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Liebe Leserinnen und Leser, auch wenn in diesem Jahr der viel gepriesene „Aufschwung“ nach dem „SchuldnerAtlas Deutschland 2008“ der Creditreform Deutschland knapp 500.000 Überschuldete verloren hat, bleibt doch für jeden zehnten erwachsenen Deutschen ein Haushalt ohne Überschul- dung eine Illusion. Und schon wird wegen der Finanzkrise bereits wieder eine Verschlech- terung der Situation für die Zukunft erwartet. Kein Trost ist es dabei, dass Deutschlands Schuldner zwar nicht gut, aber die anderen schlechter sind, in den USA sogar jeder siebte Erwachsene überschuldet ist. Vorübergehend hat mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit zwar das bislang wichtigste Ver- schuldungsrisiko abgenommen, es wurden die klassischen Verschuldensrisiken wie Schei- dung oder übertriebener Konsum aber durch die drastisch gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise ergänzt. Bei vielen Menschen mit gleichzeitig geringem Einkommen gerät damit bereits die Bestreitung des laufenden Lebensunterhalts in Gefahr. Jeder mag sich nun seine eigenen Gedanken machen zu einer Studie zweier Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftler, die einen Arbeitslosengeld II-Regelsatz von 132 € für ausrei- chend halten – nur rund ein Drittel der bisherigen Höhe. Sie sehen für alle Bereiche des Lebens, ob Ernährung, Kommunikation oder Kultur erhebliches Einsparpotential des der- zeitigen Regelsatzes von rund 350 €. Hier stellt sich für den Schuldnerberater schon die Frage, ob jetzt noch eine Schuldenregulierung in einem absehbaren Zeitraum möglich sein kann? Tatsächlich hat 2008 das Interesse an einer Entschuldung durch ein Verbraucherinsolvenz- verfahren deutlich zugenommen. Allein 485 Interessierte nahmen an zum Teil überfüllten Insolvenzveranstaltungen zur Vorbereitung des Insolvenzverfahrens teil. Die Folgen zeigen sich inzwischen in einer starken Belastung der Schuldnerberatungsstelle durch umfang- reiche Wartelisten für Verbraucherinsolvenzverfahren. Feiern konnte am 04.06.2008 die Schuldnerberatung der AWO im Kreis Unna auf Haus Opherdicke ihr 20-jähriges Bestehen. Zahlreiche VertreterInnen aus Wirtschaft, Verwaltung und Sozialeinrichtungen besuchten den Festakt, in dem auf viele Jahre Schuldnerberatung zurückgeblickt wurde. Seit dem Start 1988 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wurde das Konzept laufend weiterentwickelt. Vom Beginn bis heute konnte ca. 11.000 Menschen ein Weg aus den Schulden aufgezeigt werden. Dank sagen wir an dieser Stelle vor allem unseren Finanzierungspartnern - dem Kreis Unna, dem Land NRW und dem Sparkassenfond - für das große Vertrauen in unsere Arbeit. Ein ebensolcher Dank gilt auch allen Ämtern, Behörden, Gerichten, sozialen Institutionen und den Kreditunternehmen für eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Viele Grüße Werner Philipp Betriebsleiter Tel. 02307 924 88-0 Hotline 01804 600140 Fax 02307 924 88-20 Mail: [email protected] http://schube.awoubunna.de BERGKAMEN l BÖNEN l FRÖNDENBERG l HOLZWICKEDE l KAMEN l SELM l UNNA l WERNE Jahresbericht 2008

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Liebe Leserinnen und Leser,

auch wenn in diesem Jahr der viel gepriesene „Aufschwung“ nach dem „SchuldnerAtlas Deutschland 2008“ der Creditreform Deutschland knapp 500.000 Überschuldete verloren hat, bleibt doch für jeden zehnten erwachsenen Deutschen ein Haushalt ohne Überschul-dung eine Illusion. Und schon wird wegen der Finanzkrise bereits wieder eine Verschlech-terung der Situation für die Zukunft erwartet. Kein Trost ist es dabei, dass Deutschlands Schuldner zwar nicht gut, aber die anderen schlechter sind, in den USA sogar jeder siebte Erwachsene überschuldet ist.

