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Die Automobilindustrie in Daten und Fakten Jahresbericht 2020

Jahresbericht 2020 – Die Automobilindustrie in Daten und ......Auto assoziiert werden: Künstliche Intel-ligenz öffnet uns die Tür zum automati-sierten Fahren – sicherer und

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Die Automobilindustrie in Daten und Fakten

Jahresbericht 2020

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Jahresbericht 2020. Die Automobil- industrie in Daten und Fakten.

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Vorwort

die Corona-Pandemie stellt alle Lebens-bereiche vor Herausforderungen, wie wir sie seit Bestehen der Bundesrepublik nicht erlebt haben. Auch die wirtschaftli-chen Folgen sind für die Menschen in un-serem Land oft tiefgreifend und für viele ohne Beispiel. Als die Schlüsselindustrie in Deutschland ist es für die Automobilin-dustrie oberstes Ziel, die treibende Kraft in der Transformation zur Mobilität der Zukunft zu bleiben. Europa kann und muss der Kontinent sein, der eine effektive Klimaschutzpoli-tik mit einer effizienten Wirtschafts- und Industriepolitik verbindet. Die Automobil-industrie will ein entscheidender Motor für Innovation und Beschäftigung sein und verpflichtet sich dem Ziel der Klimaneut-ralität bis zum Jahr 2050. Der Weg aus der Krise in Richtung „Mobilität der Zukunft“, verbunden mit der Komplexität der Digita-lisierung, wird uns alle bis aufs Äußerste fordern. Vor der deutschen Automobilindus-trie und vor vielen unserer Unternehmen liegt noch eine herausfordernde Zeit.  Der Weg zur Mobilität von morgen besteht aus mehreren Pfaden: Es geht darum, die Digitalisierung zu nutzen, um das vernetzte und automatisierte Fahren zu gestalten. Es geht aber auch um eine Kreislaufwirtschaft, in der Materialien schon bei der Entwicklung auf eine Wie-derverwendung hin konzipiert sind und in der wir ressourcenschonend mit Rohstof-fen umgehen. Und nicht zuletzt geht es darum, den CO2-Ausstoß im Verkehrssek-tor mit einem intelligenten und bedarfs-gerechten Mix aus Antriebstechnologien entsprechend den Pariser Klimaschutz-zielen zu senken. Es sind Konzepte für die Mobilität der Zukunft gefragt, die sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen und ihren individuellen Bedürfnissen orientieren – in der Stadt genauso wie auf dem Land.  

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,

Die Mobilität von morgen erwächst auch aus Innovationen, die nicht allein mit dem Auto assoziiert werden: Künstliche Intel-ligenz öffnet uns die Tür zum automati-sierten Fahren – sicherer und effizienter als je zuvor. Digitale Plattformen erlauben uns die Kombination unterschiedlichster Mobilitätsangebote – passgenau für jede Situation. Neue Kommunikationstechno-logien ermöglichen den Austausch von Daten zwischen Menschen, Fahrzeugen und Infrastrukturen. Und der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine wichtige Grundlage dafür, dass unsere Indust-rie ihren Teil dazu beitragen kann, den Verkehr bis 2050 klimaneutral zu machen. Die Entwicklung dieser Technologien ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Wissen-schaft, Unternehmen aller Branchen und der Politik, die den Rahmen dafür setzen muss. So ist ein umfassender Aus- und Umbau unserer Infrastruktur zwingende Voraussetzung dafür, damit Deutschland global nicht nur wettbewerbsfähig, son-dern auch führend bleibt. Die deutsche Automobilindustrie ist in allen Technologiefeldern von morgen schon heute stark engagiert. In den For-schungs- und Entwicklungsabteilungen von Herstellern und Zulieferern arbei-ten über 130.000 Menschen. Mehr als jeder dritte Euro, der von der deutschen Wirtschaft in Forschung und Entwicklung angelegt wird, stammt aus der Automo-bilindustrie. Mit Ausgaben in Höhe von allein 50 Mrd. Euro für neue Antriebe und weiteren 25 Mrd. Euro für die Digitalisie-rung bis zum Jahr 2024 investiert unsere Branche erheblich in die Transformation.  Doch wenn der Motor der EU-Wirtschaft nicht bald wieder kraftvoll anspringt, wird in immer mehr Unternehmen – gerade bei unseren mittelständischen Mitglieds-unternehmen aus der Zulieferer- und Nutzfahrzeugsparte – die Liquidität knapp.

Damit fehlen die Mittel für wichtige Zu-kunftsinvestitionen. Die Auswirkungen des Corona-Virus und ein deutlicher zyklischer Abschwung haben gerade den Nutz-fahrzeugmärkten einen schweren Schlag versetzt. Angesichts dieser sehr schwieri-gen Lage erwarten wir von der Bundesre-gierung, dass sie sich für ein europäisches Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge einsetzt oder dieses Projekt auf nationaler Ebene angeht.  Das Konjunkturpaket der Bundesregie-rung zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise enthält richtiger-weise eine deutliche technologie- und infrastrukturpolitische Komponente. Aber wir brauchen – neben dem erklärten po-litischen Willen – auch eine Erfolgskon-trolle, die sicherstellt, dass die bis 2025 geplanten flächendeckenden 5G-Netze tatsächlich aufgebaut werden; dass die Potenziale von Wasserstoff als klimascho-nendem Energieträger in allen Sektoren erprobt werden und dass der Hochlauf der Elektromobilität nicht von fehlender Ladeinfrastruktur ausgebremst wird.  Die deutsche Automobilindustrie un-terstützt die Pariser Klimaschutzziele und das Ziel der EU, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Der European Green Deal der EU-Kommission eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit, Klimaschutzpolitik nicht nur ambitionier-ter, sondern auch wirkungsvoller voran-zutreiben. Doch der im September 2020 vorgelegte 2030 Climate Target Plan wirft noch Fragen auf. Die EU-Kommission will die EU-weiten CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent sen-ken – bislang waren minus 40 Prozent geplant. In diesem Zusammenhang sollen die erst vor zwei Jahren verabschiedeten CO2-Flottengrenzwerte für Pkw bis 2030 von minus 37,5 Prozent auf minus 50 Pro-zent verschärft werden.  Das bedeutet, dass die Neuwagenflotte dann einen Durchschnittsverbrauch

von etwas mehr als 2 Liter Kraftstoff haben darf. Erreichbar ist dieses extrem ambitionierte Ziel voraussichtlich nur, wenn der Anteil der Elektrofahrzeuge in zehn Jahren auf mindestens 60 Prozent der Neuwagen ansteigt. Dies erfordert einen engagierten, schnellen und umfas-senden Ausbau der Ladeinfrastruktur – europaweit! Hier ist auch die Politik gefragt. Falsch umgesetzt kann der Kurs der EU-Kommission – gerade vor dem Hintergrund der Corona-Krise – die schon erkennbaren wirtschaftlichen und sozialen Belastungen weiter verschär-fen und Arbeitsplätze genauso wie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und damit Europas gefährden. Bis 2030 wird der Fokus auf einem schnellen Hochlauf der Elektromobilität liegen. Gerade mit Blick auf das gro-ße Ziel eines klimaneutralen Verkehrs werden wir aber alle Antriebsoptionen brauchen – zum Beispiel auch E-Fuels und Wasserstoff. Diese benötigen wir, um auch den Bestand zu adressieren. Die große Herausforderung, den Klimawandel zu bekämpfen, gelingt nur mit der Offen-heit für alle Technologien. Eine Verschär-fung der Klimaziele bedeutet aus unserer Sicht, dass Wasserstoff und regenerative Kraftstoffe in Zukunft weitaus stärker als bislang zum Einsatz kommen müs-sen. Denn sie wirken auf den gesamten Kfz-Bestand, nicht nur auf die Neuzulas-sungen. Hinzu kommt: Der moderne und hocheffiziente Verbrennungsmotor, gerne auch als Hybrid, wird noch viele Jahre gebraucht. Mit E-Fuels kann er einen Bei-trag zu klimaneutraler Mobilität leisten.  Dieser VDA-Jahresbericht zeigt: Wir schöpfen unsere Stärke aus der Vielfalt unserer Industrie. Aus Unternehmen, die Innovationen treiben und schon die Lö-sung für übermorgen im Blick haben. Aus Unternehmen der Pkw- und Nutzfahrzeu-gindustrie, den Herstellern von Bussen, Anhängern und Aufbauten und der Zu-lieferindustrie, die teilweise auf mehr als

100 Jahre Erfahrung und Erfolg zurückbli-cken. Und aus jungen Unternehmen wie Entwicklungsdienstleistern und Start-ups, die mit frischem Blick fragen, ob man es nicht auch ganz anders machen kann. In vielen Bereichen gelingt es uns gut, aus Ideen anwenderfähige Produkte zu machen und sie flächendeckend in den Markt zu bringen. In einigen Bereichen – vor allem im Digitalen – können wir noch besser werden. Hier gilt es, weitere Allian-zen zu schmieden, um zukunftsweisende Lösungen zu entwickeln. Zukunftsfähige Mobilität zu gestalten, die klimafreundlich, ökologisch und öko-nomisch nachhaltig, sozial und individu-ell ist, ist eine historische Aufgabe. Aber die deutsche Automobilindustrie bringt dafür alles mit! Einen in dieser Form weltweit einzigartigen industriellen Kern mit einer Mischung aus großen Unter-nehmen und vielen leistungsstarken, erfolgreichen Mittelständlern im ganzen Land. Ausgezeichnete Forschungsein-richtungen, kreative Gründer, Entwickler und Ingenieure, die auch gerade dort führend sind, worauf es jetzt besonders ankommt: Innovationen in praxisfähige Anwendungen zu überführen. Bei der Lektüre des VDA-Jahresberichts wünsche ich Ihnen spannende Einblicke in die vielfältigen Themen und Herausfor-derungen, denen sich der VDA und seine Mitglieder gemeinsam stellen.

Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen!

Hildegard Müller, PräsidentinVerband der Automobilindustrie e. V.

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4 INHALT INHALT 5

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Inhalt

Automobilindustrie und ihre Märkte 8

Aktuelle Automobilkonjunktur: das erste Halbjahr 2020 10Das Automobiljahr 2019: Die wichtigsten Zahlen und Daten 12Forschung und Entwicklung 14Internationale Märkte 15Deutscher Markt 18Produktion und Export der deutschen Pkw-Hersteller 20Wirtschaftliche Lage der gesamten deutschen Automobilindustrie 21Wirtschaftliche Lage der Zulieferindustrie 22Zulieferer und Mittelstand 23Wirtschaftliche Lage der Nutzfahrzeugindustrie 27Märkte für Nutzfahrzeuge und Busse 28Märkte für Anhänger und Aufbauten (inkl. Beschäftigung) 30Die Herstellergruppe II im VDA und ihre mittelständische Ausrichtung 31Der chinesische Markt und seine Besonderheiten 32Bedeutung des Aftermarkets 34Historische Fahrzeuge 36Autobanken und Leasinggesellschaften stabilisieren in der Krise 40

Wirtschafts- und Klimapolitik 43

Wirtschaftliche Lage in Deutschland 44Europapolitik 46Der Straßenverkehr auf dem Weg zur Klimaneutralität 48Pkw-Energieeffizienz 52Der „European Green Deal“: Herausforderungen für die Automobilindustrie 54E-Fuels als optimale Ergänzung zur Elektromobilität 56Bewertung der Nationalen Wasserstoffstrategie 59CO2-Regulierung in der EU bei schweren Nutzfahrzeugen, Anhängern, Aufbauten 60Massen und Abmessungen von Nutzfahrzeugen 62

Handel und Außenwirtschaft 64

Der Brexit 66Außenwirtschaft 70Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit 76

Verkehr und Infrastruktur 80

Infrastruktur 82Personenverkehr 85Mobilität von morgen 86Güterverkehr 88

Steuern, Zölle, Recht 91

Steuerpolitik 92Rechtspolitik 96

Umweltpolitik und Luftqualität 102

Luftqualität und Luftreinhaltung 104Umweltpolitik am Standort Deutschland 106

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6 INHALT

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Innovation und Technik 110

Diesel-, Benzin und Hybridmotoren 112Verbrauch und Emissionen von Verbrennungsmotoren 114Die europäische Abgasemissionsgesetzgebung und Techniken zur Schadstoffreduzierung 116EU-Typgenehmigung 121Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland 122Weitere alternative Antriebe 128Vernetztes und automatisiertes Fahren 130Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) 134Produktion und Logistik 138

Sicherheit und Standards 140

Verkehrsunfälle in Deutschland 142Sicherheitssysteme für Nutzfahrzeuge 144Bestehende eCall-Übertragungsnetze müssen aufrechterhalten werden 146Qualität 147Sicherheit beim Automatisierten Fahren 154Normungs-Roadmap zum automatisierten und vernetzten Fahren im VDA und in der NPM 156Fahrerassistenzsysteme (Stand der Normung) 157Sensorschnittstellen zur Integration komplexer Sensor-Set-ups für das automatisierte Fahren 160Informations- und Datensicherheit 162

Internationale Automobil-Ausstellung und Veranstaltungen 164

Die IAA 2021: neues Denken – neues Format – neue Stadt 166IAA 2019 – die Transformation zur Veranstaltungsplattform für Mobilität 168Weitere VDA-Veranstaltungen 172

Stichwortverzeichnis 175

Grafiken- und Tabellenverzeichnis 176Stichwortverzeichnis 178

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Die Bewältigung der Corona-Krise und die Transformation der Branche stellen für die Unternehmen der Automobilin-dustrie eine enorme Kraftanstrengung dar.

Automobil- industrie und ihre Märkte

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10 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 11

Aktuelle Automobilkonjunktur: das erste Halbjahr 2020

Die Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft in ihre tiefste Krise seit der Weltwirtschafts-krise der 1930er-Jahre gestürzt. Diese weltweit nahezu simultan ausgelöste Rezession ist ohne unmittelbaren historischen Vergleich. Durch Covid-19 wurde die gesamte Wertschöpfungskette einem beispiellosen Stresstest ausgesetzt. Nachdem zunächst die Produktion in China eingeschränkt wurde und Lieferungen aus China, die üblicherweise per Schiff transportiert werden, ausblieben, breitete sich das Virus in Europa aus. Die anschließenden Einschränkungen im Reiseverkehr und die damit verbundenen Staus an Europas Binnengrenzen sorgten in Kombination mit der Schließung des Handels dazu, dass in vielen Ländern Europas die Produktion zum Stillstand kam.

Die zur Eindämmung der Pandemie notwendigen gesundheitspolitischen Maßnah-men haben weltweit für massive Einbrüche der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im ersten und zweiten Quartal 2020 gesorgt. Im Euroraum wurde beispielsweise der größte BIP-Rückgang seit Beginn der Zeitreihe verzeichnet (-12,1 Prozent). In den Vereinigten Staaten wirkte sich die Krise ebenfalls massiv auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten aus (-32,9 Prozent, annualisierte Wachstumsrate, daher nicht direkt vergleichbar). Unter der Annahme, dass es zu keinen weiteren flächendeckenden Lockdowns in diesen Regionen kommt, dürfte die Talsohle der Krise im ersten Halbjahr 2021 erreicht sein, wenngleich der weitere Verlauf der Pandemie nicht absehbar ist.

Der bisherige Einfluss der Pandemie auf die internationalen Automobilmärkte istschwerwiegend. In der ersten Jahreshälfte 2020 ist der Absatz weltweit massiv eingebro-chen. Der durch das Corona-Virus bedingte parallele Rückgang der meisten Märkteist historisch beispiellos: In den großen Absatzregionen China, USA und Europa (EU-27& EFTA & VK) wurden in Summe 7,5 Mio. Pkw weniger verkauft als im Vorjahreszeitraum.Das entspricht einem Absatzrückgang von 28 Prozent. In Japan reduzierte sich die Nachfrage um ein Fünftel. In Russland und Brasilien ist der Absatz ebenfalls massiveingebrochen. Der chinesische Markt befindet sich nach einem etwas früheren ebenfallsmassiven Einbruch zwar wieder auf Erholungskurs, doch auch hier schlug nachden ersten sechs Monaten ein Minus von 23 Prozent zu Buche. In einigen Ländern Europas kam der Pkw-Absatz in den Monaten April und Mai fast gänzlich zum Erliegen. Geschlossene Handelsbetriebe und Zulassungsstellen übernahezu alle Länder hinweg ließen die Pkw-Neuzulassungen in Europa um 67 Prozentzurückgehen. In Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich ging es zwischenzeit-lich um 97 Prozent und mehr nach unten. Im ersten Halbjahr 2020 gingen diePkw-Neuzulassungen in Deutschland um knapp 35 Prozent auf 1,21 Mio. Pkw zurück.Das ist der niedrigste Wert für ein erstes Halbjahr in Deutschland seit der Wiedervereini-gung vor 30 Jahren. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte zeigten sich in TeilenEuropas Erholungsanzeichen, die jedoch auch durch statistische Verzerrungen imVorjahresvergleich begünstigt waren.

Die zur Eindämmung der Pandemie notwendi-gen Maßnahmen haben weltweit für massive Einbrüche der gesamtwirtschaftlichen Ent-wicklung gesorgt.

Im ersten Halbjahr 2020 gingen die Pkw-Neu-zulassungen in Deutschland um knapp 35 Prozent zurück.

In Deutschland wurden im April 2020 nur11.000 Pkw gefertigt.

Auch die Produktion kam vielerorts zum Erliegen. In Deutschland wurden im April nur11.000 Pkw gefertigt (ebenfalls -97 Prozent). Der dramatische Einbruch der Nachfrage,der zeitweise Abriss der Lieferketten sowie wochenlange Produktionsstopps führtendazu, dass die Pkw-Produktion in Deutschland im ersten Halbjahr auf das niedrigsteNiveau seit 45 Jahren gesunken ist. Von Januar bis Juni wurden an den deutschenStandorten knapp 1,5 Mio. Fahrzeuge hergestellt, das sind 40 Prozent weniger als imVorjahreszeitraum. Ähnlich entwickelte sich der Pkw-Export: In den ersten sechs Mona-ten des Jahres war er um 40 Prozent auf 1,1 Mio. Einheiten eingebrochen. Zu Beginnder zweiten Jahreshälfte ist die Produktion wieder angelaufen. Nachholeffekte zeichnensich bislang jedoch nicht ab. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Erholungder Märkte einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Die Nutzfahrzeugmärkte waren von der Entwicklung noch stärker betroffen. Die Coro-na-Krise setzte bei den schweren Nutzfahrzeugen auf einen ohnehin recht deutlichen zyklischen Abschwung auf, der bereits im Jahr 2019 begonnen hatte. In Europa steht der Markt nach dem ersten Halbjahr bei einem Rückgang von 44 Prozent, die Vereinigten Staaten bei minus 29 Prozent, in China deutete sich zur Jahresmitte hin eine Erholung an.

Die Corona-Krise hat die Automobilindustrie erreicht, als sich die Märkte ohnehin im Abschwung befanden. Solange es keine medizinische Lösung der Pandemie gibt, sind auch weitere wirtschaftliche Rückschläge nicht ausgeschlossen. Die Situation für die weltweite Automobilindustrie bleibt damit außerordentlich angespannt – gerade vor dem Hintergrund, dass bereits die Ausgangslage schon sehr herausfordernd war. Bereits im Jahr 2019 war der Weltmarkt deutlich zurückgegangen – und zwar absolut gesehen deutlicher als im Jahr der weltweiten Finanzkrise.

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12 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 13

Die Weltwirtschaft hat im Jahr 2019 einen Gang zurückgeschaltet. Vor allem die Produktion im verarbeitenden Gewerbe ist in den fortgeschritteneren Volkswirtschaf-ten gesunken. Der schwachen Indust-riekonjunktur stand jedoch eine robuste Dienstleistungs- und Konsumkonjunktur gegenüber. Insgesamt expandierte das Weltbruttoinlandsprodukt verhaltener als im langjährigen Durchschnitt. Die konjunktu-relle Abschwächung hat viele Zentralban-ken veranlasst, ihre Geldpolitik expansiver auszurichten. Handelskonflikte und eine anhaltende Diskussion um den Brexit ha-ben die Debatten im Jahr 2019 bestimmt.

Wie entwickelte sich die Automobilkonjunktur?

Im Jahr 2019 ging der Pkw-Weltmarkt das zweite Jahr in Folge zurück. Er sank um deutliche 5 Prozent oder 3,9 Mio. Einhei-ten auf 79,5 Mio. Pkw. Betrachtet man den absoluten Rückgang, so ist es bis dato der größte, der jemals verzeichnet wurde. Im Jahr 2008 war zwar die relative Veränderung größer, die absolute jedoch nicht. Hauptsächlich getrieben wurde der Rückgang auf dem Weltmarkt im Jahr 2019 durch die Entwicklung in China. Der chinesische Markt gab um 9 Prozent nach. Hier allein wurden 2,2 Mio. Einhei-ten weniger abgesetzt als im Vorjahr. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung und

2019 ging der Pkw-Weltmarkt das zweite Jahr in Folge zurück.

Die Marktentwicklung bei den schweren Nutzfahrzeugen war im Jahr 2019 rückläufig.

Die deutsche Automobilindustrie konnte 2019 in Deutschland die Zahl der Beschäftigten in ihren Stammbelegschaften konstant halten.

der Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten trugen dazu bei. Jedoch fehlten die Wachstumsimpulse fast überall. Der US-Markt für Light Vehicles ging von hohem Niveau aus leicht um 0,3 Mio. Light Vehicles zurück. Der europäische Markt legte minimal zu. Einheiten zu. Während der russische Markt auf bescheidenem Niveau stagnierte, kam es in Indien zu einem deutlichen Rückgang. Hier spielten verschlechterte Finanzierungsbedingun-gen eine nicht unwesentliche Rolle. Die Light-Vehicles-Verkäufe in Brasilien hinge-gen legten zu. Der Erholungsprozess der vergangenen Jahre setzte sich hier fort.

Ein Blick auf die Nutzfahrzeuge

Die Marktentwicklung bei den schweren Nutzfahrzeugen (größer 6 Tonnen) war im Jahr 2019 ebenfalls rückläufig. Der Weltmarkt ging um 2 Prozent zurück. Während der chinesische Markt leicht nachgab, wurden in den Vereinigten Staaten, in Brasilien und in Europa mehr schwere Nutzfahrzeuge abgesetzt. Aller-dings setzte in der zweiten Jahreshälfte für die Märkte in Europa und den Ver-einigten Staaten eine kräftige zyklische Abkühlung ein. Deutliche Einbrüche gab es in der Türkei und in Indien.

Pkw-Produktion in Deutschland

Darüber hinaus stand die Pkw-Produktion in Deutschland im Fokus. Nach dem kräf-tigen Rückgang im Jahr 2018 ging es im abgelaufenen Jahr noch einmal mit der gleichen Veränderungsrate nach unten. Waren es 2018 Produktionseinschrän-kungen im Zuge der damaligen Umstel-lung auf den Prüfzyklus WLTP, so ist die Ursache diesmal vielschichtiger. Erstens kommt dem rückläufigen Weltmarkt eine Rolle zu. Zweitens werden in Deutschland Werke für die Produktion von Elektrofahr-zeugen umgerüstet, sodass weniger pro-duziert werden konnte. Drittens enthält der in Deutschland produzierte Modellmix einen recht geringen Anteil der welt-weit beliebten SUVs. Diese produzieren die deutschen Hersteller hauptsächlich außerhalb der Bundesrepublik.

Beschäftigung in Deutschland

Nach acht Jahren steigender Beschäf-tigung hat die Automobilindustrie in Deutschland die Zahl der Beschäftig-ten in ihren Stammbelegschaften im Jahr 2019 konstant gehalten und damit einen wichtigen Beitrag zur exzellenten Arbeitsmarktlage und zum Wohlstand in

Deutschland geleistet. Im Jahresmittel waren 833.000 Personen in den Betrie-ben der Hersteller von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen beschäftigt (±0 Prozent). Dabei verbuchten die Betriebe in der ersten Jahreshälfte noch Zuwächse. Die Beschäftigung stieg im Durchschnitt der ersten sechs Monate 2019 um 1 Prozent. Ab Juli drehte sich dieser Trend jedoch. Im zweiten Halb-jahr sank die Beschäftigung leicht (-1 Prozent). Im Dezember 2019 lag das Beschäftigungsniveau mit 823.000 etwa 11.000 unterhalb des Vorjahresmonats.

Dabei verzeichneten die einzelnen Herstellergruppen teils unterschiedliche Entwicklungen. Die – gemessen an der Beschäftigungszahl – größte Hersteller-gruppe, die Hersteller von Kraftwagen und -motoren, hielten ihr Beschäfti-gungsvolumen mit 484.000 Mitarbeitern trotz eines rückläufigen Produktionsvo-lumens stabil. Die Zulieferer vereinten gut 310.000 Personen in den Stammbe-legschaften ihrer Betriebe in Deutsch-land – ebenfalls ein konstanter Wert (±0 Prozent). Mit gut 38.000 Beschäftigten erreichten die Hersteller von Karosse-rien, Anhängern und Aufbauten den höchsten Stand seit dem Jahr 1999. Damit übertrafen sie das Niveau des Jahres 2018 um 4 Prozent bzw. 1.500 Be- schäftigte.

Das Automobiljahr 2019: Die wichtigsten Zahlen und Daten

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14 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 15

Forschung und Entwicklung Internationale Märkte

Die deutsche Automobilindustrie hat ihre Investitionen für Forschung und Entwick-lung (F&E) im Jahr 2018 erneut erhöht. So stiegen die weltweiten Aufwendungen nach Angaben der Europäischen Kommission auf 44,6 Mrd. Euro (+5 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Damit entfällt mehr als ein Drittel der gesamten weltweiten F&E-Ausgaben der Automobilbranche auf die deutsche Automobilindustrie. Das ist im internationalen Vergleich die mit Abstand führende Spitzenposition – vor Japan (32,5 Mrd. Euro) und den USA (18,4 Mrd. Euro). Zudem sind drei Unternehmen aus Deutschland unter den Top-5-F&E-Investoren im Automobilbereich.

Der Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland ist für die Unternehmen dabei besonders wichtig. So wenden Hersteller und Zulieferer weit über die Hälfte al-ler F&E-Investitionen hierzulande auf. Die inländischen F&E-Ausgaben wuchsen 2018 um 6 Prozent auf 27,1 Mrd. Euro. Davon wurden 61 Prozent von Fahrzeugherstellern und 39 Prozent von Zulieferern getätigt. Mit 38 Prozent der F&E-Investitionen der gesamten deutschen Wirtschaft (ohne Staat und Hochschulen) werden in der Auto-mobilindustrie annähernd so hohe Ausgaben für F&E getätigt wie in den Branchen Elektronik, Maschinenbau, Pharma und Chemie zusammen.

Knapp drei von zehn F&E-Beschäftigten (29 Prozent) in der deutschen Wirtschaft arbeiten in der Automobilindustrie – insgesamt gibt es 131.600 Mitarbeiter in den F&E-Bereichen von Herstellern und Zulieferern. In keiner anderen Branche sind an-nähernd so viele hoch qualifizierte Beschäftigte im Innovationsbereich tätig. Gleich-zeitig stiegen die Belegschaftszahlen in den F&E-Abteilungen wesentlich schneller als die Gesamtbeschäftigung: Seit 2011 entstanden fast vier von zehn neuen Stellen in der deutschen Automobilindustrie im Bereich Forschung und Entwicklung – knapp 41.000 zusätzliche Arbeitsplätze wurden geschaffen.

Überblick

Im Jahr 2019 ging der Pkw-Weltmarkt das zweite Jahr in Folge zurück. Er sank um 5 Prozent oder 3,9 Mio. Einheiten auf 79,5 Mio. Pkw. Betrachtet man den absoluten Rückgang, so ist es der größte, der jemals verzeichnet wurde. Der Rückgang auf dem Weltmarkt im Jahr 2019 wurde hauptsächlich getrieben durch die Entwick-lung in China. Der chinesische Markt gab um 10 Prozent nach. Hier allein wurden 2,2 Mio. Einheiten weniger abgesetzt als im Vorjahr. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung und der Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten trugen dazu bei. Die Wachstumsimpulse fehlten jedoch fast überall. Der US-Markt für Light Vehicles ging leicht um 0,3 Mio. Fahrzeuge zurück. Der europäische Markt legte minimal zu. Während der russische Markt auf bescheidenem Niveau stagnierte, kam es in Indien zu einem deutlichen Rückgang. Hier spielten verschlechterte Finanzierungsbedin-gungen eine nicht unwesentliche Rolle. Die Light Vehicles-Verkäufe in Brasilien hingegen legten zu.

China

Das „Jahr des Schweins“ hat der Automobilwirtschaft in China kein Glück gebracht: Es wurden mit 21,1 Mio. Fahrzeugen rund 2,2 Mio. Autos weniger verkauft als im Vorjahr (-9 Prozent). Damit setzte sich der Abwärtstrend fort. Bereits 2018 ging der Absatz im Reich der Mitte um 4 Prozent zurück – zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahrzehn-ten. Die Bremsspuren im größten Automarkt der Welt waren vor allem in der ersten Jahreshälfte 2019 deutlich. Im ersten Halbjahr 2019 sank die Zahl der verkauften Autos im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 Prozent. Mit 6,5 Mio. Einheiten war es die absatzschwächste erste Jahreshälfte seit 2015. In der zweiten Jahreshälfte wurden die Minusraten zwar kleiner, es schlugen für das Gesamtjahr dennoch zwölf aufeinander-folgende Rückgänge zu Buche. Der chinesische Markt hatte mit externen und internen Risiken zu kämpfen. Zu den externen Risiken zählt der Handelsstreit mit den USA. Seit Anfang 2018 überziehen sich die beiden Volkswirtschaften gegenseitig mit Zöllen. Die-se Handelsstreitigkeiten sorgten für Unsicherheit unter den chinesischen Verbrauchern und drückten auf deren Kauflaune. Mangels wirksamer sozialer Sicherungssysteme re-agiert die Bevölkerung bei wirtschaftlichen Unsicherheiten sehr rasch mit Konsumver-zicht, größere Anschaffungen werden vorerst aufgeschoben. Zu den internen Risiken zählte 2019 die Umsetzung des Emissionsstandards China 6. Die eigentlich erst ab Juli 2020 landesweit gültige Abgasnorm wurde bereits im Sommer 2019 in einigen Provin-zen umgesetzt, was zu Unsicherheit bei Händlern und Käufern führte. Doch auch wenn der chinesische Gesamtmarkt schwächelte – für die deutschen Hersteller lief es vor Ort erfreulich: Im Jahr 2019 konnten die deutschen Konzernmarken ihren Absatz entgegen dem Trend um 2 Prozent auf einen neuen Absatzrekord von 5,2 Mio. Fahrzeugen erhö-hen. Insgesamt konnten die deutschen Marken 2019 ihren Pkw-Marktanteil in China von 21,8 auf 24,7 Prozent steigern – ein neuer Rekordwert.

Mehr als ein Drittel der gesamten weltweiten F&E-Ausgaben der Automobilbranche entfällt auf die deutsche Automobilindustrie.

Die deutschen Konzernmarken konnten 2019 ihren Pkw-Marktanteil in China von 21,8 auf 24,7 Prozent steigern.

Das zweite Jahr in Folge ging im Jahr 2019 der Pkw-Weltmarkt zurück.

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16 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 17

USA

Der US-Light-Vehicles-Markt erreichte 2019 ein Volumen von knapp 17 Mio. Einheiten. Die Verkäufe sanken um gut 1 Prozent. Erstmals seit dem Jahr 2014 wurden mit 16,96 Mio. weniger als 17 Mio. Light Vehicles verkauft. In absoluten Zahlen sind die Verkäufe im Vergleich zu 2018 um etwa eine Viertelmillion Fahrzeu-ge gesunken. Auch aufgrund des enorm hohen Marktniveaus in den vergangenen Jahren war mit einer leichten Abwärtsbe-wegung zu rechnen.

2019 setzte sich auf dem US-Light-Ve-hicles-Markt der weltweit zu beobach-tende Trend zu den Light Trucks fort. Die Light-Trucks-Verkäufe stiegen um knapp 3 Prozent auf mehr als 12,2 Mio. Einhei-ten, während die Verkäufe von Basic Cars um 11 Prozent auf gut 4,7 Mio. Fahrzeuge sanken. Damit zählten 2019 72 Prozent aller verkauften Fahrzeuge zum Light-Trucks-Segment. Das größte Einzelseg-ment innerhalb der Light Trucks und der größte Gewinner der letzten Jahre waren die CUVs (Cross Utility Vehicles/Cross over), also jenes Segment, das in Deutschland SUV genannt wird.

Die CUV-Verkäufe legten 2019 um 4 Pro - zent auf 6,9 Mio. Einheiten zu. Damit erreichten sie einen Marktanteil von rund 41 Prozent und bildeten erneut das größte Einzelsegment auf dem US-Markt. Die SUVs, im Vergleich zu den CUVs mit größeren Außenmaßen und Offroad-Charakteristika ausgestattet, ka-men auf einen Marktanteil von 8 Prozent. Ihre Verkäufe sanken um 4 Prozent auf knapp 1,4 Mio. Einheiten.

Die deutschen Hersteller konnten ihre Fahrzeugverkäufe in den USA im Jahr 2019 in einem rückläufigen Marktumfeld steigern. Sie verkauften knapp 1,4 Mio. Light Vehicles. Insbesondere im Light-Trucks-Segment konnten sie mit einem Zuwachs von 11 Prozent auf 0,8 Mio. Fahrzeuge deutlich zulegen. Im schrump-fenden Basic-Cars-Segment gingen die Verkäufe mit 9 Prozent auf 0,6 Mio. Ein-heiten nicht ganz so stark zurück wie im Branchenvergleich (-11 Prozent). Folglich stieg ihr Marktanteil 2019 auf 8,1 Prozent (2018: 7,8 Prozent).

Südamerika

Im Mercosur wurden im vergangenen Jahr gut 3,1 Mio. Neufahrzeuge verkauft, 4 Prozent weniger als im Vorjahr. Der bra-silianische Light-Vehicles-Markt ist der dominante Markt im Mercosur. Mit knapp 2,7 Mio. neu zugelassenen Light Vehicles wuchs der brasilianische Markt 2019 um 8 Prozent. Auffällig: Die Wachstumsdyna-mik halbierte sich im Jahresverlauf von 11 Prozent im ersten Halbjahr auf 5 Pro - zent im zweiten. In Argentinien, dem zweitgrößten Markt auf dem südameri-kanischen Kontinent, setzte sich 2019 die im Vorjahr begonnene Talfahrt in ver-schärfter Form fort. Die Verkäufe gingen um 45 Prozent auf 372.000 Light Vehicle zurück. Das Marktniveau lag damit 60 Prozent unter dem im Jahr 2013 erreichten. Die Light-Vehicles-Verkäufe brachen vor allem im ersten Halbjahr kräftig – um 56 Prozent – ein. In der zwei-ten Jahreshälfte betrug der Rückgang jedoch immer noch 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Indien

Der indische Pkw-Markt hat im vergange-nen Jahr starke Rückschläge hinnehmen müssen. Mit 3,0 Mio. verkauften Pkw lag das Marktvolumen 13 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Damit setzte sich 2019 der Abschwung, der in der zweiten Jahreshälfte 2018 begonnen hatte, in ver-stärkter Intensität fort. Die Gründe für die Krise sind vielfältig. Zu nennen sind eine sinkende gesamtwirtschaftliche Wachs-tumsdynamik, Finanzierungsengpässe infolge einer Finanzkrise im Schattenban-kensektor und steigende Fahrzeugpreise durch die Einführung der Emissionsnorm Bharat Stage VI im April 2020.

Europa

Der europäische Pkw-Markt (EU-28 und EFTA; ohne Malta) hat das Jahr 2019 mit einer positiven Bilanz abgeschlossen. Rein statistisch war das Jahr geprägt von der Einführung des WLTP-Testzyklus im September 2018. Im Sommer 2018 war es auf den europäischen Pkw-Märkten zu einer Zulassungswelle gekommen –

2019 zählten 72 Prozent aller verkauften Fahr-zeuge in den USA zum Light-Trucks-Segment.

Unterm Strich steht für den europäischen Automarkt für 2019 ein Plus von 1 Prozent.

Als größter Einzelmarkt der osteuropäischen Länder konnte Polen 2019 mit 555.600 Neu-zulassungen ein Plus von mehr als 4 Prozent verbuchen.

Mit knapp 2,7 Mio. neu zugelassenen Light Vehicles wuchs der brasilianische Markt 2019 um 8 Prozent.

die zusätzlich zugelassenen Autos fehlten dann im weiteren Jahresverlauf. Das Jahr 2019 war ein Spiegelbild von 2018: In der ersten Jahreshälfte ging der Absatz um 3 Prozent zurück. Ab Juli konnten die Neuzulassungen dann – unterstützt durch ein niedriges Vorjah-resniveau – im Schnitt um 7 Prozent zulegen. Unterm Strich steht damit für den europäischen Automarkt für 2019 ein Plus von 1 Prozent.

Die Briten haben im vergangenen Jahr erneut weniger Autos gekauft als noch im Jahr zuvor. Die Neuzulassungen sanken 2019 um 2 Prozent auf 2,3 Mio. Fahrzeuge. Dies war das niedrigste Verkaufsniveau seit dem Jahr 2013 und bereits der dritte Rückgang in Folge. Ins-besondere die Verunsicherung über den Zeitpunkt und die ungewissen Folgen des britischen EU-Austritts sorgte für Gegenwind. So waren es überwiegend Privatkunden, die den Autohäusern fern-blieben (-3 Prozent). Geschäftskunden erhöhten ihre Nachfrage hingegen leicht (+1 Prozent).

Auf dem französischen Pkw-Markt setzte sich 2019 der Aufschwung fort. Mit 2,2 Mio. Neuzulassungen wurden 2 Pro-zent mehr Fahrzeuge abgesetzt als noch im Vorjahr. Das positive Ergebnis war vor allem einem starken Jahresendspurt zu verdanken, denn zur Jahreshälfte lag der Markt noch mit knapp 2 Prozent im Mi-nus. Das vierte Quartal 2019 sorgte dann mit einem Plus von mehr als 12 Prozent für die Trendwende. Trotz wachsendem Gesamtmarkt hatten es Dieselfahrzeuge im vergangenen Jahr schwer.

Nach sechs Jahren der Erholung hat der spanische Pkw-Markt im Jahr 2019 eine Verschnaufpause eingelegt. Die Neuzulassungen gingen um 5 Prozent zurück, blieben mit insgesamt 1,3 Mio. Einheiten aber oberhalb des 2017er-Ni-veaus. Für positive Dynamik sorgten hauptsächlich gewerbliche Kunden, die ihre Nachfrage um 3 Prozent auf 433.700 Einheiten erhöhten. Investitionen in die Fahrzeugflotte geschehen in Spanien oft über Leasingverträge bzw. die Auto-verleihbranche, die ihre Nachfrage im vergangenen Jahr mit 238.300 Einheiten nahezu konstant hielt. Private Kunden

hingegen blieben den Autohäusern fern. Ihre Neuzulassungen gingen 2019 um 12 Prozent auf 586.300 Einheiten zurück.

In Italien verblieben die Pkw-Neuzulas-sungen auf Vorjahresniveau. Mit 1,9 Mio. Fahrzeugen blieb der Markt weiterhin un-terhalb der 2-Millionen-Marke. Das letzte Mal wurde diese im Jahr 2009 über-schritten. Insbesondere Gewerbekunden hielten sich im vergangenen Jahr zurück (-6 Prozent), Privatkunden hielten ihre Nachfrage konstant. Am dynamischsten zeigten sich die Vermieter (+6 Prozent).

In den osteuropäischen Ländern haben sich die Automobilmärkte im Jahr 2019 fast ausnahmslos positiv entwickelt. In den zwölf Ländern, die seit 2004 der Eu-ropäischen Union angehören, haben sich die Neuzulassungen im vergangenen Jahr insgesamt um mehr als 6 Prozent erhöht. Erstmals wurde die Marke von 1,5 Mio. Fahrzeugen überschritten. Damit setzten sie den im Jahr 2014 eingeschlagenen Wachstumskurs weiter fort. Als größter Einzelmarkt der osteuropäischen Länder konnte Polen mit 555.600 Neuzulas-sungen ein Plus von mehr als 4 Prozent verbuchen.

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18 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE

Deutscher Markt

Die Jahresbilanz auf dem deutschen Pkw-Markt fiel für 2019 positiv aus: Mit 3,6 Mio. Neuzulassungen lag das Marktniveau 5 Prozent über dem Vorjahresniveau. Nur im Jahr 2009, als der Absatz durch die Abwrackprämie deutlich angeregt wurde, war das Absatzniveau mit 3,8 Mio. Neufahrzeugen höher. Dabei waren die erste und die zweite Jahreshälfte stark unterschiedlich. In der ersten Jahreshälfte war die Wachs-tumsdynamik nur sehr gering (+1 Prozent). Der Absatz in der ersten Jahreshälfte 2018 war – angetrieben durch die WLTP-Einführung – sehr hoch gewesen. In der zweiten Jahreshälfte zog die Wachstumsdynamik deutlich an (+10 Prozent). Zum einen war das Vergleichsniveau also niedrig, nachdem die Neuzulassungen in der zweiten Jahreshälfte 2018 deutlich zurückgegangen waren. Weiterhin kam es zum Jahresende 2019 im Zusammenhang mit der neuen CO2-Regulierung für das Jahr 2020 zu einem leichten Vorzugseffekt.

