet im gesamten Umkreis

des Untersuchungsgebietes besiedeln. Nach den Empfehlungen des Leit-

fadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen können in solchen

Fällen die aktuellen landesweit verfügbaren Informationen zu Vorkommen

und Verbreitung der Art in Hessen und ihren ökologischen Ansprüchen be-

rücksichtigt werden. Bei anderen Arten wie z. B. Saatkrähe oder der Zaunei-

dechse wurde dagegen das Untersuchungsgebiet als Flächenbezug der lo-

kalen Population angegeben, da die Fortpflanzungsgemeinschaften dieser

Arten auf diesem Areal gut abgrenzbar waren. Bei störungsempfindlichen

Arten wie z. B. dem Eisvogel, sind die ermittelten 3 Brutpaare das Minimum

der lokalen Population, das als worst case Betrachtung auch der Beurteilung

der Erheblichkeit zugrunde gelegt wurde.

Die von den Einwendern geäußerte Kritik an der Zusammenfassung von

Brutvogel aufgrund übereinstimmender ökologischer Lebensraum-

Ansprüche ist ebenfalls nicht gerechtfertigt. Dies ist auch nach dem Leitfa-

den für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen für euryöke / ubiquitäre

Arten grundsätzlich möglich, da diese Arten aufgrund Ihrer Lebensrauman-

sprüche andere Standorte zu besiedeln oder auf diese auszuweichen und

damit im Regelfall die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang

weiterhin erfüllt wird bzw. der Erhaltungszustand der lokalen Population

weiterhin gewahrt wird. Weniger häufige Arten oder dauerhaft geschützte

Lebensstätten wurden im Fachbeitrag Artenschutz differenziert betrachtet.

Bei den europäischen Vogelarten werden die artenschutzrechtlichen Verbo-

te des § 44 Abs. 1 BNatSchG durch das Vorhaben, entgegen der Auffassung

der Einwender nicht tangiert.

Bei den Hecken- und Gehölzbrütern werden durch die Baumaßnahme zwar

Bruthabitate verloren gehen und es kommt zu Beeinträchtigungen durch

die Bauarbeiten. Die ökologischen Funktionen der beeinträchtigten Lebens-

räume werden im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt und der Er-

haltungszustand der betroffenen lokalen Populationen verschlechtert sich

nicht, da im Bereich der Gehölze entlang des Mainufers und der L 3309 und

weitere Gehölzhabitate im Bereich des Kraftwerkgeländes sowie Streuobst-

wiesen, Grünland- und Brachflächen als Rückzugsflächen vorhanden sind.

Außerdem werden durch die im landschaftspflegerischen Begleitplan vor-

gesehenen Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen MF 1 „Rodungs-

arbeiten außerhalb der Brut- und Vegetationszeit“ Störungen vermieden

und durch die geplante Ausgleichsmaßnahme A1 „Pflanzung von Hecken

aus Bäumen und Sträuchern“ werden neue Bruthabitate geschaffen. Die

dauerhaft geschützten Lebensstätten, wie die Standorte der Brutkolonien

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von Saatkrähe, Graureiher und Kormoran, sind nicht von einem Verlust be-

troffen. Zwar wurde für das Gehölz auf der Fläche 5a eine Beeinträchtigung

wegen einer randständig am Kühlwasserauslaufkanal vorgesehenen Ent-

nahme von Pappeln angegeben, da der Abstand zur Saatkrähenkolonie

mehr als 100m beträgt und konfliktvermeidende Maßnahmen vorgesehen

sind, werden die artenschutzrechtlichen Verbote hierdurch ebenfalls nicht

berührt.

Der Eisvogel wird an einem potenziellen Brutplatz durch die Errichtung des

Kühlwasserauslaufkanals gestört. Da nach dem Fachbeitrag Artenschutz für

den Eisvogel Ausweichhabitate am Kraftwerksee und den angrenzenden

Habitaten wie Belüftungsteich und Mainufer sowie am Kühlwassereinlaufka-

nal zur Verfügung stehen und als CEF-Maßnahme vorgesehen ist, am Kühl-

wassereinlaufkanal eine geeignete Nistmöglichkeit anzulegen, werden die

Artenschutzrechtlichen Verbote für die Arten jedoch nicht berührt.

Mit populationsrelevanten Störungen der Zug- und Rast-/ Gastvögeln ist

ebenfalls nicht zu rechnen. Dafür spricht, dass diese trotz Bauarbeiten oder

Betrieb des Kraftwerkes nachgewiesen wurden und dass entlang des Mains

und den angrenzenden Gewässern ausreichend Rückzugsräume vorhanden

sind. Im Hinblick auf die potenzielle Gefährdung der Vögel durch die Ener-

giefreileitung ist als Minimierungsmaßnahme MF 3 „Markierung der Leiter-

seile über dem Hafenbecken“ vorgesehen+ so dass sich die verbleibenden

Risiken für die Arten nicht deutlich gegenüber dem allgemeinen Lebensrisi-

ko erhöhen.

Bei der Zauneidechse ist die von den Einwendern vorgetragene Argumen-

tation ebenfalls nicht schlüssig. Die Konflikte durch den Verlust geeigneter

Habitate an der Erdgasreduzierstation sind im Fachbeitrag Artenschutz dar-

gestellt. Da als konfliktvermeidende Maßnahme die Umsetzung und die

CEF-Maßnahmen AF 4 „Herstellung von Trittsteinbiotopen für die Zaunei-

dechse“ vorgesehen ist, können die betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhe-

stätten Ihre Funktionen im räumlichen Zusammenhang weiter erfüllen und

der Erhaltungszustand der lokalen Population wird sich nicht verschlechtern.

Die konfliktvermeidenden und CEF-Maßnahmen wurden zur Gewährleis-

tung von Trittsteinbiotopen und zur Verbesserung des Erhaltungszustands

der Population zum Teil bereits vorlaufend umgesetzt, von einer ökologi-

schen Bauleitung begleitet und mit Abschlussbericht von Eva Gros Land-

schaftsplanung „Umsiedlung der nach § 42 BNatSchG streng geschützten

Zauneidechsen“ vom 29. September 2009 dokumentiert. Insofern werden

die artenschutzrechtlichen Verbote auch bei der Zauneidechse realisiert.

Durch die im Kapitel Eingriffsregelung formulierten Nebenbestimmungen

und die artenschutzrechtlichen Nebenbestimmungen unter IV.12.2.4 soll ei-

ne rechtzeitige Durchführung der Vermeidungs-, Minimierungs- und der

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 207 von 321

CEF-Maßnahmen und dem Nachweis über die Funktionsfähigkeit der Maß-

nahmen gegenüber der Genehmigungsbehörde gewährleistet werden.

VII.3.2.4.2.4. Bewertung

Im Ergebnis wird durch das beantragte Projekt aufgrund der im Fachbeitrag

Artenschutz vorgesehenen Schutzmaßnahmen bzw. vorgezogenen Aus-

gleichsmaßnahmen sowie ergänzend durch die unter IV .12 festgesetzten

Nebenbestimmungen sichergestellt, dass Verbotstatbestände nach § 44

Abs. 1 i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG nicht erfüllt werden.

VII.3.3. Vorläufige Beurteilung nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG

Nach derzeitigem Kenntnisstand der Genehmigungsbehörde stehen der Er-

teilung einer Genehmigung für die Errichtung der weiteren Anlagenteile

und den Betrieb der gesamten Anlage derzeit keine unüberwindlichen Hin-

dernisse entgegen. Ihrer Beurteilung nach § 8 Satz 1 Nr. 3 BImSchG hat die

Genehmigungsbehörde die in Kapitel IV bereits verbindlich festgesetzten

Nebenbestimmungen für die später zu erteilende Betriebsgenehmigung

zugrundegelegt. Wesentlich für die zu treffende Prognoseentscheidung ist

insbesondere die sich aus der im Genehmigungsantrag enthaltenen Selbst-

verpflichtung der Antragstellerin resultierende Bedingung der Einhaltung

bestimmter Jahresfrachten für Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2)

und Staub. Auf dieser Grundlage ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit

davon auszugehen, dass die Genehmigungsvoraussetzungen für die Errich-

tung und den Betrieb der gesamten Anlage vorliegen. Nach vorläufiger Be-

urteilung werden die Betreiberpflichten sowohl im Hinblick auf die zur Vor-

sorge nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG einzuhaltenden Emissionswerte

als auch im Hinblick auf die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG einzu-

haltenden Immissionswerte eingehalten bzw. weit unterschritten werden.

Auch hinsichtlich der Einhaltung der weiteren Grundpflichten nach § 5 Abs.

1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 BImSchG und anderer öffentlich- rechtlicher Vorschrif-

ten sowie den Belangen des Arbeitsschutzes sind keine von vornherein un-

überwindlichen Hindernisse erkennbar. Die erforderliche Bewertung der er-

kennbaren Auswirkungen der gesamten Anlage nach § 22 Abs. 3 der 9.

BImSchV wird ebenfalls im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen vor-

genommen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 208 von 321

VII.3.3.1. Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren

VII.3.3.1.1. Luftreinhaltung / Immissionen

VII.3.3.1.1.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Fachgesetzlicher Bewertungsmaßstab für den Schutz der Allgemeinheit und

der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverun-

reinigungen und für die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen

durch Luftverunreinigungen sind das Bundes- Immissionsschutzgesetz

(BImSchG) mit der dreizehnten Verordnung zur Durchführung des BImSchG

(Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen – 13. BImSchV),

der neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Ver-

ordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen –

39. BImSchV) sowie die Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA

Luft) vom 24. Juli 2002 (Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bun-

des- Immissionsschutzgesetz im Sinne des § 48 BImSchG).

Die 13. BImSchV enthält insbesondere Anforderungen an die Emissions-

begrenzung und die Messung / Überwachung von Luftschadstoffen. Mit der

39. BImSchV erfolgte die Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europä-

ischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und

saubere Luft für Europa (ABI. L 152 vom 11. Juni 2008, S. 1), der Richtlinie

2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezem-

ber 2004 über Arsen, Cadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische

aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABI. L 23 vom 26. Januar 2005,

S. 3) sowie der Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des

Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für

bestimmte Luftschadstoffe (ABI. L 309 vom 27. November 2001, S. 22) in

deutsches Recht. Die 22. BImSchV und die 33. BImSchV wurden mit In-

krafttreten der 39. BImSchV aufgehoben. In der 39. BImSchV sind Anforde-

rungen an die Luftqualität bzw. an Luftqualitätsstandards, insbesondere in

Form von Immissionsgrenzwerten und Zielwerten enthalten - darunter auch

Immissionsgrenzwerte für die Feinstaubfraktion PM2,5 -, um schädliche Aus-

wirkungen von Luftschadstoffen auf die menschliche Gesundheit und die

Umwelt zu vermeiden oder zu verringern.

Die TA Luft enthält Vorschriften zur Reinhaltung der Luft, die u.a. bei der

Prüfung der Anträge auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und

zum Betrieb einer Anlage (§ 6 Abs. 1 BImSchG) zu beachten sind.

Eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer genehmigungs-

bedürftigen Anlage ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1

Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG nur zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die

Anlage so errichtet und betrieben wird, dass

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die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen keine schädli-

chen Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und die Nachbar-

schaft hervorgerufen können und

Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunrei-

nigungen dieser Anlage getroffen ist.

Für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen gelten die Nrn. 4 und 5

sowie Nr. 3.1 TA Luft.

Zur Prüfung der Schutzpflicht enthält die TA Luft gemäß Nr. 4.1

Immissionswerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit, zum

Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen

und Immissionswerte zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkun-

gen durch Deposition,

Anforderungen zur Ermittlung von Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung,

Festlegungen zur Bewertung von Immissionen durch Vergleich mit

den Immissionswerten und

Anforderungen für die Durchführung der Sonderfallprüfung.

Die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß Nr. 3.1 TA Luft werden konkre-

tisiert durch

die Einhaltung der Immissionswerte gemäß Nr. 4 TA Luft

die Prüfung von Schadstoffen, für die in Nr. 4 TA Luft keine Immissi-

onswerte festgelegt sind (Nr. 4.8 TA Luft),

die Begrenzung der Emissionen gemäß Nr. 5 TA Luft und eine Ablei-

tung der Abgase, gemäß Nr. 5.5 TA Luft, so dass ein ungestörter Ab-

transport mit der freien Luftströmung möglich wird (Nr. 5.5.1 TA Luft).

In der TA Luft und der 39. BImSchV sind nicht für alle relevanten Luftschad-

stoffe Bewertungsmaßstäbe enthalten, so dass ergänzend auf allgemein an-

erkannte Bewertungs- / Beurteilungsgrundlagen (z.B. Länderausschuss für

Immissionsschutz (LAI), WHO) zurückgegriffen wird.

Gemäß Nr. 4.1 der TA Luft hat die zuständige Behörde bei der Prüfung, ob

der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigun-

gen sichergestellt ist (Nr. 3.1 Abs. 1 a)), zunächst den Umfang der Ermitt-

lungspflichten festzustellen.

Bei Schadstoffen, für die Immissionswerte in den Nrn. 4.2 bis 4.5 festgelegt

sind, soll die Bestimmung von Immissionskenngrößen,

wegen geringer Emissionsmassenströme (siehe Nr. 4.6.1.1 TA Luft),

wegen geringer Vorbelastung (siehe Nr. 4.6.2.1 TA Luft) oder

wegen einer irrelevanten Zusatzbelastung (siehe Nrn. 4.2.2 lit. a), 4.3.2

lit. a), 4.4.1 Satz 3, 4.4.3 lit. a) und 4.5.2 lit. a) TA Luft) entfallen. In die-

sen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass schädliche Um-

welteinwirkungen durch die Anlage nicht hervorgerufen werden kön-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 210 von 321

nen, es sei denn, trotz geringer Massenströme oder geringer Vorbe-

lastung liegen hinreichende Anhaltspunkte für eine Sonderfallprüfung

vor, Nr. 4.1 Abs. 4 TA Luft.

VII.3.3.1.1.2. Vorbelastung

VII.3.3.1.1.2.1. Wesentliche Einwendungen

Es wird eingewandt, die Vorbelastungen seien unter Berücksichtigung von

großräumigen Besonderheiten und Besonderheiten des Standortes sowie

meteorologischer Randbedingungen wegen unzureichender Auswahl der

Messstellen sowie fehlender oder ungeeigneter Messungen bezogen auf

einzelne Schadstoff- Parameter falsch ermittelt worden. Gefordert wurde da-

rüber hinaus eine Überwachung der Immissionen in der Betriebsphase von

Block 6.

VII.3.3.1.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Für das beantragte Vorhaben waren Vorbelastungsmessungen erforderlich

und wurden Vorbelastungsmessungen durchgeführt. Die Messungen liegen

- entsprechend Nr. 4.6.3.1 TA Luft – nicht länger als 5 Jahre zurück. Die für

die Beurteilung maßgeblichen Umstände haben sich nicht wesentlich geän-

dert. Bei der Auswahl der Messpunkte müssen gemäß TA Luft, Anhang 3 Nr.

1 Abs. 3, Ergebnisse einer Rechnung für ein Raster von Aufpunkten

zugrundegelegt werden. Hierfür wurde im Rahmen der Vorplanung für das

geplante Vorhaben Block 6 eine vorläufige Immissionsprognose vorgelegt.

Diese Ausbreitungsrechnung berücksichtigt Immissionen des Gesamtkraft-

kraftwerks (Blöcke 4, 5 und 6) unter Berücksichtigung der Daten des Jahres

2001, die der DWD als repräsentativ in Bezug auf die meteorologischen Da-

ten bezeichnet hat, der Jahresganglinie der Fahrweise von Block 5 im Jahr

2005 für Block 5 und 6 (Grundlastblöcke) und von 1000 Jahresbetriebs-

stunden (im Sommer) für Block 4 (Spitzenlastblock). Dieser Jahresverlauf der

Lastfälle wird auch in der Immissionsprognose des Antrags bei der Berech-

nung der vorhabensbezogenen Zusatzbelastungen berücksichtigt. Die für

die vorläufige Ausbreitungsrechnung zugrundegelegten Emissionskonzent-

rationen für SO2 (200 mg/m³), NOx (160 mg/m³) und Staub (20 mg/m³) lie-

gen wesentlich höher als die beantragten und die in der Ausbreitungsrech-

nung des Antrags zugrunde gelegten Konzentrationen (konservativer An-

satz bei der Berechnung der Zusatzbelastungen bzw. Festlegung der Beur-

teilungs-/ Aufpunkte). Neben den nach TA Luft erforderlichen Messpunkten

(MP 1/ Hanau, 2/ Rodenbach und 6/Hainburg) wurden auf freiwilliger Basis

der Vorhabensträgerin zusätzliche Messpunkte festgelegt. Bei der Festle-

gung, Ausführung der Messpunkte und Durchführung der Messungen wur-

den die Anforderungen der TA Luft, Nr. 4.6.2.3 bis 4.6.2.10, eingehalten.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 211 von 321

Hinsichtlich B(a)P wurden bei Emissionsmessungen im Kraftwerk Heyden

und im Block 5 des Kraftwerks Staudinger eine B(a)P-Konzentration im Be-

reich zwischen 0,0004 und 0,2 µg/m³ ermittelt. Bei einem trockenen Rauch-

gasvolumen im Normzustand von 3171500 m3/h für Block 6 ergibt sich eine

Fracht von maximal 0,0006 kg/h. Diese Emissionsfracht unterschreitet den in

Ziffer 4.6.1.1 der TA Luft genannten Bagatellmassenstrom, so dass für die-

sen Parameter die Immissionskenngrößen nach TA Luft nicht zu ermitteln

sind. Auch nach Literaturangaben führt dieser Parameter nicht zu relevanten

Emissionen bei Großfeuerungsanlagen, die Kohle verfeuern. Für die

Schwermetalle als Staubinhaltsstoffe wurden im Rahmen der Vorbelas-

tungsmessungen Monatsmittelwerte (Ausnahme: Quecksilber; hierfür wur-

den pro Woche an drei Messstationen – MP 1, 2 und 6 – Tagesmittelwerte

ermittelt) bestimmt. Für die Berechnung der Zusatzbelastungen entspre-

chen die Schwermetall-Emissionen des Rauchgases, die in die Immissions-

prognose eingegangen sind, Schwermetallanalysen der Steinkohle unter

Berücksichtigung spezifischer Transferfaktoren Brennstoff/Rauchgas. Die

Verteilung der Schwermetall-Immissionen ist gleich der ermittelten Vertei-

lung der PM10 – Staubimmissionen (Ausnahme: Quecksilber und Cadmium,

da diese Schwermetalle höhere Gasanteile aufweisen), da der Großteil der

Schwermetall-Immissionen partikelgebunden ist. Die Immissionsmaxima für

Quecksilber und Cadmium liegen nördlich außerhalb des Kraftwerksgelän-

des, während die Maxima der anderen Schwermetalle auf dem Werksge-

lände des Kraftwerkes Staudinger liegen. Messungen, die die Überschrei-

tung der Grenzwerte für Staub in Alzenau ergeben hätten, sind nicht be-

kannt. An dem Messpunkt 8 der Vorbelastungsmessungen in Alzenau wur-

den die PM10- Grenzwerte der TA Luft und 39. BImSchV sicher eingehalten.

Der Jahresmittelwert wurde mit 17 µg/m³ (Grenzwert 40 µg/m³) ermittelt. Im

Messzeitraum von 1 Jahr traten 7 Überschreitungen des Tagesmittelwertes

auf (Grenzwert maximal 35 Überschreitungen). Andere Emittenten für Fein-

staub sind z. B. der Verkehr und Kleinfeuerungsanlagen.

Das Vorbelastungsmessprogramm wurde in der Zeit von April 2007 bis Juli

2008 abschließend durchgeführt. Mit den festgelegten Messpunkten und -

Komponenten ist eine hinreichende Beurteilung der lufthygienischen Situa-

tion im Beurteilungsgebiet gegeben. Bei der Auswahl der Stoffe sind die

kraftwerkstypischen Komponenten, für die in der 13. BImSchV Emis-

sionsgrenzwerte festgelegt sind, zu berücksichtigen. Auf Grund der Ergeb-

nisse der vorläufigen Immissionsprognose wäre für die Deposition formal

nur eine Vorbelastungsuntersuchung für die Parameter Schwefeldioxid,

Thallium und Quecksilber notwendig gewesen. Die Überschreitung des

Jahres-Immissionswertes für den Parameter Stickstoffdioxid an der Hanauer

Messstation „Am Freiheitsplatz“ machte zudem Vorbelastungsuntersuchun-

gen für NO2 erforderlich. Der Immissionswert für NO2 von 40 µg/m³ nach TA

Luft wurde allerdings an der Luftmessstation des Hessischen Landesamtes

für Umwelt und Geologie (HLUG) in Hanau seit 2006 nicht mehr überschrit-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 212 von 321

ten. Ähnliches gilt für PM10, welches in 2005 an dieser Station mehr als 15

Überschreitungen des Tagesmittelwertes von 50 µg/m³ aufwies (Nr. 4.6.2.1

TA Luft). Schwefeldioxid hat in Deutschland lufthygienisch mittlerweile eine

geringe Relevanz, da sich die Luftsituation diesbezüglich in den letzten 20

Jahren deutlich verbessert hat. Die SO2- Immissionskonzentrationen in

Deutschland liegen fast flächendeckend weit unterhalb der Immissionswerte

der TA Luft. So liegt das Jahresmittel aus 2005 für Schwefeldioxid an der

Hanauer Messstation mit 5 µg/m³ bei 10 % des Langzeit-Immissionswertes

der TA Luft, auch zukünftig ist eine Überschreitung des SO2- Immissionswer-

tes durch die SO2- Zusatzbelastung aus den Kraftwerksblöcken mit Sicher-

heit auszuschließen. Aus diesem Grund wurde auf die Ermittlung von

Schwefeldioxid verzichtet. Die im nachfolgenden aufgeführten Messkom-

ponenten wurden ausgewählt, um Informationen zur Vorbelastung dieser

Komponenten zu erheben, denen nach Einschätzung der Beteiligten im Ge-

nehmigungsverfahren eine besondere Bedeutung zukommen könnte, auch

wenn dieses im Einzelnen weder formal noch unter lufthygienischen Ge-

sichtspunkten notwendig gewesen wäre. Folgende Komponenten wurden

zur Untersuchung festgelegt: Staubniederschlag (Deposition), Metalle der

13. BImSchV in der Deposition (As, Cd, Cr, Co, Cu, Hg, Mn, Ni, Pb, Sb, Sn, Tl,

V), Feinstaub (PM10), Metalle der 13. BImSchV im Feinstaub (As, Cd, Cr, Co,

Cu, Mn, Ni, Pb, Sb, Sn, Tl, V), Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid

(NO2), Quecksilber (Hg) in der Außenluft, Dioxine und Furane (PCDD / F)

sowie dioxinähnliche PCB in der Außenluft sowie in der Deposition. Die

oben genannten Komponenten wurden vollständig an den Beurteilungs-

punkten 1 und 2 ermittelt, da hier die höchste Gesamtbelastung erwartet

wird. An den Messstellen 4 und 5 (im Nahbereich des Kraftwerkes) wurden

die vom Kraftwerk ausgehenden diffusen Emissionen (Kohleumschlag etc.)

erfasst. Erfasst wurden am Punkt 4 „Großauheim“ die Parameter Feinstaub

PM10, Staubniederschlag, die Schwermetallgehalte im Feinstaub und der

Deposition sowie Stickstoffdioxid; am Messpunkt 5 „Aussiedlerhof“ lediglich

der Staubniederschlag, sowie die Schwermetallgehalte in der Deposition.

Der Messumfang an der Hintergrundmessstelle „Hörstein“ (Messpunkt Nr. 3)

wurde ebenfalls reduziert. Aufgrund der lufthygienischen Bedeutung sind

hier die wichtigen Parameter Feinstaub (einschließlich eingebundene Metal-

le), Staubniederschlag (einschließlich eingebundene Metalle) sowie das

überwiegend durch den Verkehr emittierte Stickstoffdioxid gemessen wor-

den. Um den Messaufwand zu reduzieren, wurde für die Untersuchung des

Parameters NO2 an den Messstellen „Hintergrund“ und „Nahbereich“ ein

passives Messverfahren eingesetzt. Dieses Verfahren wurde mit dem konti-

nuierlichen Verfahren validiert+ indem parallel am Beurteilungspunkt „Ha-

nau“ Passivsammlermessungen zur Kalibrierung durchgeführt wurden. Da-

rüber hinaus wurde auf Wunsch verschiedener Kommunen innerhalb des

Beurteilungsgebietes weitere fünf Messstellen eingerichtet und betrieben

(in Hessen: Hainburg, Großkrotzenburg, Obertshausen; in Bayern: Kahl, Al-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 213 von 321

zenau). Da eine inhomogene Struktur der Vorbelastung (stark gegliedertes

Gelände oder meteorologische Verhältnisse) nicht vorliegt, waren weitere

Beurteilungspunkte nicht notwendig. Desgleichen entfällt ein Beurteilungs-

punkt zur Überprüfung von Immissionswerten nach Nr. 4.4.1 TA Luft (Schutz

von Vegetation und Ökosystemen), da die erforderlichen Randbedingun-

gen (Beurteilungspunkt mindestens 20 km von Ballungsräumen und min-

destens 5 km von bebauten Gebieten, Straßen oder Industrieanlagen ent-

fernt) hier nicht zutreffen.

Die TA Luft beschreibt die Festlegung der Beurteilungspunkte in Nr. 4.6.2.6

wie folgt: Innerhalb des Beurteilungsgebietes sind die Beurteilungspunkte

so festzulegen, dass eine Beurteilung der Gesamtbelastung an den Punkten

mit mutmaßlich höchster relevanter Belastung für dort nicht nur vorüberge-

hend exponierte Schutzgüter auch nach Einschätzung der zuständigen Be-

hörde ermöglicht wird. Bei der Auswahl der Beurteilungspunkte sind somit

die Belastungshöhe, ihre Relevanz für die Beurteilung der Genehmigungs-

fähigkeit und die Exposition zu prüfen. Die Messpunkte stellen nicht den Ort

der maximalen Zusatzbelastung dar, sondern die Orte der zu erwartenen

Maximalgesamtbelastung. Aus diesem Grund decken sich die Beurtei-

lungspunkte nicht mit den Orten der maximalen Zusatzbelastung.

Die verwendeten Messmethoden entsprechen dem allgemein anerkannten

Stand der Technik. Bei Immissionsmessungen ist immer mit einem Ausfall

von Messwerten zu rechnen. Die häufigste Ursache ist ein Ausfall der Strom-

versorgung. Bei einem Messzeitraum von 1 Jahr können auch Geräteausfäl-

le nicht vollständig ausgeschlossen werden. Ein weiterer Grund für Mess-

wertausfälle sind - gerade bei Staubniederschlagsmessungen - Beeinflus-

sung durch große Fremdkörper, wie Blätter, Manipulation durch Passanten

sowie im Winter Frostbruch. Die 39. BImSchV und TA Luft sieht für die Ver-

wendbarkeit von Messreihen eine Mindestverfügbarkeit von 75 % vor. Bei

einer Verfügbarkeit von 90% und höher können die Messwerte - ohne Hoch-

rechnung - als repräsentativ für den Messzeitraum angesehen werden. Bei

den durchgeführten Vorbelastungsmessungen liegt die Verfügbarkeit bei

allen Messkomponenten und Messpunkten über 90%.

Eine Überwachung während des Betriebs von Anlagen ist nach TA Luft nicht

vorgesehen. Hinsichtlich des Bodenmonitorings hat im Nachgang zum

Raumordnungsverfahren eine bodenkundliche Kartierung auf den für die

Vorbelastungsuntersuchungen ausgewählten und beprobten Standorten

stattgefunden. Die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen sind in der Um-

weltverträglichkeitsuntersuchung, Kapitel 6.3, dokumentiert und lagen öf-

fentlich aus. Die Immissionsmessungen zur Ermittlung der Vorbelastung

wurden ordnungsgemäß durchgeführt.

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VII.3.3.1.1.3. Immissionsprognose

VII.3.3.1.1.3.1. Wesentliche Einwendungen

Aus Sicht der Einwender würden durch die Realisierung des Vorhabens Im-

missionen und Depositionen erhöht werden. Die Immissionen und Deposi-

tionen seien unzureichend ermittelt worden. Dies wurde wie folgt begrün-

det:

Die Emissionen aus diffusen Quellen aus Ver- und Entsorgung sowie

die Emissionen der Blöcke 4 und 5 seien nicht berücksichtigt worden.

Das verwendete Rechenprogramm für die Ausbreitungsrechnung so-

wie die Anwendung der VDI-Richtlinie 3784 seien ungeeignet.

Durchgeführte Rechnungen in der Ausbreitungsrechnung seien nicht

nachvollziehbar.

Verwandte Daten wie für die Niederschlagsintensitäten, sonstige me-

teorologische Daten, die Depositionsgeschwindkeit für Quecksilber

oder Daten für die Ermittlung der Stickstoffdeposition und Deposition

saurer Schadstoffe seien unzureichend.

Die statistischen Prognoseunsicherheiten von AUSTAL2000 seien zu

hoch.

Zunahmen in der Verkehrsbelastung seien unberücksichtigt geblie-

ben.

Die Betriebszeiten mit Ausfall der Rauchgasreinigungseinrichtungen

(Elektrofilter etc.) im nicht bestimmungsgemäßen Betrieb seien in der

Immissionsprognose nicht berücksichtigt worden.

Die Gutachten zur Säureproblematik seien unzureichend.

Umwandlungsprozesse im Rahmen der Ausbreitung der Abgase seien

unzureichend berücksichtigt worden.

Die Kurzzeitbelastung im Nahbereich (Spitzenbelastungen) sei zu hoch

und unzureichend ermittelt worden.

Zudem wurde eingewendet, dass die Selbstverpflichtung der Antrag-

stellerin (Nicht- Erhöhung der Immissionen gegenüber dem Bezugszeitraum

1996 bis 2006) im Widerspruch zu prognostizierten Zusatzbelastungen für

die Parameter NOx, SOx und Staub stehe. Weiterhin wurde eingewandt,

dass die Lage der maximalen Zusatzbelastungen nicht nachvollziehbar sei,

die Lufthygiene durch die kraftwerksbedingte Emission von Wärme ver-

schlechtert werde, wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven einzelner Städ-

te verschlechtert würden, die Umweltverträglichkeitsprüfung unzureichend

durchgeführt worden sei und die für 2010 vorgesehenen EU-Richtwerte für

Feinstaub und PM10 anzuwenden seien (dazu VII.3.3.2.4).

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 215 von 321

VII.3.3.1.1.3.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Mit Immissionsprognose des Antrags und Berechnung der Gesamtbelas-

tung wurde nachgewiesen, dass die Immissionswerte der TA Luft eingehal-

ten werden. Der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung enthält Nebenbestim-

mungen zur Festlegung von Grenzwerten für Emissionskonzentrationen, die

in die Immissionsprognose eingegangen sind, und deren Überwachung.

Auch die über den Stand der Technik hinausgehenden, beantragten Selbst-

verpflichtungen werden überwacht. Hierfür sind ebenfalls Nebenbestim-

mungen im Bescheid festgelegt.

In der Immissionsprognose sind nur die Emissionen und Immissionen des

Vorhabens Block 6 zu prognostizieren. Die vorhandenen Emissionen der

Blöcke 1 bis 5 und des (derzeitigen) Kohlelagers sind in der gemessenen

Immissionsvorbelastung bereits enthalten.

Höhe und der Ort der Zusatzbelastungen sind das Ergebnis der Ausbrei-

tungsrechnung und im Anhang zur Immissionsprognose dargestellt. Eine

prinzipielle Nachvollziehbarkeit ist bei Kenntnis des Ausbreitungsprozesses,

der Quellhöhe und der meteorologischen Bedingungen gegeben. Die nu-

merischen Werte sind das Ergebnis eines TA Luft konformen Rechenprozes-

ses. AUSTAL2000 wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) als ein

TA Luft-Programm entwickelt und entspricht laut UBA den Forderungen der

TA Luft. Die Überhöhungsrechnungen der VDI 3784 Blatt 2 sind laut Pro-

grammbeschreibung von AUSTAL2000 in Form des Programms VDISP in

AUSTAL2000 integriert. VDISP ist ein Programm zur Berechnung der Kühl-

turmüberhöhung und wurde sowohl in das alte Gauss-Modell der TA Luft 86

als auch in das neue TA Luft-Modell AUSTAL2000 integriert. Die TA Luft for-

dert explizit das Verfahren nach VDI 3784 Blatt 2.

Das im Rechenprogramm der Immissionsprognose verwendete Grenz-

schicht- und Windfeldmodell modelliert die Zunahme der Windgeschwin-

digkeit mit der Höhe, die Winddrehung mit der Höhe, Turbulenzen durch

Gebäude und ggf. Kanalisierung durch Geländestrukturen. Der Einsatz von

Daten aus Bodenstationen entspricht der nach TA Luft vorgeschriebenen

Verfahrensweise. Aus den meteorologischen Daten der Station Kahl am

Main wurde vom Deutschen Wetterdienst (DWD) eine meteorologische

Zeitreihe (AKTerm) des Jahres 2001 für die Ausbreitungsrechnungen emp-

fohlen. Die in der Windmessstation Kahl a. Main ermittelten meteorologi-

schen Daten wurden nicht auf den Kraftwerkstandort verschoben, sondern

sind an Ort und Stelle der Messungen in die Ausbreitungsberechnungen

eingegangen. Positiv wirkt sich auf die Ausbreitungsrechnungen zudem aus,

dass sich der Messort Kahl am Main nur etwa fünf Kilometer südöstlich vom

Kraftwerkstandort befindet und damit deutlich innerhalb des Beurteilungs-

gebietes der TA Luft liegt. Diese Voraussetzungen sind nur ín wenigen Ge-

nehmigungsverfahren gegeben. Darüber hinaus bestätigt der DWD in sei-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 216 von 321

nem Schreiben vom 10. Mai 2008, dass der Anemometerstandort Kahl am

Main ausreichend hoch über Störniveau liegt, um eine Ableitung des Wind-

profils im Rahmen von Ausbreitungsrechnungen mit AUSTAL2000 zu er-

möglichen. D. h. der DWD bestätigt, dass AUSTAL2000 in der Lage ist, die

höhenabhängige Variation der Windrichtung (Rechtsdrehung mit zuneh-

mender Höhe) und der Windgeschwindigkeit (Windgeschwindigkeitserhö-

hung mit zunehmender Höhe) sachgerecht zu modellieren. Durch die Ver-

wendung eines logarithmischen Windgeschwindigkeitsprofils werden die

tatsächlichen Windgeschwindigkeitsänderungen mit der Höhe hinreichend

genau berücksichtigt.

Die Anwendbarkeit der für die Immissionsprognose gewählten Berech-

nungsmethodik wurde geprüft. TALdia ist das in AUSTAL2000 integrierte

mesoskalige diagnostische Windfeldmodell. Dieses Modell kann nach Ziffer

11 des Anhangs 3 der TA Luft eingesetzt werden, wenn die Steigung des

Geländes den Wert 1 : 5 nicht übersteigt und wesentliche Einflüsse von lo-

kalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten aus-

geschlossen werden können. Das genannte Steigungskriterium wird inner-

halb des nach Ziffer 7 des Anhangs 3 der TA Luft erforderlichen Beurtei-

lungsgebietes für den Block 6 nicht überschritten. Das Rechengebiet wurde

allerdings insbesondere nach Norden und Osten wesentlich vergrößert. In-

nerhalb dieses vergrößerten Rechengebietes liegen zwei Flächen mit Stei-

gungen größer 1 : 5 vor. Die Gesamtfläche mit Steigungen größer 1 : 5 sind

im Vergleich zur Gesamtrechenfläche sehr gering. Darüber hinaus liegen

diese Flächen so weit weg von der Emissionsquelle und auch außerhalb der

Hauptwindrichtungen, dass eine Windfeldberechnung mit TALdia fachlich

belastbare Aussagen liefert. Außerdem sieht die TA Luft in Anhang 3, Nr.

10, die Berücksichtigung des Einflusses von Bebauung auf Immissionen bei

Höhenverhältnissen von Schornstein- zu Gebäudenhöhen zwischen 1,2 und

1,7 durch den Einsatz eines diagnostischen mikroskaligen Windfeldmodells

vor. Für eine Vielzahl von Großkraftwerken liegen Höhenverhältnisse von

Quell- zu Gebäudehöhen kleiner 1,2 vor, die eine Anwendung des diagnos-

tischen mikroskaligen Windfeldmodells formal nicht zulassen. Deshalb wur-

den in Genehmigungsverfahren häufig teure und zeitaufwändige Untersu-

chungen im Windkanal durchgeführt. Aus diesen Windkanalversuchen wur-

den Verstärkungsfaktoren abgeleitet, die im Rahmen von Ausbreitungs-

rechnungen Anwendung fanden. Auch Windkanaluntersuchungen bilden

die Realität nicht genau ab. Der VGB hat im Rahmen der Forschungsberich-

te 262 und 279 („Studie zur Anwendbarkeit des Ausbreitungsmodells

AUSTAL2000 mit Windfeldmodell TALdia im Hinblick auf die Gebäudeeffek-

te bei Ableitung von Rauchgasen über Kühltürme und Schornsteine“ und

Ergänzungen) untersuchen lassen, ob eine Anwendung von TALdia für die-

sen Anlagentyp auch außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Luft, An-

hang 3, Nr. 10, fachlich zu begründen ist. Die vorgelegten VGB-Berichte wa-

ren Gegenstand ausführlicher Diskussionen innerhalb des Länderausschus-

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ses für Immissionsschutz (LAI). Der LAI hat die Anwendbarkeit von TALdia

als geeignetes Verfahren zur Bestimmung der Zusatzbelastung auf der

Grundlage dieser Ergebnisse und unter Berücksichtigung bestimmter

Randbedingungen für die Modellanwendung als Alternative zu Windkanal-

untersuchungen empfohlen. Diese Randbedingungen sind im vorliegenden

Fall eingehalten. Windkanaluntersuchungen sind alternativ auch eine Mög-

lichkeit, die Zusatzbelastungen zu bestimmen, aber nicht zwingend erfor-

derlich. Mit den VGB-Berichten wird nachgewiesen, dass der Unsicherheits-

bereich der beiden Untersuchungsmethoden (AUSTAL2000/TALdia und

Windkanaluntersuchungen) in etwa gleich ist. Durch die Berücksichtigung

des Geländereliefs innerhalb des Untersuchungsgebietes in Form eines

Höhenmodells werden die morphologischen Besonderheiten des Standor-

tes und seiner Umgebung ausreichend berücksichtigt. Das in dem Modell

AUSTAL2000 integrierte Windfeldmodell TALdia variiert das Windfeld ent-

sprechend dem Geländerelief und stellt es dem anschließenden Ausbrei-

tungsmodells zur Verfügung. Inplausible AUSTAL2000- Ergebnisse im Zu-

sammenhang mit Windfeldmodellierungen in gegliedertem Gelände sind -

soweit die Anwendungsgrenzen von TALdia nicht überschritten werden -

nicht bekannt. Ergänzende Windkanaluntersuchungen sind für die Beurtei-

lung der Genehmigungsfähigkeit von Block 6 nicht erforderlich.

Die VDI-Richtlinie 3784, Blatt 1, gilt für Nasskühltürme mit Abwärmeleistun-

gen zwischen 1000 und 2500 MW und Kühlturmhöhen zwischen 80 und

170m. Die Abwärmeleistung von Block 6 ist in den Antragsunterlagen mit

max. 1116 MW (Volllastbetrieb) angegeben und damit im unteren Anwen-

dungsbereich der VDI-Richtlinie 3784, Blatt 1. Als Kühlturmhöhe ist 180 m

beantragt. Die Richtlinie kann dennoch angewendet werden, da das Aus-

breitungsverhalten der Kühltumemissionen mit zunehmender Höhe besser

ist und bestehende Kühltürme sowie der geplante Kühlturm von Block 6 am

Standort des Kraftwerkes Staudinger Bauhöhen in diesem Bereich oder ge-

ringfügig höher aufweisen. Die in dieser Richtlinie getroffenen Aussagen zu

meteorologischen Auswirkungen können auch auf Kühltürme mit einer

Höhe bis zu 200m angewandt werden (siehe Gutachten vom 4. Juli 2008

der Fa. argumet Bahmann & Schmonsees GbR: Auswirkungen des Kühl-

turmbetriebs, Neuplanung Block 6 KW Staudinger, Einfluss auf Lokalklima

und Schwadenschatten, Variantenvergleich; Ordner 19 der Antragsunterla-

gen, Rev00). Darüber hinaus ist eher das Kühlverfahren sowie die Größen-

ordnung der Wasser- Emission maßgebend hinsichtlich der Auswirkungen.

Die Mischung mit gereinigten Rauchgasen des Kessels ändert nicht die

Wasserdampfemission. Die Luftchemie in Folge der Vermischung von Was-

serdampf und Rauchgas ist in den Gutachten von Professor Möller be-

schrieben. In diesem Rahmen haben auch Messungen stattgefunden.

Wie man Ergebnissen der landesweit durchgeführten Immissionserhebun-

gen entnehmen kann, sinken die Luftbelastungen auch in Hessen. Hiervon

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ausgenommen sind Bereiche mit hoher Verkehrsbelastung. Zur Begrenzung

der verkehrsbedingten Immissionen sieht der Gesetzgeber eine stufenweise

Reduzierung der Emissionen für den Kfz- und Flugverkehr vor. Vorhaben-

bedingt kommt es nicht zu einer wesentlichen Erhöhung der Luftschadstoff-

Immissionen.

In der Immissionsprognose ausgewiesenen Gesamtbelastung sind für alle

betrachteten Luftschadstoffe die Immissionsbeiträge der Blöcke 1 bis 3 ent-

halten, da diese bei der Vorbelastungsmessungen mit gemessen wurden.

Aus diesem Grund weist die zukünftige rechnerische Gesamtbelastung für

Immissionen höhere Werte aus. Die tatsächlichen Immissionen werden zu-

künftig um die Beiträge der alten Blöcke geringer sein. Dies gilt für alle

Schadstoffe.

Es wurde an keiner Stelle im Gutachten behauptet, dass kein Brennstoff-

NOx gebildet würde. Im entsprechenden Abschnitt des Gutachtens von

Prof. Möller wird lediglich dargelegt, wie viel vom primär gebildeten NO in-

nerhalb des Rauchgaskanals in NO2 umgewandelt werden kann. Das Er-

gebnis (maximal 10%) deckt sich mit in der Literatur vorliegenden Erkennt-

nissen. Selbstverständlich erfolgt eine Bildung von Nitrit und Nitrat in der

Rauchgasfahne und im Schwaden. Das wurde im Modell berücksichtigt und

in den verschiedenen Tabellen des Gutachtens dargestellt. Entscheidend

für die Bewertung ist, dass nur vernachlässigbar wenig in der kurzen Trans-

port- und Reaktionszeit gebildet wird.