Vorübergehend hat mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit zwar das bislang wichtigste Ver-schuldungsrisiko abgenommen, es wurden die klassischen Verschuldensrisiken wie Schei-dung oder übertriebener Konsum aber durch die drastisch gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise ergänzt. Bei vielen Menschen mit gleichzeitig geringem Einkommen gerät damit bereits die Bestreitung des laufenden Lebensunterhalts in Gefahr.

Jeder mag sich nun seine eigenen Gedanken machen zu einer Studie zweier Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftler, die einen Arbeitslosengeld II-Regelsatz von 132 € für ausrei-chend halten – nur rund ein Drittel der bisherigen Höhe. Sie sehen für alle Bereiche des Lebens, ob Ernährung, Kommunikation oder Kultur erhebliches Einsparpotential des der-zeitigen Regelsatzes von rund 350 €. Hier stellt sich für den Schuldnerberater schon die Frage, ob jetzt noch eine Schuldenregulierung in einem absehbaren Zeitraum möglich sein kann?

Tatsächlich hat 2008 das Interesse an einer Entschuldung durch ein Verbraucherinsolvenz-verfahren deutlich zugenommen. Allein 485 Interessierte nahmen an zum Teil überfüllten Insolvenzveranstaltungen zur Vorbereitung des Insolvenzverfahrens teil. Die Folgen zeigen sich inzwischen in einer starken Belastung der Schuldnerberatungsstelle durch umfang-reiche Wartelisten für Verbraucherinsolvenzverfahren.

Feiern konnte am 04.06.2008 die Schuldnerberatung der AWO im Kreis Unna auf Haus Opherdicke ihr 20-jähriges Bestehen. Zahlreiche VertreterInnen aus Wirtschaft, Verwaltung und Sozialeinrichtungen besuchten den Festakt, in dem auf viele Jahre Schuldnerberatung zurückgeblickt wurde. Seit dem Start 1988 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wurde das Konzept laufend weiterentwickelt. Vom Beginn bis heute konnte ca. 11.000 Menschen ein Weg aus den Schulden aufgezeigt werden.

Dank sagen wir an dieser Stelle vor allem unseren Finanzierungspartnern - dem Kreis Unna, dem Land NRW und dem Sparkassenfond - für das große Vertrauen in unsere Arbeit. Ein ebensolcher Dank gilt auch allen Ämtern, Behörden, Gerichten, sozialen Institutionen und den Kreditunternehmen für eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Viele Grüße

Werner PhilippBetriebsleiter

Tel. 02307 924 88-0Hotline 01804 600140Fax 02307 924 88-20Mail: [email protected]://schube.awoubunna.de

Bergkamen l Bönen l FröndenBerg l HoLzwickede l kamen l SeLm l Unna l werne

Jahresbericht 2008

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neuaufnahmenJahr Kurzzeit- Langzeit- Gesamt beratung beratung

2002 525 218 7432004 599 342 9412006 733 462 1.1952007 522 451 9732008 411 554 965

gesamt

Das Verschuldensvolumen der Langzeitbera-tungen beläuft sich auf ca. 43,28 Mio. € (+ 31,4 %) und hat sich drastisch um ca. 10 Mio. € erhöht. Das Gesamtvolumen verteilt sich in-zwischen auf 9.008 Einzelforderungen (+ 39,3 %). Die durchschnittliche Verschuldung der Kunden beträgt ca. 43.000 € und bleibt mit ca. 2.000 € (+ 4,9 %) leicht über dem Vorjahr. Fast unverändert blieb dabei das monatliche Gesamteinkommen der Kunden mit durch-schnittlich 1.140 €. Als Schuldenregulierung ist somit immer häufiger nur die Einleitung eines Insolvenzverfahrens möglich.