Haltergruppen

Eine merkliche Veränderung war beim Verhältnis von privaten und gewerblichen Zulassungen zu beobachten. Während die Neuzulassungen der privaten Halter auf Vorjahresniveau verblieben, stiegen die Neuzulassungen gewerblicher Halter um 8 Prozent an. Dabei war vor allem im vierten Quartal ein deutlicher Schub bei ge-werblichen Haltern zu beobachten (+20 Prozent). Dies ist auch auf den Vorzugsef-fekt durch die CO2-Regulierung zurückzuführen. Unter den gewerblichen Neuzu-lassungen stachen 2019 insbesondere Mietfahrzeuge (+9 Prozent) und Firmenwagen (+11 Prozent) heraus. Einen positiven Effekt zeigte hier die 2019 veränderte Firmen-wagenbesteuerung, die die Attraktivität dieser Halterform verbessert hat. Der Markt-anteil von Mietwagen (11,4 Prozent) und Firmenwagen (34,6 Prozent) stieg jeweils auf ein neues Rekordniveau.

Antriebsarten

2019 legten die alternativen Antriebe die stärkste Dynamik an den Tag. Dabei zeigten sich rein elektrisch angetriebene Pkw (BEV), Plug-in-Hybride (PHEV) und Fahrzeuge mit Brennstoffzelle (FC) stark (+61 Prozent bzw. 41.000 Fahrzeuge). Ihre Neuzulassungen zogen über den Jahresverlauf immer stärker an (Q1: +33 Prozent; Q2: +48 Prozent; Q3: +65 Prozent; Q4: +97 Prozent). Ihr Marktanteil war 2019 mit 3,0 Prozent an den gesamten Neuzulassungen aber weiter gering.

Stabilisieren konnte sich der Absatz von Diesel-Pkw. Zwar ging ihr Anteil leicht auf 32,0 Prozent (Vorjahr: 32,3 Prozent) zurück, absolut stiegen die Dieselneuzulassungen allerdings um fast 4 Prozent auf rund 1,2 Mio. Pkw. Neufahrzeuge mit Ottomotor wur-den so oft registriert wie im Vorjahr. Ihr Marktanteil sank um gut 3 Prozentpunkte.

2019 stiegen die Neuzulassungen gewerbli-cher Halter um 8 Prozent.

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20 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 21

Produktion und Export der deutschen Pkw-Hersteller

Wirtschaftliche Lage der gesamten deutschen Automobilindustrie

In Europa bleibt Deutschland mit deutlichem Abstand das wichtigste Produktionsland.

Der Handelskonflikt mit den USA bewirkt eine noch stärkere Tendenz zur Vor-Ort-Produktion.

Die deutschen Hersteller steigerten 2019 ihre Erlöse auf 343,4 Mrd. Euro.

Inlandsfertigung

Wie schon 2018 wurde die Inlandspro-duktion auch 2019 um 9 Prozent zu- rückgefahren. Mit 4,7 Mio. Pkw liefen nahezu 1 Mio. weniger Pkw von den Montagebändern als noch im Jahr 2017. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen ist der Weltmarkt 2019 um 5 Prozent zurückgegangen. Das traf den Standort Deutschland besonders stark, da etwa drei Viertel der hier gefertigten Pkw ausgeführt werden. Zusätzlich gibt es seit vielen Jahren einen starken Trend hin zu effizienten Kompakt-SUV. Die Produktion neuer Modelle in diesem Fahrzeugseg-ment wurde von den deutschen Auto-mobilherstellern zuletzt vor allem im europäischen Ausland angesiedelt. Im globalen Länderranking konnte Deutsch-land trotzdem den vierten Platz vor Mexi-ko und hinter China, den USA und Japan verteidigen. In Europa blieb Deutschland mit deutlichem Abstand das wichtigste Produktionsland.

Auslandsfertigung

Gegen den Trend einer um 5 Prozent sinkenden Weltproduktion verfolgten die deutschen Automobilhersteller auch 2019 weiter ihre globale Ausrichtung und steigerten ihre Fertigung außerhalb Deutschlands um 1 Prozent auf 11,4 Mio. Pkw. In Europa stieg die Produktion um 1 Prozent auf die Rekordmarke von 4,0 Mio. Einheiten. China konnte seine Stellung als wichtigster Auslandsstand-ort mit 5,1 Mio. produzierten Pkw halten (-1 Prozent). Die NAFTA-Produktion der deutschen Hersteller erreichte 2019 mit 1,5 Mio. Pkw (+8 Prozent) einen neuen Höchststand.

Die Automobilindustrie am Standort Deutschland blickt trotz Gegenwinds auf ein erfolgreiches Jahr 2019 zurück. Die Betriebe erlösten 2019 435,3 Mrd. Euro und steigerten ihren Umsatz um ca. 9,1 Mrd. Euro bzw. 2 Prozent – ein neuer Höchststand. Dabei legten Inlands- und Auslandsumsatz gleich stark zu. Die Exporterlöse stiegen um 2 Prozent und erreichten einen Wert von 282,4 Mrd. Euro. Darunter übertraf der Umsatz mit Ländern außerhalb der Eurozone das Vorjahresniveau um 3 Prozent und belief sich auf 194,2 Mrd. Euro. Mit der Eurozone erlösten die Betriebe 88,2 Mrd. Euro und erreichten damit das Vorjahresniveau. Die Umsätze mit den inländischen Kunden legten um 2 Prozent zu und bezifferten sich auf 152,9 Mrd. Euro.

Trotz eines geringeren Produktions- und Exportvolumens konnten die Hersteller von Kraftwagen und -motoren ihre Erlöse 2019 auf 343,4 Mrd. Euro steigern (+3 Prozent). Dabei setzten sie vor dem Hintergrund einer starken inländischen Marktentwicklung 100,2 Mrd. Euro in Deutschland um (+5 Prozent). Auch die Exporterlöse legten zu – um 3 Prozent auf 243,2 Mrd. Euro. Das Geschäft außerhalb des Euroraums wurde um knapp 4 Prozent auf 174,1 Mrd. Euro ausgeweitet. Mit der Eurozone setzten die Unternehmen der Herstellergruppe 69,1 Mrd. Euro um und erreichten damit das hohe Vorjahresniveau (±0 Prozent).

Exporte

Der Hauptgrund für die 2019 sinkende Inlandsproduktion waren die Exporte, die sogar um 13 Prozent auf 3,5 Mio. Pkw nachgaben. Zum einen ist die Exportschwäche im Kontext zu dem um 5 Prozent rückläufigen Weltmarkt zu se-hen, zum anderen ist auch aufgrund des Handelskonflikts mit den USA eine noch stärkere Tendenz zur Vor-Ort-Produktion zu erkennen. Dies ist auch ein Grund für die auf Kosten der Exporte steigende Auslandsproduktion.

Die Pkw-Exporte nach Europa konnten mit einem Rückgang um 13 Prozent auf 2,2 Mio. Einheiten den allgemeinen Trend nicht aufhalten. Die wichtigsten asiati-schen Ausfuhrpartner waren China (-7 Prozent auf 268.000 Stück) und Süd-korea (-10 Prozent auf 121.000 Stück). Die Ausfuhren der deutschen Pkw-Hersteller nach Amerika waren zum sechsten Mal in Folge rückläufig. Sie gingen um 12 Prozent auf 535.000 Einheiten zurück. Wichtigster Partner waren die Vereinigten Staaten mit 418.000 Fahrzeugen (-11 Prozent).

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22 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 23

Wirtschaftliche Lage der Zulieferindustrie

Zulieferer und Mittelstand

2019 haben die Automobilzulieferer ihren Umsatz nicht gesteigert.

Im Jahr 2019 konnten die Automobilzulieferer ihren Umsatz nicht steigern. Sie erlösten 79,7 Mrd. Euro und erzielten damit den dritthöchsten Wert überhaupt. Dies entspricht einem Rückgang von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Dabei verblieb das Ge-schäft mit den ausländischen Kunden auf dem starken Vorjahresniveau (±0 Prozent). Die Exporterlöse beliefen sich auf 33,6 Mrd. Euro. Im Zusammenhang mit einer ge-sunkenen Pkw-Inlandsproduktion unterschritt der Inlandsumsatz den Wert des Jahres 2018 um 3 Prozent (46,1 Mrd. Euro). Unter den Zulieferern konnten die Hersteller von elektrischen und elektronischen Ausrüstungen für Kraftwagen den Umsatz aus dem Vorjahr mit 9,8 Mrd. Euro leicht steigern (+1 Prozent). Die Hersteller von sonstigen Teilen und Zubehör für Kraftwagen erlösten mit 69,9 Mrd. Euro den Löwenanteil der Kfz-Zulieferindustrie (-2 Prozent).

Durchschnittlich 5,7 Prozent ihres Umsatzes haben die deutschen Automobilzulieferer in den vergangenen Jahren in F&E investiert.

Deutsche Zulieferer regional und global: Mittelstand und Konzerne

Drei Viertel der Wertschöpfung eines Automobils entstehen bei den Zulieferern. Die deutsche Automobil-Zulieferindustrie besteht aus knapp 900 Unternehmen mit insge-samt über 300.000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 80 Mrd. Euro pro Jahr. Die zwei weltweit größten Automobilzulieferer sind deutsche Unternehmen, unter den 100 größten Automobilzulieferern finden sich 17 deutsche, die etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes ausmachen. Weltweit kommt jedes dritte Patent, das im Rahmen der E-Mobilität angemeldet wird, aus Deutschland. All dies zeigt, dass die deutschen Un-ternehmen – nicht nur Hersteller, sondern vor allem auch viele Zulieferer – seit Langem intensiv an den Technologien der Zukunft arbeiten. Durchschnittlich 5,7 Prozent ihres Umsatzes haben die deutschen Automobilzulieferer in den vergangenen Jahren in Forschung und Entwicklung investiert.

Die Zulieferindustrie wurde von der Corona-Krise im Jahr 2020 sehr hart getroffen. Schon vor den Lockdown-Maßnahmen in Deutschland und Europa rissen nach und nach die globalen Lieferketten ab, weil beispielsweise in China nicht mehr produziert wurde, die Bänder in Europa aber noch liefen. Viele Zulieferer leisteten hier enorme Anstrengungen, um die Versorgung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.

Es ist noch nicht absehbar, wie schnell sich die großen Märkte wieder erholen werden und ob die Weltwirtschaft durch die Corona-Pandemie in eine lang andauernde Rezessi-on stürzt. Entsprechend schwierig sind die Prognosen für die Automobil-Zulieferindustrie. Es war jedoch schon nach den ersten Monaten der Krise klar, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen unter enormem finanziellen Druck stehen. In den vergan-genen Jahren haben diese Unternehmen immense Investitionen in die Umstellung ihrer Produkte und ihrer Produktion im Rahmen des Transformationsprozesses gestemmt und diese vielfach aus Eigenmitteln geleistet. Diese Investitionen sind vor allem als Vorleis-tungen zu verstehen, da der Markt für Elektrofahrzeuge oder das automatisierte und vernetzte Fahren noch im Entstehen ist und damit die Volumina erst langsam hochfah-ren. Somit war die Liquiditätssituation für viele bereits vor der Krise angespannt und bot entsprechend wenig Spielraum, um die massiven Auftragseinbrüche während der Krise zu überbrücken.

Der VDA begleitet seine Mitglieder in diesem schwierigen Prozess in zentralen Ausschüssen und Gremien, unter anderem auch im Mittelstandskreis sowie im mittelständisch geprägten Jungunternehmerkreis. Ein jährlicher Höhepunkt ist der Mittelstands tag, der 2020 Corona-bedingt digital stattfinden musste. Dort diskutie-ren die Unternehmerinnen und Unternehmer mit Spitzenvertretern aus Politik und Wissenschaft aktuelle wirtschaftspolitische Fragen sowie praktische Fragen aus dem Unternehmensalltag der vielfach im ländlichen Raum angesiedelten Unternehmen, die häufig seit mehreren Generationen familiengeführt sind. International begleitet der VDA die Zulieferunternehmen jeder Größe durch Gemeinschaftsstände auf den füh-renden Messen der Welt, Round-Table-Formate in den größten Produktionsländern wie China und Mexiko sowie durch ein digitales Kooperationsportal. Somit haben kleinere und mittelständische Unternehmen die Möglichkeit, über ihren Verband mit politischen Entscheidern auf internationaler Ebene zusammenzukommen und Fragen der internati-onalen Märkte und des Handels zu diskutieren.

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24 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 25

Die Zulieferer im Transformationsprozess

Der mehrdimensionale Transformationsprozess, in dem sich die Automobilindustrie befindet, betrifft die Zulieferer in besonderer Weise. Viele kleinere Zulieferer sind hoch spezialisiert auf einzelne Bauteile. Befinden sich diese im Antriebsstrang, sehen die Unternehmen sich mit der Herausforderung konfrontiert, die gesamte Produktpalette in-nerhalb kurzer Zeit umstellen zu müssen, sollte sich die Antriebsart in einem signifikan-ten Ausmaß ändern. Mit Blick auf den derzeit rückläufigen Marktanteil des Dieselmotors sind viele Zulieferer gefordert, das eigene Geschäftsmodell grundlegend anzupassen, bisweilen sogar vollständig neu zu strukturieren. Die Investitionen in alternative Antriebe, insbesondere in die Elektromobilität, sind deshalb hoch. Gleichzeitig schwächte sich die Konjunktur bereits vor der Corona-Krise ab und das Kaufverhalten veränderte sich. Zusammen mit dem nur langsam vorankommenden Hochlauf der Elektromobilität und den sich verändernden politischen Rahmenbedingungen führt dies zu großer Planungs-unsicherheit in den Betrieben. Viele Unternehmen können heute nur schwer abschätzen, welche Antriebsart sich in welchem Zeitraum in welchem Umfang auf den verschiede-nen Märkten der Welt durchsetzen wird.

Hinzu kommt die Digitalisierung der Produkte und der Produktion, die für die Wettbe-werbsfähigkeit zentral ist. Sie verändert die betriebliche Aus- und Weiterbildung stark. Durch die Automatisierung der Produktion werden weniger Arbeitskräfte am Band, aber mehr in der Anlagenprogrammierung und -steuerung benötigt. Aufwendige Umschu-lungen werden erforderlich. Angesichts dieser Herausforderungen in der Produktion nehmen viele Hersteller wieder mehr Fertigungsschritte selbst wahr. Trotzdem stemmen die Zulieferunternehmen weiter kapitalintensive Entwicklungsaufgaben und leisten damit einen entscheidenden Beitrag für die Mobilität der Zukunft und die künftige Wettbe-werbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie.

Start-ups und Entwicklungsdienstleister (EDL)

Der VDA ist nicht nur Verband für die Traditionsunternehmen der Branche, sondern auch für junge digitale Start-ups und Dienstleister, die an der Mobilität der Zukunft mitarbeiten.

Von den hohen Investitionen der Branche in Forschung und Entwicklung (F&E) profitie-ren auch die Entwicklungsdienstleister. Das spiegelt sich in einem erwarteten EDL-Ge-samtmarkt von 29 Mrd. Euro im Jahr 2030 wider (2019: 20,5 Mrd. Euro). Dies entspricht einem durchschnittlichen Wachstum des EDL-Marktes von rund 3 Prozent pro Jahr. Die enge Verzahnung von Herstellern, Tier-1-Zulieferern und EDL stellt für den Automobil-standort Deutschland einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil dar. Durch die intensive Arbeitsteilung hat sich eine höchst innovative und effiziente Wertschöpfung entwickelt.

Eine Studie des VDA in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Stahl Auto-motive Consulting (Materialien zur Automobilindustrie: „Der Wertschöpfungsbeitrag der EDL-Branche in der global transformierten Automobilindustrie) kommt zu dem Ergebnis, dass die notwendige Neuausrichtung der EDL auf die über die Jahre gewachsene mittel-ständische Struktur massive Auswirkungen haben wird. Die strategische Ausrichtung auf unbedingte Kosteneffizienz, Investitionen in neue Technologien sowie größere Verga-beumfänge an die EDL lassen im internationalen Standortwettbewerb neue Regionen an Bedeutung gewinnen.

Die sich stetig verändernden Rahmenbedin-gungen im Transformationsprozess führen lang-fristig zu Planungsunsicherheit, insbesondere bei mittelständischen Zulieferunternehmen.

Der VDA vertritt auch digitale Start-ups und Entwicklungsdienstleister.

Der vorwettbewerbliche Austausch zu Rohstoff-verfügbarkeit und Aspekte der nachhaltigen Beschaffung sind ein wichtige Themen im VDA.

Die Politik kann jetzt noch gegensteuern und die Attraktivität des Standorts halten. Dazu sind jedoch gezielte Maßnahmen notwendig wie:

Die im Rahmen des Konjunkturpakets beschlossene und bis Mitte 2026 befristete Verdoppelung der Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage von 2 auf 4 Mio. Euro pro Anspruchsberechtigten und Jahr ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Bei einem Fördersatz von 25 Prozent ergibt sich daraus eine Forschungszulage von höchstens 1 Mio. Euro pro Jahr und Anspruchsberechtigten.

Derzeit herrschen in der Forschungsförderung international Ungleichgewichte – sogar innerhalb der EU. Diese auszutarieren und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen, ist Aufgabe der Politik.

Eine ausgeprägte Start-up-Kultur mit einfachen Gründungsmöglichkeiten und einem attraktiven Angebot an Venture Capital bietet ebenfalls einen Nährboden für eine innovative Wirtschaft. Traditionelle Industrie und Start-ups suchen seit Jahren Wege zueinander. Oftmals hemmt der kulturelle Unterschied beide Welten, zueinanderzufin-den. Der Aufgabe, diese Brücke zu bauen, hat sich der VDA seit einigen Jahren ange-nommen. Neben speziellen Veranstaltungen wie den „Digital-Tagen“ oder dem Besuch von VDA-Mitgliedern in Start-up-Zentren finden jährlich auch Unternehmerreisen zu den Start-up-Hotspots der Welt statt. Zuletzt waren VDA-Delegationen im Silicon Valley und in Tel Aviv im intensiven Austausch mit Start-ups vor Ort. Teilnehmer der Reisen berichten von erfolgreichen Kontakten, die zu neuen Geschäftsbeziehungen und Produkten führen. Der VDA wird in diesem Umfeld weiter aktiv bleiben und für seine Mitglieder Wege zu innovativen Partnern suchen.

Rohstoffe und Nachhaltigkeit in der Lieferkette

Die technologische Antriebsvielfalt in der Automobilindustrie wird in den kommenden Jahren zu einem zunehmenden Bedarf an Materialien und Rohstoffen führen, de-ren Verwendung für die Branche teilweise neu ist. Lithium, Nickel, Kobalt und Grafit sind Rohstoffe, die für Traktionsbatterien verwendet werden und entsprechend in der automobilen Wertschöpfungskette erstmals auftreten. Zum Bau eines Elektromotors werden neben größeren Mengen Kupfer auch seltene Erden in deutlich erhöhtem Umfang benötigt. Neben der physischen Verfügbarkeit steht ebenso der Aufbau einer nachhaltigen Lieferkette im Fokus. Hier werden ökologische und soziale Nachhaltig-keitsfaktoren, ethische Aspekte, der CO2-Footprint, politische Risiken sowie eventuelle Länderkonzentrationen oder Monopolstellungen identifiziert.

· Zielgerichtete F&E-Förderung, die in ihrer Höhe international wettbewerbs-fähig und technologieneutral ist

· Umfassendere steuerliche F&E-Förderung sowie die Sicherung der Wettbe-werbsfähigkeit durch gezielte Umqualifizierung und Weiterbildung

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26 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 27

Der VDA unterstützt seine Mitgliedsunterneh-men, Nachhaltigkeit in den Unternehmen und in der Lieferkette umzusetzen.

Um diesen Wandel zu begleiten, beschäf-tigen sich der VDA und seine Mitglieds-unternehmen mit der Verfügbarkeit und nachhaltigen Beschaffung von als kritisch identifizierten Rohstoffen. Durch regel-mäßige Analysen der Angebots- und Nachfragesituation einzelner Rohstoffe sollen potenzielle Engpässe im Sinne ei-nes strategischen Rohstoffmanagements frühzeitig erkannt werden.

Die deutsche Automobilindustrie bekennt sich dazu, dass die Verantwortung für Menschen und Umwelt nicht am Fab-riktor endet, sondern über die gesamte Lieferkette verankert werden muss. Deutsche Unternehmen leisten weltweit einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Anhebung von Umwelt- und Sozialstandards.

Der VDA unterstützt seine Mitgliedsunter-nehmen, Nachhaltigkeit in den Unter-nehmen und in der Lieferkette wirksam umzusetzen. Derzeit entwickelt der VDA gemeinsam mit Herstellern und Zulie-ferern einen standardisierten Prüf- und Austauschmechanismus zur Evaluierung der Nachhaltigkeitsperformance von Un-ternehmen in der automobilen Lieferkette und der gegenseitigen Anerkennung der Ergebnisse. Der gemeinsame Ansatz ist ein integraler Bestandteil zur Umsetzung der Sorgfaltspflicht der Unternehmen. Ziel ist die Weiterentwicklung der Nach-haltigkeit in der Branche.

Die 2011 durch den UN-Menschen-rechtsrat verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte bieten zudem erstmals einen internati-onalen Referenzrahmen, der Pflichten und Verantwortlichkeiten aller Akteure klar umschreibt. Die Bundesregierung

hat sich mit dem Koalitionsvertrag von 2013 zur Umsetzung der UN-Leitprinzi-pien in Deutschland bekannt. Mit dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) möchte sie einen Beitrag leisten, die weltweite Men-schenrechtslage zu verbessern und die Globalisierung mit Blick auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sozial zu gestalten.

Der weltweite Schutz und die Förderung der Menschenrechte sind auch für den VDA von hoher Bedeutung. Der VDA beteiligt sich aktiv an der Arbeit des Mit-gliederkreises und der Arbeitsgruppen des Branchendialogs des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit der Automo-bilindustrie und koordiniert dies mit den relevanten Gremien. Ziel ist die Unterstüt-zung von Unternehmen bei der Darstel-lung und Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in den Lieferketten.

Zusammenarbeit von Herstellern und Zulieferern

Der VDA versteht sich als Bindeglied zwischen Automobilherstellern und -zulieferern und neutrales Forum für den Austausch zu den gemeinsamen Heraus-forderungen der Branche. Hierzu führt der VDA regelmäßige Round-Table-For-mate und Delegationsgespräche mit den einzelnen Herstellern und ihren Zulieferern durch. Darüber hinaus betreut der VDA die Zulieferer auch im Rahmen der IAA und bietet dort Gelegenheiten, mit den ausstellenden Herstellern ins Gespräch zu kommen. Schließlich bildet der VDA auch das Bindeglied zwischen seinen Mitglie-dern aus der Zulieferindustrie und dem europäischen Dachverband CLEPA.

Nach vier aufeinanderfolgenden Rekordjahren mussten die deutschen Hersteller von Anhängern und Aufbauten 2019 erstmals einen Umsatzrückgang hinnehmen; sie konnten aber dennoch das zweithöchste jemals erreichte Niveau verzeichnen. Die Betriebe erlösten 12,2 Mrd. Euro – ein Minus von 4 Prozent. Das Geschäft mit den inländischen Kunden entwickelte sich positiv. Der Inlandsumsatz stieg um 3 Prozent auf 6,5 Mrd. Euro. Die Auslandserlöse gaben demgegenüber um 12 Prozent nach und beliefen sich auf 5,7 Mrd. Euro. Dabei sanken die Exporterlöse im Euroraum mit 9 Prozent auf knapp 3,2 Mrd. Euro, während im Geschäft mit dem sonstigen Ausland 2,5 Mrd. Euro bzw. minus 16 Prozent umgesetzt wurden.

Wirtschaftliche Lage der Nutzfahrzeugindustrie

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28 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 29

Märkte für Nutzfahrzeuge und Busse

Schwere Lkw: Weltmarkt, Europa, Deutschland

Der US-Truckmarkt legte 2019 in einem starken Umfeld um 8 Prozent auf 527.000 Einheiten zu. Zuletzt wurde das Volumen von einer halben Million Lkw im Jahr 2006 überschritten. Der Wachstumstrend auf dem Markt hielt im vierten Quartal 2019 je-doch nicht mehr an, die Truckverkäufe sanken um 4 Prozent.

Das chinesische Lkw-Geschäft verzeichnete 2019 eine robuste Entwicklung. Der Absatz erreichte mit 1,31 Mio. verkauften Fahrzeugen knapp das Vorjahresniveau (-1 Prozent). Nach dem Rekordjahr 2017 und dem ebenfalls starken Jahr 2018 wurden zum dritten Mal in Folge mehr als 1,3 Mio. schwere Lkw ausgeliefert.

In Westeuropa stiegen die Lkw-Neuzulassungen über 6 Tonnen im Jahr 2019 um 3 Prozent. Erstmals seit 2008 wurde mit knapp 307.000 Einheiten wieder die 300.000er-Marke überschritten. Die Einführung des Smart-Tachographen am 15. Juni führte zu vorgezogenen Käufen und einem starken Marktzuwachs von 18 Prozent im ersten Halbjahr. Der Absatz entwickelte sich dadurch erwartungsgemäß in der zweiten Jahreshälfte deutlich schwächer (-13 Prozent). Neben dem Vorkaufeffekt war für den Rückgang des Marktes auch der Beginn eines zyklischen Abschwungs ausschlagge-bend. Unter den großen westeuropäischen Einzelmärkten hat Deutschland das mit Abstand höchste Volumen. Die Neuzulassungen entwickelten sich hier 2019 weiter positiv und stiegen um 3 Prozent auf gut 91.000 Fahrzeuge. Der Lkw-Absatz in Frank-reich hat mit einem Zuwachs von 2 Prozent als einziger westeuropäischer Volumen-markt wieder zu seinem Vorkrisenniveau von über 50.000 Einheiten zurückgefunden (54.000 Einheiten). Die Neuzulassungen im Vereinigten Königreich zeigten sich im Kontext einer Brexit-Vorratsbildung stark. Der Markt wuchs um 13 Prozent auf knapp 49.000 schwere Nutzfahrzeuge. Die Neuzulassungen in Spanien stiegen um 1 Prozent auf knapp 24.000 Lkw. Demgegenüber konnte der italienische Lkw-Markt 2019 keinen Zuwachs verbuchen. Der Absatz sank um 8 Prozent auf 21.000 Einheiten.

Transportermärkte

Die Neuzulassungen von Nutzfahrzeugen bis 6 Tonnen in Westeuropa legten 2019 das sechste Jahr in Folge zu und erreichten erstmals seit 2007 ein Volumen von mehr als 2 Mio. Einheiten. 2019 wurden 2,03 Mio. Transporter abgesetzt – ein Zuwachs von 2 Prozent und das zweithöchste Volumen, das je erreicht wurde. Die wesentliche Trieb - feder für den Niveausprung auf dem Transportermarkt ist nach wie vor die dynamische Entwicklung im Online- und Versandhandel.

Die Einführung des Smart-Tachographen für schwere Lkw führte zu vorgezogenen Käufen und einem starken Marktzuwachs im ersten Halbjahr 2019.

Der deutsche Markt profitierte auch 2019 vom starken Wachstum des Online- bzw. Versandhandels.

Die Volumenmärkte verbuchten fast durchweg Zuwächse. In Frankreich, dem größ-ten Transportermarkt Westeuropas, stiegen die Neuzulassungen um 4 Prozent und beliefen sich auf 481.000 Fahrzeuge. In Italien legte der Absatz um 3 Prozent auf ca. 190.000 leichte Nutzfahrzeuge zu. Der britische Markt übertraf das Vorjahresniveau mit 376.000 Neuzulassungen um 2 Prozent. Lediglich in Spanien stagnierte der Ab-satz bei einem Volumen von 216.000 Fahrzeugen.

Der deutsche Transportermarkt erreichte 2019 das sechste Jahr in Folge ein neues Rekordniveau. Im vergangenen Jahr wurde mit 311.900 leichten Nutzfahrzeuge bis 6 Tonnen erstmals die 300.000er-Marke überschritten (+7 Prozent). Befeuert wurde der Markt weiter vom starken Wachstum des Online- bzw. Versandhandels. Die wach-sende Bevölkerung in den Städten und das zunehmende Angebot der Onlineshops mit unmittelbarer Belieferung steigerten die Nachfrage nach Kurier-, Express- und Paket-Dienstleistungen und damit auch ihren Transporterbedarf.

Busmarkt Deutschland und Europa

Im Jahr 2019 konnte mit 5.600 Neuzulassungen von Bussen über 8 Tonnen Gesamt-gewicht das hohe Niveau des Vorjahres gehalten werden. Der Busmarkt ist damit seit 2012 um 30 Prozent gewachsen. Ein wichtiger Treiber hierbei war die Fernbusliberali-sierung im Jahr 2013. Die in den letzten Jahren steigenden Passagierzahlen haben sich 2019 auf dem Niveau des Vorjahres eingependelt. In den nächsten Jahren dürften vor allem die Stadtbusse für zusätzliche Dynamik sorgen. Die strengen Stickoxidvorgaben machen es nötig, im öffentlichen Personennahverkehr verstärkt Batteriebusse und Plug-in-Hybrid-Busse einzusetzen. Hierfür sind allein 300 Mio. Euro öffentliche Mittel bis 2022 vorgesehen.

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30 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 31

Märkte für Anhänger und Aufbauten (inkl. Beschäftigung)

Die Herstellergruppe II im VDA und ihre mittelständische Ausrichtung

In Deutschland wurden im Jahr 2019 deutlich über 300.000 Anhänger neu zugelassen. Mit 317.900 gezogenen Einheiten erreichte der deutsche Anhängermarkt zum dritten Mal in Folge einen Absatzrekord. Gegenüber 2018 legte die Nachfrage mit einem Plus von 10.900 Anhängern nochmals klar zu. Darunter sanken die Neuzulassungen von Sattelanhängern jedoch zum ersten Mal seit 2013 – ein Minus von 6 Prozent. Mit 38.300 Einheiten hielt der deutsche Aufliegermarkt ein hohes Niveau.

Zum dritten Mal in Folge erreichte der deut-sche Anhängermarkt 2019 einen Absatzrekord.

Die mittelständisch geprägte Hersteller-gruppe II im VDA umfasst die Hersteller von Anhängern, Aufbauten und Bussen.

Der Fachkräftemangel ist eine der großen Herausforderungen für die Hersteller von Anhängern, Aufbauten und Bussen.

Die Mitgliedsunternehmen der Her-stellergruppe II des VDA umfassen die Hersteller von Anhängern, Aufbauten und Bussen. Diese sind mittelständisch geprägt und stellen oft hoch spezialisier-te Produkte für ihre Kunden – mehrheit-lich aus dem Geschäftskundenbereich (B2B) – her. Die Fahrzeuge sind dabei so verschieden wie ihre jeweiligen Einsatzfelder. Die Bandbreite reicht zum Beispiel von Fahrzeugen mit Kühl- oder Tankaufbauten über Wechselbrücken-systeme und Kipper bis hin zu Standard-sattelaufliegern. Auch Schwerlast-Trans-portsysteme befinden sich im Portfolio der VDA-Mitglieder.

Nach wie vor zählt Deutschland zu den größten Nutzfahrzeugproduzenten welt-weit. Gerade auch die mittelständischen Unternehmen sind dabei ein Garant für Wachstum und Beschäftigung. Zugleich ist der Mittelstand mit seiner regionalen Verwurzelung sowie seinem sozialen und kulturellen Engagement vor Ort eine wesentliche Stütze der Gesellschaft. Eine große Schwierigkeit für viele Betriebe stellte in den letzten Jahren der Fachkräf-temangel dar. Gerade für Mittelständler ist dieser eine besondere Herausforde-rung, zumal sie nicht selten im ländlichen Raum angesiedelt sind. Entsprechend schwierig ist es, beispielsweise junge Ingenieure zu finden – gerade auch bei der Präferenz vieler junger Menschen für die urbanen Ballungsräume. Daher versuchen die Unternehmen der HG II mit hohem Engagement, zum Beispiel über Kooperationen mit Hochschulen oder „weiche Faktoren“ wie ein gutes Betriebsklima, Fachkräfte anzuwerben.

Klimawandel und Dekarbonisierung, Digitalisierung und Internationalisierung fordern von der deutschen Nutzfahrzeug-industrie einen kontinuierlichen Wandel und hohe Flexibilität. Um die Dekarboni-sierung voranzutreiben und die rele-vanten CO2-Minderungen zu erreichen, setzen die Unternehmen zum Beispiel auf Aerodynamik und Leichtbau, aber auch auf eine Teilelektrifizierung der Anhänger und ihrer Nebenaggregate. Auch wird es zunehmend verstanden, die Potenziale der Digitalisierung in Produktion und Vertrieb und nicht zuletzt für Angebote an den Kunden zu nutzen. Ein Beispiel hier-für sind Lösungen in der Trailertelematik. Die oft seit mehreren Generationen von Familien geführten Unternehmen werden sich auch künftig in bewährter Weise den Erwartungen an die Weiterentwicklung ihrer Produkte hinsichtlich ökologischer und technischer Ansprüche stellen.

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32 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 33

Der chinesische Markt und seine Besonderheiten

Ein Fahrzeugsegment muss besonders hervorgehoben werden: der SUV. Der Anteil dieser Fahrzeugklasse lag in China 2019 bei 44 Prozent der Gesamtverkäufe und für 2020 zeichnet sich ein vergleich-bares Ergebnis ab. Die deutschen Herstel-ler haben dabei besonders stark wach-sende Absatzzahlen vorzuweisen. Die Art des Antriebs ist dabei für die chinesischen Kunden kein entscheidendes Kaufkrite-rium. Die meisten Fahrzeuge dieses Seg-ments haben einen Verbrennungsmotor.

Mittlerweile ist jedes vierte neu verkaufte Auto in China eine deutsche Konzernmar-ke; die deutschen Hersteller konnten da-mit ihren Marktanteil in einem insgesamt schwachen Umfeld weiter steigern. Das Gros der verkauften Fahrzeuge wird dabei im Land selbst produziert. Deutsche Au-tomobilhersteller und Zulieferer betreiben mehr als 350 Produktionsstandorte in China. Der VDA ist seit 2006 mit einem lokalen Qualitäts Management Center vor Ort aktiv. Seit 2014 werden die Interessen der Mitgliedsunternehmen im Namen des VDA mit einer eigenen Geschäftseinheit in Peking vertreten.

Elektromobilität in China

Damit China seine weltweit führende Position auch in Zukunft bei neuen Technologien halten kann, wird die Staats- und Parteiführung Entwicklung, Produktion und Absatz von vernetzten, autonomen sowie elektrifizierten Fahr-zeugen nicht allein dem freien Markt überlassen. Es werden Rahmenbedin-

Deutsche Automobilhersteller und Zulieferer betreiben mehr als 350 Produktionsstandorte in China.

Die Bedeutung Chinas für die Automobil-industrie wächst – auch als Exportland.Die Volksrepublik China hat als Absatzmarkt in den zurückliegenden Jahren eine

atemberaubende Entwicklung genommen. Vor dem Jahr 2000 spielte China als Absatz-markt im weltweiten Vergleich kaum eine Rolle. 2013 wurden in der Volksrepublik dann bereits mehr Autos abgesetzt als in den USA. Seit sieben Jahren ist China nun der weltweit größte Automarkt. Auch die jüngste Delle hat daran nichts geändert. Mit 21,05 Mio. verkauften Fahrzeugen im Jahr 2019 war China als Absatzregion um 24 Prozent größer als der US-Markt und sechs Mal so groß wie der deutsche Markt. Für das Jahr 2020 wird – bedingt durch die Corona-Pandemie – ein Rückgang von etwa 10 Prozent erwartet.

gungen geschaffen, die eine möglichst schnelle Verbreitung dieser Fahrzeuge garantieren.

China fördert die Elektromobilität seit mehreren Jahren intensiv, dementspre-chend steigen die Zahlen verkaufter E-Fahrzeuge seit 2014 deutlich an. Im Jahr 2015 waren bereits mehr als 200.000 Elektrofahrzeuge zugelassen worden, 2018 wurde erstmals die Marke von einer Million neu zugelassener Elektroautos übersprungen. Im ersten Halbjahr 2020 lag der Marktanteil elektrifizierter Fahr-zeuge in China bei gut 4 Prozent. In China spricht man von New Energy Vehicles (NEV), gemeint sind damit reine Batterie-, aber auch Hybrid- und Brennstoffzel-lenfahrzeuge. Im Gegensatz zu anderen Ländern waren in China bislang reine Batteriefahrzeuge die mit Abstand zah-lenstärkste Gruppe. Das liegt auch an der Gesetzgebung einzelner Regionen. Peking beispielsweise fördert nur Batteriefahr-zeuge. Der Staat bietet dabei finanzielle, aber auch andere Anreize. Insbesondere die Fördermittel des Finanzministeri-ums haben den Absatz von Elektroau-tos deutlich angekurbelt. Im Jahr 2019 reduzierte die Regierung die Zuschüs-se, das Wachstum dieser Antriebsart schwächte sich umgehend ab. Geplant war, 2020 die Unterstützung weiter zu reduzieren und dann bis Ende des Jahres komplett auslaufen zu lassen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde dieser Plan geändert. Die Zuschüsse wurden bis 2022 verlängert; sie werden aber von Jahr zu Jahr weiter verringert. Um trotzdem sicherzustellen, dass die Elektromobili-

Langfristige Entwicklung der Pkw- bzw. Light-Vehicle Märkte in Europa, USA und China

2003

China USA Europa

2004 2005 20072006 2008 2009 2010 2011 20132012 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Quelle: ACEA, Wards Intelligence, CAAM

0

5.000000

10.000000

15.000000

20.000000

25.000000

tät in China erfolgreich ist, werden den Herstellern dabei Produktionsvorgaben gemacht. Diese regeln genau, wie hoch der Elektroanteil der jeweiligen Flotte sein muss. Damit liegt der Markthochlauf von Elektroautos nun maßgeblich in der Verantwortung der Hersteller.

Die deutschen OEM haben auf diese wachsende Herausforderung reagiert. Hybridfahrzeuge werden bereits in China hergestellt und alle namhaften Herstel-ler setzen ihre Elektropläne um. Der Verkaufsanteil der deutschen Stromer ist von 3 Prozent im Jahr 2018 auf 7 Prozent im Jahr 2019 gestiegen. Neue Fabriken entstehen – aber schon bald nicht mehr nur, um die Nachfrage in China selbst zu befriedigen. Bisher spielt der Export deut-scher Fahrzeughersteller aus China noch keine Rolle, aber mit der Elektrifizierung könnte sich dies schon bald ändern: Es wird Modelle deutscher Konzerne geben, die nur in China hergestellt und von dort aus exportiert werden. Die Bedeutung Chinas für die Automobilindustrie wächst damit ein weiteres Mal: Die Volksrepub-lik transformiert sich von einem großen Absatzmarkt zu einem Auto-Exportland.

Vernetztes und automatisiertes Fahren in China

Vernetztes und automatisiertes Fahren ist auch in China die nächste Stufe in der Evo-lution der Fahrzeuge. Wobei hier noch nicht entschieden ist, in welcher Ausprägung dieser Megatrend in China realisiert wird.

Zwei Ansätze werden hierzu in Erwägung gezogen. Der erste Ansatz ist der, der auch in Deutschland verfolgt wird: Das Auto selbst muss so intelligent sein, dass es automatisiert und später autonom fahren kann. Der zweite Ansatz geht davon aus, dass die Fahrzeuge von einem zentralen Rechenzentrum aus kontrolliert werden. Das Fahrzeug wird quasi ferngesteuert und besitzt selbst nur wenig Intelligenz. Der zweite Ansatz ist eine logische Folge der Pläne der Regierung, sogenannte Smart Cities zu schaffen; das Fahrzeug wird Teil dieses Ökosystems. China kann auf diesem Feld auf starke Telekommunikationsunter-nehmen wie Tencent, Alibaba, Baidu oder Huawei zurückgreifen. Der Staat sichert sich somit auch einen unkomplizierten Zugriff auf die Fahrzeugdaten.

Die Corona-Pandemie hat die chinesische Wirtschaft Anfang 2020 in eine tiefe Krise gestürzt. Die chinesische Regierung hat diverse Konjunkturmaßnahmen beschlos-sen. Eine dieser Maßnahmen ist ein Infra-strukturprojekt: Ein 5G-Netz soll aufgebaut werden. Damit wird eine Grundvorausset-zung für das vernetzte Fahren realisiert. China hat großes Interesse daran, mit Deutschland auf diesem Themenfeld zu kooperieren. Auch auf Initiative des VDA haben im Jahr 2018 Bundeswirtschafts- und Bundesverkehrsministerium mit dem chinesischen Wirtschaftsministerium eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit im Bereich vernetztes und autonomes Fahren unterzeichnet. Regularien und Normen sind die Themenbereiche, die im Fokus dieser Kooperation stehen. Auf deutscher Seite werden diese Projektthemen durch den VDA gesteuert.

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34 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 35

Bedeutung des Aftermarkets

Wie die Automobilbranche insgesamt befindet sich auch der automobile Aftermarket in ei-nem historischen Umbruch. Das Geschäftsfeld des Aftermarkets umfasst die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen ebenso wie den Verkauf von Ersatzteilen und Serviceleistungen. Die Komplexität im Aftermarket ist enorm – durch die massiv beschleunigten technischen Veränderungen (Antriebstechnologie und verstärkte Aktivitäten zum Klimaschutz, Bedeu-tung von Daten und Digitalisierung etc.) steigt sie noch einmal sprunghaft an.