Das Logistikkonzept ist in den Unterlagen zum Raumordnungsverfahren un-

ter Band B II, Technische Daten, beschrieben.

Der Alternativenvergleich wurde im Raumordnungsverfahren durchgeführt

und bewertet. Maßgebend im BImSchG-Verfahren sind bei der Begrenzung

der Luftschadstoffe die Emissionsbegrenzungen der 13. BImSchV, die

Selbstverpflichtungen der Antragstellerin, die über den Stand der Technik

hinausgehen, sowie die Immissionsbegrenzungen der TA Luft.

Das von der Antragstellerin abgegebene Emissionsversprechen bezieht sich

nur auf die Schadstoffe SO2, NO2 und Staub. Die Überschreitung von Irre-

levanzschwellen der TA Luft ist maßgebend für die Entscheidung, ob Vorbe-

lastungsmessungen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens erfolgen

müssen, sowie bedeutsam bei Überschreitungen von Immissionswerten der

TA Luft. Erforderliche Vorbelastungsmessungen sind erfolgt - auch für Thal-

lium und Quecksilber - und die ermittelten Gesamtbelastungen unterschrei-

ten alle die Grenzwerte für Immissionen der TA Luft.

An allen Messpunkten der Vorbelastungsmessungen - auch an den Mess-

punkten 4 (Großauheim), 6 (Hainburg) und 7 in Großkrotzenburg - lag auch

die Konzentration für NO2 im Jahresmittel unter dem Jahresmittelgrenzwert

der 39. BImSchV und TA Luft. Eine Überschreitung des Grenzwertes für die

Kurzzeitbelastung (mehr als 18 Überschreitungen eines Stundenwertes von

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200 µg/m³) ist auszuschließen. Grundsätzlich sind jedoch nach TA Luft pa-

rameterbezogen Überschreitungen von Kurzzeitwerten zulässig. Für die

Kurzzeitwerte (TMW und STM) wurden – wie in 4.6.3.3 TA Luft gefordert - die

jeweiligen Immissionsmaxima angegeben. Die in der 22. BImSchV - 2010

durch die 39. BImSchV ersetzt – festgelegte Alarmschwelle beträgt für den

Kurzzeitwert von NO2 400 µg/m³, für den Kurzzeitwert von SO2 500 µg/m³.

Die Überschreitung der Alarmschwelle – gemessen in drei aufeinanderfol-

genden Stunden an einem Bezugspunkt – hat keine direkten Auswirkungen

auf die Genehmigungsfähigkeit von Anlagen. Vielmehr müssen in diesen

Fällen Aktionspläne aufgestellt werden. Der im Genehmigungsantrag für

den Block 6 für die Zusatzbelastung angegebene Kurzzeitwert von 607

µg/m³ für NO2 und Kurzzeitwert von 1.184 µg/m³ für SO2 sind errechnete

statistische Grenzwerte - mit jeweils einer im Genehmigungsantrag (Immis-

sionsprognose) angegebenen sehr hohen Unsicherheit bzw. geringen Ein-

trittswahrscheinlichkeit. Diese Werte dürfen nicht für die Bestimmung der

Immissionsbelastung verwandt werden. Die Immissionsgesamtbelastung für

die Kurzzeitbelastung ergibt sich aus der gemessenen Vorbelastung und

der mit dem TA Luft konformen Modell errechneten Zusatzbelastung, die

mit der Unsicherheit, die der nach TA Luft zugelassenen Überschreitungs-

häufigkeit für den Kurzzeit- Mittelwert entspricht, ermittelt wurde. Durch den

derzeitigen Betrieb des Kraftwerkes Staudinger werden die Alarmwerte der

39. BImSchV – auch im Nahbereich des Kraftwerkes - deutlich unterschritten.

Nach den Ergebnissen der Vorbelastungsmessungen und Immissionsprog-

nose im Genehmigungsverfahren für den Block 6 bestehen auch keine An-

haltspunkte dafür, dass künftig die Alarmschwellen überschritten werden.

Aus den vorliegenden Informationen zu den Messungen der Interessens-

gemeinschaft im Nahbereich des Kraftwerkes Staudinger kann nicht ge-

schlossenen werden, in wie weit die durchgeführten Messungen zur Bewer-

tung der Grenzwerte der 39. BImSchV und TA Luft geeignet sind. Es fehlen

z. B. Angaben zur Messmethode, der Auswertung der Messdaten wie Mitte-

lungszeiten. Andererseits ergeben die auf Grundlage der TA Luft durchge-

führten Vorbelastungsmessungen auch im Nahbereich keinen Hinweis auf

eine mögliche Überschreitung von Grenzwerten der TA Luft bzw. der 39.

BImSchV. Für alle ermittelten Messkomponenten liegen die Messergebnisse

deutlich unter den Grenzwerten.

Die Darstellung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf das

Lokalklima war Gegenstand in diversen Gutachten, u. a. auch in einem vom

Regierungspräsidium Darmstadt in Auftrag gegebenen Gutachten. Unter-

sucht wurden hierbei zum Beispiel, ob es lokale Kaltluft- bzw. Flurwindströ-

mungen im Untersuchungsgebiet gibt, und Änderungen der lokalen Kalt-

luft- bzw. Flurwindströmungen sowie Temperaturverhältnisse durch das

Vorhaben. Berechnungen der Kaltluftflurwinde mit dem Rechenprogramm

FITNAH ergeben, dass signifikante Kaltluftabflüsse im Bereich der markan-

ten Geländestrukturen (Berghänge wie Hänge des Spessarts) nur bis zu 2

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 220 von 321

km in die vorgelagerte Ebene reichen, jedoch nicht das Umfeld des Kraft-

werkstandortes erreichen. Weiterhin weisen die großräumigen Berechnun-

gen Kanalisierungseffekte für Kaltluftströmungen nur in den Spessart-Tälern,

zwischen den Spessart-Hängen und den flachen Erhebungen des Schäfer-

berges im Bereich Michelbach- Alzenau nach. Im Umfeld des Kraftwerkes

gibt es jedoch keine Höhenunterschiede, die in der Lage wären, eine mar-

kante Strömungskanalisierung in diesem Bereich herbei zu führen. Einge-

bettet ist das Strömungsgeschehen im Umfeld des Kraftwerkes nach den

Berechnungen in eine nordwestlich gerichtete Strömung im gesamten Be-

reich der Main- Niederung westlich des Spessarts von Aschaffenburg bis

Hanau (Wind aus etwa 140 bis 170 °). Grundsätzlich können lokal wärmere

Bereiche wie Industrie- und Siedlungsgebiete für geringfügige Änderungen

der Strömungen der Flurwinde sorgen. Diese bleiben jedoch aufgrund ihrer

naturgemäß hauptsächlich bodennahen Antriebsursache auf lokale Ände-

rungen - zum Beispiel der Windrichtung unmittelbar über dem Boden – be-

schränkt (Eindrehen Richtung Wärmequelle). Aber lokale Flurwinde-Effekte,

die über das unmittelbar benachbarte Gelände des Kraftwerkes hinaus rei-

chen, wurden nicht mit FITNAH berechnet. Insgesamt kommt das von dem

Regierungspräsidium Darmstadt in Auftrag gegebene Gutachten somit zu

dem Ergebnis, dass das Kaltluft-Flurwindsystem im Untersuchungsgebiet

durch die zusätzliche Berücksichtigung des Blocks nicht wesentlich verän-

dert wird. Unterschiede sind lediglich im Bereich des Kraftwerkstandortes

selbst und seiner unmittelbaren Nachbarschaft erkennbar. Aus diesem

Grund wurde in dem von dem Regierungspräsidium Darmstadt in Auftrag

gegebene Gutachten zusätzlich die Hinderniswirkung in dieser kleinräumi-

gen Zone mit einem sehr viel höher auflösenden Simulationsmodell noch-

mals vertieft untersucht. Diese lokalklimatische Studie hat ergeben, dass ei-

ne für die Bewohner spürbare Veränderung der Windverhältnisse (Belüf-

tung durch Kaltluft/ Flurwinde) sowohl im Jahresmittel als auch im Einzelfall

nicht zu erwarten ist. Ebenso ist eine für Bewohner benachbarter Siedlungs-

gebiete spürbare Veränderung der Temperaturverhältnisse nicht zu erwar-

ten. Damit konnte keine Untersuchung eine weitreichende Wirkung des

Blocks auf Temperatur- und Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet

aufzeigen.

Das Auftreten von Inversionen ist in Abhängigkeit der Zeit über die Ausbrei-

tungsklasse - wie von AUSTAL2000 vorgesehen - mit in die Berechnungen

der Immissionsprognose eingeflossen. Inversionen sind durch die verwen-

deten Meteorologiedaten mit etwa 39 % der Jahresstunden mit stabilen bis

sehr stabilen Austauschverhältnissen berücksichtigt worden. Dass es darü-

ber hinaus eine noch größere Häufigkeit von Inversionen geben soll, wird

vom Deutschen Wetterdienst nicht bestätigt. Darüber hinaus muss berück-

sichtigt werden, dass bei einer Hauptemissionsquelle mit 180m Höhe sowie

eines thermischen Auftriebs der Abgasfahne eine Inversionsschichthöhe

von deutlich über 200m erst als eine Sperrschicht wirken kann.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 221 von 321

Inversionschichthöhen von unter 200m bewirken keine Anreicherung der

Emissionen aus dem Kühlturm. Nach dem vom Regierungspräsidium Dar-

mstadt in Auftrag gegeben lokalklimatischen Gutachten werden Inversions-

schichthöhen berechnet, die maximal bis zu einer Höhe von 200m über

Grund reichen können. Die Freisetzung aus hohen Quellen macht sich in

solchen Situationen bei den Immissionen in Bodenniveau nur noch sehr ge-

ring bemerkbar. Hohe Werte während sehr austauscharmer Wetterlagen

sind deshalb nicht mit der besonderen Beteiligung der örtlichen hohen

Quellen wie Kraftwerkskaminen oder Kühltürmen mit Rauchgaseinleitung

begründbar.

Das Stadtgebiet von Alzenau liegt im Rechengebiet, so dass die dort er-

rechneten Belastungen der Immissionsprognose entnommen werden kön-

nen. Mit der durchgeführten Immissionsprognose ist gezeigt worden, dass

das geplante Vorhaben geringe Immissionszusatzbelastungen verursacht.

Bei den maximalen Gesamtimmissionen werden für das Vorhaben alle gel-

tenden Beurteilungswerte unterschritten. Die anteiligen Immissionsbelas-

tungen liegen in Alzenau weit unter den maximalen Belastungen im Re-

chengebiet, die die Grundlage für die Bewertung darstellen. Eine nachteili-

ge Beeinträchtigung des Tourismus, der Solarenergienutzung und des

Weinbaus ist daher auch im Bereich der Stadt Alzenau auszuschließen.

Die Größe des Rechengebietes entspricht den Forderungen der TA Luft. In

der Ziffer 7 des Anhangs 3 der TA Luft ist definiert, wie groß das Rechenge-

biet sein muss. Demnach ist das Rechengebiet das Innere eines Kreises um

den Ort der Quelle, dessen Radius das 50 fache der Schornsteinbauhöhe

ist. Tragen mehrere Quellen zur Zusatzbelastung bei, dann besteht das Re-

chengebiet aus der Vereinigung der Rechengebiete der einzelnen Quellen.

Im vorliegenden Fall wird die horizontale Ausdehnung des Rechengebietes

von dem 250 m hohen Schornstein des Blocks 4 bestimmt. Das Rechenge-

biet wurde nach Osten (bis zu den Spessartausläufern) vergrößert. Eine da-

rüber hinaus gehende Vergrößerung des Rechengebietes ist unverhältnis-

mäßig und bringt gegenüber den vorliegenden Ergebnissen keinen Er-

kenntnisgewinn.

Die angenommenen Abgastemperaturen liegen zwischen 20 °C und 30 °C.

Daraus resultiert bei einer angenommenen Umgebungstemperatur von z. B.

15°C eine Temperaturdifferenz von 5°C bis 15°C. Eine fehlerhafte Einstel-

lung dieses Parameters in die Immissionsprognose liegt nicht vor.

Das Modell AUSTAL2000 sieht die Bestimmung der Stickstoff-Deposition

nicht direkt vor. Eine Abschätzung der trockenen Deposition lässt sich über

die berechnete Konzentration in Verbindung mit der Depositionsgeschwin-

digkeit vornehmen. Eine Modellierung der trockenen und nassen Depositi-

on (Auswaschen) wurde hier mit dem (AUSTAL2000 zugrunde liegenden)

Modell LASAT vorgenommen. In dieses Modell lässt sich eine Regenzeitrei-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 222 von 321

he einbinden. LASAT ist das Muttermodell von AUSTAL2000 und entspricht

ebenfalls den Qualitätsanforderungen der TA Luft. In den Gutachten von

Professor Möller sind darüber hinaus in Bezug auf die Versauerung detail-

lierte Ausführungen zur Luftchemie bei Kühlturmableitung zu finden. Es ist

richtig, dass die Niederschlagsintensität regional hoch variabel ist. Als Ab-

schätzung der nassen Stickstoffdeposition ist die verwendete Vorgehens-

weise jedoch hinreichend genau.

Ausbreitungsrechnungen sind nach Nr. 4.6.4.1 der TA Luft auf Basis einer

mittleren jährlichen Häufigkeitsverteilung meteorologischer Parameter oder

einer repräsentativen Jahreszeitreihe von Windrichtung, -geschwindigkeit

und Ausbreitungsklasse (Zeitreihenberechnung) sowie auf Basis des

Partikelmodells nach VDI 3945 Blatt 3 unter Berücksichtigung meteorologi-

scher Grenzschichtprofile (VDI 3783 Blatt 8) zu bilden (TA Luft, Anhang 3,

Nr. 8). Als meteorologische Daten sind nach Überprüfung der Übertragbar-

keit Daten einer geeigneten Station des Deutschen Wetterdienstes oder ei-

ner anderen entsprechend ausgerüsteten Station zu verwenden, wenn keine

geeigneten Messdaten am Standort der Anlage vorliegen. In der Qualifizier-

ten Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungszeitreihe

(AKTerm) nach TA Luft 2002 auf dem Standort Kraftwerk Staudinger in

Großkrotzenburg des Deutschen Wetterdienstes (DWD) werden Messungen

empfohlen, um genauere Angaben zur möglichen Änderung des Richtungs-

feld des Windes und in seiner Geschwindigkeit durch die Orografie der

nächsten Umgebung, durch Bewuchs und durch Bebauung zu erhalten. Der

DWD bestätigt aber gleichzeitig, dass die verwendete Jahreszeitreihe der

DWD-Messstation Kahl am Main des Jahres 2001 als repräsentative Zeitrei-

he geeignet ist und in das Rechengebiet einbezogen werden soll. Dies ist

die nach TA Luft übliche Vorgehensweise. Zur Überprüfung der Übertrag-

barkeit einer Ausbreitungszeitreihe (AKTerm) nach TA Luft auf den Standort

Kraftwerk Staudinger in Großkrotzenburg zieht die QPR die Windstatistiken

der Windmessstationen vom Frankfurt-Flughafen und Kahl a. Main zum Ver-

gleich heran. Nach der QPR wird die Windverteilung der Vergleichsmesssta-

tion Frankfurt-Flughafen nicht auf den Standort übertragen, weil das am

Standort dem Verlauf der Flussrichtung des Mains entsprechende Südsüd-

ostmaximum bei den Daten vom Flughafen Frankfurt fehlt. Dagegen stellt

die QPR für die Messstation Kahl a. Main fest, dass bzgl. der Richtungsstruk-

turen diese Station die Erwartungswerte am Standort erfüllt und die Zeitrei-

he einer nahe gelegenen Station durch AUSTAL2000 modelliert werden

kann, wenn im Rechengebiet Punkte mit ähnlicher Orografie vorliegen. An-

dere im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erstellte Gutachten bele-

gen, dass am Kraftwerkstandort keine besondere Orografie, die wesentlich

von der am Standort Kahl a. Main abweicht, vorliegt. Die Auswahl des Jah-

res 2001 als repräsentatives Jahr der meteorologischen Ausbreitungsbe-

dingungen in der QPR verifiziert die Stellungnahme der Fa. argumet Bah-

mann & Schmonsees GbR vom 16. März 2009 (Proj. W0202/09/06) zum

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 223 von 321

Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 13. Februar 2009 (Az.:

IV/F 43.1 539/12 Gen 38/06). Nach dieser Stellungnahme wurden für die

Station Kahl a. Main die Jahre 1994 bis 2003 und für Frankfurt-Flughafen die

Jahre 1997 bis 2006 in einer 12- teiligen Windrichtungsstatistik mit je drei

Windgeschwindigkeitsbereichen ausgewertet und das Mittel des jeweiligen

Gesamtzeitraums betrachtet. Nach der Auswertung der Häufigkeiten der

Windrichtungssektoren nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate in

Bezug auf das Mittel des 10-Jahreszeitraumes stellt der Gutachter fest, dass

die Auswahl des repräsentativen Jahres sachgerecht ausgeführt wurde.

Die Kombination einer Zeitreihe der meteorologischen Ausbreitungsbedin-

gungen mit einer Regenzeitreihe einer nahe gelegenen Station (ohne we-

sentliche Luv-/Lee-Effekte) ist eine übliche, dem Stand der Technik entspre-

chende Vorgehensweise.

In der Protokolldatei der Immissionsprognose wird die modellbedingte sta-

tistische Unsicherheit, berechnet als statistische Streuung des jeweils be-

rechneten Wertes, angegeben. Dieser Wert der relativen Unsicherheit darf

nicht direkt mit dem Kriterium der Ziffer 9 des Anhangs der TA Luft vergli-

chen werden. Der in der Protokolldatei ausgegebene Wert der statistischen

Unsicherheit, z. B. 17% für den Jahresmittelwert für NO2, bezieht sich auf

die berechnete Zusatzbelastung von hier 0,174 µg/m³. Dies entspricht einer

absoluten Unsicherheit von 0,03 µg/m³. Das in der Ziffer 9 des Anhangs der

TA Luft genannte Kriterium von 3% für die Jahreskenngröße bezieht sich auf

den entsprechenden Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³. Dieser Wert von

0,03 µg/m³ entspricht einer statistischen Unsicherheit von 0,07% bezogen

auf den Jahresgrenzwert. Damit ist das Kriterium der Ziffer 9 des Anhangs

der TA Luft erfüllt. Auch alle weiteren statistischen Unsicherheiten erfüllen

die Qualitätskriterien der TA Luft. Für die Kenngrößen der Stundenwerte

sind in der TA Luft keine Qualitätsanforderungen definiert. Auch für die ma-

ximalen Tageswerte können keine statistischen Unsicherheiten berechnet

werden, da es für diese Kenngrößen keine Immissionsgrenzwerte gibt. Ent-

sprechende Hinweise zur Berechnung der statistischen Unsicherheit sind in

der VDI-Richtlinie 3783 Blatt 13 (Qualitätssicherung in der Immissionsprog-

nose) zu finden.

Für den höchst unwahrscheinlichen Fall, dass sämtliche Sektionen des E-

Filters ausfallen, wird der Stillstand der Feuerung bereits nach 30 Sekunden

erreicht. Bei diesem Vorgang würde für maximal 5 Minuten eine Staubkon-

zentration von höchstens 20 mg/m³ im Reingas hinter der Rauchgasent-

schwefelungsanlage emittiert. Eine derart niedrige Staubkonzentration ist

nicht als Staubfahne sichtbar. Die bei diesem Vorgang freigesetzte Staub-

menge beträgt höchstens 5,3 kg. Von einem Ausfall des Elektrofilters gehen

daher keine schädlichen Umweltwirkungen aus. Der Betrieb mit höheren

Emissionswerten, als in Kapitel 8 Formblatt 8/1 angegeben, ist nicht bean-

tragt.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 224 von 321

Die im Antrag genannten 120 Betriebsstunden pro Jahr mit erhöhten Emis-

sionskonzentrationen beziehen sich auf § 12 der 13. BImSchV (Störungen an

Abgasreinigungseinrichtungen). An- und Abfahrvorgänge sind von der 120

Stundenregelung der 13. BImSchV nicht erfasst.

Für die Depositionsgeschwindigkeit wurde der nach TA Luft für gasförmiges

Quecksilber Hg(II) vorgegebene Wert, der so auch in der entsprechenden

VDI-Richtlinie ausgewiesen ist, verwendet. Dies entspricht dem Stand der

Technik. Die Auswertung für Quecksilber ist zu 90 % als gasförmiges Hg(II)

mit der Depositionsgeschwindigkeit nach TA Luft und 10% als partikelge-

bundenes Hg(p) vorgenommen worden (vgl. Immissionsprognose Anhang

A0).

Der Bericht Flugasche-Analysen, Wessling, Beratende Ingenieure GmbH,

vom Juli 2007, wurde dem Regierungspräsidium Darmstadt mit Schreiben

vom 30. September 2009 übersandt.

Die 39. BImSchV stellt ebenso wie die 33. BImSchV (Verordnung zur Ver-

minderung von Sommersmog, Versauerung und Nähstoffeinträgen) Anfor-

derungen in Bezug auf den gebietsbezogenen Immissionsschutz, nicht in

Bezug auf den anlagen- und betriebsbezogenen Immissionsschutz. Zur

Überwachung der in diesen Verordnungen festgelegten Immissionswerte

(Immissionskonzentrationen) werden an Landesmessstellen die Immissions-

konzentrationen entsprechender Parameter gemessen. In diesem Zusam-

menhang sind in § 7 der 33. BImSchV auch Emissionsfrachthöchstmengen

für SO2, NO2, NMVOC und NH3 pro Kalenderjahr für die Bundesrepublik

festgelegt. Die Zielwerte gelten für die Zukunft (Frist 31. Dezember 2010).

Zur Überwachung dieser Frachten erstellt das Umweltbundesamt nach § 7

Abs. 3 der 33. BImSchV für diese Stoffe jährlich Emissionsinventare und

Emissionsprognosen. Die 33. und 39. BImSchV sehen Programme zur

Schadstoffreduzierung bei Überschreitung dieser Zielwerte vor. Diese Pro-

gramme werden jährlich überprüft und soweit erforderlich fortgeschrieben.

Die Verbrennungsabgase von Block 6 und den Hilfskesselanlagen werden

einer komplexen Rauchgasreinigungsanlage zugeführt. Dort werden staub-

und gasförmige Luftschadstoffe aus dem Rauchgas weitgehend entfernt, so

dass Grenzwerte der 13. BImSchV und Grenzwerte, die im Bescheid zur 1.

Teilgenehmigung festgelegt sind, auf der Emissionsseite und Grenzwerte

der TA Luft auf der Immissionsseite eingehalten werden. Weitergehende

vorhabenbezogene, emissionsbegrenzende Maßnahmen sind nicht erfor-

derlich.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 225 von 321

VII.3.3.1.1.4. Verkehrsimmissionen

VII.3.3.1.1.4.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen

Im Rahmen separater Ausbreitungsrechnungen wurde nachgewiesen, dass

die Immissionswerte der TA Luft für Stickstoffdioxid und PM10 auch unter Be-

rücksichtigung des LKW- Fahrverkehrs (derzeitiger Anlagenbetrieb bzw.

Bauphase von Block 6) deutlich unterschritten werden. Der Immissionsbei-

trag an Benzol liegt bei deutlich kleiner 3% des Immissionsgrenzwertes der

39. BImSchV.

VII.3.3.1.2. Radioaktivität

VII.3.3.1.2.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen

Im Rahmen dieses Verfahrens wurde geprüft, ob durch den Betrieb des

Kraftwerkes eine wesentliche Erhöhung der Strahlenexposition durch die

natürlichen radioaktiven Stoffe in der Kohle zu erwarten ist. Im Ergebnis ist

keine wesentliche Erhöhung zu erwarten. Die Genehmigungsvoraussetzun-

gen nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit den Regelungen

der Strahlenschutzverordnung sind erfüllt.

VII.3.3.1.2.1.1. Wesentliche Einwendungen

Der Gehalt der natürlichen Radioaktivität in der zu verfeuernden Steinkohle

sei im vorgelegten Gutachten der Antragstellerin als zu niedrig angenom-

men worden. Verschiedene Herkunftsorte von Kohlen seien nicht berück-

sichtigt worden, vor allem Kolumbien.

Es hätte keine Vorbelastungsmessungen gegeben. Diese wären aufgrund

der im Spessart bestehenden starken Radonvorbelastung erforderlich. Da-

durch würde diese nicht berücksichtigt. Radon wäre die zweithäufigste Ur-

sache für Lungenkrebs und ein unkalkulierbares Risiko.

Ein Zusatzgutachten zur Kohlenstoff- 14- Belastung sei erforderlich. Ferner

wird ein Sachverständigen-Gutachten zur atmosphärischen Ausbreitung von

Schwebstaub und Radon gefordert. Die in Tab. 2-1 des TÜV Gutachtens für

die Staubniederschlagsraten und Feinstaubkonzentrationen angegebenen

Werte sind nicht nachvollziehbar. Die Ermittlung der zu erwartenden Strah-

lenbelastung im Gutachten des TÜV habe zudem deswegen Defizite, da sie

auf veralteten Literaturwerten basierte.

Des Weiteren wird kritisiert, die AVV sei fehlerhaft und unvollständig umge-

setzt worden. Neben einer Berechnung, die sich genau nach den Vorgaben

der AVV richtet, sei noch eine Berechnung der direkten Ingestion von Stäu-

ben etc., insbesondere bei Kleinkindern erforderlich. Nicht nachvollziehbar

seien auch einige Werte für Staubniederschlagsraten und Feinstaubkon-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 226 von 321

zentrationen sowie bestimmte ermittelte Jahresdosen innerhalb dieses Gut-

achtens.

Das vorliegende Gutachten gebe keinen Hinweis darauf, dass durch die

verbrannte Kohle sich die Radioaktivität im Umkreis nennenswert erhöht. Es

würde Grundwasserkontaminationen durch Auslaugung von niederge-

schlagenen Stäuben geben. Die Gesundheit von Menschen würde durch

diese radioaktiven Staub- Emissionen gefährdet.

Zudem wird gefordert, die Belastung der Staubimmissionen nach der Be-

rechnungsgrundlage Bergbau, nicht aber nach der StrlSchV zu bewerten.

Die Berechnungsgrundlage Bergbau basiere auf folgenden zwei Vorschrif-

ten

VOAS (Verordnung über die Gewährleistung von Atomsicherheit und

Strahlenschutz vom 11. Oktober 1984, DDR) und

HaldAO (Anordnung zur Gewährleistung des Strahlenschutzes bei

Halden und industriellen Absetzanlagen und bei der Verwendung da-

rin abgelagerter Materialien vom 17. November 1980, DDR).

Ihre Fortgeltung begründe sich aus der Unzulänglichkeit der Strahlen-

schutzverordnung für die hier zu bewertende Deposition von radioaktiv be-

lasteten Stäuben.

VII.3.3.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Die in dem genannten Gutachten verwendeten Mittelwerte entstammen

ebenso wie die von den Einwendern aufgeführten Bandbreitenwerte der im

Quellenverzeichnis des Gutachtens genannten Veröffentlichung des United

Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR

1988) und wurden unverändert übernommen. Die Verwendung eines Mit-

telwertes entspricht dem Stand von Wissenschaft und Technik. Die Annah-

me, es würde nur Kohle aus Polen verbrannt, die von den beispielhaft an-

gegebenen Ländern im Mittel am höchsten belastet ist, deckt die Forderung

einer konservativen Berechnung ab.

Im Ergänzungsschreiben der Antragstellerin vom 24. Februar 2010 wurden

aktuelle Analysewerte für kolumbianische Kohle (Norte D) vorgelegt. Diese

Analysewerte unterschreiten die im Gutachten verwandten Werte der polni-

schen Kohle für U-238, Th-232 und K-40.

Nach den Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (Radonkarte

Deutschland, Datenbasis September 2003,

(http://www.bfs.de/de/ion/radon/radon_boden/bodenluft.html)

fällt der Spessart nicht durch erheblich erhöhte Radon- Bodenluftkonzentra-

tionen in Deutschland auf.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 227 von 321

Das Nuklid C-14 (Kohlenstoff 14) ist zu Recht nicht berücksichtigt worden:

Die Halbwertszeit von C-14 ist 5730 Jahre. Selbst bei Braunkohle, die we-

sentlich jünger ist als Steinkohle, dürfte der C-14-Gehalt gegen null gehen:

Mehrere hundert Halbwertszeiten sind seit Beginn der Umsetzung von

Pflanzenmaterial zu Kohle verstrichen.

Ein Sachverständigengutachten, das u. a. Schwebstaub behandelt, ist als

„Immissionsprognose Kraftwerk Staudinger Vorhaben 1100 MW Steinkoh-

leblock (Block 6)“ (Kapitel 8 in Ordner 9) bereits Bestandteil der Antragsun-

terlagen. Es ist eine der Grundlagen für die radiologische Berechnung, in

der die Ausbreitung von Radon behandelt wird.

Der Sachverhalt im Hinblick auf die Tabelle 21 des TÜV- Gutachtens trifft zu.

Ein Vergleich der Staubniederschlagswerte und Feinstaubkonzentrationen

zwischen radiologischem Gutachten und Immissionsprognose ergab, dass

die Werte aus dem radiologischen Gutachten größer sind. Somit wurde die

Berechnung konservativ durchgeführt.

Es besteht kein begründeter Anlass anzunehmen, dass neuere Analysen zu

wesentlich anderen Werten führen.

Eine exakte Berechnung nach der AVV zu § 47 wird für unverhältnismäßig

gehalten. Kohlekraftwerke fallen nicht – wie bereits erwähnt – unter den Re-

gelungsbereich der StrlSchV.

Der maximale Eintrag von Kohlestaub beträgt mit den Angaben aus dem

TÜV-Gutachten im Jahr am ungünstigsten Aufpunkt maximal 1,5 Promille

des natürlichen Gehaltes im Boden (für das Nuklid Uran-238). Somit ist der

Beitrag für den Pfad der Ingestion vernachlässigbar. Entsprechend kann die

Belastung des Trinkwassers vernachlässigt werden. Diese Einschätzung wird

durch UNSCEAR 1988 bestätigt: Auch dort wird nur die atmosphärische Be-

lastung betrachtet und die Grundwasserbelastung weitestgehend als ver-

nachlässigbar angesehen (UNSCEAR 1988, paragraph 187, S. 83).

Nach § 118 Abs. 1 StrlSchV gelten die beiden Vorschriften auf dem in Artikel

3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (nur für Brandenburg, Meck-

lenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Berlin

(Ost)) für die Sanierung von Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus fort.

Im Übrigen treten an die Stelle dieser beiden Regelungen die Bestimmun-

gen der Strahlenschutzverordnung.

Die Berechnungsgrundlage Bergbau gilt explizit für Interventionssituationen

aufgrund bergbaulicher Hinterlassenschaften in den neuen Bundesländern

(I. Teil, Abschnitt 1, Anwendungsbereich). Interventionssituation bedeutet,

dass sowohl die 'radioaktive Quelle' als auch die exponierten Personen und

die Expositionspfade schon existieren, wenn über Strahlenschutzmaßnah-

men nachgedacht wird. Die Strahlenexposition ist nur noch durch nachträg-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 228 von 321

liche Interventionen (Sanierung oder Nutzungseinschränkung) zu beeinflus-

sen

(http://www.bfs.de/de/ion/anthropg/altlasten/fachinfo/faqs/faq_anthropg.ht

ml/#2

Die Strahlenschutzverordnung befasst sich in Teil 3, Kapitel 3 (§§ 97 – 103)

mit dem Schutz der Bevölkerung bei natürlich vorkommenden radioaktiven

Stoffen. Die dort erwähnten überwachungsbedürftigen Rückstände sind in

Anlage XII, Teil A aufgeführt. In dieser Positivliste sind die Emissionen und

Verbrennungsrückstände von Kohlekraftwerken nicht enthalten.

Im Übrigen gibt es für überwachungsbedürftige Rückstände den Grenzwert

von 1 mSv/Jahr.

Nach Inbetriebnahme von Block 6 wird aufgrund des Risikos der radioakti-

ven Belastung der Bevölkerung ein Gutachten zur bestehenden und künfti-

gen Belastung gefordert. Ebenso sei die radioaktive Belastung der verwen-

deten Kohle zu überwachen, zu dokumentieren und Depositionsmessungen

durchzuführen.

Die zu erwartende Radioaktivität wurde im Gutachten des TÜV ermittelt. Für

eine Ermittlung der bestehenden radioaktiven Belastung besteht kein An-

lass: Im Raum Hanau liegen bis 2005 durch die Umgebungsüberwachung

der kerntechnischen Anlagen Werte zum Radioaktivitätsgehalt der Böden

vor. Eine kontinuierliche Erhöhung wurde nach Aussage des Hessischen

Landesamtes für Umwelt und Geologie dort nicht beobachtet.

Aufgrund der Einstellung des Betriebs der kerntechnischen Anlagen wurde

die Umgebungsüberwachung in 2005 eingestellt.

Eine Überwachung des radioaktiven Inventars der Kohle ist nicht gerechtfer-

tigt: Das Gutachten bildet realistisch die zu erwartende Situation ab.

In der mündlichen Erörterung wurde die KiKK- Studie (Kinderkrebs in der

Umgebung von Kernkraftwerken, 2007) angesprochen. Zentrale Aussage

der Studie sei, dass es aufgrund von Statistiken im Umkreis um die Standor-

te von Atomkraftwerken (AKW) ein erhöhtes Leukämierisiko für Kinder unter

fünf Jahren gibt. Wenn dies schon bei Atomkraftwerken der Fall sei, wurde

eingewendet, dann erst recht bei Kohlekraftwerken.

Nach Auffassung der Strahlenschutzkommission gibt es keine wissenschaft-

lich nachvollziehbare Ursache für die Beobachtung: Die Strahlenexposition

der AKW sei viel zu gering, um Leukämie auslösen zu können. Das Bundes-

umweltministerium sieht daher keinen Anlass, weitere Maßnahmen im

Strahlenschutz zu veranlassen. (Presseerklärung Bundesumweltministerium

9. Oktober 2008)

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Ein weiterer Einwand war eine Angabe aus „UNSCEAR 1998 Report to the

General Assembly“: In Einzelfällen könne die lokale Bevölkerung effektiven

Dosen von bis zu 100 µSv ausgesetzt sein.

Dieses Zitat ließ sich nicht verifizieren. Eine gleich formulierte Angabe ist in

dem UNSCEAR 2000 Report zu finden. Im Zusammenhang bezieht sich die

Angabe von in Einzelfällen erhöhten Dosen nicht explizit auf Kohlekraftwer-

ke, sondern generell auf großtechnische Anlagen. (UNSCEAR 2000, Nr. 188,

S. 111). Insgesamt wird hier die effektive Jahresdosis aus allen natürlichen

Quellen als vernachlässigbar betrachtet.

Im Raumordnungsverfahren wurde auch die Belastung für die Arbeitnehmer

durch Radioaktivität angesprochen. Diese Frage zum Komplex Arbeits-

schutz wurde auf das BImSchG-Verfahren vertagt und wird hiermit betrach-

tet:

Im Teil 3 der StrlSchV werden im Kapitel 2 Anforderungen bei terrestrischer

Strahlung an Arbeitsplätzen in den §§ 95, 96 behandelt.

Der § 95 StrlSchV verweist auf die in der Anlage XI aufgeführten Arbeitsfel-

der, bei denen erheblich erhöhte Expositionen durch natürliche Strahlungs-

quellen auftreten können und bei denen Handlungsbedarf besteht bezüg-

lich einer Abschätzung der radioaktiven Belastung. Die hier betrachteten

Arbeitsfelder sind nicht in der Anlage XI aufgelistet. Somit fallen die hier be-

trachteten Arbeitsfelder nicht unter den Regelungsbereich der Strahlen-

schutzverordnung.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass mit dem geplanten Vorhaben keine we-

sentliche Erhöhung der Strahlenexposition zu erwarten ist. Der in Anleh-

nung an § 46 StrlSchV (Begrenzung der Strahlenexposition der Bevölke-

rung) und § 101 StrlSchV (Entfernung von radioaktiven Verunreinigungen

von Grundstücken) heranzuziehende Grenz- bzw. Richtwert von 1 mSv wird

bezugnehmend auf den Betrieb des Blocks um mindestens das 780- fache

unterschritten. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch ioni-

sierende Strahlung ist sichergestellt.

VII.3.3.2. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Luftreinhaltung / Emis-

sionen) (Vorsorge gegen schädliche Umweltauswirkungen)

VII.3.3.2.1. Wesentliche Einwendungen

Eingewandt wurde im Wesentlichen, dass die Ableitung der Emissionen

über den Kühlturm von Block 6 wegen Umweltbelastungen - insbesondere

bei für die Ableitung von Rauchgasen ungünstigen Wetterverhältnissen –

unzulässig sei (dazu VII.3.3.2.2.1).

Weiterhin sei die Höhe der Emissionen über das beantragte Maß hinaus

wegen Verstoßes gegen Reduktionsziele in Bezug auf die Absicherung von

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Luftqualitätsanforderungen, Überschreitung des Grenzwertes für Stickoxid

bei Ausfall der Entstickungsanlage, erforderlicher Quecksilber- Reduzierung

(Vermeidung von Mehrbelastung – dazu gesondert VII.3.3.2.3) und unzurei-

chender Selbstverpflichtung der Antragstellerin über den Stand der Technik

hinaus zu begrenzen (dazu VII.3.3.2.2.2).

Fehlerhaft, unzureichend und nicht nachvollziehbar seien zudem die Ein-

gangsdaten der Immissionsprognose sowie die vorgesehene Überwachung

der Emissionen und Umsetzung der Emissionsmessungen. „Best Verfügba-

rer Technik“ sei zur Verringerung der Emissionen auch in den Blöcken 4 und

5 umzusetzen. Die Erhöhung der für die Verbrennung vorgesehenen Koh-

lemenge führe zu mehr Emissionen, was zu vermeiden sei. Gefordert wurde

darüber hinaus eine Frachtbegrenzung für Stickoxide in der Größenord-

nung, wie sie für Stickstoffdioxid beantragt wurde, sowie ein verbesserter

Alternativenvergleich.

VII.3.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

VII.3.3.2.2.1. Ableitung der Emissionen

Die Ableitung der Rauchgase mit dem Kühlturmschwaden erfolgt in

Deutschland bereits seit Mitte der 80er Jahre, im Kraftwerk Staudinger,

Block 5 seit 1992. In diesem Zusammenhang durchgeführte Messungen und

Beobachtungen haben gezeigt, dass der Mischschwaden durch seinen gro-

ßen Massenstrom und die ausgeprägte Struktur seiner inneren Bewegung

(Wärmeinventar) in der Lage ist, wesentlich höher in der Atmosphäre aufzu-

steigen als der Rauchgasschwaden aus einem Schornstein. Der Misch-

schwaden kann vor allem höher in Inversionsschichten eindringen. Dadurch

breitet sich der Mischschwaden in größerer Höhe als eine Schornsteinemis-

sion aus. Die Rauchgasableitung über Kühltürme führt zu niedrigeren Im-

missionen als die Schornsteinlösung, wenn die Bauhöhen von Kühlturm und

Schornstein einander entsprechen. Im Nahbereich der Emissionsquellen

stellt die Kühlturmlösung für die Ableitung der Rauchgase im gesamten Be-

reich der stabilen Wetterlagen die eindeutig günstigere Lösung im Ver-

gleich mit einer Schornsteinlösung dar. Bei einer besonders austauschar-

men und deshalb kritischen Wetterlage ist es die beste Lösung im Hinblick

auf einen wirksamen Schutz der unteren Atmosphäre. Erhöhte Immissions-

belastungen im Bereich von Großauheim / Hanau können bei einer Rauch-

gasableitung des Blocks 6 über den Kühlturm ausgeschlossen werden

(Quelle: VDI- Fortschrittsbericht Reihe 15, Nr. 45 1986, Seite 5, 6, 296). Zu

Beginn des Genehmigungsverfahrens Staudinger Block 6 wurde mit Datum

6. Januar 2007 eine vergleichende Immissionsprognose zwischen der

Schornsteinableitung und der Kühlturmableitung der Rauchgase durchge-

führt. Die vergleichende Prognose kommt zu dem Ergebnis, dass hinsicht-

lich der betrachteten Luftschadstoffparameter NO2, SO2, PM10 und Staub-

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niederschlag die Ableitung über Kühlturm zu erheblich niedrigeren Immis-

sionen als bei Ableitung über einen Schornstein führt.

Die Modellierung der Konversion von NO und NO2 ist im Modell

AUSTAL2000 fest vorgegeben. Sie repräsentiert den Stand der Technik und

ist außerdem Konvention für die im Genehmigungsverfahren dargelegten

Betrachtungen.

VII.3.3.2.2.2. Höhe der Emissionen

Die Vorgaben der 37. BImSchV sind in die 13. und 17. BImSchV übergegan-

gen. Die Verordnungen des Bundes- Immissionsschutzgesetzes – wie die

13. BImSchV – setzen europäisches Recht in nationales Recht um. Block 6 er-

füllt Anforderungen, die über das Maß der 13. BImSchV hinausgehen. Ent-

sprechende Nebenbestimmungen zur Überwachung der Anforderungen

werden bereits im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung (zur Absicherung der

Prognoseentscheidung) festgelegt. Weitergehende anlagenbezogene An-

forderungen sind an den Block 6 zur Gewährleistung seiner Genehmigungs-

fähigkeit nicht zu stellen.

In immissionsschutzrechtlichen Verfahren sind die Stickoxidemissionen im-

mer als NO2- Werte anzugeben. Diese setzen sich aus den tatsächlichen

NO- und NO2- Anteilen zusammen und werden in der Summe als NOx be-

zeichnet. Das Emissionsversprechen beinhaltet beide Stickstoffparameter.

Dem Anhang A0-2 „Emissionsrelevante Kenndaten des Blocks 6“ der Immis-

sionsprognose sind die beantragten Emissionskonzentrationen zu entneh-

men. So ist für NH3 beispielsweise eine Emissionskonzentration von 2mg/m³

im Reingas angegeben.