gesamtverschuldungsvolumenMio. in €

50

45

40

35

30

25

202002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

26,74

23,50 22,40

25,95

30,91

32,94

43,28

5.013 4.945 4.564 5.563 6.573 6.473 9.008bezogenauf

Einzel-forderungen

Fallzahlen 2008

gesamtfallzahlen: 1.477davon Neuaufnahmen: 965

kurzzeitberatung411 (27,8 %)davonNeuaufnahmen:411(42,6%)insolvenzberatung

684 (46,3 %)davonNeuaufnahmen:

432(44,8%)

Schuldnerberatung382 (25,9 %)davonNeuaufnahmen:122(12,6%)

1.477 Kunden (+ 6 %) wurden trotz einer nicht besetzten ½ Stelle beraten. In 411 Fällen reichte eine Kurzzeitberatung aus. In der per-sönlichen Langzeitberatung befanden sich 1.066 Personen.

BeratUngSaBScHLüSSe Und VerHandLUngSergeBniSSe

immobilien-beratung

2006 115 2007 120 2008 123

gesamtberatungenJahr Kurzzeit- Langzeit- Gesamt beratung beratung

2002 525 687 1.2122004 594 746 1.3402006 733 895 1.6282007 522 872 1.3942008 411 1.066 1.477

Berg- Bönen Frönden- Holz- Kamen Selm Unna Werne Sonstigekamen berg wickede (außerh.)284 91 95 112 243 115 350 158 29

300

250

200

150

100

50

0

165

119

5635

62

33

96

16

182

61

102

13

263

87121

3719 10

entwicklung in den Städten und gemeinden

Langzeitberatung (1.066)

Kurzzeitberatung (411)

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abgeschlossene Langzeitberatungen

gesamt: 512

reguliert (außergerichtlich)82 (16,1 %)

reguliert (insolvenzverfahren)276 (53,9 %)

teilreguliert23 (4,5 %)

Schuldnerschutz37 (7,3 %)

Ungeregelt71 (13,7 %)

andere abschlüsse23 (4,5 %)

BirgitKaldenbachBrigitteGrafIngridSchygulla KorinaTezlaff

LambertBau RosemarieBerents

SusanneWilsdorf

UlrikeLotkaWernerPhilipp

Unser team 2008

kurzzeitberatungen

erbrachte dienstleistungen gesamt: 411

informationsweitergabe insolvenzverfahren

118 (28,7 %)

informations-weitergabe zwangsvoll-streckung14 (3,4 %)

informations-weitergabe sonstige 30 (7,3 %)

krisenintervention Lebensunterhalt7 (1,7 %)

krisenintervention sonstige

30 (7,3 %)

orientierungs-beratung95 (23,1 %)

Hilfe zur Selbsthilfe117 (28,5 %)

Verhandlungsergebnisse SummeinT€ AnzahlderGläubiger

Forderungsbegleichung 93 (0,5 %) 73 (2,0 %)Forderungsstundung 205 (1,0 %) 99 (2,7 %)Ratenvereinbarung (z.T. mit Zinsverzicht) 390 (2,0 %) 170 (4,6 %)Vergleichsvereinbarung 1.474 (7,4 %) 319 (8,6 %)Forderungsverzicht 46 (0,2 %) 32 (0,9 %)Erfolgreiche Verbraucher-Inso 13.840 (69,8 %) 2.310 (62,5 %)Beantragung/Eröffnung Regel-Inso 3.791 (19,1 %) 691 (18,7 %)gesamt 19.839 (100,0 %) 3.694 (100,0 %)

MartinaKosmann

Personalien

Einen Wechsel gab es in der Leitung der Zentra-len Schuldnerberatung der AWO im Kreis Unna. Werner Philipp ist seit dem 01. April 2008 neuer Leiter der Schuldnerbe-ratung. Die langjährige Leiterin Frau Zeißner ist nach 20-jährigem En-gagement ausgeschie-den, um sich neuen beruflichen Herausfor-derungen zu widmen.