Projektgruppe „Zukunft der nachhaltigen Ersatzteilversorgung“

Eine zunehmende Variantenanzahl wegen der Individualisierung der Modelle sowie weitere Herausforderungen durch alternative Antriebsformen haben in den Unterneh-men die Unsicherheit hinsichtlich des Bedarfs an Ersatzteilen erhöht. Insbesondere elektronische Komponenten und Baugruppen, die diese enthalten, stehen nicht für die gesamte Nachlieferzeit zur Verfügung. Dieser Anteil nimmt stetig zu – getrieben durch die fortschreitende Elektrifizierung und Automatisierung im Fahrzeug. Eine rasch steigende Anzahl von Abkündigungen der Belieferung durch Lieferanten und Unterlie-feranten speziell bei den Komponenten, bei denen Automotive nur eine geringe Rolle spielt (z. B. Elektronik, Granulate und Stahl), verschärfen diese Lage noch. Kürzere Lebenszyklen und Technologiesprünge erschweren die Planung von zukünftigen Ser-vicekonzepten zusätzlich.

Vor diesem Hintergrund wurde eine Projektgruppe gegründet, die mögliche Vorge-hensweisen zur Implementierung einer nachhaltigen, wirtschaftlichen und ökologi-schen Ersatzteilstrategie in den Unternehmen der Automobilindustrie aufzeigen soll. Die Kernbotschaft lautet:

Die Ersatzteilversorgung muss ganzheitlich in den Product-Lifecycle-Prozess (PLC) eingebettet werden, um die Versorgung ressourcenschonend zu gestalten und die Reparaturfähigkeit zu wirtschaftlichen Konditionen zu sichern. Das bedeutet, dass die Produktentwicklung in den Unternehmen – neben der Serienfertigung – von Anfang an auch die Aftermarket-Versorgung in den Fokus nehmen muss, um durch eine frühzeiti-ge Einbindung Ressourcenschonung, Wirtschaftlichkeit und Ersatzteilversorgung über den gesamten Produktlebenszyklus gleichermaßen sicherzustellen.

Aftermarket Verpackung: Standardisierung von Verpackungsdaten

Im Jahr 2019 wurde im Fachbereich Aftermarket des VDA der Arbeitskreis „Aftermar-ket Verpackung“ neu aufgesetzt. Ziel der Mitglieder ist es, Standards und Normen im Verpackungsbereich zu erarbeiten, um durch die gemeinsame Arbeit Entwicklungszei-ten und -aufwand zu reduzieren. Als erstes Projekt wurde das Thema „Standardisierter Austausch von Verpackungsdaten“ in Angriff genommen. Dazu werden Inhalte und Formate des Datenaustauschs definiert und standardisiert sowie ein standardisiertes Datenblatt beschrieben. Der Datenaustausch soll auf elektronischem Weg über eine Schnittstelle erfolgen, die ebenfalls erarbeitet und beschrieben werden soll. Damit kön-nen interessierte Unternehmen diese Daten in ihre eigenen Systeme importieren.

Die Ergebnisse beider Gremien werden in Form von Empfehlungen in deutscher und englischer Sprache zum Jahreswechsel 2020/2021 auf der Homepage des VDA veröf-fentlicht und können auch von Nichtmitgliedern unentgeltlich genutzt werden.

Mögliche Visualisierung Zukunft der nachhaltigen ET Versorgung:Das Geschäftsfeld Aftermarket umfasst War-tung und Reparatur von Fahrzeugen sowie den Verkauf von Ersatzteilen und Serviceleistungen.

Die Ersatzteilversorgung sollte ganzheitlich in den Lebenszyklus eingebettet werden.

Quelle: VDA

PG Zukunft der nachhaltigen ET-VersorgungAbbildung: Typisierter Prozessverlauf aus der Automobilindustrie

AP 1 Anforderungen an eine ganzheitliche Prozessbeschreibung für die ET-Versorgung von der Konzeptphase über den PLC bis VSE (Versorgungsende inkl. Klassik)

Zeit

Serial-PLC

Ist

Produktfokus Entwicklung

SOP EOP EDO EOS EOL

Idea Concept Prototype Preseries Serial phase

Spare Parts – PLC

Serial phase out After Sales (15-25 years delivery obligation) Product phase out

Produktfokus Aftermarket

Quelle: VDA

PG Zukunft der nachhaltigen ET-VersorgungAbbildung: Typisierter Prozessverlauf aus der Automobilindustrie

AP 1 Anforderungen an eine ganzheitliche Prozessbeschreibung für die ET-Versorgung von der Konzeptphase über den PLC bis VSE (Versorgungsende inkl. Klassik)

Zeit

Serial-PLC

Soll

SOP EOP EDO EOS EOL

Idea Concept Prototype Preseries Serial phase Serial phase out After Sales (15-25 years delivery obligation)

Ziel: Entwicklungsfokus bis Exit

Product phase out

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36 Automobilindustrie und ihre märkte Automobilindustrie und ihre märkte 37

Historische Fahrzeuge

die deutschen Automobilhersteller und Zulieferer pflegen ihre historie und stärken damit ihre marken auch in der Gegenwart. der VdA unterstützt seine mitgliedsunternehmen bei der traditionsarbeit. ein wesentliches Ziel besteht darin, politische und technische Voraussetzungen zu sichern, damit oldtimer auch künftig ohne Probleme auf öffentlichen straßen betrieben werden können. die schnell voranschreitende technische entwicklung, vor allem strengere umweltauflagen und Anforderungen an die Fahrzeugsicherheit, kann von oldtimern technisch naturgemäß nicht nachvollzogen werden.

der Fachbereich „historische Fahrzeuge“ arbeitet im VdA seit 2007 daran, beste rahmen-bedingungen für oldtimer zu schaffen bzw. zu erhalten. in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren ist es in vielen Fällen gelungen, die interessen der halter historischer Fahrzeu-ge zu wahren. so können sie mit ihren h-kennzeichen-Fahrzeugen die umweltzonen befahren, haben Anrecht auf ein rotes Wechselkennzeichen sowie das saisonkennzeichen und sie zahlen einen einheitlichen satz für die kraftfahrzeugsteuer. diese Vorgaben sind gerechtfertigt, weil oldtimer technisches kulturgut und -erbe sind – sie sollten daher bewahrt werden. nachfolgende Generationen können so in jeder hinsicht daraus lernen. Zusätzliche besondere rechte werden vom VdA nicht angestrebt.

Zahlen, Daten, Fakten

der VdA wertet jährlich die Zahlen des kraftfahrt-bundesamtes aus, um seinen mitgliedern aus der Automobilindustrie die statistischen Voraussetzungen für eine umfassende Aftersales-betreuung zur Verfügung zu stellen. der bestand aller old-timerfahrzeuge mit h-kennzeichen wächst nun langsamer. Zum 1. Januar 2020 gab es in deutschland 525.968 (2019: 474.516) zugelassene Pkw mit h-kennzeichen. der bestand an oldtimern mit h-kennzeichen ist mit einem Anteil von gut einem Prozent am Gesamtbestand unverändert vernachlässigbar, der Anteil historischer Fahrzeuge am Gebrauchtwagenmarkt mit 0,33 Prozent marginal. oldtimerbesitzer halten ihre Fahrzeuge länger, verkaufen sie seltener und erhalten das kulturerbe. der dieselan-teil der oldtimer beträgt stabil 5,4 Prozent.

VW käfer, VW Golf, mercedes W123, W107, W124 und sachsenring trabant sowie der Porsche 911 sind die top 7 der oldtimermodelle (rund 25 Prozent des oldtimerbe-stands in deutschland).

der bestand der oldtimerfahrzeuge mit h-kennzeichen wächst langsamer.

der deutsche oldtimer index signalisiert, dass sich der starke Preisanstieg bei oldtimern verlangsamt.

Deutscher Oldtimer Index

um eine trendaussage über die Wertentwicklung von oldtimern in deutschland treffen zu können, gibt der VdA jährlich den deutschen oldtimer index heraus. die Fahrzeugwerte ermittelt der bewertungsspezialist „classic-analytics“. dafür werden 88 repräsentative Fahrzeuge ausgewählt und abhängig von ihren Zulassungszahlen gewichtet. Fahrzeuge, die aufgrund ihrer seltenheit oder ihrer Geschichte besonders teuer gehandelt werden, werden nicht berücksichtigt. die Preisdynamik für oldtimer in deutschland verlangsamt sich weiter. der deutsche oldtimer index legte 2019 um 1,4 Prozent zu. der index setzt damit ein deutliches signal, dass sich der starke Preis anstieg der vergangenen Jahre für automobile klassiker beruhigt hat.

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2008 2009 2010 20112006 2007 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Quelle: classic-analytics

Deutscher Oldtimer IndexIndexentwicklung seit 1999

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

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38 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 39

Einfluss der Umweltdiskussion auf die Zukunft der Oldtimerszene

Der VDA achtet auch auf die Perspektive künftiger Oldtimer, deren Fahrer und Besitzer. Dazu gehört neben der Sicherstellung der Verfügbarkeit von Ersatzteilen die künftige Akzeptanz des Oldtimers. Die Diskussion um Fahrverbote für Benziner der Klasse Euro 2 oder schlechter führt zu einer kontroversen Haltung zum Automobil im Ge-nerellen. Heutige Youngtimer (20 – 29 Jahre) haben die Chance, Klassiker zu werden und das Kulturerbe fortzuführen. Das setzt das Interesse bei jüngeren Besitzern und entsprechende Rahmenbedingungen voraus. Der VDA hat aus der Zulassungs-statistik ein Prognosemodell abgeleitet. Demnach wird beispielsweise der Bestand der Euro-2-Youngtimer um 86 Prozent schrumpfen, bis diese Oldtimer werden. Fahrverbote bei Youngtimern, die kurzfristig regulativ eine geringe Relevanz besitzen, können mittelfristig den Erhalt des Kulturerbes schwächen, sollte diese kleine Menge aufgrund von Fahrverboten und schwindendem Interesse nicht erhalten werden.

Elektrifizierung von Oldtimern

Für Oldtimer werden zahlreiche Elektrifizierungsumbauten angeboten. Aufgrund der Emissionsverbesserung kann das den Erhalt des H-Kennzeichens einschließen. Der Oldtimer-Weltverband FIVA hat dazu eindeutig Stellung bezogen. Besitzer können ihr Fahrzeug nach Belieben umbauen. Im Sinne des Erhalts von Originalität und Kulturerbe wird eine komplette Reversibilität des Umbaus vorgeschlagen. Die elektrische Benut-zung wird aber eindeutig nicht unterstützt. Die Hersteller im VDA teilen diese Haltung mehrheitlich. Sonderrechte, wie das H-Kennzeichen, sind formal auch bei diesen Um-bauten zulässig, werden jedoch als unangemessen angesehen. Das Fahrzeug verliert durch die Elektrifizierung seine das H-Kennzeichen prägende Originalität.

Der Bestand – Stabile Quote bei den H-Kennzeichen

Oldtimer H-Kennzeichen Anteil H-Kennzeichen in %

2006 2008 2010 2012 2014 2018 20202019

Quelle: KBA / VDA, Werte Stand 01.01.2020

0

200.000

400.000

600.000

800.000

1.000000

48,9 % 51,2 %56,2 %

59,1 %69,8 %

62,5 %

63,0 %

61,4 %

140.169

268.789

144.810

282.723

188.360

335.390

231.064

390.115

313.593

449.151

422.213

675.005

474.516

756.597 525.968

857.044

Oldtimerbestände nach Herkunftsländern

CZE

0,23 %

in Prozent

RUS Unbekannt SWE JPN FRA GERGBR ITAUSA

Quelle: KBA / VDA, Werte Stand 01.01.2020

0,66 % 1,17 % 1,43 % 2,49 %4,66 % 5,43 % 5,48 %

71,65 %

6,35 %

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Durch Elektrifizierung verliert ein Oldtimer sei-ne das H-Kennzeichen prägende Originalität.

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40 AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE AUTOMOBILINDUSTRIE UND IHRE MÄRKTE 41

Autobanken und Leasinggesellschaften stabilisieren in der Krise

Auch im Geschäftsjahr 2019 haben sich die Banken der Automobilhersteller und die Leasinggesellschaften als starker Absatzmotor für die deutsche Auto-mobilwirtschaft erwiesen. Mit einem Neugeschäft von knapp 75 Mrd. Euro und einem Bestand von rund 220 Mrd. Euro einschließlich des Kfz-Leasings leistete die deutsche Leasingbranche einen wesentlichen Anteil an der Investitionsfi-nanzierung des deutschen Mittelstands. Davon machte das Neugeschäft mit dem Leasing von Pkw und Nutzfahrzeugen 2019 fast 80 Prozent aus. Hierzu zählen beispielsweise Pflegedienste, Fahrzeuge für Krankentransporte, Taxiunternehmer, Handwerksbetriebe und Freiberufler. Alle diese Unternehmen haben in den letzten Jahren hohe Investitionen getätigt, deren Fortbestand es in der Krise zu sichern gilt. Grundsätzlich werden über 50 Prozent aller außenfinanzierten Unternehmensin-vestitionen über Leasing finanziert.

Im Jahr 2020 hat sich die wirtschaft-liche Situation dramatisch verschärft. Die durch die Corona-Krise hervorge-rufenen außergewöhnlich starken und nicht vorhersehbaren Einschränkungen der wirtschaftlichen Aktivitäten führten zu unerwarteten Liquiditätsengpässen. Vertraglich gesicherte, fest eingeplante Einnahmen sind kurzfristig weggebro-chen. Unternehmen und Freiberufler aller Branchen reagierten darauf, indem sie versuchten, Ausgaben zu reduzieren oder zu verschieben. Aufseiten der Leasing-unternehmen führte dies zu einem massi-ven Anstieg der Stundungsanfragen.

Bei der weit überwiegenden Mehrheit der Stundungsanfragen ist davon aus-zugehen, dass es sich um Unternehmen mit einer positiven Fortführungsprogno-

Die deutsche Leasingbranche leistet einen wesentlichen Anteil an der Investitionsfinanzie-rung des deutschen Mittelstands.

Mit der Restschuldversicherung können sich Verbraucher gegen unterschiedliche Ausfallri-siken absichern .

se handelt und Stundungen daher ein geeignetes Mittel sind, um nachhaltige Schäden abzuwenden und die Krise zu überbrücken. Da die Leasinggüter jedoch überwiegend fristenkongruent über Banken finanziert sind, wird es Leasinggesellschaften kaum möglich sein, der bereits erkennbaren Flut an Stundungsanfragen nachzukommen, ohne sich selbst nicht vertretbaren Risiken auszusetzen.

Bei Kreditinstituten ist vorgesehen, dass Liquiditätshilfen für die Kunden über ver-schiedene Programme der KfW (Kreditan-stalt für Wiederaufbau) mit weitgehender Haftungsfreistellung (80 bis 90 Prozent) dargestellt werden. Eine wirkungsgleiche Absicherung ist auch für Leasingge-sellschaften und deren mittelständische Kunden erforderlich. Denn: Leasingge-sellschaften sind von der BaFin beauf-sichtigte Finanzdienstleistungsinstitute und ein wichtiges Bindeglied zwischen Finanzwirtschaft (Banken) und Real-wirtschaft (investierender Mittelstand). Vor diesem Hintergrund plädieren VDA und BDL (Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen) für eine Gleich-behandlung von Leasing- und Kreditinsti-tuten im Rahmen der KfW-Absicherung.

Restschuldversicherung muss erhalten bleiben

Die Corona-Krise macht deutlich, dass das vielfach nachgefragte Instrument der Restschuldversicherung bei Kfz-Fi-nanzierungsverträgen erhalten bleiben muss. In § 50b Versicherungsaufsichts-gesetz-Entwurf (VAG-E) wird nun erstmals eine Begrenzung der Höhe der

Provision, die ein Versicherungsunter-nehmen einem Versicherungsvermittler für den Abschluss einer Restschuldver-sicherung gewähren darf, festgeschrie-ben. Dies ist ein gravierender Eingriff in die Vertrags- und Wettbewerbsfrei-heit, der vom Gesetzgeber sorgfältig geprüft werden sollte. Obgleich dieser Eingriff als kritisch zu bewerten ist, kann der im Entwurf vorgeschlagene Höchstbetrag der Abschlussprovisi-on von 2,5 Prozent – bezogen auf die Darlehenssumme bzw. den sonstigen versicherten Geldbetrag – grundsätzlich akzeptiert werden. Eine Absenkung der Provision unter diesen Wert sollte aber vermieden werden, weil andernfalls die Wirtschaftlichkeit der Vermittlung von

Restschuldversicherungen im Rahmen von Fahrzeugfinanzierungen nicht mehr gewährleistet ist.

Die Gestaltung und Vermittlung von Restschuldversicherungen wird seit mehreren Jahren in der Öffentlichkeit und insbesondere seitens der Verbraucher-schutzorganisationen kritisiert. Teilweise wurden dabei sogar Forderungen nach einem Vertriebsverbot von Restschuldver-sicherungen auch am automobilen „Point of Sale“ laut. Für Verbraucher ist die Rest-schuldversicherung aber ein wichtiges Produkt, mit dem sie sich unkompliziert gegen unterschiedliche Ausfallrisiken wie Tod, Unfall, Arbeitsunfähigkeit und/oder Arbeitslosigkeit absichern können.

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02Nur auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis kann die Automobilindustrie weiterhin in Lösungen für eine klimafreundliche Mobilität investieren. Es gilt, alle Anstrengungen darauf auszurichten, dass die Vision eines klimaneutralen Verkehrs Wirklichkeit werden kann.

Wirtschafts- und Klima- politik

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44 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 45

Wirtschaftliche Lage in Deutschland

Zu Beginn des Jahres 2020 befand sich die Weltwirtschaft und mit ihr die deutsche bereits in einer zwei Jahre andauernden konjunkturellen Abwärtsbewegung. Eine mögliche leichte konjunkturelle Wiederbelebung, für die verschiedene Frühindikatoren gesprochen hatten, wurde durch die weltweit einsetzende Covid-19-Pandemie zu-nichtegemacht. Dabei war der Fahrzeugbau diejenige Industriebranche, die mit einem Minus von 44 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in der Shutdown-Phase mit Abstand am härtesten getroffen wurde. Seit Inkrafttreten der ersten „Corona-Lockerungen“ ab Mai 2020 erholt sich die Wirtschaft langsam wieder. Konjunkturexperten gehen aber davon aus, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um rund 6 Prozent zurückgehen wird. Damit würde diese Krise das Ausmaß der großen Wirtschaftskrise im Jahr 2009 übersteigen, in der die Wirtschaftsleistung um 5,7 Prozent geschrumpft war.

Es bedarf daher starker konjunkturpolitischer Impulse, um den wirtschaftlichen Wiederhochlauf zu stabilisieren. Dazu gehören Maßnahmen, die die Liquidität der Unternehmen verbessern, Investitionen anreizen und auch den privaten Konsum stärken. Hierfür enthält das von der Bundesregierung Anfang Juni 2020 vorgestellte Konjunkturpaket verschiedene wichtige, wenn auch in ihrer konkreten Ausgestaltung etwas zu kurz greifende Elemente, wie etwa die Einführung der degressiven Abschrei-bung, die Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer und die Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags. Um den privaten Konsum zu stärken, wurde unter anderem eine sechsmonatige Absenkung der Mehrwertsteuer um 2 bzw. 3 Prozent-punkte vorgenommen sowie eine Verdopplung der Kaufprämie für Elektrofahrzeuge. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Instrumente den Konsum stärken werden. Der VDA hatte im Vorfeld des Koalitionsbeschlusses zu bedenken gegeben, dass eine rein auf elektrische Fahrzeuge beschränkte Prämie nur begrenzte Konjunkturwirkung wird entfalten können, weil das Volumen der hierzulande nachgefragten Elektrofahrzeuge dafür derzeit noch zu gering ist.

Zu begrüßen ist die vorgesehene Stabilisierung der EEG-Umlage für 2021 und 2022 sowie die bis Mitte 2026 befristete Erhöhung der steuerlichen Forschungszulage. Damit adressiert die Bundesregierung zwei wichtige Felder, auf denen die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb bislang klar benachteiligt war. Sie zahlt EU-weit den höchsten Industriestrompreis, und eine steuerliche Forschungsförderung wie in vielen Wettbewerbsländern hat es hierzulande bis Ende 2019 nicht gegeben. Im Interesse der Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist zu hoffen, dass die Strompreise auch nach 2022 nicht weiter steigen und dass der eingeschlagene Weg, das noch recht begrenzte Volumen der steuerlichen Forschungsförderung auszuweiten, beibehalten wird. Um Deutschland als Wirtschafts-standort zu stärken, muss die Bundesregierung zudem dringend den Reformstau im Unternehmensteuerrecht auflösen, es strukturell modernisieren, die Verfahren beschleunigen und die Senkung der Unternehmensteuerbelastung in Richtung des OECD-Durchschnitts auf maximal 25 Prozent in Angriff nehmen.

Die weltweit einsetzende Covid-19-Pandemie hat im Frühjahr 2020 eine konjunkturelle Wiederbelebung verhindert.

Die Stabilisierung der EEG-Umlage für 2021/2022 und die befristete Erhöhung der steuerlichen Forschungszulage sind zu begrüßen.

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46 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 47

Europapolitik

Die deutschen Automobilhersteller produzieren in 15 EU-Staaten und sichern euro-paweit mehr als 670.000 Arbeitsplätze. Auch die deutschen Zulieferer sind an etwa 940 Standorten in Europa vertreten. 2019 wurden Kfz-Teile und Zubehör für 35,9 Mrd. Euro aus Deutschland in die EU geliefert. Die Einfuhren aus der EU waren mit 36,3 Mrd. Euro sogar noch höher. Die deutsche Automobilindustrie ist längst eine europäische Industrie geworden. Wie kaum ein anderer Sektor profitiert die Automobilindustrie von einem funktionierenden Binnenmarkt. Umso wichtiger ist eine stabile politische und wirtschaftliche Lage innerhalb der EU.

Die sich seit Ende 2019 über alle Kontinente hinweg ausbreitende Corona-Pandemie hat die Weltgemeinschaft vor beispiellose Herausforderungen gestellt. Obgleich die wirtschaftlichen Folgen der coronabedingten Maßnahmen in den Mitgliedstaaten der EU unterschiedlich heftig ausfallen, sind die Auswirkungen insgesamt dramatisch. Die Europäische Kommission geht für die EU von einem Rückgang des Wirtschaftswachs-tums von bis zu 7 Prozent im Jahr 2020 und einem anschließenden Wachstum von etwa 6 Prozent im Jahr 2021 aus. Schon vor der Corona-Krise hatten viele Hersteller und Zulieferer in der Automobilindustrie mit sinkenden Absatzzahlen zu kämpfen. Die Covid-19-Krise hat diese Situation für die europäische Automobilindustrie und ihre 13,8 Mio. Arbeitsplätze stark verschärft. Nach den ersten Schockwellen der Krise zwi-schen Mitte März und Mai 2020 ist der EU-Markt im ersten Halbjahr 2020 um 41,5 Prozent geschrumpft.

Die nationalen Maßnahmen für einen wirtschaftlichen Wiederaufbau gehen in unter-schiedliche Richtungen – gerade auch mit Blick auf die Automobilindustrie. So hat etwa die spanische Regierung 3,7 Mrd. Euro und die französische 8 Mrd. Euro im Rahmen ihrer Konjunkturpakete für den Automobilsektor mobilisiert. Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission das Aufbauinstrument „Next Generation EU“ im Umfang von insgesamt 750 Mrd. Euro vorgestellt. Besondere Erwähnung findet die Automobilindus-trie in dem Entwurf allerdings nicht. Die Gelder des Aufbauplans soll sich die Kommis-sion an den Finanzmärkten leihen dürfen – ein Novum in der EU-Haushaltspolitik. Der Aufbauplan soll in den EU-Haushalt in Höhe von insgesamt 1,85 Bio. Euro für die Jahre 2021 bis 2027 eingebettet werden. Der Kommissionsvorschlag sieht zudem eine Reihe weiterer neuer Maßnahmen zur Eigenfinanzierung der EU vor – etwa die Ausweitung des EU-Emissionshandels, einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus und eine Digitalsteuer.

Unter Führung der Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen hatte sich die EU-Kommission mit dem „European Green Deal“ und der Digitalpolitik zunächst die richtigen Schwerpunkte für die laufende Legislaturperiode gesetzt. Eine besondere Bedeutung kommt dem Exekutivvizepräsidenten Frans Timmermans zu, der für den „European Green Deal“ zuständig ist. Zentrales Ziel des Deals: Europa soll der erste klimaneutrale Kontinent werden. Hierfür muss der gesamte EU-Rechtsrahmen für die Energie-, Klima- und Verkehrspolitik überarbeitet werden. In diesem Zusammenhang stehen auch strengere Flottengrenzwerte für Pkw im Raum. Scheinbar ungeachtet der zusätzlichen Herausforderungen durch die Corona-Krise fährt die nach der Europa-wahl 2019 neu ins Amt gewählte Europäische Kommission mit ihrer ambitionierten Agenda fort. Weitere für die Automobilindustrie bedeutsame Themen auf der Agenda der Kommission sind eine neue EU-Industriestrategie, eine europäische Datenstrategie sowie eine Strategie für intelligente und nachhaltige Mobilität.

Eine Reihe für die Automobilindustrie wichtiger neuer Vorschriften wurde von Rat und Parlament noch vor Ablauf der vergangenen Legislaturperiode beschlossen. So wurden nach langen und harten Verhandlungen neue CO2-Flottengrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge für die Jahre 2025 und 2030 entschieden. Erstmals wurden zu-dem CO2-Standards für schwere Nutzfahrzeuge festgelegt. Darüber hinaus haben sich Rat und Parlament auf eine Revision der Verordnung über die allgemeine Fahrzeugsi-cherheit („General Safety Regulation“) verständigt. Formal wurde der Gesetzestext vom neuen Parlament gebilligt und konnte Anfang 2020 im Amtsblatt veröffentlicht werden. Zahlreiche technische Spezifikationen der verpflichtenden Technologien müssen nun noch konkretisiert werden. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission mit der Arbeit an neuen Schadstoffnormen (post-Euro 6/VI emission standards) begonnen und plant, Ende 2021 einen Regulierungsvorschlag vorzulegen. Die Diskussion über den Fernzugriff auf im Fahrzeug generierte Daten hat weiter Fahrt aufgenommen. Nach-dem die Kommission seit 2019 eine Expertengruppe von Stakeholdern konsultiert hat, ist zu erwarten, dass sie Anfang 2021 einen Regulierungsvorschlag vorlegt.

Im Juli 2020 hat Deutschland für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft über-nommen. In dieser Funktion kommen der Bundesregierung die Aufgaben zu, die Verhandlungen über den EU-Haushalt und den EU-Wiederaufbauplan zu moderieren. Oberste Priorität der Ratspräsidentschaft hat der rasche Ausweg aus der Corona-Krise. Dennoch stehen noch weitere für die deutsche Automobilindustrie relevante Themen auf der Agenda. Nachdem es zuvor auch der kroatischen Ratspräsidentschaft nicht gelungen war, eine allgemeine Ausrichtung zur Eurovignette zu erzielen, strebt nun Deutschland noch im Jahr 2020 eine Ratsposition und die Aufnahme von Trilogver-handlungen mit dem Parlament an. Zudem fällt es der deutschen Ratspräsidentschaft zu, die Triloge über die Wiedereinführung der Konformitätsfaktoren zu führen.

Insgesamt ist die politische Gesamtlage für die Automobilindustrie in Brüssel nach wie vor schwierig. Der Vertrauensverlust für die gesamte Branche als Folge der Abgasma-nipulationen einzelner Unternehmen ist nach wie vor spürbar. Obgleich die Automo-bilindustrie stärker als andere Industrien von der Corona-Krise getroffen wurde, gibt es in der Kommission kaum Verständnis für die besondere Situation dieser Schlüssel-branche. Stattdessen wird die politische Agenda, die eine massive Transformation der Branche zur Folge haben wird, fortgesetzt. Einen durchsetzungsstarken Fürsprecher industriellen Wachstums sucht man in der neuen EU-Kommission vergeblich. Unter-stützer gibt es zwar noch im Parlament – allerdings haben diese kaum Aussicht auf eine Mehrheit. InFolge der Europawahl 2019 hat sich die Zusammensetzung weiter zu- ungunsten industrieller Interessen verschoben. Es gab eine massive Schwächung der gemäßigten Parteien und einen starken Rechtsruck in Europa. Die informelle Große Koalition aus Europäischer Volkspartei (EVP) und europäischen Sozialdemokraten (S&D) hat keine Mehrheit mehr und ist auf die Stimmen kleinerer Parteien, insbeson-dere der Grünen oder der Renew Europe (europäische Liberale), angewiesen. Auch im EU-Rat ist die Lage schwierig. Zahlreiche Mitgliedsstaaten ohne Automobilindustrie im eigenen Land fordern schärfere Regulierungen und Zielvorgaben für die Branche. Die deutsche Bundesregierung bleibt ein entscheidender Faktor in den Beratungen im Rat. Allerdings ist auch hier die Bereitschaft, sich für die Interessen der Automobilindustrie starkzumachen, nicht mehr selbstverständlich.

Die deutschen Automobilhersteller produzie-ren in 15 EU-Staaten.

Zentrales Ziel des „European Green Deals“: Europa muss zum ersten klimaneutralen Kontinent werden.

Deutschland hat im Juli 2020 für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.

Die Bedeutung der Europäischen Union für die deutsche Automobilindustrie ist enorm und lässt sich anhand weniger Zahlen veranschaulichen: Etwa die Hälfte der neu zugelassenen Pkw in Europa wurden 2019 von deutschen Konzernmarken gefertigt.

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48 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 49

Der Straßenverkehr auf dem Weg zur Klimaneutralität

Der VDA setzt mit seinen Mitgliedern auf vielfältige Lösungswege, die Mobilität noch umwelt- und klimafreundlicher zu gestalten, und versteht sich als innovati-ver Treiber der Entwicklung hin zu einer nachhaltigen individuellen Mobilität. Die Hersteller und Zulieferer der deutschen Automobilindustrie sind überzeugt da-von, dass es langfristig keine Alternative zu sauberer und klimaschonender Mobi-lität gibt. Erklärtes Ziel ist die Erreichung einer treibhausgasneutralen Mobilität bis zum Jahr 2050. Damit leistet die Branche ihren Beitrag dazu, dass die weltweit vereinbarten Klimaschutzziele von Paris erreicht werden können. Zusätzlich zu den übergreifenden europäischen Zielen haben einzelne Staaten auch auf nationaler Ebene und sogar für be-stimmte Sektoren kleinteilige Einzelziele beschlossen: Für den Verkehrssektor in Deutschland gilt beispielsweise das Ziel einer CO2-Minderung von 40 bis 42 Prozent bis zum Jahr 2030.

Auf dem Weg zur Erreichung dieser Ziele sind zum einen technologische Innovati-on, unternehmerisches Engagement und Geschick entscheidend, eine besondere Rolle spielen jedoch auch die überge-ordneten Rahmenbedingungen. Für die Automobilindustrie entscheidet eine Reihe von Regulierungen über den Erfolg von Klimaschutzbemühungen.

Übergeordnetes Ziel der Automo-bilindustrie ist, ihr Konzept für die Transformation hin zu einem umfas-send nachhaltigen Mobilitätssystem beständig zu verbessern und dabei die von Politik und Gesellschaft gestellten

Ansprüche zu erfüllen. Das bedeutet in erster Linie die Bedienung der gesell-schaftlichen Nachfrage nach Mobi-litätsgütern und -dienstleistungen. Als hochinnovative Branche will die Automobilindustrie dabei aber nicht nur reaktiv den Vorgaben entsprechen, sondern aktiv vorausgehen und den Weg hin zu einer nachhaltigen Gesell-schaft im Bereich der Mobilität und darüber hinaus mitgestalten. Innerhalb dessen sollte auch zukünftig die indivi-duelle Mobilität gewährleistet sein und zu Wohlstand und Freiheit von Bürgern und Wirtschaft beitragen. Individuelle Mobilität ist dabei systemisch zu sehen und beschränkt sich nicht nur auf das Auto als Verkehrsträger, sondern bezieht auch innovative, digitalisierte Verkehrskonzepte mit ein. Auch in einem zukünftigen System werden unvermeidlich Fahrzeuge wie Pkw und Lkw benötigt. Ziel muss daher sein, die negativen Auswirkungen auf ein Minimum zu reduzieren.

CO2-Emissionen und die Rolle der Regulierung

Sowohl für Pkw als auch für leichte Nutz-fahrzeuge ist der erlaubte CO2-Ausstoß neu zugelassener Fahrzeuge von der EU geregelt. Das bedeutet: Die durchschnitt-lichen Emissionen der neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers (jeweils gewichtsbasisert, es gibt also nicht den „einen“ CO-Wert, den alle Hersteller einhalten müssen, sondern die 95 Gramm etc. geben den europäischen Durch-

Die deutsche Automobilindustrie bekennt sich zu den ambitionierten Pariser Klimaschutz-zielen.

schnitt der gesamten Neuzulassungen wieder) dürfen einen gesetzlich fixierten Zielwert in Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer nicht überschreiten. Nachdem für Pkw zunächst ein Ziel von 130 Gramm CO2 für das Jahr 2015 festgelegt worden war, wurde der Zielwert für 2020 auf 95 Gramm verschärft. Analog darf der durchschnittliche Ausstoß leichter Nutz-fahrzeuge (Transporter bis 3,5 Tonnen) 175 Gramm im Jahr 2014 und 147 Gramm ab 2020 nicht überschreiten.

g CO2/km

EU-Grenzwert

Entwicklung der relativen CO2-Emissionen von EU-Neuwagen

* Vorläufig

2008 2009 2010 20122011 2013 2014 2015 2016 20182017 2019*

153,6

145,7140,3

135,7132,2

126,7123,4

119,5 118,1 118,5 120,8 122,4

Quelle: EEA

80

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140

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160

In den vergangenen Jahren sind die CO2-Emissionen der neu zugelasse-nen Pkw in der Europäischen Union deutlich zurückgegangen. Während im Jahr 2008 der mittlere CO2-Ausstoß pro Kilometer noch 153,6 Gramm betrug, waren es 2019 mit 122,4 Gramm (bzw. 5,3 Liter Benzin oder 4,7 Liter Diesel) über 20 Prozent weniger. Die Hersteller unterschritten den seit 2015 gültigen EU-Flottengrenzwert von 130 Gramm bereits zwei Jahre zuvor. In den Jahren 2015 bis 2019 lag der mittlere CO2-Wert der Neuwagen rund 10 Gramm unter der EU-Vorgabe. Wenn man dies (mit den Neuzulassungszahlen und einer

Lebenslaufleistung von 200.000 Kilo-metern) auf die absoluten Emissionen hochrechnet, so entspricht das rund 150 Mio. Tonnen CO2, die hier nach dem NEFZ-Testzyklus gegenüber der gesetzlichen Vorgabe zusätzlich einge-spart werden konnten. Das ist in etwa so viel, wie der gesamte Straßenverkehr in Deutschland in einem Jahr ausstößt. Man kann somit festhalten, dass die Automobilindustrie in den letzten Jahren in Vorleistung gegangen ist, was den CO2-Grenzwert der EU angeht.

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50 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 51

Die europäische Automobilindustrie wird im internationalen Vergleich stärker belastet als ihre Wettbewerber.

Klimaschutz erfordert eine umfassende Regulierungslogik.

80

90

100

110

120

130

140

150

142

g CO2/km

Quelle: ICCT* 2020 ** Neuer Europäischer Fahrzyklus, Kraftstoffverbrauch in Liter Benzin

Saudi-Arabien* Kanada USA China* Südkorea* EU*

119117

9795

4,1 l4,2 l5,0 l5,1 l5,1 l6,1 l

118

Internationaler Vergleich der CO2-Grenzwerte von Pkw 2021 (NEFZ**)

Die Grenzwerte der EU sind die schärfsten der Welt

Dass Europa ambitionierte Klimaziele verfolgt, ist vollkommen richtig. Allerdings darf sich die EU mit ihren Vorgaben nicht zu weit von anderen Regionen der Welt entfernen. Denn effektive Klimapolitik muss auch Kosteneffizienz und Wirtschaftlichkeit gewähr-leisten, sodass die betreffenden Unternehmen im internationalen Wettbewerb bestehen können. Die europäische Automobilindustrie, deren Hauptabsatzmarkt Europa ist, wird im internationalen Vergleich stärker belastet als ihre Wettbewerber. Denn das von der EU gesetzte CO2-Ziel für Pkw von 95 Gramm im Jahr 2021 ist das schärfste weltweit. In den USA sind 118 Gramm CO2 pro Kilometer vorgeschrieben, bis 2020 sind es in China 117 Gramm und in Südkorea 97 Gramm.

Ausgehend von den Zielwerten von 2021 ist in der EU vorgesehen, dass die Hersteller die CO2-Emissionen ihrer Neuwagenflotten für Pkw bis zum Jahr 2030 um 37,5 Prozent (leichte Nutzfahrzeuge 31 Prozent) verringern. 2025 gilt ein verbindliches Zwischenziel mit einer Reduktionsvorgabe von 15 Prozent. Analog dazu wurde erstmals auch eine CO2-Regulierung für schwere Nutzfahrzeuge eingeführt, die eine Minderung um 15 Prozent bis 2025 sowie 30 Prozent bis 2030 vorsieht. Die Bemessung jener Minde-rungen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen erfolgt seit 2018 im modernen und realitätsnahen Prüfverfahren WLTP. Die tatsächlichen CO2-Emissionen aus dem Stra-ßenverkehr sind jedoch letztlich das Ergebnis einer Kombination verschiedener Faktoren, die über die reine Fahrzeugeffizienz hinausgehen – beispielsweise die Fahrleistung und Lebensdauer des Fahrzeugs, der Fahrstil des Nutzers, der Fahrzeugbestand oder der CO2-Gehalt der genutzten Energieträger. All diese Faktoren beeinflussen maßgeblich den absoluten CO2-Ausstoß. Eine überzeugende und umfassende politische Strategie erfordert daher eine ganzheitliche Betrachtung. Anders lassen sich die ambitionierten Klimaschutzziele nicht erreichen.

Klimaneutralität im Verkehr erfordert eine ganzheitliche Regulierung

Das bisherige Regulierungskonzept lässt Reduzierungspotenziale außerhalb der Fahrzeugtechnik, wie die Fahrweise oder den CO2-Gehalt der genutzten Energieträ-ger (Kraftstoffe, Strom), außen vor. Eine umfassende politische Strategie sollte die Effizienz über alle Antriebe und Kraftstoffe hinweg steigern und gesamthaft regulie-ren – langfristig zum Beispiel in Form eines übergreifenden Emissionshandelssys-tems. Gerade auch in Biokraftstoffen und Kraftstoffen auf Basis von Elektrizität aus erneuerbaren Energien (E-Fuels) liegt ein erhebliches Potenzial, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Erdölunabhängige E-Fuels könnten zusätzlich zu alternativen Antrie-ben eine Option für eine klimaneutrale Mobilität der Zukunft sein. Um die überge-ordneten Klimaschutzziele zu erreichen, sollten künftig nicht nur die Optimierung auf der Fahrzeugseite, sondern auch die Nutzungsphase in den Blick genommen werden. Denn hier ist der Hebel viel größer: Die Verbesserung der Bestandsflotte um 1 Gramm – etwa durch einen CO2-ärmeren Kraftstoff – ist kurzfristig so effektiv wie eine Verbesserung um 20 Gramm in der Neuwagenflotte. An diesem Beispiel wird deutlich, dass Klimaschutz eine umfassende Regulierungslogik erfordert.

Die deutsche Automobilindustrie bekennt sich zur Nachhaltigkeit und zum konsequen-ten Klimaschutz: Sie unterstützt das Ziel eines treibhausgasneutralen Straßenverkehrs und arbeitet mit Hochdruck an Produkten, Technologien und Dienstleistungen, um dieses Ziel bis zur Mitte des Jahrhunderts zu erreichen – und zwar unter Wahrung der individuellen Mobilität. Die Zukunft liegt im Antrieb durch regenerative Energie; seien es batterieelektrische Fahrzeuge, strombasiert hergestellte Kraftstoffe in Verbren-nungsmotoren oder der Einsatz von regenerativem Wasserstoff in der Brennstoffzelle. Durch dieses Technologiespektrum haben Deutschland und Europa die Chance, zum weltweiten Vorbild einer systemischen, sektorübergreifenden Klimapolitik zu werden und entsprechende Technologien zu entwickeln und zu exportieren. Hierfür ist dieUnterstützung der Politik für einen breiten Technologiemix erforderlich.

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in Prozent

Effizienz im Straßenverkehr in Deutschland steigt

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2000 2001 2002 20042003 20082007 2010200920062005 20122011 20142013 2015 2016 2017 2018 2019**

CO2-Emissionen -9 %

Quelle: BMVI, UBA* Ein Tonnenkilometer entspricht 10 Personenkilometern ** Vorläufig

Straßenverkehrsleistung* +38 %

52 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK

Pkw-Energieeffizienz

Bei den Gesamtemissionen des Straßenverkehrs in Deutschland ist ein positiver Trend zu erkennen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1990 nahmen der Güter- und Personenverkehr bis 1999 zunächst deutlich zu. Anschließend ging der CO2-Ausstoß aus dem Straßenverkehr bis 2010 um rund 30 Mio. Tonnen zurück. 2018 lagen die Ge-samtemissionen, trotz viel höherer Transport- und Verkehrsleistungen, auf dem relativ niedrigen Niveau von 1991.