VII.3.3.2.3. Quecksilberemissionen

Die in der Immissionsprognose angegebene Quecksilberkonzentration und

-fracht sind richtig wiedergegeben. Die Angaben in der Umweltverträglich-

keitsuntersuchung, Kapitel 4.4.1.2, Seite 11, sind identisch zu den Angaben

in der Immissionsprognose. Die niedrigere Emissionsbegrenzung ist bean-

tragt und als Grenzwert und dessen Überwachung im Bescheid zur 1. Teil-

genehmigung festgelegt. Die zukünftigen zulässigen Quecksilber- Emissio-

nen des Kraftwerks Staudinger in Luft und Wasser werden in der FFH- Ver-

träglichkeitsuntersuchung berücksichtigt und bewertet. Die Abscheidung

von Quecksilber aus dem Rauchgas erfolgt vornehmlich in der nassen

Rauchgasentschwefelungsanlage (REA). Dort wird oxidiertes Quecksilber

(Hgox) gut abgeschieden. Elementares Quecksilber (Hgel) kann nicht oder

nur schwer abgeschieden werden. Ziel ist also, einen möglichst hohen pro-

zentualen Anteil von oxidiertem Quecksilber im Rauchgas vor Eintritt in die

REA zu erreichen. Dazu bedient man sich der vorgeschalteten SCR- Denox-

Anlage des Kraftwerks. In der SCR- Denox- Anlage wird das im Rauchgas

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enthaltene Stickoxid unter Zugabe von Ammoniak an einem Katalysator in

Stickstoff und Wasser umgewandelt. Gleichzeitig wird in einer Nebenreakti-

on elementares Quecksilber zu oxidiertem Quecksilber umgewandelt. Nach

Durchströmen des Katalysators liegt der Großteil des Quecksilbers im

Rauchgas in oxidierter Form vor und kann in der REA abgeschieden wer-

den. Das Quecksilber wird dann mit dem Abwasser aus der REA ausge-

schleust und der REA Abwasser Aufbereitungsanlage (RAA) zugeführt. Zur

Optimierung der Hg-Abscheidung wird zurzeit im bestehenden Block 5 des

Kraftwerkes Staudinger ein Langzeitversuch (über drei Jahre) zum Einsatz

eines neuen Katalysators mit dem Handelsnamen TRAC durchgeführt. Die

Verbesserung der Quecksilber- Abscheidung basiert damit zukünftig auf

speziell für die Quecksilberoxidation ausgelegten Katalysatormaterialien un-

ter Beibehaltung der gleichzeitig erforderlichen Entstickungsreaktion. Hier-

durch soll der Anteil von Hgox im Rauchgas erhöht werden. Die Quecksilber-

Emissionen von Block 6 werden kontinuierlich überwacht. Im Bescheid zur

1. Teilgenehmigung sind die beantragten Grenzwerte für Quecksilber, die

über den in der 13. BImSchV festgelegten Stand der Technik hinaus gehen,

und deren Überwachung festgelegt. Ergebnisse der Langzeitversuche in

der Entstickungsanlage von Block 5 in Bezug auf weitergehende, potentiell

realisierbare Anforderungen zur Quecksilber- Minimierung sind nicht vor-

hersehbar. Für den Fall, dass die Langzeitversuche zur Abscheidung von

Quecksilber im Rauchgas des Blocks 5 ergeben sollten, dass geringere Hg-

Emissionskonzentrationen und -frachten als beantragt künftig sicher einge-

halten werden können, legt der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung in einer

Nebenbestimmung fest, dass jeweils die Hinzufügung weiterer Auflagen mit

dem Inhalt ausdrücklich vorbehalten bleibt, dass die Festlegung von über

den Stand der Technik hinausgehenden Hg- Grenzwerten, die noch unter-

halb der beantragten Hg-Konzentrationen liegen, vorgeschrieben werden.

VII.3.3.2.4. Selbstverpflichtung / Überwachung der Selbstverpflichtung

Die Blöcke 4, 5 und 6 werden nicht das ganze Jahr über in Volllast betrie-

ben. Maßgebend sind die Selbstverpflichtungen der Antragstellerin in Be-

zug auf die Jahres-Emissionsfrachten der Blöcke 4, 5 und 6 für Staub, SO2

und NOx, die die im VGB-Gutachten angegebenen Emissionsfrachten nicht

überschreiten und deren Einhaltung überwacht wird. Die Antragstellerin

verpflichtet sich selbst, dass nach Inbetriebnahme von Block 6 und Stillle-

gung der Blöcke 1 bis 3 die Emissionen an Staub, SO2 und NO2 niedriger

als im Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2006 sein werden. Hierzu enthält Ta-

belle 1 auf S. 9/16 und 10/16 des Anschreibens sowie Kap. 3 Ziffer 3.1, Seite

20, der Antragsunterlagen i. V. m. der Landesplanerischen Beurteilung, 2.

Teil, III e) die Selbstverpflichtungen der Antragsstellerin in Bezug auf Mas-

senkonzentrationen für NO2 (Halbstundenmittelwert von 190 mg/m³, Ta-

gesmittelwert von 95 mg/m³), SO2 (Halbstundenmittelwert von 140 mg/m³,

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Tagesmittelwert von 70 mg/m³) und Staub (Halbstundenmittelwert von 20

mg/m³, Tagesmittelwert von 10 mg/m³) - jeweils bezogen auf den Bezugs-

sauerstoffgehalt im Normzustand, trocken, von 6% O2 - sowie in Bezug auf

jährliche Emissionsfrachten für SO2 (weniger als 1219 t/a), NO2 (weniger als

3554 t/a) und Staub (weniger als 221 t/a) unabhängig von der Stromproduk-

tion, die künftig etwa doppelt so groß sein wird (verschärfte Selbstverpflich-

tung). Die Selbstverpflichtung der Antragstellerin impliziert die Aussage,

dass kein Anstieg der kraftwerkseitigen Immissionen für SO2, NO2 und Staub

nach Inbetriebnahme von Block 6 gegenüber dem langjährigen Mittel der

zurückliegenden Jahre 1996 bis 2006 eintritt (vgl. Anschreiben S. 10/16 und

Kap. 3, S. 20/87).

Block 2 wurde bis 2001 betrieben. Dies hat die Vorhabensträgerin berück-

sichtigt (die Selbstverpflichtung bezieht sich explizit auf den Zeitraum 1996

bis 2006, in dem der Block 2 noch zeitweise betrieben wurde, nicht auf die

derzeitige Emissionssituation ohne Block 2). Die Festlegung solcher Grenz-

werte für Frachten ist rechtlich nicht opportun. Eine solche Selbstverpflich-

tung ist zulässig und geht über den Stand der Technik hinaus. Obwohl die

Antragstellerin als Status- Quo den Zeitraum 1996 bis 2006 und nicht einen

Zeitraum der letzten Jahre definiert, ist die Selbstverpflichtung insofern eine

strenge Maßgabe für die Vorhabensträgerin, zumal sie unabhängig von der

Stromproduktion beantragt ist.

Die Überwachung der Selbstverpflichtungen der Antragstellerin wird durch

Nebenbestimmungen im Bescheid für die 1. Teilgenehmigung sicherge-

stellt. Zudem verpflichtet sich die Antragstellerin über die Anforderungen

der 13. BImSchV hinaus zur Einhaltung geringerer Emissionsgrenzwerte für

Quecksilber (Halbstundenmittelwert von 0,025 mg/m³, Tagesmittelwert von

0,015 mg/m³; entspricht jeweils 50 % der Grenzwerte der 13. BImSchV). Für

die anderen Schwermetalle legt die 13. BImSchV für mit Kohle betriebene

Kraftwerke keine Emissionsgrenzwerte fest. Über den Stand der Technik

hinaus werden für diese Schwermetalle die Emissionskonzentrationen, die in

die Immissionsprognose eingegangen sind, als Grenzwerte und deren

Überwachung im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung festgelegt. Die Queck-

silberkonzentrationen werden wie die SO2-, NO2- und Staubkonzentratio-

nen von Block 6 kontinuierlich überwacht. Der Bescheid zur 1. Teilgenehmi-

gung enthält hierzu Nebenbestimmungen.

Basis für die Berechnung der übrigen Schwermetallimmissionen sind die

Elementaranalysen eingesetzter Kraftwerkskohlen unterschiedlicher Prove-

nienzen. Die Steinkohle durchläuft einen Inkohlungsprozeß von 250 bis 300

Mio. Jahre. Die zukünftige Betriebszeit des Blocks 6 von ca. 40 Jahre wird an

der Zusammensetzung der Steinkohlen nichts ändern. Die am Block 5 be-

stimmten Transferfaktoren hinsichtlich der Abscheidung, der Einbindung in

Reststoffe als auch der Ableitung über den Luft- und Wasserpfad wurden

bei reinem Kohlebetrieb ermittelt und sind auf Block 6 anwendbar. Die im

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Kapitel 7.1 „Stoffe“ aufgeführten Schwermetalle entsprechen den in der 13.

BImSchV unter § 3 Abs. 1 Nr. 3 genannten Elementen. Entscheidend ist,

dass die Überwachung der in die Immissionsprognose eingegangenen

Schwermetall-Emissionen in Nebenbestimmungen des Bescheides zur 1.

Teilgenehmigung festgelegt ist. Darüber hinaus wird der überwiegende An-

teil der in der 13. BImSchV genannten Schwermetalle – wie in der von dem

Deutsch-Französischen Institut für Umweltforschung (DFIU) und der Univer-

sität Karlsruhe zwischen 1996 und 1998 im Rahmen des Projekts „Europäi-

sches Forschungszentrum für Maßnahmen zur Luftreinhaltung“ (PEF) durch-

geführten Studie „Analyse der Schwermetallströme in Steinkohlefeuerun-

gen, Einfluss der Kohlesorte und des Lastzustandes“ und in der Stellung-

nahme des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, Ludwig-

Mond-Straße 33, 34121 Kassel, vom 5. August 2010, dargelegt - im glei-

chem Umfang wie Staub abgeschieden (Ausnahme Quecksilber – hierzu

enthält der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung, wie bereits dargelegt – ge-

sonderte Regelungen). Damit die Antragstellerin ihre Selbstverpflichtung

einhalten kann, muss Block 6 im Jahresmittel für Staub eine Konzentration

von 5 mg/m3 einhalten. Dieser Wert entspricht 50 % der Emissionskonzent-

ration, die in die Immissionsprognose eingegangen ist. Insofern stellt die

Immissionsprognose auch eine konservative Abschätzung der Zusatzbelas-

tungen für die überwiegend an partikelgebundenen Schwermetallemissio-

nen dar. Die kontinuierliche Überwachung der Selbstverpflichtungen der

Antragstellerin ist in Nebenbestimmungen des Bescheides zur 1. Teilge-

nehmigung festgelegt. Weiterhin wird sich in einer Nebenbestimmung des

Bescheides zur 1. Teilgenehmigung vorbehalten, dass - sobald ein eig-

nungsfestgestelltes Langzeitprobenahmesystem für die quasikontinuierliche

Überwachung von Schwermetallkonzentrationen auf dem Markt verfügbar

ist - dem Regierungspräsidium Darmstadt und dem Hessischen Landesamt

für Umwelt und Geologie (HLUG), Außenstelle Kassel, Ludwig-Mond-Straße

33, 34121 Kassel, ein Konzept für die Nachrüstung von Block 6 mit einem

solchen Langzeitprobenahmesystem zur Abstimmung vorzulegen ist und

das Regierungspräsidium Darmstadt sich nach Vorlage und Prüfung eines

solchen Konzeptes vorbehält, nachträglich zu fordern, dass Block 6 mit ei-

nem solchen System nachzurüsten ist und die Konzentrationen der Schwer-

metalle quasikontinuierlich zu überwachen sind. Diese Anforderungen ge-

hen weit über die Maßgaben der 13. BImSchV, die den Stand der Technik

festlegt und für Steinkohlekraftwerke keine Überwachung der Schwerme-

tallemissionen fordert, hinaus.

Bei ausschließlich mit Steinkohle befeuerten Kraftwerken sieht die 13.

BImSchV keine Begrenzung der Schwermetalle und B(a)P und keine mess-

technischen Anforderungen zur Überwachung dieser Emissionen vor (§ 3

Abs.2). Dennoch sind im Bescheid für die 1. Teilgenehmigung - über den

Stand der Technik hinaus – Grenzwerte für Schwermetall- und B(a)P- Emis-

sionskonzentrationen und Anforderungen bezüglich deren Überwachung

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festgelegt. Ebenso regelt der Bescheid die Begrenzung und Überwachung

des Summenparameters PCDD/F gemäß den Anforderungen der 13.

BImSchV. Der Block 4 ist ein mit Erdgas befeuerter Kraftwerksblock, bei

dem die Festsetzung von Dioxin-Grenzwerten nicht erforderlich ist. Für den

Block 5 ist bereits ein Dioxin-Grenzwert gemäß der 13. BImSchV festgelegt.

Nebenbestimmungen zur Überwachung der Dioxin-Emissionen im Block 6

sind im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung festgelegt.

Die 13. BImSchV fordert auch keine Messungen der NH3- Emissionen. Der

Bescheid zur 1. Teilgenehmigung legt über den Stand der Technik hinaus

2mg/m³ – entsprechend den Eingangsdaten der Immissionsprognose - als

Grenzwert für diesen Parameter fest. Der NH3- Schlupf wird zum Einen indi-

rekt über die NH3- Konzentration in der Flugasche, zum Anderen im REA-

Abwasser überwacht. Obwohl eine kontinuierliche Messung der NH3- Emis-

sionen nach rechtlichen Vorgaben nicht erforderlich ist, regelt der Bescheid

zur 1. Teilgenehmigung, dass o.a. Grenzwert durch kontinuierliche Messun-

gen emissionsseitig überwacht wird. Mit der in 2004 vorgenommenen No-

vellierung der 13. BImSchV ist die Grenzwertfestsetzung hinsichtlich HCl

und HF entfallen, weil für Kohlekraftwerke diese Parameter keine Bedeu-

tung mehr besitzen. Dennoch regelt der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung

über den Stand der Technik hinaus die kontinuierliche Überwachung dieser

Parameter. Als Grenzwerte werden die Emissionskonzentrationen festge-

legt, die als Eingangsdaten in die Immissionsprognose eingegangen sind.

In Block 5 wird das Rauchgas auch über einen Kühlturm emittiert. Von der

Antragstellerin werden – gemessen am tatsächlichen Betrieb von Block 5 –

unterschiedliche Lastfälle in der Immissionsprognose berücksichtigt. Der in

der Immissionsprognose zugrunde gelegte zeitliche Verlauf der Lastfälle für

den Steinkohlekessel wie auch die Hilfskessel entspricht eher dem tatsäch-

lich zu erwartenden Betrieb als die Annahme eines Volllastbetriebes mit

maximaler Wärmeauskopplung. Entscheidend ist die Überwachung der in

der Immissionsprognose zugrunde gelegten Emissionen der in der

13. BImSchV festgelegten Parameter sowie die Überwachung der Selbst-

verpflichtungen der Antragstellerin – wie in Nebenbestimmung des Be-

scheides zur 1. Teilgenehmigung festgelegt. Die in Formular 8/1 genannten

Betriebszustände und zugehörenden Betriebszeiten sind identisch zu denen

in der Immissionsprognose aufgeführten. Zutreffend ist, dass beim Anfahren

des Blocks aus dem kalten Zustand und bei Lastwechseln Änderungen im

Emissionsverhalten der Anlage auftreten. Anfahrvorgänge aus dem kalten

Zustand kommen allerdings während der Reisezeit der Anlage relativ wenig

vor, z. B. nach einer Revision. In diesen Fällen wird die Anlage vor dem Ein-

satz von Kohle mit Heizöl vorgeheizt. Bei allen genannten Betriebszuständen

sind die Abluftreinigungsanlagen in Betrieb. Die Emissionen, insbesondere

die Staubemissionen, bewegen sich daher grundsätzlich im zulässigen Be-

reich. Die in den Zeitdiagrammen ohne Übergang dargestellten Lastsprün-

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ge erfolgen in der betrieblichen Realität gleitend. Diese gleitenden Über-

gänge lassen sich jedoch praktisch zeichnerisch nicht darstellen und in den

Eingangsdaten der Immissionsprognose nicht abbilden. Die Emissionen

werden auch bei diesen Lastwechseln kontinuierlich messend überwacht.

Im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung ist die Art und Weise der kontinuierli-

chen Emissionsmessungen, die dem Stand der Technik entspricht, geregelt.

Bei einem Ausfall der Entstickungsanlage darf gemäß § 12 der 13. BImSchV

ein Kraftwerk während eines Jahres höchstens 120 Stunden mit den Roh-

gaskonzentrationen 600 mg/m³ betrieben werden.

Technische Alternativen wurden im Rahmen des Raumordnungsverfahrens

geprüft. Die Ergebnisse aus dem Raumordnungsverfahren hierzu werden im

BImSchG-Verfahren berücksichtigt. Geprüfte Alternativen und Ergebnisse

aus der Bewertung der Alternativen werden im Antrag, Kap. 3, S. 68/87 und

69/87, dargestellt.

Bei den Parametern NOx, SOx, Staub und Quecksilber werden Emissions-

konzentrationen beantragt, die deutlich unterhalb der Emissionsgrenzwerte

der 13. BImSchV liegen.

Die im Bescheid festgelegten Emissionsgrenzwerte sind im Anlagenbetrieb

einzuhalten (siehe Nebenbestimmungen V.3). Die Einhaltung der Emis-

sionsgrenzwerte ist durch kontinuierliche Messungen und Einzelmessungen

nachzuweisen (vgl. 13. BImSchV bzw. Nebenbestimmungen V.4).

In das Messkonzept werden zusätzlich zu den maßgebenden Parametern

der 13. BImSchV Chlorwasserstoff, Fluorwasserstoff, Ammoniak (jeweils kon-

tinuierliche Messung) sowie die Metalle gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) bis c) der

13. BImSchV (jeweils diskontinuierliche Messung) einbezogen.

Die Emissionsfracht an Benzo(a)pyren unterschreitet den Bagatellmassen-

strom gemäß Nr. 4.6.1.1 der TA Luft deutlich, so dass hier kein Regelungs-

bedarf im Hinblick auf die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten besteht.

Dennoch werden die Emissionen an Benzo(a)pyren in den Nebenbestim-

mungen V.3 begrenzt und überwacht. Die Parameter Ameisensäure und

Formaldehyd sind ebenfalls nicht von Emissionsrelevanz. Vorsorglich wer-

den die Parameter Ameisensäure und Formaldehyd nach Inbetriebnahme

des Blocks 6 einmalig messtechnisch überwacht (siehe Nebenbestimmung

V.4).

Die Einhaltung der Selbstverpflichtung der Antragstellerin zur Begrenzung

der Emissionsfrachten für NOx, SOx und Staub im Gesamtkraftwerksbetrieb

ist durch die Nebenbestimmungen V.6 sichergestellt.

Die eingesetzte Rauchgasreinigungstechnik ist geeignet, die Emissionswer-

te der 13. BImSchV bzw. die im Bescheid festgelegten Emissionswerte ein-

zuhalten bzw. zu unterschreiten.

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Zur Optimierung der Quecksilber-Abscheidung wird ein spezieller Katalysa-

tor in einem Langzeitversuch im Block 5 des Kraftwerk Staudinger einge-

setzt, dessen Wirksamkeit die Antragstellerin im Rahmen dieses Versuchs-

betriebes über 3 Jahre nachweisen will.

Bei Ausfall des E-Filters erfolgt eine Schnellabschaltung des Blocks 6 inner-

halb von 30 Sekunden, so dass auch in diesem Betriebsfall keine schädli-

chen Umwelteinwirkungen zu besorgen sind. Die Anlage verfügt über kei-

nen Bypass für die Abgasableitung.

VII.3.3.3. Gesundheitlich / toxikologische Auswirkungen auf den Menschen

VII.3.3.3.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Zur Bewertung von Luftschadstoffen liegen Bewertungsmaßstäbe mit der

TA Luft, der 39. BImSchV sowie sonstigen anerkannten Beurteilungswerten

(u.a. LAI) vor. Zur Beurteilung der Immissionssituation / -beiträge krebser-

zeugender Stoffe (Arsen, Cadmium, Chrom, Nickel, Benzo(a)pyren, Dioxine

/ Furane) wird der Bericht des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI)

„Bewertung von Schadstoffen+ für die keine Immissionswerte festgelegt

sind“ (September 2004) zugrunde gelegt.

Grundlage für die Bewertung der Keimbelastung ist der Gesamtkeimgehalt

im Abluftschwaden bzw. im Betriebswasser. Bezugnehmend auf die VDI

4250 Blatt 1 (2009, Entwurf) ist in Hinsicht auf die umweltmedizinische Be-

wertung von Bioaerosolen eine Ableitung von wirkungsbezogenen Grenz-

und Schwellenwerten auf der Basis von Erkenntnissen aus toxikologischen

und umweltepidemiologischen Untersuchungen nicht möglich.

Die Bewertung der Keime im Abluftschwaden kann unter Bezugnahme auf

die Keimbelastung unbelasteter Außenluft erfolgen.

VII.3.3.3.2. Wesentliche Einwendungen

VII.3.3.3.2.1. Legionellen

Es wird eingewandt, dass durch den Betrieb des geplanten Kühlturms hohe

Emissionen an Keimen und Legionellen die Gesundheit der Bevölkerung

beeinträchtigen könnten. Gesundheitliche Beeinträchtigungen werden auch

durch die Bildung von Bakterien und deren Freisetzung sowie durch die

Freisetzung von Bioziden befürchtet.

Es lägen zwar bislang keine Publikationen über Epidemien aus Kühlanlagen

von Kraftwerken vor, jedoch gäbe es Warnungen der staatlichen französi-

schen Aufsichtsbehörde vor hohen Legionellen- Konzentrationen in Kühl-

türmen von Kraftwerken. Auch die Kommission der Europäischen Union ge-

he davon aus+ dass viele Kühltürme („cooling towers“) mit einer hohen Zahl

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an Legionellen verseucht seien. Für die in der Nähe wohnenden Menschen

könnten die über den entweichenden Wasserdampf aus ihren Brutstätten im

Kühlturm gelangenden Legionellen ein unmittelbares Gesundheitsrisiko

darstellen. Studien im schottischen Glasgow würden belegen, dass die im

Umkreis von 0,5 km eines jeden Kühlturms lebende Bevölkerung im Ver-

gleich zur Bevölkerung in 1 km Entfernung ein mehr als dreifach höheres Ri-

siko habe, an einer Legionellose zu erkranken.

Der Nachweis, dass die Bevölkerung der Region im Umfeld des Kraftwerk-

standortes Staudinger in ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden durch

den Bau des Blocks gefährdet würden, wäre nicht erbracht worden.

Die Gesamtheit aller Belastungen der Luft durch den Ausstoß luftfremder

Emissionen aus Flugabgasen, Industrieansiedlungen, Verkehr sei nicht ge-

meinsam betrachtet worden.

Die Planung des neuen Kraftwerks würde das Grundrecht auf Gesundheit

und körperliche Unversehrtheit beeinträchtigen, denn die Gesamtimmissio-

nen des Kohlekraftwerkes würden mit schädlichen Verunreinigungen der

Luft, des Wassers und des Bodens sowie mit erheblichen Lärmbelastungen

verbunden sein. Im Rahmen des Verfahrens wären umfangreiche medizini-

sche Untersuchungen der Vor- und Zusatzbelastungen auf die Gesundheit

der Anwohner des Kraftwerks durchzuführen gewesen.

Es wurde eingewandt, dass die Auswirkungen der Gesamtimmissionen der

Kraftwerksänderungsplanung auf den Gesundheitszustand eines 75 kg

schweren Mannes betrachtet würden. Die Bevölkerung bestünde jedoch

auch aus leichteren Frauen, empfindlicheren älteren Menschen und Kin-

dern. Die Bewertung der Gesundheitsgefahren und Schadstoffbelastung

der im Block 6 zu verbrennenden Stoffe (radioaktive Kohle, Petrolkoks,

Tiermehl und Klärschlamm) auf Basis des Körpergewichts eines Kleinkindes

wäre daher notwendig. Spitzenbelastungen wären nicht in den Bewer-

tungsmaßstab einbezogen.

Die Einwender argumentierten, dass eine "objektive" umweltmedizinische

Bewertung der Folgeerkrankungen fehlen würde, die durch die Multiplika-

tionswirkung der Schadstoffe schon jetzt die Menschen erkranken ließe. Es

fehle eine interdisziplinäre Bewertung der ansteigenden Krankenzahlen in

der Umgebung um das Kraftwerk Staudinger.

VII.3.3.3.2.2. Stäube, Feinstäube, Aerosole

Es wird befürchtet, dass durch die Bodenberührung der Kühlturmschwaden

(bei sehr hohen Windgeschwindigkeiten) ein Einatmen / Inhalation des

Schwadens und damit seiner luftfremden Inhaltsstoffe möglich sei.

Es wurde vorgetragen, die Feinstaubwerte seien im Dezember 2007 bei

Messungen über mehrere Tage hinweg so hoch gewesen, dass eine erheb-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 239 von 321

liche Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung im Raum Hanau / Aschaf-

fenburg bestanden habe. An der Messstelle Kahl sei die höchste Feinstaub-

konzentration ermittelt worden.

Feinstaub verkürze die Lebenserwartung der Anwohner des bestehenden

Kraftwerkes Staudinger und dies würde durch den Block 6 noch verschärft.

Trotzdem würde diesem Risiko in den Unterlagen zum Vorhaben nicht die

ihm zukommende Beachtung bei der Gefahrenabwehr geschenkt. Die

Staubemission durch Auswehungen aus dem Umschlag der Kohle führt trotz

teilweiser Einhausung des Kohlebunkers zu erheblichen Gesundheitsgefah-

ren für die Anwohner. Das Problem der Feinstäube, speziell der kontami-

nierten, blieb unberücksichtigt.

Auch wenn das Humantoxikologische Gutachten zu dem Ergebnis kommt,

dass es sich dabei um Belastungen handelt, wie sie "üblicherweise in städti-

schen Gebieten in Deutschland anzutreffen sind", wird darauf hingewiesen,

dass aus präventivmedizinischer Sicht dafür Sorge getragen werden sollte,

dass die aus dem Hausbrand und Verkehr stammende PM10- und PM2,5-

Vorbelastung reduziert. Es wird befürchtet, dass die Bürger im Umkreis des

Kraftwerkes ihre Hausheizungen drosseln und den Verkehr reduzieren

müssten, damit die zusätzlichen Belastungen des Blocks kompensiert wür-

den.

Säuglinge und Kleinkinder nähmen Umweltgifte wie zum Beispiel Feinstäu-

be oral auf. Die Auswirkungen wären nicht annähernd bekannt und es lägen

noch keine Langzeitstudien über mögliche Gefährdungen vor.

VII.3.3.3.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

In dem Gutachten „Mikrobiologisch-hygienische Auswirkungen durch den

Betrieb des geplanten Naturzug- Nasskühlturmes von Block 6 im Kraftwerk

Staudinger+ Großkrotzenburg (Rev.01)“ vom 15. Mai 2009 wurden ausführ-

lich die mikrobiologisch- hygienischen Auswirkungen durch den Betrieb des

Naturzug- Nasskühlturms von Block 6 im Kraftwerk Staudinger Großkrot-

zenburg beschrieben.

Das Gutachten stellt fest, dass keine relevanten mikrobiologischen Emissio-

nen über den Schwaden freigesetzt werden und nachhaltige gesundheitli-

che Auswirkungen nicht zu erwarten sind (siehe Seiten 22 und 23 von 24 im

Gutachten).

Die Antragstellerin hat sowohl in vorliegenden Genehmigungsunterlagen

und im oben genannten Gutachten (Bestandteil der Genehmigungsunterla-

gen) darauf hingewiesen, dass im Kühlwassersystem des Kühlturms Block 6

der Einsatz von Bioziden und anderen möglichen Hilfsstoffen zur Aufberei-

tung des Kühlwassers nicht vorgesehen sind, die Antragstellerin hat dies

nicht beantragt.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 240 von 321

Die Bildung von Biofilmen (mit Keimvermehrung) in den Kühlwasserleitun-

gen ist nicht zu befürchten und wird durch spezifische Reinigungsmethoden

mit Schaumstoffkugeln schon aus thermodynamischen Gründen verhindert.

Es sind bislang keine Publikation über Epidemien aus derartigen Kühlanla-

gen, Naturzugnasskühltürmen, von Kraftwerken bekannt. Die Kühltechnik

mittels Naturzugnasskühltürmen ist nicht zu verwechseln mit den Emissio-

nen aus kleinen Rückkühlanlagen (zum Beispiel Glasgow), die in Publikatio-

nen missverständlich als „cooling towers“ bezeichnet werden (Seite 16 von

24 im Gutachten). Ebenso viele Fehlinterpretationen hat ein Bericht der

„Agence Française de Securité Sanitaire de l’Environnement et du Travail“

(AFSSET) vom 21. Juni 2006 ausgelöst. Aufgrund dieses Berichtes stellte die

Europaabgeordnete Frau Hiltrud Breyer Fragen an die EU- Kommission und

erhielt am 21. September 2006 die Antwort P-3694/06 De von Herrn

Kyprianou im Namen der Kommission. Auf die kleine Anfrage der Abge-

ordneten N. Maisch, C. Behm, H.-J. Fell und weiteren Abgeordneten und

der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN wurde in der Drucksache 16/7689

vom 8. Januar 2008 aus dem Deutschen Bundestag geantwortet.

Wie aus der Drucksache ersichtlich, wurde weder durch die Experten in der

EU- Kommission, noch im Deutschen Bundestag die Besorgnis geteilt, dass

Gesundheitsgefahren durch Legionellen in der Nähe von Kraftwerks- Kühl-

türmen (Naturzugnasskühltürmen) bestünden.

In den Jahren 2007 und 2008 fand ein umfangreiches Messprogramm statt,

das im Anhang des o.g. Gutachtens dokumentiert ist. Diese Messungen zei-

gen, dass keine bzw. (in Einzelfällen) irrelevante Mengen an Legionella

pneumophilia im Kühlwasserkreislauf des Blocks 5 vorhanden sind. Somit

kann eine Gefährdung durch den Austrag von Legionellen auch aus dem

Naturzug- Nasskühlturm des Blocks 6 ausgeschlossen werden.

VII.3.3.3.3.1. Immissionssituation / -beiträge Luftschadstoffe / Humantoxikologie

Bereits im Raumordnungsverfahren wurde eine umweltmedizinisch-

humantoxikologische Bewertung der Immissionssituation in der Umgebung

des Kraftwerks unter Einbezug der Erweiterungsplanung in Form eines

Fachgutachtens (GUK, 2008, Anlage 22-4) vorgelegt. In die Bewertung wur-

den alle betrachtungsrelevanten Schadstoffparameter (cancerogene und

nicht cancerogene Parameter) einbezogen.

Im Ergebnis der gutachtlichen Bewertung sind keine gesundheitlichen Be-

einträchtigungen für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerkes Staudinger

wohnende Bevölkerung durch das geplante Vorhaben anzunehmen (GUK,

2008).

Die Zusatzbelastungen liegen bis auf wenige Ausnahmen (Quecksilber und

Dioxin-/Furandeposition; s. Kapitel I. 2.4.1.2) unterhalb der Irrelevanz-

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schwellen der TA Luft, sie sind damit praktisch nicht nachweisbar und daher

als vernachlässigbar einzustufen.

Die Gesamtbelastungen an allen Messpunkten liegen für alle bewerteten

Substanzen (einschließlich Quecksilber und Dioxin-/Furandeposition) deut-

lich unterhalb der jeweiligen Beurteilungswerte. Eine nachteilige Wirkung

auf die Gesundheit der Bevölkerung durch sie kann ausgeschlossen werden

(GUK, 2008).

Die umweltmedizinisch-humantoxikologische Einzelstoffbewertung stellt

sich zusammenfassend wie folgt dar (GUK, 2008 und ergänzende Stellung-

nahme vom 16. Juli 2010) (vgl. im Weiteren Zusammenfassende Darstel-

lung, Kapitel 4.3.1.2.2):

VII.3.3.3.3.2. Stäube

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht verändern die zusätzli-

chen PM10- bzw. PM2,5-Konzentrationen und Staubniederschläge das vor-

handene Gesundheitsrisiko der Bevölkerung praktisch nicht.

VII.3.3.3.3.3. Stickstoffdioxid (NO2)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht verändert sich das vor-

handene gesundheitliche Risiko durch die NO2-Konzentrationen praktisch

nicht.

VII.3.3.3.3.4. Schwefeldioxid (SO2)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht sind die SO2-

Immissionskonzentrationen des geplanten Vorhabens als vernachlässigbar

einzustufen.

VII.3.3.3.3.5. Antimon (Sb)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung in der PM10-Fraktion und im Staubniederschlag an Antimon als uner-

heblich zu beurteilen; der Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch nicht

nachweisbar und damit als bedeutungslos einzustufen.

VII.3.3.3.3.6. Arsen (As)

Die Gesamtbelastung im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks Staudinger

durch Arsen in der PM10- Fraktion sowie im Staubniederschlag liegt im Hin-

blick auf die vorliegenden Toxizitätsdaten in einem Konzentrationsbereich,

der eine über das üblicherweise vorhandene (Krebs)-Risiko hinausgehende

Gefährdung der Bevölkerung mit großer Sicherheit ausschließt.

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VII.3.3.3.3.7. Blei (Pb)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Blei sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag als

heutzutage üblicherweise vorkommend einzustufen, sie ist als unerheblich

zu beurteilen. Der Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch nicht nach-

weisbar und damit für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks wohnende

Bevölkerung als vernachlässigbar einzustufen.

VII.3.3.3.3.8. Cadmium (Cd)

Die Gesamtbelastung von Cadmium ist sowohl in der PM10- Fraktion als

auch im Staubniederschlag an allen hier betrachteten Messpunkten aus

umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht als unerheblich zu beurtei-

len.

VII.3.3.3.3.9. Chrom (Cr)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung von Chrom sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag

an allen hier betrachteten Messpunkten als unerheblich zu beurteilen; der

Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch nicht nachweisbar und damit

als vernachlässigbar einzustufen.

VII.3.3.3.3.10. Cobalt (Co)

Die Gesamtbelastung im Einzugsbereich des Kraftwerks durch Cobalt in der

PM10- Fraktion sowie im Staubniederschlag liegt im Hinblick auf die vorlie-

genden Toxizitätsdaten in einem Konzentrationsbereich, der eine über das

üblicherweise vorhandene (Krebs)-Risiko hinausgehende Gefährdung der

Bevölkerung mit großer Sicherheit ausschließt.

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Cobalt sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag

für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks wohnende Bevölkerung als

unerheblich; der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch

nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustufen.

VII.3.3.3.3.11. Kupfer (Cu)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Kupfer sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staubniederschlag

als unerheblich; der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch

nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustufen.

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VII.3.3.3.3.12. Mangan (Mn)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Mangan sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staubniederschlag

als unerheblich; der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch

nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustufen.

VII.3.3.3.3.13. Nickel (Ni)

Die Gesamtbelastung durch Nickel liegt in der PM10-Fraktion sowie im

Staubniederschlag im Hinblick auf die vorliegenden Toxizitätsdaten in ei-

nem Konzentrationsbereich, der eine über das üblicherweise vorhandene

(Krebs)-Risiko hinausgehende Gefährdung der Bevölkerung mit großer Si-

cherheit ausschließt.

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Nickel sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag

für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks Staudinger wohnende Bevöl-

kerung als üblicherweise vorkommend einzustufen.

VII.3.3.3.3.14. Quecksilber (Hg)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Zusatzbelastung

an Quecksilber im Schwebstaub (PM10) als vernachlässigbar einzustufen; die

gesundheitliche Situation wird sich durch die zusätzlichen Quecksilber-

Immissionen nicht verändern.

Die Gesamtbelastung der Quecksilberdeposition ist als üblicherweise vor-

kommend bzw. als niedrig zu bewerten, aus umweltmedizinisch-

humantoxikologischer Sicht ist sie als unerheblich einzustufen.

VII.3.3.3.3.15. Thallium (Tl)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Thallium sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staubniederschlag

als unerheblich zu beurteilen.

VII.3.3.3.3.16. Vanadium (V) / Zinn (Sn)

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Vanadium und Zinn sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staub-

niederschlag als unerheblich, der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks

6 ist praktisch nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustu-

fen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 244 von 321

VII.3.3.3.3.17. Dioxine / Furane

Die Gesamt-Immissionsbelastung im Einzugsbereich des Kraftwerks durch

PCDD/F (max. 27 fg/m³) liegt sowohl bezogen auf die sonst üblicherweise

anzutreffenden Immissionskonzentrationen als auch im Hinblick auf die vor-

liegenden Toxizitätsdaten in einem Konzentrationsbereich, der eine über

das üblicherweise vorhandene (Krebs)-Risiko hinausgehende Gefährdung

der Bevölkerung mit großer Sicherheit ausschließt. Das zusätzliche Krebsri-

siko mit 1 bis 2 Krebsfällen auf 1 Milliarde Menschen ist als sehr niedrig ein-

zustufen.

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Dioxinen und Furanen (inklusive coplanare PCB) in der PM10-

Fraktion als üblicherweise vorkommend und als unerheblich, der Immissi-

onsbeitrag des Blocks 6 ist als praktisch nicht nachweisbar und damit als

vernachlässigbar einzustufen.

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an Dioxinen / Furanen einschließlich PCB im Staubniederschlag als un-

erheblich und nicht wirkungsrelevant einzustufen.

VII.3.3.3.3.18. Benzo(a)pyren

Das durch den Immissionsbeitrag des Blocks 6 entstehende (geschätzte) zu-

sätzliche gesundheitliche Risiko für die Bevölkerung ist gering, es liegt im

Bereich der „virtually safe dose“ (Hintergrundexposition).

Im Hinblick auf die vorliegenden Toxizitätsdaten kann eine über das übli-

cherweise vorhandene (Krebs)-Risiko (übliche Hintergrundexposition) hin-

ausgehende Gefährdung der Bevölkerung durch die Gesamtbelastung an

Benzo(a)pyren mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden.

Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-

tung an PAH bzw. Benzo(a)pyren in der PM10-Fraktion für die anwohnende

Bevölkerung im Beurteilungsgebiet als unerheblich, der Immissionsbeitrag

des Blocks 6 ist als hinnehmbar zu beurteilen.

Zusammenfassend ist anzunehmen, dass nach den Beurteilungsmaßstäben

der 39. BImSchV, der TA Luft, des LAI und der sonstigen ergänzend heran-

gezogenen anerkannten Beurteilungswerte vom Betrieb des geplanten

Block 6 bzw. des zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb (Blöcke 4-6) nach

den umweltmedizinisch-humantoxikologischen Gutachten (GUK, 2008 und

ergänzende Stellungnahme vom 16. Juli 2010) keine gesundheitlichen Be-

einträchtigungen für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerkes Staudinger

wohnende Bevölkerung durch das geplante Vorhaben ausgehen.

Mit der im umweltmedizinisch-humantoxikologischen Gutachten durchge-

führten Ermittlung der Gesamtbelastung wurde faktisch eine Sonderfallprü-

fung gemäß LAI 2004 durchgeführt, so dass den diesbezüglichen Anforde-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 245 von 321

rungen des LAI Rechnung getragen ist. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei den

krebserzeugenden Stoffen die Gesamtbelastung bei allen betrachtungsre-

levanten Parametern bei kleiner 50% des jeweiligen Beurteilungsmaßstabes

liegt (s. Zusammenfassende Darstellung, Kapitel 4.3.1.2.2).

VII.3.3.3.3.19. Mikrobiologie

Zu den mikrobiologisch- hygienischen Auswirkungen des Kühlturmbetriebs

wurde ein Fachgutachten (Anlage 19-3) vorgelegt, das u.a. mikrobiologi-

sche Untersuchungen des Mainwassers (Einlauf ins Kraftwerk) und des

Kühlwassers des Blocks 5 des Kraftwerkes Staudinger berücksichtigt.

Im Ergebnis des Fachgutachtens sind bei zu erwartenden Gesamtkeimge-

halten von 1 KBE / m³ Schwaden in 180m Höhe keine nachteiligen Auswir-

kungen durch gesundheitsschädliche Agentien (Legionellen, Kühlwasser-

beimischungen) in den Kühlturmschwaden zu erwarten. Die Hintergrundbe-

lastung an Keimen in der Außenluft von ländlichen, staubarmen Gebieten

kann nach Angaben in einer Veröffentlichung des österreichischen Umwelt-

bundesamtes mit bis zu 100 KBE/m³ abgeschätzt werden.

Die Angaben und Ausführungen im Fachgutachten sind plausibel. Auch

nach Anhörungen von Experten in der EU-Kommission und im Deutschen

Bundestag werden keine Gesundheitsgefahren durch Legionellen in der

Nähe von Naturzugnasskühltürmen von Kraftwerken gesehen. Mikrobiozide

werden im Kühlwassersystem des Blocks 6 nicht eingesetzt. Im Übrigen wird

durch die Nebenbestimmungen V.9 sichergestellt, das vom Kraftwerksbe-

trieb keine Gesundheitsgefahren durch mikrobielle Belastungen ausgehen.

VII.3.3.4. Schutzgut Klima / klimaschädliche Gase

VII.3.3.4.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen

Nach den im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verankerten Zielen des

Naturschutzes und der Landschaftspflege gilt gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4

BNatSchG das zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfä-

higkeit des Naturhaushaltes: „Luft und Klima durch Maßnahmen des Natur-

schutzes und der Landschaftspflege zu schützen [sind]; dies gilt insbesonde-

re für Flächen mit günstiger lufthygienischer oder klimatischer Wirkung wie

Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete oder Luftaustauschbahnen; dem

Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung insbesondere durch zuneh-

mende Nutzung erneuerbarer Energien kommt eine besondere Bedeutung

zu.“

In Anhang 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ge-

setzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPVwV) werden unter Zif-

fer 1.1 als Orientierungshilfen für die Bewertung der Ausgleichbarkeit eines

Eingriffes in Natur und Landschaft und für die Beeinträchtigung von Funkti-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 246 von 321

onen des Naturhaushaltes u.a. der „Verlust oder erhebliche Minderung von

Klimaschutzfunktionen

durch großflächigen Verlust von frischluftproduzierenden Flächen

oder luftverbessernden Flächen (z.B. Staubfilterung, Klimaausgleich),

durch Unterbrechung oder Beseitigung örtlich bedeutsamer Luftaus-

tauschbahnen,

in Klimaschutzwald im Sinne der Waldfunktionenkartierung,

in nach Landesrecht erklärten Wäldern mit außergewöhnlicher Bedeu-

tung für das Klima+ die Luftreinhaltung oder den Wasserhaushalt“

genannt.

Nach den nationalen und internationalen Zielvorgaben wird eine Verminde-

rung der Treibhausgasemissionen (u.a. Kohlendioxid) angestrebt.