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gegenüber 2007: + 108 mehr Teilnehmer = + 29,2 %

aussichten

Die erneute Reform des Insolvenzrechts, in deren Mittelpunkt die Abschaffung der Kosten-stundung für sog. mittellose Schuldner steht, wird voraussichtlich vor der anstehenden Bun-destagswahl nicht mehr verabschiedet. Frühestens 2010/11 ist damit wohl zu rechnen.

Auch im Jahr 2008 hatten unsere Kunden wieder vermehrt Probleme ein Girokonto zu er-halten. Da überschuldete Menschen auf Grund dieser Situation finanziell und psychisch er-heblich belastet werden, sollte eine gesetzliche Verankerung des „Rechts auf ein Girokonto“ dringend erfolgen. Es wäre zu wünschen, dass das Jedermann-Konto für alle Kreditinstitute verbindlich würde und gerade bisher kontolose Bürger ein Konto erhalten könnten.

Die steigende Zahl von Menschen in prekären Lebenslagen und einem gleichzeitig engen Zusammenhang mit Verschuldung lässt künftig viel komplexere Lebenssituationen erwarten und wird die Nachfrage nach einem Beratungs- und Betreuungsbedarf nachhaltig erhöhen.

impressum:

zentraLe ScHULdnerBeratUng

Werner Philipp, BetriebsleiterUnnaer Straße 29 a59174 Kamen

Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk UnnaUnnaer Straße 29 a, 59174 KamenVorsitzender: Wilfried BartmannGeschäftsführer: Peter ReslerMitglied der AWO Bezirk Westliches Westfalen e. V.Dortmund, Kronenstraße 63 – 69Amtsgericht Dortmund VR 1598

UnterbezirkUnnaBeratungs-undBetreuungsdienste

Bergkamen l Bönen l FröndenBerg l HoLzwickede l kamen l SeLm l Unna l werne

Prävention vor ort

Institution Klasse ThemaGesamtschule Königsborn 10 SchuldenpräventionHeide-Hauptschule 10 SchuldenpräventionGesamtschule Kamen 12 Verschuldung junger Menschen, Rechtsgeschäfte, (2 Klassen) GirokontoHumboldt-Realschule Bönen 8 Schuldenprävention

Institution Zielgruppe ThemaGemeinschaftsprojekt VHS + U 25 ALG II-Bezieher/innen Allgem. FinanzkompetenzJob-CenterBildung + Lernen gGmbH U 25 ALG II-Bezieher/innen Allgem. FinanzkompetenzWerkstatt Unna Arbeitslose Maßnahmeteilnehmer Umgang mit finanziellen(2 Gruppen) KrisensituationenWerkstatt Unna U 25 ALG II-Bezieher/innen Umgang mit finanziellen KrisensituationenTÜV-Akademie Langzeitarbeitslose in einer Umgang mit finanziellen Maßnahme KrisensituationenJVA Schwerte Inhaftierte Schuldenregulierung bei kurzfristiger/längerfristiger EntlassungJobtrainer Kamen Langzeitarbeitslose mit multiplen Umgang mit finanziellen Vermittlungshindernissen Krisensituationen

information vor ort

CDU Frauenunion Fröndenberg Frauen und Verschuldung

aktion vor ort Ort Thema„Lange Nacht der Schuldner“ Beratungsstelle Kamen Schufa – mal nachgefragtInfostand Marktplatz Werne Gemeinsamer Haushalt – wer zahlt eigentlich?

insolvenzveranstaltungen

Veranstaltungen TN-Zahl2008 TN-Zahl200725 478 370

Veranstaltungen

Letztlich davon zu überzeugen, möglichst konsum-bewusst zu han-deln ist das verfolgte Ziel dieser In-formationsveranstaltungen. In 12 Präventionsveranstaltungen vor Ort hatten 344 menschen Gele-genheit, sich in einem weit gesteck-ten Rahmen mit den Themen des bewussten Umgangs mit Konsum und Finanzen zu sensibilisieren, um bestimmte Verhaltensmuster und Gefahren zu erkennen. Mit initiiert wurden alle Veranstaltungen durch engagierte Pädagogen/-innen und Maßnahmeleiter/-innen.