Dafür war vor allem die Reduzierung des spezifischen Energieverbrauchs je Fahrzeug entscheidend. Heute werden rund 33 Megajoule Energieeinsatz je 100 Personenkilo-meter benötigt. 1990 mussten noch mehr als 55 Megajoule für die vergleichbare Leis-tung eingesetzt werden. Dass die Gesamtemissionen des Straßenverkehrs trotz dieses beträchtlichen Effizienzfortschritts beim einzelnen Fahrzeug nicht im gleichen Maße gesunken sind, hat vor allem eine Ursache: Seit vielen Jahren steigen die Straßen-verkehrsleistungen merklich an; allein seit dem Jahr 2000 um 38 Prozent. Trotz dieser deutlichen Zunahme, die sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr betrifft, konnten die absoluten CO2-Emissionen des Straßenverkehrs in demselben Zeitraum um 9 Prozent gesenkt werden. Die Aufgabe der nächsten Jahre wird es sein, auf die-sem Weg weiter voranzuschreiten und insbesondere die Marktdurchdringung alternati-ver Antriebsformen zu erhöhen, um das Mobilitätsbedürfnis der Menschen und dessen Auswirkungen auf die Umwelt noch besser in Einklang zu bringen.

Heute werden rund 33 Megajoule Energieein-satz je 100 Personenkilometer benötigt.

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54 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 55

Der „European Green Deal“: Herausforderungen für die Automobilindustrie

Der European Green Deal ist Gegenstand einer Mitteilung der Kommission, die die regulatorische und gesetzgebende Agen-da der EU für die kommenden fünf Jahre beschreibt. In der bis 2025 laufenden Legislaturperiode werden nahezu alle für die Klimapolitik relevanten Politikfelder und Regulierungen aufgerufen und neu entschieden. Darüber hinaus wird der „European Green Deal“ Themenfelder wie Industriepolitik, Handelspolitik, Verkehrs- politik, Digitalisierung, Finanzierungs-instrumente, Steuerpolitik, aber auch Strukturpolitik und Infrastrukturpolitik berühren. Klar ist: Der European Green Deal wird der bestimmende Themenkom-plex dieser Legislaturperiode sein und er wird alle Beteiligten – die Institutionen der EU, die Mitgliedsstaaten, Gesellschaft, Unternehmen und Verbände – vor die Herausforderung stellen, eine Fülle von Entscheidungsprozessen zu verfolgen und Einfluss darauf zu nehmen.

Das „Herzstück“ des European Green Deals: Europa soll bis 2050 klimaneutral sein. Hierfür hat die Europäische Kom-mission im März 2020 ein europäisches Klimagesetz vorgeschlagen, das das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 rechtlich verankern soll. Ein weiterer wichti-ger Baustein ist die Verschärfung des EU-Klimaziels im Jahr 2030 – von einer Absenkung der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 auf mindestens 50 Prozent oder sogar 55 Prozent. Der Vorschlag der Kommis-sion bedeutet noch nicht, dass diese Zahlen auch rechtlich bindend sind. Die Mitgliedsstaaten der EU sowie das Europäische Parlament entscheiden final über diese Gesetze. Manche Mitglieds-staaten, wie etwa Luxemburg, Schweden und Dänemark, haben sich bereits für eine Verschärfung des EU-Klimaziels auf 55 Prozent ausgesprochen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich beim Petersberger Klimadialog 2019

für eine Treibhausgasminderung von 50 bis 55 Prozent eingesetzt. In einer nicht-legislativen Entschließung vom Januar 2020 hatten die Europaabgeordneten sich bereits für eine Verschärfung von 55 Prozent ausgesprochen. Einzelnen Fraktionen – etwa die Grünen mit einer Forderung von minus 65 Prozent und die Linke mit minus 70 Prozent – wollten sogar noch weiter gehen.

Eine Verschärfung des Klimaziels führt dazu, dass die einzelnen Sektoren mehr leisten müssen. Dies betrifft den europä-ischen Emissionshandel (EU ETS), aber auch die Nicht-ETS-Sektoren, wie den Verkehrssektor, die häusliche Wärmever-sorgung oder auch die Landwirtschaft. Die Absenkung des EU-Klimaziels 2030 hat letztlich zur Folge, dass die gesamte europäische Rahmengesetzgebung für Energie-, Klima- und Verkehrspolitik für 2030 angepasst werden muss.

Bis zum Juni 2021 wird die Kommission ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorlegen, das kohärente Änderungen zum bestehenden Regulierungsrahmen für die Klima-, Energie- und Verkehrspolitik beinhaltet. Hierzu gehören das europäische Emissionshandelssystem, die „Effort Sharing Regulation“, die Richtlinie über erneuerbare Energien (sog. RED), die Energieeffizi-enz-Richtlinie, aber auch die CO2-Standards für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Flot-tenziele für 2025 und 2030 wurden im Jahr 2019 nach langen Auseinandersetzungen entschieden: für Pkw minus 15 Prozent für 2025 und minus 37,5 Prozent für 2030 sowie für leichte Nutzfahrzeuge minus 15 Prozent für 2025 und minus 31 Prozent für 2030. Zumindest das Flottenziel für 2030 steht im Rahmen des European Green Deals erneut zur Disposition. Durch diese neuerliche Diskussion werden nicht nur Planungen der Unternehmen und Investitionsentschei-dungen erschwert. Die Flottenziele der EU sind bereits jetzt die schärfsten weltweit

Der European Green Deal wird der bestim-mende Themenkomplex dieser europäischen Legislaturperiode sein.

Die deutsche Automobilindustrie bekennt sich zu den ambitionierten Pariser Klima-zielen.

Der Transformationsprozess der Automobilin-dustrie bedeutet fundamentale Veränderun-gen für Produktion und Arbeitnehmerschaft

und stellen die Unternehmen der Automo-bilindustrie vor enorme Herausforderun-gen. Schon die beschlossenen Zielwerte sind nur mit massiver Elektrifizierung zu erreichen.

Nahezu ungeachtet der zusätzlichen aku-ten Herausforderungen eines gleichzei-tigen Angebots- und Nachfrageschocks aufgrund der Corona-Pandemie bringt die Kommission die Arbeit an hoch ambitio-nierten Gesetzespaketen voran. Im Rah-men des „EU-Wiederaufbauplans“ nach der Corona-Krise hat sie die ökologische und digitale Transformation zur neuen Wachstumsstrategie erklärt. Unterstüt-zung für die Industrie soll demnach an Klimaauflagen geknüpft werden. Wenn es nach den tonangebenden Stimmen in der Kommission ginge, sollten Tempo und Ambitionsniveau für den European Green Deal noch erhöht werden.

Die deutsche Automobilindustrie steht hinter den ambitionierten Pariser Klima-zielen und dem Plan der EU-Kommission, Europa bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu machen. Klimaschutz hat Priorität und muss ökonomisch, ökologisch und sozial verträglich zugleich gestaltet sein. Die damit verbundenen Ziele können aber nicht durch immer neue Vorgaben und Zwischenziele erreicht werden. Aktuell ist die Automobilbranche für ungefähr 13,8 Mio. Arbeitsplätze in Europa verantwortlich und bildet das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Die Unternehmen brauchen auch für den Erhalt dieser Arbeitsplät-ze Planungssicherheit, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen zu können. Generell befindet sich die Auto-mobilindustrie in einem Transformations-prozess, der auch nicht an europäischen Grenzen haltmacht. Die Elektrifizierung und das Engagement im Kampf gegen den Klimawandel, die weltweit zunehmenden protektionistischen Tendenzen sowie die Digitalisierung sind nur einige der Her-

Der Kampf gegen den Klimawandel ist das zentrale Thema der Politik in der EU. Die neue Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen hat Klima- und Umweltpolitik mit dem „European Green Deal“ an die Spitze ihrer politischen Agenda gehoben.

ausforderungen, die die Industrie in den kommenden Jahren zu bewältigen hat.

Der VDA strebt eine schnelle und substan-zielle Reduzierung der Treibhausgasemis-sionen auf dem Weg zur klimaneutralen Wirtschaft an. Für nachhaltigen Klimaschutz braucht es aber Investitionen und Innovati-onen. Vor dem Hintergrund der Wirtschafts-krise infolge der Corona-Pandemie sind finanzielle Ressourcen bei den Unterneh-men knapp. Umso wichtiger ist es, Gelder nach dem Prinzip der besten Kosteneffizi-enz einzusetzen. Der aktuelle Regulierungs-ansatz für den Straßenverkehr ist langfristig weder effektiv noch kosteneffizient. Das angestrebte Klimaziel wird nicht nur über die CO2-Grenzwerte für neue Fahrzeuge erreicht. Zudem sind die Kosten für die CO2-Vermeidung im Straßenverkehrssektor viel höher als in anderen Sektoren. Bereits das Pkw-Flottenziel von minus 37,5 Prozent CO2-Emissionen im Jahr 2030 erfordert eine massive Beschleunigung des Transforma-tionsprozesses in der Automobilindustrie. Der Transformationsprozess ist bestimmt von begrenzten Produktionskapazitäten, der Verfügbarkeit von Rohstoffen und der unzu-reichenden Lade- und Tankinfrastruktur für alternative Antriebssysteme und bedeutet zudem fundamentale Veränderungen für Produktion und Arbeitnehmerschaft. Auch die Nachfrageseite ist zu berücksichtigen.

Statt sich immer neu beim geforderten Am-bitionsniveau zu überbieten, sollte die Politik zunächst die systemischen Probleme des Regulierungsrahmens beheben. Hierfür bie-tet der European Green Deal eine einmalige Chance: Eine neue Klimapolitik sollte neue Maßnahmen zur CO2-Vermeidung ermög-lichen. Für den Straßenverkehr bedeutet das zum Beispiel die Dekarbonisierung der bestehenden Fahrzeugflotten mit syntheti-schen Kraftstoffen. Der Pfad für einen alle Sektoren umfassenden Emissionshandel sollte jetzt geebnet werden.

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0 20

163

40 60 80 100 120 140 160 180

155

17,125,6

bis zu 2,4

bis zu 0,4

bis zu 3,9

3,116,9

5,6

65

2663

14,3

Minderungspotenzial AG 2

Minderung SektorzielKlimaschutzplan

CNG

Biomassebasierte Kraftstoffe

Strombasierte Kraftstoffe

Oberleitungs-LKW

Wasserstoff und Brenstoff

Batterieelektrische Mobilität

Straßenverkehr

Verkehr gesamtAusgangssituationKlimaschutzplan

MinderungspotenzialNeuwagenflotte

Minderungspotenzial Bestandsflotte

Gesamt*

*Im Rahmen dieser Potenzialberechnung wurden gegenläufige Effekte, die die CO2eq-Emissionen des Verkehrssektors (z.B. Zunahme des Güterverkehrs, Strukturveränderungen der Fahrzeugflotte) erhöhen, zunächst nicht berücksichtigt.

Mio. t CO2eq

CO2-Minderungspotenzial alternativer Antriebe und Kraftstoffe bis 2030

AG 2 Bandbreite Klimaschutzplan Quelle: NPM: 2. Kurzbericht der AG2

Effizienz in Abhängigkeit vom Ort der Produktion

vs. NordafrikaDeutschland

Elektrolyse + FT-Synthese

Transport +Raffinerie

Verbrennung

100 %300 %

56 % 168 %

50 % 147 %

51 %17 %

Auf Grund besserer Windverhältnisse und solarer Einstrahlung ist der Auslastungfaktor

Erneuerbarer Energien deutlich besser

3

Quelle: PtX-Allianz

56 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 57

Zusätzlich definiert der VDA auch fort-schrittliche Biokraftstoffe als relevante nachhaltige Energieträger. Diese Kraftstof-fe werden aus Abfällen und Reststoffen gewonnen. Konventionelle Biokraftstoffe werden aus Pflanzen hergestellt, deren Anbaufläche in Konkurrenz zur Nahrungs-mittelproduktion steht; deshalb sind sie in der RED auf maximal 7 Prozent limitiert.

Die NPM geht bei den E-Fuels von Herstel-lungskosten von 1 bis 2 Euro pro Liter im Jahr 2030 aus. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat berechnet, dass 10 Prozent E-Fuels im Kraftstoffmix bis 2030 den Kraft-stoffpreis um lediglich 11 Cent pro Liter erhöhen würden. In Verbindung mit einer Effizienzsteigerung von bis zu 30 Prozent bei Verbrennungsmotoren, die in der NPM ermittelt wurde, würden für den Nutzer keine höheren Kraftstoffkosten entstehen. Die Produktionskosten beinhalten den Auf-bau erneuerbarer Energien ebenso wie die Wirkungsgradverluste in der Herstellung. Die Wirkungsgradverluste können aber kompensiert werden, wenn die Auslastung erneuerbarer Energien in einem globalen Kontext betrachtet wird: Windkraft- und Photovoltaikanlagen haben an geeigneten Standorten aufgrund besserer Windver-hältnisse und solarer Einstrahlung eine zwei- bis vierfach höhere Auslastung als

E-Fuels als optimale Ergänzung zur Elektromobilität

Auch ohne weitere Verschärfungen durch den „European Green Deal“ bedeuten die beschlossenen Klimaziele im Verkehrssektor, dass bis 2030 die Nutzung von 40 bis 42 Prozent der heutigen Menge fossiler Kraftstoffe vermieden werden muss. Um jedoch gleichzeitig das steigende Mobilitätsbedürfnis der Gesellschaft decken zu können, müssen parallel alternative Antriebe, erneuerbare Kraftstoffe und neue Mobilitätskon-zepte in den Markt gebracht werden. Nur in einem gemeinsamen und parallelen Markt- hochlauf verschiedener Technologien können die ambitionierten Klimaziele erreicht werden. Die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) hat vorgerechnet, dass selbst bei einem ambitionierten Antriebswechsel von bis zu 10 Mio. E-Fahrzeugen, einer größtmöglichen Verlagerung der Verkehrsleistung auf die Schiene und den öf-fentlichen Nahverkehr sowie weitreichender Effizienzmaßnahmen am Fahrzeug immer noch eine erhebliche CO2-Lücke klafft, auch wenn deren Größe umstritten ist. Deswe-gen kommt dem ambitionierten Markthochlauf erneuerbarer Kraftstoffe eine wichtige Rolle zu. Der VDA setzt sich für technische Lösungen und Innovationen zum Erreichen der Klimaziele ein und für die Sicherstellung individueller Mobilität in Deutschland und Europa sowie weltweit.

Nachhaltige erneuerbare Kraftstoffe und was sie kosten werden

Relevante Kraftstoffe sind fortschrittliche Biokraftstoffe, die eindeutig in der Renewa-ble Energy Directive (RED) der EU definiert sind, sowie Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe – sogenannte E-Fuels. Letztere werden aus zu 100 Prozent erneuerbarem Strom, Wasser und CO2 hergestellt. Mittels Power-to-X-Technologie lassen sich so normgerechte regenerative Kraftstoffe bereitstellen. Hierfür ist jedoch weiterhin ein sehr ambitionierter Ausbau der erneu-erbaren Energien erforderlich. Dies muss nicht nur in Deutschland erfolgen. Ein großer Vorteil der E-Fuels ist, dass sie sich leicht speichern und transportieren lassen. Damit sind sie für den Import prädestiniert. Im Endeffekt sind E-Fuels gespeicherter erneuerbarer Strom. Dieser kann vieler-orts weit günstiger als in Deutschland erzeugt werden, zum Beispiel in Nordafrika. E-Fuels sind praktisch klimaneutral, da man während ihrer Produktion genau die Menge CO2 aus der Atmosphäre entnimmt, die später bei der Nutzung im Fahrzeug wieder emittiert wird. Sie werden im Ver-brennungsmotor eingesetzt und können so in der vorhandenen Flotte wirken.

Hocheffiziente Verbrennungsmotoren, die mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden, sind ein vielversprechender Weg, um die CO2-Ziele zu erreichen.

Eine globale Produktion von E-Fuels wird erforderlich sein.

E-Fuels werden aus zu 100 Prozent erneuer-barem Strom, Wasser und CO2 hergestellt.

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Möglicher Markthochlauf von erneuerbaren Kraftstoffen

2018

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E-Fuels Quelle: VDA

Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe in PJ

Fortschrittliche Biokraftstoffe aus Reststoffen

Bei Annahme der vorgeschlagenen politischen Änderungen

Konventionelle Biokaftstoffe

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

58 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 59

E-Fuels und Wasserstoff sollten ergänzend zur Elektromobilität vorangetrieben werden

vergleichbare Anlagen in Deutschland. Aus diesem Grund ist eine globale Produktion von E-Fuels erforderlich. Der VDA fördert zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) diese Entwicklung und unterstützt entspre-chende Kooperationen mit Entwicklungs- und Schwellenländern.

Laut dem aktuellen Evaluierungsbe-richt für Biokraftstoffe wurden 2018 im deutschen Kraftstoffmarkt 120 Petajoule erneuerbare Kraftstoffe eingesetzt, die eine CO2-Reduktion von 9,5 Mio. Tonnen bewirkt haben. 36 Prozent der Kraft- stoffe sind Biokraftstoffe aus Reststoffen, die der VDA als eindeutig nachhaltig ein-stuft. Ein Großteil davon (ca. 41 Petajoule) ist Biodiesel aus Altspeiseölen. Ein wei-teres Potential besteht bei gasförmigen Kraftstoffen. Laut Fachverband Biogas können in Europa 36 Petajoule Biomethan aus Reststoffen produziert werden. Für Lkw plant der niederländische Mineral-ölkonzern Shell den Aufbau von

Die ambitionierten Klimaschutzziele können nur erreicht werden, wenn zusätzlich zur Elektromobilität mit grünem Strom auch nachhaltige regenerative Kraftstoffe im Ver-kehrssektor zum Einsatz kommen. E-Fuels und Wasserstoff sollten deswegen ergän-zend zur Elektromobilität vorangetrieben werden. Der VDA setzt sich für eine ambitio-nierte Verdrängung des fossilen Kraftstoffs durch regenerative Alternativen ein.

Die im Juni 2020 von der Bundesregierung beschlossene Nationale Wasserstoffstrate-gie (NWS) ist ein erster und richtiger Schritt für einen Markthochlauf von auf grünem Wasserstoff basierenden Antrieben. Die NWS hat aus Sicht des VDA aber Licht- und Schattenseiten: Positiv ist, dass die Bundesregierung mit Verabschiedung einer solchen Strategie die Bedeutung des Themas Wasserstoff für klimaneutrale Mobilität erkannt hat. Die geplante Befreiung von Wasserstoff- und E-Fuels von der EEG–Umlage ist richtig, weil damit die Entwicklung der Wasserstofftechnologie in Deutschland voran-getrieben wird. Der VDA begrüßt außerdem, dass das Bundeskabinett mit der NWS eine Anwendung von Wasserstoff in allen Verkehrsbereichen vorsieht. Darüber hinaus ist die internationale Perspektive der Strategie ein wichtiges Element, weil grüner Wasserstoff in erheblichem Umfang in Ländern mit einem ausreichenden Angebot an erneuerbaren Energien hergestellt werden kann.

Dennoch: Die Nationale Wasserstoffstrategie ist in mehreren Bereichen nicht kon-kret und ambitioniert genug. Dazu zählt zum Beispiel die geplante Umsetzung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (Renewable Energy Directive, RED II). Wie erwähnt, empfiehlt der VDA für das Jahr 2030 in Deutschland 23 Prozent erneuerbare Energi-en im nationalen Kraftstoffmarkt, dazu eine Mindestquote von 5 Prozent Wasserstoff und E-Fuels. Ebenso wurde bisher in der Strategie noch keine Energiesteuerbefreiung für E-Fuels festgeschrieben. Aktuell haben E-Fuels aus erneuerbaren Energien den gleichen Steuersatz wie fossile Kraftstoffe. Im Gesetzgebungsverfahren sollte an diesen Punkten konkret nachgearbeitet werden.

40 LNG-Tankstellen in Deutschland. Bio-ethanol aus Reststoffen wurde erfolgreich in Demonstrationsanlagen erzeugt und wird schrittweise in den Markt eingeführt. Wie E-Fuels sind auch fortschrittliche Biokraftstoffe weltweit herstellbar.

Die NPM hat die möglichen Potenziale erneuerbarer Kraftstoffe ermittelt. Im Jahr 2030 könnten bis zu 270 Petajoule durch Biokraftstoffe erreicht werden, die dann einen Anteil von 16 Prozent am Kraftstoff-markt hätten. Hinzu kommt ein Potenzial von 190 Petajoule Wasserstoff und E-Fuels, wenn zeitnah ein ambitionierter Mark-thochlauf der Power-to-X-Technologie gestartet wird. Hierzu hat der VDA zusam-men mit anderen Stakeholdern ein Markt-einführungsprogramm vorgeschlagen, das den Ausbau von 5 Gigawatt installierter Leistung bis 2026 vorsieht.

Um eine langfristige Nachfrage nach diesen Kraftstoffen zu erzeugen, bedarf es der richtigen regulatorischen Rah-

Bewertung der Nationalen WasserstoffstrategieDie Nationale Wasserstoffstrategie geht in die richtige Richtung

menbedingungen. Die Renewable Energy Directive (RED) ist dafür das richtige politische Instrument. Bis zum Sommer 2021 muss die RED II in nationales Recht implementiert werden. Zudem wird die RED II im Rahmen des „European Green Deals“ im Juni 2021 überprüft.

Der VDA empfiehlt einen Anteil von 23 Prozent erneuerbarer Energien im Verkehrssektor sowie eine Mindestquote von 5 Prozent Wasserstoff und E-Fuels bis zum Jahr 2030. Dies sollte ohne jede Mehrfachanrechnung geschehen, um eine eindeutige CO2-Reduktion zu errei-chen. Zudem sollten die Anforderungen an den Strombezug für die Kraftstoff-produktion so ausgestaltet werden, dass erste industrielle Anlagen nicht benachteiligt sind. Weiterhin sollten klimaneutrale Energieträger wie E-Fuels von der Energiesteuer befreit werden. Die europäische Energiesteuerrichtlinie wird ebenfalls im Rahmen des European Green Deals überprüft.

1. Ambitionierte Umsetzung/ Revision REDII

• 23 % erneuerbare Kraftstoffe bis 2030• 5 % Unterquote für E-Fuels bis 2030• Umsetzung der delegierten Rechts-

akte Artikel 25 & 27 innerhalb der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

2. Reduktion der Energiesteuer

• Befreiung der Energiesteuer für erneuerbare Energieträger

3. RPtX-Markteinführungsprogramm

• Förderung von 5 GW installierter Leistung bis 2026

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60 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 61

Die ambitionierten Klimaschutzziele der EU bedeuten für den Straßenverkehr hinsichtlich zukünftiger Antriebstechnologien eine grundlegende Zäsur. Leichte, mittelschwere und schwere Nutzfahrzeuge sind im europäischen Transportsektor für knapp 30 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich, obwohl die fahrzeugbezogenen Emissionen in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken sind. Nichtsdestotrotz ist die Gesamtmenge der Emissionen infolge steigender Transport-leistungen nicht kleiner geworden.

Die EU hatte daher 2019 beschlossen, für schwere Nutzfahrzeuge eine Methode zur Bestimmung des CO2-Werts eines Nutzfahrzeugs einzuführen und den Herstellern für die kommenden zehn Jahre verbindliche Minderungsziele vorzuschreiben. Die Verordnung (EU) 2019/1242 legt die Ziele für CO2-Emissionen für neu zugelassene schwere Nutzfahrzeuge und mögliche Strafzahlungen bei Nichteinhaltung fest. Bis 2025 müssen die Nutzfahrzeughersteller die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen im Schnitt um 15 Prozent senken, bis 2030 liegt das Ziel bei einer Reduzierung um 30 Prozent gegenüber den Werten von 2019/2020.

Im Gegensatz zum Pkw weisen Nutzfahrzeuge bauartbedingt sehr unterschiedliche Fahrprofile auf und werden in ihrem täglichen Gebrauch unterschiedlich einge-setzt. Dies führt zu einem breiten Spektrum an möglichen Fahrzyklen und daraus resultierenden CO2-Emissionen. Um hier eine Vergleichbarkeit zu schaffen, werden CO2-Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen mit dem digitalen Simulationstool VECTO (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool) berechnet. Als Ergebnis werden für das Fahrzeug in Abhängigkeit vom Fahrprofil (Kurzstrecke, Langstrecke, innerstädtisch) unterschiedliche CO2-Werte errechnet. Unter anderem werden die Parameter für Rollwiderstand, Luftwiderstand, Massen und Trägheit, Getriebereibung, Hilfsleistung und Motorleistung als Eingabewerte zur Simulation des Kraftstoffver-brauchs und der CO2-Emissionen bei standardisierten Fahrzyklen benötigt.

Seit Mitte 2019 müssen für alle neu registrierten schweren Nutzfahrzeuge über 16 Tonnen mit der Achskonfiguration 4x2 und 6x2 die entsprechenden CO2-Werte berechnet und der Kommission übermittelt werden; seit Januar 2020 inklusive aller Nutz-fahrzeuge ab 7,5 Tonnen mit der Achskonfiguration 4x2 und ab Mitte 2020 auch für alle Nutzfahrzeuge mit der Achskonfiguration 6x4 und 8x4. Die Berechnung berück-sichtigt dabei nicht den realen Aufbau eines Lkw bzw. den realen Sattelanhänger bei einer Fahrzeugkombination, sondern erfolgt auf Basis eines Standardaufbau bzw.Standardsattelanhängers. Die seit Mitte 2019 ermittelten Werte dienen der Definition eines Referenzwerts für die vorgegebenen Ziele einer CO2-Reduktion.

Aktuell beschränkt sich die CO2-Regulierung (EU) 2019/1242 auf Lkw. Die EU-Kom-mission arbeitet aber schon intensiv an einem Verfahren zur Ermittlung der CO2-Emissionen für Busse zu ermitteln. Dazu wird das Programm VECTO erweitert und die Methodik überarbeitet. Insbesondere im Bussegment sind Mehrstufen-typgenehmigungen keine Seltenheit, sodass der finale CO2-Wert aus einer Reihe unterschiedlicher CO2-Faktoren (Fahrgestell, Antrieb, Aufbau) von verschiedenen Herstellern ermittelt werden muss. Zudem werden derzeit im Programm VECTO auch Erweiterungen zur Berechnung von Hybridantriebskonzepten und für die Berücksich-tigung neuer Technologien(z. B. der Wärmetauscher im Abgasstrang) vorgenommen.

CO2-Regulierung in der EU bei schweren Nutzfahrzeugen, Anhängern, Aufbauten

Bis 2025 müssen Nutzfahrzeughersteller die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen um 15 Prozent senken.

Nutzfahrzeuge weisen bauartbedingt sehr unterschiedliche Fahrprofile auf.

Die EU-Kommission plant ein Verfahren, das auch die CO2-Emissionen für Busse ermittelt.

Im nächsten Schritt wird die EU-Kommission bis Ende 2021 einen Verordnungsvor-schlag zur Einbeziehung von Anhängern in die CO2-Zertifizierung erarbeiten. Ins-besondere ist eine Zertifizierung von geschlossenen Sattelanhängern (Curtainsider, Kühlbox, Kasten) vorgesehen werden. Vom Standardaufbau abweichende Aufbauten (z.B. Kippmulde, Pritsche, Silo, Tank) werden in der Anfangsphase nicht berücksich-tigt. Inwieweit zukünftig reale Aufbauformen in einer CO2-Zertifizierung Berücksich-tigung finden, ist derzeit nicht absehbar. Die Vielfalt der Formen und verschiedenen Einsatzzwecke dieser Fahrzeuge erschwert eine CO2-Zertifizierung und würde zu ei-ner Komplexität führen, die in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen steht. Des Weiteren besitzen Nutzfahrzeuge für spezielle Einsatzzwecke verschiedenste Nebenaggregate, die einen Einfluss auf die CO2-Bilanz des Fahrzeugs haben (z. B. Klimaaggregate, Hydraulikpumpen). Die Einbeziehung dieser Verbraucher in die VECTO-Simulationen ist komplex und die CO2-Emissionen sind häufig schwer quantifizierbar. Leider hat es die EU-Kommission bis heute versäumt, in einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analy-se entsprechende CO2-Zertifizierungen zu begründen. Dies betrifft insbesondere die Einbeziehung der Anhänger und realer Aufbautentypen.

In einem für 2022 avisierten Review wird die EU-Kommission die Wirksamkeit bis-heriger Maßnahmen bewerten und für die Jahre nach 2030 neue Ziele definieren. Dazu zählen unter anderem die Überprüfung der Minderungsvorgaben für 2030, Minderungsvorgaben für Anhänger, die Bewertung der CO2-Werte auf VECTO-Basis im Vergleich zu den Realemissionen, die Analyse zum Stand der Markteinführung von Nullemissionsfahrzeugen, die Bewertung des Aufbaus einer Betankungs- und Ladeinfrastruktur, die Prüfung der Anrechnung von E-Fuels sowie die Bewertung des VECTO-Tools und der festgesetzten Strafzahlungen.

Die schon beschlossenen regulativen Vorgaben für Lkw lassen sich allein mit der Optimierung herkömmlicher Antriebstechnologien nicht erreichen. Stattdessen wird es zukünftig nötig sein, neben CO2-neutralen Kraftstoffen wie zum Beispiel Biomet-han oder E-Fuels vor allem auch andere Antriebstechnologien ins Nutzfahrzeug (Elektro, Brennstoffzelle) zu implementieren. Die Elektrifizierung hat mit Fahrzeugen im Verteilerverkehr sowie bei Stadtbussen begonnen und wird mit der sich weiter entwickelnden Batterietechnologie auch im Fernverkehr Einzug halten. Parallel dazu wird die Brennstoffzelle zur Nutzung von Wasserstoff vor allem im Fernverkehr füh-ren. Eine breite Nutzung synthetischer Kraftstoffe wird insbesondere die CO2-Bilanz der Fahrzeuge im Bestand verbessern. Allerdings müssen dafür schnell die Voraus-setzungen für die Bereitstellung dieser Kraftstoffe geschaffen werden. Dasselbe gilt für den Aufbau einer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge – sowohl im Verteiler- als auch im Fernverkehr. Batterieelektrisch betriebene Nutzfahrzeuge benötigen deutlich größere Ladeleistungen, als heute für Pkw an Schnellladesäulen zur Verfügung gestellt werden.

Die Nutzung synthetischer Kraftstoffe kann die CO2-Bilanz der Fahrzeuge im Bestand verbessern

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62 WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK WIRTSCHAFTS- UND KLIMAPOLITIK 63

wird im Fernverkehr mit dem Sattelzug in Form der Kombination aus Sattel-zugmaschine und Sattelanhänger mit 16,50 Meter Länge und 40t /44 Tonnen Gesamtzuggewicht befördert. Nur in europäischen Ländern, in denen schon seit Längerem Lang-Lkw im Einsatz sind, überwiegt derzeit der Gliederzug in Form einer Kombination aus Motorwagen und mehrachsigen Anhängern. Bedingt durch die hauptsächlich transportier-ten Güter im Nutzfahrzeug ist das zur Verfügung stehende Transportvolumen meist ausgeschöpft, bevor das zulässige Gesamtgewicht erreicht wird. Das legt den Schluss nahe, dass Fahrzeugkom-binationen im Fernverkehr deutlich effizienter eingesetzt werden könnten, wenn sich das Verhältnis des Transport-volumens zum Fahrzeuggesamtgewicht ändern würde. Da Breite und Höhe eines Fahrzeugs infrastrukturbedingt nicht über heute definierte Grenzmaße hinaus vergrößert werden dürfen, ist die Fahrzeuglänge die einzige Variable. Mit einer Verlängerung vergrößert sich auch die Anzahl der Achsen für die Gesamt-fahrzeugkombination, was wiederum zur Verringerung der Einzelachslasten führt.

Deswegen wurde in Deutschland – wie in einigen anderen europäischen Ländern – der Einsatz von Lang-Lkw mit einer Gesamtlänge von maximal 25,25 Metern auf einem definierten Netz erlaubt. Zwei Lang-Lkw können drei konventionelle Lkw ersetzen. Dadurch ergeben sich weniger Fahrten, weniger Kraftstoffverbrauch und weniger Emissionen. Durch den Einsatz von Lang-Lkw können pro transportierte Tonne bzw. pro Transporteinheit (z. B. eine Palette) Kraftstoffeinsparungen und damit niedrige-re CO2-Emissionen von 15 bis zu 25 Prozent gegenüber dem Einsatz herkömmlicher Fahrzeugkombinationen erreicht werden.

Massen und Abmessungen von Nutzfahrzeugen

Heutige Massen und Abmessungen von Nutzfahrzeugen in Europa resultieren aus regulativen Vorgaben, die den uneinge-schränkten Betrieb dieser Fahrzeuge län-derübergreifend sicherstellen sollen. Die 2015 erfolgte, bisher letzte Überarbeitung der EU-Verordnung zum grenzüberschrei-tenden Verkehr (EU) 2015/719 beinhaltete eine Reihe neuer Maßnahmen, deren technische Details 2019 schrittweise ver-öffentlicht worden sind. Mit der Veröffent-lichung der (EU) 2019/1892 wurden die Rahmenbedingungen für die Verlängerung von Führerhäusern bei Lkw und die Nut-zung von aerodynamischen Anbauteilen an Anhängern und Motorwagen beschrie-ben. Somit ist es möglich, Windleiteinrich-tungen am Fahrzeugheck zu montieren, ohne gegen bisher definierte maximale Fahrzeuglängen zu verstoßen. Dasselbe gilt für die Gestaltung von verlängerten Führerhäusern, die die Energieeffizienz der Fahrzeuge verbessern und neue Antriebs-konzepte effektiver umsetzen.

Des Weiteren wurden mit der Verordnung (EU) 2019/1213 die Anforderungen an bordeigene Wiegesysteme definiert. Die Mitgliedsstaaten haben nun gemäß der (EU) 2015/719 die Möglichkeit einer auto-matischen Überwachung von überladenen Fahrzeugen. Die EU-Vorgaben überlassen den Mitgliedsstaaten hier ausdrücklich die Entscheidung, wodurch für die Fahr-zeughersteller leider keine harmonisierte Vorgehensweise in Europa zu erkennen ist. Vor dem Hintergrund der stringen-ten Vorgaben zur CO2-Reduzierung im Straßenverkehr sind noch lange nicht alle Möglichkeiten, durch Anpassungen beim Thema „Massen und Abmessungen“ Effizienzvorteile und CO2-Minderungen zu realisieren, ausgeschöpft.

Ein Großteil der heute in Deutschland auf der Straße transportierten Güter

Fahrzeugkombinationen könnten effizienter sein, wenn sich das Verhältnis des Trans-portvolumens zum Fahrzeuggesamtgewicht ändern würde.

Zwei Lang-Lkw können drei konventionelle Lkw ersetzen.

Die Effizienz des Schienengüterverkehrs muss dringend verbessert werden.

In Deutschland ist zudem – zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2023 – der sogenannte Lang-Lkw Typ 1 in den meisten Bundesländern zugelassen. Dabei handelt es sich um einen um 1,38 Meter verlängerten Sattelzug. Allein dadurch lässt sich bereits eine Reduzierung von Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß um etwa 10 Prozent erreichen.

Aus den Untersuchungen der Bundes-anstalt für Straßenwesen zum Feldver-such Lang-Lkw in Deutschland in den Jahren 2012 bis 2016 ergaben sich kei-ne negativen Effekte mit Bezug auf die Straßeninfrastruktur, keine fahrzeug-technischen Probleme oder sonstige Einschränkungen. Der Lang-Lkw (max. 25,25 Meter) ist aktuell in Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Finnland, Schweden, Portugal, Spanien, Tsche-chien und Deutschland auf bestimmten Straßen bzw. im gesamten Streckennetz im Einsatz. In einigen europäischen Ländern (Spanien, Schweden, Finn-land) sind auch längere (31,50 Meter) und teilweise schwerere (40 Tonnen und 36 Tonnen) Fahrzeugkombinati-onen unterwegs. Grundsätzlich sollte auch der Einsatz derartiger Varianten als Maßnahme zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Verkehr in Deutsch-land geprüft werden.

Für den effizienten Einsatz von Lang-Lkw sollte möglichst schnell der grenzüber-schreitende Einsatz dieser Fahrzeug-kombinationen zwischen den Ländern, die heute den Einsatz dieser Fahrzeuge erlauben, gestattet werden. Das betrifft insbesondere Deutschland, Schweden, Belgien, Finnland, Tschechien und die Niederlande. Da die EU hierfür keine Vorgaben in der (EC) 96/53 macht, sind bilaterale Vereinbarungen notwendig. Zudem müsste geprüft werden, ob auch

das Sattelkraftfahrzeug mit verlängertem Sattelauflieger mit 17,88 Meter Länge in der (EG) 96/53 definiert und für diesen Typ die Maße bezüglich der Ladelänge und der Sattelzapfen entsprechend ange-passt werden können.

Neben den Anpassungen bei räumlichen Grenzmaßen gibt es auch Diskussionen, die aktuellen Gewichtsgrenzen zu über-denken. Damit könnte auch die Energie-effizienz bei den Transporten verbessert werden, die gewichtskritisch sind und bei denen das zulässige Gesamtge-wicht und nicht das Transportvolumen der limitierende Faktor ist. Erfahrungen aus anderen europäischen Mitglieds-staaten legen nahe, dass weniger das Gesamtzuggewicht bei Betrachtungen zur Verkehrssicherheit und zur Straßen-belastung, sondern eher Achslasten eine entscheidende Rolle spielen. Dies zeigt der Einsatz von aus deutscher Sicht sehr schweren Nutzfahrzeugkombinationen in den Niederlanden, in Dänemark, Schwe-den und Finnland.

Bei einer Anpassung der derzeit gel-tenden Gewichtsgrenze von 40 Tonnen könnte analog auch die für den Vor- und Nachlauf im kombinierten Verkehr geltende Grenze von 44 Tonnen entspre-chend angehoben werden. Ohnehin sind für die Verladung schwerer Güter Schiene und auch Binnenschiff oft die Verkehr-sträger erster Wahl. Daher sollten auch weiter alle Anstrengungen unternommen werden, die Effizienz des Schienengü-terverkehrs zu verbessern und seine Kapazitäten auszubauen. Dennoch wird es immer Transporte geben, die aufgrund fehlender Bahnanschlüsse oder zu gerin-ger Entfernungen mit dem Lkw durchge-führt werden. Auch für diese Transporte sollten Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz genutzt werden.

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Für die deutsche Automobilindustrie birgt die Globalisierung große Chancen. Der Erfolg der Branche basiert auf einem stabilen internationalen Handel. Um Deutschland und Europa als Produktionsstandort zu sichern und zu stärken, ist freier, regelbasierter Handel unabdingbar.

Handel und Außenwirt-schaft

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19 %

Vom VK in die EU

Top 10 Abnehmer außerhalb der EU

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5 % 2 % 1 % 1 % 1 %

Tausende

Pkw-Exporte aus dem Vereinigten Königreich

EU als größter Exportmarkt

Quelle: SMMT

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66 HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT 67

Der Brexit

Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU am 31. Januar 2020 begann die sogenannte Übergangsphase, in der die bisherigen Regelungen bestehen bleiben sollen. Sie gilt bis zum Jahresende 2020 und soll nach dem Willen des VK nicht ver-längert werden, obwohl dies möglich gewesen wäre. Ein harter Brexit konnte vorerst vermieden werden. Gerade im Bereich Automobilbau sind die Volkswirtschaften der EU-Mitgliedsstaaten und das Vereinigte Königreich eng miteinander verflochten: Viele Zulieferteile aus dem VK werden weiterverarbeitet und danach in andere Länder exportiert. Das Vereinigte Königreich ist der größte Pkw-Exportmarkt für die deutschen Hersteller. Im Gegenzug geht mehr als die Hälfte der britischen Pkw-Exporte in die Europäische Union.

Das neue Verhältnis sollte umfassend und auf der Basis der bisherigen politischen Erklärung und des Austrittsvertrags geregelt werden, um eine möglichst enge Bindung zwischen Großbritannien und der EU beizubehalten und weiterhin einen reibungs-losen Handel zu gewährleisten. Ein Ende der Übergangsphase ohne oder mit einem wenig ambitionierten Abkommen muss auf jeden Fall vermieden werden. Es ist wichtig, dass das Abkommen für den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU einen dauerhaften Verzicht auf die Erhebung von Zöllen vorsieht. Zollfor-malitäten sollten vereinfacht werden, um einen reibungslosen Materialfluss an den Grenzen sicherzustellen und den administrativen Aufwand sowohl für Unternehmen als auch für die Zoll- und Steuerbehörden zu minimieren. Das neue Verhältnis muss auch die regulatorische Zusammenarbeit im Blick haben.

Die Automobilindustrie unterstützt alle Bestrebungen für ein enges, konstruktives und vertrauensvolles neues Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Die Herausforderungen, vor denen die Automobilindustrie auf beiden Seiten des Ärmelkanals steht, gilt es gemeinsam zu gestalten.

Im Bereich Automobilbau sind die Volks-wirtschaften der EU-Mitgliedsstaaten und das Vereinigte Königreich eng miteinander verflochten.

Deutsche Hersteller und Zulieferer produzie-ren in über 100 eigenen Produktionsstätten im Vereinigten Königreich.

Die Automobilindustrie unterstützt alle Bestrebungen für ein konstruktives neues Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU.

Durch den Brexit hat die Europäische Union mit dem Vereinigten Königreich (VK) ein starkes Mitglied verloren. Die deutsche Automobilindustrie bedauert den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und appelliert an die Verhandlungspartner in London und Brüssel, die Übergangsphase nach dem Brexit zu einer raschen und umfassenden Klärung aller offenen Fragen in den künftigen Wirtschaftsbeziehungen zu nutzen. Es muss alles getan werden, um eine Störung der grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen und Wertschöpfungsketten in Zukunft zu vermeiden.

Starke Verflechtung in der Automobilindustrie erfordert enge Zusammenarbeit

Das Vereinigte Königreich und Deutschland sind wichtige Partner in der Automobilin-dustrie. Deutsche Hersteller und Zulieferer produzieren in über 100 eigenen Produk-tionsstätten im VK. Zahlreiche Zulieferer sind im VK vertreten. Die britischen Fabriken sind eng mit denen in der EU 27 verbunden, manchmal überqueren Teile den Kanal mehrmals, bevor das Fahrzeug fertiggestellt ist. Die Zulieferer im Vereinigten König-reich sind stark vom EU-Markt abhängig.