VII.3.3.4.2. Wesentliche Einwendungen

Im Wesentlichen wurde eingewandt, dass europäische und nationale Ziele

des Klimaschutzes nur einhaltbar seien, wenn Maßnahmen wie Verringe-

rung der zur Verbrennung vorgesehenen Brennstoffjahresmenge (dazu

VII.3.3.4.3.1), Einhaltung der Agenda 21, Vermeidung der Genehmigung

neuer, mit Steinkohle befeuerter Kraftwerke oder Entschädigung durch Ver-

ursacher globaler Schäden durch CO2- Emissionen (dazu VII.3.3.4.3.2) be-

rücksichtigt würden.

Weiterhin besteht nach Ansicht der Einwender eine Relevanz der Lachgas-

emissionen, fehlten Angaben der CO2- Emissionen im Formular 8.1 und sei

die Berechnung der CO2- Emissionen fehlerhaft (dazu VII.3.3.4.3.3). Zudem

verhindere die Realisierung des Vorhabens die Realisierung alternativer

Technologien mit gleichem Nutzen, aber geringerer oder fehlender CO2-

Emissionen und verursachten schon die derzeitigen Emissionen klimaschäd-

licher Gase hohe Klimaschäden und damit verbundene Klimaschadenskos-

ten sowie Terror und Gewalt in von Armut betroffenen Regionen, die nicht

durch den Bau neuer Kraftwerke gesteigert werden dürften (dazu

VII.3.3.4.3.4).

In Bezug auf das Treibhausgas- Emissionshandelsgesetz wurde eingewandt,

dass hierzu in den Antragsunterlagen Angaben fehlten (dazu VII.3.3.4.3.5).

Die Verdrängung älterer, weniger effizienterer Kohlekraftwerke bleibe ohne

eine konkrete Verpflichtungserklärung zur Stilllegung solcher Altanlagen

unbeachtlich (dazu VII.3.3.4.3.6).

Im Gutachten des Deutschen Wetterdienstes geforderte Messungen von

Wetterdaten auf dem geplanten Baugelände seien nicht durchgeführt wor-

den. Die Dauer der häufigen Inversionswetterlagen und die dann erhöhten

Schadstoffkonzentrationen in der Region seien nicht ermittelt worden.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 247 von 321

Es wäre zwingend notwendig, durch ein Standortgutachten, das auch die

Häufigkeit von Inversionswetterlagen mit berücksichtigt, die tatsächlichen

Windverhältnisse in Höhe der Abluftführungen (Kamine, Kühltürme) zu er-

mitteln. Sofern sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, die den Genehmi-

gungsunterlagen zugrunde liegenden Unterlagen zu ergänzen bzw. zu kor-

rigieren, wäre eine erneute Prüfung der raumordnerischen Auswirkungen

unter Beteiligung öffentlicher Stellen durchzuführen.

Die Antragstellerin habe es unterlassen, Messungen durchzuführen, die die

Häufigkeit von Inversionswetterlagen belegen. So würden die Dauer der

häufigen Inversionswetterlagen und die dann erhöhten Schadstoffkonzent-

rationen in der Region nicht ermittelt.

Der besonderen geographischen Lage des Frankfurter Beckens und der da-

raus resultierenden meteorologischen Situation (geringer Luftaustausch füh-

re zu einem Anstau der Schadstoffmengen) werde in den Gutachten der

Trägerin der Maßnahme in keiner Weise Rechnung getragen. Die geplante

Abgasentsorgung über riesige Kühltürme würde zu einer starken Verände-

rung des lokalen Klimas führen. Schon jetzt würden die im Frankfurter Raum

häufig auftretenden Inversionswetterlagen sauren Regen und angesäuerte

Atemluft mit sich bringen. Die vom Deutschen Wetterdienst geforderten

Messungen von Wetterdaten auf dem geplanten Baugelände seien nicht

durchgeführt worden.

Die Kaltluftflüsse nach Hainburg und Hanau seinen nicht berücksichtigt

worden. Hier sei die Erstellung eines neuen Gutachtens zu dem Einfluss des

geplanten Blocks 6 auf den Kaltlufthaushalt zu fordern. Es seien sowohl

Messungen durch Fesselballonsondierungen und Fernerkundungsverfahren

sowie Tracerexperimente vorzunehmen als auch die Auswirkungen regiona-

ler Windsysteme mit einzubeziehen.

Der Bau des neuen Kraftwerkes widerspräche dem Grundsatz der Landes-

planung: „Beim Erhalt der Freiflächen ist die Größe und Lage dieser Freiflä-

chen in Abhängigkeit vom Belastungsgrad und den geländeklimatisch be-

dingten Austauschverhältnissen zu berücksichtigen“ (8.3 LEP). Die Bebau-

ung der durch den Kohlebunker gewonnenen Freifläche durch einen 180m

hohen Kühlturm und hohe Nachbargebäude berücksichtige seine Funktion

als Freifläche zur Weiterleitung der Kaltluft in die Wohngebiete nicht und

würde die nächtlichen Kaltluftströme und die Zuführung der Frischluft in die

Wohngebiete von Hanau, Hainburg, Offenbach und Frankfurt blockieren

und eine neue Wärmeinsel für Kaltluftströme bilden. Die Feststellung dieser

Auswirkungen auf den Luftaustausch würde eine Windkanaluntersuchung

zeigen. Dieser Zustrom von Kaltluft ist insbesondere deshalb von hoher Be-

deutung, da das Rhein-Main-Gebiet durch seine geographische Lage dazu

neigt, sich tagsüber stark aufzuheizen. Eine Abkühlung in der Nacht ist des-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 248 von 321

halb von hoher Bedeutung, auch im Hinblick auf die Gesundheit der An-

wohner.

Räume für Kalt- und Frischluftentstehung gingen durch den Bau des Blocks

und seiner Nebenanlagen verloren.

Die mangelnde Berücksichtigung der Abwärme des Kühlturmes wird ge-

rügt, eine Berücksichtigung dieses Aspektes im Rahmen der zu ermittelnden

Auswirkungen des Kraftwerkes auf den Kaltlufthaushalt wird gefordert.

Das Kohlekraftwerk Block 6 gefährde die bestehenden Regenerations- und

Schutzleistungen von Klima und Luft (8.3 LEP) in der Mainaue und schädige

deren Funktion als Kalt- und Frischluftsammelgebiet und Luftleitbahn mit

besonderer Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung (8.3 LEP). Der

Transport von frischer Luft in die Wohngebiete würde durch Schadstoffe

und eine neue Wärmeinsel Block 6 blockiert.

Die Bebauung durch einen 180m hohen Kühlturm und hohe Nachbarge-

bäude würde eine neue Wärmeinsel für Kaltluftströme bilden.

Über die Kühltürme erfolge eine Verdunstung großer Wassermengen, die

zu einer Veränderung des Wasserhaushaltes und des lokalen und regiona-

len Klimas führe.

Für die vorgesehene spezielle Kühlturmtechnik sei darzulegen, in welcher

Weise sich die dort freigesetzten Schadstoffe in die Kühlturmschwaden

vermischen würden oder in die Wassertröpfchen diffundieren. Es wären

vielfältige Auswirkungen von Kühlturmschwaden zu beobachten - lokale

Klima- und Wetterveränderungen, insbesondere Kleinklima, lokale Verände-

rungen der Niederschläge, Industrieschnee, Gewittereffekte und Verschat-

tungen. Diese Auswirkungen würden nur unzureichend untersucht und be-

trachtet.

VII.3.3.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

VII.3.3.4.3.1. Einsparpotentiale durch geringere Brennstoffmengen

Mit der Erhöhung des Einsatzes von Steinkohle erhöhen sich die CO2- Emis-

sionen, da die CO2- Emissionen nicht durch Maßnahmen zur Abluftreini-

gung vermindert werden. Der Betrieb des Kraftwerkes unterliegt hinsichtlich

der Emission von Treibhausgasen den Anforderungen des Treibhausgas-

Emissionshandelsgesetzes (TEHG). Vor Inbetriebnahme des Blocks 6 muss

die Betreiberin im Besitz entsprechender Berechtigungen nach dem TEHG

sein.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 249 von 321

VII.3.3.4.3.2. Berechnung der Treibhausgas-Emissionen

Die Lachgasemissionen sind im Vergleich zu den CO2- Emissionen nicht re-

levant. In Formular 8.1 sind nur Luftschadstoffe aufzuführen, für die Emis-

sionsgrenzwerte existieren. Für CO2 existieren keine Emissionsgrenzwerte,

da es sich im technischen Sinne auch nicht um einen Luftschadstoff handelt.

Die CO2- Emissionsfrachten sind in Kapitel 19.1 (Angaben zur Freisetzung

von Treibhausgasemissionen - Formular 19/1) und in der Umweltverträg-

lichkeitsuntersuchung (UVU), Kap 4, Anlage 4-1 angegeben.

In Kap. 20 der Antragsunterlagen sind in der Umweltverträglichkeitsunter-

suchung (Kap.4, Anlage 4-1) die CO2- Emissionsfrachten angegeben. In der

Fußnote zu der Tabelle ist ausgeführt, dass für Steinkohle die Emis-

sionsfrachten auf Basis der eingesetzten Brennstoffmengen (2.338.000 t/a;

Hu= 24,91 MJ/kg; 58.240 TJ/a) und eines Emissionsfaktors von 93g CO2/MJ

ermittelt wurden. Daraus ergibt sich für den Brennstoff Steinkohle eine CO2-

Gesamtemission von 5.416.320 t CO2/a. Demgegenüber werden in Kapitel

19.1 (Angaben zur Freisetzung von Treibhausgasemissionen) der Antrags-

unterlagen CO2- Emissionen angegeben, die auf Basis der eingesetzten

Brennstoffmengen (2.338.000 t/a; Hu= 24,91 MJ/kg; 58.240 TJ/a) und des

Emissionsfaktors von 96g CO2/MJ ermittelt wurden. Daraus ergibt sich für

den Brennstoff Steinkohle eine CO2- Gesamtemission von 5.591.000 t

CO2/a. Nach den vom Umweltbundesamt (UBA) bzw. der Deutschen Emis-

sionshandelsstelle (DEHSt) im BGBl I Nr. 40 vom 17. August 2007 veröffent-

lichten Stoffwerten - u. a. für die Emissionsfaktoren von Vollwertkohlen un-

terschiedlicher Provenienzen - liegen die Emissionsfaktoren je nach Her-

kunftsbereich der Kohlen in einer Bandbreite von 93 bis 96g CO2/MJ. In den

Ergänzungsunterlagen der Antragstellerin vom 24. Februar 2010 sind die

für das Kraftwerk Staudinger im Jahr 2009 ermittelten Emissionsfaktoren der

tatsächlich zum Einsatz gelangten Kohlen zusammen getragen. Der Ver-

gleich mit den Werten aus der Veröffentlichung des UBA bzw. der DEHSt

verdeutlicht, dass die CO2- Emissionsfaktoren sämtlich kleiner als 96g

CO2/MJ sind. Im Sinne einer für den Klimaschutz konservativen Abschät-

zung ist der Emissionsfaktor 96g CO2/MJ neben den eingesetzten Brenn-

stoffmengen in die Berechnung der CO2- Emissionsfrachten für den Block 6

eingegangen.

VII.3.3.4.3.3. Politische Ziele

Die Antragstellerin hat im Band A der Raumordnungsunterlagen (Kap. VI)

bereits auf Grundlage von Fachgutachten (Raumordnungsverfahren: Bände

C bis E) dargelegt, dass die Umwelt- und Raumverträglichkeit des Vorha-

bens gegeben ist. Die Agenda 21 zielt auf ein Gleichgewicht zwischen sozia-

len, wirtschaftlichen und ökologischen Belangen ab. Sie hat damit keines-

wegs ausschließlich die ökologischen Belange im Fokus. Das Vorhaben ver-

sorgt die Bevölkerung sicher, kostengünstig und umweltverträglich mit

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 250 von 321

elektrischer Energie. Insofern stehen dem Vorhaben weder entsprechende

Belange der Raumordnung und Landesplanung noch die Grundsätze der

Agenda 21 entgegen.

Die ökologischen Auswirkungen des Baus eines neuen Kohlekraftwerks

werden im energiewirtschaftlichen Fachgutachten „Auswirkungen eines

Kraftwerksneubaus am Standort Staudinger auf die CO2- Bilanz der Stromer-

zeugung in Deutschland“ (Raumordnungsverfahren: Band D I-4) untersucht.

Darin wird dargelegt, dass moderne Steinkohlekraftwerke aufgrund ihrer

höheren Wirkungsgrade Strom zu deutlich geringeren arbeitsabhängigen

Erzeugungskosten produzieren und damit entsprechende Altanlagen vom

Markt verdrängen. Dieser marktwirtschaftliche Effekt führt dazu, dass mit ei-

nem neuen Steinkohlekraftwerk jährlich über 1.000.000t CO2 eingespart

werden, was gegenüber der Erzeugung mit Altanlagen einer Ersparnis von

deutlich über 20% entspricht. Neue Kohlekraftwerke liefern damit ihren Bei-

trag, die politisch geforderten CO2- Einsparziele zu übertreffen. Der Neubau

des Blocks 6 gefährdet nicht, sondern unterstützt die Klimaschutzziele - na-

tional und international.

VII.3.3.4.3.4. Alternativenvergleich in Bezug auf CO2- Emissionen

Vor den Hintergrund der möglichen Schäden durch die CO2- Emissionen

haben sich die Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland in

internationalen Abkommen verpflichtet, ihre CO2- Emissionen langfristig zu

senken. Als Instrument wurde hierfür der Zertifikatehandel auf der Basis von

Emissionsobergrenzen gewählt, der die Verteilung der noch zulässigen

Emissionen auf die einzelnen Emittenten markwirtschaftlich regelt. Durch

den Bau von Staudinger Block 6 werden trotz der großen Emissionen am

Standort bundesweit CO2- Emissionen vermieden.

In dem im Rahmen des Raumordnungsverfahrens erstellten Gutachten

„Auswirkungen eines Kraftwerkes auf die CO2- Bilanz der Stromerzeugung

in Deutschland“ wird u.a. untersucht+ wie sich ein Neubau eines Steinkohle-

kraftwerks einerseits und wie sich der Neubau eines GUD- Kraftwerks ande-

rerseits auf die CO2- Bilanz auswirkt. Das Gutachten kommt zu dem Schluss,

dass, aufgrund der günstigeren Kostensituation, ein Steinkohlekraftwerk äl-

tere Steinkohlekraftwerke verdrängt, wogegen dies einem GUD -Kraftwerk

nicht gelingt. Diese Sachlage ergibt sich dadurch, dass ein Steinkohlekraft-

werk öfter (im Grund und Mittellastbereich) angefordert werden wird. Ein

GUD- Block hingegen wird im Mittel und Spitzenlastbereich eingesetzt. Die

zugrunde liegende Methodik geht über eine rein auf den Brennstoff fokus-

sierte, spezifische Betrachtung der CO2- Entstehung hinaus.

Eine Benennung der langfristig verdrängten Kraftwerke im Rahmen des Ge-

nehmigungsverfahrens für die 1. Teilgenehmigung ist nicht möglich, da es

nicht nur die Kraftwerke der Antragstellerin betrifft, sondern die Kraftwerke

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 251 von 321

aller Betreiber. Die nun zur Abschaltung anstehenden Blöcke 1 bis 3 muss-

ten in den letzten Jahren ebenfalls eine Reduzierung ihrer Einsatzhäufigkeit

erfahren, da Ihre Energieerzeugungskosten im Vergleich zu neueren Kraft-

werken gleichen Typs zu hoch waren. Der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung

wird unter der Bedingung erteilt, dass ab der Inbetriebnahme des Blocks 6

die Blöcke 1 bis 3 des Kraftwerkes nicht mehr betrieben werden. Weiterhin

wird in diesem Bescheid geregelt, dass für diese Blöcke nach der Inbetrieb-

nahme des Blocks 6 dem Regierungspräsidium Darmstadt jeweils ein Rück-

bauplan zur Abstimmung vorzulegen ist.

Die in Relation zur erzeugten Strommenge am Standort Staudinger emittier-

te CO2- Menge nimmt ab. Dem prognostizierten Ausstoß von Kohlendioxid

(insgesamt rund 8.000.000 – bezogen auf die Blöcke 4 bis 6 - statt bisher

5.000.000t CO2 pro Jahr) am Standort Staudinger steht eine Verdoppelung

der erzeugten Strommenge gegenüber, so dass sich je erzeugter Kilowatt-

stunde Strom eine deutlich verringerte CO2- Emission ergibt. Da diese hö-

here Stromproduktion an anderen Erzeugungsstandorten eingespart wird,

ergibt sich Deutschland weit eine Verringerung der Umweltbelastung.

VII.3.3.4.3.5. Umsetzung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes

Der Betrieb des Blocks 6 wird hinsichtlich der Emission von Treibhausgasen

den Anforderungen des Treibhausgas- Emissionshandelsgesetzes (TEHG)

unterstellt. Gemäß § 4 Abs. 6 TEHG wird die immissionsschutzrechtliche

Genehmigung durch die Genehmigung nach § 4 Abs. 1 TEHG ersetzt. In ei-

nem solchen Fall sind die §§ 5 und 6 Abs. 1 TEHG einzuhalten, § 5 Abs. 1

Satz 2 BImSchG. Weitergehende Vorsorgeanforderungen können nicht

festgelegt werden22. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 TEHG finden die Absätze 2 bis

5 des § 4 TEHG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren

nur Anwendung, soweit sie zusätzliche Anforderungen enthalten.

Im Übrigen wurde im Hinblick auf das Monitoringkonzept bereits ausge-

führt, dass es für den Standort bereits ein solches gibt, das für den geplan-

ten Block 6 angepasst wird. Gemäß § 6 TEHG hat die Betreiberin einer An-

lage bis zum 30. April eines Jahres eine Anzahl von Berechtigungen an die

zuständige Behörde abzugeben, die den durch seine Tätigkeit im vorange-

gangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht. Diese Pflicht ist

für die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme einzuhalten. Ent-

sprechende Vorgaben enthält der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung.

22 Jarass, Kommentar zum Bundes- Immissionsschutzgesetz, 7. Auflage, Verlag C. H. Beck München, S. 209

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 252 von 321

VII.3.3.4.3.6. Stilllegung alter Blöcke

Die Gültigkeit des Bescheides für die 1. Teilgenehmigung ist an die Bedin-

gung geknüpft, dass ab der Inbetriebnahme des Blocks die Blöcke 1 bis 3

des Kraftwerkes nicht mehr betrieben werden.

VII.3.3.5. Schutzgut Klima / Verschattung

VII.3.3.5.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Die Verschattungswirkung von Kühlturmschwaden und Kraftwerksgebäude

sind als Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG zu sehen und daher ist

nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu beurteilen, ob hier schädliche Umwelt-

einwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche

Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft bestehen, bzw.

hervorgerufen werden können und der Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1

Nr. 2 BImSchG beachtet wird. Schädliche Umwelteinwirkungen, Gefahren,

erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen setzen voraus, dass die

Immissionen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu negativen Effekten

führen, die als erheblich einzustufen wären.

Anders als im Bereich des Lärmschutzes oder der Luftreinhaltung liegen zur

Beurteilung der Verschattungswirkungen durch Kühlturmschwaden und

Kraftwerksgebäude keine Richtwerte vor, an denen das Maß der Erheblich-

keit abgeschätzt werden könnte.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes

Nordrhein- Westfalen (LANUV NRW) hat sich im Januar 2007 in einer unver-

öffentlichten Studie mit dem möglichen nachteiligen gesundheitlichen Ef-

fekten und Belästigungen, die aufgrund von Kühlturmschwaden hervorge-

rufen werden könnten, befasst. Nach dieser Studie ist hinsichtlich der mög-

lichen Effekte durch verminderte Sonnenscheindauer bzw. Strahlungsstär-

ken zwischen nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen und bloßen Be-

lästigungen zu unterscheiden. Quantitative Beurteilungskriterien zur Bewer-

tung der Auswirkungen verminderter Sonnenscheindauer und Strahlungs-

stärke auf die menschliche Gesundheit (Vitamin- D- Mangel, Stimmungstrü-

bungen, Depressionen) liegen ihr zufolge nicht vor. Entsprechend der

LANUV-Studie falle eine zeitliche Minderung des direkten Lichteinfalls von

ein bis zwei Stunden pro Tag an Tagen mit heiterem Himmel gegenüber

dem Aufenthalt in Innenräumen kaum ins Gewicht. Im Vergleich zu städti-

schen Wohnbedingungen, die durch Nachbarbebauung, Pflanzenbestand

vielfach zu einer stärkeren Verschattung von Grundstücken und Wohnräu-

men führten, sei die relative verschattende Beeinträchtigung durch Kühl-

turmschwaden als minder bedeutend einzustufen. Für einen kausalen Zu-

sammenhang zwischen einer Verschattung durch Kühlturmschwaden und

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 253 von 321

negativen gesundheitlichen Effekten gibt es laut der Studie keinen Zusam-

menhang.

Die Studie sieht allerdings ein Potential für eine Belästigungswirkung durch

die sichtbaren Kühlturmschwaden. Nach allgemeinem Empfinden dürfte der

Schattenwurf durch Kühlturmschwaden nicht als erhebliche und unzumutba-

re Belästigung angesehen werden, zumal er hier im Bereich der natürlichen

jährlichen Minderung der Sonnenscheindauer liegt.

VII.3.3.5.2. Wesentliche Einwendungen

Es wird eingewandt, dass die Emissionen des zusätzlichen Kühlturms eine

weitere, die Lebensqualität erheblich mindernde und als gesundheitsschäd-

lich (Vitamin-D- Bildung und -Mangel, Depressionen) empfundene Verschat-

tung der umliegenden Städte und Gemeinden bedingen würde. Bedingt

durch die dampfförmigen Emissionen der Schornsteine und Kühltürme sei-

en Grundstücke, selbst bei an sich wolkenlosem Himmel, oft stundenlang

oder sogar ganztägig beschattet. Dieser als unerträglich empfundene Zu-

stand würde durch die geplante Maßnahme weiter verschärft. Dies stelle ei-

ne massive Beeinträchtigung der Wohn- und Lebensqualität dar.

Im Ergebnisbericht (Seite 109 der UVP) würde von der Antragstellerin be-

schrieben, dass dem Nutzungsanspruch „Wohnen und Wohnumfeld im

Untersuchungsraum“ eine mittlere Bedeutung beigemessen würde und die

derzeitige Verminderung der Sonnenscheindauer auf Grund der Verschat-

tung als nicht erheblich zu bezeichnen sei. Die Berechnungen des Deut-

schen Wetterdienstes würden für heitere Tage im Winter eine mittlere ma-

ximale Beschattungsdauer von 100 Minuten je Tag in einer Entfernung von

1.200m nordwestlich des Kraftwerks ergeben. Dies sei für Bewohner Gro-

ßauheims keinesfalls unerheblich. Gerade bei geringer natürlicher durch-

schnittlicher Sonnenscheindauer (in den Wintermonaten) würde sich eine

weitere Beeinträchtigung besonders negativ auf die Gesundheit des Men-

schen auswirken. Im Winter sei Licht und insbesondere der Sonnenschein

für den Menschen enorm wichtig für sein uneingeschränktes körperliches

Wohlempfinden. Der Bevollmächtigte angrenzender Kommunen hat für die

Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze für Verschattungen auf ein Urteil des

Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Oktober 1974 – IV OG 24/74 -

verwiesen. Weitere Verschattungen, wie sie durch den Bau eines 180m ho-

hen Kühlturms, weiterer Kühlturmschwaden und auch durch das 120m hohe

Kesselhaus entstünden, würden die Lebensqualität der Bürgerinnen und

Bürger (hier Beispiel Hanau und Umgebung) erheblich beeinträchtigen.

Es wird eingewandt, die Radien (in den Gutachten), innerhalb derer die

Auswirkungen auf das Lokalklima und die Schattenbildung durch Dampf-

schwaden untersucht wurden, seien zu gering angenommen. Auch in einer

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 254 von 321

Entfernung von 3,5 km von dem geplanten Block 6 sei mit einer erheblichen

Minderung der Sonnenscheindauer zu rechnen.

VII.3.3.5.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Entsprechend der LANUV Studie zu möglichen nachteiligen gesundheitli-

chen Effekten und Belästigungen aufgrund Verschattung durch Kühlturm-

schwaden (2007) kann eine Einschätzung des Ausmaßes der Erheblichkeit

der Belästigung durch einen Vergleich der prozentualen Verminderung der

Sonnenscheindauer mit der Schwankungsbreite der jährlichen Sonnen-

scheindauer für den betreffenden Standort erfolgen. Die Genehmigungs-

behörde teilt diesen Ansatz und mach ihn zur Grundlage ihrer Entschei-

dung.

Bezugnehmend auf den oben genannten Bewertungsansatz liegt die Ver-

minderung der Sonnenscheindauer auch nach Errichtung des Blocks 6 un-

verändert im Bereich der natürlichen Schwankungsbreite.

Nachteilige gesundheitliche Effekte aufgrund von Verschattung durch Kühl-

turmschwaden sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten. Ein

quantitativer Bewertungsmaßstab für eine Erheblichkeitsschwelle für etwai-

ge Belästigungen durch Beschattungen liegt nicht vor. Nach allgemeinem

Empfinden dürften etwaige Belästigungen infolge Verschattung durch Kühl-

turmschwaden nicht als erheblich einzuschätzen sein (LANUV).

Eine wesentliche Minderung des Ertrags von Solaranlagen wird nicht gese-

hen, da mögliche Minderung der Globalstrahlung durch die Kühlturm-

schwaden entsprechend der Prognose äußerst gering ausfällt.

Die weitere Umgebung des Kraftwerkstandortes ist industriell vorgeprägt.

Industrie- und Gewerbebetriebe, Verkehrswege, ein ehemaliges Kasernen-

gelände und das Kraftwerk mit seinen vorhanden Gebäuden, Kühltürmen

und Schornsteinen, dessen erste Genehmigungen in die Jahre 1964 / 1965

zurückreichen, prägen das Gebiet deutlich. Die vorhandenen Kühlturm-

schwaden tragen entsprechend des Gutachtens mit einer Minderung von

7,1 % der jährlichen Sonnenscheindauer am IP_4 zur entsprechenden Prä-

gung des Gebietes bei. Der Betrieb des Kraftwerks im Ausbaufall wird, ent-

sprechend dem Gutachten zu einer Minderung der jährlichen Sonnen-

scheindauer von 10,4 %, also eines jährlichen prozentualen Minderungsan-

teils von 3,3 % führen. Die natürliche jährliche Schwankungsbreite der Son-

nenscheindauer liegt im Gebiet des Kraftwerkstandortes bei 10,3 %. Von ei-

ner als erheblich einzustufenden Belästigungswirkung durch die Kühlturm-

schwaden kann hier nicht ausgegangen werden. Die prozentuale Minde-

rung der prognostiziert hinzukommenden Minderung der jährlichen Son-

nenscheindauer von 3,3 % und der entsprechend prognostizierten Ge-

samtminderung der jährlichen Sonnenscheindauer von 10,4 % liegt im

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 255 von 321

Rahmen der prozentualen Schwankungsbreite der natürlichen jährlichen

Sonnenscheindauer.

VII.3.3.6. Abfall (Vermeidung / Verwertung), § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG sind Anlagen so zu errichten und zu betrei-

ben+ dass „Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und

nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allge-

meinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Ver-

meidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung

ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die

Verwertung ....“

Im Zusammenhang mit dem Betrieb des Blocks 6 entstehen Abfälle, insbe-

sondere als Flugasche (aus Dampferzeuger/Elektrofilter: 297.913 t/a) und

als Grobasche (aus Nassentschlacker des Dampferzeugers: 66.920 t/a). Wei-

tere/sonstige Abfälle fallen demgegenüber in deutlich geringerem Umfang

an.

Es ist vorgesehen, die Flugasche und Grobasche einer externen

Klassieranlage zuzuführen. Die Flugasche wird als Betonzuschlagsstoff ver-

marktet/verwertet. Die Grobasche wird nach Aufbereitung im Straßen-,

Damm- und Wegebau eingesetzt.

Die weiteren/sonstigen Abfälle (z.B. Filterkuchen aus Abwasser- und Kühl-

turmzusatzwasseraufbereitung) werden getrennt einer Verwertung bzw. er-

forderlichenfalls einer Beseitigung zugeführt.

Der als Nebenprodukt anfallende Gips (62.455 t/a) hat eine vermarktungs-

fähige Qualität und wird als Baustoff verwendet.

Sofern die vorgesehene Verwertung der Abfälle technisch nicht möglich ist

oder wirtschaftlich unzumutbar ist, sind die Abfälle unter Wahrung des

Wohls der Allgemeinheit einer Beseitigung zuzuführen.

Nicht Prüfgegenstand des anlagenbezogenen Genehmigungsverfahrens

sind die Auswirkungen des Verwertungs- bzw. Beseitigungsweges. Für die

Art und Weise der Verwertung oder Beseitigung gelten die abfallrechtlichen

Vorschriften (vgl. Allgemeine Musterverwaltungsvorschrift des Länderaus-

schusses für Immissionsschutz (LAI) zur Vermeidung, Verwertung und Besei-

tigung von Abfällen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG“+ Stand: 28. Septem-

ber 2005).

Unter Beachtung der in den Nebenbestimmungen festgelegten Anforde-

rungen werden die Betreiberpflichten des § 5 Abs. 3 BImSchG erfüllt.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 256 von 321

VII.3.3.7. Energieeffizienz, § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BImSchG

VII.3.3.7.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BImSchG ist Energie sparsam und effizient zu

verwenden. Ziel des Anlagenbetriebes des Blocks 6 ist die Erzeugung von

Strom und Fernwärme. Der Gesamtwirkungsgrad (netto) liegt im Jahresmit-

tel bei 45,5 % (ohne Fernwärmeauskopplung) bzw. der Brennstoffausnut-

zungsgrad bei 56,3% (mit Fernwärmeauskopplung).

VII.3.3.7.2. Wesentliche Einwendungen

Eingewandt wurde, dass der Energiebedarf (für Strom und Fernwärme) für

die Realisierung eines neuen Kohlekraftwerkes fehle, da selbst bei tiefsten

Außentemperaturen nicht alle Blöcke des Kraftwerks Staudinger in Betrieb

seien, das Kraftwerk in Konkurrenz zu Anlagen, die Erneuerbare Energien

einsetzen, stünde und äußere Randbedingungen wie Mainwassertempera-

turen den Kraftwerksbetrieb einschränken. Andererseits wurde eingewandt,

dass das Kraftwerk so auszurüsten sei, dass eine Wärmeauskopplung von

300 MW unter Anschluss an vorhandene Fernwärmesysteme ermöglicht

werde (dazu VII.3.3.7.2.1.1).

Zudem sei die vorgesehene Stromproduktion durch effizientere Nutzung

von Strom, Senkung der Stromverschwendung, Senkung der Abwärmepro-

duktion durch Kraft- Wärme- Kopplung, bessere Energiedienstleistungen,

erhöhte Nutzung und Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien,

und damit der Gesamtnutzen dieser Stromproduktion mit geringeren CO2-

Emissionen erzielbar (dazu VII.3.3.7.2.1.2).

Bei der Alternativenprüfung fehle die Prüfung geeigneter Alternativen zum

Standort, zum vorgesehenen Brennstoff und zur Blockgröße sowie eine ge-

eignete Energiebedarfsprognose mit einem entsprechenden Raumbezug.

Unzureichend berücksichtigt worden seien hierbei die Potentiale alternati-

ver Technologien. Bezweifelt wurde darüber hinaus, dass eine Abstimmung

raumbedeutsamer Kraftwerksplanungen erfolgt sei. Weiterhin wurde ein-

gewandt, dass die Verfügbarkeit und niedrige Preise der Steinkohle mit

dem Einsatz hochbelasteter Billigkohle aus dem Ausland erreicht werde und

der Bau neuer Kohlekraftwerke die Investitionssicherheit für Technologien

mit Erneuerbare Energien beeinträchtige. Zudem seien Megakraftwerke ein

Sicherheitsrisiko für eine zuverlässige Stromversorgung (dazu

VII.3.3.7.2.1.3).

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 257 von 321

VII.3.3.7.2.1. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

VII.3.3.7.2.1.1. Fehlender Energiebedarf

Der Bedarf wurde im Rahmen energiewirtschaftlicher Fachgutachten im

Raumordnungsverfahren geprüft (s. Raumordnungsverfahren: Band D I).

Dabei weist das Fachgutachten „Strombilanz für Hessen bis zum Jahr 2030“

(s. Raumordnungsverfahren: Band D I-5) den Bedarf von Block 6 mit Bezug

auf das Bilanzgebiet Hessens detailliert nach. Demnach ist für Hessen bis

zum Jahr 2030 maximal mit einem Rückgang des Strombedarfs um 16,5%

zwischen den Jahren 2007 und 2030 zu rechnen. Darüber hinaus wurde im

Rahmen eines weiteren Fachgutachtens „Auswirkungen auf die CO2-Bilanz

der Stromerzeugung (s. Raumordnungsverfahren: Band D I-4)“ die altersbe-

dingte Entwicklung des gesamtdeutschen Kraftwerksparks bis 2030 ohne

Ersatzbaumaßnahmen dargelegt (s. Raumordnungsverfahren: Abb. 3) und

mit der prognostizierten installierten Bruttoleistung verglichen (s. Raumord-

nungsverfahren: Abb. 10). Im Ergebnis besteht in der Bundesrepublik

Deutschland und in Hessen ein erheblicher Ersatzbedarf an grundlastfähi-

gen Erzeugungseinheiten. Auf Basis der vorhandenen Altersstruktur wird

derzeit installierte Steinkohleleistung auch bei einem weiter steigenden An-

gebot an EEG-Anlagen zu einem Großteil durch moderne Neuanlagen zu

ersetzen sein. Am Ende dieses Jahrhunderts könnten die Erneuerbaren

Energien andere Formen der Energieerzeugung weitgehend abgelöst ha-

ben. So ergibt sich für Deutschland nach dem aktuellen Ausbauszenario für

erneuerbare Energien des BMU „Leitszenario 2009“ für die Stromerzeugung

aus fossilen Energieträgern im Jahr 2030 ein Anteil von rund 59%, für das

Jahr 2050 bleiben den Fossilen immerhin noch rund 15% - trotz des ge-

nannten Imports einer sehr großen Menge erneuerbar erzeugten Stroms

aus anderen Ländern Europas (z. B. DESERTEC). Das auf den Ausbau von

erneuerbarer Stromerzeugung und Steigerung der Energieeffizienz ausge-

legte Szenario der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006

„Combined high renewables and efficiency case“ berechnet für das Jahr

2030 in der Europäischen Union einen möglichen Anteil Erneuerbarer an

der Stromproduktion in Höhe von 36,8%, weitere 17,2% entfallen auf Kern-

energie, weitere 28,0% auf Gas und Öl, der verbleibende Rest von 18,1%

werde durch Kohle erzeugt. Die „Energy Technology Perspectives 2008

Szenario ACT Map“ (Szenario der Internationalen Energieagentur (IEA)) zur

globalen Energieeinsparung und Emissionsreduzierung geht für das Jahr

2050 von folgendem Brennstoffmix in der weltweiten Stromerzeugung aus:

Die erneuerbaren Energieträger haben an der weltweiten Stromerzeugung

einen Anteil in Höhe von 35,5%, weitere 18,6% werden mit Kernenergie er-

zeugt, Gas und Öl tragen zusammen 31,2% zur Erzeugung bei und auf Koh-

le entfallen 14,7%.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 258 von 321

Grundlage für das Fernwärmekonzept sind die im Raumordnungsverfahren

für die Metropolregion Rhein/Main ausgewiesenen Potenziale. Da die An-

tragstellerin auf Grund bestehender Strukturen keine Endkunden mit Fern-

wärme versorgen kann, müssen Vertriebspartner gefunden werden, die Ih-

rerseits die in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Fernwärme in Ihrem Versor-

gungsgebiet vermarkten. Die hierfür erforderliche Fernwärmeinfrastruktur

ist demnach von diesen Vertriebspartnern zu errichten und zu betreiben.

Zur Gewinnung dieser Vertriebspartnerschaften werden seitens der Antrag-

stellerin Gespräche geführt.

VII.3.3.7.2.1.2. Einsparpotentiale durch effizientere Nutzung

Unstrittig ist, dass im Zeitraum zwischen den Jahren 2030 und 2050 durch

die steigende Energieeffizienz und demografische Veränderungen weitere

Reduzierungen des Endenergiebedarfs zu erwarten sind. Gleichzeitig wir-

ken jedoch noch andere Faktoren, wie beispielsweise eine zunehmende

Elektrifizierung der Produktionsprozesse oder höhere Ausstattungsraten mit

Elektrogeräten und elektrischen Anlagen. In der Folge geht der Strombe-

darf in Deutschland nicht mehr in dem gleichen Maße zurück wie der End-

energiebedarf insgesamt. Der Stromanteil am Endenergiebedarf erhöht sich

kontinuierlich. Aus diesem Grund erwartet das aktuelle Ausbauszenario für

erneuerbare Energien des BMU „Leitszenario 2009“ für den Strombedarf in

Deutschland lediglich einen Rückgang von 445,6 TWh im Jahr 2030 auf

442,8 TWh im Jahr 2050. Aus diesem, mit einem Rückgang in Höhe von

0,6% in 20 Jahren nahezu konstanten, Stromverbrauch lassen sich keine

weiteren Reduzierungen für Hessen ableiten.

VII.3.3.7.2.1.3. Vergleich von Varianten der Energieerzeugung

Die Prüfung der Alternativen zum Standort, zum Brennstoff sowie zur Block-

größe fand im Raumordnungsverfahren statt, das im Vorfeld des Genehmi-

gungsverfahrens nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz durchgeführt

wurde und ist daher nicht mehr Teil dieses Antrags.

Das Fachgutachten „Rationelle Energieverwendung und erneuerbare Ener-

gien“ (Band D I-3) basiert einerseits auf Potenzialabschätzungen (für Bio-

masse und dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung), die eine rechnerische

Obergrenze darstellen und andererseits auf Szenarien zur zukünftigen Ent-

wicklung (für Photovoltaik, Geothermie, Windkraft, Wasserkraft), die zusätz-

lich noch die Umsetzungsgeschwindigkeit berücksichtigen. Ein Szenario

oder eine Prognose skizziert eine erwartete Zukunft. Dabei werden im Be-

reich der erneuerbaren Energien neben den technischen und wirtschaftli-

chen Potenzialen ebenso die Hemmnisse und realen Systemträgheiten be-

rücksichtigt. Für eine reine Potenzialbetrachtung stellt sich beispielsweise

folgende Frage: „Wie viel Photovoltaikstrom kann man produzieren, wenn

alle geeigneten Dachflächen mit PV- Modulen versehen werden?“ Die Po-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 259 von 321

tenzialbetrachtung kommt deshalb zu anderen (höheren) Ergebnissen als

ein Szenario. Zur realistischen Einschätzung, wie viel dieses Potenzials in ei-

nem bestimmten Zeitraum umgesetzt wird (Szenario), sind weitere Überle-

gungen wie folgt notwendig: Wie viel Dachfläche wird unter den gegebe-

nen Rahmenbedingungen (Finanzierung, Lieferzeiten etc.) mit PV-Modulen

ausgestattet und wie viel Strom ergibt dies zu einem bestimmten Zeitpunkt?

Die Abschätzung der zukünftigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Ener-

gien in Hessen erfolgte für jeden Energieträger separat. Für den Ausbau

von Wind- und Wasserkraft wurde auf Szenarien der hessischen Energie-

agentur zurückgegriffen. Für die Bruttostromerzeugung aus Photovoltaik

und Geothermie wurden die Ergebnisse des deutschlandweiten Leitszena-

rios des Bundesumweltministeriums anhand geeigneter Indikatoren auf

Hessen übertragen. Gemäß dieser Auswertung ergibt sich für Hessen eine

Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windenergie von etwa 2,35 TWh im

Jahr 2030. Zusammen mit Wasserkraft, Geothermie und der vollständigen

Erschließung der Biomassepotenziale können erneuerbare Energien im Jahr

2030 insgesamt etwa 8,3 TWh Strom in Hessen erzeugen. Im Prognos Fach-

gutachten „Rationelle Energieverwendung und erneuerbare Energien“ (D I-

3, Abschnitt 3) wurde für Hessen keine eigene Prognose für die zukünftige

Stromerzeugung aus Windenergie erstellt. Die im Gutachten dargestellte

Windenergieeinspeisung basiert auf der Einschätzung der hessischen Ener-

gieagentur aus dem Jahr 2007. Nach den Regionalplänen von Nordhessen,

Mittelhessen und Südhessen aus den Jahren 2006 und 2007 wurden für Ge-

samthessen neue (zusätzliche) Vorranggebiete für die Windenergienutzung

mit einer Fläche von etwa 9.300 ha (davon Südhessen: 7.420 ha) ausgewie-

sen. Gemäß der Einschätzung der hessischen Energieagentur könnten auf

dieser Fläche 620 neue Windanlagen mit 2 bis 2,5 MW Nennleistung errich-

tet werden. Die potenzielle Stromerzeugung aus diesen Anlagen beträgt

maximal etwa 2,5 TWh Strom pro Jahr. Zusammen mit den bestehenden

Windenergieanlagen liegt das Stromerzeugungspotenzial (entsprechend

der Flächenrestriktionen) bei etwa 3,2 TWh/a. Nach den Widersprüchen vie-

ler Kommunen in Südhessen bezüglich der Ausweisung von Windenergie-

vorrangflächen auf ihren Gemarkungen werden die entsprechenden Flä-

chen reduziert -, von 7420 ha auf 2.452 ha. Damit reduziert sich gegenüber

den Regionalplänen von 2006 und 2007 die Fläche für den Windenergie-

ausbau von 9.300 ha auf etwa 4.330 ha. Das maximale Windstromerzeu-

gungspotenzial sinkt damit auf etwa 1,8 TWh/a (1,1 TWh/a Neuanlagen +

0,7 TWh/a Bestandsanlagen). Diese Entwicklung zeigt, dass die im Prognos

Gutachten angenommene Steigerung der Windenergieeinspeisung in Hes-

sen von etwa 0,56 TWh im Jahr 2007 auf 1,32 TWh bis zum Jahr 2020 als re-

alistisch einzuschätzen ist. Im Zeitraum 2020 bis 2030 ist im Binnenland nur

noch mit einem langsamen Ausbau der Windenergie zu rechnen, der Er-

tragssteigerung durch Repowering stehen eine insgesamt abnehmende An-

lagenzahl gegenüber. In der aktuellen Leitstudie zum Ausbau der erneuer-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 260 von 321

baren Energien wird zwischen 2020 und 2030 die Windstromproduktion

(Onshore) in Gesamtdeutschland nur um etwa 9% gesteigert. Da Hessen im

Vergleich zu windreicheren Bundesländern tendenziell schlechtere Stand-

ortbedingungen für den Windenergieausbau bietet, ist der im Fachgutach-

ten von Prognose unterstellte Anstieg der hessischen Windstromerzeugung

von nur 3% im Zeitraum 2020 bis 2030 ebenfalls realistisch.