Das Vereinigte Königreich ist – nach Deutschland – der zweitgrößte Pkw-Markt in Europa mit ca. 2,3 Mio. Neuzulassungen im Jahr 2019. Allerdings ging die Pkw- Produktion dort in den letzten drei Jahren auf 1,3 Mio. Pkw zurück, und 81 Prozent dieser Fahrzeuge wurden exportiert (2019). 55 Prozent der exportierten Fahrzeuge gingen in EU-Länder. Unternehmen, die im Vereinigten Königreich produzieren, sind demnach entscheidend von Exporten auf den europäischen Kontinent abhängig. Zölle und andere Hemmnisse würden diesen Handel stark beeinträchtigen.

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68 HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT 69

Der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr, die Kapitalfreiheit und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen dem Vereinigten Kö-nigreich und den EU-Mitgliedsstaaten sollte auch in Zukunft erhalten bleiben.

Gleichzeitig machen Importe einen sehr großen Anteil des britischen Automarktes aus – 2019 waren es 89 Prozent. Der britische Automobilsektor importierte im Jahr 2018 einen Handelswert von 57 Mrd. Pfund.

Gemessen am Volumen war das Vereinigte Königreich 2019 der größte Exportmarkt für die deutschen Automobilhersteller. Rund 593.000 Neufahrzeuge wurden 2019 von Deutschland nach Großbritannien exportiert; das entspricht 17 Prozent aller expor-tierten Autos. Auch Zulieferer exportieren in das VK. Ab 2021 handelt es sich dann um Exporte in einen Drittstaat und nicht mehr um die Ausfuhr in einen Binnenmarkt.

Ausblick auf das zukünftige Verhältnis

Aus Sicht der deutschen Automobilindustrie sollte alles darangesetzt werden, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, die Kapitalfreiheit und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen dem Vereinigten Königreich und den EU-Mitgliedsstaaten auch in Zukunft zu erhalten. Die Verhandlungen sollten zu einem Ergebnis führen, das die weitere Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand sowohl der EU als auch des Verei-nigten Königreichs sicherstellt.

Ein Freihandelsabkommen ist für beide Seiten besser als gar kein Abkommen, aber es wird nicht ausreichen, um einen völlig reibungslosen Handel zu garantieren.

Die anhaltende Unklarheit über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich schafft erhebliche Unsicherheiten für den Automobilsektor, was zu negativen Auswirkungen auf beiden Seiten führt.

VDA-Brexit-Task-Force

Seit der Abstimmung über den Austritt hat der VDA ausführlich über die Auswirkungen informiert und seine Mitglieder unterstützt, insbesondere mit der eigens für den Brexit eingesetzten VDA-Brexit-Task-Force. Zahlreiche Brexit-Informationsveranstaltungen wurden angeboten und Hilfestellung gegeben.

Das Freihandelsabkommen sollte:

· alle Wirtschaftszweige umfassen,

· keine Zölle und Quoten vorsehen,

· einfache Ursprungsregeln enthalten (inkl. Kumulierung),

· klare und restriktive Vorschriften über Subventionen beinhalten,

· die regulatorische Zusammenarbeit zwischen der EU-27 und dem Verei-nigten Königreich regeln, um neue nichttarifäre Handelshemmnisse zu verhindern,

· Dienstleistungen und Investitionen sowie Wettbewerb, öffentliches Auf-tragswesen und Schutz der Rechte des geistigen Eigentums abdecken,

· eine Struktur für Streitbeilegung schaffen.

· ein umfassendes Papier „VDA on the Future Relation with the United Kingdom“; dieses Papier wird regelmäßig aktualisiert, zuletzt im Juni 2020. (QR-Code 1)

· VDA-Vorschlag zu einer vereinfachten Zollabwicklung zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich im Rahmen einer Selbstveranlagung. (QR-Code 2)

· Eine VDA-Position zu den Ursprungsregeln im Abkommen mit dem VK: „Rules of origin in the prospective EU-UK free trade agreement“ (auf Englisch). (QR-Code 3)

· VDA-Papier zu Lithium-Ionen-Zellen und Ursprungsregeln in EU- Freihandelsabkommen. (QR-Code 4)

Links zu den Themen:

Es bleibt zu hoffen, dass sich die Verhandlungspartner einigen. Der VDA setzt auch in der Zukunft auf eine gute Zusammenarbeit mit den Partnern aus dem VK.

Der VDA hat mehrere Positionspapiere zum zukünftigen Verhältnis zum Vereinigten Königreich erstellt:

QR-Code 1 QR-Code 2 QR-Code 3 QR-Code 4

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Märkte mit hohen ZollhürdenAusgewählte Länder mit hohen Zöllen auf Pkw

Quelle: Europäische Kommission, VDA

BrasilienThailand

Vietnam

Indien

Indonesien

Argentinien

125 %

80 %

35 %

70 %

50 %

35 %

WTO-Mitglieder

WTO-Mitglieder Quelle: WTOBeobachter in Beitrittsverhandlungen

70 HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT 71

Außenwirtschaft

Für die deutsche Automobilindustrie ist der Zugang zu den Weltmärkten von entscheidender Bedeutung. Das gilt sowohl für den Absatz als auch für die Produktion von Fahrzeugen und Teilen. Noch nie wurden so viele Pkw deutscher Konzernmarken im Ausland produziert wie im Jahr 2019. Gleichzeitig ist der Anteil der Exporte an der Produktion im Heimatmarkt Deutschland mit 75 Prozent nach wie vor sehr hoch. Mehr als 60 Prozent der Exporte gehen in Drittstaaten außerhalb der EU-27 und sind somit oftmals hohen Einfuhr- zöllen und anderen nichttarifären Handelshemmnissen ausgesetzt. Um diese Hemmnisse zu vermeiden, wird

Die deutsche Automobilindustrie unterstützt die Bemühungen der EU, Freihandelsab-kommen mit wichtigen Handelspartnern abzuschließen. Handel und Globalisierung bleiben Treiber

von Wohlstand und Arbeit.

oftmals im jeweiligen Markt produziert. Die deutsche Automobilindustrie unter-stützt die Bemühungen der EU, Frei- handelsabkommen mit wichtigen Handel-spartnern abzuschließen und mit Leben zu erfüllen. Denn Handel kann für alle Beteiligten Vorteile bringen, wenn er fair und nachhaltig ist: So bleiben Deutsch-land und Europa als Produktionsstandort attraktiv und die Partnerländer profi- tieren ebenfalls von besseren Export-möglichkeiten.

Gerade in der Automobilindustrie ist es für die vielen mittelständischen Unterneh-men besonders wichtig, Zugang zu den Weltmärkten zu haben. Für die Automo-bilhersteller und vor allem für ihre Mitar-beiter ist es entscheidend, in Deutschland zu attraktiven Rahmenbedingungen pro-duzieren zu können. Die Bemühungen zur Marktöffnung sind daher vor allem für die Arbeitnehmer in Deutschland und Europa wichtig. Viele Länder versuchen nach wie vor, mit hohen Zöllen ihren Markt zu schützen und Investitionen anzulocken (siehe Abbildung 1).

Die Corona-Pandemie hat die protektio-nistischen Tendenzen eher noch verstärkt: Der Trend zu lokalem Einkauf ist deutlich gestiegen, was angesichts der Krise viel-leicht nachvollziehbar ist. Die weltweite Corona-Krise sollte jedoch nicht zum An-

Freihandelsabkommen: oft kritisiert, aber vorteilhaft für alle

lass genommen werden, die internationale Zusammenarbeit und grenzüberschrei-tende Wertschöpfungsketten langfristig einzuschränken. Denn die Globalisierung hat bei all ihren Herausforderungen überwiegend Wohlstand und vor allem eine Verbesserung der Lebensumstände gebracht. Auch Umweltschutz muss finanziert und vor allem global koordiniert werden.

Protektionismus und Abschottung führen schnell zu weiteren Konflikten, wie es die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA, China und der EU zeigen. Konstruktive Zusammenarbeit auf multilateraler und bilateraler Ebene ist auf jeden Fall natio-nalen Alleingängen vorzuziehen. Daher unterstützt die deutsche Automobilindus-trie auch die Arbeit der Welthandels- organisation (WTO) und deren Reform.

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Nichttarifäre Handelshemnisse

*Non-tariff barriers to trade

langwierige und komplexe Zollverfahren

Komplexes regulatorisches Umfeld

Unberechtigte Verpackung, Etikettierung, technische Produktnormen

NTBs*

Staatliche Subventionen

Festlegung eines Mindesteinfuhrpreises

Zusätzliche Abgaben z.B. „Recycling Fees“

„Buy National“ Policy

Kontrolle des Devisenmarktes

Importlizenzen

Allgemeine/ Produkt-spezifische Dokumente

Einfuhrverbote

Zusätzliche Handelsdokumente

Quelle: VDA

72 HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT 73

In keiner anderen Organisation kommen so viele Handelspartner zusammen wie in der WTO in Genf. Aktuell hat die WTO 164 Mitglieder und zusätzlich 24 sogenannte Beobachter. Seit ihrer Gründung als Nachfolgeorganisation des GATTs im Jahr 1995 hat die Weltwirtschaft mehrere Krisen überwunden und die Globalisierung ist weiter vorangeschritten. Die WTO baut auf dem Konsens unter den Mitgliedern auf – was auch zu Problemen führen kann. Die Funktionskrise des Schiedsgerichts aufgrund der Nichtbesetzung von Richterstellen durch die USA zeigt, wie sensibel das Verhältnis ist. Es ist daher wichtig, dass mit den USA und den anderen Mitgliedern ein Kompromiss gefunden wird, der die Funktionsfähigkeit der WTO sicherstellt.

Hohe Zölle und andere nicht-tarifäre Handelshemmnisse („NTB – non-tariff barriers“) in vielen Ländern stellen eine Herausforderung für den Standort Europa dar. Exporte werden teurer oder sogar unmöglich. Beispiele sind Abgaben, die teilweise über 100 Prozent des Preises ausmachen – wie zum Beispiel auf Exporte nach Indien. Viele Länder im ASEAN-Verbund erheben Zölle deutlich über 50 Prozent. In den großen Ländern des Mercosur zahlen Importeure 35 Prozent Einfuhrzoll auf Pkw. Auch bei den Nutzfahrzeugen gibt es hohe Zölle: So fordern die USA 25 Prozent und auch die EU erhebt 22 Prozent Einfuhrzoll auf große Nutzfahrzeuge. Hier kann mit der Verhandlung von Freihandelsabkommen noch einiges erreicht werden – wenn beide Partner dazu bereit sind. Die deutsche Automobilindustrie unterstützt die EU bei ihren Anstrengungen, den Abbau von Handelshemmnissen voranzutreiben.

WTO als Garant für den fairen Handel stärken.

Der zunehmende Protektionismus fordert den Standort Deutschland und die EU heraus.

Gleichzeitig ist aber auch darauf zu achten, dass die EU keine neuen Hemmnisse aufbaut, die zu Konflikten führen. Die von der Europäischen Kommission angekündigte Einführung eines Grenzausgleichs für CO2 („Carbon Border Measure“) hat das Potenzial, Konflikte mit anderen Handelspartnern zu schüren. Diese Maßnahme sollte daher WTO-konform im Konsens mit den Handelspartnern gestaltet werden und nicht zu neuen administrativen Belastungen für die Unternehmen führen. Der VDA hat zur Idee des Grenzausgleichs eine Position veröffentlicht (siehe QR-Code) und begleitet den Prozess konstruktiv.

Protektionismus ist nicht immer offen erkennbar. Viele Staaten setzen bei ihrer Politik auf nichttarifäre Handelshemmnisse. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Einer mag darin liegen, dass aufgrund von Vereinbarungen Zollerhöhungen nicht möglich sind. So hat zum Beispiel Russland nach dem WTO-Beitritt neue Abgaben eingeführt, wie die sogenannte Recyclingabgabe für Fahrzeuge. Diese Abgabe muss beim Import sofort entrichtet werden und wirkt daher wie ein Zoll, obwohl er offiziell keiner ist. Aufgrund von teilwiese prohibitiv hohen Recycling-Abgaben sind frühere Exporte, insbesondere im Bereich der Nutzfahrzeuge, deutlich zurückgegangen. Den lokalen Produzenten bietet Russland Subventionen zum Ausgleich. Das Beispiel verdeutlich, dass neben den Einfuhrabgaben auch die lokalen Beihilfen betrachtet werden müssen, um ein umfassendes Bild von der Wettbewerbssituation zu erhalten.

Freihandelsabkommen als Unterstützung für die Industrie

Der internationale Handel und grenzüberschreitende Lieferketten sind wesentliche Bestandteile und Erfolgsfaktoren für die globale Automobilindustrie. Abschottung und Marktzugangsbeschränkungen führen zu hohen Kosten, Preisen und Handelskon-flikten. Daher setzt sich die deutsche Automobilindustrie für Freihandel ein, der ein Level-Playing-Field für alle bietet und den jeweiligen Entwicklungsstand der beteiligten Partner berücksichtigt.

Bei der Beseitigung von Marktzugangshemmnissen spielen die Freihandelsabkommen der EU eine zentrale Rolle. Die EU verfügt über ein Netzwerk, das von Mexiko über Ka-nada bis nach Singapur oder Südkorea reicht und ständig erweitert oder erneuert wird (siehe Tabelle). Mit dem Abkommen der EU mit den Staaten des Mercosur steht das erste Freihandelsabkommen an, das der südamerikanische Verbund abschließt. Das Abkommen mit dem Mercosur hat eine hohe Priorität für die deutsche und europäi-sche Automobilindustrie, denn die Länder des Mercosur sind wichtige Zukunftsmärkte. Argentinien und Brasilien erheben mit 35 Prozent sehr hohe Einfuhrzölle auf Fahrzeuge, auch auf Zulieferteile fallen Zölle bis zu 18 Prozent an. Das bereits verhandelte, jedoch noch nicht final verabschiedete Abkommen würde zudem auch die Kooperation in regulatorischen Themen verbessern und nichttarifäre Hemmnisse abbauen. Schließlich bietet eine vertiefte Kooperation in Zeiten der Unsicherheit und des aufkeimenden Protektionismus große Chancen, gemeinsam die Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes zu meistern.

Die Industrie in Europa und im Mercosur steht gemeinsam hinter diesem Abkommen, es bietet enorme Chancen für beide Seiten, denn auch die EU erhebt teilweise noch sehr hohe Zölle auf Importe. Bedauerlicherweise regt sich in der EU Widerstand gegen den Abschluss des Abkommens, insbesondere aus dem Bereich der Landwirtschaft und von NGOs, die zum Beispiel die teilweise Abholzung des Amazonasgebiets kritisch sehen. Doch auch hier gilt, dass eher durch Kooperation als durch Konfrontation Lösungen gefunden werden können.

Die Länder des Mercosur sind wichtige Zukunftsmärkte.

VDA Position zu einer möglichen CO₂-Grenzausgleichsmaßnahme:

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Wichtige Freihandelsabkommen für die Automobilindustrie

Partnerregion

Vereinigtes Königreich

Mexiko

China

Indonesien

Philippinen

Thailand

USA

ASEAN

Umfassendes Freihandelsabkommen

Modernisierung des bestehenden Abkommens

Investitionsabkommen; Investitionsschutz und Marktzugang

Freihandelsabkommen

Freihandelsabkommen

Freihandelsabkommen

Abkommen zur Konformitäts- bewertung und Zollerleichterungen für industrielle Güter

Umfassendes Abkommen mit ASEAN als Region

Drei von fünf Verhandlungsrunden abgeschlossen. Mehr Fortschritte in den Themen Waren und Dienst- leistungen als in den Themen Level- Playing-Field und Fischerei

Einigung über den Handelsteil im April 2018. EU-interner finaler Abstimmungsprozess im Gange.

Verhandlungen seit 2013

Verhandlungen seit 2016

Verhandlungen seit 2016

Verhandlungen seit 2013,seit Militärputsch eingefroren

Quelle: Europäische Kommission, Ongoing Trade Negotiations

Mandatserteilung im April 2019, weitere Schritte in Planung

Verhandlungen begannen im Juli 2007. Fortführung der Verhandlun-gen ab 2009 in bilateralem Format. Ab 2018 Gespräche zur Aufnahme der regionalen Verhandlungen.

0 %

25 %

Malaysia Freihandelsabkommen Verhandlungen seit 2010,zurzeit Pause

30 %

50 %

30 %

80 %

2,5 % Pkw25 % (Nfz)

MercosurVerhandlungsdirektiven von 1999 Nach knapp 20 Jahren Einigung

über den Handelsteil im Juni 2019. EU-interner finaler Abstimmungsprozess im Gange.

35 %

Bis zu 80% (tbc)

Stand der VerhandlungenInhalt des Abkommens Zölle auf Pkw

IndienUmfassendes Freihandelsabkommen

Verhandlungsmandat seit 2007, nach zwölf Verhandlungsrunden Unterbrechung seit 2013, Gespräche über Fortsetzung laufen

Bis zu 100 %

74 HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT 75

Weitere Prioritäten für die deutsche Automobilindustrie haben Abkommen mit China (Investitionsabkommen), den ASEAN-Staaten und Indien. Handels- und Investitions-abkommen tragen in der Automobilindustrie zur Stärkung des Wirtschaftszweiges und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bei. Sie helfen Unternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch sie können deutsche und europäische Unternehmen im Ausland besser konkurrieren und mehr in Länder und Regionen außerhalb der EU exportieren. Gleich-zeitig profitieren die Partnerländer von einem verbesserten Zugang zu den Märkten der EU. Marktzugang und wettbewerbsfähige Preise sind zudem Türöffner für benötigte Rohstoffe und andere Einkäufe entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Die Zukunft der Globalisierung und des regelbasierten Handels

Die Corona-Krise darf nicht zu mehr Nationalismus und Protektionismus führen. Die Auswirkungen der Pandemie zeigen, wie eng die Menschen weltweit verbunden sind und wie wichtig es ist, zu kooperieren und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

Nicht erst seit Beginn der Corona-Krise gibt es Forderungen nach Rückverlagerung von Produktionen und damit vermeintlich verloren gegangener Wertschöpfung. Die Sicherung der Standorte in Deutschland und der EU ist eine wichtige Aufgabe – allerdings ist sie nur über den Erhalt und die ständige Verbesserung der Wettbewerbs- fähigkeit zu erreichen und nicht über Abschottung. Aus Sicht der deutschen Automobilindustrie hat die Globalisierung wesentlich zum Erhalt und Aufbau von Wert- schöpfung und Arbeitsplätzen im Heimatmarkt beigetragen. Gleichzeitig investieren die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie im Ausland und schaffen damit Know-how-Transfer und Arbeitsplätze für weniger entwickelte Regionen der Welt.

Mit über 2.500 Produktionsstätten und den entsprechenden Arbeitsplätzen im Ausland tragen die Mitgliedsunternehmen des VDA ganz wesentlich zum weltweiten Wohlstand bei. Die deutsche Automobilindustrie ist durch die Vielzahl von Zulieferern, Produktionsstandorten und komplexen Kundenbeziehungen im Kern eine europäische Industrie. Ein „Reshoring“, also eine Rückverlagerung von Produktionen nach Deutsch-land, hätte somit auch negative Auswirkungen auf die europäische Wertschöpfung. Die Corona-Krise und der zunehmende Protektionismus werden aber zu einer aufmerk-samen Überprüfung und möglicherweise auch zu einer Diversifizierung der aktuellen Lieferketten führen. Nationalismus und Abschottung können aber nicht die Antwort auf die Krise sein. Konstruktive multilaterale Zusammenarbeit unter dem Dach der WTO ist wichtiger denn je. Supranationale Organisationen wie die G20 und die hiermit verbundene Business Community der B20 (Business 20, die Stimme der Wirtschaft der G20-Länder) sind ebenfalls wichtige Gremien, in denen im Konsens und für den Freihandel entschieden wird.

Eine Rückverlagerung von Produktionen nach Deutschland hätte negative Auswirkun-gen auf die europäische Wertschöpfung.

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76 HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT 77

Außenwirtschaftsförde-rung und Entwicklungs-zusammenarbeit

Traditionelle Außenwirtschaftsförderung im VDA

Aufgrund der hohen Bedeutung von Auslandsproduktion und Exporten unterstützt der VDA seine Mitglieder beim Marktzugang weltweit. Neben der inhaltlichen Begleitung von politischen Prozessen bietet der VDA seinen Mitgliedern Informationen zu Märkten und Rahmenbedingungen. Bei konkreten Problemen vermittelt der Verband Gespräche mit den relevanten Stakeholdern. Ein weiteres wichtiges Instrument sind die Begleitung auf Auslandsmärkte über Delegationsreisen und die Organisation von B2B-Veranstaltun-gen. Zudem beteiligt sich der VDA am offiziellen Auslandsmesseprogramm der deutschen Bundesregierung (für Informationen QR-Code scannen). Dabei wählt der VDA in Abstimmung mit seinen Mitgliedern ausgesuchte Messen aus und beantragt deren Unterstützung. Erfolgreiche Auftritte gab es in den vergangenen Jahren unter anderem in China, Indien, den USA, Russland, Brasilien und Südkorea. Neben den traditionellen Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung nimmt die Entwicklungs- zusammenarbeit eine wichtige Rolle im VDA ein.

Entwicklungszusammenarbeit im VDA

Die deutsche Automobilindustrie engagiert sich seit vielen Jahren in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem VDA und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Rah-men des sogenannten EZ-Scout-Programms wird weitergeführt und ausgebaut. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfügt über ein engmaschiges Netzwerk von lokal ansässigen Experten sowie ein breites Angebot an Förder- und Kooperati-onsmöglichkeiten. Diese Partnerschaft verläuft zum gegenseitigen Nutzen: Sie hilft der Automobilindustrie, Zugänge zu oftmals schwierigen Märkten zu bekommen und in Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Strukturen die sich bietenden Markt-chancen zu nutzen. Gleichzeitig ist es im entwicklungspolitischen Interesse, durch Einbindung der Privatwirtschaft die Perspektiven vor Ort zu verbessern, Arbeitsplätze in Partnerländern zu schaffen und somit auch mittelbar Fluchtursachen zu bekämpfen.

Der VDA und die Unternehmen der Automobilindustrie beteiligen sich beispiels-weise am Aufbau von Ausbildungszentren, robusten Lieferketten, innovativen Logis-tikkonzepten, Mobilitätsangeboten und neuen Verbändepartnerschaften. Darüber hinaus wird auch im Zuge der internationalen Energiewende die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern intensiviert. Ziel ist der Aufbau lokaler Produktionskapazitäten für strombasierte Kraftstoffe (E-Fuels), die in Regionen mit günstigen Bedingungen für die Produktion von erneuerbaren Energien zu konkurrenzfä-higen Kosten bereitgestellt werden können. Der im VDA ansässige EZ-Scout steht den Mitgliedern als Ansprechpartner für Projekte der Entwicklungszusammen- arbeit zur Verfügung.

Verbändepartnerschaft mit Indien

Derzeit besitzen nur etwa 3 Prozent der indischen Bevölkerung ein Auto – in Deutsch-land sind es hingegen fast 70 Prozent. Doch der Anteil Indiens am Weltautomobilmarkt wird sich nach aktuellen Prognosen bis zum Jahr 2025 nahezu verdoppeln. Daher ist Indien ein wichtiger Wachstumsmarkt für die deutsche Automobilindustrie, der als Produktionsstandort und Lieferantenbasis vielfältige Chancen bietet.

Der VDA unterstützt die nachhaltige Entwicklung der Automobilindustrie in Indien. Die seit 2017 etablierte Verbändepartnerschaft zwischen dem indischen Herstellerverband Society of Indian Automobile Manufacturers (SIAM), dem indischen Zuliefererver-band Automotive Component Manufacturers Association of India (ACMA) und dem Verband der Automobilindustrie (VDA) will mit Förderung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der sequa GmbH den Austausch zwischen den Akteuren der Automobilindustrie stärken und den VDA-Mit-gliedsunternehmen beim Marktzugang Hilfestellung leisten.

Im Rahmen von Konferenzen, Workshops und gemeinsamen Studien führt die Verbän-departnerschaft unter Einbeziehung der Mitgliedsunternehmen aus beiden Ländern einen intensiven Dialog zu den Zukunftsthemen der Branche; darunter insbesondere Elektromobilität, alternative Kraftstoffe und autonomes Fahren. Aber auch freier und fairer Handel zwischen beiden Ländern und Herausforderungen bei den Lieferketten, wie sie die Corona-Krise offengelegt hat, sind Themen der Partnerschaft. So knüpft diese Kooperation mit Unterstützung der deutschen und indischen Regierung ein enges Band zwischen der deutschen und indischen Automobilindustrie.

Seit vielen Jahren engagiert sich die deut-sche Automobilindustrie in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Seit 2017 gibt es eine Partnerschaft zwischen dem indischen Automobilherstellerverband Society of Indian Automobile Manufacturers (SIAM), dem indischen Zuliefererverband Automotive Component Manufacturers Association of India (ACMA) und dem VDA.

Die Verbändepartnerschaft unterstützt VDA-Mitglieder auf vielfältige Weise:

· Hilfestellung bei der Bewältigung von Marktzu-gangshemmnissen (technische Regularien etc.)

· Beratung bei Investitionsvorhaben

· Informationen zu Qualitätsmanagement

· Kontaktvermittlung zu ACMA und SIAM und deren Mitgliedern

· Kontaktvermittlung zu weiteren Akteuren der indischen Automobilindustrie und Kammern wie der IGCC (AHK)

· Unterstützung bei Messeauftritten in Indien (German Pavilion, Auto Expo in Neu-Delhi)

Auslandsmesseprogramme des Bundes 2020:

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Verbändepartnerschaft Deutschland - Indien

Quelle: VDA

Elektromobilität

Alternative Kraftstoffe

Freier und fairer Handel

Skilling und Berufsausbildung

Verbändepartnerschaft Deutschland - AfrikaAktivitätenfelder

Kapazitätsentwicklung und Aufbau

Entwicklung der Mitgliederstruktur (KMUs & nationale Verbände)

Ausweitung auf Zulieferer & andere Branchen

Unterstützung der Vertretungsfunktion

Quelle: VDA

Aufbau des HauptamtsEntwicklung länder-übergreifender Standards für Produkte der AI

Abbau von Handelsbarrieren in Afrika und im Verhältnis EU-Afrika

Verbesserung des Investitionsklimas für die AI

Aufbau von PPD-Mechanismen

Unterstützung bei Marketing und Imageaufbau

78 HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT HANDEL UND AUSSENWIRTSCHAFT 79

Die Verbändepartnerschaft zwischen dem VDA und den indischen Schwesterverbänden ACMA und SIAM wurde vom BMZ aufgrund des erfolgreichen Verlaufs um eine zweite Phase bis Dezember 2022 verlängert. Im Rahmen des Projekts hat der VDA eigene Ansprech- partner in Berlin sowie einen eigenen Ansprechpartner im Projektbüro in Neu-Delhi.

Das „PartnerAfrika“-Projekt

Die Bevölkerung in Afrika wächst weiter. Immer mehr junge Menschen strömen auf den Arbeitsmarkt und hoffen, eine Beschäftigung zu finden, die ihren Lebensunterhalt sichert und ihnen eine Zukunftsperspektive verspricht. Der Bedarf an neuen Arbeits-plätzen liegt bei rund 20 Millionen pro Jahr. Viele davon könnten durch aufstrebende afrikanische Unternehmen oder die Investitionen ausländischer Unternehmen geschaf-fen werden. Allerdings schränken Investitions- und Handelshemmnisse die Aktivitäten der Privatwirtschaft in Afrika stark ein. Unzureichend qualifizierte Fachkräfte, man-gelnde Infrastruktur und unterentwickelte Märkte stellen den Privatsektor vor große Herausforderungen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt mit der „Sonderinitiative Ausbildung und Beschäfti-gung“ deutsche, europäische und afrikanische Unternehmen und Investoren bei ihrem Engagement in Afrika. Die Verbändepartnerschaft zwischen dem Verband Association of African Automotive Manufacturers (AAAM) und dem Verband der Automobilindustrie (VDA) will in diesem Rahmen den Aufbau des Partnerverbandes stärken und damit letztendlich zur weiteren Industrialisierung des afrikanischen Kontinents beitragen.

Bereiche wie digitale Wirtschaft und nachhaltige Mobilität weisen besonders hohes Entwicklungspotenzial auf. Der Automobil- und Logistiksektor nimmt durch seine nachhaltige Wertschöpfung in den Zuliefernetzwerken, Montagewerken, Distributions-strukturen und panafrikanischen Handelsbeziehungen eine Schlüsselstellung ein und bietet großes Innovations-, Wachstums- und Jobpotenzial für den afrikanischen Konti-nent. Im Rahmen der Verbändepartnerschaft hat der VDA eigene Ansprechpartner in Berlin sowie einen eigene Ansprechpartnerin im Projektbüro Johannesburg. Das Projekt startete am 1. Juni 2020 und endet zunächst im Dezember 2023.

Der Automobilsektor bietet großes Innova-tions-, Wachstums- und Jobpotenzial für den afrikanischen Kontinent.

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Das Auto wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle in unserem Mobilitätssystem behalten. Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen – und das in allen Facetten zu erfüllen, ist eine immer größere Herausforderung für unsere Gesellschaft.

Verkehr und Infrastruktur

04

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in Mrd. €

Quelle: BMVI, Pro Mobilität e.V.* 2020: Sollwert; 2021-2023: PlanwerteAus Steuern Aus Lkw-Maut

Bundesfernstraßeninvestitionen 2003-2023

02003

1

2

3

4

5

6

7

8

9

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 *2020 2021 2022 2023

82 VERKEHR UND INFRASTRUKTUR VERKEHR UND INFRASTRUKTUR 83

Infrastruktur

Lange Jahre ist viel zu wenig in das deutsche Straßennetz investiert worden. Dadurch ist der Investitionsstau, den der Fiskus vor sich hergeschoben hat, immer weiter angewachsen. Im Jahr 2016 war das Bundesverkehrsministerium davon aus-gegangen, dass für eine bedarfsgerechte Bundesfernstraßenfinanzierung rund 7 Mrd. Euro investiert werden müssten. Das Institut der deutschen Wirtschaft hatte dafür sogar über 8 Mrd. Euro ver-anschlagt. Tatsächlich hatten die Investiti-onen trotz zunehmender Einnahmen des Fiskus aus dem Straßenverkehr in den Jahren 2000 bis 2016 aber nur ein durch-schnittliches Niveau von 5,3 Mrd. Euro.

Heute müssten für eine bedarfsgerechte Finanzierung sogar noch mehr als die im Jahr 2016 geschätzten 7 bis 8 Mrd. Euro veranschlagt werden. Der Grund: Bis 2019 sind laut Statistischem Bundesamt die Kosten für Straßenbaumaßnahmen um über 17 Prozent gestiegen. Hinzu kommt, dass seit 2016 die Investitionen in die Bundesfernstraßen zwar merklich gewachsen, aber dennoch hinter dem Bedarf zurückgeblieben sind. Der seither entstandene und künftig abzuarbeiten-de Investitionsstau muss also noch mit eingerechnet werden.

Weil der Ausbau so lange nicht vorankam, summierten sich die Staus im Jahr 2019 auf 1,42 Mio. Kilometer Länge – und das nur im Autobahnnetz. 521.000 Stunden hat das die Autofahrer gekostet. Darin ist

Die Investitionen in die deutschen Bundes-fernstraßen bleiben weiterhin hinter dem Bedarf zurück.

An den deutschen Autobahnen fehlen bis zu 23.000 Parkplätze für Lkws.

noch nicht der Zeitaufwand enthalten, der entsteht, wenn wichtige Brücken für schwere Fahrzeuge über Monate oder gar Jahre gesperrt werden und diese Fahrzeuge dann teils sehr lange Umwege fahren müssen. Nicht zuletzt werden da-bei unnötig viele Millionen Liter Kraftstoff verbraucht und viele Tausend Tonnen CO2 emittiert.

Der Investitionsrückstand erzeugt aber nicht nur großen Zeitaufwand und sorgt für zusätzliche Umweltbelastungen; er ist auch ein Sicherheitsproblem: Bei der letzten umfassenden Qualitätsmessung in den Jahren 2017/2018 zeigte sich nach Angaben des Bundesverkehrsmi-nisteriums, dass rund 17 Prozent der Streckenkilometer auf Autobahnen den Warnwert überschreiten. Das heißt, der Zustand der Fahrbahnoberfläche gibt Anlass zur intensiven Beobachtung. Gegebenenfalls ist auch die Planung von geeigneten Maßnahmen zur Ver-besserung des schlechten Zustands notwendig. Gefährdet wird die Verkehrs-sicherheit auch dadurch, dass es entlang der Autobahnen viel zu wenig Lkw-Park-plätze gibt. Der Ausbau hat mit dem Wachstum des Fernverkehrs nicht Schritt gehalten. Aktuell fehlen laut einer Erhe-bung des Bundesverkehrsministeriums über 23.000 Parkplätze. Das erschwert den Lkw-Fahrern, ihre vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten.

Die Politik hat den Handlungsbedarf erkannt und fährt die Bundesfernstra-ßeninvestitionen seit 2017 spürbar hoch. Im Jahr 2020 steigen die Investitionen auf 7,8 Mrd. Euro und sollen laut der mittel-fristigen Finanzplanung der Bundesre-gierung vom Juli 2019 in den Folgejahren

auf 8,7 Mrd. Euro (2023) anwachsen. Damit würden die Investitionen erstmals zumindest in der Nähe einer bedarfsge-rechten Höhe liegen. Inzwischen tut sich aber ein neuer Kapazitätsengpass auf: Es zeigt sich, dass die Straßenbaubehörden vielerorts nicht mehr genug Verkehrspla-

ner und Bauingenieure haben, um die Projekte durchzuplanen und umzusetzen. Es muss also dafür gesorgt werden, dass der Investitionsstau künftig nicht durch einen Planungsstau abgelöst wird.

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84 VERKEHR UND INFRASTRUKTUR VERKEHR UND INFRASTRUKTUR 85

Die Mautbelastung wächst

Die Erhöhung der Investitionslinie finanziert der Bund durch eine Mehrbelastung der Straßennutzer: Die Lkw-Maut wurde weiter ausgedehnt. Inzwischen werden über 85 Prozent der Bundesfernstraßeninvestitionen über die Mauteinnahmen gegenfinanziert (2019). Nur noch ein kleiner Anteil von knapp 15 Prozent stammt aus Haushaltsmitteln. Die Lkw-Maut, die bis dahin nur auf einem sehr kleinen Teil des Bundesstraßennetzes erhoben wurde, ist Mitte 2018 auf alle Bundesstraßen ausgedehnt worden. Im Jahr 2019 sind die Investitionen in den Straßenverkehr gegenüber dem Vorjahr nur um 300 Mio. Euro angewachsen, die Mautbelastung stieg aber durch die Ausdehnung auf alle Bun-desstraßen um 2,7 Mrd. Euro.

Für eine bedarfsgerechte Bundesfernstraßenfinanzierung hätte es aber einer immer weiter vorangetriebenen Ausdehnung der Maut nicht bedurft. Aus der Mineralölsteuer, der Mehrwertsteuer auf die Mineralölsteuer, der Kfz-Steuer und der Lkw-Maut hat die öffentliche Hand im Jahr 2019 rund 59 Mrd. Euro generiert. Zurück in die Straßeninfra- struktur sind (inklusive Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen) nur rund 22 Mrd. Euro geflossen – wie in den Vorjahren nur rund 37,5 Prozent. Den Rest hat die öffentliche Hand für andere „fachfremde“ Zwecke verwendet.

Durch die von der Großen Koalition beschlossene Einführung der CO2-Bepreisung ab dem Jahr 2021 werden sich die kraftverkehrsspezifischen Abgaben schon im ersten Jahr um weitere 4 Mrd. Euro erhöhen.

Das Automobil – Verkehrsmittel Nummer eins

Das Automobil ist für die Menschen in Deutschland nach wie vor das mit Abstand wichtigste Verkehrsmittel. Mit ihm haben sie im Jahr 2019 über 940 Mrd. Personenkilo-meter zurückgelegt – 79 Prozent des gesamten Personenverkehrs. Nach Schätzung der Bundesregierung wird es auch bis mindestens 2030 in dieser Größenordnung so bleiben, denn auch der Motorisierungsgrad wächst weiterhin. Allerdings sind die Wachstums-raten des Personenverkehrs in Deutschland nur noch moderat. Das ist typisch für eine zahlenmäßig weitgehend stagnierende und im Durchschnitt alternde Gesellschaft. So wuchs auch die Verkehrsleistung des motorisierten Individualverkehrs 2019 gegenüber dem Vorjahr nur um +0,6 Prozent.

in Mrd. €

Quelle: DIW, BMFAusgaben für das Straßenwesen Überschuss: Ausgaben für verkehrsfremde Zwecke

Verwendung kraftverkehrsspezifischer Abgaben

02002

10

20

30

40

50

60

70

2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 20181992 1994 1996 1998 2000

Personenverkehr

2019 haben die Deutschen mit dem Auto über 940 Mrd. Personenkilometer zurückgelegt.

0

200

400

600

800

1000

1400

1200

in Mrd. Personenkilometern

*Änderung der Erfassungsmethodik in der amtlichen Statistik ab 2017

Quelle: DIW, BMVIPkw-Verkehr

Personenverkehr in Deutschland

2005 2010 2015 2019 20301970 1980 1990 1995 2000

Luftverkehr Eisenbahn Öffentlicher Straßenpersonenverkehr

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86 VERKEHR UND INFRASTRUKTUR VERKEHR UND INFRASTRUKTUR 87

Immer mehr Menschen ziehen in die Städte, es kommt zu einer Entleerung des länd-lichen Raums. Diese Entwicklung macht es für ÖPNV-Anbieter immer schwieriger, die Wege ihrer Fahrgäste auf dem Land zu bündeln. Das belastet die Wirtschaftlichkeit des konventionellen ÖPNV-Angebots zunehmend. In den ländlichen Räumen ist der eigene Pkw schon heute unverzichtbar. Laut der jüngsten „Mobilität in Deutschland“- (MiD-)Untersuchung für das Bundesverkehrsministerium liegt der Motorisierungsgrad im kleinstädtischen und dörflichen Raum mit 607 Pkw/1.000 Einwohner weit über dem Bundesdurchschnitt (527 Pkw/1.000 Einwohner) und ist dort zudem seit 2002 noch um 22 Prozent gewachsen. Hier nimmt die Wichtigkeit, einen eigenen Pkw zu haben, in allen Altersgruppen zu.

Außerdem ist zu beobachten, dass der wachsende Bevölkerungsanteil der älteren Personen viel autoaffiner ist als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Sie besitzen und nutzen ein eigenes Auto viel häufiger als früher. Dies gilt auch für den urbanen Raum. Menschen in sehr hohem Alter verlieren oft ihre Mobilität, weil sie sich das Autofahren nicht mehr zutrauen und auch die Nutzung des klassischen ÖPNV zum Beispiel wegen beschwerlicher Zuwege fürchten. Hier werden das Ridepooling als neues ÖPNV-Mo-dell und das automatisierte Fahren neue Möglichkeiten eröffnen und ein Verkehrs-angebot von Tür zu Tür „mit eingebautem Chauffeur“ schaffen. Beides wird älteren Menschen ihre Mobilität zurückgeben.

Das junge urbane Milieu ist die einzige Gruppe, bei der derzeit ein Rückgang in der Pkw-Nutzung zu erkennen ist. Bei den Haushalten in Metropolen, die aus unter 35-Jährigen ohne Kinder bestehen, hat der Anteil der autolosen Haushalte seit 2002 von 47 Prozent auf 54 Prozent zugenommen. Diese Personen zeigen sich in ihrer Verkehrsmittelwahl sehr pragmatisch; sie nutzen ÖPNV, Fahrrad und Carsharing. Die MiD-Studie stellt jedoch auch fest, dass diese Personen ihr autoabstinentes Mobilitäts-verhalten in späteren Lebensjahren nicht zwangsläufig beibehalten. Von einer kulturellen „Abwendung junger Leute vom Auto“ im Sinne einer lebenslangen Autoabsti-nenz kann auch im urbanen Raum bisher nicht die Rede sein. Zudem ist wahr- scheinlich, dass viele Menschen aus dem jungen urbanen Milieu vermehrt auf Ride-pooling setzen, weil es die heutigen Vorteile des klassischen ÖPNV und des privaten Pkw miteinander verbindet – man nutzt die Vorteile einer Beförderung von Tür zu Tür, die Privatheit einer sehr kleinen Gruppe, muss keinen Parkplatz suchen und kann die Fahrzeit für alternative Tätigkeiten nutzen.

Verkehrspolitik für die Stadt der Zukunft

Städtisches Leben ist ohne Mobilität und Logistik nicht vorstellbar. Die Mobilitätsbe-dürfnisse der Bewohner von urbanen Zentren müssen genauso berücksichtigt werden wie die der Bewohner des Umlands oder die Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs. Dies muss gleichzeitig aber in stadtverträglicher Weise erfolgen. Mit Fahrzeugen, die immer emissionsärmer, sicherer und leiser werden, leistet die Automobilindustrie einen wichti-gen Beitrag zu nachhaltiger urbaner Mobilität. Allerdings vergrößert das Wachstum der Städte und ihre Nachverdichtung auch die Konkurrenz um die knappen öffentlichen Flächen; die Flächennutzung durch den Autoverkehr wird zunehmend infrage gestellt. Es greift allerdings zu kurz, als Konsequenz daraus die Zahl der Parkplätze in der Stadt

Mobilität von morgen

Der Motorisierungsgrad im kleinstädtischen und dörflichen Raum liegt weit über dem Bundesdurchschnitt.

Ein Gesamtkonzept für urbane Mobilität muss den Nutzern eine Vielfalt von bedarfsgerech-ten, miteinander vernetzten Mobilitätsalterna-tiven bieten.

Mit einem Marktanteil von über 75 Prozent sind die Automobilhersteller heute die führenden Anbieter im Carsharing-Markt in Deutschland.

Moderne Mobilitätsdienstleistungen müssen rasch rechtssicher ermöglicht werden.

zu reduzieren. Wenn den Bürgern keine alltagstauglichen und bezahlbaren Mobilitäts-alternativen zum eigenen Pkw zur Verfügung stehen, nehmen der Parksuchverkehr und das Falschparken zu. Daher ist ein Gesamtkonzept für urbane Mobilität erforderlich, das den Nutzern eine Vielfalt jeweils bedarfsgerechter, miteinander vernetzter Mobili-tätsalternativen bietet. Mobilitätsplattformen bzw. -Apps erleichtern dem Nutzer dabei Auswahl und Zugang.

Im Sinne einer „gelebten Ko-Modalität“ haben dabei alle Verkehrsmittel ihre Berechtigung – das eigene Auto, das geteilte Auto (Carsharing), Ridepooling, der klassische ÖPNV mit Bus und Bahn sowie Fahrrad- und Fußgängerverkehr. Sha-ring- und Pooling-Modelle sind dabei essenziell. Die Automobilindustrie hat diesen Bedarf schon früh erkannt und entsprechende Angebote geschaffen. Mit einem Marktanteil von über 75 Prozent sind die deutschen Automobilhersteller heute die führenden Anbieter im Carsharing-Markt in Deutschland. Ein noch größeres Potenzial wird aber beim Ridepooling gesehen. Auch hier ist die Automobilindustrie mit ersten Angeboten auf dem Markt.

Politik muss Ridepooling-Modelle endlich zulassen

Leider hat die Politik auf diesem Gebiet ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht. Ge-werbliches Ridepooling ist nach der aktuellen Fassung des Personenbeförderungsge-setzes (PBefG) in Deutschland nicht erlaubt. Möglich sind auf Basis einer Experimen-tierklausel des PBefG derzeit nur Pilotprojekte in einzelnen Städten, die sowohl zeitlich als auch jeweils auf eine kleine Flottengröße begrenzt sind. Die Große Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, das PBefG für neue Bedienformen im Bereich geteilter Nutzung zu öffnen. Diese Reform sollte jetzt zeitnah umgesetzt werden. Ziel muss es dabei sein, moderne Mobilitätsdienstleistungen dauerhaft rechts-sicher zu ermöglichen und für alle neuen wie etablierten Anbieter faire Wettbewerbs-bedingungen zu gewährleisten.

Plattform Urbane Mobilität – Automobilindustrie und Städte im Dialog

Die urbane Mobilität von morgen benötigt das Zusammenspiel aller Beteiligten. Daher hat der VDA 2017 die Plattform Urbane Mobilität (PUM) ins Leben gerufen, um einen Dialog zwischen Städten und Automobilindustrie zu ermöglichen. Die PUM wird von der Erkenntnis getragen, dass weder Städte noch Automobilindustrie die Transfor-mation allein bewältigen können. Daher sollen gemeinsam kooperative Lösungen für urbane Mobilität und Logistik entwickelt und miteinander abgestimmt werden. Diese sollen dann vor Ort in konkrete Anwendungen überführt werden. Die PUM will darüber hinaus ein Impulsgeber für die Verbesserung der Rahmenbedingungen sein. Zu den Themenfeldern, die in der PUM bearbeitet werden, gehören Mobilitätsdienstleistungen, Verkehrsmanagement, vernetztes und automatisiertes Fahren, Elektromobilität und betriebliches Mobilitätsmanagement.

Das Automobil wird auch in absehbarer Zukunft seine zentrale Rolle in unserem Mobilitätssystem behalten – sei es als eigener Pkw oder im Rahmen neuer Nutzungsformen wie Carsharing und Ridepooling. Dafür sprechen verschiedene Trends:

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88 VERKEHR UND INFRASTRUKTUR VERKEHR UND INFRASTRUKTUR 89

Güterverkehr

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 502,7 Mrd. Tonnenkilometer Verkehrs-leistung auf der Straße abgewickelt. Das waren über 73 Prozent der gesamten Verkehrsleistung, die auf der Straße, der Schiene und der Bundeswasserstraße in Summe bewältigt wurden. Dies zeigt, dass das Rückgrat des Güterverkehrs nach wie vor das Nutzfahrzeug ist. Mit diesem Anteil liegt Deutschland in etwa im europäischen Durchschnitt. Gegen-über dem Vorjahr ist die Verkehrsleistung 2019 auf der Straße um +0,4 Prozent gewachsen – und damit in etwa so wie die gesamte Güterverkehrsleistung der drei Landverkehrsträger. Die gesamte Güterverkehrsleistung hat 2019 – wegen der schwachen Konjunktur – nur um +0,5 Prozent zugenommen. Es ist davon auszugehen, dass die Güterverkehrsleis-tung aller Verkehrsträger im Jahr 2020 wegen der Corona-Krise einen drasti-schen Einbruch verzeichnen wird. Mit der anschließenden Normalisierung der wirtschaftlichen Entwicklung wird aber auch der Güterverkehr wieder auf seinen Entwicklungspfad zurückkehren.

Die langfristige Verkehrsprognose, die das Bundesverkehrsministerium im Jahr 2014 erstellt hat, schätzt, dass der Straßengüterverkehr im Jahr 2030 ein Niveau von 607 Mrd. Tonnenkilometer erreichen wird. Das wäre ein Plus von über 20 Prozent gegenüber 2019. Damit wird auch der heutige Marktanteil des Lkw in etwa stabil bleiben.

Seine Bedeutung verdankt der Lkw zu einem großen Teil seiner Flexibilität. Nur der Lkw kann von der Laderampe bis zur Haustür jedes Ziel erreichen. Er ist auch ökonomisch und ökologisch beim Transport kleiner Sendungsgrößen und über kürzere Entfernungen im Vorteil. So erreicht die Eisenbahn ihre Wirtschaft-lichkeitsschwelle im Güterverkehr in der Regel erst ab Nutzlasten von über 300 Tonnen. Ein kombinierter Verkehr

Das Rückgrat des Güterverkehrs ist das Nutzfahrzeug.

Fast 80 Prozent des Güteraufkommens im Straßenverkehr findet auf Strecken von 150 Kilometern statt.

von Straße und Schiene ist ebenfalls erst bei Entfernungen von weit über 300 Kilometern sinnvoll. Allerdings spielen sich fast 80 Prozent des Güterauf-kommens im Straßenverkehr auf Strecken von 150 Kilometern ab. Dadurch ergibt sich eine Aufgabenteilung zwischen den Verkehrsträgern: Der Lkw ist für Transporte mit geringem Volumen und auf kurzen Wegen ideal. Eisenbahn und Binnenschiff sind bei Transporten mit hohem Volumen über große Distanzen eher wettbewerbs-fähig. Ein gutes Beispiel dafür ist der Transport fabrikneuer Automobile. Die deutsche Automobilindustrie nutzt die Schiene im Hauptlauf für weit über 50 Prozent ihrer Transporte neu produzier-ter Fahrzeuge. Die Verkehrsträger stehen somit wegen ihrer systembedingten Vor- und Nachteile weit weniger in Konkurrenz zueinander, als meist angenommen wird. Vielmehr ergänzen sie sich gegenseitig.

Weiterentwicklung der Lkw-Maut

Die EU-Kommission hat 2017 Vorschlä-ge für die Änderung der Mautrichtlinie („Eurovignetten-Richtlinie“) vorgelegt. Darüber wurde bislang im Ministerrat aber noch keine Einigung erzielt. Die Kommissionsvorschläge sind differenziert zu bewerten. Unter anderem sehen sie vor, dass eine Lkw-Maut ab 2020 für alle Nutzfahrzeuge mit einem zulässigen Ge-samtgewicht über 3,5 Tonnen gelten soll. Damit müsste die Mautpflicht in Deutsch-land auch auf Lkw unter 7,5 Tonnen und Busse ausgeweitet werden. Da der Anteil internationaler Verkehre bei diesen Fahr-zeugen im Gegensatz zu schweren Lkw deutlich geringer ist, ist ein Erfordernis zu europäischer Harmonisierung hier aber nicht zu erkennen. Besser wäre daher, eine Bemautung dieser Fahrzeuggruppen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips weiter in der Entscheidungsfreiheit der EU-Mit-

in Mrd. Tonnenkilometern

Quelle: DIW, BMVI

Güterverkehr in Deutschland

2015 2019 20301990 1995 2000 2005 2010

Binnenschiff Eisenbahn Lkw

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

Eine Mautspreizung gemäß dem CO2- Ausstoß der Fahrzeuge wäre sinnvoll.

gliedsstaaten zu belassen. Dies sollte auch für die Frage gelten, ob zeitbezogene Ge-bühren oder eine fahrleistungsabhängige Maut zur Anwendung kommen. Ebenfalls kritisch zu sehen ist die von der EU-Kom-mission vorgeschlagene Anlastung von Staukosten in der Maut. Staukosten in Form von Zeitverlusten tragen die Nutzer bereits heute selbst. Eine Einrechnung in der Maut würde somit zu einer unge-rechtfertigten Doppelbelastung führen.

Zudem sieht der Kommissionsvorschlag eine belastungsneutrale Spreizung der Mauthöhe nach dem CO2-Ausstoß vor. Eine solche Spreizung der Maut nach CO2- Ausstoß ist zu begrüßen. Sie kann zusätzliche Anreize zur Investition in ent-sprechend verbrauchs- und CO2-effiziente und vor allem in emissionsfreie Fahrzeuge bzw. Technologien setzen. Eine solche Spreizung hat sich bereits in der Vergan-

genheit bewährt: Die Mautdifferenzierung nach EURO-Stufen hat in den vergangenen Jahren die Modernisierung der Flotte mit schadstoffarmen Fahrzeugen vorange-trieben. Daher sollte auf EU-Ebene jetzt möglichst rasch der Weg für eine CO2- orientierte Lkw-Maut frei gemacht und diese in Deutschland eingeführt werden.

Im Zuge des 2019 verabschiedeten nationalen Klimaschutzprogramms hat die Bundesregierung für die Weiterent-wicklung der Lkw-Maut angekündigt, eine solche Differenzierung um einen CO2-Aufschlag zu ergänzen. Die Anreizwir-kungen für Investitionen in emissionsfreie bzw. -arme Fahrzeuge könnten so noch verstärkt werden. In jedem Fall sollte alles darangesetzt werden, die CO2-Maut – wie im Klimaschutzprogramm angekündigt – 2023 in Deutschland umzusetzen.

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Wettbewerbsfähige steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen sind eine wesentliche Voraussetzung, um die Attraktivität des Automobilstandorts Deutschland zu erhalten.

Steuern, Zölle, Recht

05

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92 STEUERN, ZÖLLE, RECHT STEUERN, ZÖLLE, RECHT 93

Steuerpolitik

Ein modernes Steuersystem in Deutschland ist ein essenzieller Baustein, um die Wirtschaft nachhaltig auf den Wachstumspfad zurückzubringen. Hier hat Deutschland erheblichen Nachholbedarf; der Reformstau der letzten Jahre muss jetzt aufgelöst werden. Neben einer wettbewerbsfähigen Steuerbelastung muss es insbesondere um grundlegende strukturelle Verbesserungen und die Beschleunigung der Verwal-tungsverfahren gehen. Klassische Stammhaus-Funktionen müssen gestärkt werden, um die Attraktivität des Standorts auch im Wiederhochlauf nach der Krise zu sichern. Reformen für ein international wettbewerbsfähiges Steuerrecht dürfen nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Die im Jahr 2019 beschlossene teilweise Abschaf-fung des Solidaritätszuschlags geht nicht weit genug. Die verschleppte Reform des Außensteuerrechts und vor allem der Hinzurechnungsbesteuerung zeigt den man-gelnden Modernisierungswillen der Koalition. Die betriebliche Vermögenssubstanz darf nicht gefährdet werden. Eine Vermögensteuer oder eine (einmalige) Vermögensabgabe auf Betriebsvermögen wären gerade auf dem Weg aus der Krise das völlig falsche Signal und ein steuerpolitischer Irrweg.

Der VDA hat sich erfolgreich für die Einführung einer steuerlichen Forschungsförde-rung eingesetzt. Diese trat zum 1. Januar 2020 in Kraft. Insbesondere ist es gelungen, die Förderung für Unternehmen aller Größenklassen zugänglich zu machen. Das Volumen der Förderung bleibt jedoch erheblich hinter dem zurück, was für ein starkes Signal für den Innovationsstandort Deutschland nötig wäre. Aktuelle Entwicklungen, wie der Ausbau der Elektromobilität und die fortschreitende Digitalisierung, erfordern umfangreiche neue Aktivitäten im Bereich von Forschung und Entwicklung. Deshalb plädiert der VDA auch weiter für einen Ausbau der Förderung im Rahmen der vor-gesehenen Evaluierung. Die Verdoppelung der Förderung als Teil des Konjunktur-pakets ist hier ein guter Schritt in die richtige Richtung. F&E-Aufwendungen von heute führen zu den Innovationen von morgen, und die Corona-Pandemie zeigt noch einmal besonders nachdrücklich, wie wichtig Digitalisierung ist. Es muss gewährleistet sein, das Deutschland im Bereich Forschung und Entwicklung nicht zurückfällt.

Globale Diskussion um eine Neuordnung der Besteuerungsrechte und Einführung einer Mindestbesteuerung

2019 wurde auf Ebene der OECD eine Diskussion um eine Neuaufteilung der weltweiten Besteuerungsrechte angestoßen. Angesichts der weitreichenden Konsequenzen hat sich der VDA in die Debatte eingebracht und auf die besonderen potenziellen Auswir-kungen für die Geschäftsmodelle und Strukturen der Automobilindustrie hingewiesen. Eine Fülle von Fragen ist nach wie vor ungeklärt. Eine globale Verständigung hierüber soll bis Ende 2020 erfolgen. Ein Scheitern der internationalen Verhandlungen könnte unabsehbare Folgen haben, die auch die Automobilindustrie empfindlich treffen würden. Unabgestimmte nationale Steuermaßnahmen und in der Folge eine weitere Eskalation der globalen Handelskonflikte wären zu befürchten.

Deutschland braucht ein international wettbe-werbsfähiges Steuerrecht.

Eine Senkung der EEG-Umlage würde auch die Attraktivität der Elektromobilität erhöhen.

Der VDA setzt sich dafür ein, dass die Steuer- und Finanzpolitik die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Industriestandort flankiert. Die Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie steht dabei aktuell besonders im Fokus und stellt die gesamte Staatengemeinschaft, jeden Einzelnen und ganz besonders auch die Automobilindustrie in Deutschland vor enorme Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, jetzt die richtigen steuerpolitischen Weichen für die Zukunft zu stellen.

Parallel muss die Verbesserung der internationalen Streitbeilegungsinstrumente ganz oben auf die Agenda gesetzt werden. Die angestrebte Mindestbesteuerung sollte in Deutschland zum Anlass genommen werden, den „Dschungel“ der bestehenden steuerlichen Missbrauchsvermeidungsnormen zu lichten.

Besteuerung von Kraftfahrzeugen und Kraftstoffen /Elektromobilität

In der Diskussion um die Bepreisung von CO2 hat sich der VDA für den Einbezug des Verkehrs in den Emissionshandel ausgesprochen. Der 2019 beschlossene CO2-Preis ist ein richtiges Instrument für den Klimaschutz. Damit Mobilität bezahlbar bleibt, ist aber im Gegenzug ebenso wichtig, dass durch die Senkung der EEG-Umlage eine Entlastung beim Strompreis erreicht wird. Dadurch erhöht sich auch die Attraktivität des elektrischen Fahrens. Außerdem werden besonders betroffene Autofahrer ab 2021 richtigerweise durch die erhöhte Pendlerpauschale entlastet.

Darüber hinaus konnten im Jahr 2019 auch die steuerlichen Rahmenbedingungen für den Markthochlauf der Elektromobilität verbessert werden. Die bestehenden Begünsti-gungen, etwa bei der Besteuerung von Elektro- und Hybridfahrzeugen als Dienstwagen, wurden bis 2030 verlängert und ausgebaut. Positiv ist insbesondere, dass auch für den Schwerlastverkehr ein Anreiz gesetzt wurde, in umweltfreundliche Elektrofahrzeuge zu investieren. Die Maßnahmen des Konjunkturpakets können weitere Impulse geben.

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94 STEUERN, ZÖLLE, RECHT

Als Teil des Klimaschutzprogramms 2030 wurde im Jahr 2019 eine Reform der Kfz-Steuer angekündigt und infolge des Konjunkturpakets 2020 auf den Weg gebracht. Der VDA begleitet die laufenden Diskussionen um die Ausgestaltung der Kfz-Steuer eng und sieht in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Reform einen fairen Kompromiss, der allen Beteiligten Zugeständnisse abverlangt. Perspek-tivisch könnte es sinnvoll sein, über eine reine CO2-Betrachtung hinaus einen Anreiz zum Erwerb von neuen Fahrzeugen mit niedrigsten Schadstoffwerten zu setzen, der auch im Fahrzeugbestand wirken würde.

Zollabwicklung

Der Vollzug des Brexits hat für die Automobilindustrie nicht nur erhebliche Zollkosten zur Folge, sondern führt auch zu praktischen Problemen bei der Zollabwicklung, um wie bisher eine funktionierende Lieferkette sicherzustellen. Der VDA wirbt daher bereits seit 2018 für ein vereinfachtes Verfahren zur Zollabwicklung im Rahmen einer Selbstveranlagung, das einen reibungslosen Warenverkehr ohne zusätzlichen adminis-trativen Aufwand sowohl den Unternehmen als auch den Zoll- und Steuerbehörden in der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland garantiert. Für entsprechende Überlegungen auf europäischer Ebene kann der VDA-Vorschlag als Basis dienen.

Der VDA setzt sich gegenüber der Europäischen Kommission sowie auf nationaler Ebene für eine Modernisierung der IT-Systeme für die Zollunion ein, die ein wichtiges Element für das Funktionieren der Europäischen Union darstellen. Es besteht erhebli-cher Handlungs- und Verbesserungsbedarf, um die Zollunion nicht nur auf dem Papier bestehen zu lassen, sondern auch in der Unternehmenspraxis.

Die Freihandelsabkommen der Europäischen Union spielen für die deutschen Auto-mobilhersteller und deren Zulieferindustrie eine wesentliche Rolle. Durch Anwendung der Abkommen können Zölle bei der Einfuhr von Fahrzeugen sowie Fahrzeugkompo-nenten in den Vertragspartnerstaaten vermieden bzw. reduziert werden. Um den dafür notwendigen Austausch von Informationen zum Warenursprung über Ländergrenzen hinweg effizienter zu gestalten, setzt sich der VDA für ein branchenweit einheitliches elektronisches Datenaustauschverfahren und -format ein.

Ursprungsregeln für Batteriezellen

Elektro- und Hybridfahrzeuge nehmen einen immer größeren Anteil im Produktport-folio der Automobilhersteller ein. Für die Nutzung der aktuellen sowie künftigen Freihandelsabkommen der Europäischen Union, gerade auch mit dem VK, ist es deshalb zwingend erforderlich, die Ursprungsregeln für Batteriezellen entsprechend anzupas-sen und zu erweitern. Dies ist eine Frage von strategischer Bedeutung für die Branche ebenso wie für die EU. Der VDA hat hierzu eine Positionierung erarbeitet und diese bei der Europäischen Kommission sowie auf nationaler Ebene eingebracht.

Exportkontrolle / Sanktionen

Für die Unternehmen der Automobilindustrie stellen sich zahlreiche Fragen im Hinblick auf Listenpositionen von Technologien und Produkten, die zunehmend für das vernetzte und autonome Fahren im Automobilbau zum Einsatz kommen. Der VDA hat sich dieses Themenbereichs angenommen und potenziell betroffene Technologien iden-tifiziert, um zeitnah Rechtssicherheit und Transparenz zu schaffen sowie einer überbor-denden Administration entgegenzuwirken. Vor allem das Jahr 2019 war gekennzeich-net von einem verstärkten Einsatz von extraterritorial wirkenden Sanktionsregelungen insbesondere seitens der USA. Die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie sehen sich hier nahezu unkalkulierbaren Risiken gegenüber. Der bestehenden Rechts- und damit verbundenen Planungsunsicherheit begegnet der VDA durch ein regelmä-ßiges Monitoring der aktuellen globalen Entwicklungen in diesem Bereich sowie durch zeitnahe Information der und Austausch mit den Mitgliedern.

Damit die Zollunion erhalten bleibt, ist eine Modernisierung der IT-Systeme notwendig.

Ursprungsregeln für Batteriezellen müssen angepasst und erweitert werden.

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96 STEUERN, ZÖLLE, RECHT STEUERN, ZÖLLE, RECHT 97

Rechtspolitik

Erweiterung des kollektiven Rechtsschutzes durch EU-Sammelklage nicht sinnvoll

Europäische Verbraucher sollen durch die Einführung einer Verbandsklage in Zukunft ihre Rechte einfacher gegen Unterneh-men durchsetzen können. Nachdem die EU-Kommission bereits 2018 eine Richt-linie für eine europäische Verbandskla-ge vorgeschlagen hat, haben sich die EU-Mitgliedsstaaten im November 2019 auf eine gemeinsame Linie zu deren Einführung verständigt. Konkret haben sich die EU-Minister darauf geeinigt, dass qualifizierte Einrichtungen, zum Beispiel Verbraucherverbände, im Namen von Geschädigten kollektiv Klage gegen Unternehmen erheben können – sowohl innerhalb eines Landes als auch grenz- überschreitend.

Ziel der Verbandsklage ist eine Unterlas-sungsverfügung oder eine Abhilfeanord-nung, die den Unternehmer zu Entschä-digung, Reparatur, Ersatz, Minderung, Vertragsbeendigung oder Erstattung verpflichten kann. Allerdings soll es den Mitgliedsstaaten insbesondere für inner-staatliche Verfahren überlassen bleiben, wie genau das Verfahren ausgestaltet wird. Grundsätzlich sind sich EU-Kommission, EU-Parlament und Rat einig, eine Ver-bandsklage durch eine Richtlinie einzu-führen. Die Einzelheiten müssen aber noch abgestimmt werden. Die Trilogverhandlun-gen, die aufgrund der Corona-Pandemie für einige Monate unterbrochen waren, wurden Anfang Juni 2020 wieder aufge-nommen. Erst nach einer Einigung könnte die neue Richtlinie in Kraft treten, die dann wiederum in den Mitgliedsstaaten umzu-setzen wäre. Die Einführung einer solchen Verbandsklage wäre mit den Grundprin-

Brüssel plant die Einführung einer europä-ischen Verbandsklage, um die Rechte der Verbraucher zu stärken.

Die Digitalisierung erfordert eine sorgfälti-ge Prüfung der hier relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen.

Ein VDA-Mustertext über die Datenverarbei-tung im Kraftfahrzeug liegt allen Herstellern als Empfehlung vor.

Die Einführung allgemeiner Datenzugangs-ansprüche im deutschen oder europäischen Recht ist nicht erforderlich.

zipien des deutschen Rechts schwer zu vereinbaren. Sofern nicht enge Vorausset-zungen an die Klagebefugnis der Verbände gesetzt werden, ist auch ein Missbrauch zu befürchten, indem beispielsweise ungeeig-nete Verbände Klage einreichen könnten.

Grundsätze für die deutsche und europäische Datenwirtschaft

Der VDA verfolgt die auch von der Bun-desregierung angestoßene Diskussion zur Datenstrategie und die damit verbun-denen Fragen der rechtlichen Regelung der Datenwirtschaft mit großem Interesse. Die seit Langem fortschreitende Digitali-sierung der Industrie und ihrer Produkte erfordert eine sorgfältige Überprüfung der relevanten rechtlichen Rahmenbedingun-gen. Die Digitalisierung und die damit ver-bundene Vernetzung von Kraftfahrzeugen haben bereits einen harten Innovations-wettbewerb ausgelöst, der nicht nur die wirtschaftliche Verwendbarkeit von Daten betrifft, sondern auch den Zugang zu den damit verbundenen Technologien wie etwa des Telekommunikationsbereichs. Ein we-sentliches Merkmal der Diskussion über (Mobilitäts-)Daten muss die internationale bzw. europäische Dimension angesichts der grenzüberschreitenden Verfügbarkei-ten von Daten sein; überdies die teilweise disruptiven Innovationsschübe und der hohe Wettbewerbsdruck für die beteiligten (Industrie-)Unternehmen. Staatliche Regu-lierung sollte zu Beginn der Entwicklung der Digitalisierung von Kraftfahrzeugen die notwendige Flexibilität der beteiligten Un-ternehmen und die kaum einschätzbaren Innovationspotenziale berücksichtigen.

Datenschutz für Kunden im Kraftfahrzeug

Der VDA hat erstmals im Jahr 2014 Grundsätze zum Schutz von Daten in Kraftfahr-zeugen abgegeben. 2016 wurde, zusammen mit den unabhängigen Datenschutzauf-sichtsbehörden des Bundes und der Länder, eine gemeinsame datenschutzrechtliche Erklärung erstellt. Die gemeinsame Erklärung befasst sich mit datenschutzrechtlichen Aspekten bei der Nutzung vernetzter und nicht vernetzter Kraftfahrzeuge. Bereits heute benötigt und produziert das moderne Kraftfahrzeug eine Vielzahl von Daten.

2018 haben VDA und Datenschutzaufsichtsbehörden dann ein weiteres Dokument abgestimmt, um Verbraucher über die Datenverarbeitung im Kraftfahrzeug wirksam zu informieren. Dieser VDA-Mustertext für die Betriebsanleitung liegt nun allen Herstellern als Empfehlung zur Umsetzung vor. Dieser Mustertext beinhaltet unter anderem die nachfolgenden Erläuterungen:

Gemäß geltendem Datenschutzrecht haben Verbraucher bestimmte Rechte gegenüber den Unternehmen, die ihre personenbezogenen Daten verarbeiten. Danach steht ein unentgeltlicher und umfassender Auskunftsanspruch gegenüber dem Hersteller sowie Dritten (z. B. beauftragte Pannendienste oder Werkstätten, Anbieter von Online-Diens-ten im Fahrzeug) zu, sofern diese personenbezogenen Daten gespeichert haben. Dabei kann Auskunft darüber verlangt werden, welche Daten zu betroffenen Personen zu welchem Zweck gespeichert sind und woher die Daten stammen.

Datenzugang vertraglich regelbar

Die Einführung allgemeiner Datenzugangsansprüche im deutschen oder europäischen Recht ist nicht erforderlich, da vertragliche Regelungen auf B2B- und B2C-Ebene dies angemessen lösen können. Dies gilt insbesondere für das Kartellrecht und die aktuelle GWB-Novelle. Gegen einen allgemeinen Datenzugangsanspruch, etwa im Rahmen der „essential facilities doctrine“, spricht, dass die relevanten Daten in der Regel vom Nutzer kostenfrei und freiwillig zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen des NEVADA-Konzepts des VDA soll Dritten der Zugang zu Daten in Kraftfahrzeugen über einen neutralen Server diskriminierungsfrei gewährt werden. Überdies bestünde bei Gewährung eines Datenzugangsanspruchs im Rahmen der „essential facilities doctrine“ eine mit Cyber-Risiken verbundene erhöhte Missbrauchsgefahr.

Der VDA sieht vor diesem Hintergrund auch einzelne Elemente der geplanten Reform des Wettbewerbsrechts in Deutschland kritisch, etwa die Begründung allgemeiner Datenzugangsrechte im Kartellrecht. Die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht ist in erster Linie auf die Verhinderung schädlicher Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen ausgerichtet. Eine Umdeutung in eine „Innovationsförderungspflicht“ mit der Verpflichtung gegenüber Unternehmen, ihre eigenen Datenbestände Dritten zugänglich zu machen, könnte sich auf längere Sicht innovationshemmend auswirken und Trittbrettfahrer begünstigen. Eine Verschärfung der Missbrauchsaufsicht durch

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98 STEUERN, ZÖLLE, RECHT STEUERN, ZÖLLE, RECHT 99

die Schaffung von Datenzugangsrechten sollte auch nicht im Wege eines nationalen Alleingangs erfolgen. Stattdessen müsste eine europäische Lösung gefunden werden. Nationale Lösungen widersprechen jedenfalls der Idee der Schaffung eines „Digital Single Market“ innerhalb der EU. Grenzüberschreitend tätige Unternehmen benötigen mehr und nicht weniger Harmonisierung.

Keine Eigentumsordnung für die Datenwirtschaft

Die deutsche Industrie führt auch im Hinblick auf „Industrie 4.0“ seit Längerem eine Diskussion zur Frage der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Notwendigkeit der rechtlichen Zuordnung von Daten. Überlegungen zu etwaigen Regelungsansätzen müssen davon geleitet sein, dass sie digitale Geschäftsmodelle zulassen und nicht innovative Entwicklungen hemmen. Bislang gibt es weder in Deutschland noch in der EU ein Eigentumsrecht an Daten. Die Zuordnung von Daten ist mit nutzungsrechtli-chen Vereinbarungen zwischen den Akteuren sinnvoll und effizient regelbar. Ein neues Eigentumsrecht, vergleichbar mit dem Mobiliar- und Immobiliarsachenrecht, kann nicht zielführend sein, da elektronisch gespeicherte und übermittelte Daten nicht einer einzelnen Rechtsperson zugeordnet werden können. Eine digitale Eigentumsordnung würde vielmehr der Datenwirtschaft zusätzliche Hürden aufbauen, ohne ihre innovative Entwicklung zu fördern.

Designschutz für Kfz-Reparaturteile

Die im Mai 2019 vom Bundeskabinett beschlossene Einführung einer „Reparatur-klausel“ in das deutsche Designrecht stellt einen kritischen Eingriff in das System des gewerblichen Rechtsschutzes dar. Automobildesign erstreckt sich bis in die Details von Außenspiegeln, Scheinwerfern, Blechen, Türen und Stoßfängern. Ein uneingeschränkter Designschutz ist für Fahrzeughersteller und Zulieferer weltweit eine wichtige Voraus-setzung, um in Innovationen investieren zu können. Gewerbliche Schutzrechte sind aus Sicht der Automobilindustrie notwendig, um Produktpiraterie wirksam zu bekämpfen und die Sicherheit der Autofahrer zu gewährleisten. Nachweislich können nachgebaute Ersatzteile sowohl die Sicherheit als auch den Werterhalt des Fahrzeugs beeinträchtigen und stellen damit einen erheblichen Kundennachteil dar. Gerade im Ersatzteilebereich ist auf internationaler Ebene zu beobachten, wie Marken, Verpackungen und Produkte in großer Zahl von Produktpiraten gefälscht werden.

Die Abschaffung des Designschutzes in Deutschland würde auch die Aufweichung von Schutzrechten in anderen Bereichen bedeuten und dem Innovationsstandort Deutschland damit einen Bärendienst erweisen. Eine solche Ausnahmeklausel kann als Präzedenzfall für ähnliche Regelungen – zum Beispiel im Patentrecht – dienen. Der nationale Alleingang Deutschlands vergrößert jetzt den rechtlichen Flickenteppich in Europa. Aus Gründen des Binnenmarktes hätte eine einheitliche Regelung innerhalb der EU abgewartet werden sollen. Im Übrigen sind in der EU Reparaturkosten auch in den Ländern nicht niedriger, in denen kein Designschutz besteht. Deutschland liegt preislich im unteren Bereich in der EU. Die Änderung des Designrechts bedarf aller-dings noch der Zustimmung des Bundestages, der bislang keine einheitliche Position formulieren konnte.

Patentrechtsreform und Unterlassungsanspruch

Rund um das vernetzte Auto werden Rechtsstreitigkeiten um Verletzungen von Paten-ten zwischen der Automobil- und Telekommunikationsbranche geführt, die erhebli-che Auswirkungen auf die etablierte Wertschöpfungsstruktur der Automobilindustrie haben. Diese betreffen im Wesentlichen zwei Fallgruppen, nämlich die gerichtliche Handhabung des Unterlassungsanspruchs in Deutschland einerseits und den Zugang zu Lizenzen an standardessenziellen Mobilfunkpatenten andererseits.

Durch die derzeit geltende Patentrechtslage besteht ein Nachteil für den Indust-riestandort Deutschland. Hiernach kann ein Inhaber eines Patents – selbst wenn das Patent nur eine untergeordnete Teilkomponente eines komplexen Produkts darstellt –

Bislang gibt es weder in Deutschland noch in der EU ein Eigentumsrecht an Daten.

Gewerbliche Schutzrechte sind notwendig, um Produkt- und Markenpiraterie zu bekämpfen.

Durch die derzeit geltende Patentrechtslage besteht ein Nachteil für den Industriestandort Deutschland.

eine Unterlassung verlangen, ohne dass deren Verhältnismäßigkeit geprüft wird. Dies gilt auch dann, wenn ein Nichtigkeitsverfahren im Hinblick auf dieses Patent anhängig ist. Der VDA begrüßt daher, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbrau-cherschutz (BMJV) im August 2020 einen Referentenentwurf eines zweiten Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts (2. PatMoG) vorgelegt hat.

Der VDA unterstützt, dass das BMJV mit seinem Diskussionsentwurf eine in § 139 PatG verankerte Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorschlägt. Wichtig ist in diesem Zusam-menhang die Würdigung des Verfassungsranges des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Gesetzentwurf.

Der vorgelegte Entwurf zum § 139 Abs. 1 PatG sieht eine Verhältnismäßigkeits- prüfung bei Vorliegen bestimmter Gründe vor. Daraus darf sich eine unzulässige Reduzierung des als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und nach europäischem Recht gebotenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf bestimmte Tatbestände nicht ergeben. Der Entwurf zu § 139 Abs. 1 muss konform mit Art. 3 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums („Durchsetzungsrichtlinie“) sein und auch die verschiedenen Problemaspekte hinsichtlich „Non-Practising Entities“ (NPE) umfassend abdecken, um hierzu eine verlässliche Änderung bei der instanzgerichtlichen Recht-sprechung zu bewirken.

Der Klage einer NPE gegenüber einem in Deutschland tätigen Industrieunternehmen liegt häufig die Situation zugrunde, dass, basierend auf einem einzelnen Patent, nur eine funktional und wertmäßig untergeordnete Teilkomponente eines komplexen Produkts betroffen ist und dennoch ein Unterlassungsanspruch gegen die Produk-tion oder den Vertrieb des komplexen Produkts (wie z. B. eines Automobils) gerich-tet werden kann. In der Automobilindustrie spielt diese Konstellation insbesondere hinsichtlich der in Deutschland befindlichen Produktionsstätten eine sehr kritische Rolle. Aufgrund der extrem komplexen Struktur der Entwicklungsprozesse, der weltweit durchzuführenden Zulassungsprozesse (Typzulassungen, allgemeine Betriebserlaub-nisse), der Lieferkette über diverse Stufen von Zulieferern sowie der Logistik- und Fertigungsprozesse kann der Schaden, der dem in Anspruch Genommenen durch den Produktionsstopp entsteht, in extremem Maß unverhältnismäßig gegenüber dem Wert der durch das Patent geschützten Erfindung sein.

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100 STEUERN, ZÖLLE, RECHT STEUERN, ZÖLLE, RECHT 101

Wettbewerbskonforme Lizenzierung von standardessenziellen Patenten

Die Patente für die Vernetzungstechnik von Kraftfahrzeugen liegen bei ausländi-schen Unternehmen im Telekommunika-tionsbereich, die ihre Technologien in die neuen Mobilfunkstandards wie 5G mit Patentschutz einbringen. Daher werden diese Schutzrechte standardessenzielle Patente (SEP) genannt. Die deutschen Hersteller und Zulieferer sind zwingend auf die Nutzung der SEP angewiesen, die aus Wettbewerbsgründen auch lizenziert werden müssen – und zwar sowohl an Zulieferer als auch an Hersteller. Aller-dings gewähren die SEP-Inhaber die Lizenzen nur an die Fahrzeughersteller, um wesentlich höhere Lizenzgebühren zu erzielen. Über diese kartellrechtlich fragwürdige Praxis haben sich Hersteller und Zulieferer bei der EU-Kommission und dem Bundeskartellamt bereits beschwert. Eine Entscheidung über die Einleitung von Verfahren steht noch aus.

Der VDA hat sich bereits 2017 dafür ausgesprochen, dass die Lizenz an einem SEP bzw. SEP-Portfolio vom Patentinha-ber auf Anfrage jedem Teilnehmer in der Lieferkette angeboten werden muss, der eine das SEP bzw. SEP-Portfolio imple-mentierende Einheit für ein mit dem Standard konformes Produkt bereitstellt. Dabei kann die Standardkonformität beispielsweise über eine Zertifizierung der Einheit oder einer in der Lieferkette nachfolgenden Einheit festgestellt wer-den, wobei mehrfache Zertifizierungen in der Lieferkette nicht erforderlich sind. Die Lizenz muss alle vorangehenden und

nachfolgenden Stufen der jeweiligen Lieferkette und alle üblichen Nutzungs-formen der Einheit in dem standardkon-formen Endprodukt abdecken können, beispielsweise über eine Portfoliolizenz.

Kein spezifisches Unternehmensstrafrecht erforderlich

Das Bundeskabinett hat im Juni 2020 den Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ vorge-legt, mit dem ein neues Sanktionsrecht für Unternehmen eingeführt werden soll. Aus Sicht des VDA ist die angestrebte Reform des Unternehmenssanktionsrechts nicht erforderlich und geht weit über das geltende und ausreichende Ordnungs-widrigkeitenrecht hinaus. Das Strafrecht stellt zudem für Einzelpersonen ein gut funktionierendes, am Schuldprinzip orien-tiertes Sanktionensystem bereit, dessen Ergänzung durch ein „Unternehmensstraf-recht“ zu vielfachen wirtschaftlichen und rechtlichen Problemen führt.

Der Entwurf sieht eine breite Zurechnung von Straftaten einzelner Leitungspersonen vor, ohne dass es dafür auf ein Organi-sationsverschulden des Unternehmens selbst ankommt. Unternehmen, die über eine gelebte Compliance-Organisation verfügen, müssen tatbestandlich sank-tionsfrei bleiben. Die Compliance-Be-mühungen werden jedoch nur bei der Strafzumessung berücksichtigt. Dabei lässt der Entwurf noch offen, was von den Unternehmen erwartet wird. Der Gesetz-geber sollte zumindest die Eckpunkte angemessener Compliance gesetzlich verankern. Vor diesem Hintergrund ist auch der weitreichende Sanktionsrahmen

Hersteller und Zulieferer sind auf die Nutzung von SEP angewiesen.

Neue Rechtslage wird Logistikunternehmen entlasten.

von bis zu 10 Prozent des konzernweiten Jahresumsatzes kritisch zu sehen. Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise, in der viele Industrieunternehmen mit existenz-bedrohenden Verlusten rechnen müssen, ist der Gesetzentwurf ein kontraprodukti-ves Signal der Bundesregierung.

Reform der Anhänger- haftung – Umsetzung durch Versicherungen

Der VDA hatte sich aufgrund der kriti-schen Auswirkungen eines BGH-Urteils zur Anhängerhaftung für eine Reform des Straßenverkehrsrechts (StVG) eingesetzt. War bis zu diesem Urteil eine Haftpflicht-versicherung des gezogenen Fahrzeugs nur in geringem Umfang erforderlich, da das Haftungsrisiko überwiegend bei dem Zugfahrzeug angesiedelt war, mussten nun ziehendes und gezogenes Fahrzeug zu gleichen Teilen versichert werden – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Prämien für Anhänger.

Nun hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. August 2020 eine Änderung des StVG und des Versicherungsvertrags-gesetzes (VVG) vorgenommen. Danach sollen in das StVG die §§ 19 und 19a neu eingefügt werden, mit welchen die Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr, orientiert am geltenden Recht und an der Regulierungspraxis der Versiche-rungen, gesetzlich geregelt wird: Die gesetzlichen Regelungen enthalten in § 19 StVG jetzt die Haftung der Halter von Anhängern und regeln dabei auch die Haftung der Halter von Zugfahrzeug und Anhängern sowohl im Verhältnis zueinander als auch im Verhältnis zu

möglichen weiteren Unfallbeteiligten, das heißt weiteren Kraftfahrzeughaltern, Dritten, Fahrzeugführern sowie weiteren aus Gefährdung Haftenden, um damit Rechtssicherheit zu schaffen. Ist ein Gespann an dem Unfall beteiligt, wird für die Halter von Zugfahrzeug und Anhän-ger nunmehr ausdrücklich gesetzlich bestimmt, dass im Innenverhältnis dieser Halter der Schaden weiterer Unfallbe-teiligter grundsätzlich vom Halter des Zugfahrzeugs zu tragen ist, falls im Ein-zelfall nicht ausnahmsweise der Anhän-ger gefahrerhöhend gewirkt hat. Dazu reicht das bloße Ziehen des Anhängers im Allgemeinen nicht aus. Damit wird die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit nun ausdrücklich an die bei einem Ge-spannunfall von den beteiligten Haltern jeweils gesetzten Gefahren angepasst. Die Haftung des Führers des Anhängers und Gespanns ist gesondert im neuen § 19a StVG geregelt. Im Versicherungs-vertragsgesetz wird der Grundsatz, dass die Versicherung der Haftung folgt, ausdrücklich festgehalten. Der VDA erwartet nun, dass die Versicherer von Anhängern und Gespannen ihre Versi-cherungsverträge möglichst bald an die neue Rechtslage anpassen und damit die Logistikunternehmen entsprechend entlasten.