Den Block 4 des Kraftwerks Staudinger als Grundlastkraftwerk zu betreiben,

macht energiewirtschaftlich keinen Sinn bzw. wäre unmöglich. Aufgrund

seines im Vergleich zu Gaskraftwerken neuerer Bauart geringeren Wir-

kungsgrades, könnte sich Block 4 in der Einsatzreihenfolge der Kraftwerke

(Merit Order) nicht durchsetzen. Außerdem wird Block 4 – gerade vor dem

Hintergrund des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und deren schwan-

kender Stromeinspeisung – vermehrt als Spitzen- und Regelkraftwerk benö-

tigt.

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern wird bis über das

Jahr 2030 hinaus nicht ausreichen, den Strombedarf zu decken. Fossile

Energieträger bleiben daher auch mittel- bis langfristig unverzichtbar. Mit

Zunahme der Erneuerbaren Energien werden automatisch Kohlekraftwerke

in der Erzeugung verdrängt, da Erneuerbare Energien in Deutschland be-

vorzugt eingespeist werden. Dies regelt das Erneuerbare Energien Gesetz

(EEG). Die Untersuchung der ökologischen Vorteilhaftigkeit enthält auch ei-

nen Vergleich zu neuen GUD-Anlagen. Entscheidend ist, dass der Kraft-

werkseinsatz von den variablen Einsatzkosten bestimmt wird; diese sind

trotz Wirkungsgrad-Unterschieden zugunsten von GUD-Anlagen und güns-

tigerer Zertifikate-Kosten höher als bei Kohlekraftwerken. Resultat ist, dass

Kohlekraftwerke deutlich höher ausgelastet werden als Gaskraftwerke. Im

Ergebnis dieser marktwirtschaftlichen Realität werden neue Kohlekraftwerke

alte Kohlekraftwerke ersetzen, entsprechend verdrängen GUD-Anlagen alte

Gaskraftwerke. Der Einsatz von dezentralen Kraftwerken mit Kraft-Wärme-

Kopplung als Alternative zum Bauvorhaben wurde im Raumordnungsverfah-

ren untersucht. Auf der Grundlage eines breiten und ausgewogenen Ener-

gie- Mixes (fossile Energieträger wie Kohle und Gas, Kernenergie, erneuer-

bare Energie) lassen sich die mit jedem einzelnen Energieträger verbunde-

nen Vor- und Nachteile am besten ausgleichen. Steinkohle hat von allen fos-

silen Brennstoffen die höchste Reichweite und die längste Verfügbarkeit. Sie

steht in vielen verschiedenen Ländern auf der Erde in ausreichendem Maß

zur Verfügung, so dass das von Einwenderinnen befürchtete Risiko von Lie-

ferengpässen relativ gering ist. Die Erneuerbaren Energien werden erst in

der Energieversorgung der Zukunft eine Schlüsselrolle einnehmen. Die

Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern wird bis über das Jahr

2030 hinaus nicht ausreichen, den Strombedarf im jeweiligen Untersu-

chungsraum zu decken. Fossile Energieträger bleiben daher auch mittel- bis

langfristig unverzichtbar.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 261 von 321

Geothermiekraftwerke wären nicht in der Lage, den in Hessen benötigten

Strom zur Verfügung zu stellen. Im den Fachgutachten zum Raumordnungs-

verfahren wird detailliert aufgezeigt, wie sich der künftige Einsatz von er-

neuerbaren Energieträger bzw. dezentralen Heizkraftwerken auf die Strom-

bilanz auswirkt. Demnach verbleibt selbst unter optimistischen Annahmen

zur Nutzung dieser Ernergieerzeugungsformen und der Einsparpotentiale

künftig ein erhebliches Deckungsdefizit in Deutschland und in Hessen, das

den Block 6 in der geplanten Größenordnung erforderlich macht. Die Tech-

nologie der Kohlevergasung ist derzeit noch nicht technisch ausgereift. Sie

wurde bisher nur in vier Anlagen weltweit im Demonstrationsmaßstab von

ca. 250 bis 300 MWel. umgesetzt. Die Anlagen sind noch mit großen tech-

nisch bedingten Problemen behaftet und auch der Wirkungsgrad liegt unter

dem von modernen Kohlekraftwerken. Heute stehen solche Anlagen noch

nicht als eine realisierbare wirtschaftlich und technische Alternative zur Ver-

fügung.

Hessen ist Stromimporteur, d.h. die in Hessen produzierte Strommenge

deckt nicht den Bedarf. Daher sorgt die räumliche Nähe der Erzeugungs-

einheiten zu Verbrauchern für eine optimale Netzauslastung bzw. leistet ei-

nen Beitrag dazu, Netzausbauten im Sinne von Kapazitätserweiterungen zu

vermeiden bzw. auf ein Minimum zu reduzieren. Das bedeutet jedoch kei-

nesfalls, dass Windenergie aus Norddeutschland in der Durchleitung be-

hindert wird. Aufgrund der gesetzlich geregelten Vorrangschaltung von

EEG-Strom werden bei entsprechendem Windaufkommen die Übertra-

gungsnetze zur Durchleitung von Windstrom von Norden nach Süden bis an

ihre Leistungsfähigkeit genutzt, notfalls auch unter Inkaufnahme der

Herunterregelung konventioneller Kraftwerke. Die Grenzen des Windstrom-

exports von Norden nach Süden werden somit weder vom Bestand noch

Neubau konventioneller Kraftwerke bestimmt, sondern von den verfügba-

ren Netzkapazitäten. Physikalische Stromflüsse in Übertragungs- und Vertei-

lernetzen sind ausschließlich als Gleichgewicht aus dem verbraucherabhän-

gigen Abnahmeverhalten und den diesen Bedarf deckenden einspeisenden

Erzeugungseinheiten gegeben.

Im Übrigen ergibt sich die Wirtschaftlichkeit von Erneuerbare Energie-

Anlagen nicht aus Marktmechanismen, sondern aus dem jeweiligen gesetz-

lichen Fördermechanismus. EEG-Strom wird vorrangig in das Versorgungs-

netz eingespeist. Für den Betrieb konventioneller Kraftwerke bedeutet das,

dass diese in Zeiten hoher EEG-Einspeisungen (i. d. R. verursacht durch

temporär hohe Windstromerzeugung) zugunsten der EEG-Anlagen in der

Last zurückgefahren werden müssen, der Windkraft somit Vorrang bei der

Einspeisung eingeräumt wird. Es ist daher aus gesetzlichen und technischen

Gründen ausgeschlossen, dass konventionelle Kraftwerke die Wirtschaft-

lichkeit von EEG- Anlagen negativ beeinflussen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 262 von 321

VII.3.3.8. Lärm, Erschütterungen, Licht

VII.3.3.8.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen

Die maßgebende Vorschrift zur Prüfung, ob von dem geplanten Vorhaben

schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche ausgehen bzw. ob Vor-

sorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche getroffen

ist, ist die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm vom 26.

August 1998 (Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes- Im-

missionsschutzgesetz nach § 48 BImSchG).

Zur Beurteilung der während der Bautätigkeit auftretenden Geräuschimmis-

sionen ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm

(AVwV Baulärm) heranzuziehen.

Die Bewertung der Geräuschimmissionen durch den anlagenbedingten

Verkehr im Bereich öffentlicher Straßen erfolgt hilfsweise anhand der sechs-

zehnten Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Verkehrslärmschutz-

verordnung - 16. BImSchV), die für den Bau oder die wesentliche Änderung

von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und

Straßenbahnen (Straßen und Schienenwege) gilt. Die 16. BImSchV legt Im-

missionsgrenzwerte fest, bei deren Einhaltung der Schutz der Nachbarschaft

vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche sicherge-

stellt ist.

Aufgrund der Unterschreitung des prognostizierten Immissionspegels um

mindestens 6 dB(A) ist der Immissionsbeitrag des Blocks 6 gemäß Nr. 3.2.1

TA Lärm als nicht relevant zu werten.

VII.3.3.8.2. Wesentliche Einwendungen

Es wurde eingewandt, dass die Lärmauswirkungen nicht ordnungsgemäß

ermittelt worden seien, so dass weder die Betroffenheit der angrenzenden

Wohn- und Arbeitsbevölkerung noch die Auswirkungen im Hinblick auf den

Artenschutz bewertet werden könne.

Ferner wird eingewandt, die tatsächlich zur Ermittlung des Beurteilungspe-

gels nach TA Lärm verwandten meteorologischen Korrekturen seien dem

Gutachten nicht zu entnehmen, da die entsprechende Konstante C0 nicht

explizit angegeben sei.

Es sei kein separater Betrieb an Sonn- und Feiertagen betrachtet worden,

wie dies nach TA-Lärm erforderlich sei. Tagsüber lägen sonn- und feiertags

die Beurteilungspegel an den Immissionsorten im Bereich von allgemeinen

und reinen Wohngebieten 1,7 dB höher als an Werktagen.

Es wird außerdem bemängelt, dem Gutachten sei nicht zu entnehmen, wel-

che Betriebe bei der Bestimmung der Vorbelastung berücksichtigt worden

seien, und ob ausschließlich die vorhandene Belastung erfasst worden sei

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 263 von 321

oder auch eine mögliche Erweiterung der Betriebe berücksichtigt worden

sei. Die Gutachten zur Bestimmung der Vorbelastungen seien deshalb vor-

zulegen.

Beim Schiffsverkehr sei nicht dargestellt, weshalb eine Anlieferung nachts

erforderlich sei, die Entladung der Schiffe jedoch nur tags stattfände.

Wie im Gutachten ausgeführt, seien die berechneten Beurteilungspegel nur

erreichbar, wenn die Blöcke 1 bis 3 stillgelegt würden.

Sonderbetriebszustände (Tests Sicherheitsventile) seien auf Werktage in der

Zeit zwischen 7 und 20 Uhr zu beschränken.

Im Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 seien keine Angaben zu

Ton- und Impulshaltigkeit der der Schallquellen der Blöcke 4 und 5 ge-

macht.

Es wurde weiterhin eingewandt, dass die im Prognosegutachten Müller

BBM Nr. M65 985/29 an den Immissionsorten IO 1.1 und 1.2 in Hainburg

die Betriebsgeräusche des Kraftwerkblocks 5 mit 35 dB(A) angesetzt wor-

den seien, obwohl der Gutachter der Antragstellerin selbst in seinem Prüf-

bericht Nr. M65 985/23 an diesen Immissionsorten in Hainburg für diesen

Block beim Betriebszustand B des Kraftwerks, d.h. beim Alleinbetrieb des

Blocks 5, Werte von 38,5 und 39,1 dB(A) gemessen habe.

Es wurde ferner eingewandt, dass im Prognosegutachten Müller BBM Nr.

M65 985/29 der verbleibende Block 4 nicht mit Immissionsmesswerten,

sondern ausschließlich mit Rechenwerten berücksichtigt worden sei. Im

Erörterungstermin wurde gefordert, den Block 4 an den Immissionspunkten

in Hainburg und Groß- Auheim bei Volllastbetrieb nochmals messtechnisch

zu erfassen.

Es wurde außerdem eingewandt, dass für das Prognosegutachten Müller

BBM Nr. M65 985/29 nicht die am ungünstigsten für das Vorhaben der An-

tragstellerin gelegenen Immissionspunkte ausgewählt worden seien.

Von der Stadt Hanau wurde weiterhin eingewandt, dass der Stand der

Technik bei der Lärmminderung der Kohletransportbänder und der Trans-

formatoren nicht eingehalten werde.

Von der Stadt Hanau wurde eingewandt, dass der Kraftwerksbeitrag zu den

Lärmimmissionen zu hoch sei und dadurch im Genehmigungsfall die Ent-

wicklungsmöglichkeiten von anderen Gewerbegebieten eingeschränkt

würden.

Von der Stadt Hanau wurde im Erörterungstermin gefordert, am Immissi-

onsort 2.0 (Brown-Boveri-Straße 19) den Immissionswert zur Nachtzeit ana-

log zu Festlegungen in anderen Genehmigungsverfahren auf 40 dB(A) zu

beschränken.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 264 von 321

Es wurde ferner eingewandt, dass die Lärmvorbelastung für das Wohnge-

biet an der Straße „Zum Glockenzehnten“ im Westen von Großkrotzenburg

vom Gutachter der Antragstellerin nicht untersucht worden sei.

Des Weiteren wurde eingewandt, dass der Abstand des Kraftwerks Staudin-

ger insgesamt bzw. des geplanten Vorhabens zum nächsten Wohngebiet

mit etwa 400 bis 450m sehr gering sei im Vergleich zu anderen Kraftwerk-

standorten in Deutschland. Hieraus würden starke Belastungen für die hie-

sige Bevölkerung durch Geräuschimmissionen resultieren. Es sei insbeson-

dere auf die Festlegung im Abstandserlass zu verweisen, dass für ein sol-

ches Vorhaben ein Abstand von mindestens 1000m zur nächsten Wohnbe-

bauung vorliegen müsse.

VII.3.3.8.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Die Lärmauswirkungen sind nach den geltenden Regularien durchgeführt

worden. So bestätigt auch der von der Stadt Hanau mit der Prüfung des

Prognosegutachtens Müller BBM Nr. M65 985/29 beauftragte Gutachter

deBAKOM in seiner Stellungnahme die Auswahl der Immissionsorte als TA-

Lärm konform und nicht zu beanstanden. Die Betroffenheit der Anwohner

ist im Gutachten von Müller BBM auch anhand von Lärmrasterkarten darge-

stellt. Der Einwand wird aus diesen Gründen zurückgewiesen.

Der Gutachter der Antragstellerin erwiderte auf den Einwand, dass der Fak-

tor C0 mit dem verwandten Schallausbreitungsprogramm CadnaA 3.7.123

unter Zugrundelegung von Windstatistikdaten berechnet worden sei. Der

Gutachter gibt an, dass für die Berechnungssoftware CadnaA 3.7.123 eine

Normkonformitätsbescheinigung für die DIN 45687 – Qualitätsanforderun-

gen und Prüfbestimmungen Mai 2006 – vorläge und die Übertragbarkeit

der verwandten Windstatistikdaten auf den Kraftwerkstandort vom Deut-

schen Wetterdienst geprüft und bestätigt worden sei. Mit Schreiben vom 8.

Oktober 2009 wurde dem Vertreter der Stadt Hanau eine von der Antrag-

stellerin aufgrund einer Nachforderung des Regierungspräsidiums Dar-

mstadt nachgelieferte CD mit den Rohdaten der Schallausbreitungsberech-

nung des Prognosegutachtens Müller BBM Nr. M65 985/29 übersandt. In

dem dortigen Datenmaterial ist die mit C0 berechnete Meteorologische Kor-

rektur Cmet für jede Schallquelle angegeben. Der Erwiderung des Gutachters

Müller BBM wird gefolgt und der Einwand zurückgewiesen.

Zum Einwand unzutreffender Grundannahmen erwidert der Gutachter der

Antragstellerin , dass er im Sinne einer Worst- Case- Betrachtung den maß-

geblichen Lastfall des Kraftwerkes betrachtet habe und dieser sei werktags

gegeben, da an Sonn- und Feiertagen kein betriebsbedingter Verkehr statt-

finde. An Werktagen seien zudem im Sinne einer Worst- Case- Betrachtung

maximale Annahmen für alle drei Verkehrsmittel gemacht worden, die nie-

mals gemeinsam an einem Tag vorliegen würden. Die werktäglichen Beur-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 265 von 321

teilungspegel dürften deshalb nicht, mit Ruhezeitenzuschlägen versehen,

als sonntäglich gegebene Pegel angesetzt werden. Eine in der Notiz Nr.

M65 985/33 des Gutachters Müller BBM durchgeführte Berechnung belegt,

dass die Beurteilungspegel für Werktage den maßgeblichen Lastfall des

Kraftwerks abbilden. Die Notiz lag während des Erörterungstermins zur Ein-

sichtnahme aus. Der Erwiderung des Gutachters Müller BBM wird gefolgt

und der Einwand zurückgewiesen.

Die dem Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 zugrundeliegen-

den Gutachten wurden von der Antragstellerin nachgeliefert und der Stadt

Hanau, die Auftraggeber der deBAKOM-Prüfung war, per Email vom 31.

August 2009 und als CD per Post am 9. September 2009 übersandt. Es

handelte sich dabei um die Prüfberichte des Gutachters Müller BBM mit den

Nummern: M71 962/1, M65 985/20, M65 985/23, M65 985/25, M65 985/27

und M65 985/28. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 wurde dem Vertreter

der Stadt Hanau außerdem eine von der Antragstellerin aufgrund einer

Nachforderung des Regierungspräsidiums Darmstadt nachgelieferte CD mit

den Rohdaten der Schallausbreitungsberechnung des Prognosegutachtens

Müller BBM Nr. M65 985/29 zugeschickt. Der Einwendung wurde somit

noch vor dem Erörterungstermin nachgekommen. Im Erörterungstermin

wurden die genannten Unterlagen zur Einsicht ausgelegt.

Die Darstellung im Zusammenhang mit dem Schiffsverkehr ist nicht erfor-

derlich. Notwendig ist allein der Nachweis, dass die zur Nachtzeit geltenden

Immissionswerte eingehalten werden. Dieser Nachweis wurde im Progno-

segutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 geführt. Beantragt ist dort die

ausnahmsweise Anfahrt von Schiffen zur Entladung vor 6:00 Uhr und die

ausnahmsweise Abfahrt von Schiffen von der Entladung nach 22:00 Uhr,

keine Be- oder Entladung der Schiffe. Durch Nebenbestimmung wird fest-

gelegt, dass Be- und Entladetätigkeiten aller betrieblichen Verkehrsträger

zur Nachtzeit nicht stattfinden dürfen. Der Einwand wurde insoweit berück-

sichtigt.

Die Stilllegung der Blöcke 1 bis 3 vor der Inbetriebnahme des beantragten

Blocks ist bereits als Maßgabe der landesplanerischen Beurteilung vom 29.

Juni 2009 enthalten und wird entsprechend durch Nebenbestimmung der

Betriebsgenehmigung festgelegt. Dem Einwand wird somit entsprochen.

Die Tests der Sicherheitsventile werden durch Nebenbestimmung auf die

Tagzeit beschränkt. Aus Vorsorgegründen ist es außerdem opportun, durch

Nebenbestimmung festzulegen, dass diese Tests nicht zu Tageszeiten mit

erhöhter Empfindlichkeit im Sinne der Ziffer 6.5 der TA Lärm durchgeführt

werden. Die Antragstellerin hat keine Gründe genannt, die es erfordern, die

Tests auch zu diesen Zeiten durchzuführen. Der Einwendung wird somit ent-

sprochen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 266 von 321

Zur Ton- und Impulshaltigkeit der von den Blöcken 4 und 5 ausgehenden

Emissionen wird vom Gutachter Müller BBM auf diesen Einwand erwidert,

dass in den entsprechenden Prüfberichten mit den Nummern M65 985/20,

M65 985/25, M65 985/27 und M65 985/28 ausgewiesen sei, dass aufgrund

der Messergebnisse an den Schallquellen der Blöcke 4 und 5 Zuschläge für

Ton- und Impulshaltigkeit nicht gerechtfertigt seien. Geräuschimmissions-

messungen die in der Vergangenheit vom Hessischen Landesamt für Um-

welt und Geologie und dem Regierungspräsidium Darmstadt durchgeführt

wurden, bestätigen die Aussage des Gutachters von Müller BBM. Der Ein-

wand wird zurückgewiesen.

Im Hinblick auf den Immissionsbeitrag des Blockes 5 erwidert der Gutachter

der Antragstellerin, dass diese Messwerte immer noch einen nicht be-

stimmbaren Anteil an Fremdgeräuschen enthalten würden, und er deshalb

den aus Emissionsmessungen resultierenden Wert von 35 dB(A) im Gutach-

ten angesetzt habe. Die entsprechende Tabelle im Prüfbericht sei nachzu-

bessern+ da dort in der Überschrift nur „Kraftwerk“ und nicht „Kraftwerk und

Fremdgeräusche“ stünde. Den im Erörterungstermin gestellten Anträgen

auf ergänzende Messungen –auch Langzeitmessungen- und Spektralanaly-

sen wurde nicht entsprochen, da das vorhandene Datenmaterial der Immis-

sionsmessungen von Müller BBM ausreicht, die Fragestellung zu beantwor-

ten. Deshalb hat die Genehmigungsbehörde von der Antragstellerin eine

Ergänzung des Prognosegutachtens Müller BBM Nr. M65 985/29 um Be-

rechnungen für die Immissionsorte 1.1 und 1.2 mit dem durch Messung am

1. August 2007 für Block 5 ermittelten LAeq 95 Gesamtgeräusch von 37,9

dB(A) abzüglich der meteorologischen Korrektur eingefordert.

Im Hinblick auf die nur rechnerische Berücksichtigung des Immissionsbei-

trages von Block 4 ist zu festzuhalten, dass dieser ein Spitzenlastblock ist,

der nach den nachvollziehbaren Angaben der Antragstellerin und Erfahrun-

gen bei anderen Kraftwerken weit überwiegend tagsüber betrieben wird.

Das Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 ist aus Sicht der Ge-

nehmigungsbehörde zu diesem Punkt ausreichend. Der dort für den Block

4 berechnete Wert geht auf Emissionspegelwerte zurück, die bei durch-

schnittlich 88 % Volllastbetrieb gemessen wurden. Trotzdem wurde dieser

Wert (32 dB(A)) für die Prognose der Immissionen des Gesamtstandortes

zur Nachtzeit nach Inbetriebnahme von Block 6 eingesetzt. Dieser Progno-

seansatz ist als konservativ zu bewerten. Ergänzende Immissionsmessungen

sind deshalb nicht erforderlich.

Die Immissionsorte waren mit der Genehmigungsbehörde abgestimmt. Au-

ßerdem wurden auf Veranlassung der Genehmigungsbehörde die Berech-

nungsergebnisse im Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 durch

sogenannte Lärmrasterkarten für das gesamte Umfeld des Vorhabens visua-

lisiert. Dadurch ist es möglich, für jeden beliebigen Immissionsort eine Aus-

sage zu treffen. Zudem hat der von der Stadt Hanau mit der Prüfung des

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Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 beauftragte Gutachter de-

BAKOM in seiner Stellungnahme die Auswahl der Immissionsorte als TA-

Lärm konform bewertet und nicht beanstandet. Von der deBAKOM wurden

auch die Emissionsansätze und Immissionsberechnungen für plausibel er-

achtet und nicht beanstandet. Es wurde bereits ausgeführt, dass beim be-

triebsbedingten Schiffs- und Zugverkehr der Gutachter der Antragstellerin

Worst- Case- Ansätze zugrundegelegt hat.

Bezüglich der Kohletransportbänder und Transformatoren erwidert die An-

tragstellerin, dass die Kohletransportbänder zur Nachtzeit nicht betrieben

werden sollen, da die Kohlevorratshaltung das entbehrlich mache. Dies

wird durch eine Nebenbestimmung entsprechend festgelegt. Hinsichtlich

der nach Meinung der Einwender mangelhaften Einhausung der Transfor-

matoren (Teilkapselung anstatt Vollkapselung) erwidert die Antragstellerin,

dass die Maßnahme Vollkapselung sich immissionsseitig gegenüber einer

Teilkapselung nicht auswirke. Der Argumentation der Antragstellerin wird

aufgrund der großen Entfernung des Antragsgegenstandes (Block 6) >>

300 m zu den Immissionsorten und der Abschirmungseffekte auf dem

Schallausbreitungsweg gefolgt. Zudem ist die Forderung des Standes der

Lärmminderungstechnik im Sinne einer Vollkapselung unverhältnismäßig,

wenn diese Maßnahme keinen verbesserten Schutz vor schädlichen Um-

welteinwirkungen durch Geräusche bewirkt. Im Übrigen hat der von der

Stadt Hanau mit der Prüfung des Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65

985/29 beauftragte Gutachter deBAKOM in seiner Stellungnahme die Emis-

sionsansätze als plausibel bewertet. Insbesondere bestätigt deBAKOM den

vom Gutachter für den Kühlturm – eine der Hauptschallquellen – angesetz-

ten Schallleistungspegel mit dem Hinweis auf eigene Messungen.

Im Hinblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten von Gewerbegebieten in

den angrenzenden Kommunen wurde von der Antragstellerin im Prognose-

gutachten Müller BBM Nr. M65 985/25 nachgewiesen, dass an allen dort be-

trachteten Immissionsorten die für die Gesamtlärmbelastung jeweils zuläs-

sigen Immissionswerte eingehalten werden. Weiterhin wird im Gutachten

nachgewiesen, dass sich die Lärm- Immissionssituation an allen Immissi-

onsorten, mit einer Ausnahme, verbessert. Die Ausnahme ist der Immissi-

onsort 5.0, Hergerswiesenweg 31, Groß- Auheim (Aussiedlerhof). Dieser

Immissionsort fällt jedoch weg, da die Antragstellerin das Anwesen gekauft

hat und erklärt hat, dass dort spätestens mit Inbetriebnahme des Blocks 6

keine Wohn- oder Gewerbenutzung erfolgen wird. Entsprechend der Ziffer

3.2.1 ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche

deshalb als sichergestellt zu bewerten, da die Gesamtbelastung an den

maßgeblichen Immissionsorten die jeweils anzusetzenden Geräuschimmis-

sionswerte nicht überschreitet. Unabhängig davon ergeben sich im Vorha-

benfall durch die Reduzierung der Geräuscheinwirkungen des Kraftwerks

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 268 von 321

und den Wegfall des IO 5.0 entgegen den Befürchtungen der Stadt Hanau

erweiterte Entwicklungsmöglichkeiten der Gewerbegebiete vor Ort.

Hinsichtlich der Forderung der Stadt Hanau, den Immissionswert für den

Immissionsort 2.0 auf 40 dB(A) zu beschränken, ist Folgendes festzustellen:

Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet südlich der Depotstraße“ wurde am

20. Juli 2006 rechtskräftig. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens wur-

de das TÜV Gutachten Nr. L 5459 vom 22. Februar 2005 vorgelegt. Dort

wurde vom Gutachter für die Lage Brown-Boveri-Straße auf Gemengelage

erkannt und MI-Werte (60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts) festgelegt. Bis

dahin waren in Bescheiden für die Brown-Boveri-Straße WA-Werte (55 dB(A)

tags und 40 dB(A) nachts) für die Gesamtbelastung festgesetzt worden,

auch für den Standort Staudinger. Erstmals wurden deshalb für Staudinger

im Kohlelagerbescheid vom 1. November 2007 die Immissionswerte für

Mischgebiete festgelegt. Zumindest einer der von der Stadt Hanau zur Be-

gründung des Antrages genannten Bescheide wurde erteilt, als der Be-

bauungsplan „Gewerbegebiet südlich der Depotstraße“ noch nicht rechts-

kräftig war. Außerdem erwächst der Stadt Hanau aus einer verwaltungs-

rechtlichen Einzelfallentscheidung kein zwangsläufiger Anspruch im laufen-

den Verfahren. Unabhängig davon handelt es sich bei den Werten von 40

bzw. 45 dB(A) um den Immissionswert für die Gesamtbelastung. Der Kraft-

werksbeitrag zur Gesamtbelastung am Immissionsort 2.0 wird von der Ge-

nehmigungsbehörde durch Nebenbestimmung auf 40 dB(A) beschränkt.

Da, wie ausgeführt, die Stadt Hanau selbst den Nacht-Immissionswert für die

Gesamtbelastung am Immissionsort 2.0 von 40 auf 45 dB(A) erhöht hat, ist

im jetzigen und zukünftigen Verfahren dieser Wert zugrundezulegen.

Der Einwand+ die Vorbelastung im Wohngebiet an der Straße „Zum Glo-

ckenzehnten“ sei nicht ermittelt worden+ ist inhaltlich richtig. Allerdings

wurde auf Veranlassung der Genehmigungsbehörde das Prognosegutach-

ten Müller BBM Nr. M65 985/29 mit Datum vom 7. Juli 2009 um die Notiz

Nr. M65 985/31 ergänzt. Diese Notiz beinhaltet u.a. eine Berechnung des

Beurteilungspegels für den Immissionspunkt Taunusstraße Nr. 56 (Wohn-

hochhaus). Das Gebäude liegt vom Kraftwerk Staudinger aus gesehen to-

pographisch vor dem o.a. Wohngebiet an der Straße „Zum Glockenzehn-

ten“. Für die Nachtzeit wurde dort ein Immissionspegel von <34 dB(A) be-

rechnet, d.h. der dort anzusetzende Immissionswert von 40 dB(A) wird vom

Kraftwerksbeitrag um mindestens 6 dB(A) unterschritten. Damit ist der Bei-

trag im Sinne der TA-Lärm irrelevant, und auf die Ermittlung der Vorbelas-

tung kann verzichtet werden. Dieses Ergebnis ist auf das Wohngebiet öst-

lich des Immissionspunktes Taunusstraße Nr. 56 übertragbar und die Ermitt-

lung der Lärmvorbelastung dort ist nicht erforderlich. Die Notiz Nr. M65

985/31 lag während des Erörterungstermins zur Einsichtnahme aus.

Zum Einwand eines zu geringen Abstandes zur Wohnbebauung ist festzu-

stellen, dass der Abstandserlass für das immissionsschutzrechtliche Geneh-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 269 von 321

migungsverfahren nicht einschlägig ist. So wird in Satz 4 des Vorspanns des

Erlasses ausgeführt, dass die in der Abstandsliste aufgeführten Abstände

nicht in Genehmigungsverfahren gelten. Ziffer 3.3 des zitierten Abstandser-

lasses präzisiert, dass die Anwendung der Abstandsliste dem Grundsatz der

Einzelfallprüfung in diesen Verfahren nicht gerecht wird. Unabhängig da-

von sieht Ziffer 3.3.2 des Abstandserlasses bei der Überplanung von beste-

henden Anlagen, die planungsrechtlichen Vorschriften widersprechen – z.B.

einem Bebauungsplan - vor, dass eine Erweiterung oder Änderung einer

solchen Anlage möglich ist, wenn sich die Immissionsverhältnisse durch die

Erweiterung oder Änderung nicht verschlechtern (Verschlechterungsver-

bot). Bezogen auf den vorgetragenen Einwand geht aus dem Prognosegu-

tachten Müller BBM Nr. M65 985/29 hervor, dass die Beurteilungspegel im

Vorhabenfall an allen maßgeblichen Immissionsorten (IO 5.0 ist nicht länger

maßgeblich, siehe oben) geringer sind als im Prognose- Nullfall, d.h. beim

unverändertem Weiterbetrieb der Anlage.

VII.3.3.9. Gerüche

VII.3.3.9.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe

Den Bewertungsmaßstab für Geruchsimmissionen bildet § 5 Abs. 1 Satz 1

Nr. 1 BImSchG in Verbindung mit der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL).

VII.3.3.9.2. Wesentliche Einwendungen

Vom Betrieb des Kraftwerkes werden erhebliche Belästigungen für die

Nachbarschaft durch Geruchsimmissionen, insbesondere im Winter be-

fürchtet. Die Verbrennung von Kohlestaub im Block 5 führe derzeit schon zu

Geruchsbelästigungen. Entsprechende Geruchsmessungen werden gefor-

dert. Es wird befürchtet, dass durch Verbrennung von Petrolkoks, Klär-

schlamm, Tiermehl und Altlasten Geruchbelästigungen entstehen könnten.

VII.3.3.9.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Im Zusammenhang mit dem Betrieb des Blocks 6 werden keine relevanten

Geruchsemissionen freigesetzt, so dass der Schutz vor schädlichen Umwelt-

einwirkungen durch Gerüche gewährleistet ist.

Für den Block 6 sind ausschließlich Steinkohle (Regelbetrieb) und Heizöl

(Zünd- und Stützfeuerung)als Brennstoffe vorgesehen und durch entspre-

chende Nebenbestimmungen gesichert. Die für das Vorhaben eingesetzten

Brennstoffe (Steinkohle sowie Heizöl und Erdgas für die Hilfskessel) und

sonstigen Betriebsmittel enthalten keine geruchsintensiven Bestandteile.

Die Verbrennungsabgase werden einer komplexen Rauchgasreinigungsan-

lage zugeführt. Dort werden im Wesentlichen staub- und gasförmige Luft-

schadstoffe aus dem Rauchgas entfernt. Nach der Rauchgasreinigung ver-

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bleiben in den Abgasen Stickstoffverbindungen, die sich nicht von den Ge-

rüchen aus anderen Feuerungsanlagen in der Umgebung unterscheiden.

Sie besitzen entsprechend den Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie

keine immissionsseitige Relevanz, da sie nur im unmittelbaren Nahbereich

zur Quelle wahrnehmbar sind.

VII.3.3.10. Anlagensicherheit, Störfallverordnung, Arbeitsschutz

VII.3.3.10.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe

Das Gelände des Kraftwerkes Staudinger ist ein Betriebsbereich im Sinne

des § 3 Abs. 5a BImSchG. Das wesentliche Gefährdungspotenzial ergibt

sich durch die Lagerung von druckverflüssigtem Ammoniak und von leich-

tem Heizöl.

In den Kraftwerksblöcken 4 bis 6 selbst werden keine Stoffe gemäß An-

hang I StörfallV gehandhabt, die die Mengenschwellen der Spalte 4 des

Anhangs I der StörfallV überschreiten.

Für den Betriebsbereich wurde gemäß § 8 der 12 BImSchV (StörfallV) ein

Konzept zur Verhinderung von Störfällen und ein Sicherheitsmanagement-

system erarbeitet. Es wurden die Risiken von Störfallen ermittelt und analy-

siert und Maßnahmen zur Verhinderung von Störfällen abgeleitet.

Die 1. Teilgenehmigung berechtigt nicht zur Inbetriebnahme der Anlage

oder von Anlagenteilen. Eine Bewertung des Sicherheitskonzeptes und der

Anlagensicherheit erfolgt in einem späteren Teilgenehmigungsverfahren.

VII.3.3.10.2. Wesentliche Einwendungen

Risiken von Störfällen seien unzureichend wegen fehlender Sachverständi-

gengutachten, insbesondere zu Gefahren durch Brände, Explosionen oder

Flugzeugabstürze, untersucht worden. Ebenso fehlten Angaben zur Zertifi-

zierung nach der EMAS- Verordnung (dazu VII.3.3.10.3.1). Darüber hinaus

seien betriebsgeheime Unterlagen durch die TÜV Technische Überwachung

Hessen GmbH nicht geprüft (dazu VII.3.3.10.3.2) und Auswirkungen des

Vorhabens unter Berücksichtigung von Achtungsgrenzen nicht untersucht

worden (dazuVII.3.3.10.3.3).

Eingewandt wurde zudem, dass sich mit dem Betrieb von Block 6 die Stör-

fall- Stoffmengen erhöhen und diese unzureichend angegeben worden sei-

en (dazuVII.3.3.10.3.4).

In Bezug auf die Beurteilung der Anlagensicherheit sei die Standsicherheit,

die Risiken durch die auf dem Kraftwerksgelände verlegte Ferngasleitung,

Gefahr durch terroristische Anschläge oder Flugzeugabstürze, Risiken durch

hohe Dampfdrücke und -temperaturen sowie die Notabschaltung im Störfall

ohne das Auftreten unzulässiger Materialtemperaturen und die Auslegung

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 271 von 321

der drucktragenden Wandung des Mühlenluftvorwärmers in Hinblick auf ei-

ne entsprechende Abrasion durch die Rauchgase nicht berücksichtigt wor-

den. Ungeprüft sei zudem, ob es für die geplante Technologie eine Bauart-

zulassung gebe (dazu VII.3.3.10.3.5).

Darüber hinaus seien die Ammoniak- und Stickoxidemissionen, die im Stö-

rungsfall freigesetzt würden, unzureichend untersucht (dazu VII.3.3.10.3.6).

VII.3.3.10.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

VII.3.3.10.3.1. Störfallkonzept

Das Risiko von Störfällen wird im Konzept zur Verhinderung von Störfällen

unter Kapitel 14, Anlage 14-1, betrachtet und bewertet. Wie dem Konzept

zur Verhinderung von Störfällen auf Seite 3 unter Punkt 2 entnommen wer-

den kann, stellt das gesamte Betriebsgelände des Kraftwerkes Staudinger

ein Betriebsbereich mit mehreren sicherheitsrelevanten Teilen dar. Unter

Punkt 4 des Störfallkonzepts sind alle zu betrachtenden Anlagen und Tätig-

keiten aufgeführt, bei denen die Gefahr eines Störfalls bestehen kann. Das

Konzept entspricht den Anforderungen nach § 8 der 12. BlmSchV in Ver-

bindung mit Anhang III der 12. BImSchV.

Das Gutachten zur Bewertung des nicht bestimmungsgemäßen Betriebes

im Block 6 ist Bestandteil des immissionsschutzrechtlichen Antrags auf Ertei-

lung der 1. Teilgenehmigung (Kapitel 8, Anlage 8-6). Das Ammoniaklager

und das neue Kohlelager sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Be-

triebsstörungen in der Ammoniakversorgungsanlage wurden im Konzept

zur Verhinderung von Störfällen betrachtet (Kapitel 14, Anlage 14-1).

Der Verkehr durch Flugzeuge des Frankfurter Flughafens kann gemäß BAM-

Forschungsbericht Nr. 231 (Festlegung von Ausschlußflächen in Start- und

Einflugschneisen von Flughäfen und Landeplätzen gemäß Störfallverord-

nung) als umgebungsbedingte Gefahrenquelle außer Betracht bleiben, weil

die Betriebsbereiche außerhalb der Sicherheitsflächen und der Anflugsek-

toren des (kontrollierten) Frankfurter Flughafens sowie außerhalb von in der

Luftverkehrskarte festgelegten Platzrunden sonstiger, unkontrollierter Flug-

oder Landeplätze liegen und der Abstand zum nächstgelegenen Landeplatz

mehr als 1,5 km beträgt. Der Verkehr von schnellfliegenden Flugzeugen des

militärischen Luftverkehrs kann ebenfalls außer Betracht bleiben, da die Be-

triebsbereiche nicht innerhalb eines Umkreises mit dem Radius 10 km vom

Mittelpunkt eines militärisch genutzten Flugplatzes liegen. Die Auswirkun-

gen des Kühlturmbetriebs auf den öffentlichen Flugverkehr sind ohne Be-

lang, da im Bereich des Kraftwerks Staudinger die Mindestflughöhe 4.000 ft

(1.300m) betragen muss und die Breite des Kühlturmschwadens mit etwa

150 m abgeschätzt werden kann, was bei einer Fluggeschwindigkeit von

etwa 400 km/h eine Überflugdauer von weniger als 2 Sekunden bedeutet.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 272 von 321

Das Konzept wurde an die mit dem Vorhaben verbundenen Veränderungen

angepasst. Weiter umfasst es die Gesamtziele und die allgemeinen Grund-

sätze des Vorgehens der Betreiberin zur Begrenzung der Gefahren von Stör-

fällen. Hinsichtlich der nicht vorhandenen Zertifizierung nach der EMAS-

Verordnung wird auf die Angaben unter Kapitel 1, Seite 4, Ziffer 3.1, verwie-

sen. Weitere Anforderungen werden nach Anhang III der 12. BImSchV an

das Konzept nicht gestellt.

VII.3.3.10.3.2. Betriebsgeheimnisse

Wie der gutachterlichen Äußerung der TÜH vom 2. Juni 2006 auf Seite 9

(Kapitel 15, Anlage 15-24) zu entnehmen ist, haben die als Betriebsgeheim-

nis (Anlage 15-20) gekennzeichneten Antragsunterlagen dem Gutachter

vorgelegen.

VII.3.3.10.3.3. Achtungsgrenze

In dem Leitfaden der Störfall- Kommission und des Technischen Ausschus-

ses für Anlagensicherheit (SFK/TAA-GS-1) wurden Empfehlungen für Ab-

stände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und

schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung dargelegt. Auf

Grundlage dieses Leitfadens wurden in Zusammenarbeit und im Einver-

nehmen zwischen dem HMWVL und dem HMULV sowie dem Regierungs-

präsidium Darmstadt sogenannte Achtungsabstände um Störfall-Betriebe

ermittelt. Für das Kraftwerk Staudinger wurde bezogen auf den Rechtswert

3496626 und den Hochwert 5550510 ein Achtungsabstand von 350m er-

mittelt.

Das Ammoniaklager und mithin auch der Antransport sowie Umschlag von

Ammoniak auf dem Kraftwerk-Gelände ist bereits genehmigt und muss kei-

ner erneuten sicherheitstechnischen Prüfung unterzogen werden. Der

Transport von Ammoniak in einem sicheren Eisenbahnkesselwagen auf den

öffentlichen Gleisen der Bahn und dem betriebseigenen Gleis der Antrag-

stellerin stellt kein sicherheitstechnisches Risiko dar. Bei einem Entleerungs-

vorgang eines NH3-Kesselwagens wird die Auftauanlage der Kohle- Entla-

destation außer Betrieb genommen.

VII.3.3.10.3.4. Menge an Störfallstoffen

In der Anlage 2 des Konzepts zur Verhinderung von Störfällen sind keine

jährlichen Umsatzmengen an Ammoniak genannt. In Spalte 5 der Anlage 2

des Störfallkonzepts sind die jeweiligen stoffbezogenen Mengenschwellen

der Spalte 4 und 5 des Anhangs I der 12. BImSchV aufgeführt, die zur Be-

rechnung der Quotientenregel relevant sind. Die jährliche Ammoniakbe-

darfsmenge für die Blöcke 5 und 6 beträgt 6.719 t.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 273 von 321

Die unter der Stoff-Nr. 2 (NH3) genannte Störfallmenge (100 kg) entstammt

dem sicherheitstechnischen Bericht des TÜV Nord, Bericht-Nr. SEP-343/08

vom Juni 2008. Die unter den Stoff-Nr. 9a (Ammoniakwasser 65 kg) und 11

(Wasserstoff 18 kg) genannten Stoffmengen sind die gesamten Inventar-

mengen.

Das in Kap. 14 der Antragsunterlagen (Anlage 14-1) enthaltene Konzept zur

Verhinderung von Störfällen weist auf Seite 3 aus, dass es sich bei den

5.500.000 kg Heizöl um die max. eingelagerte Ölmenge einschließlich der

in den Rohrleitungen befindlichen Stoffmenge handelt. Die max. Lager-

menge beträgt 5.250.000 kg; die in den Rohrleitungen befindliche Menge

beträgt 250.000 kg. Das Heizölinventar beträgt somit in der Summe

5.500.000 kg.

VII.3.3.10.3.5. Anlagensicherheit

Die Dampfkesselanlage ist kein Betriebsbereich in dem mit gefährlichen

Stoffen und Mengen nach Anhang I der 12. BImSchV umgegangen wird. Die

Frage der Standsicherheit der Dampfkesselanlage ist im Rahmen des Er-

laubnisverfahrens nach § 13 der Betriebssicherheitsverordnung von der ZÜS

geprüft worden. Die zur Ausführung der Anlagenbauteile erforderlichen sta-

tischen Nachweise werden vor der Bauausführung vorgelegt (siehe hierzu

Ausführungen unter Kapitel 18, Punkt 18.9, Seite 40 der Antragsunterlagen).

Von der von der Fa. Wingas auf dem Betriebsgelände unterirdisch verlegten

Ferngasleitung gehen keine Gefahren für das Kraftwerk Staudinger aus.

Der Mühlenluftwärmetauscher hat als Wirkungsgrad steigernde Maßnahme

die Aufgabe, überschüssige Wärme aus der Luft, die im Vorfeld durch den

Rauchgas-Luftvorwärmer vom Rauchgas an die Luft übertragen wurde, an

das Speisewasser zu übertragen und somit das Speisewasser zusätzlich vor-

zuwärmen. D. h. der Mühlenluftwärmetauscher wird nicht mit Rauchgas

sondern mit nahezu staubfreier Luft beaufschlagt. Die Luftgeschwindigkeit

im Luftkanal beträgt an dieser Stelle ca. 12 - 13 m/s. Aufgrund dieser beiden

Aspekte, sowohl durch die annähernde Staubfreiheit als auch aufgrund der

geringen Geschwindigkeit der Luft, kann eine Abrasion der Rohre im Müh-

lenluftwärmetauscher vernachlässigt werden. Bei einer Notabschaltung des

Dampferzeugers erlischt das Feuer innerhalb von 30 s, so dass eine weitere

Wärmezufuhr in das System sofort unterbunden wird. Eine Speicherung der

vorhandenen Wärme ist nicht möglich. Wasserseitg ist das System bei einer

Notabschaltung gefüllt, so dass die vorhandene Wärme der Luft in das Was-

ser übertragen wird und somit unzulässig hohe Materialtemperaturen nicht

auftreten können.

Eine Bauartzulassung gibt es lediglich für einzelne Komponenten der Ge-

samtanlage. Die Gesamtanlage unterliegt jedoch der Prüfung einer zugelas-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 274 von 321

senen Überwachungsstelle (ZÜS). Damit wird sichergestellt, dass Vorgaben

z. B. aus der BetrSichV eingehalten werden.

Das gesamte Kraftwerksgelände ist von Zäunen umgeben. Der Werkschutz

begeht das Werk regelmäßig. Die Berechtigung zum Betreten des Werks-

geländes wird durch den Werkschutz überprüft. Der Zutritt zur Anlage ist

nur befugtem Personal gestattet. Dieses ist durch Hinweisschilder kenntlich

gemacht. Alle Schalt- und Elektroräume sind unter Verschluss. Sie sind nur

dem eingewiesenen Fachpersonal zugänglich. Eingriffe Unbefugter können

praktisch nur unter Anwendung von massiver Gewalt erfolgen. Solche mas-

siven Eingriffe können vernünftigerweise ausgeschlossen werden.

Im Kraftwerk Staudinger (alle Blöcke) wird kein Hydrazin zur Speisewasser-

konditionierung eingesetzt.

VII.3.3.10.3.6. Ammoniak- und Stickoxidemission im Störungsfall

Bei einem Ausfall der Entstickungsanlage wird die Zufuhr von gasförmigem

Ammoniak (NH3) unmittelbar unterbunden. In Nebenbestimmungen des

Bescheides zur 1. Teilgenehmigung ist die NH3- Emission begrenzt und de-

ren Überwachung geregelt. Mit der festgelegten kontinuierlichen Überwa-

chung von NH3 werden auch Emissionen bei Ausfall der Rauchgasreini-

gungseinrichtung über den Emissionswerterechner überwacht. Die maxima-

le NO2-Emission ohne SCR-Betrieb beträgt 600 mg/m³.

VII.3.3.11. Wasserwirtschaft

VII.3.3.11.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Nach § 1 WHG sind die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als

Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen

sowie als nutzbares Gut durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung

zu schützen. Die allgemeinen Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung

sind in § 6 Abs. 1 WHG aufgeführt. Danach sind Gewässer nachhaltig zu

bewirtschaften, insbesondere mit dem Ziel,

ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des Naturhaus-

halts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten und zu

verbessern, insbesondere durch Schutz vor nachteiligen Veränderun-

gen von Gewässereigenschaften,

Beeinträchtigungen auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt der di-

rekt von den Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feucht-

gebiete zu vermeiden und unvermeidbare, nicht nur geringfügige Be-

einträchtigungen so weit wie möglich auszugleichen,

sie zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Inte-

resse Einzelner zu nutzen,

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 275 von 321

bestehende oder künftige Nutzungsmöglichkeiten insbesondere für

die öffentliche Wasserversorgung zu erhalten oder zu schaffen,

möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen,

an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und

schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten und insbesondere

durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von

nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen,

zum Schutz der Meeresumwelt beizutragen.

Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für

die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerun-

gen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie

die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen. Des Weiteren ist

jedermann verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein

Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche

Sorgfalt anzuwenden, um

eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermei-

den,

eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Ver-

wendung des Wassers sicherzustellen,

die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und

eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu ver-

meiden.“ (§ 5 Abs. 1 WHG)

Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beein-

trächtigt wird, § 55 WHG. Eine Erlaubnis zur Abwassereinleitung kann erteilt

werden, wenn jene die Anforderungen nach dem Stand der Technik ent-

sprechend § 57 WHG i.V. mit der Abwasserverordnung erfüllt (Emis-

sionsprinzip).

Nach § 62 WHG sind „Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stof-

fen so zu errichten und zu betreiben, dass eine nachteilige Veränderung der

Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das

Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen. Absatz 1 Satz

2 bis 4 gilt entsprechend.“

Nach § 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) sind die Gewässer als Be-

standteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Le-

bensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut durch eine nach-

haltige Gewässerbewirtschaftung zu schützen. Die allgemeinen Grundsätze

der Gewässerbewirtschaftung sind in § 6 Abs. 1 WHG aufgeführt.

Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für

die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerun-

gen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie

die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 276 von 321

Bezüglich der Lage von Teilen der Betriebsfläche in einem Wasserschutz-

gebiet sind die besonderen Anforderungen des § 52 WHG bzw. die Fest-

setzungen in der Schutzgebietsverordnung zu beachten.

Im Hinblick auf die Lage des Kühlwasserentnahmebauwerkes sowie von ein-

zelnen weiteren Gebäudeteilen in einem festgesetzten Überschwem-

mungsgebiet sind die besonderen Schutzvorschriften des § 78 WHG, u.a. an

den geforderten Ausgleich von verloren gehendem Rückhalteraum, rele-

vant. Der Schutz von Gewässerrandstreifen ist in § 38 geregelt.

Auf europäischer Ebene bildet die Wasserrahmenrichtlinie die Basis für ei-

nen umfassenden Gewässerschutz.

VII.3.3.11.2. Auswirkungen auf Grundwasserqualität durch Stoffeinträge; Auswirkungen

auf Wasserschutzgebiete und auf die öffentliche Trinkwasserversorgung

VII.3.3.11.2.1. Wesentliche Einwendungen

Es wurde vorgetragen, im Hinblick auf das in der Wasserrahmenrichtlinie

enthaltene Verschlechterungsverbot dürfe die Anlage Quecksilber über-

haupt nicht emittieren.

Es wurde vorgetragen, dass Schadstoffeinträge über Luft und Boden zu ei-

ner Belastung des Grundwassers und somit des Trinkwassers führen. Die

Trinkwasserschutzgebiete des Wasserwerks I Wallersee der Stadtwerke Ha-

nau, der Stadt Alzenau und andere in sensiblen Buntsandsteinböden des

Spessarts seien gefährdet. Dieses Risiko sei in den Antragsunterlagen nicht

hinreichend untersucht worden. Es wurde gefordert, ein begleitendes

Grundwasserqualitätsmonitoring im Hinblick auf eventuelle Schadstoffein-

träge durchzuführen.

Weiterhin wurde auf die Vorgaben der Trinkwasserschutzgebietsverord-

nung des Wasserwerks I Wallersee hingewiesen und vorgebracht, dass die-

se das Einbringen von schädlichen Stoffen in den Boden verbiete. Es wurde

darauf hingewiesen, dass jegliche Maßnahmen, die den Vorgaben der

Schutzgebietsverordnung widerlaufen, einer Ausnahmegenehmigung be-

dürfen.

Bezüglich der bestehenden Wasserrechte wurde vorgebracht, dass die Be-

wirtschaftung der genehmigten Wasserrechte zur Sicherstellung der Trink-

wasserversorgung der Stadt Hanau uneingeschränkt zu erhalten sei.

VII.3.3.11.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Aus den ermittelten Depositionen können für das Grundwasser keine Zu-

satzbelastungen über den Wirkungspfad Luft- Boden- Grundwasser abgelei-

tet werden, deren Fracht und Konzentration relevante negative Auswirkun-

gen erwarten lassen. Ein gesondertes Qualitätsmonitoring ist für das

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 277 von 321

Grundwasser nicht erforderlich, da aufgrund der Vorgaben der Rohwasser-

untersuchungsverordnung das Grundwasser aus jeder Gewinnungsanlage

jährlich auf die in der Verordnung definierten Parameter untersucht wird

und durch das begleitende Bodenmonitoring mögliche Vorhabenbedingte

Änderungen im Boden, die auch negativ auf das Grundwasser wirken könn-

ten, detektiert werden.

Innerhalb des festgesetzten Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk I

Wallersee werden keine Bauwerke errichtet. Daher ist eine Ausnahmezulas-

sung von Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung nicht erforderlich.

Der Standort für das Vorhaben liegt teilweise in der geplanten Erweiterung

der Zone III des Wasserschutzgebietes. Hier sind für alle Maßnahmen die

gleichen Anforderungen einzuhalten, wie bei Maßnahmen innerhalb der

Zone III des bestehenden Wasserschutzgebietes.

VII.3.3.11.3. Auswirkungen auf das Oberflächengewässer

VII.3.3.11.3.1. Stoffeinträge

VII.3.3.11.3.1.1. Direkteinleitung

Die Ableitung von Schmutzwasser und von Niederschlagswasser erfolgt un-

ter Beachtung der Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung. Die Auswir-

kungen des Vorhabens auf die Abflussverhältnisse und die Wasserqualität

des Maines durch die Entnahme und Wiedereinleitung von Kühlwasser sind

Gegenstand eines separaten wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens

mit UVP. Die Mengenangaben zum Abwasser werden im Rahmen dieses

separaten Erlaubnisverfahrens zum Teil noch konkretisiert.

Gemäß den Antragsunterlagen zum wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren

werden sich die chemisch-physikalischen Parameter im Vergleich zum der-

zeitigen Zustand nicht wesentlich verändern, teilweise sogar verbessern. Un-

ter Berücksichtigung der Vorbelastung des Mains werden keine erheblichen

negativen Auswirkungen erwartet. Das Vorhaben widerspricht nicht dem

Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie. Die zu erwartende

thermische Belastung des Mains fällt zukünftig deutlich geringer aus.

VII.3.3.11.3.1.2. Quecksilber

Die geänderten Einleitungsverhältnisse durch Errichtung des Blocks 6 als

Ersatz für die Blöcke 1 bis 3 des Kraftwerks stellen eine wesentliche Ände-

rung der bestehenden Benutzung dar. Diese Änderung bedarf einer was-

serrechtlichen Erlaubnis nach § 8 WHG. Im Rahmen des vorliegenden Ver-

fahrens ist mithin eine Prognoseentscheidung der zuständigen Wasserbe-

hörde erforderlich, ob die mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmi-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 278 von 321

gungsverfahren verbundene Änderung der Einleiteverhältnisse grundsätz-

lich erlaubnisfähig ist. Somit bedarf es einer wasserbehördlichen Einschät-

zung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis

eingehalten werden oder die Einhaltung durch entsprechende Nebenbe-

stimmungen im Erlaubnisverfahren sichergestellt werden kann.

Entsprechend dem Koordinierungsgrundsatz nach § 10 Abs. 5 BImSchG

wurde die Stellungnahme des zuständigen Dezernats IV/F 41.4 – „Anlagen-

bezogener Gewässerschutz“ – eingeholt. Dieses teilte am 10. Dezem-

ber 2010 mit:

„Da die von § 57 Abs. 1 WHG aufgestellten Vorgaben bei der Gewässerbe-

nutzung nach dem Stand der Technik bzw. durch entsprechende Nebenbe-

stimmung eingehalten werden, steht das vorsorgeorientierte abwasser-

rechtliche Emissionsregime der Erlaubniserteilung nicht entgegen.

Im Weiteren ist für die Beurteilung der Erlaubnisfähigkeit zu klären, ob aus

wasserwirtschaftlicher Sicht auf der Grundlage von § 12 WHG Versagungs-

gründe gegen eine Erlaubnis für die geänderten Einleitungsverhältnisse be-

stehen.

Nach § 12 WHG gilt es zu prüfen, ob eine schädliche, auch durch Nebenbe-

stimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerverände-

rung zu erwarten ist. Als schädliche Verunreinigungen gelten nach § 3

Nr. 10 WHG Veränderungen der Gewässereigenschaft, die das Wohl der

Allgemeinheit beeinträchtigen oder Anforderungen, die sich insbesondere

aus § 27 WHG in Form der Bewirtschaftungsziele für Oberflächengewässer

ergeben, entgegenstehen.

Dabei ist im vorliegenden Fall insbesondere zu beachten, dass mit der

Richtlinie 2008/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom

16. Dezember 2008 über Qualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik ei-

ne Verschärfung der Norm für Quecksilber erfolgt ist. Aufgrund der Er-

kenntnisse, die der Behörde derzeit vorliegen, bestehen erhebliche Zweifel,

dass die verschärfte Qualitätsnorm für den Parameter Quecksilber im Main

eingehalten werden kann.“

Es stellen sich somit insbesondere folgende Fragen:

Die Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG enthält das durch die derzeit

noch nicht in deutsches Recht umgesetzte Richtlinie 2008/105/EG

(ABl.EU Nr. L 348 S. 84) konkretisierte Konzept der schrittweise zu be-

treibenden Reduktion prioritärer Stoffe. Steht dieses Konzept der Er-

teilung einer wasserrechtlichen Zulassung für die Einleitung quecksil-

berhaltigen Abwassers in ein Gewässer entgegen?

Steht der Erteilung der vorgenannten wasserrechtlichen Zulassung das

Verschlechterungsverbot des § 27 WHG entgegen, weil sich das be-

troffene Gewässer u. a. mit Blick auf die Belastung mit Quecksilber

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 279 von 321

zurzeit nicht in dem danach zu erreichenden guten chemischen Zu-

stand befindet?

Zur Klärung dieser Fragen wurde ein Rechtsgutachten vergeben, das die

Grundlage der vorliegenden Entscheidung über die Erlaubnisfähigkeit bil-

det. Danach stellen sich die Rahmenbedingungen des europäischen Ge-

wässerschutzrechts für quecksilberhaltige Abwassereinleitungen wie folgt

dar:

Bis zum 22. Dezember 2015 ist ein guter Zustand des Vorfluters zu er-

reichen. Für den guten chemischen Zustand bedeutet dies, dass zu

diesem Zeitpunkt die Umweltqualitätsnormen der Richtlinie

2008/105/EG für Quecksilber nicht überschritten werden dürfen. Da-

bei ist nach den allgemeinen Bestimmungen der Wasserrahmen-

richtlinie zwar grundsätzlich eine Fristverlängerung für die Erreichung

dieses Zustands zulässig, doch unterliegt der Eintrag von Quecksilber

den verschärften Anforderungen des Regimes der prioritären Stoffe

nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) iv) WRRL, der bewusst auf die Bezugnahme auf

die Relativierungsklauseln des Art. 4 Abs. 4 bis 7 WRRL verzichtet.

Die Verschmutzung durch prioritäre Stoffe ist schrittweise zu reduzie-

ren; für Quecksilber als prioritärer gefährlicher Stoff gilt darüber hin-

aus die Phasing- Out- Verpflichtung, d. h. die Pflicht zur Beendigung

oder schrittweisen Einstellung von Einleitungen, Emissionen und Ver-

lusten.

Die vollständige Einstellung des Quecksilbereintrags in oberirdische

Gewässer ist spätestens bis zum 16. Dezember 2028 zu bewirken.

Es ist unstrittig, dass auch vor Umsetzung der Richtlinie 2008/105/EG in das

nationale Recht die Wasserbehörde bei ihrer Entscheidung die zu erwar-

tenden Anforderungen zu berücksichtigen hat. Das Rechtsgutachten be-

antwortet die Frage wie folgt:

„Der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für die Einleitung quecksil-

berhaltigen Abwassers in ein Gewässer steht das richtlinienrechtliche Kon-

zept der schrittweise zu betreibenden Reduktion prioritärer Stoffe und das

Ziel der vollständigen Einstellung der Einleitungen, Emissionen und Verluste

prioritärer, gefährlicher Stoffe derzeit nicht entgegen. Die Richtlinie

2008/105/EG konkretisiert die Anforderungen an den guten chemischen

Zustand eines Gewässers, der grundsätzlich zum 22. Dezember 2015 er-

reicht werden muss. Die vollständige Einstellung des Eintrags prioritärer ge-

fährlicher Stoffe hat nach den europarechtlichen Vorgaben bis zum 16. De-

zember 2028 zu erfolgen. Eine zum jetzigen Zeitpunkt erfolgende Ersetzung

bestehender wasserrechtlicher Einleiteerlaubnisse durch eine neue Erlaub-

nis mit der Folge, dass im Ergebnis keine Frachterhöhung, sondern mögli-

cherweise sogar eine Verringerung der Schadstoffbelastung durch die Ein-

leitung bewirkt werden würde, ist rechtlich zulässig, soweit sie den gelten-

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den Grenzwertfestsetzungen des deutschen Rechts nicht widerspricht. Ka-

tegorische Verbote der Erteilung neuer Erlaubnisse lassen sich aus dem eu-

ropäischen Gewässerschutzrecht derzeit nicht herleiten. Die Erlaubnis wird

indes nach Maßgabe des zu erwartenden Transformationsrechts im Sinne

der gemeinschaftsrechtlichen Strategie des Phasing- Out künftig sukzessive

anzupassen sein.

Das Verschlechterungsverbot des § 27 WHG steht der Erteilung einer was-

serrechtlichen Erlaubnis nicht entgegen, wenn diese bestehende Erlaubnis-

se ersetzt und im Ergebnis feststeht, dass hierdurch keine Erhöhung, son-

dern möglicherweise eine Verringerung der Quecksilberbelastung erzielt

werden wird. Vielmehr steht die ggf. zu erwartende Reduzierung der Schad-

stofffracht im Einklang mit dem gleichfalls in § 27 WHG enthaltenden Ver-

besserungsgebot.“

Die Ausführungen des Rechtsgutachtens macht sich die Behörde im vollen

Umfang zu Eigen. Mithin bestehen aus wasserbehördlicher Sicht gegen den

vorgelegten Erlaubnisantrag keine Versagungsgründe. Im Weiteren wird

der Antragsteller bereits in der anstehenden Entscheidung darauf hinge-

wiesen, dass weitergehende Anforderungen an die Einleitung gestellt wer-

den können, da die Einleitung der Antragstellerin eine nicht unbedeuten-

den Fracht an Quecksilber enthält.

Mit der Verabschiedung der Richtlinie 2008/105/EG am 16. Dezember 2008

ist zudem die Frist in Lauf gesetzt worden, innerhalb der die vollständige

Einstellung der Quecksilbereinträge (sog. Phasing- Out) spätestens zum

16. Dezember 2028 abgeschlossen sein muss. Zu der Frage, ob im Lichte

der Phasing- out- Verpflichtung eine Einleitung von Quecksilber zulässig ist,

führt das beauftragte Rechtsgutachten aus:

„Ein kategorisches Verbot der Erteilung neuer Einleiteerlaubnisse ist jedoch

europarechtlich nicht begründbar. Zweckmäßigerweise wird aber im Er-

laubnisbescheid ausdrücklich auf das Phasing- Out- Szenario hinzuweisen

sein, um der Begründung schutzwürdigen Vertrauens in die auch künftig

unverändert fortbestehende Berechtigung des Benutzers zur Schadstoffein-

leitung entgegenzuwirken.“

Die Behörde macht sich auch diese Einschätzung des Gutachters zu Eigen.

Mit dem Hinweis zu den Regelungen über die Umweltqualitätsnorm des Pa-

rameters Quecksilber soll demzufolge die Antragstellerin darüber in Kennt-

nis gesetzt werden, dass spätestens im Jahre 2028 jedwede Einleitung von

Quecksilber einzustellen ist und daraus die Befristung oder der Widerruf

der Einleiterlaubnis folgen kann.

Im Rahmen des Erörterungstermins wurden darüberhinausgehend einge-

wandt, dass der Eintrag von Schadstoffen über den Luftpfad erlaubnispflich-

tig wäre. Wie die Vertreter der Wasserbehörde bereits im Erörterungstermin

dargelegt haben, ist diese Auffassung aus rechtssystematischen Gründen

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 281 von 321

abzulehnen. Die diesbezüglichen nachstehenden Ausführungen des beauf-

tragten Rechtsgutachtens werden vollinhaltlich seitens der Behörde geteilt.

„Der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis kann nicht entgegengehal-

ten werden, dass mit Verringerung des Schadstoffeintrags über die Abwas-

sereinleitung eine erhöhte Belastung der Gewässer über den Luftpfad zu

befürchten ist. Die Emission von Schadstoffen in die Luft erfüllt regelmäßig

keinen Benutzungstatbestand im Sinne des § 9 WHG und bedarf daher nicht

der wasserrechtlichen Gestattung, sondern allein der immissionsschutz-

rechtlichen Genehmigung. Erweist sich allerdings, dass die bestehenden

immissionsschutzrechtlichen Emissionsgrenzwerte der Erreichung der euro-

parechtlich vorgegebenen Umweltqualitätsnormen für Gewässer entgegen-

stehen, sind diese durch die für die Normgebung jeweils zuständigen Or-

gane anzupassen. Nicht hingegen sind Vollzugsbehörden oder Verwal-

tungsgerichte verpflichtet oder berechtigt, durch systemwidrig extensivie-

rende Auslegung der wasserrechtlichen Benutzungstatbestände oder durch

ein entsprechendes Verständnis des wasserbehördlichen Bewirtschaftungs-

ermessens in den Transformationsprozess einzugreifen.“

Ein weiterer Einwand des Erörterungstermins bezog sich auf den Schad-

stoffeintrag in das Kühlwasser über den Kühlturm.

Es wurde hierzu im März und April 2010 weitere Messkampagnen am Kühl-

turm des Blockes 5 bei unterschiedlicher Kohlezusammensetzung durchge-

führt. Es haben sich hierbei keine Hinweise auf einen relevanten Übergang

von Schadstoffen, insbesondere Schwermetallen, in das Kühlwasser erge-

ben, was auch durch das ergänzend beauftragte Fachgutachten bestätigt

wurde.

Die weiteren Einwendungen hinsichtlich der fehlenden Beschreibung der

Abwasservorbehandlungen und der Einsatzstoffe können aufgrund der Aus-

führungen in den vorliegenden wasserrechtlichen Antragsunterlagen wie

auch des technischen Gutachtens, welche auch in Kürze öffentlich ausgelegt

werden, als erledigt angesehen werden.

VII.3.3.11.3.2. Beeinträchtigung des Überschwemmungsgebiets

VII.3.3.11.3.2.1. Wesentliche Einwendungen

Zu den geplanten Eingriffen des Vorhabens in das Überschwemmungsge-

biet des Mains wird eingewandt, dass hinsichtlich des für den Main enorm

wichtigen Hochwasserschutzes, das Vorhaben auch mit ausreichend Ersatz-

retentionsraum nicht akzeptabel wäre. Es schränke den Überschwem-

mungsraum des Mains ein und verschärfe damit die Risiken von Hochwas-

serereignissen für die stromabwärts gelegenen Siedlungsgebiete. Die An-

lage müsse so geplant sein, dass sie vollständig außerhalb des Retentions-

raumes errichtet werden könnte.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 282 von 321

Die Abweichungsentscheidung in der landesplanerischen Beurteilung sei

rechtswidrig. Eher wäre es erforderlich und zugunsten der Umwelt möglich,

den bisher für die Kohlehalden genutzten Bereich, als Überschwemmungs-

und Retentionsgebiet wieder frei zu geben. Der Bau des Blocks 6 schaffe

damit im Verhältnis zu einer sonst möglichen Erweiterung des Über-

schwemmungsgebietes eine deutliche ökologische Verschlechterung.

Weiterhin wird eingewandt, dass die im immissionsschutzrechtlichen Ge-

nehmigungsverfahren vorgelegte Kompensationsmaßnahme K 1 „Verbesse-

rung der ökologischen Situation am Main bei Rumpenheim“ der Entschei-

dung der Regionalversammlung Südhessen: „Der Verlust an Retentions-

raum ist durch die Bereitstellung gleichwertiger Kompensationsmaßnahmen

auszugleichen“ widerspreche. Diese Einwendung ist aufgrund eines Miss-

verständnisses entstanden. Die Kompensationsmaßnahme K 1 ist eine na-

turschutzrechtliche Kompensationsmaßnahme und hat mit dem Retentions-

raumausgleich nichts zu tun.

Des Weiteren wird bemängelt, dass die Auswirkungen des Kohletransports

vom Hafen zu den Kohlelagern durch das Überschwemmungsgebiet nicht

untersucht seien.

VII.3.3.11.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan geht hervor, dass die Zufahrt

zum Wasserentnahmebauwerk im Endverlauf den Hochwasserabflussbe-

reich des Mains queren muss. Außerdem sind im Hochwasserabflussbereich

des Mains Flächen für Nachpflanzung von Pappeln (AF2) und Hecken aus

Bäumen und Sträuchern (A1) vorgesehen. Um zu verhindern, dass die auf-

geführten Maßnahmen nachteilige Auswirkungen auf den Hochwasserab-

fluss des Mains hervorrufen, wurden die in Kapitel IV.9 stehenden Neben-

bestimmungen in den Bescheid aufgenommen. Eine wasserrechtliche Ge-

nehmigung ist für die Nachpflanzungen gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 7 WHG nicht

erforderlich. Die Zufahrt zum Entnahmebauwerk wird im Rahmen der ent-

sprechenden Teilgenehmigung mit behandelt.

Im Hinblick auf die Belange des Hochwasserschutzes kann die sichere Prog-

nose getroffen werden, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BImSchG

in Verbindung mit § 78 Abs. 3 WHG (Ersatzretentionsraum, keine Beein-

trächtigung des Hochwasserabflusses, des Wasserstandes, des Hochwas-

serschutzes sowie hochwasserangepasstes Bauen) erfüllt bzw. sichergestellt

werden.

Die Antragstellerin begründet, dass die im Überschwemmungsgebiet ge-

planten Anlagenteile aus Platzgründen, technologischen Zusammenhängen

sowie Zweckmäßigkeitsgründen nicht an anderer Stelle errichtet werden

können. Der Abflussbereich des Mains wird von dem Vorhaben nicht betrof-

fen. Der in Anspruch genommene Retentionsraum des Mains (circa

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 283 von 321

8.000m³) kann durch den in unmittelbarer Nähe errichteten Hochwasser-

polder, in dem noch ein Überschuss an Ersatzvolumen von rund 26.000m³

besteht, ausgeglichen werden. Da der Eingriff relativ klein ist, und der Aus-

gleich in unmittelbarer Nähe möglich ist, sind keine Auswirkungen auf die

Wasserspiegellagen und den Hochwasserabfluss des Mains zu erwarten.

Dementsprechend ist nicht mit einer Verschärfung der Hochwassersituation

der stromabwärts gelegenen Siedlungsgebiete zu rechnen. Die Fürsorge

gegen die Verschärfung der Hochwassersituation der Unterlieger findet in

den unter Kapitel IV.9 festgesetzten Nebenbestimmungen Berücksichti-

gung.

Der Vorschlag der Einwender, das Überschwemmungsgebiet des Mains

nach der Räumung der Kohlehalde um deren Fläche zu erweitern, wird nicht

berücksichtigt, weil er weder rechtlich noch fachlich zu begründen ist. Als

Überschwemmungsgebiete werden gemäß § 76 WHG Gebiete an Gewäs-

sern festgestellt, die bei Hochwasser überschwemmt oder durchflossen

werden. Von der Topographie her wird bei einem 100-jährlichen Hochwas-

serereignis die gesamte Fläche nördlich des Hafens bis zu den Bahngleisen

weder überschwemmt noch durchflossen. Durch das Vorhaben findet ledig-

lich eine Nutzungsänderung auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin

statt, die keine Auswirkung auf die Überschwemmungsgebietsgrenze hat.

Der Forderung, den Kohletransport im Überschwemmungsgebiet des Mains

zu verbieten, kann nicht nachgekommen werden. Der Kohletransport er-

folgt in gekapselten Bändern, die eine Freisetzung der Kohle verhindern.

Die Kohle ist kein wassergefährdender Stoff im Sinne der Verwaltungsvor-

schrift über wassergefährdende Stoffe – VwVwS. Deshalb besteht bei einer

möglichen Störung der Kohletransportbänder während eines Hochwasser-

ereignisses kein ökologisches Schadenspotential für den Main.

VII.3.3.11.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen / Löschwasserrückhaltung

Weder bei den Bauarbeiten noch während des Kraftwerksbetriebs sind Be-

lastungen des Oberflächenwassers und Grundwassers durch den Umgang

mit wassergefährdenden Stoffen zu erwarten, da im bestimmungsgemäßen

Betrieb keine wassergefährdenden Stoffe aus den Anlagen austreten.

Für den Fall, dass im Schadensfall tatsächlich wassergefährdende Stoffe aus-

treten, sind hinreichende Sicherungs- und Sofortmaßnahmen festzulegen,

die ein Eindringen wassergefährdender Stoffe in das Oberflächenwasser,

den Boden und das Grundwasser verhindern. Die Beschreibung der Anla-

gen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und der Sicherungs-

und Sofortmaßnahmen erfolgt erst in einer noch zu beantragenden späte-

ren Teilgenehmigung. Nach Prüfung der noch vorzulegenden Unterlagen

werden die im Einzelfall konkret erforderlichen Nebenbestimmungen für

den Bau und Betrieb der Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 284 von 321

Stoffen in einer späteren Teilgenehmigung festgelegt. Bereits in den Unter-

lagen zur 1. Teilgenehmigung werden erste Sicherungsmaßnahmen be-

schrieben wie zum Beispiel die Festlegung des Kraftwerks - Nullniveaus auf

106,00 NN und die grundwasserdichte Ausführung der Keller. Daraus resul-

tiert, dass selbst ein Austritt von wassergefährdenden Stoffen aus den Anla-

gen innerhalb des Blocks 6 nicht zu einer Schädigung von Oberflächenwas-

ser, Boden oder Grundwasser führen kann.

Die Ableitung von Löschwasser aus den Auffangräumen in das Kanalnetz

wird durch die Regelungen der Nebenbestimmungen V.14 verhindert.

Durch den Bau und Betrieb der Anlagen zum Umgang mit wassergefähr-

denden Stoffen und in Bezug auf die Löschwasserrückhaltung sind grund-

sätzlich keine negativen Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser zu besor-

gen.

Durch die Beachtung der einschlägigen fachgesetzlichen Regelungen und

Regelwerke zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen wird Vorsorge

gegen nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser getroffen.

VII.3.3.11.4.1.1. Auswirkungen von Schadstoffdepositionen auf die Grundwasserqualität /

Wasserschutzgebiet

Aus den ermittelten geringen Schadstoff- Depositionen können für das

Grundwasser keine Zusatzbelastungen über den Wirkungspfad Luft-Boden-

Grundwasser abgeleitet werden, deren Fracht und Konzentration relevant

negative Auswirkungen erwarten lassen.

Im Übrigen werden durch das Bodenmonitoring mögliche vorhabenbeding-

te Änderungen im Boden, die sich auch negativ auf das Grundwasser aus-

wirken könnten, detektiert.

Der Anlagenstandort liegt innerhalb der Zone III sowie innerhalb der vorge-

schlagenen Erweiterung des Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk

Wallersee. Die Regelungen unter der Nebenbestimmung IV.10 stellen si-

cher, dass keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wasserschutzgebiet

bzw. die öffentliche Trinkwasserversorgung ausgehen können.

Nach den Antragsunterlagen zum wasserrechtlichen Genehmigungsverfah-

ren werden die auf den Grundwasserschutz gerichteten Ziele der Wasser-

rahmenrichtlinie (u.a. guter quantitativer und chemischer Zustand in 15 Jah-

ren, Umkehr von signifikanten Belastungstrend) durch die separat beantrag-

te Erlaubnis nicht in Frage gestellt. Bei den Abwassereinleitungen treten

keine Verschlechterungen bei den vorgegebenen Schwellenparametern

ein, bei einigen wesentlichen Parametern deutliche Verbesserungen.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 285 von 321

VII.3.3.11.4.1.2. Auswirkungen auf die Grundwasserneubildung / den Grundwasserkörper

Der Anlagenstandort trägt bereits derzeit nur in geringem Umfang zur

Grundwasserneubildung bei. Es ist nicht von einer messbaren Veränderung

der regionalen Grundwasserneubildungsrate auszugehen. Erhebliche nach-

teilige Auswirkungen auf den Grundwasserkörper bzw. die Grundwasser-

hydraulik durch die Einbindung von Baukörper in das Grundwasser sind

nicht zu erwarten.

Mit dem geplanten Vorhaben sind keine nachteiligen Auswirkungen auf den

Hochwasserschutz verbunden. Der in Anspruch genommene Retentions-

raum kann durch einen vorhandenen Überschuss an Ersatzvolumen in ei-

nem in unmittelbarer Nähe errichteten Hochwasserpolder ausgeglichen

werden.

VII.3.3.12. Schutzgut Boden

VII.3.3.12.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Gemäß § 1a Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) soll mit Grund und Bo-

den sparsam und schonend umgegangen werden, dabei sind zur Verringe-

rung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzun-

gen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch

Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maß-

nahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf

das notwendige Maß zu begrenzen.

Nach § 1 BBodSchG sind u.a. schädliche Bodenveränderungen abzuwehren

und es ist Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu tref-

fen. Nach § 3 Abs. 3 des BBodSchG gelten im Hinblick auf das Schutzgut

Boden schädliche Bodenveränderungen im Sinne des § 2 Abs. 3 dieses Ge-

setzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen,

soweit sie durch Immissionen verursacht werden, als schädliche Umwelt-

einwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG, im übrigen als sonstige Gefahren,

erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 S. 1

Nr. 1 BImSchG. Zur näheren Bestimmung der immissionsschutzrechtlichen

Vorsorgepflichten sind die in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2

BBodSchG festgelegten Werte heranzuziehen, sobald in einer Rechtsver-

ordnung oder in einer Verwaltungsvorschrift des Bundes bestimmt worden

ist, welche Zusatzbelastungen durch den Betrieb einer Anlage nicht als ur-

sächlicher Beitrag zum Entstehen schädlicher Bodenveränderungen anzu-

sehen sind. In der Rechtsverordnung oder der Verwaltungsvorschrift soll

gleichzeitig geregelt werden, dass bei Unterschreitung bestimmter Emis-

sionsmassenströme auch ohne Ermittlung der Zusatzbelastung davon aus-

zugehen ist, dass die Anlage nicht zu schädlichen Bodenveränderungen

beiträgt.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 286 von 321

Bislang wurde noch keine Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift auf

Grundlage des BBodSchG erlassen, die die immissionsschutzrechtlichen

Vorsorgepflichten zum Schutz des Bodens näher bestimmen.

Die in Anhang 2 Nr. 5 BBodSchV festgesetzten Frachten bestimmen aus-

drücklich nicht im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 2 BBodSchG, welche Zusatzbe-

lastungen durch den Betrieb einer Anlage nicht als ursächlicher Beitrag zum

Entstehen schädlicher Bodenveränderungen anzusehen sind, § 11 Abs. 3

BBodSchV. Die zulässigen Frachten gemäß Anhang 2 Nr. 5 BBodSchV kön-

nen für die Bewertung von Schadstofffrachten in den Boden über alle Wir-

kungspfade herangezogen werden.

In der TA Luft (Nr. 4.5) sind Immissionswerte für Schadstoffdepositionen

festgelegt, die den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch die

Deposition luftverunreinigender Stoffe, einschließlich dem Schutz vor

schädlichen Bodenveränderungen, sicherstellen.

Als Bewertungsmaßstäbe für die Bewertung der Auswirkungen auf die stoff-

liche Bodenbeschaffenheit werden daher der Anhang 1 Nr. 1.3 der UVPVwV

(„Orientierungshilfe für die Bewertung der Auswirkungen auf die stoffliche

Bodenbeschaffenheit“) sowie die in Anhang 2 der BBodSchV genannten

Vorsorgewerte zugrunde gelegt.

Für die Bewertung der Einträge von Dioxinen in den Boden werden auf die

Handlungsempfehlungen der Bund / Länder- Arbeitsgruppe Dioxine zu-

rückgegriffen.

VII.3.3.12.2. Wesentliche Einwendungen

Es wurde eingewandt, dass durch die geplante Maßnahme die Menge an

emittierten Schadstoffen zunehmen werde und somit auch mit einer erhöh-

ten Schadstoffanreicherung im Boden zu rechnen sei. Es sei eine naturwis-

senschaftliche Modellrechnung für die folgenden 50 Jahre erforderlich.

Zu den Schwermetallen wurde vorgetragen, dass deren Beurteilung anhand

der zulässigen Frachten nach der Bundes- Bodenschutzverordnung

(BBodSchV) missverständlich sei, da diese für Frachten aus allen Quellen

gelten. Weiterhin läge Quecksilber im Abgas auch ionisch vor und sei damit

sehr gut wasserlöslich.

Die Zusatzbelastungen an Schwefel- und Stickstoffverbindungen und deren

Auswirkungen auf den Boden, wie z.B. Versauerung oder Überdüngung der

Böden, seien nicht ausreichend bzw. falsch bewertet worden. Auch seien

die Auswirkungen von Nebenprodukten, Abfällen sowie Stoffumwandlun-

gen auf dem Luftpfad nicht berücksichtigt worden. Bei der Beurteilung der

Auswirkungen der Luftschadstoffe auf den Boden seien das Filter-, Puffer-

und Speichervermögen der Böden und eine Verminderung des Retentions-

vermögens nicht ausreichend berücksichtigt worden.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 287 von 321

Im Hinblick auf die durchgeführten Bodenuntersuchungen wurden die Grö-

ße des Untersuchungsraumes, das Fehlen weiterer Messpunkte sowie die

Auswahlkriterien für die Bodenprobenstandorte bemängelt. Zudem wurde

die Lage der Messstelle „Grünland G5“ kritisiert.

Weiterhin wurden die Art und Dokumentation der Probenahme kritisiert,

dabei wurde insbesondere die Beprobungstiefe bemängelt. Zudem seien

Beprobungsergebnisse aus dem Jahr 1994 verwendet worden, die nicht

den Anforderungen der Bundes- Bodenschutzverordnung (BBodSchV) ent-

sprächen. Bei landwirtschaftlichen Flächen sei die Gesundheitsgefährdung

für die Nahrungskette nicht ausreichend untersucht worden. Hinsichtlich des

Untersuchungsumfanges würden die polyzyklischen aromatischen Kohlen-

wasserstoffe (PAK) sowie Bodenkenngrößen wie Bodenart, pH- Wert und

Gehalt an organischer Substanz fehlen. Zur Bodenfunktionsbewertung wur-

de auf den Methodenkatalog der LABO hingewiesen. Zu den Ergebnissen

der Bodenuntersuchungen wurde eingewandt, dass bei einigen Flächen die

Vorsorgewerte bereits überschritten seien. Außerdem wurde eine Wieder-

holung der Bodenuntersuchungen nach Inbetriebnahme angeregt.

Es wurde ferner kritisiert, dass durch die Flächeninanspruchnahme von rund

0,5 ha ein erheblicher Verlust der natürlichen Bodenfunktion zu verzeichnen

sei. Im Bezug auf die Altlasten wurde darauf hingewiesen, dass auf dem Be-

triebsgelände der Antragstellerin in der Vergangenheit zahlreiche Chemika-

lien und Munitionsreste abgelagert worden seien. Für das Kraftwerksgelän-

de wurde eine engmaschige und flächendeckende Bodenuntersuchung auf

alle relevanten Schadstoffparameter mit anschließender unverzüglicher Sa-

nierung der durch Bodenbelastungen bzw. Altablagerungen betroffenen

Betriebsbereiche gefordert.

VII.3.3.12.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind überwiegend

als irrelevant im Sinne der TA Luft (Ausnahme Quecksilberdeposition) zu

bewerten. Auch im Gesamtkraftwerkbetrieb werden die Immissionswerte

der maßgebenden Beurteilungskriterien unterschritten, so dass über den

Luftpfad keine erheblichen Auswirkungen auf den Boden zu besorgen sind

(sieheVII.3.3.1.1.3).

In der Gesamtbelastung (Vorbelastung + Immissionsbeitrag Block 6) wer-

den die Frachten gemäß Anhang 2 Nr. 5 der BBodSchV für alle Parameter

deutlich unterschritten.

Auch ein Vergleich der prognostizierten Zusatzbelastungen mit den Orien-

tierungswerten des Gesetzes über Umweltverträglichkeitsprüfungen zeigt in

einer worst-case-Betrachtung für die nächsten 40 Jahre keine relevanten

Schadstoffanreicherungen in den oberen 30 Bodenzentimetern.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 288 von 321

Zur Ermittlung der Vorbelastungen wurden 2009 entsprechend der Immis-

sionsprognose in einem Umkreis von 10 km um den Kraftwerkstandort so-

wie in den Bereichen mit der höchsten trockenen und nassen Deposition

Bodenproben entnommen. Die Auswahl der Standorte erfolgte in Abstim-

mung mit dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG). Die

Probenahmestelle „Grünland G5“ befindet sich entsprechend den Maßga-

ben der landesplanerischen Beurteilung im Bereich der Maxima der nassen

Deposition. Da bezüglich der zusätzlichen Immissionsbelastungen die An-

forderungen des BBodSchG und der BBodSchV eingehalten werden, be-

steht derzeit kein Anlass für eine Ausweitung des Untersuchungsraums oder

weitere Messstellen.