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Die Europäische Kommission hat mit ihrem „European Green Deal“ einen ehrgeizigen Klimaschutzplan für Europa vorgegeben. Die Unternehmen der Automobilindustrie treiben Klima- und Umweltschutz voran, mit Ideen und innovativen Produkten.

Umweltpolitik und Luft- qualität

06

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in µg/m³

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 20042003 20082007 2010200920062005 20122011 20142013 2015 2016 2017 2018

ländlicher Hintergrund Quelle: Umweltbundesamt 2019verkehrsnahstädtischer/vorstädtischer Hintergrund

Entwicklung der NO2-Jahresmittelwerte im Mittel über ausgewählte Messstationen im jeweiligen Belastungsregime, Zeitraum 2000-2019

10

20

30

40

50

60

104 UMWELTPOLITIK UND LUFTQUALITÄT UMWELTPOLITIK UND LUFTQUALITÄT 105

Luftqualität und Luftreinhaltung

Die Luftqualität in deutschen Städten wird also immer besser. Die Stickoxidemissionen des Straßenverkehrs haben sich seit 1990 um rund 70 Prozent verringert – obwohl die Verkehrsleistung im gleichen Zeitraum um 50 Prozent gestiegen ist.

Die Luftqualität wird in Deutschland kontinuierlich überwacht. Ziel ist die Einhaltung der europäischen Luftqualitätsrichtlinie. Diese gibt Grenzwerte für Feinstaub, Stick-stoffdioxid (NO2) und Ozon vor. Die Schadstoffkonzentration in der Luft wird von den Bundesländern und dem Umweltbundesamt an über 600 Messstationen, die in ganz Deutschland verteilt sind, gemessen. Der Straßenverkehr trägt, wie auch die Industrie, die Haushalte und die Landwirtschaft, mit seinen Emissionen zur Luftbelastung bei. Ziel ist es daher, dass die Gesamtemissionen aller Bereiche so gering sind, dass die gesetzten Luftqualitätsziele erreicht werden.

Die Ozonbelastung ist weitgehend vom Wetter abhängig, der Einfluss des Straßenver-kehrs daher gering. Bei der Feinstaubbelastung geht der Beitrag des Straßenverkehrs durch die flächendeckende Ausrüstung der Fahrzeuge mit Partikelfiltern weiter zurück, sodass im vergangenen Jahr erstmals bundesweit keine einzige Grenzwertüber-schreitung mehr stattgefunden hat. Die städtische verkehrsnahe Feinstaubbelastung ist innerhalb der letzten zehn Jahre um über 30 Prozent (von 28 µg/m³ auf 19 µg/m³) gesunken. Die Feinstaubbelastung ist allerdings stark vom Wetter abhängig. Beim Ultrafeinstaub (PM2,5) gilt in Deutschland der Grenzwert von 25 µg/m³, der seit 2015 nicht mehr überschritten wurde.

Die Jahresgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) werden noch an gut 20 der verkehrs-nahen Messstationen in Deutschland überschritten. Dies ist gemäß dem Umweltbun-desamt ein Rückgang der Überschreitungen gegenüber 2019 von rund 50 Prozent. Der Straßenverkehr hat hier eine besondere Verantwortung, da er an den städtischen ver-kehrsnahen Messstationen der Hauptemittent von NO2 ist. Dort hat sich die NO2-Luft-qualität in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent verbessert.

Obwohl die Verkehrsleistung gestiegen ist, haben sich die Stickoxidemissionen des Straßenverkehrs seit 1990 um rund 70 Prozent verringert.

Der VDA sieht sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass die Erneuerung des Pkw-Bestands sowie Softwareupdates bei bereits zugelassenen Pkw die wirkungsvollsten Maßnahmen sind, um die Luftqualität in deutschen Städten zügig, nachhaltig und erheblich zu verbessern. Wie Erhebungen des Umweltbundesamtes zeigen, verringert sich die Zahl der Städte, die noch über dem Stickoxid-Jahresgrenzwert liegen, stetig. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass immer mehr neue Euro-6-Diesel-Pkw mit geringsten Emissionen zugelassen wurden; entsprechend ging der Altbestand zurück. Dieser Prozess setzt sich kontinuierlich fort.

Die flächendeckende Einhaltung der Jahres-NO2-Grenzwerte ist in Sicht. Die Automo-bilindustrie leistet hierzu ihre Beiträge – und dies sind insbesondere die zügige Markt-durchdringung mit saubersten Pkw und Lkw der Emissionsstufe Euro 6d bzw. Euro VId sowie die Nachbesserung von im Feld befindlichen Diesel-Pkw mit Softwareupdates. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass diese Maßnahmen der Automobilindustrie wirksam sind: Der positive Trend der Luftqualität setzt sich fort. Fahrverbote – wie oftmals gefordert – sind daher nicht notwendig und vor allem angesichts des aktuellen Luftqualitätstrends nicht angemessen.

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Handlungsanleitung Klimaneutralität

Eine vierstufige Hierarchie ist Handlungsanleitung auf dem Weg zur Zielerreichung:

Minimierung des eigenen Energiebedarfs durch Effizienzsteigerung

Einsatz erneuerbarer Energieträger (Strom, Wärme) am eigenen Standort; Stichwort: New Clean Power

Zukauf von Grünstrom-Zertifikaten

Kompensation der verbleibenden CO2-Emissionen

Quelle: VDA

Energieeffizienz

Einsatz erneuerbarer Energieträger

Zukauf von Grünstrom-Zertifikaten

Kom-pensation

Energieträger in Mrd. kWh in %

Kernenergie 71 13,7

Braunkohle 102 19,8

Steinkohle 49 9,5

Erdgas 54 10,5

Erneuerbare Energien 236 46

Davon sind:

Wasserkraft 19 3,8

Windenergie 126 24,8

Photovoltaik 46 9,1

Biomasse 44 8,6

Stromerzeugung 2019 gesamt 513

Stromerzeugung Deutschland (Strommix 2019)

Quelle: BMWi, Destatis, Agora Energiewende, IWR, Fraunhofer, BDEW, ZSW, AEE, AGEB

106 UMWELTPOLITIK UND LUFTQUALITÄT UMWELTPOLITIK UND LUFTQUALITÄT 107

Je nach Ausgangslage können die jeweiligen Anteile der vier Elemente in einem Unter-nehmen unterschiedlich groß ausfallen. Wer seine Prozesse bereits im Hinblick auf den Energiebedarf optimiert hat – die ISO 50001 zum Aufbau eines systematischen Ener-giemanagements ist hierbei ein wertvolles Instrument –, wird sich zwangsläufig auf die verbleibenden drei Elemente konzentrieren müssen. Gerade am Anfang des Prozesses sollten Kompensationsleistungen zulässig sein. Sie können und sollten – bei entspre-chender Umsetzung bzw. Ausbau der übrigen drei Bausteine – über den Zeitstrahl zurückgefahren werden.

Damit die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie das hochgesteckte Ziel der Klimaneutralität tatsächlich erreichen können, muss die Politik noch einige Weichen neu stellen. Ein Schlüssel ist der Ausbau erneuerbarer Energien. Ende 2019 machte der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung Deutschlands erst 46 Prozent aus

Die deutschen Automobilunternehmen nehmen ihre Verantwortung ernst und sehen ihre Rolle global. So werden auch Produktionsstandorte außerhalb Deutschlands und Europas in die Gesamtstrategie zur Klimaneutralität mit einbezogen. Bei der Bilanzierung kann der VDA unterstützen. Er gibt seit vielen Jahren die VDA-Emissionsfaktoren heraus, eine Zu-sammenstellung von über 50 Regionen weltweit zur Fakturierung der mit der Erzeugung von Strom und Wärme sowie Kraftstoffen verbundenen Emissionen. Die VDA-Emissions-faktoren sind auf der VDA-Homepage als kostenloser PDF-Download verfügbar.

Der „European Green Deal“ der Europäischen Kommission ist ein ungewöhnlich umfangreiches und anspruchsvolles politisches Paket. Es betrifft die Industrie an vielen Stellen unmittelbar. Neben dem Ziel der Klimaneutralität sind für die Umweltpolitik folgende zwei Aspekte aus Sicht der Automobilindustrie erwähnenswert:

· „Circular Economy“

· „Zero Pollution“

Umweltpolitik am Standort Deutschland

Spätestens im Jahr 2019 sind Klimaschutz und Klimawandel im Bewusstsein der Ge-sellschaft angekommen: Die Europäische Kommission hat mit ihrem „European Green Deal“ den Klimaschutzplan für Europa vorgegeben. Spätestens 2050 soll die Europäi-sche Gemeinschaft nicht mehr Treibhausgase freisetzen, als sie selbst verbraucht. Das ehrgeizige Ziel lautet Klimaneutralität. Klimapolitik wird zur Standortpolitik. Handlungs-felder sind die Energiewirtschaft, die Industrie, der Gebäudesektor, der Verkehr, die Landwirtschaft und die Forstwirtschaft.

Unternehmen der Automobilindustrie bekennen sich zu dem Ziel der EU und haben für sich ambitionierte Ziele zum Erreichen der Klimaneutralität am eigenen Produktions-standort definiert. Doch was heißt es überhaupt, „klimaneutral“ zu sein? Unterm Strich bedeutet es, dass das eigene (wirtschaftliche) Handeln keinen bilanziellen Beitrag zum Klimawandel leistet. Es meint hingegen nicht, emissionsfrei zu agieren.

Die EU soll bis 2050 klimaneutral sein.

Auch Produktionsstandorte außerhalb Deutschlands und Europas werden in die Gesamtstrategie zur Klimaneutralität mit einbezogen.

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108 UMWELTPOLITIK UND LUFTQUALITÄT

„Circular Economy“ – die kreislauforientierte Wirtschaft

In ihrer Mitteilung stellt die Europäische Kommission fest: „Etwa die Hälfte der ge-samten Treibhausgasemissionen und mehr als 90 Prozent des Biodiversitätsverlusts und der Wasserknappheit sind auf die Rohstoffgewinnung und die Verarbeitung von Materialien, Brennstoffen und Lebensmitteln zurückzuführen.“ Und weiter: „Nur 12 Prozent der verwendeten Werkstoffe stammen aus dem Recycling.“ Die EU-Kommis-sion will daher Anreize und Regularien schaffen und überarbeiten, um den Einsatz von Rezyklaten in Produkten zu erhöhen. Ein Beispiel des vom Grundsatz her richtigen Ansatzes zeigt sich aktuell in der Umsetzung von Art. 9 der EU-Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG). Eine klassische Schnittstelle zwischen Herstellerverantwor-tung, Gefahrstoffrecht und Abfallrecht. Hiernach wird der Lieferant eines Erzeugnisses dazu verpflichtet, Informationen über sogenannte SVHC-Stoffe gemäß Art. 33 der REACH-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) bereitzustellen. Diese Informatio-nen sollen dann am Ende des Lebensweges eines Produkts dem Entsorger zur Verfügung stehen, um diese Stoffe bei Bedarf aus dem Stoffkreislauf zu entfernen.

In der Umsetzung führt dies zum Aufbau einer umfangreichen Datenbank über SVHC-Stoffe in Erzeugnissen, die an der Praxis der Unternehmen vorbeigeht. Es zeigt sich, wie weit Theorie und Praxis auseinanderklaffen können. Hier wäre eine Orientie-rung an dem tatsächlich erforderlichen Maß an Informationen zwecks Schließen von Stoffkreisläufen wünschenswert.

„Zero Pollution“

Der „Green New Deal“ beinhaltet zudem das „Null-Schadstoff-Ziel für eine schad-stofffreie Umwelt“. Darin kündigt die EU-Kommission an:

Auf nationaler Ebene wird mit der Novelle der Technischen Anleitung zur Rein- haltung der Luft (TA Luft) zudem ein für die Anlagengenehmigung elementar wichtiges Verwaltungsinstrument erwartet. Alle Themen werden im VDA-Arbeitskreis Indus- trieemissionen adressiert.

· Eine Überarbeitung der Luftqualitätsnormen, um sie stärker an die Empfeh-lungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anzupassen

· Eine Überprüfung der EU-Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschmut-zung durch große Industrieanlagen (Richtlinie 2010/75/EU über Industrie- emissionen)

· Kooperation mit den Mitgliedsstaaten, um industrielle Schadensfälle besser zu verhüten (Bezug zur Richtlinie 96/82/EG, Seveso-III-Richtlinie).

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Die Mobilität von morgen erwächst aus Innovationen. Die deutsche Automobilindustrie investiert mehr als alle anderen Branchen in Forschung und Entwicklung. Die Weiterentwicklung der klassischen Antriebe und alternativer Kraftstoffe, der Ausbau der Elektromobilität und die digitale Revolution im Auto bis hin zum automatisierten Fahren sind die großen Themen der Zukunft.

Innovation und Technik

07

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112 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 113

Diesel-, Benzin und Hybridmotoren

Im direkten Vergleich zum Benziner punktet der Dieselmotor mit seinem geringeren Kraftstoffverbrauch. Durch sein Verbrennungsverfahren wird die Energie im Kraftstoff wesentlich besser ausgenutzt. Der sogenannte thermody-namische Wirkungsgrad ist beim Diesel höher als beim Benziner. Dadurch ist der Diesel so sparsam. Dieser Vorteil entsteht durch die höhere Verdichtung und die höheren Spitzentemperaturen im Zylinder des Dieselmotors. Allerdings entstehen durch diese extremen Bedingungen im Brennraum auch mehr Schadstoffe, was zusätzliche, aufwendige Maßnahmen zur Abgasnachbehandlung erfordert. Dieselmotoren der aktuellen Generation verfügen daher alle über einen sogenann-ten SCR-Katalysator und einen Diesel-partikelfilter, der die bei der Verbrennung entstandenen Schadstoffe im Nachhinein wieder abbaut. Durch die Abgasnachbe-handlung werden die Emissionen um 90 bis 99,9 Prozent verringert und selbst die schärfsten Euro-6d-Grenzwerte können mithilfe dieser Technologien sicher eingehalten werden.

Innerhalb der aktuellen Euro 6d-Emissi-onsgesetzgebung erbringen die Fahrzeu-ge und deren Antriebe den Nachweis, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte unter allen normalen Fahr-bedingungen auch tatsächlich auf der Straße eingehalten werden. Die strengen Anforderungen verlangen die Einhaltung der Emissionen auch unter verschärften Randbedingungen, also zum Beispiel bei Passfahrten im Winter. Fahrzeugantriebe werden auf diese extremen Bedingungen hin entwickelt, um den gesetzlichen Anforderungen auch im Feld standzu-

Der „thermodynamische Wirkungsgrad“ ist beim Diesel höher als beim Benziner.

Neu zugelassene Pkw in der EU ab 2021 im Durchschnitt nur noch maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen.

Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge haben sowohl einen Elektroantrieb als auch einen Verbren-nungsmotor und können extern elektrisch nachgeladen werden .

Zahlreiche Tests bestätigen: Alle Fahrzeuge der Euro-6d-Norm halten den gesetzlichen Grenzwert auch auf der Straße ein.

halten. Das Ergebnis ist, dass moderne Fahrzeuge – und hier werden Dieselfahr-zeuge explizit mit einbezogen – im Nor-malbetrieb annähernd schadstofffrei sind. Dies bestätigen unabhängige Tests, die von Emissions Analytics oder von unab-hängigen Autozeitschriften durchgeführt wurden (siehe QR-Code). Selbst unter extremen Fahr- und Randbedingungen wurden zum Beispiel bei neuen Pkw-Mo-dellen deutscher Hersteller Emissions-werte auf der Straße zwischen 9 und 19 Milligramm NOx pro Kilometer gemessen. Dies liegt ca. 80 Prozent unter dem gülti-gen Euro-6-Grenzwert.

Der ADAC gibt Euro-6d ebenfalls gute Noten. In unabhängigen Tests beschei-nigt der ADAC den Euro-6d-Dieseln auch bei niedrigen Temperaturen sehr geringe Emissionen. Im Schnitt lagen diese bei 20 Milligramm NOx pro Kilometer. Einzelne deutsche Modelle hatten eine Emission von nur 1 Milligramm NOx pro Kilometer. Die Emissionen liegen somit nahe der Nachweisgrenze. Der ADAC bestätigt, dass alle Fahrzeuge der Euro- 6d-Norm den gesetzlichen Grenzwert auch auf der Straße einhalten.

Die deutsche Automobilindustrie hat in diesem Bereich ihre Hausaufgaben erledigt. Die Diskussion um Verbote für den Verbrennungsmotor ist mit Verweis auf die Luftqualität überholt und damit weder ökologisch noch ökonomisch sachlich begründbar. Trotz der klaren Elektrifizierungsstrategie der deutschen Automobilindustrie – der moderne und effiziente Verbrennungsmotor stellt noch immer einen bedeutenden Grundbaustein der Mobilität dar.

Alle in der Europäischen Union neu zugelassenen Pkw müssen ab 2021 im Durchschnitt den CO2-Grenzwert von

95 Gramm pro Kilometer einhalten: eine große Herausforderung, die die Optimie-rung des Antriebs von der Verbrennung bis hin zur Kraftübertragung auf die Straße verlangt. Jeder Prozentpunkt Wirkungs-gradvorteil muss zur Erreichung dieses Ziels genutzt werden. Der Diesel emittiert ca. 10 bis 15 Prozent weniger CO2 als ein vergleichbarer Benziner und leistet also einen wichtigen Beitrag, um den europäi-schen CO2-Grenzwert einzuhalten.

Der moderne Benziner nähert sich den Wirkungsgraden des Dieselmotors an, da er durch die sogenannte Direktein-spritzung Prinzipien des Dieselmotors übernimmt und somit seinen Wirkungs-grad erhöhen kann. Die Motor- und Abgasnachbehandlungstechnik ist beim Benziner allerdings weniger komplex. Er überzeugt vor allem im Kleinwagenseg-ment und bei niedrigeren und mittleren Fahrleistungen durch seine Wirtschaft-lichkeit und Sauberkeit. Der Benzinmotor eignet sich darüber hinaus besonders für die sogenannte Hybridisierung des Antriebsstrangs. Dies ist eine Teilelek-trifizierung des Antriebs und stellt eine Kombination aus klassischem Verbren-nungsmotor und elektrischem Antrieb dar. Dadurch können die Wirkungsgrad-vorteile des elektrischen Antriebs mit dem Verbrennungsmotor kombiniert und optimiert werden. Je nach Elektrifizie-rungsgrad sind Wirkungsgradvorteile von ca. 25 Prozent möglich.

Klassische Hybridantriebe verfügen in der Regel über eine Hochspannungs-versorgung im Bereich von 200 Volt und mehr. Damit sind zwar leistungsstarke Antriebe möglich, die Hochspannungs-technologie ist allerdings aufwendig und kostenintensiv und daher für preissen-sitive Antriebssegmente oftmals nicht wirtschaftlich. Eine Alternative bietet die

48-V-Technologie, denn diese erlaubt nicht nur den Ersatz des klassischen 12-V-Bordnetzes durch ein modernes leistungsstarkes Bordnetz, sondern auch bei dieser niedrigeren Spannungslage die Nutzung elektrischer Antriebe im Bereich mehrerer Kilowatt Antriebs-leistung. Somit kann das Prinzip des Hybridantriebs in Kombination mit einem modernen Bordnetz kosteneffizient ver-wendet werden.

Der sogenannte Vollhybrid verfügt über eine hohe elektrische Fahrleistung und eine leistungsstarke Batterie. Der Plug-in-Hybrid – ein leistungsstarker Vollhybrid mit eingebauter Steckdose und vergrößerter Batterie – stellt die Brücke dar zwischen dem Vollhybrid und dem Elektrofahrzeug. Beim Plug-in-Hybrid verliert der eingebaute Verbrennungsmo-tor zunehmend an Bedeutung, da mittels der Steckdose gute Teile der Fahrenergie nicht mehr vom Verbrennungsmotor kom-men. Ein Plug-In-Hybrid hat üblicherwei-se eine rein elektrische Reichweite von etwa 70 Kilometern – ideal für typische Pendler- und Kurzstreckenfahrten.

Online Artikel der „auto motor und sport“ zum RDE-Abgas-Test VW Golf 8 Diesel:

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114 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 115

Verbrauch und Emissionen von Verbrennungsmotoren

Otto- und Dieselmotoren verbrennen Kraftstoff – in der Regel Benzin, Diesel oder Erdgas. Diese Kraftstoffe bestehen aus unterschiedlichen Kohlenwasserstoffketten. Bei der Verbrennung dieser Kohlenwasserstoffketten entstehen daher die Endprodukte H2O (Wasser) und CO2 (Kohlendioxid). Das Kohlendioxid aus dem Auspuff wird genau gemessen und ist durch die europäische CO2-Flottengesetzgebung streng limitiert. Die CO2-Flottengesetzgebung bemisst die CO2-Emissionen auf Basis des sogenann-ten NEFZ (neuer europäischer Fahrzyklus). Dieser wurde von der EU-Kommission entwickelt, um Verbrauchern und Politik in Europa einen einheitlichen Maßstab zu liefern. Der NEFZ hat sich über viele Jahre als einheitliche, verbindliche Basis für den Vergleich verschiedener Fahrzeuge oder Modellgenerationen bewährt. Neben der Bestimmung der CO2-Emissionen diente der Fahrzyklus auch der Bestimmung der klassischen Schadstoffemissionen und des Kraftstoffverbrauchs.

Diesem Anspruch wurde das bislang in Europa verwendete Verfahren NEFZ nicht mehr gerecht – es war in den 1990er-Jahren vorrangig für die Messung von Schadstoff- emissionen als theoretische Messfahrt entwickelt worden. Daher haben die Mitglieds-staaten des 98er-Abkommens der UN/ECE (darunter alle europäischen Staaten, Japan, die USA, China, Russland, Indien und weitere) beschlossen, unter dem Dach der UN/ECE eine neue Testprozedur zu entwickeln, die das Fahrverhalten eines Fahrzeugs weltweit repräsentativ abdecken soll – den sogenannten WLTP (Worldwide Harmonized Light- Duty Vehicles Test Procedure). Die Automobilindustrie hat diese Initiative maßgeblich unterstützt und vorangetrieben.

Der neue WLTP basiert auf realen Fahrdaten aus insgesamt drei Kontinenten (Asien, Europa, Amerika) und zwölf Ländern und ist dadurch deutlich repräsentativer. Die dafür notwendigen Messfahrten umfassten insgesamt 750.000 Kilometer, die in Metropolen von Schwellenländern wie Indien ebenso durchgeführt wurden wie auf Autobahnen in Europa und den USA.

Seit dem 1. September 2018 müssen zertifizierte WLTP-Messungen für alle neu zugelas-senen Pkw vorliegen. Seit dem 1. September 2019 gilt dies auch für leichte Nutzfahrzeu-ge. Das bedeutet, dass der Kraftstoffverbrauch, die CO2- und die Schadstoffemissionen aller Fahrzeugtypen und -varianten unter dieser neuen Testprozedur bestimmt und dokumentiert werden.

Die Einhaltung von Abgasgrenzwerten ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Typge-nehmigungen für neue Fahrzeuge erteilt werden. Der Kraftstoffverbrauch stellt mit dem parallel dazu ermittelten CO2-Wert für den Kunden ein wesentliches Kriterium für die Kaufentscheidung dar und ist in vielen Ländern die Grundlage für die Kfz-Besteuerung. Auch wenn der WLTP nicht die gesamte Bandbreite der tatsächlichen Fahrzeugnut-zung abbilden kann, bietet er durch eine höhere Realitätsnähe seiner Ergebnisse eine bessere Informationsbasis für Entscheidungen beim Autokauf.

Für die Typzulassung neuer Pkw gilt EU-weit seit 2017 der WLTP in Nachfolge des seit 1992 gültigen NEFZ.

Für das Jahr 2020 kann erstmals ein CO2-Flottenwert auf Basis des neuen WLTP ermittelt werden.

Der WLTP basiert auf realen Fahrdaten aus insgesamt drei Kontinenten.

In Deutschland regelt die sogenannte Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung, welcher Verbrauchs- und Emissionswert für die Kundeninformation verbindlich ist. Mit Stand März 2020 ist diese jedoch noch nicht auf WLTP aktualisiert, sodass Autokäufer noch nicht über diesen realitätsnäheren Verbrauch der Neufahrzeuge informiert werden können und die Hersteller weiterhin den veralteten NEFZ-Wert kommunizieren müssen. Der VDA setzt sich für eine möglichst zügige Anpassung dieser Energieverbrauchskenn-zeichnungsverordnung ein, um über den neuen WLTP informieren zu können.

Zwar kommt der WLTP bei der Kundeninformation noch nicht zur Anwendung – wohl aber bei der Berechnung der Kfz-Steuer. Hier hat das Bundesfinanzministerium die Umstellung zügig umgesetzt. Da die CO2-Werte nach dem WLTP-Prüfverfahren höher ausfallen als nach dem alten NEFZ-Standard, müsste bei der deutschen Kraft-fahrzeugsteuer eigentlich der auf die Einheit „Gramm CO2 pro Kilometer“ bezogene Steuersatz um 20 Prozent gesenkt werden, denn der WLTP ist realitätsnäher und führt dazu, dass die Kraftstoffverbrauchsangaben im Schnitt um etwa 20 Prozent steigen. Das Ausbleiben dieser Anpassung kommt also einer Erhöhung der Kfz-Steuer bei Neufahrzeugen von ca. 20 Prozent gleich.

Da die CO2-Flottengesetzgebung noch auf Basis des alten NEFZ entwickelt wurde, hat sich die Europäische Kommission entschieden, nicht den CO2-Grenzwert für neue Pkw-Modelle anzupassen, sondern deren im WLTP ermittelte CO2-Emissionen jeweils zurückzurechnen, als wären sie NEFZ-Werte. Dies geschieht mithilfe einer Software namens CO2MPAS, die vom EU-Forschungszentrum Joint Research Centre (JRC) entwickelt wurde. Da diese zurückgerechneten NEFZ-Werte jedoch auf den strengeren Rahmenbedingungen des WLTP-Testverfahrens basieren, werden sie leicht höher ausfallen als gemäß dem ursprünglichen Testablauf. Das führt zu einer indirekten Verschärfung der Flottenregulierung von ca. 6 Prozent für die Hersteller.

Mittlerweile liegen WLTP- und (in der Regel berechnete) NEFZ-Werte für alle neu zugelassenen Fahrzeuge vor. Für das Kalenderjahr 2020 kann also erstmals ein CO2- Flottenwert auf Basis des neuen WLTP ermittelt werden. Dies geschieht voraussichtlich bis Frühjahr 2021. Die zukünftige CO2-Gesetzgebung für die Jahre 2025 bis 2030 kann dann auf WLTP-Werten basieren. In Europa wird dann der NEFZ endgültig abgelöst. International gibt es aber noch viele Staaten, die den NEFZ auch weiterhin anwenden. Beispiele sind nordafrikanische Staaten oder Australien. Um Fahrzeuge in diesen Märkten zulassen zu können, müssen die Fahrzeughersteller hierfür weiterhin die Fahrzeuge auch im NEFZ vermessen.

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KonformitätsfaktorMesstoleranz von PEMS-Geräten (derzeit 0,5) ist in den Faktoren bereits eingerechnet

InkrafttretenNeue Typen: alle Modelle, die nach dem genannten Datum neu typgenehmigt werden; alle Neuzulassungen: alle Fahr-zeuge, die nach dem genannten Datum neu zugelassen werden; leichte Nutzfahr-zeuge jeweils ein Jahr später

Neue Typen Alle Neuzulassungen

1. Schritt 2,1 September 2017 September 2019

2. Schritt 1,5 Janurar 2020 Januar 2021

Real-Driving-Emissions-Regulierung (RDE) – Termine und Konformitätsfaktor

Quelle: EU-Komission

116 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 117

Die europäische Abgasemissionsgesetzgebung und Techniken zur Schadstoffreduzierung

Seit September 2015 gilt mit Euro 6 eine neue Abgasgesetzgebung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge ist Euro VI sogar bereits seit dem Jahr 2013 verbindlich. Beim Pkw wie auch beim Lkw wurde die Euro-6-Abgas- gesetzgebung schrittweise angepasst und erweitert. Ein besonderer Schritt innerhalb der neuen Gesetzgebung war die Einführung einer neuen portablen Messtechnik zur direkten Messung von Schadstoffemissionen im realen individuellen Straßenbetrieb. Diese sogenannte PEMS-Messtechnik wurde erstmals im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge eingeführt und dient dort der Feldüberwachung und der Überprüfung der Fahrzeugkonformität von bereits zugelassenen Fahrzeugen.

Über die letzten Jahre wurde diese Messtechnik so verbessert, dass sie auch für Pkw mit Einführung des Emissionsstandards Euro-6d anwendbar wurde. Heute ist der sogenannte RDE-Test (Real Driving Emission Test) das bestimmende Element der Abgasgesetzgebung.

Mit RDE müssen die Fahrzeuge Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand im WLTP, sondern zusätzlich unter realen Fahrbedingungen und beinahe beliebigen Umge-bungsbedingungen einhalten. Der Gesetzgeber gewährt lediglich die Berücksichtigung der Messtoleranz der portablen Emissionsmessgeräte sowie für den Übergangszeitraum von 15 Monaten nach Einführung von RDE einen leicht erhöhten Grenzwert (Konformitätsfaktor = 2,1 inklusive PEMS-Messtoleranz), um die Umstellung der gesamten Pkw-Flotte auf diese neuen RDE-Grenzwerte zu ermöglichen.

Die Labormessung von neu typgenehmigten Pkw wird durch Schadstoffemissionsmessun-gen auf der Straße ergänzt, die sogenannten Real Driving Emissions (RDE).

NOx in mg/km

Quelle: Umweltbundesamt

Durchschnittliche NOx-Emissionen in mg/km für Euro 5 und Euro-6-Diesel Pkw

Euro 5*

950

Euro 5 (ohne EA189)

Euro 5 (EA189) vor SU

Euro 5 (EA189) nach SU

Euro 6a/b/c* Euro 6a/b Euro 6c** Euro 6d-TEMP Euro 6d**

*Aggregation für die Flottenzusammensetzung im Jahr 2018, **Technologie-Abschätzung

Betriebswarmer Motor, ohne Kaltstartzuschlag; durchschnittliche Verkehrssituationund Temperaturverlauf in Deutschland; Laufleistung vom 50.000 km (für Alterung)

1159

787

588614 635

253

46 40

0

250

500

750

1000

1250

Das Umweltbundesamt (UBA) hat kürzlich mithilfe des sogenannten Handbuchs für Emissionsfaktoren (HBEFA) die Wirkung der neuen Gesetzgebung bewertet. Hierfür wird das Emissionsverhalten unterschiedlicher Fahrzeugkategorien unter verschie- denen Fahr- und Umgebungsbedingungen vermessen und bewertet. Auch Kaltstart oder Alterung des Fahrzeugs werden berücksichtigt. Das UBA gibt an, dass aktuelle Diesel-Pkw im Schnitt nur halb so viel Stickoxid emittieren, wie es der Grenzwert erlaubt. Mit durchschnittlich 46 Milligramm NOx pro Kilometer sind aktuelle Diesel- Pkw etwa zwanzigmal so sauber wie ein Diesel-Pkw der Abgasstufe Euro 5. Der soge-nannte Realkonformitätsfaktor liegt somit bei 0,5 und damit etwa um den Faktor 4 unter dem derzeit noch zulässigen Konformitätsfaktor von 2,1 und auch halb so hoch wie der ab 2021 verbindliche Konformitätsfaktor von 1.

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118 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 119

Der moderne Diesel liefert damit den Beweis, dass er sauber ist: auf der Straße, in der Stadt, auf Überlandfahrten, im Sommer wie im Winter. Möglich wurde dies durch die Entwicklung eines vollkommen neuen Motor- und Abgasdesigns mit dem vorrangigen Ziel eines komplexen Ther-momanagements, das den Motoren er-laubt, die Schadstoffe stabil und effizient zu reduzieren. Die Entwicklung dieser Konzepte wurde bereits zu Euro-5-Zeiten gestartet und macht heute die Erfüllung der scharfen Emissionsgesetzgebung möglich.

Die eigentliche Schadstoffreduktion erfolgt mit den hierfür entwickelten Ab-gasnachbehandlungstechnologien. Hier ein Überblick:

Partikelfilter

Um das Abgas des Dieselmotors von Schadstoffen aus der Verbrennung zu reinigen, müssen zusätzliche Systeme zur Nachbehandlung eingesetzt werden. Die erste Stufe ist der Oxidationskatalysator. Hier werden Schadstoffe in unschädliche Abgaskomponenten umgewandelt.

Der Dieselpartikelfilter reinigt in einer zweiten Stufe das Abgas von Ruß bzw. Feinstaubpartikeln. Die erforderliche Reinigung des Filters erfolgt durch Verbrennung der eingelagerten Partikel.

Die Schadstoffreduktion erfolgt mit verschie-denen Abgasnachbehandlungstechnologien.

AdBlue ist eine eingetragene Marke des Verbandes der Automobilindustrie.

An einer neuen Euro-7-Gesetzgebung wird gearbeitet.

Der Rußfilter hat einen Wirkungsgrad von fast 100 Prozent. Damit ist der Diesel praktisch rußfrei. Mit der Einführung von Euro 6 wurde der Partikelfilter auch beim Ottomotor eingeführt.

Der Benziner hatte diese Technik bislang noch nicht an Bord, denn er produziert weniger Partikel als ein Diesel. Daher konnte der Benziner in der Vergangenheit die geltenden Grenzwerte auch ohne Parti-kelfilter einhalten. Mit der neuen Stufe der Abgasgesetzgebung ist der Partikelfilter auch bei direkteinspritzenden Benzinern mittlerweile Standard. Dies erlaubt Parti-kelemissionen auf dem gleichen niedrigen Niveau wie bei modernsten Dieselmotoren. Das Wirkprinzip des Ottopartikelfilters unterscheidet sich vom Dieselpartikelfilter dahingehend, dass er die Partikel konti-nuierlich reduziert und keine Regenerati-onsphasen notwendig sind. Damit hat der Ottopartikelfilter keinen spürbaren Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch.

Stickoxidnachbehandlung und AdBlue

Zur Reduzierung von Stickoxidemis-sionen (NOx) gibt es als dritte Stufe zwei Technologien, die auch in Kom-bination eingesetzt werden können: der NOx-Speicherkatalysator und der SCR-Katalysator.

Der NOx-Speicherkatalysator entzieht dem Abgas die Stickoxide und lagert sie ein, bis seine Aufnahmekapazität erreicht ist. Zu seiner Regeneration gibt die Moto-relektronik dem Verbrennungsgemisch – ähnlich wie beim Partikelfilter – kurzzeitig etwas mehr Dieselkraftstoff zu. Der Spei-cherkatalysator hat im warmen Betriebs-bereich einen Wirkungsgrad von rund 80 Prozent. Der Mehrverbrauch eines Fahrzeugs mit NOx-Speicherkatalysator liegt aufgrund der Regeneration im Mittel bei etwa 2 Prozent.

Beim SCR-Katalysator (Selective Catalytic Reduction) werden die NOx-Emissionen durch Zugabe des Reduktionsmittels AdBlue abgebaut. AdBlue ist eine ungiftige und geruchlose Harnstofflösung. Sie wird bedarfsgerecht in den Abgasstrom einge-sprüht und wandelt im SCR-Katalysator die NOx-Emissionen in die neutralen Kompo-nenten Stickstoff (N2), Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) um. Sind Motor und Abgassystem auf Betriebstemperatur, ent-fernt der SCR-Katalysator über 90 Prozent der NOx-Emissionen aus dem Abgas. Die SCR-Technik ist die Schlüsselkomponente zur Erfüllung der Euro-6d-Gesetzgebung beim Diesel. Dies gilt für den Pkw genauso wie für den Lkw.

Der Kunde erkennt diese Technologie anhand des blauen Tankstutzens direkt neben dem Dieseleinfüllstutzen. Dahinter steckt ein spezieller AdBlue-Tank mit einem Volumen im Bereich von 8 bis 20 Litern je nach Modell. AdBlue muss je nach Tankgröße alle 3.000 bis 10.000 Kilometer nachgetankt werden. Deshalb war eine europaweit dichte AdBlue- Infrastruktur an den Tankstellen notwendig geworden. Diese ist mit der Einführung von Euro 6d entstanden.

Die deutsche Automobilindustrie hat den Aufbau dieser AdBlue-Tankinfrastruktur aktiv mittels der App „Find AdBlue“ und der Website „FindAdBlue.com“ unterstützt. Diese App hilft dem Autofahrer bei der Suche nach Tankstellen, die AdBlue anbie- ten. Getragen wurde diese Initiative von

den VDA-Mitgliedsunternehmen Audi, Bosch, Daimler, Opel, Volkswagen und Shell. AdBlue ist eine eingetragene Marke des Verbandes der Automobilindustrie.

Euro 7

Zwar ist die endgültige Stufe von Euro-6d noch nicht verbindlich – dennoch hat die EU-Kommission erste Aktivitäten gestartet, um diese Gesetzgebung fortzuschreiben und diskutiert derzeit intern und mit Stake- holdern, was das neue Paket beinhalten sollte. Eine Expert Group wurde eingesetzt: die Advisory Group on Vehicle Emission Standards (AGVES), der Vertreter aus verschiedenen Generaldirektionen (GROW, ENV, CLIMA, RTD, MOVE, JRC) sowie Experten der Mitgliedsstaaten und Stakeholder angehören. Die Sitzungen der AGVES finden im Rhythmus von etwa zwei Monaten statt.

Im März 2019 wurde das CLOVE-Konsorti-um von der DG GROW beauftragt, eine Studie zur Evaluation der aktuellen Euro-6/VI-Standards durchzuführen. Die Studie hat eine Laufzeit von 18 Monaten. Die Arbeit von CLOVE ist entlang folgender Aufgabenstellungen strukturiert:

· Task 1: Review, Vergleich und Erfah-rungen von Emissionsregulierungen in anderen Regionen

· Task 2.1: Evaluation der Wirksamkeit der Emissionsstandards in der EU

· Task 2.2: Entwicklung neuer und ver-besserter Testreihen

· Task 2.3: Testen verschiedener Techno-logien und Kraftstoffe mit den neuen Testreihen

Vorläufige Ergebnisse werden sukzessive bei Stakeholder-Workshops in der AGVES vorgestellt. Der Abschlussbericht dieser Studie wird Ende 2020 erwartet. Ein Legis-lativvorschlag ist derzeit für Ende 2021 angedacht.

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120 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 121

Die bisherigen Diskussionen in der AGVES zeigen folgende Bestrebungen der Kommission für Euro 7 / VII:

· Weitere Verschärfung der bestehenden Gesetzgebung durch Ausweitung von RDE

· Hinzunahme neuer, bislang nicht regulierter Schadstoffe (z. B. NH3 oder N20)

· Verschärfte Dauerhaltbarkeitsanforderungen verbunden mit dem Anspruch, dass ein Fahrzeug über seine gesamte Lebensdauer „sauber“ ist

· Einbeziehung von On-Board-Measurement-Informationen zur dauerhaften Emissionsüberwachung

· Harmonisierung Pkw / Lkw

Mit der zunehmenden Marktdurchdringung sauberer Euro-6d/VId-Fahrzeuge wird die Luftqualität in Deutschland und Europa kontinuierlich besser. Nach aktuellen Zahlen des Umweltbundesamtes ist die Zahl der Messstationen, an denen Über-schreitungen des Jahres-Luftqualitätsgrenzwerts gemessen wurden, im Jahr 2019 um rund 50 Prozent zurückgegangen. Die aktuelle Emissionsgesetzgebung zeigt also Wirkung. Mit der weiteren Bestandsdurchdringung der ab 2020 verpflichtenden mo-dernsten Fahrzeugkonzepte nach neuestem Emissionsstandard verbessert sich die Luftqualität in Europa weiter.

Bei einer Erarbeitung von Euro-7/VII geht es nach Ansicht des VDA daher nicht mehr vorrangig um eine pauschale Absenkung des Emissionsniveaus, sondern vielmehr darum, die Gesetzgebung klarer zu machen, zu entschlacken und auf neue techno-logische Entwicklungen hin auszurichten. In diesem Sinne befürwortet der VDA die Erarbeitung einer modernen Euro-7/VII-Abgasgesetzgebung. Eine neue Emissionsge-setzgebung muss einen klaren Nutzen für Mensch und Umwelt haben. Verbesserungen, die lediglich marginalen Nutzen haben, gleichzeitig aber mit unverhältnismäßig hohen Kosten für die individuelle Mobilität verbunden sind, müssen vermieden werden. Das heißt, die Regulierung muss geeignet sein, die Luftqualitätsziele der EU effizient zu erreichen. In diesem Zusammenhang schlägt der VDA vor, ein Top-Down Impact Assessment, basierend auf den Luftqualitätszielen der EU, zu erarbeiten und daraus kosteneffiziente Anforderungen abzuleiten, die die gesteckten Ziele in Bezug auf den Straßenverkehr erreichen können.

EU-Typgenehmigung

Der sogenannte Jahresmittelwert darf laut EU an den Messstationen 40 Mikrogramm Stickoxid je Kubikmeter Außenluft nicht überschreiten.

Das Grundkonzept der bestehenden Typgeneh- migung bleibt erhalten – allerdings mit einer erhöhten Transparenz bei allen Prozessen.

Seit dem 1. September 2020 gelten neue Regeln für das europäische Typgenehmi-gungsverfahren.