Die Probenahme erfolgte gemäß den Vorgaben in Anhang 1 der

BBodSchV. Als nutzungsorientierte Beprobungstiefe sind in Tabelle 1, An-

hang 1 der BBodSchV für Ackerflächen 0 bis 30 bzw. 30 bis 60cm und für

Grünland 0 bis 10 bzw. 10 bis 30cm angegeben. Maßgeblich ist jedoch,

dass die Böden gemäß BBodSchV möglichst horizontweise zu beproben

sind. Die tatsächlichen Beprobungstiefen entsprechen weitestgehend den

Angaben der Tabelle 1 und die Abweichungen davon sind entsprechend

der Vorgaben der BBodSchV durch geringere Horizontmächtigkeiten des

Oberbodens bedingt.

Die Beprobung nach der BBodSchV erfolgte nutzungsorientiert und ermög-

licht damit auch die Bewertung für den Wirkungspfad Boden – Mensch, d.h.

auch die Nahrungskette. Bei den Untersuchungen wurden auch die PAK

analysiert und die genannten Bodenkenngrößen erfasst. Die Bodenfunkti-

onsbewertung erfolgte gemäß den Vorgaben der LABO.

Bei der durchgeführten Nullbeprobung wurden auf einigen Flächen Über-

schreitungen der Vorsorgewerte festgestellt. Dies ist gemäß § 11 BBodSchV

zulässig, wenn die Zusatzbelastung die in Anhang 2 der BBodSchV festge-

legten Frachten nicht überschreitet. Da dies der Fall ist, besteht hier kein

weiterer Handlungsbedarf. Eine Wiederholung der Bodenuntersuchung

wird in der Betriebsphase des Blocks 6 alle fünf Jahre durchgeführt werden.

Die Flächeninanspruchnahme in Höhe von 0,5 ha ist aufgrund der Größe

und der bisherigen industriellen Nutzung im Hinblick auf die natürliche Bo-

denfunktion nicht als relevant zu bewerten. Im Rahmen der Bautätigkeit

wurden und werden umfangreiche Bodenuntersuchungen durchgeführt.

Anhand der Ergebnisse ist durch die Bodenschutzbehörde zu entscheiden,

ob Sanierungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen gemäß BBodSchG und

BBodSchV durchzuführen sind.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 289 von 321

VII.3.3.13. Umweltverträglichkeit / Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt

VII.3.3.13.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Fachgesetzliche Bewertungsgrundlage zum Schutz von Tieren, Pflanzen und

der biologischen Vielfalt ist das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).

Nach den Zielen des BNatSchG sind Natur und Landschaft u.a. so zu schüt-

zen, dass die biologische Vielfalt und die Leistungs- und Funktionsfähigkeit

des Naturhaushaltes einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhal-

tigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter auf Dauer gesichert sind (§ 1 Abs. 1

Nr. 1 und 2 BNatSchG).

„Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sind entsprechend

dem jeweiligen Gefährdungsgrad insbesondere

lebensfähige Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen ein-

schließlich ihrer Lebensstätten zu erhalten und der Austausch zwi-

schen den Populationen sowie Wanderungen und Wiederbesiedelun-

gen zu ermöglichen,

Gefährdungen von natürlich vorkommenden Ökosystemen, Biotopen

und Arten entgegenzuwirken,

Lebensgemeinschaften und Biotope mit ihren strukturellen und geo-

grafischen Eigenheiten in einer repräsentativen Verteilung zu erhalten;

bestimmte Landschaftsteile sollen der natürlichen Dynamik überlassen

bleiben.“ (§ 1 Abs. 2 BNatSchG)

Zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Na-

turhaushalts sind insbesondere u.a. wild lebende Tiere und Pflanzen, ihre

Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hin-

blick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten (§ 1 Abs. 3

Nr. 6 BNatSchG).

Konkretisierungen der vorgenannten Ziele sind u.a. in § 33 BNatSchG (All-

gemeine Schutzvorschriften für Natura 2000-Gebiete), § 44 BNatSchG (Vor-

schriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflan-

zenarten) und in Kapitel 4, Abschnitt 1 (Biotopverbund und Biotopvernet-

zung; geschützte Teile von Natur und Landschaft) des BNatSchG enthalten.

In Nr. 4.4.1 der TA Luft sind Immissionswerte für Schwefeldioxid und Stick-

stoffoxide zum Schutz vor erheblichen Nachteilen, insbesondere Schutz der

Vegetation und von Ökosystemen festgelegt. Die Immissionswerte sind im

vorliegenden Fall bezugnehmend auf Nr. 4.6.2.6 Abs. 6 der TA Luft eigent-

lich nicht anwendbar, da die relevanten Beurteilungspunkte nicht mehr als

20km von Ballungsräumen oder 5km von anderen bebauten Gebieten, In-

dustrieanlagen oder Straßen entfernt sind.

Anwendbar sind hingegen die Immissionswerte für Fluorwasserstoff und

Ammoniak gemäß Nr. 4.4.2 der TA Luft.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 290 von 321

Die Deposition von Luftschadstoffen und die Einwirkung von Schallimmissi-

onen werden schwerpunktmäßig im Zusammenhang mit der Prüfung der

Verträglichkeit des Vorhabens im Sinne des § 34 BNatSchG betrachtet (sie-

he Kapitel VII.3.3.14).

VII.3.3.13.2. Bewertung

VII.3.3.13.2.1. Standort / Biotopverlust

Maßgeblicher Wirkungspfad ist die Flächeninanspruchnahme / Überbauung

von Biotoptypen. Der überwiegende Teil des Baufeldes von Block 6 ist be-

reits derzeit befestigt bzw. versiegelt. Die Flächeninanspruchnahme von 0,5

ha mittel- und hochwertiger Biotope (u.a. standortgerechte Hecken- / Ge-

büschpflanzungen, Wiesenbrache / ruderale Wiesen) und des Lebensraums

geschützter Tierarten (u.a. Zauneidechse, blauflügelige Ödlandschrecke)

am Standort stellt eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 14

BNatSchG dar.

Durch die von der Antragstellerin vorgesehenen bzw. in den unter IV.12

enthaltenen Nebenbestimmungen festgesetzten Minderungs-, Ausgleichs-

und Ersatzmaßnahmen wird den Verursacherpflichten des § 15 BNatSchG

entsprochen.

Durch die vor Ort vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen und die im

gleichen Naturraum geplanten Kompensationsmaßnahmen zur Verbesse-

rung der ökologischen Situation am Main bei Rumpenheim sowie zur Ent-

wicklung naturnaher Waldbestände im Naturschutzgebiet „Bulau“ als Be-

standteil des FFH-Gebietes 5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei

Hanau“ kann eine vollständige Kompensation des Eingriffs in absehbarer

Zeit gewährleistet werden.

Durch die von der Antragstellerin geplanten konfliktvermeidenden Minde-

rungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen liegen keine artenschutzrechtli-

chen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG vor. Die Umsetzung

der Maßnahmen, zum Teil bereits vor Baubeginn, ist durch die Nebenbe-

stimmungen unter IV.12.3 sichergestellt.

VII.3.3.13.2.2. Standortumfeld: Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt

Maßgebliche Wirkungspfade für Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt

im Standortumfeld sind indirekte Einwirkungen durch vorhabenbedingte

Emissionen / Immissionen. Wie nachfolgend begründet, gehen von derarti-

gen Immissionen im vorliegenden Fall keine erheblichen Beeinträchtigun-

gen auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt aus. Eine biotoptypen-

spezifische oder weiter räumlich differenzierte Betrachtung - über die

durchgeführte FFH- Verträglichkeitsprüfung hinausgehend - erübrigt sich

daher.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 291 von 321

VII.3.3.13.2.2.1. Konzentrationen von Luftschadstoffen

In Kapitel VI.3.4.1.2.2 ist erläutert, dass der Immissionsbeitrag des zukünfti-

gen Gesamtkraftwerkes an Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, Fluorwasser-

stoff und Ammoniak deutlich unterhalb der Irrelevanzgrenzen der TA Luft

liegt.

Der Schutz der Vegetation und von Ökosystemen vor erheblichen Nachtei-

len durch Schwefeldioxid-, Stickstoffoxid-, Fluorwasserstoff- und Ammoniak-

immissionen ist damit sichergestellt. Auch aus den Immissionsbeiträgen der

übrigen Luftschadstoffparameter lassen sich keine Anhaltspunkte für schäd-

liche Umwelteinwirkungen auf Tiere und Pflanzen ableiten, da die Immissi-

onsbeiträge des Block 6 gering sind bzw. die maßgebenden Immissions-

werte eingehalten werden.

VII.3.3.13.2.2.2. Lichtimmissionen

Gemäß der Nebenbestimmung IV.4.3.3 ist sichergestellt, dass ausschließlich

Leuchten eingesetzt werden, die das Licht in einem für Insekten unattrakti-

ven Wellenlängenbereich ausstrahlen, so dass keine erheblichen Auswir-

kungen auf Insekten zu erwarten sind.

VII.3.3.13.2.2.3. Schallimmissionen

Auswirkungen durch Schallimmissionen auf lärmempfindliche Tierarten

werden ausgeschlossen. Der kritische Schallpegel für empfindliche Brutvo-

gelarten von > 47 dB(A) wird selbst in den nächstgelegenen Schutzgebieten

vorhabenbedingt nicht erreicht.

VII.3.3.13.2.2.4. Schadstoffdeposition / Stoffeinträge

Etwaige Auswirkungen durch Schadstoffdeposition / Stoffeinträge (eutro-

phierende Stickstoffverbindungen, versauernd wirkende Luftschadstoffe,

Schwermetalle) auf Natura- 2000- Gebiete werden im Zusammenhang mit

der Prüfung der FFH- Verträglichkeit bewertet.

Die Bewertung der Stoffeinträge erfolgt insbesondere auf Grundlage von

Critical Levels und Critial Loads, sonstiger anerkannter Handlungsempfeh-

lungen zur Beurteilung von Stoffeinträgen in Natura- 2000- Gebieten und

der einschlägigen Rechtsprechung zur Prüfung der FFH- Verträglichkeit.

Im Ergebnis der FFH- Verträglichkeitsprüfung ist festzustellen, dass erhebli-

che Beeinträchtigungen von Natura- 2000- Gebieten durch Schadstoffde-

position / Stoffeinträge oder sonstige Wirkungspfade ausgeschlossen wer-

den können.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 292 von 321

VII.3.3.13.2.2.5. Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt im Main

Belange von Individuenverlusten durch die Wasserentnahme sowie von et-

waigen ökologischen Auswirkungen der stofflichen und thermischen Ge-

wässerbeeinflussung durch die Kühlturmabflut und anderes Abwasser wer-

den im Rahmen des separaten wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens

betrachtet.

Nach den Antragsunterlagen zum wasserrechtlichen Genehmigungsverfah-

ren kann eine nachhaltige Schädigung der aktuellen, an die stofflichen und

thermischen Vorbelastungen angepassten Gewässerflora und -fauna aus-

geschlossen werden. Die thermische Belastung und der Individuenverlust

von Fischen / Biomasse werden sich verringern.

VII.3.3.14. FFH- Verträglichkeitsprüfung

VII.3.3.14.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen

Auf Basis der vorgelegten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung des Kieler In-

stituts für Landschaftsökologie und des TÜV NORD Umweltschutz GmbH &

Co KG vom 25. August 2010 (FFH-VU) wurde das Vorhaben auf seine Ver-

träglichkeit mit den Erhaltungszielen von Natura 2000- Gebieten nach Maß-

gabe der Regelungen gemäß § 34 BNatSchG geprüft. In die Prüfung wur-

den alle Natura 2000-Gebiete einbezogen, in denen stoffspezifisch relevan-

te Projektwirkungen über den Luft- oder Wasserpfad nicht von vornherein

ausgeschlossen werden konnten. Innerhalb dieses Betrachtungsraumes

wurde die Verträglichkeit mit folgenden zwölf Natura 2000-Gebiete vertie-

fend geprüft:

FFH- Gebiet 5919-304 NSG Schifflache bei Großauheim (Anhang A

o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5819-309 US-Militärgelände bei Großauheim (Anhang B

o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5919-303 NSG Schwarzbruch und NSG Pechgraben bei

Seligenstadt (Anhang C o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5819-308 Erlensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau

(Anhang D o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5819-304 Bruchköbel (Anhang E o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5820-302 Weideswiesen-Oberwald bei Erlensee (Anhang

F o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5821-303 Hailerer Sonnenberg und angrenzende Mager-

rasenflächen (Anhang G o.g. FFH-VU)

Vogelschutzgebiet 6019-401 Sandkiefernwälder in der östlichen Un-

termainebene (Anhang H o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5820-301 Kinzigaue von Langenselbold (Anhang I o.g.

FFH-VU)

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 293 von 321

FFH-Gebiet 5721-305 Kinzig zwischen Langenselbold und Wächters-

bach (Anhang J o.g. FFH-VU)

FFH-Gebiet 5820-303 Tongrube von Meerholz und Hardt bei

Bernbach (Anhang K o.g. FFH-VU)

Vogelschutzgebiet 5821-450 Felswände bei Büdingen und Gelnhau-

sen (Anhang L o.g. FFH-VU)

Als Bewertungsmaßstäbe dienten die in der Verordnung über die Natura

2000- Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000- Verordnung)

für die einzelnen Gebiete festgelegten Erhaltungsziele, die im Folgenden

dargestellt werden..

VII.3.3.14.1.1. FFH-Gebiet 5919-304 „NSG Schifflache bei Großauheim“

Das FFH- Gebiet umfasst eine verlandete und vermoorte Altarmschlinge des

Mains mit an hoch anstehendes Grundwasser gebundenen Pflanzengesell-

schaften wie Erlenbruchwäldern, Seggenrieden, Röhrichten sowie Feucht-

und Nasswiesen. Die Bedeutung des Gebietes ist insbesondere an das re-

gional bedeutsame Vorkommen des Kammmolches gebunden. Nach Maß-

gabe der Verordnung über die Natura 2000- Gebiete in Hessen vom 16. Ja-

nuar 2008 (Natura 2000- Verordnung) bestehen für das FFH- Gebiet folgen-

de Erhaltungsziele für den Kammmolch als eine Art nach Anhang II sowie für

einen weiteren Lebensraumtyp nach Anhang I FFH-Richtlinie:

6510 Magere Flachland- Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-

ficinalis)

Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes

Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung

Triturus cristatus (Kammmolch)

Erhaltung von zentralen Lebensraumkomplexen mit besonnten, zu-

mindest teilweise dauerhaft wasserführenden, krautreichen Stillgewäs-

sern

Erhaltung der Hauptwanderkorridore

Erhaltung fischfreier oder fischarmer Laichgewässer

Erhaltung strukturreicher Laub- und Laubmischwaldgebiete und/oder

strukturreicher Offenlandbereiche in den zentralen Lebensraumkom-

plexen

VII.3.3.14.1.2. FFH-Gebiet 5819-309 „US-Militärgelände bei Großauheim“

Das FFH-Gebiet umfasst ein großflächiges, regional bedeutsames Sandtro-

ckenrasengebiet mit einem Biotopkomplex aus gefährdeten Sandtrockenra-

sen, Silbergrasfluren, mageren Rotschwingel-Straußgrasrasen und einge-

streuten Gebüschen sowie Kiefernbeständen. Nach Maßgabe der Verord-

nung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 294 von 321

2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele

für folgenden Lebensraumtyp nach Anhang I FFH-RL:

2330 Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis

Erhaltung des Offenlandcharakters der Standorte

Erhaltung einer bestandsprägenden, die Nährstoffarmut begünsti-

genden Bewirtschaftung

VII.3.3.14.1.3. FFH-Gebiet 5919-303 „NSG Schwarzbruch und NSG Pechgraben bei

Seligenstadt“

Das Gebiet umfasst ein Mosaik aus Feuchtgrünland, Auwaldgesellschaften

und Stillgewässern in der östlichen Untermainebene im Bereich ehemaliger

Altmainarme. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-

Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) beste-

hen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen (LRT)

nach Anhang I und Arten nach Anhang II FFH-Richtlinie:

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions

oder Hydrocharitions

Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität

Erhaltung der für den Lebensraumtyp charakteristischen Gewässerve-

getation und der Verlandungszonen

Magere Flachland- Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officina-

lis)

Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes

Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung

91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,

Alnion incanae, Salicion albae)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-

schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen

Kontaktlebensräumen

9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-

Hainbuchenwald (Carpinion betuli)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-

sen

Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 295 von 321

Triturus cristatus (Kammmolch)

Erhaltung von zentralen Lebensraumkomplexen mit besonnten, zu-

mindest teilweise dauerhaft wasserführenden, krautreichen Stillgewäs-

sern

Erhaltung fischfreier oder fischarmer Laichgewässer

Vertigo angustior (Schmale Windelschnecke)

Erhaltung von nassen, basenreichen Biotopen, wie Feucht- und Nass-

wiesen, Seggenriede, Flachmoore und Erlensumpfwälder mit einem

lichten Pflanzenwuchs

Minimierung von Nährstoffeinträgen

Vertigo moulinsiana (Bauchige Windelschnecke)

Erhaltung von nassen, basen- und kalkreichen Biotopen, wie Feucht-

und Nasswiesen, Seggenriede, Flachmoore und Erlensumpfwälder mit

einem lichten Pflanzenwuchs

Minimierung von Nährstoffeinträgen

VII.3.3.14.1.4. FFH-Gebiet 5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau“

Das FFH-Gebiet umfasst die untere Kinzig zwischen Hanau und Rückingen,

die zu den natürlichsten Flusssystemen Hessens zählt. In der ausgedehnten

bewaldeten Aue ist die Morphologie eines mäandrierenden Flachlandflus-

ses noch weitgehend vorhanden, ebenso ist die Flussdynamik zum Teil noch

erhalten. Die biotische Ausstattung ist entsprechend vielfältig mit auentypi-

schen Pflanzengesellschaften und den zugehörigen Pflanzen- und Tierarten.

Die angrenzenden kleinflächigen Weich- und Hartholzauenwäldern, ausge-

dehnte Laubwaldgesellschaften, Grünlandflächen sowie ein Stillgewässer

dienen als Trittstein für ziehende bzw. überwinternde Vogelarten. Nach

Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16.

Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet fol-

gende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und Arten

nach Anhang II FFH-Richtlinie:

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions

oder Hydrocharitions

Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität

Erhaltung der für den Lebensraumtyp charakteristischen Gewässerve-

getation und der Verlandungszonen

Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit den Landlebensräu-

men der für den LRT typischen Tierarten

3270 Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri

p.p. und des Bidention p.p.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 296 von 321

Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität und Gewässerdy-

namik

Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen

Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-

taktlebensräumen

6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-

ficinalis)

Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes

Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung

91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,

Alnion incanae, Salicion albae)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-

schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen

Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen

Kontaktlebensräumen

9130 Waldmeister- Buchenwald (Asperulo-Fagetum)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-

gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in

ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen

9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-

Hainbuchenwald (Carpinion betuli)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-

sen

Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts

Dicranum viride (Grünes Besenmoos)

Erhaltung von Laubbaumbeständen mit luftfeuchtem Innenklima und alten,

auch krummschäftigen oder schräg stehenden Trägerbäumen (v. a. Buche,

Eiche, Linde)

Lucanus cervus (Hirschkäfer)

Erhaltung von alten eichenreichen Laub- oder Laubmischwäldern in ihren

verschiedenen Entwicklungsphasen mit Totholz

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VII.3.3.14.1.5. FFH-Gebiet 5819-304 „Bruchköbel“

Das FFH-Gebiet wird durch starkholzreiche Stieleichen-Hainbuchen-

Buchenwäldern auf Grundwasserstandorten charakterisiert. Es handelt sich

dabei um naturnahe Laubwälder mit geringer Nadelholzbeimischung auf

Hochflutablagerungen. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura

2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung)

bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen

(LRT) nach Anhang I und eine Arte nach Anhang II FFH-Richtlinie:

9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-

gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in

ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen

9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-

Hainbuchenwald (Carpinion betuli)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-

sen

Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts

Bombina variegata (Gelbbauchunke)

Erhaltung von Brachen oder von Flächen im Umfeld der Gewässerha-

bitate, deren Bewirtschaftung artverträglich ist

Erhaltung von Lebensraumkomplexen mit besonnten, flachen, mög-

lichst fischfreien Kleingewässern

VII.3.3.14.1.6. FFH-Gebiet 5820-302 „Weideswiesen-Oberwald bei Erlensee“

Das FFH-Gebiet umfasst einen charakteristischen Ausschnitt aus der unteren

Kinzigaue mit naturnahem Gewässerlauf, ausgedehnten Grünlandflächen

und naturnahen Auenwäldern. Nach Maßgabe der Verordnung über die Na-

tura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-

Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Le-

bensraumtypen (LRT) nach Anhang I FFH-Richtlinie:

3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranuncu-

lion fluitantis und des Callitricho-Batrachion

Erhaltung der Gewässerqualität und einer natürlichen oder naturna-

hen Fließgewässerdynamik

Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-

taktlebensräumen

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 298 von 321

6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-

ficinalis)

Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes

Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung

91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,

Alnion incanae, Salicion albae)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-

schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen

Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen

Kontaktlebensräumen

9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-

gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in

ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen

9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-

Hainbuchenwald (Carpinion betuli)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-

sen

Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts

VII.3.3.14.1.7. FFH-Gebiet 5820-301 „Kinzigaue von Langenselbold“

Das zum natürlichen Überschwemmungsbereich der Kinzig gehörende

129,4 ha große FFH-Gebiet besteht neben dem noch weitgehend mäand-

rierenden Kinziglauf im Wesentlichen aus zwei Abgrabungsgewässern,

großflächigen Grünländereien und Laubmischwäldern. Nach Maßgabe der

Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008

(Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhal-

tungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und eine Art nach An-

hang II FFH-Richtlinie:

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions

oder Hydrocharitions

Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität

Erhaltung der für den Lebensraumtyp charakteristischen Gewässerve-

getation und der Verlandungszonen

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 299 von 321

Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit den Landlebensräu-

men der für den LRT typischen Tierarten

3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranuncu-

lion fluitantis und des Callitricho-Batrachion

Erhaltung der Gewässerqualität und einer natürlichen oder naturna-

hen Fließgewässerdynamik

Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-

taktlebensräumen

3270 Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri

p.p. und des Bidention p.p.

Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität und Gewässerdy-

namik

Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen

Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-

taktlebensräumen

6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-

ficinalis)

Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes

Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung

91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,

Alnion incanae, Salicion albae)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-

schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen

Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen

Kontaktlebensräumen

9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-

Hainbuchenwald (Carpinion betuli)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-

sen

Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts

Castor fiber (Biber)

Erhaltung großräumiger Auen-Lebensraumkomplexe mit Auwald,

Fließ- und Stillgewässern einschließlich teilweise ungenutzter Auwald-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 300 von 321

und Auenbereiche sowie teilweise ungenutzten Uferstreifen mit Stau-

den- und Gehölzvegetation

Sicherung der biologischen Durchgängigkeit von Fließgewässern

VII.3.3.14.1.8. FFH-Gebiet 5721-305 „Kinzig zwischen Langenselbold und Wächters-

bach“

Das FFH-Gebiet umfasst naturnahe Gewässerabschnitte der Kinzig und des

Unterlaufs der Bieber inklusive deren Uferbereiche (10 m) mit charakteristi-

schen Strukturen (u.a. Stillwasserzonen, Kiesbänke, Kolke) und flussbeglei-

tenden Röhrichten, Hochstauden und Ufergehölzen. Nach Maßgabe der

Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008

(Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhal-

tungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und Arten nach An-

hang II FFH-Richtlinie:

3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranuncu-

lion fluitantis und des Callitricho-Batrachion

Erhaltung der Gewässerqualität und einer natürlichen oder naturna-

hen Fließgewässerdynamik

Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-

taktlebensräumen

91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,

Alnion incanae, Salicion albae)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem

und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen

Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-

schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen

Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik

Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen

Kontaktlebensräumen

Coenagrion mercuriale (Helm-Azurjungfer)

Erhaltung gehölzfreier, besonnter, basenreicher Quell- und/oder Wie-

senbäche und -gräben mit emerser Gewässervegetation

Gewährleistung einer den ökologischen Ansprüchen der Art förderli-

chen Form der Graben- und Gewässerpflege

Erhaltung von Uferrandstreifen, deren Bewirtschaftungsintensität und -

rhythmus den ökologischen Ansprüchen der Art angepasst ist

Maculinea nausithous (Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling)

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Erhaltung von nährstoffarmen bis mesotrophen Wiesen mit Beständen

des Großen Wiesenknopfs (Sanguisorba officinalis) und Kolonien der

Wirtsameise Myrmica rubra

Beibehaltung oder Wiedereinführung einer den ökologischen An-

sprüchen der Art förderlichen Bewirtschaftung der Wiesen, die sich an

traditionellen Nutzungsformen orientiert und zur Erhaltung eines für

die Habitate günstigen Nährstoffhaushaltes beiträgt

Erhaltung von Säumen und Brachen als Vernetzungsflächen

VII.3.3.14.1.9. FFH-Gebiet 5820-303 „Tongrube von Meerholz und Hardt bei Bernbach“

Das FFH-Gebiet umfasst eine Tonabbaugrube vorwiegend mit Waldbestän-

den und kleinflächigen Magerrasen-, Streuobst- und Grünlandbereichen

sowie zwei Weihern als bedeutendem Lebensraum bedrohter Amphibienar-

ten. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hes-

sen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-

Gebiet folgende Erhaltungsziele für zwei nach Anhang II FFH-Richtlinie ge-

schützten Amphibienarten:

Bombina variegata (Gelbbauchunke)

Erhaltung von Brachen oder von Flächen im Umfeld der Gewässerhabitate,

deren Bewirtschaftung artverträglich ist

Erhaltung von Lebensraumkomplexen mit besonnten, flachen, möglichst

fischfreien Kleingewässern

Triturus cristatus (Kammmolch)

Erhaltung von zentralen Lebensraumkomplexen mit besonnten, zu-

mindest teilweise dauerhaft wasserführenden, krautreichen Stillgewäs-

sern

Erhaltung der Hauptwanderkorridore

Erhaltung fischfreier oder fischarmer Laichgewässer

Erhaltung strukturreicher Laub- und Laubmischwaldgebiete und/oder

strukturreiche Offenlandbereiche in den zentralen Lebensraumkom-

plexen

VII.3.3.14.1.10. FFH-Gebiet 5821-303 „Hailerer Sonnenberg und angrenzende Magerra-

senflächen“

Das Gebiet umfasst kleinflächige Kalkhalbtrockenrasen und deren

Brachestadien auf Zechsteinkalken im Verbund mit Grünland, Gehölzen und

einem Waldmeister-Buchen-waldbestand auf Kalk an einem südexponierten

Steilhang. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in

Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) bestehen für das

FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach An-

hang I FFH-Richtlinie:

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 302 von 321

6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien

(Festuco-Brometalia)

Erhaltung des Offenlandcharakters der Standorte

Erhaltung einer bestandserhaltenden, die Nährstoffarmut begünsti-

genden Bewirtschaftung

9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)

Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-

gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in

ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen

VII.3.3.14.1.11. Vogelschutzgebiet 6019-401 „Sandkiefernwälder in der östlichen Unter-

mainebene“

Das Vogelschutzgebiet umfasst lichte, warmtrockene Kiefern- und Kiefern-

mischwälder auf Sand (Quarz- und Kalksande) und stellt das beste hessi-

sche Brutgebiet für den Ziegenmelker und eins der fünf besten Gebiete für

die Heidelerche dar. Nur die nördlichste der insgesamt drei Teilflächen des

Gebietes liegt im Wirkbereich des Vorhabens. Hier herrschen großflächig

kieferndominierte Nadelwälder sowie Mischwälder vor. Nach Maßgabe der

Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008

(Natura 2000-Verordnung) bestehen für das Vogelschutzgebiet folgende

Erhaltungsziele für Brutvogelarten nach Anhang I sowie nach Art. 4 Abs. 2

VS-Richtlinie:

Grauspecht (Picus canus)

Erhaltung von strukturreichen Laub- und Laubmischwäldern in ver-

schiedenen Entwicklungsphasen mit Alt- und Totholzanwärtern, ste-

hendem und liegendem Totholz und Höhlenbäumen im Rahmen einer

natürlichen Dynamik

Erhaltung von strukturreichen, gestuften Waldaußen- und Waldinnen-

rändern sowie von offenen Lichtungen und Blößen im Rahmen einer

natürlichen Dynamik

Heidelerche (Lullula arborea)

Erhaltung großflächiger Magerrasen mit einem für die Art günstigen

Nährstoffhaushalt, und einer die Nährstoffarmut begünstigenden Be-

wirtschaftung, die einer Verbrachung und Verbuschung entgegenwirkt

Erhaltung trockener Ödland-, Heide- und Brachflächen mit eingestreu-

ten alten Obstbäumen, Sträuchern und Gebüschgruppen

Neuntöter (Lanius collurio)

Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Hecken, Feldgehölzen,

Streuobstwiesen, Rainen, Ackersäumen, Brachen und Graswegen

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 303 von 321

Erhaltung trockener Ödland-, Heide- und Brachflächen mit Sträuchern

und Gebüschgruppen

Erhaltung von naturnahen, gestuften Wald- und Waldinnenrändern

Schwarzmilan (Milvus migrans)

Erhaltung von naturnahen und strukturreichen Laub- und Laubmischwäldern

und Auwäldern in ihren verschiedenen Entwicklungsphasen mit Horstbäu-

men in einem zumindest störungsarmen Umfeld während der Fortpflan-

zungszeit

Schwarzspecht (Dryocopus martius)

Erhaltung von strukturreichen Laub- und Laubmischwälden in ver-

schiedenen Entwicklungsphasen mit Alt- und Totholzanwärtern, Tot-

holz und Höhlenbäumen

Erhaltung von Ameisenlebensräumen im Wald mit Lichtungen, lichten

Waldstrukturen und Schneisen

Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus)

Erhaltung großflächiger lichter Kieferbestände mit Altholz und ohne

flächenhaften Unterstand mit Schattholzarten

Erhaltung von offenen Stellen im Wald sowie naturnahen, gestuften

Waldrändern

Erhaltung von waldnahen Magerrasen-, Ödland-, Heide- und Brachflä-

chen, insbesondere auf trocken-sandigen Standorten der Niederun-

gen

Baumfalke (Falco subbuteo)

Erhaltung strukturreicher Waldbestände mit Altholz, Totholz sowie Pi-

oniergehölzen

Erhaltung strukturreicher, großlibellenreicher Gewässer und Feucht-

gebiete in der Nähe der Bruthabitate

Erhaltung zumindest störungsarmer Bruthabitate

Graureiher (Ardea cinerea)

Erhaltung der Brutkolonien

Erhaltung zumindest störungsarmer Brut- und Nahrungshabitate, ins-

besondere in fischereilich sowie jagdlich genutzten Bereichen

Schwarzkehlchen (Saxicola torquata)

Erhaltung der strukturreichen Agarlandschaft mit Hecken, Feldgehöl-

zen, Streuobstwiesen, Rainen, Ackersäumen, Brachen und Graswegen

Erhaltung von Grünlandhabitaten mit einem für die Art günstigen

Nährstoffhaushalt

Erhaltung von trockenen Sandrasen, Ödland-, Heide- und Brachflä-

chen

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 304 von 321

Wendehals (Jynx torquilla)

Erhaltung großflächiger Magerrasenflächen mit einer die Nährstoffar-

mut begünstigenden Bewirtschaftung

Erhaltung trockener Ödland-, Heide- und Brachflächen mit eingestreu-

ten alten Obstbäumen, Sträuchern und Gebüschgruppen

Erhaltung von Streuobstwiesen

Erhaltung lichter Wälder in ihren verschiedenen Entwicklungsphasen

mit Altholz, Totholz, Höhlenbäumen, Pioniergehölzen, Schneisen und

Lichtungen

VII.3.3.14.1.12. Vogelschutzgebiet 5821-450 „Felswände bei Büdingen und Gelnhausen“

Das Vogelschutzgebiet umfasst drei nicht mehr im Abbau befindliche Groß-

steinbrüche mit Felswänden und umgebendem Wald über Talebenen und

stellt eines der fünf bedeutendsten Brutgebiete des Wanderfalken in Hes-

sen mit regelmäßig besetzten Brutfelsen dar. Nach Maßgabe der Verord-

nung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura

2000-Verordnung) bestehen für das Vogelschutzgebiet folgende Erhal-

tungsziele für folgende Brutvogelart nach Anhang I der VS-Richtlinie:

Wanderfalke (Falco peregrinus)

Erhaltung von Brutplätzen in Felsen und Blockhalden

Erhaltung zumindest störungsarmer Bruthabitate

VII.3.3.14.2. Wesentliche Einwendungen

Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April

2010 – 9 A 5.08 – wurde eingewandt, es sei nicht gerechtfertigt, für die

Stickstoff- Zusatzbelastung die Bagatellschwelle von 3 % der Critical loads

(CL) anzuwenden (dazu VII.3.3.14.3.1). Zudem fehle die Prüfung charakteris-

tischer Arten, insbesondere im Hinblick auf die zu erwartende Quecksilber-

deposition (dazu VII.3.3.14.3.2). Des Weiteren fehle eine Betrachtung des

Zusammenwirkens des Blocks 6 mit anderen Plänen und Projekten (dazu

VII.3.3.14.3.3). Die Berücksichtigung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 3 sei

unzulässig (dazu VII.3.3.14.3.4). Schließlich fehle die Prüfung relevanter oder

potenzieller FFH- Gebiete (dazu VII.3.3.14.3.5). Eingewendet wurde zudem,

dass in der Immissionsprognose der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung fal-

sche Eingangsdaten verwendet worden seien, da die Emissionseingangsda-

ten der Immissionsprognose zur FFH- Verträglichkeitsuntersuchung gerin-

ger angesetzt worden seien als dies durch das BImSchG oder beantragte

Emissionsgrenzwerte vorgeschrieben sei (dazu VII.3.3.14.3.5). Auch seien

die ermittelten Depositionen für Stickstoff und Schwefel nicht nachvollzieh-

bar (dazu VII.3.3.14.3.5) und sei die ermittelte sternenförmige Ausbreitungs-

fahne für die N-Depositionen nicht nachvollziehbar (dazu VII.3.3.14.3.5).

Weiterhin sei eine Erhöhung des Schornsteins über die fachlich erforderli-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 305 von 321

che Schornsteinhöhe hinaus – wie aus Sicht von Einwendern am Schornstein

von Block 4 (hierüber werden die Emissionen der Hilfskessel von Block 6

abgeleitet) erfolgt - kein geeignetes Mittel, Immissionen zu verringern (dazu

VII.3.3.14.3.5).

VII.3.3.14.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

VII.3.3.14.3.1. Anwendung der Bagatellschwelle für die Stickstoff- Zusatzbelastung

In der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung ist dem aktuellen Stand von Wis-

senschaft und Forschung entsprechend für die Stickstoff- Zusatzbelastung

eine Bagatellschwelle von 3 % der Critical loads – unabhängig von der Höhe

der Vorbelastung und auch unabhängig vom Erhaltungszustand der betrof-

fenen Lebensraumtypen – angewandt worden. Diese Methode resultiert aus

dem Fachkonventionsvorschlag von KIfL (2008), der im Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts vom 14. April 2010 (a.a.O.) als naturschutzfachlich fun-

dierte Ausarbeitung anerkannt wurde. In der mündlichen Verhandlung wur-

de von den konsultierten Experten bestätigt, dass Zusatzbelastungen von

nicht mehr als 3% des CL außerstande seien, signifikante Veränderungen

des Ist- Zustands auszulösen oder die Wiederherstellung des günstigen Zu-

stands signifikant einzuschränken. Die im o.g. Urteil ebenfalls getroffene

Aussage, dass dies jedenfalls dann zutreffe, wenn schon die Vorbelastung

den CL um mehr als das Doppelte übersteigt, steht einer Anwendung der

Bagatellschwelle von 3% des CL im vorliegenden Fall einer geringeren

Überschreitung des CL durch die Vorbelastung nicht entgegen: Das Gericht

hatte einerseits nur über den konkreten Fall, in dem der CL durch die Vor-

belastung bereits um mehr als das Doppelte überschritten war, zu entschei-

den. Andererseits hat das Gericht die Anwendung der Bagatellschwelle aus

o.g. Fachkonventionsvorschlag als derzeitigen fachwissenschaftlichen Kon-

sens nicht in Frage gestellt.

Auch im Hinblick auf die zu erwartende Stickstoffdeposition im FFH- Gebiet

5819-305 US- Militärgelände bei Großauheim (in Höhe von 0,13 bzw.

0,11 kg/ha*a in Bezug auf die Lebensraumtypen LRT 2330 bzw. LRT 3132)

ist die Bagatellschwelle anwendbar. Die Vorbelastungswerte überschreiten

im vorliegenden Fall jedenfalls die Critical loads. Dies gilt unabhängig da-

von, dass sich die Angaben vom BUND dazu von denen der vorgelegten

FFH- Verträglichkeitsuntersuchung unterscheiden und dass tatsächlich nach

nochmaliger Überprüfung der Vorbelastungswert 2004 im Bereich des LRT

2330 bei 16 kg/ha*a statt bei 12 kg/ha*a – wie bisher in der vorgelegten

FFH- Verträglichkeitsuntersuchung angegeben – lag.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 306 von 321

VII.3.3.14.3.2. Prüfung charakteristischer Arten

Die Anwendung der o.g. 3%- Bagatellschwelle führt in der vorliegenden

FFH- Verträglichkeitsuntersuchung für den Block 6 zu dem Ergebnis, dass

diese in keinem Fall überschritten wird und somit die vorhabenbedingte Zu-

satzbelastung geringer ist als der Umfang der verschiedenen natürlichen

Prozesse, die einen Entzug von anfallenden Stickstoffverbindungen bewir-

ken (z.B. Abgabe von Stickstoff in die Atmosphäre durch bakteriellen Abbau

u.a., vgl. KIfL 2008). Im Ergebnis können daher (erhebliche) Beeinträchti-

gungen der betroffenen Lebensraumtypen durch das Vorhaben ausge-

schlossen werden.

Grundsätzlich dient die Prüfung von Auswirkungen auf charakteristische Ar-

ten der Ermittlung und Bewertung derjenigen vorhabenbedingten Beein-

trächtigungen, die nicht allein anhand des Lebensraumes und seiner Vege-

tationsstrukturen zu erfassen sind. Demzufolge sind – wie in der FFH- Ver-

träglichkeitsuntersuchung zutreffend ausgeführt – nicht alle charakteristi-

schen Arten eines Lebensraumtyps zu untersuchen, sondern nur diejenigen,

die sich unter besonderer Berücksichtigung ihrer Empfindlichkeit gegen-

über potenziellen Auswirkungen des Vorhabens sowie hinsichtlich ihrer

Verbreitung in den Lebensräumen als Indikatorart eignen.

Auch im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung für das FFH- Gebiet 5721-305

„Kinzig zwischen Langenselbold und Wächtersbach“ konnte im Hinblick auf

die zu erwartenden Quecksilberdepositionen auf die Prüfung der Auswir-

kungen auf Fische als ggf. charakteristische Arten verzichtet werden, da

schon die Auswirkungen auf den Lebensraumtyp 3260 „Fluss der planaren

und montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis“ unterhalb

der Bagatellschwelle liegen und da sich die Depositionen in einem Fließ-

gewässer kaum akkumulieren können. Erhebliche Beeinträchtigungen auf

Fische konnten aus diesen Gründen bereits ausgeschlossen werden.

VII.3.3.14.3.3. Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten

Aufgrund der in der vorliegenden FFH- Verträglichkeitsuntersuchung fest-

gestellten vorhabenbedingten Auswirkungen unterhalb der Bagatellschwel-

le und der damit verbundenen fehlenden Beeinträchtigungen von Natura

2000- Gebieten ist eine Prüfung, ob ggf. im Zusammenwirken mit anderen

Plänen und Projekten erhebliche Beeinträchtigungen dieser Gebiete zu er-

warten sind, grundsätzlich nicht erforderlich. Entgegen der Ausführung ei-

niger Einwender sind auch in der von diesen zitierten Vollzugshilfe des Lan-

des Brandenburg erst dann Summationswirkungen im Rahmen einer FFH-

Verträglichkeitsprüfung zu betrachten, wenn die vorhabenbedingten Zu-

satzbelastungen zur Überschreitung der Irrelevanz- bzw. Bagatellschwellen

führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 307 von 321

Selbst wenn die für das von den Einwendern angesprochene Projekt Kam-

merofen 5 der Heraeus GmbH in Hanau prognostizierte Zusatzbelastung

ergänzend berücksichtigt werden würde, ist kein anderes Ergebnis zu er-

warten. Denn in der FFH- Vorstudie zu o.g. Projekt wurde für das angespro-

chene FFH- Gebiet 5819-309 „US-Militärgelände Groß- Auheim“ nur eine

maximale Zusatzbelastung in vernachlässigbarer Höhe von 0,01 kg/ha*a

Stickstoffdeposition ermittelt. Nur im FFH-Gebiet 5819-308 „Erlensee bei Er-

lensee und Bulau bei Hanau“ wurde die erwähnte maximale Zusatzbelas-

tung in Höhe von 0,22 kg/ha*a Stickstoffdeposition ermittelt, wobei diese

auch nur in einem kleinen Bereich am nordwestlichen Rand des Gebietes

ermittelt wurde, in dem keine geschützten Lebensraumtypen vorkommen.

In diesem FFH-Gebiet ist durch Block 6 bedingt eine irrelevante Stickstoff-

Zusatzbelastung von lediglich 0,06 kg/ha*a zu erwarten. In beiden o.g. FFH-

Gebieten können also auch bei einer Addition der Zusatzbelastungswerte

für die Stickstoffdepositionen erhebliche Beeinträchtigungen infolge des

Zusammenwirkens der o.g. Projekte sicher ausgeschlossen werden.

VII.3.3.14.3.4. Berücksichtigung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 3

Der Behauptung einiger Einwender, dass die Verfasser der FFH- Verträg-

lichkeitsuntersuchung insbesondere im Hinblick auf die wasserseitigen

Auswirkungen von der falschen rechtlichen Annahme ausgegangen seien,

dass mit der Inbetriebnahme des Blocks 6 die Kohleblöcke 1 bis 3 stillgelegt

werden, ist entgegenzuhalten, dass die Stilllegung dieser Blöcke Bedingung

für die 1. Teilgenehmigung ist.

VII.3.3.14.3.5. Vollständigkeit der Prüfung relevanter oder potenzieller FFH- Gebiete

Das bayerische FFH- Gebiet 5920-301 „Alzenauer Sande“ konnte aufgrund

der irrelevanten Stickstoff- Zusatzbelastung von weniger als 0,1 kg/ha*a von

der Verträglichkeitsprüfung ausgenommen werden. Zudem läge die irrele-

vante Zusatzbelastung jedenfalls auch unterhalb der Bagatellschwelle von

0,3 bis 0,6 kg/ha*a für den in diesem Gebiet geschützten LRT 2330.

Das Vogelschutzgebiet 5818-401 „Main bei Mühlheim“ und das Natur-

schutzgebiet „Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben“ konnte auch in Be-

zug auf mögliche Beeinträchtigungen durch Quecksilber von der Verträg-

lichkeitsprüfung ausgenommen werden, da wie bei allen im Betrachtungs-

raum liegenden Natura 2000- Gebieten die zu erwartende zusätzliche De-

position weit unterhalb der Nachweisgrenze (von 0+05 μg/(m²*d) im Jah-

resmittel) liegt, und da infolge der Lage des Gebietes in ca. 7km Entfernung

stromabwärts auch indirekte Beeinträchtigungen durch die Abwassereinlei-

tung bzw. über den Wasserpfad und damit verbunden über die Nahrungs-

kette für die im Gebiet geschützten Vogelarten (u.a. Kormoran) auszuschlie-

ßen sind.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 308 von 321

Soweit im Zusammenhang mit dem Argument, dass die Fischarten des An-

hangs II der FFH- Richtlinie unzureichend gewürdigt wurden, vorgetragen

wird, dass die FFH- Gebietsmeldung Hessens im Hinblick auf die Fischart

Rapfen unzureichend bzw. die Abgrenzung des FFH-Gebietes 5819-308 Er-

lensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau in Bezug auf den Rapfen fehlerhaft

sei, ist dem entgegenzuhalten, dass für den Rapfen keine FFH- Gebiete ge-

meldet wurden, da es sich nicht um eine heimische Art in Hessen handelt.

Die EU- Kommission hat die Gebietsmeldung nicht beanstandet. Insoweit ist

diese Fischart nicht relevant für die FFH-Verträglichkeitsprüfung.

VII.3.3.14.3.6. Fehlerhafte Eingangsdaten in der Immissionsprogose der FFH-VU

Die Eingangsdaten zur Immissionsprognose wären nur dann falsch, wenn

diese Daten nicht nachvollziehbar oder nicht konservativ abgeschätzt wur-

den. Dies ist aus immissionsschutzrechtlicher Sicht nicht der Fall.

Die Verwendung von mittleren Jahresfrachten und mittleren Tagesmittel-

werten ist zulässig, da Veränderungen der betrachteten Natura 2000- Ge-

biete allenfalls durch langfristige Stoffeinträge zu besorgen sein könnten

und in der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung deshalb keine akuten

Toxizitäten, sondern Langzeitwirkungen/Akkumulationen untersucht wer-

den. Im Eingang der Immissionsprognose wurden die erwarteten Jahresmit-

telwerte nach Tabelle 9 auf Seite 56 im allgemeinen Teil der FFH-VU be-

rücksichtigt. In der Tabelle 9 sind nicht die erwarteten Jahresfrachten, son-

dern die erwarteten Konzentrationen im Jahresmittel angegeben.

Die Ermittlung der im Eingang der Immissionsprognose verwendeten Daten

ist im Vergleich zu Messdaten im tatsächlichen Betrieb der bestehenden

Blöcke und der beantragten Selbstverpflichtungen nachvollziehbar. Die An-

gaben der Antragstellerin zu den Eingangsdaten der Immissionsprognose

sind auch plausibel. Aus immissionsschutzrechtlicher Sicht können nur Da-

ten, die auch Grundlagen der Immissionsprognosen sind, Grundlage für ei-

ne Genehmigung sein. Insofern entspricht die Verwendung der Eingangs-

daten einer konservativen Betrachtungsweise, wenn die gegenüber der

Immissionsprognose im Genehmigungsverfahren reduzierten Emissions-

werte für NO2, SO2, Staub und NH3 im Sinne einer zusätzlichen Selbstver-

pflichtung der Antragstellerin Grundlage der Untersuchungen sind und in

Nebenbestimmungen des Bescheides als Emissionsbegrenzung aufge-

nommen werden. Dies ist hier der Fall, auch für die partikelgebundenen

Schwermetalle, die mit der im Bescheid festgelegten Emissionsbegrenzung

für Staub begrenzt sind, sowie für Ammoniak, für das im Bescheid der Jah-

resmittelwert auf 1 mg/m³ begrenzt wird. Die Einhaltung der im Bescheid

festgelegten Emissionsbegrenzungen wird durch kontinuierliche Messun-

gen überwacht.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 309 von 321

VII.3.3.14.3.7. Nachvollziehbarkeit der ermittelten N- und S-Depositionen

Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens wurde nur eine überschlägige

Bestimmung der Depositionen für SO2, NOx und Staub zur Berechnung der

nassen und trockenen Deposition vorgenommen. In dieser überschlägigen

Berechnung von 2007 wurde ebenes Gelände, kein Gebäudeeinfluss, ein

kontinuierlicher Volllastbetrieb und die Zusammenfassung der Emissionen

der Blocke 4 bis 6 aus einer Quelle zugrunde gelegt. Vereinfachungen für

eine überschlägige Berechnung zur Bestimmung der Größenordnung des

Bodeneintrags sind zulässig. Mit der Vorlage des Gutachtens vom 21. Okt.

2009 der Fa. Argumet wurde die Berechnung der Depositionen von Stick-

stoff und Schwefel auf Basis des Modells LASAT verfeinert. Das Modell

LASAT ist zur Bestimmung der nassen Deposition geeignet. In diese Be-

rechnung ist der Gebäudeeinfluss, das Gelände als auch die Zeitreihe der

meteorologischen Ausbreitungsbedingungen für die Kühlturmquelle von

Block 6 eingegangen. Zudem berücksichtigt die Depositionsberechnung

vom 21. Okt. 2009 im Gegensatz zur Abschätzung aus dem Jahre 2007 die

von der Antragstellerin beantragte NH3-Emissionskonzentration von 2

mg/m³. Die Berücksichtigung von Ammoniak hat auf die Größe der Belas-

tung einen deutlichen Einfluss.

Die wesentlichen Rahmenbedingungen zur Berechnung der Deposition von

Stickstoff und Schwefel in der Immissionsprognose zur FFH-VU werden mit

der Vorlage des Gutachtens vom 21. Oktober 2009 erläutert. Der einzige

Unterschied zwischen der Immissionsprognose der FFH-VU und dem Gut-

achten vom 21. Oktober 2009 liegt darin, dass im Gutachten vom 21. Okto-

ber 2009 noch nicht die halbierten Emissionskonzentrationen, wie sie in der

Immissionsprognose zur FFH-VU dokumentiert sind, eingegangen sind. Für

die FFH-VU wurden die Ergebnisse des Gutachtens vom 21. Oktober 2009

entsprechend der Emissionsreduzierung halbiert. Die in Einwendungen

dargelegten Widersprüche zwischen den berechneten Zusatzbelastungen

der Abschätzung von 2007 und der Immissionsprognose zur FFH-VU sind

offensichtlich, aber für die Bewertung nicht relevant, da die Abschätzung

von 2007 durch das Gutachten vom 21. Oktober 2009 präzisiert und ersetzt

wurde.

Laut den Ergebnisdarstellungen im Gutachten vom 21. Oktober 2009 liegen

die Kenngrößen für die Stickstoffdeposition im nahen Wohngebiet außer-

halb des Werksgeländes bis maximal etwa 2 kg N/ha*a. Dieser Wert korres-

pondiert mit den Angaben der Immissionsprognose zur FFH-VU. Dort wird

eine N-Deposition von 0,61 kg N/ha*a ausgewiesen. Das Gleiche gilt auf ei-

nem etwas anderen Niveau auch für die Schwefeldeposition. Die Kenngröße

aus dem Gutachten vom 21. Oktober 2009 liegt außerhalb des Werksge-

ländes bis maximal etwa 7 kg S/ha*a. In der Immissionsprognose zur FFH-

VU wird eine Schwefeldeposition von 2,9 kg S/ha*a ausgewiesen. Die Er-

gebnisse des Gutachtes vom 21. Oktober 2009 finden sich unter Berück-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 310 von 321

sichtigung der Halbierung der Emissionsansätze somit in der Immissions-

prognose zur FFH-VU wieder, so dass kein Widerspruch erkennbar ist.

Auch ist ein in Einwendungen beschriebener vermeintlicher Widerspruch

hinsichtlich der Lage der Immissionsmaximma von trockener und nasser

Deposition nicht gegeben. Der Anteil der trockenen Deposition von NO2

liegt laut Abschätzung von 2007 etwa um den Faktor 5 über dem Anteil der

nassen Deposition. Dies liegt an der Tatsache, dass NO2 im Vergleich zu

NH3 und SO2 relativ schlechter wasserlöslich ist und somit eine deutlich ge-

ringere Auswaschrate aufweist als z. B. NH3 oder SO2. Daher ist das Verhält-

nis von trockener Deposition zu nasser Deposition für NO2 kleiner als eins

und für SO2 größer als eins. In der Abschätzung von 2007 wurden darüber

hinaus lediglich die Anteile des NO und NO2 zur Stickstoffdeposition be-

rücksichtigt. In dem Gutachten vom 21. Oktober 2009 und damit auch in

der Immissionsprognose zur FFH-VU wird zusätzlich auch noch der Beitrag

der NH3-Emissionen an den Stickstoffeinträgen berücksichtigt. NH3 ist relativ

gut wasserlöslich und hat gegenüber NO2 eine etwa 1.000fach höhere Aus-

waschrate. Daher dominiert in diesem Fall NH3 das Maximum der nassen

Stickstoffdeposition deutlich stärker als NO2. Unter Berücksichtigung der

Ergebnisse des Gutachtens vom 21 Oktober 2009 ist daher in diesen Er-

gebnissen kein Widerspruch zu den Ergebnissen der Immissionsprognose

zur FFH-VU erkennbar. Bei hohen Quellen gibt es quellnah aufgrund des

Auswaschens (nasse Deposition) ein Maximum, da die Größe der Depositi-

on von der Konzentration abhängt und die Regentropfen quellnah aufgrund

einer höheren Konzentration relativ viel NH3 und NO2 aufnehmen. Dies führt

zu der ermittelten erhöhten Stickstoff-Deposition im Nahbereich des Kühl-

turms.

VII.3.3.14.3.8. Nachvollziehbarkeit der Ausbreitungsfahne bei Stickstoffdeposition

Die von Einwenderseite richtig erkannte strahlenförmige Immissionsstruktur

sieht zunächst ungewöhnlich aus, ist aber zu erklären. Sie resultiert aus der

Berechnungsmethode und der Tatsache, dass Regenereignisse im Ver-

gleich zu den Jahresstunden relativ selten bzw. mit einer deutlich höheren

Variabilität gegenüber z. B. Windgeschwindigkeitsänderungen auftreten.

Windrichtungsänderungen sind weitgehend fließend. Eine Windrichtung -

in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit - ist fast immer messbar. D.

h. die Emissionen aus einer Quelle verteilen sich windrichtungsabhängig

durchgängig über das Jahr, während Regenereignisse dadurch geprägt

sind, dass entweder Regen fällt oder nicht. D. h. es gibt hier nicht die flie-

ßenden Übergänge wie bei Windrichtungsänderungen, z. B. von Starkregen

zu keinem Regen. Vielmehr verhält es sich mit dem Regen vergleichsweise

„digital“. Bei Regenereignissen sind nasse Depositionen zu verzeichnen,

ohne Regen sind keine nassen Depositionen zu verzeichnen. Durch dieses

„entweder oder“ verteilen sich die resultierenden nassen Depositionen

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vermehrt strahlenförmig und nicht wie bei den Immissionskonzentrationen,

die u. a. durch Windrichtung und Windgeschwindigkeit geprägt sind, flä-

chig.

Die strahlenförmige Immissionsstruktur ist durch die Aufteilung des Rechen-

vorgangs in 2-Grad-Schritte entstanden. Die Vorgehensweise ist zulässig, da

die Art der Modellierung der TA Luft entspricht. Die Ergebnisse wurden auf

die Eingangsdaten bezogen. 2001 ist hierbei als repräsentatives Jahr selek-

tiert worden. Aus diesem wurden auch die Regendaten verwendet, damit

eine synchrone Zeitreihe entsteht.

VII.3.3.14.3.9. Schornsteinhöhe für die Ableitung der Emissionen der Hilfskessel

Die Abgase der Hilfskessel sollen über den vorhandenen Kamin des Blocks

4 abgeleitet werden. Die Ableithöhe dieses Schornsteins beträgt 250m und

liegt damit 53,5m oberhalb der nach TA Luft erforderlichen Schornstein-

höhe von 196,5m. Grundsätzlich ist es richtig, dass eine Erhöhung des

Schornsteins über die fachlich erforderliche Schornsteinhöhe hinaus kein

geeignetes Mittel ist, Immissionen zu verringern. Diese Grundsatzhaltung ist

allerdings zu differenzieren.

Wenn bei Neuplanungen die fachlich erforderliche Schornsteinhöhe über

das erforderliche Maß hinaus erhöht werden soll, ist dies möglich. Der

Nachweis der Genehmigungsfähigkeit in Form einer Immissionsprognose

muss aber auf der Grundlage der fachlich erforderlichen Schornsteinhöhe

erfolgen. Bei Anlagenänderungen oder –erweiterungen, bei denen über ei-

nen vorhanden Schornstein, der höher ist als erforderlich, abgeleitet wer-

den soll, wird dieser o. g. Nachweis mit der erforderlichen Schornsteinhöhe

nach der derzeitigen Praxis nicht mehr gefordert.

In dem von Einwenderseite genannten Genehmigungsverfahren zur EBS-

Verbrennungsanlage in Witzenhausen wurde eine solche Immissionsprog-

nose mit der erforderlichen Schornsteinhöhe erstmalig verlangt, da über

den vorhandenen Schornstein, der deutlich höher ist als erforderlich, abge-

leitet werden sollte. Dieses Genehmigungsverfahren hat aufgrund dieser

Forderung bundesweit für Diskussionen in den entsprechenden Fachkrei-

sen gesorgt. Um eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise in dieser

Frage zu gewährleisten, hat man sich auf der Ebene der Fachbehörden da-

rauf verständigt, die ergänzende Immissionsprognose mit der erforderli-

chen Schornsteinhöhe nur für Neuplanungen zu fordern und bei vorhande-

nen Schornsteinen, die höher sind als erforderlich, darauf zu verzichten.

Im vorliegenden Fall ist darüber hinaus zu bedenken, dass die Hauptemis-

sionsquelle der Kühlturm des Blocks 6 ist und die Hilfskessel verhältnismä-

ßig wenig zu den Gesamtemissionen und damit auch zu den Immissionen

des Vorhabens beitragen. Die Emissionsanteile des Hilfskessels betragen

bezogen auf die Emissionen des Blocks 6 (Kühlturmableitung) für NO2 we-

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niger als 1 % und für Staub weniger als 0,5 %. Eine geringere Ableithöhe

hätte somit keine Auswirkungen auf die Bewertung der zu erwartenden Im-

missionszusatzbelastungen.

Aus diesen Gründen wurde im vorliegenden Fall keine Immissionsprognose

mit der reduzierten Schornsteinhöhe verlangt

VII.3.3.14.3.10. Bewertung

Im Ergebnis der FFH- Verträglichkeitsprüfung ist festzustellen, dass unter

Berücksichtigung aller potenziellen Projektwirkungen erhebliche Beein-

trächtigungen auf Natura 2000- Gebiete in ihren für die Erhaltungsziele

maßgeblichen Bestandteilen ausgeschlossen werden können. Daher ist das

Projekt nach den Vorschriften des § 34 BNatSchG zulässig. Dies wird im

Folgenden näher begründet.

Die Errichtung des Blocks 6 ist außerhalb von FFH- oder Vogelschutzgebie-

ten geplant. Die Entfernung zum nächst gelegenen Gebiet Nr. 5919-304

„NSG Schifflache bei Großauheim“ beträgt ca. 1.200m.

Insofern ist nachvollziehbar, dass in der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung

Auswirkungen durch die Faktoren „Direkte Flächennutzung“+ „Direkte Ver-

änderung der Habitatstruktur / Veränderung der Nutzung“+ „Veränderung

abiotischer Standortfaktoren“+ „Barriere oder Fallenwirkung / Individuenver-

lust“+ nichtstoffliche Einwirkungen“ und „gezielte Beeinflussung von Arten

und Organismen“ ausgeschlossen werden.

Es wird in der vorgelegten Untersuchung außerdem plausibel begründet,

warum die Einleitung von Kühl- und Abwasser, die Schwermetalleinträge

über die Wirkpfade Luft-Wasser und Luft-Boden-Wasser, olfaktorische Reize

oder Strahlung ebenfalls nicht zu relevanten Auswirkungen auf die Gebiete

führen werden.

Nicht auszuschließen sind jedoch stoffliche Einwirkungen, da die geplante

Anlage über den Kühlturm die Luftschadstoffe SO2, NO2 und Staub emit-

tiert, die auch in weiter entfernt gelegenen Natura 2000– Gebieten zu einer

erhöhten Deposition von Stickstoff und Schwefel dadurch ggf. zu Beein-

trächtigungen führen können.

Die Beurteilung der Auswirkungen von Emissionen auf die Natura 2000-

Gebiete stützt sich auf die Immissionsprognose von ArguMet vom 19. Mai

2010. Dabei ist es aus naturschutzrechtlicher Sicht plausibel, dass in der

Prognose für die FFH- Verträglichkeitsuntersuchungen auf die tatsächlich zu

erwartenden jährlichen Luftschadstofffrachten gemäß dem Emissions-

versprechen der der EON Kraftwerke GmbH abgestellt wird, da die Einhal-

tung dieses Versprechens in dem Genehmigungsbescheid zur Bedingung

gemacht werden soll.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 313 von 321

Der Betrachtungsraum für die vertiefende FFH- Verträglichkeitsuntersu-

chung wurde anhand von stoffspezifischen Abschneidekriterien, die sich an

wissenschaftlich begründeten Irrelevanzkriterien oder an Nachweisgrenzen

von Immissionsmessungen orientieren, abgegrenzt. Bei der Prognose der

Auswirkungen wurden die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und

die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigt.

Die Abgrenzung des Betrachtungsraumes und die Auswirkungen auf die

Natura 2000- Gebiete sind im Einzelnen wie folgt zu beurteilen:

Bei der Ermittlung des Betrachtungsraumes für die Stickstoffeinträge orien-

tiert sich die vorgelegte Untersuchung an der Handlungsempfehlung des

Kieler Instituts für Landschaftsökologie KIfL 2008, wonach bei Stickstoffde-

positionen< 0,1 kg/ ha*a keine belastbaren Ergebnisse und folglich keine

Beeinträchtigungen begründet werden können. Nach der Immissionsprog-

nose des Büros ArguMet vom 19. Mai 2010 ist mit einer Stickstoffdeposition

> 0,1 kg/ ha*a in den Natura 2000-Gebieten Nr. 5919-304 „NSG Schifflache

bei Großauheim“+ Nr. 5819-309 „US-Militärgelände bei Großauheim“ sowie

Nr. 6019-401 „Sandkiefernwälder in der östlichen Untermainebene“ zu

rechnen.

Bei der Ermittlung des Betrachtungsraumes für Schwefeldepositionen wur-

de ebenfalls als Abschneidekriterium eine Schwefeldeposition von 0,1 kg/

ha*a definiert, unterhalb derer keine Beeinträchtigungen zu erwarten sind.

Nach der Immissionsprognose von ArguMet vom 19. Mai 2010 ist mit einer

Schwefeldeposition > 0,1 kg/ ha*a zusätzlich zu den o.g. von Stickstoffein-

trägen betroffenen Natura 2000-Gebieten auch in folgenden Natura 2000-

Gebieten zu rechnen:

Nr. 5721-305 „Kinzig zwischen Langenselbold und Wächtersbach“+ Nr.

5819-304 „Bruchköbel“+ Nr.5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei

Hanau“+ Nr. 5820-301 „Kinzigaue von Langenselbold“+ Nr. 5820-302 „Wei-

deswiesen-Oberwald bei Erlensee“+ Nr.5820-303 „Tongrube von Meerholz

und Hardt bei Bernbach“+ Nr. 5821-303 „Hailerer Sonnenberg und angren-

zende Magerrasenflächen“+ Nr. 5919-303 „NSG Schwarzbruch und Natur-

schutzgebiet Pechgraben bei Seligenstadt“+ und Nr. 5821-450 „Felswände

bei Büdingen und Gelnhausen“.

Die o.g., innerhalb des jeweiligen Betrachtungsraumes für Stickstoffeinträge

sowie für Schwefeldepositionen liegenden Natura 2000- Gebiete wurden

einer Verträglichkeitsuntersuchung unterzogen.

In den FFH- Verträglichkeitsuntersuchungen wird bei der lebensraumspezi-

fischen Bewertung der Auswirkungen der zusätzlichen Stickstoffdepositio-

nen das dem derzeitigen besten Stand des Wissens entsprechende und ge-

richtlich anerkannte Konzept der Critical Loads ein-schließlich der zuletzt mit

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2010 anerkannten Ba-

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 314 von 321

gatellschwellen (Zusatzbelastungen von <3% der Critical Loads) zu Grunde

gelegt.

Die Bewertung der Deposition versauernd wirkender Luftschadstoffe erfolgt

auf Grundlage des Massenbilanz-Ansatzes („Simple Mass Balance“). In dem

Gutachten der Firma Öko-Data Strausberg vom 21. September 2010 wird

das Konzept der Critical Loads für den konkreten (standortbezogenen) Ein-

zelfall u.a. aufgrund des Puffervermögens der jeweils vorkommenden Bö-

den für die vorkommenden terrestrischen Lebensraumtypen (LRT) präzisiert.

Die hierfür vorgenommene Auswahl von Beurteilungspunkten ist fachlich

nachvollziehbar und umfasst alle relevanten, d.h. von den vorhabensbe-

dingten Stoffeinträgen betroffenen terrestrischen Lebensraumtypen. Bei der

Beurteilung der Auswirkungen wird dem aktuellen Stand der wissenschaftli-

chen Diskussion folgend ebenfalls eine Bagatellschwelle von 3 % des Criti-

cal Loads für die Säureeinträge zu Grunde gelegt, bei deren Unterschrei-

tung unabhängig von der bestehenden Vorbelastung nicht mit Beeinträch-

tigungen der Lebensraumtypen zu rechnen ist und somit auch aus hiesiger

Sicht die Verträglichkeit der Planung sichergestellt ist.

Die Auswirkungen auf die aquatischen Lebensraumtypen werden ebenfalls

aus fachlicher Sicht nachvollziehbar anhand der Vegetationszusammenset-

zung und des Artenvorkommens bzw. deren Empfindlichkeit gegenüber

Stoffeinträgen sowie anhand der Pufferkapazität der Wasserkörper beurteilt.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die Arten des Anhangs II der FFH-

Richtlinie und die Arten der Vogelschutzrichtlinie erfolgt über die Auswir-

kungen auf deren Lebensräume.

Die FFH- Verträglichkeitsprüfung ergibt in Bezug auf die Stickstoffeinträge,

dass auch, wenn für einzelne Lebensraumtypen die Critical Loads für die

Stickstoffdeposition durch die Vorbelastungen bereits überschritten sind, in

keinem der o.g. Natura 2000-Gebiete infolge der vorhabensbedingten Zu-

satzbelastung die Bagatellschwelle von 3% der Critical Loads erreicht wird.

Daher können den Ergebnissen der FFH- Verträglichkeitsuntersuchungen

folgend Beeinträchtigungen der o.g. Natura 2000- Gebiete durch Stick-

stoffdepositionen ausgeschlossen werden.

Dieses Ergebnis gilt ebenso für die Säureeinträge. Die standortbezogenen

Critical Loads in Bezug auf die Versauerung werden durch die Vorbelastung

und die vorhabenbezogene Zusatzbelastung für einen Großteil der Lebens-

raumtypen in den betrachteten FFH- oder Vogelschutzgebieten nicht über-

schritten. Für den LRT 9110 „Hainsimsen- Buchenwald (Luzulo- Fagetum)“

im FFH- Gebiet 5819-304 „Bruchköbel“ und für den Vogellebensraum der

lichten Kiefernwälder im Vogelschutzgebiet Nr. 6019-401 „Sandkiefernwäl-

der in der östlichen Untermainebene“ übersteigen zwar bereits die versau-

ernd wirkenden Stickstoff- und Schwefel- Vorbelastungen die Critical Loads

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 315 von 321

deutlich. Die prognostizierte Zusatzbelastung bleibt jedoch unterhalb der

Bagatellschwelle von 3 % der Critical Loads.

Für die Gewässer- Lebensraumtypen wird anhand der vorkommenden Ve-

getation nachvollziehbar dargestellt, dass diese entweder eine ausreichen-

de Pufferkapazität oder eine geringe Empfindlichkeit gegenüber den relativ

geringen Säurebelastungen durch das Vorhaben haben und es daher nicht

zu Auswirkungen durch das Vorhaben kommt.

Auch für die Arten nach Anhang II der FFH- Richtlinie und die Arten der Vo-

gelschutzrichtlinie können im Ergebnis Beeinträchtigungen ausgeschlossen

werden, da nach den skizzierten Ergebnissen der Untersuchungen für deren

Lebensräume die Bagatellschwellen weder für die Stickstoffdepositionen

noch für die Säureeinträge überschritten werden.

VII.3.3.15. Schutzgut Kultur- und sonstige Sachgüter

VII.3.3.15.1. Wesentliche Einwendungen

Die historische Kulturlandschaften, Bau- und Bodendenkmäler sei unzurei-

chend berücksichtigt worden. Eine wichtige Grundlage für die Untersu-

chung wäre beispielsweise das Kulturlandschaftskataster des Planungsver-

bands Ballungsraum Frankfurt/Rhein -Main gewesen.

VII.3.3.15.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Der Anlagenstandort wird bereits langjährig als Kraftwerkstandort genutzt,

so dass sich hier keine Kultur- und sonstige Sachgüter (wie Bau- und Bo-

dendenkmale, historische Landnutzungen) befinden.

Indirekte Auswirkungen durch Luftschadstoffimmissionen sind aufgrund der

überwiegenden Irrelevanz (Ausnahme: Quecksilber- Deposition) der Zu-

satzbelastung des Blocks 6 (siehe VI.3.4.1.2.2) ebenfalls nicht zu besorgen.

Hg-Depositionen sind in Bezug auf das Schutzgut Kultur- und sonstige

Sachgüter nicht relevant. Alle Immissionswerte werden in der Gesamtbelas-

tung eingehalten.

Kapitel 3, S. 44/87 und S. 66/87 der Antragsunterlagen, S. 4/43 der Immissi-

onsprognose sowie die Umweltverträglichkeitsuntersuchung vom 4. Juni

2009 des TÜV Nord (Ordner 21 und 22 der Antragsunterlagen, Rev01) ent-

halten Angaben zur Siedlungsstruktur bzw. zu Nutzungen in der Umgebung

des Kraftwerks. Im Untersuchungsraum befindet sich eine große Anzahl von

denkmalgeschützten und schutzwürdigen Objekten (Schutzgut Kulturgüter -

insbesondere Überreste römischer Besiedlung sowie Schloss Philippsruhe -

und sonstige Sachgüter) zum Teil in sehr gutem Erhaltungszustand. Die luft-

chemischen Vorgänge in Bezug auf Versauerungen sind in den Gutachten

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 316 von 321

von Professor Möller detailliert beschrieben und bewertet. Der Erhalt dieser

Schutzgüter ist durch das Vorhaben Block 6 nicht gefährdet.

VII.3.3.16. Raumordnung und Landesplanung

VII.3.3.16.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe

Gemäß § 4 Abs. 2 Raumordnungsgesetz (ROG) sind die Erfordernisse der

Raumordnung bei Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit

von raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von Personen des Pri-

vatrechts nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu be-

rücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Erfordernissen der

Raumordnung nicht um sonstiges öffentliches Recht im Sinne des § 6 Abs. 1

Nr. 2 BImSchG handelt. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit sog. quali-

fizierten Raumordnungsklauseln, wie sie beispielsweise in § 35 Abs. 3 S. 2

BauGB oder § 10 Abs. 4 S. 2 Nr. 5 KrW-/ AbfG enthalten sind.

Anders als im Rahmen von Planfeststellungsverfahren können die Erforder-

nisse der Raumordnung auch nicht im Rahmen einer Abwägungsentschei-

dung berücksichtigt werden, da bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6

BImSchG ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der immissionsschutzrechtli-

chen Genehmigung besteht. Das immissionsschutzrechtliche Genehmi-

gungsverfahren kennt keine Planrechtfertigung. Daran ändert auch die Tat-

sache nichts, dass die Erteilung einer Teilgenehmigung ins Ermessen der

Genehmigungsbehörde gestellt ist. Das in § 8 BImSchG eröffnete Ermessen

betrifft nicht die Frage der Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigung,

sondern lediglich die Frage, ob Gründe gegen die Erteilung einer Teilge-

nehmigung sprechen. Nichts desto trotz wurde die Übereinstimmung der

Anlage mit den Erfordernissen der Raumordnung überprüft und sicherge-

stellt.

VII.3.3.16.2. Wesentliche Einwendungen

Zum Themenfeld Raumordnung und Landesplanung wurde vorgetragen,

dass das Vorhaben gegen Ziele und Grundsätze des Regionalplans Südhes-

sen 2000 (RPS 2000) verstoße. Im Einzelnen wurden die Grundsätze

8-5: Bei Bedarf an überörtlicher Stromerzeugung ist Kraftwärme ge-

koppelten Anlagen grundsätzlich der Vorzug zu geben;

8-6: Großkraftwerke (mehr als 200 MW) sollen nur erweitert oder an

einen neuen Standort errichtet werden, wenn sich aus dieser Maß-

nahme in der Gesamtbetrachtung ökologische Vorteile ergeben;

5.1-1: Die Verunreinigung der Luft soll vor allem im Verdichtungsraum

verringert werden“;

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 317 von 321

5.1-2: Die Frischluftversorgung von Siedlungsgebieten ist sicherzustel-

len und zu optimieren. Kaltluftschneisen sind offenzuhalten. Wärmein-

seln zu verhindern“ und

6-1: Abfallvermeidung steht vor Abfallverwertung

benannt. Darüber hinaus wurde vorgetragen, dass im RPS 2000 für den

Kraftwerkstandort Staudinger in Großkrotzenburg kein geplantes Kraftwerk

dargestellt sei, sondern nur ein bestehendes Kraftwerk.

Das Vorhaben verstoße auch gegen die Ziele und Grundsätze des Regio-

nalplans Region Bayerischer Untermain. Diese besagten, dass für den baye-

risch / hessischen Grenzraum darauf hingewirkt werden solle, keine neuen

Standorte für weitere große Wärmekraftwerke auszuweisen. Des Weiteren,

dass in der gesamten Region nach Möglichkeit schadstoffarme und schad-

stofffreie Energieträger eingesetzt werden sollten und in den lufthygienisch

besonders schutzwürdigen Gebieten Naturpark Spessart oder Naturpark

Bayerischer Odenwald Luftverunreinigungen weitgehend vermieden wer-

den sollten.

Das geplante Vorhaben verstoße auch gegen Ziele und Grundsätze des

Landesentwicklungsplans Hessen 2000 (LEP). Danach sollen zwischen zu-

sammenwachsenden Gebieten mit erhöhter Immissionsbelastung ausrei-

chende Freiflächen als Produktionsgebiete für nächtliche Kaltluft und als

Luftaustauschgebiete erhalten und gesichert werden (Kap. 8.3 LEP). In Ver-

dichtungsräumen sowie den zugehörigen oder zuliefernden Kalt- bzw.

Frischluftsammelgebieten solle auf eine Minderung der Überwärmung und

Emissionsbelastungen sowie eine Verbesserung der Luftaustauschprozesse

hingewirkt werden (Kap. 8.3 LEP). In Kaltluftschneisen, die der Frischluftver-

sorgung von Siedlungsgebieten dienen, hätten alle Maßnahmen zu unter-

bleiben, die sie in dieser Funktion beeinträchtigen würden. Insbesondere

sei die Ansiedlung luftverunreinigender Industriebetriebe unzulässig. Kalt-

luftschneisen seien offenzuhalten (8.3 LEP). Die Summe der Emissionen solle

in Untersuchungsgebieten nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz

durch geplante Maßnahmen nicht ansteigen. Zusätzliche Emissionen sollten

durch Emissionsminderung in im Untersuchungsgebiet ausgeglichen wer-

den. (8.3 LEP). Lufthygienisch-bioklimatische Unverträglichkeiten seien be-

reits in der Planungsphase zu erkennen. Planungsalternativen seien aufzu-

zeigen und Auswirkungen der Planung mit der angemessenen Gewichtung

zu bewerten (8.3 LEP). Bereiche für Industrie- und Gewerbe seien grundsätz-

lich so auszuweisen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die aus-

schließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete vermieden

werden (8.3 LEP).

Das Vorhaben verstoße schließlich gegen Grundsätze des Raumordnungs-

gesetzes (ROG), wonach den Erfordernissen des Klimaschutzes Rechnung

zu tragen sei.

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 318 von 321

Weiter wurde vorgetragen, dass die Landesplanerische Beurteilung vom 29.

Juni 2009 nicht korrekt umgesetzt worden sei. Es seien keine strukturellen

Verbesserungen am Main vorgesehen. Die Darstellung und Bewertung der

Erholungsfunktion über den Untersuchungsraum hinaus, zum Beispiel in

den Randlagen des Spessarts und in Alzenau sei unzureichend. Die Ver-

rechnung von Ausgleichsmaßnahmen eines anderen BImSchG- Vorhabens

(Schaffung von Retentionsraum beim Kohlelager) sei nicht zulässig. Die Ab-

weichungszulassung sei wegen der Missachtung der Erfordernisse des

Hochwasserschutzes und der Interessen anderer Mainanlieger rechtwidrig.

Zu den Maßgaben der landesplanerischen Beurteilung vom 29. Juni 2009

wurde vorgetragen, dass das verkehrliche Logistikkonzept nicht umgesetzt

sei. Der Genehmigungsantrag enthalte hierzu keine Angaben. Ebenso fehle

ein tragfähiges Konzept zur Fernwärmeauskopplung. Es sei zu gewährleis-

ten, dass Block 6 die gesetzlichen Emissionsvorgaben deutlich unterschreite

und keine höheren jährlichen Frachten an Staub, Schwefeldioxid und

Stickstoffdioxid als im Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2006memittiert wür-

den. Es bestünden Zweifel, ob diese Frachtbegrenzungen als Beschränkung

der Betriebsführung wirksam beantragt worden sein. Die Stilllegung der

Blöcke 1 bis 3 sei nicht im Genehmigungsantrag enthalten. Es sei erforder-

lich, dass die C02- Abscheidung sowohl in den Plänen als auch in der Anla-

gen- und Verfahrensbeschreibung bereits als zukünftiger Anlagenteil auf-

genommen und beschrieben werde und eine sichere Endlagerung von CO2

nachgewiesen werde. Es sei zu gewährleisten, dass ausschließlich Steinkoh-

le als Brennstoff zum Einsatz komme. Der Genehmigungsantrag enthalte

keine Festlegung zur Qualität der Steinkohle.

VII.3.3.16.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung

Für den geplanten Block 6 wurde von Amts wegen gemäß § 18 Hessisches

Landesplanungsgesetz (HLPG) ein Raumordnungsverfahren mit integrierter

Abweichungszulassung durchgeführt. In der landesplanerischen Beurtei-

lung vom 29. Juni 2009 wurde die Vereinbarkeit des geplanten Vorhabens

mit den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung festgestellt.

Insbesondere im 6. Teil der landesplanerischen Beurteilung wurde die Wir-

kung des geplanten Vorhabens auf die Raumordnungsfaktoren „Raum- und

Siedlungsstruktur“+ „Wirtschaft“+ „Energie“+ „Verkehr“+ „Abfallentsorgung“+

„Freiraumsicherung und Freiraumentwicklung“ sowie „Land- und Forstwirt-

schaft“ betrachtet und bewertet. Bewertungsmaßstab waren dabei die Ziele

und Grundsätze des Landesentwicklungsplans Hessen 2000, des Regional-

plans Südhessen 2000, des Entwurfs des Regionalplans Südhessen / Regio-

nalen Flächennutzungsplans Ballungsraum Frankfurt / Rhein-Main 2007, des

Landesentwicklungsprogramms Bayern 2006 sowie des Regionalplans Re-

gion Bayerischer Untermain (vgl. Landesplanerische Beurteilung vom

29.06.2009, Seite 157 - 205). Die Grundsätze des Raumordnungsgesetzes

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Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 319 von 321

wurden mitberücksichtigt, da sie in den vorgenannten Plänen konkretisiert

sind.

In der landesplanerischen Beurteilung vom 29. Juni 2009 wurde die Verein-

barkeit des geplanten Vorhabens mit den Erfordernissen der Raumordnung

und Landesplanung bei Beachtung der im 1. Teil Kapitel B genannten Maß-

gaben festgestellt.

Die 1. Maßgabe sieht vor, dass die Vorhabensträgerin im immissionsschutz-

rechtlichen Genehmigungsverfahren durch Antrag sicher stellt, dass die

jährlichen Emissionsfrachten für die Stoffe SO2, NOx und Staub unter den

durchschnittlichen jährlichen Frachten der Jahre 1996 bis 2006 für diese

Stoffe liegen. Die mit Antrag vom 5. Juni 2009 beantragten Jahresemis-

sionsfrachten für diese Stoffe sind verbindliche Antragswerte und bereits in

dieser ersten Teilgenehmigung verbindlich festgesetzt. In den Formularen

8/1 des Antrags sind hingegen die beantragten Tagesmittelwerte und den

daraus berechneten Tages-Emissionsfrachten anzugeben. Die Angabe von

Jahresfrachten ist in dem Formular nicht vorgesehen. Eine kontinuierliche

Überwachung (tagesscharf) ist durch den Emissionsrechner gegeben.

Die 2. Maßgabe sieht vor, dass die bestehenden Blöcke 1 bis 3 nicht mehr

betrieben werden, wenn der geplante Block 6 ans Netz geht. Die Antrag-

stellerin hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 eine Stilllegungserklä-

rung für die Blöcke 1 bis 3 zum 31. Dezember 2012 vorgelegt. Die Einhal-

tung der Stilllegung wurde zudem durch eine Bedingung gesichert.

Die 3. Maßgabe sieht vor, dass ausschließlich Steinkohle als Brennstoff zum

Einsatz kommt. Dies ist laut Antragsunterlagen gewährleistet.

Die 4. Maßgabe sieht vor, dass die Möglichkeiten der Nachrüstung mit

Technologien zur CO2- Abscheidung vorzusehen sind. Die Antragstellerin

hat eine Bestätigung des TÜV NORD vorgelegt, dass der Block 6 des Kraft-

werks Staudinger hinsichtlich der Nachrüstung von Carbon Capture Syste-

men geeignet ist. Dazu wird u. a. eine ca. 22.000 m² große Erweiterungsflä-

che östlich des Kühlturms des Blocks 4 freigehalten.

Die 5. Maßgabe sieht vor, dass im festgestellten Überschwemmungsgebiet

ausschließlich die Errichtung der Kühlturmzusatzwasseraufbereitungsanlage

sowie – falls erforderlich – ein Teil der Rauchgasentschwefelungsanlage zu-

lässig ist. Der vorgelegt Antrag entspricht dieser Maßgabe. Der verlorenge-

hende Retentionsraum wird ausgeglichen.

Die 6. Maßgabe sieht vor, dass die Vorhabensträgerin ein Logistikkonzept

zur Verlagerung des Verkehrs zum An- und Abtransport von Brenn-, Be-

triebs- und Abfallstoffen von der Straße zur Schiene beziehungsweise auf

den Wasserweg jährlich dem Regierungspräsidium Darmstadt vorzulegen

hat. In der Nebenbestimmung IV.15.1wird sichergestellt, dass vor Inbetrieb-

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nahme des beantragten Blocks das Logistikkonzept erstmalig vorzulegen

ist.

Die 7. Maßgabe sieht vor, dass am Block 6 die Möglichkeit der Fernwärme-

auskopplung bis zu 300 MWth einzurichten ist. Dies wird durch den einen

entsprechenden Fernwärmetauscher umgesetzt. Im Raumordnungsverfah-

ren hat die Vorhabensträgerin in der Fernwärmestudie dargelegt, dass im

35km- Radius um den Kraftwerkstandort Staudinger ein theoretisches Po-

tenzial für die Fernwärmeversorgung vorhanden ist. Sie hat auch dargelegt,

dass für die Erschließung des Wärmesenkenpotenzials die Mitwirkung der

regionalen Akteure in Politik und Energiewirtschaft erforderlich ist. Eine ent-

sprechende Konzeption ist noch in der Bearbeitung.

VII.3.4. (Intendiertes) Ermessen

Gemäß § 8 BImSchG soll die Teilgenehmigung erteilt werden, wenn die

dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Demnach hat die Genehmi-

gungsbehörde zu prüfen, ob ein atypischer – vom Regelfall abweichender

Ausnahmefall vorliegt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen atypi-

schen Ausnahmenfalls sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

VII.4. Sachbescheidungsinteresse

VII.4.1.1.1. Einwendungen

Nachdem von einem führenden Mitarbeiter der Antragstellerin im Vorfeld

des Erörterungstermins in einem Presseinterview geäußert wurde, dass die

Verwirklichung des Blocks 6 „under review“ sei+ haben mehrere Einwender

die Auffassung vertreten, es fehle an einem Sachbescheidungsinteresse

hinsichtlich der beantragten Teilgenehmigung.

VII.4.1.1.2. Würdigung der Einwendungen

Das Sachbescheidungsinteresse entfällt in Zulassungsverfahren dann, wenn

unter keinerlei Gesichtspunkten eine Entscheidung über den Antrag sinnvoll

wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn der Antragsteller endgültig die Absicht

hätte, das Vorhaben nicht mehr zu realisieren oder wenn unüberwindliche

tatsächliche Hindernisse bezüglich der Umsetzbarkeit einer positiven Zulas-

sungsentscheidung eindeutig erkennbar wären. Dies ist vorliegend nicht

der Fall. Aus der Sicht der Vorhabensträgerin ist es legitim, die Verwirkli-

chung des Vorhabens einer internen Überprüfung unter wirtschaftlichen

oder unternehmenspolitischen Gesichtspunkten zu unterziehen. Dadurch

entfällt aber nicht das Sachbescheidungsinteresse. Auch im Rahmen der

verkündeten Neuausrichtung des Gesamtkonzern E.ON AG im November

2010 wurde kein ausdrücklicher Verzicht auf die beabsichtigte Realisierung

des beantragten Kraftwerksprojektes erklärt.

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Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof Kassel, Brüder- Grimm- Platz 1, 34117 Kassel, erhoben werden.

gez.

Johannes Baron

Regierungspräsident