Bei der Typprüfung wird untersucht, ob alle EU-Bestimmungen für neue Modelle erfüllt werden. Im September 2020 wurde die bisherige Richtlinie 2007/46/EG, die den Rahmen für die Typgenehmigung von Fahrzeugen der Klassen M, N und O vor-gibt, durch die neue Rahmenverordnung (EU) 2018/858 abgelöst. Damit ist eine grundlegende Reform des europäischen Typgenehmigungsverfahrens erfolgt. Unter anderem wurde die Marktüberwachung erheblich ausgebaut. Damit werden die Befugnisse nationaler Behörden deutlich erweitert. Darüber hinaus wird auf euro-päischer Ebene eine Marktüberwachung durch die EU-Kommission eingeführt.

Während es beim bisherigen Verfah-ren hauptsächlich um die Prüfung von Prototypen vor der Genehmigung ging, müssen die Mitgliedsstaaten künftig nun auch regelmäßig Fahrzeuge stich-probenartig prüfen, die bereits auf dem Markt der betreffenden Länder sind. Die Ergebnisse werden dann öffentlich zugänglich gemacht.

Bei der Typprüfung von neuen Fahr-zeugtypen werden diese Daten von technischen Diensten unter der Kontrolle der jeweiligen nationalen Genehmi-gungsbehörde – in Deutschland ist das Kraftfahrt-Bundesamt zuständig – über-prüft. Die Europäische Union hat damit die Handhabung der Typprüfung weiter harmonisiert. Typgenehmigungsbehörden und die technischen Dienste müssen jetzt strengere Anforderungen erfüllen und sich Kontrollen oder Audits unterziehen. Nationale Genehmigungsbehörden be-kommen die Möglichkeit, Nachprüfungen einzuleiten, wenn ein Verdacht auf fal-sche Angaben eines Herstellers besteht.

Die Typgenehmigung für das Gesamtfahr-zeug wird auf fünf Jahre begrenzt, wenn kein Nachtrag zur Genehmigung erfolgt. Für Nutzfahrzeuge und Anhänger ist die Frist auf sieben Jahre begrenzt, wenn kein Nachtrag erfolgt. Ebenfalls vorgesehen ist, dass die Software in elektronischen Systemen den Genehmigungsbehörden und technischen Diensten offengelegt wird. So sollen Manipulationen unter-bunden werden.

Die EU-Typgenehmigung betrifft jährlich ca. 13 Mio. Personenkraftwagen und 2 Mio. Nutzfahrzeuge. Das Grundkonzept der bestehenden Typgenehmigung bleibt erhalten – allerdings mit einer erhöhten Transparenz bei allen Prozessen. Es gibt weitreichende Kontroll- und Eingriffs- möglichkeiten für die Behörden.

Die neue Verordnung regelt auch den Zugang zu Reparatur- und Wartungs-informationen, die EU-weit einheitliche Durchführung von Rückrufen und die Veröffentlichung von Informationen zu Rückrufen. Da noch wenig Erfahrungen mit der Typgenehmigungsverordnung vorliegen, wurde zur Erarbeitung der offenen Fragen zur neuen Typgeneh- migungsverordnung vom BMVI (Bundes- ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) ein nationales Forum „Typgenehmigung und Marktüber- wachung“ installiert, das sich auch mit Softwareupdates befasst.

Die Finanzierung der Marktüberwachung obliegt den Mitgliedsstaaten. In Deutsch-land plant das Kraftfahrt-Bundesamt, mittelfristig 70 Fahrzeuge, langfristig bis zu 200 Fahrzeuge pro Jahr zu untersuchen.

VDA-Position zu EURO 7/VIII:

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122 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 123

Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland

Ladeinfrastruktur – das Fundament für die Elektromobilität

Im Koalitionsvertrag sind auf der Ebene des Bundes bereits ehrgeizige Vorgaben zum weiteren Ausbau öffentlicher Ladeinfrastruktur sowie zur Vereinfachung des Aufbaus von Ladepunkten im privaten Bereich formuliert. Die Installation von Lade-einrichtungen für Elektrofahrzeuge von Mietern und Wohnungseigentümern wird rechtlich erleichtert. Außerdem ist angedacht, die Bedingungen für benutzer- freundliche Bezahlsysteme zu verbessern. Ziel ist es, bis 2030 1 Mio. öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge verfügbar zu haben.

Der VDA und seine Mitgliedsunternehmen unterstützen die konsequente Umsetzung des Masterplans Ladeinfrastruktur und die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) initiierten Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur, die neben der Bedarfsberechnung und der Planung des koordinierten Aufbaus eines deutschlandweiten Schnellladenetzes auch mit der Koordinierung der Bundes- und Landesaktivitäten beauftragt ist. Dazu gehört auch die Unterstützung der Kommunen bei der Planung und Umsetzung des Ladeinfrastrukturaufbaus.

Die deutsche Automobilindustrie ist sich einig, dass das ambitionierte CO2-Ziel für das Jahr 2030 vor allem mit Elektroautos (BEV, PHEV) erreicht werden muss. Diese Transformation kann die Automobilindustrie allein aber nicht stemmen. Viele Akteure müssen ihren Teil dazu beitragen: Wichtig ist jetzt vor allem ein rascher Ausbau der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität. Denn Kunden, die kein Vertrauen in eine flächendeckende Ladeinfrastruktur haben, zögern bei der Anschaffung eines E-Fahrzeugs.

Der VDA und seine Mitgliedsunternehmen unterstützen die Umsetzung des Masterplans Ladeinfrastruktur.

· die Verlängerung der bereits geltenden zehnjährigen Kraftfahrzeugsteuer-befreiung für reine Elektrofahrzeuge bis 31.12.2030

· eine Verdopplung der Prämien des Bundes als neue „Innovationsprämie“,

· Forschung und Entwicklung im Bereich Elektromobilität und Batteriezell-fertigung,

· die Modernisierung von Bus- und Lkw-Flotten mit alternativen Antrieben, speziell die Förderung von E-Bussen und deren Ladeinfrastruktur,

· die Beschaffung von kommunalen Nutzfahrzeugen mit Brennstoffzellen- antrieb inklusive der notwendigen Wasserstoffinfrastruktur,

· Flottenaustauschprogramme für soziale Dienste und Handwerker,

· den Ausbau einer modernen und kundenfreundlichen Ladeinfrastruktur.

Zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Krise sowie zur Sicherung des Wohlstands und zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit Deutschlands wurde im Juni 2020 vom Koa-litionsausschuss ein Zukunftspaket in Höhe von 50 Mrd. Euro verabschiedet. Es enthält unter anderem Zukunftsinvestitionen in Klimatechnologien und überdies Investitionen in die Elektromobilität, wie zum Beispiel:

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in Tausend

10.000

0

20.000

30.000

40.000

50.000

Quelle: BAFA

Anträge Umweltbonus 2016 – 2020

1. HJ 2016 2. HJ 2016 1. HJ 2017 2. HJ 2017 1. HJ 2018 2. HJ 2018 1. HJ 2019 1. HJ 20202. HJ 2019

BEV PHEV FCEV

2

2

12

1

18

39

35

20

in Tausend

Quelle: KBA

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Plug-In Hybrid Neuzulassungen kumuliert Pkw-Neuzulassungen BEV+FC kumuliert

0

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

Kumulierte Pkw-Neuzulassungenbis 30.06.2020

124 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 125

Deutschland gehört zu den Leitmärkten für Elektromobilität

Die deutsche Automobilindustrie treibt ihre Elektro-Offensive massiv voran. In den ersten sechs Monaten wurden in Deutschland 94.000 E-Autos zugelassen. Der Marktanteil deutscher Konzernmarken ist dabei auf 67 Prozent gestiegen( Vorjahr: 48 Prozent). Treiber sind weiterhin die Plug-In-Hybride, die im Juni erstmals die 10.000er Marke übertrafen (+ 274 Prozent). Sieben der zehn meistverkauften E-Modelle entfallen auf deutsche Hersteller. Aktuell sind bereits rund 70 E-Modelle im Angebot, bis 2023 wird sich diese Zahl auf über 150 Modelle mehr als verdoppeln. Am 1. Juni 2020 lag der Bestand in Deutschland bei rund 300.000 Elektro-Pkw. Bis zum Jahr 2024 investieren die VDA-Mitgliedsunternehmen 50 Mrd. Euro in die Elektromobilität. Die Innovations-dynamik der Automobilindustrie lässt sich auch anhand der Patentstatistik belegen: Vier von zehn erteilten Patenten bei E-Antrieben stammen von Zulieferern und Herstellern aus Deutschland.

Umweltbonus – ein starker Hebel für einen erfolgreichen Markthochlauf

Durch den Umweltbonus wird der Austausch der Kfz-Flotte durch klima- und umwelt-freundlichere Elektrofahrzeuge gefördert. Laut der Zwischenbilanz des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) sind bis einschließlich 30. Juni 2020 214.269 Anträge auf den Umweltbonus eingegangen.

Ab 2020 sind für den erhöhten Bonus Bundesmittel in Höhe von 2,09 Mrd. Euro bis zur vollständigen Auszahlung, längstens bis 2025, vorgesehen. Die Förderung erfolgt von Bund und Automobilindustrie. Dieser Umweltbonus bleibt von der angesichts der Corona-Krise beschlossenen „Innovationsprämie“ unberührt. Bei Erfüllung aller Voraus-setzungen wird ab dem 4. Juni 2020 bis zum 31. Dezember 2021 der Umweltbonus in Höhe von 9.000 Euro für rein elektrische Fahrzeuge und in Höhe von 6.750 Euro für Plug-in-Hybride bei einem maximalen Nettolistenpreis von 40.000 Euro gewährt. Über einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro bis maximal 65.000 Euro wird für rein elektrisch betriebene Fahrzeuge ein Umweltbonus in Höhe von 7.500 Euro und für Plug-in- Hybride in Höhe von 5.625 Euro gewährt. Das bedeutet zum Beispiel, dass bis zu einem Nettolistenpreis des E-Fahrzeugs von bis zu 40.000 Euro die Förderung des Bundes von 3.000 auf 6.000 Euro steigt. Bei der Besteuerung von rein elektrischen Dienstwagen von 0,25 Prozent wird die Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro erhöht.

Markthochlauf bis 2030

Die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) ist ein von der Bundesregierung eingesetztes Gremium zur Beobachtung und Analyse gegenwärtiger und zukünftiger Trends im Mobilitätsbereich. Der VDA und seine Mitglieder arbeiten in den Arbeitsgruppen der NPM mit und adressieren relevante Themen im Lenkungskreis. Ziel ist es, das hohe Niveau der Beschäftigung entlang der gesamten Wertschöpfungskette und die Spitzenposition Deutschlands als Industrie-, Wissenschafts- und Technologiestandort zu sichern. In Anlehnung an die von der Arbeitsgruppe 1 „Klimaschutz und Verkehr“ erarbeiteten Szenarien zur Erreichung der Klimaschutzziele hat der VDA ein Hochlauf- szenario mit der Zielgröße von 10,5 Mio. elektrisch angetriebener Fahrzeuge im Bestand errechnet, das die Entwicklung des Anteils von E-Fahrzeugen an allen Pkw-Neuzu- lassungen von 5 Prozent im Jahr 2020 auf 69 Prozent im Jahr 2030 darstellt. Basie-rend auf dem konservativen Hochrechnungsmodell der NPM, würde sich für Europa eine Zahl von etwa 33 Mio. elektrisch angetriebener Fahrzeuge im Jahr 2030 ergeben.

Der Marktanteil deutscher Konzernmarken bei Elektroautos steigt.

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Quelle: KBA, IHS, Wardsauto, Fourin

Marktanteile deutscher Konzernmarken (Januar bis Juni 2020)

DEU FRA GBR NOR SWE NLD EU + UK USA (LV) CAN (LV) CHN KOR JPN

Jan. – Jun. 2019 Jan. – Jun. 2020

0

10

20

30

40

50

60

70

47

%

18

%

39

%

30

%

15

%

21

%

31

%

9 %

9 %

6 % 9

%

8 %

66

%

20

%

34

%

50

%

35

% 40

% 44

%

9 %

10

%

8 %

8 %

13

%

Markt Anzahl Modelle davon Deutsche Anteil Deutsche

Belgien 119 59 50 %

China 390 31 8 %

Deutschland 106 69 65 %

Frankreich 164 68 41 %

Großbritann. 106 53 50 %

Japan 44 23 52 %

Kanada 53 20 38 %

Niederlande 126 57 45 %

Norwegen 116 53 46 %

Schweden 115 61 53 %

Südkorea 35 14 40 %

USA 49 13 27 %

In internationalen Märkten zugelassene Elektro-Modelle (Jan. – Jun. 2020)

Quelle: IHS, Fourin, KBA, Wardsauto

126 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 127

Elektromobilität international

Die deutschen Konzernmarken konnten ihre Marktanteile im 1. Halbjahr 2020 aufgrund ihrer Modelloffensive in der Mehrzahl der betrachteten Länder ausbauen. Dies gilt sowohl für den Heimatmarkt (von 47 Prozent auf 66 Prozent) als auch für Norwegen (von 30 Prozent auf 50 Prozent). Für die EU inkl. UK ergibt sich ein Plus von 31 Prozentpunkten auf 44 Prozent. In China sprang der Marktanteil bei einem deutlich rückläufigen Markt von 8 Prozent auf 13 Prozent. In den UDA, Kanada und Südkorea konnten die Marktanteile in etwa gehalten werden.

Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge – wesentlicher Bestandteil der Transformation

Der Plug-in-Hybrid vereint das Beste aus zwei Welten: Lokal fährt er emissionsfrei und auf der Langstrecke hat er kein Reichweitenproblem. Es ist daher richtig, den PHEV als moderne Mobilität zu fördern – besonders als Brückentechnologie, bis sich Elektromobilität in der Breite durchgesetzt hat. Jeder PHEV trägt dazu bei, dass die Luft in den Städten besser wird und das Klima geschützt wird. Durch einen bedarfsgerechten Ausbau der Ladeinfrastruktur könnten auch Plug-in-Hybride ihr Potenzial noch viel besser ausschöpfen. Die deutsche Automobilindustrie unterstützt das Ziel, dass Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge (PHEV) möglichst regelmäßig nachgeladen werden, um diese so effizient und nachhaltig wie möglich zu betreiben.

Alle neu zugelassenen Pkw verfügen spätestens ab 1. Januar 2021 über einen On-Board-Datenspeicher, der den Energieverbrauch der Fahrzeuge speichert (OBFCM).

Emissionsfreie Nutzfahrzeuge in Städten

Der öffentliche Personennahverkehr und der städtische Güterverkehr stehen vor einem tiefgreifenden Wandel. Schon heute sind Elektrotransporter und -busse auf dem Markt verfügbar. Vor allem auf der „letzten Meile“ sorgen sie dauerhaft für Entlastung. Die An-forderungen können bereits heute durch elektrisch angetriebene leichte Nutzfahrzeuge problemlos erfüllt werden. Elektromobilität bei Nutzfahrzeugen bietet ein enormes Poten-zial, auch in Bezug auf neue logistische Konzepte. So könnten leise und lokal emissions-frei angetriebene Nutzfahrzeuge auch nachts die Ver- und Entsorgung der Innenstädte ermöglichen, um die Hauptverkehrszeiten zu entlasten. Nicht zu vergessen ist der Einsatz von elektrisch angetriebenen Bussen im öffentlichen Personennahverkehr. Für eine nachhaltige Umstellung der Busflotten auf alternative Antriebe sind neben den Fahr-zeugen aber auch eine geeignete Ladeinfrastruktur sowie Betriebsmanagementsysteme erforderlich. Schwere, elektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge und Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellen werden perspektivisch im Langstreckenverkehr zum Einsatz kommen.

Auch Plug-in-Hybride können ihr Potenzial nur mit der entsprechenden Ladeinfrastruktur ausschöpfen.

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128 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 129

Weitere alternative Antriebe

Die deutsche Automobilindustrie verfolgt weiterhin eine Fächerstrategie, um fossile Kraftstoffe zu reduzieren, zu ergänzen und schließlich ganz zu ersetzen. Dabei geht es vor allem darum, auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Mobilität aus-sichtsreiche Zwischenstufen zu nutzen, die diese Transformation erleichtern und vor allem beschleunigen. Dazu gehört vor allem die Nutzung von Erdgas im Transportsektor, denn Erdgas weist gegenüber Benzin einen CO2-Vorteil von über 20 Prozent auf. Auch gegenüber Diesel können CO2-Minderungen von bis zu 10 Prozent erreicht werden.

Erdgas

Bei schweren Nutzfahrzeugen kann zudem flüssiges Erdgas (LNG) eine vielverspre-chende Alternative zum Dieselkraftstoff werden. Bei flüssigem Erdgas ist vor allem die notwendige Energiedichte gege-ben, die hohe Reichweiten ermöglicht. Damit eignet sich LNG besonders für den Güterfernverkehr. Der VDA begrüßt daher die Initiative der EU, die LNG-Infra-struktur in der EU voranzutreiben, um so den Durchbruch der LNG-Mobilität zu erleichtern. Perspektivisch kann Erdgas im sogenannten HCCI-Verfahren auch im Dieselmotor eingesetzt werden. Notwen-dig ist hier ein „Dual-Fuels-Betrieb“, der am Ende die Verbrennung von Erdgas im Dieselmotor erlaubt und somit deutlich höhere Wirkungsgrade aufweist als die Nutzung im Benzinmotor. Diese komplexen Verbrennungsverfahren sind heute aller-dings noch nicht serienreif. Erdgas kann außerdem schon heute in großen Teilen

Erdgas weist gegenüber Benzin einen CO2-Vorteil von über 20 Prozent auf.

Die Technologie mit Wasserstoff und Brennstoffzelle eignet sich nicht nur für Pkw, sondern auch für Nutzfahrzeuge, die auf Langstrecken eingesetzt werden.

Wasserstoff lässt sich sauber aus erneuer-baren Energien erzeugen und ist in großen Mengen speicherbar.

durch Biomethan ersetzt werden, wodurch diese Fahrzeuge in ihrer Klima- bilanz und ihrer Gesamtbetrachtung von der Kraftstofferzeugung bis hin zur Verbrennung weitgehend klimaneutral betrieben werden können.

Brennstoffzelle

Um die Energiewende zu meistern, muss man in Deutschland in der Lage sein, regenerative Energie effizient zu speichern und zu transformieren. Fossile Kohlenwasserstoffe müssen sukzessive durch regenerative Alternativen abgelöst werden. Wasserstoff lässt sich sauber aus erneuerbaren Energien erzeugen und ist in großen Mengen speicherbar. Mit Wasserstoff ist eine räumliche und zeitliche Trennung der Energieerzeugung und der Energienutzung möglich.

Wasserstoff steht als Energieträger nicht nur dem Verkehr zur Verfügung, sondern kann in seiner Anwendung mit anderen Industriebereichen und der Wärmeerzeu-gung in Haushalten verknüpft werden. Grüner Wasserstoff ist die Basis für eine grüne Raffinerie und Hydrocracking- Prozesse, ein unabdingbares Speicher-medium für volatilen regenerativen Strom und ein Aktivator für die Sektorkopplung. Denn Wasserstoff wird in der Industrie, im Wärme- und Energiesektor und im Verkehrssektor benötigt.

Es ist davon auszugehen, dass zur Errei-chung eines klimaneutralen Verkehrs- sektors europaweit zwischen 8.000 und 12.000 Petajoule an E-Fuels (inklusive

der Nutzung reinen Wasserstoffs) not-wendig sind. Dies entspricht einem Anteil der Energieträger im Transportsektor von über 80 Prozent.

Zur Erreichung der EU-weiten CO2- Flottenziele in den Jahren 2025 und 2030 setzen alle Fahrzeughersteller zwar vor allem aufgrund der kurzfristigen Zielvorgaben auf die batterieelektrische Mobilität. Die Brennstoffzelle bleibt aber im Blickfeld der Automobilindustrie, denn der Einsatz einer Brennstoffzelle ermög-licht die sichere Bewältigung großer Fahrstrecken bei einer im Vergleich zum batterieelektrisch angetriebenen Fahr-zeug kleinen Batterie. Der Wasserstoff-antrieb wird daher insbesondere in den automobilen Anwendungsbereichen, die bislang nur von Verbrennungsmotoren abgedeckt werden können, eine wichtige Rolle spielen. Die Bundesregierung hat in diesem Zusammenhang eine Nationale Wasserstoffstrategie erarbeitet und diese mit einem Aktionsplan untermauert, der fortlaufend weiterentwickelt werden soll. Das Bundeskabinett hat die Nationale Wasserstoffstrategie am 10. Juni 2020 beschlossen. Neben den klimapolitischen Aspekten geht es bei Wasserstofftech-nologien auch um viele zukunftsfähige Arbeitsplätze, neue Wertschöpfungspo-tenziale und einen globalen Milliarden-markt. Ziel ist es, dass Deutschland bei Wasserstofftechnologien seine globale Vorreiterrolle behauptet.

Inzwischen sind mehrere Serienfahrzeuge auf den Straßen und im Rahmen etlicher Demonstrationsprojekte unterwegs. Die Technologie mit Wasserstoff und Brenn-

stoffzelle eignet sich nicht nur für Pkw, sondern auch für schwere Fahrzeuge, die längere Strecken fahren. Mehrere Großstädte zeigen derzeit zudem ein-drucksvoll, dass Wasserstoff als Kraftstoff für den ÖPNV eine saubere Antwort auf die häufig in Ballungsgebieten auftreten-den hohen Feinstaub-, Abgas- und Lärm-belastungen sein kann. Eine Herausforde-rung bleibt vor allem die Industrialisierung der Brennstoffzelle und der Speicher.

Die Brennstoffzelle überzeugt durch eine gegenüber der Batterietechnologie sehr geringe Rohstoffabhängigkeit (nur Pt, zu > 97 % recycelbar). Auch industriepoli-tisch ist die Brennstoffzelle für Europa relevant.

Bis Anfang 2020 soll das Wasser-stoff-Tankstellennetz in Deutschland auf 100 Stationen anwachsen. Mittel- und langfristig muss an einem dichten euro-paweiten H2-Tankstellennetz gearbeitet werden, das Pkw und Lkw gleichermaßen berücksichtigt und neben Druckwasser-stoff auch flüssigen H2 bereitstellt. Hierfür ist die Stärkung gemeinsamer europäi-scher Initiativen wie Hydrogen Mobility Europe notwendig.

Wasserstoff hat aber nicht nur Bedeu- tung im Verkehrssektor, sondern auch im Energie-, Industrie- und Stromsektor. Daher wäre generell der Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffproduktion und Infrastruktur von der Autobahn bis hinein in die Privathaushalte sinnvoll.

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130 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 131

Vernetztes und automatisiertes Fahren

The future of mobility

Die Mobilitätssysteme stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen: Globa-lisierung und Urbanisierung lassen das Verkehrsaufkommen rapide anwachsen und können Verkehrssysteme an ihre Kapazitätsgrenzen bringen. Wohlstand, Wachstum und technologische Ent-wicklungen führen zu einer mobileren Gesellschaft und neuen Mobilitätsopti-onen. Im Jahr 2050 werden voraussicht-lich schon 70 Prozent aller Menschen in Städten leben. Automatisierung und Vernetzung bieten die Chance, diese globalen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, weil individuelle Mobilität damit effizienter, sicherer und umwelt-verträglicher wird. Oberste Ziele sind, den Verkehr noch sicherer und effizien-ter zu machen. Die Herausforderungen liegen darin, dies auch mit dem steigen-den Verkehrsaufkommen zu schaffen.

Aufgrund des technologischen Fort-schritts verfügen moderne Fahrzeuge heute über immer mehr intelligente Fahrerassistenzsysteme. Durch sich weiter- entwickelnde Sensorik sowie verbes-serte und neue Systemarchitekturen in Verbindung mit hochleistungsfähigen Algorithmen lassen sich technologisch schon heute hohe Automatisierungsgrade erreichen. Die Zunahme an Vernetzung mit anderen Fahrzeugen, Verkehrsteil-nehmern und den Infrastrukturen erlaubt die koordinierte Planung von Fahr-manövern und schnelles Reagieren auf unerwartet auftretende Ereignisse. Das führt zu sicherer und effizienter Mobi- lität. Fahrerloses Fahren und Parken sind dafür wichtige Bausteine.

Enge Parklücken, unübersichtliche und dunkle Parkräume, umständliches Ran- gieren oder volle Parkplätze und -häuser sind neben der teils langwieri-gen Parkplatzsuche fester Bestandteil des heutigen Parkerlebnisses für viele Autofahrer. Eine mögliche Lösung für die

Der technische Fortschritt erlaubt schon heute hohe Automatisierungsgrade.

Durch Automatisierung und Vernetzung wird Mobilität effizienter, sicherer und umweltver-träglicher.

genannten Herausforderungen ist das Automated Valet Parking, kurz AVP. Aktuell im Markt vorhandene Systeme bieten bereits unterschiedliche Funktionen, die das Einparken in schwierigen Situati-onen komfortabler gestalten. Der Fahrer befindet sich allerdings weiterhin in der Verantwortung für den Parkvorgang. Mit AVP bieten die Automobilhersteller und Zulieferer ein vollautomatisiertes Parksys-tem. Der Fahrer gibt sein Fahrzeug an einer Drop-off Area ab und das Fahrzeug fährt selbstständig – also fahrerlos – auf einen ihm zugewiesenen Parkplatz. Wenn der Fahrer das Fahrzeug wieder überneh-men möchte, teilt er dies zum Beispiel per App mit, das Fahrzeug fährt anschließend selbstständig in eine „Pick-up Area“, wo es vom Fahrer wieder in Empfang genommen werden kann. Die Vorteile liegen auf der Hand: Für den Fahrer bedeutet das AVP Zeit- und Komfortgewinn, stressfreies Parken und eine massive Reduktion von möglichen Parkremplern, für den Park-haus- oder Parkflächenbetreiber wird die Parkraumnutzung effizienter, die Sicherheit erhöht sich, neue Kundenservices können angeboten werden und der Verkehrsfluss wird optimiert.

Über den VDA treibt die deutsche Automobilindustrie die Entwicklung von Standards für die Definition einer einheitlichen „Schnittstelle“ zwischen Parkhausinfrastruktur und Fahrzeug sowie die Sicherstellung der Kompati-bilität und damit der Verfügbarkeit der Systeme voran. Das automatisierte Valet Parking System (AVPS) wird vorausicht-lich eine der ersten automatisierten Fahrfunktionen SAE Level 4 sein, die in Serie gebracht werden. Damit wird sowohl die Zukunft des autonomen Fah-rens für Endkunden erlebbar gemacht als auch die Führerschaft der deutschen Industrie bezüglich des automatisierten und vernetzten Fahrens gefestigt.

Die technische Machbarkeit des AVPS ist für verschiedene Ausprägungen in Quelle: Robert Bosch GmbH

AVPS-Architektur

Pfad abfahrenGegenstände Anderer Verkehr Fußgänger

Sicher anhaltenFahrtanfrage absetzen

AVP Fahrzeug lokalisieren

Fahrtanfrage validieren

Fahrtprozess starten

OEM–Backend AVP–Backend

FahrzeugerfassungUmfelderfassung

Hindernisse erkennen

Fahrstrecke planen

Fahrerlaubnis erteilen

WLAN

AVP–Fahrzeug

Smartphone mit App

Fahrweg mit Hindernissen

Internet

Cloud

Mobil-funknetz

Mobil-funknetz

Parkhaus

Fahrer

unterschiedlichen Demonstrationen und wissenschaftlichen Projekten be-legt. Für die industrielle und vorkom-merzielle Umsetzung sind allerdings noch mehrere große Herausforderung- en zu meistern. Dazu gehören vor allem das standardisierte Zusammenwirken von Parkrauminfrastruktur und Fahr-zeug inklusive der industriellen Um-setzbarkeit, die sichere Wahrnehmung

und Situationsinterpretation (Vermei-dung von Unfällen und Schäden), die gesetzliche Freigabe und Zertifizierung des Gesamtsystems und der Subsys-teme sowie das Geschäftsmodell der beteiligten Akteure. Diese gesamten Herausforderungen können nicht von der Automobilindustrie allein bearbei-tet werden, sondern müssen in einem entsprechenden Industriekonsortium

partnerübergreifend zwischen Auto-mobilindustrie, AVPS-Anbietern und Parkraumbetreibern gelöst werden.

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132 InnovatIon und technIk InnovatIon und technIk 133

Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM)

um den Wandel der Mobilität zu gestal- ten, hat die Bundesregierung die nationale Plattform Zukunft der Mobilität (nPM) einberufen. Ziel der nPM ist die entwick-lung von verkehrsträgerübergreifenden und -verknüpfenden Pfaden für ein weit- gehend treibhausgasneutrales und umweltfreundliches verkehrssystem, das sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr eine effiziente, hochwertige, flexible, verfügbare, sichere, resiliente und bezahlbare Mobilität gewährleistet. der vda und seine Mitglieder unter- stützen die nPM und arbeiten aktiv mit. In der arbeitsgruppe 3 „digitalisierung für den Mobilitätssektor“ der nPM werden die entscheidenden themenfelder betrachtet, in denen digitalisierung die voraussetzung bildet, um die Mobilität von morgen umwelt- und klimafreundlicher, effizienter, bequemer, gesünder und bezahlbarer zu gestalten. ende 2019 hat die aG 3 in ihrem zweiten Zwischen-bericht „handlungsempfehlungen zum autonomen Fahren“ den Schwerpunkt auf das thema der autonomen Mobilität im Straßenverkehr gelegt. die identifi-zierten handlungsfelder erfordern die ergebnisorientierte und konzertierte Zusammenarbeit zwischen Industrie, Politik, Zivilgesellschaft, Bund, Ländern

5G ist eine wichtige voraussetzung für den verkehr der Zukunft.

5G stärkt den Wirtschaftsstandort deutschland.

und kommunen. die aG 3 empfiehlt, die autonome Mobilität im Rahmen eines Reallabors 2020/2021 als Raum für Innovation im Bereich von digitalisierung und Mobilität zu demonstrieren. dies wird aktiv vom vda und von seinen Mitgliedern unterstützt.

5G – Voraussetzung für den Verkehr der Zukunft

5G – das bedeutet eine zehnfache datenübertragungsrate, verglichen mit dem derzeit verfügbaren Mobilfunkstandard 4G. diese neue technologie erwarten nicht nur Smartphone-nutzer – 5G schafft auch eine wichtige voraussetzung für den verkehr der Zukunft. Schon heute sind in vielen Fahrzeugen assistenzsys- teme im einsatz, die vernetzte und automatisierte Funktionen beinhalten. ein Stauassistent beispielsweise bremst und beschleunigt im zäh fließenden verkehr innerhalb des Fahrstreifens, je nachdem, wie sich das vorausfahrende Fahrzeug verhält. doch wie schnell sich das vernetzte und automatisierte Fahren jenseits einzelner assistenzfunktionen in den kommenden Jahren in deutsch-land etabliert, hängt maßgeblich von der digitalen Infrastruktur hierzulande ab. Bis 2025 sollte eine flächendeckende dynamische Mobilfunkversorgung zur

verfügung stehen und alle hauptverkehrs-wege und urbanen Räume sollten mit 5G abgedeckt sein. nur so lassen sich die Potenziale des vernetzten und automati-sierten Fahrens voll ausschöpfen.

nicht erst auf der Straße, sondern bereits bei der industriellen Fertigung von Fahrzeugen wird eine leistungs- fähige digitale Infrastruktur benötigt. Für eine effiziente und agile Produktion sind flexible, leitungsungebundene kom-munikationstechnologien notwendig, die die 5G-technologie liefert. Im Zeitalter des Internets der dinge setzen auto- mobilhersteller und Zulieferer auf automa- tisierte Produktionsprozesse – etwa für die echtzeitkontrolle und -steuerung in der Fertigung. Mit 5G lassen sich überdies ganz neue industrielle anwen-dungen realisieren, die höchste anforderungen an die Zuverlässigkeit und die echtzeitfähigkeit der Über- tragung stellen: Beispielsweise können fahrerlose transportsysteme mit mobilen Robotern verknüpft oder drahtlos vernetzte, hochflexible Produktions- module miteinander kombiniert werden.

Im Jahr 2019 hat die Bundesnetzagentur wesentliche Weichen für den aufbau der 5G-technologie für deutschland gestellt. So wurde im Juni 2019 die versteigerung der Mobilfunkfrequenzen aus den Bereichen 2 Ghz und 3,6 Ghz beendet.

die Mobilfunkbetreiber können die Frequenzen nicht nur für den 5G-netzaus-bau nutzen, sondern auch für eine bessere Mobilfunkabdeckung in deutsch-land einsetzen. Im november 2019 hat die Bundesnetzagentur das antragsver-fahren für lokale netze für den Fre- quenzbereich von 3.700 bis 3.800 Mhz gestartet. die Frequenzen können insbesondere für Industrie 4.0, aber auch für die Land- und Forstwirtschaft ein-gesetzt werden. Lokale Frequenzen sind die Grundlage für private 5G-netze auf den Werksgeländen und für räumlich begrenzte industrielle anwendungen. Sie geben den vda-Mitgliedsunternehmen den notwendigen Spielraum, unabhängig von netzbetreibern, 5G sicher, schnell und leistungsfähig auszubauen. Lokale netze ergänzen den flächendeckenden netzausbau der Mobilfunkbetreiber und garantieren die notwendige versorgungs-dichte mit 5G für industrielle anwendungen.

Bei 5G geht es um die digitale Zukunft des Landes – die deutsche automobil- industrie kann als innovativer anwender der technologie vorreiter sein. eine rasche einführung von 5G stärkt den Wirtschafts-standort und trägt dazu bei, deutschland als Leitmarkt und Leitanbieter für diese technologie zu etablieren.

Quelle: continental aGQuelle: Robert Bosch Gmbh

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134 INNOVATION UND TECHNIK

Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT)

Erarbeitung einer Branchen-Technologie-Roadmap

Die Stärkung des deutschen Wissenschafts- und Innovationssystems erfordert eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern, Wissenschaft und Wirtschaft. Mit einem gesamt-heitlichen Ansatz will die Strategiegruppe Forschungs-, Innovations- und Förderpolitik (FIF) der Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) den Transformationsprozess in die Mobilität der Zukunft gemeinsam mit Gesellschaft, Wissenschaft und Politik gestalten.

Wesentlicher Bestandteil ist die Erarbeitung langfristiger, themenübergreifender For-schungsroadmaps. Dabei definiert die Industrie Schwerpunktthemen ihrer zukünftigen Forschungsaktivitäten und berücksichtigt innovationspolitische Trends in den Berei-chen Klimaschutz, Digitalisierung und soziale Teilhabe. Begleitet durch die Wissen-schaft werden diese Schwerpunktthemen vertieft, an den vorhandenen Förderprogram-men gespiegelt und zukünftige Förderbedarfe gemeinsam mit der Politik erörtert.

Alternative Antriebe und das automatisierte und vernetzte Fahren prägen die Vorstellung vom Fahrzeug der Zukunft. Diese Trends gehen einher mit einer stärkeren Einbettung des Automobils in die Infrastrukturen und Netzwerke für Energie, Daten und Verkehr. Zugleich stehen die Anbieter von Mobilität und Logistik in den Städten vor der Heraus- forderung, Produkte und Dienstleistungen einerseits an individuelle Kundenbedürfnisse anzupassen und andererseits mit den kollektiven Erwartungen der Bürger an die gerechte Nutzung von Flächen und Ressourcen in Einklang zu bringen.

Die Automobiltechnik steht angesichts der beschriebenen Transformation vor einer ganzen Reihe noch ungelöster Aufgaben. Aus Sicht der deutschen Automobilindustrie ergeben sich vor allem in folgenden Bereichen Handlungsbedarfe für Forschung und Innovation:

Die Strategiegruppe Forschungs-, Innova-tions- und Förderpolitik will den Transforma-tionsprozess der Mobilität mit Gesellschaft, Wissenschaft und Politik gestalten.

Handlungsbedarfe für Forschung und Innova-tion in sechs Bereichen identifiziert.

Antrieb und Fahrzeug(Pkw, Lkw + Trailer, Busse)

Vernetztes undautomatisiertes Fahren

Infrastruktur

Werkstoffe und Materialien

Kraftstoff undSpeichertechnik

Mobilitäts- undLogistikkonzepte

Produktion

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136 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 137

Ein FAT-Arbeitskreis untersucht, wie Trucks und Trailer unterschiedlicher Marken standar-disiert kommunizieren können.

Die Entwicklung einer Schnittstelle für die Datenkommunikation zwischen den Fahrzeugen stellt die entscheidende Herausforderung dar.

Schnelle breitbandige Datenübertragung zwischen Truck und Trailer als Voraussetzung für das hochautomatisierte Fahren von Lastzügen

Der FAT-Arbeitskreis 9 hat die für Nutzfahrzeuge drängende Fragestellung aufgegriffen, wie Trucks und Trailer unterschiedlicher Marken zukünftig standardisiert kommunizieren können. Dazu wurde ein Forschungsprojekt initiiert, das vom Forschungs- und Transfer- zentrum e.V. an der Westsächsischen Hochschule Zwickau seit Januar 2019 bearbeitet wird. Die EU General Safety Regulation, die derzeit überarbeitet wird, wird eine Reihe zulassungsrelevanter aktiver Sicherheitsmerkmale für den Nutzfahrzeugbereich enthalten. Damit wird sich die Anzahl der Assistenzsysteme in Neufahrzeugen erhöhen.

Für die Identifikation von Objekten der Umgebung sind zahlreiche Sensoren in den Fahrzeugen verbaut, die untereinander vernetzt über immer leistungsfähigere Rechen- einheiten die einlaufenden Daten analysieren. Zusätzliche Sensoren erfordern jedoch auch immer leistungsfähigere fahrzeuginterne Bussysteme, die in der Lage sind, die notwendigen Anforderungen an Datenrate oder Ansprechzeiten zu erfüllen. Im Bereich der Pkw sind diese neuen Systeme vergleichsweise unproblematisch in den Markt zu bringen, da sie allein der Verantwortung des jeweiligen OEM unterliegen. Im Gegensatz dazu bestehen Nutzfahrzeugkombinationen aus Sattelzugmaschinen und Sattelauflie-gern unterschiedlicher Hersteller, die im praktischen Betrieb auch häufig untereinander getauscht werden. Hier ist die Entwicklung einer leistungsfähigen und standardisierten Schnittstelle für die Datenkommunikation zwischen den Fahrzeugen die entscheidende Herausforderung. Die Anzeigen und Aktoren befinden sich heute vorwiegend in der Zugmaschine. Für die Abbildung weiterer zukünftiger Funktionen sind aber weitere Sensoren im Trailer notwendig. Überdies ist auch die Nutzungszeit zu beachten, die die von Personenkraftwagen in der Regel erheblich überschreitet. Neuentwicklungen müssen hier einen langen Zeitraum zusätzlich zu vorhandenen Systemen in den Fahrzeugen vorgehalten werden, was zu höheren Systemkosten führt.

Derzeit werden zwischen Truck und Trailer zwei CAN-Verbindungen mit 125 kbit/s Datenrate zur Datenübertragung genutzt (Abb. 1 bis 3). Ein Teil der hier übertragenen Botschaften ist relevant für die ECE-R 13 und bereits mit Ansprechzeiten versehen, was eine weitere Erhöhung der Buslast nicht einfach ermöglicht. Für die Sensorik zur Umfelderfassung für hochautomatisierte Fahrfunktionen ist die CAN-Datenrate zwischen den Zugmaschinen und den Anhängern nicht ausreichend. Der Einsatz von Kommuni-kationssystemen mit höheren Datenraten und kürzeren Ansprechzeiten wird damit in absehbarer Zeit diese CAN-Datenübertragung ersetzen oder ergänzen.

Quelle: Schematische Darstellung des FAT AK 9 „Fahrdynamik Nutzfahrzeuge“

CAN

CANCAN

CAN

125

kBit/

sIS

O 1

1992

250 kBit/s

CAN

Bridge Bridge

Abbildung 1: ISO-7638-Spiralkabel, 7 Pins, 1 CAN-Pinpaar

Abbildung 2: ISO-12098-Spiralkabel, 15 Pins, 1 CAN-Pinpaar

Im laufenden Forschungsprojekt werden daher zwei mögliche Pfade einer neuen Schnitt-stelle mit Datenübertragungsraten von 100 Mbit/s und 1 Gbit/s untersucht. Die unter-schiedlichen Varianten werden geprüft und sollen als Entscheidungshilfe dienen für eine zukünftige Standardisierung.

Schematische Darstellung des ISO-11922-CAN im Nutzfahrzeug als Punkt-zu-Punkt-Verbindung für eine CAN-Strecke

Die für die Transformation des Automobils und der Mobilität erforderlichen Produk-te, Dienstleistungen und Produktionsprozesse sind mit hohen Innovationssprüngen verbunden, die ein großes Potenzial an Mehrwert für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt bereithalten. Sie erfordern aber spezielle Rahmenbedingungen. Ohne öffentliche Förderung besteht die Gefahr, dass Chancen verspielt und die etablierte Position der deutschen Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb gefähr-det wird. Die oben genannten sechs Handlungsbereiche sollen in gemeinsamen Workshops im Dialog mit Wissenschaft und Politik vertieft werden. Die dann vorlie-gende detaillierte Forschungs- und Innovationsroadmap kann als Anregung für die nationale und europäische Förderpolitik dienen.

Gerne können weitere Unternehmen an diesem Gestaltungsprozess mitwirken.

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138 INNOVATION UND TECHNIK INNOVATION UND TECHNIK 139

Das Projekt „Nachhaltige Transporte“ soll die Potenziale bei Herstellern, Zulieferern und Spediteuren erschließen.

Im Februar 2019 wurde ein neuer Ausschuss für Produktion gegründet.

Eine stabile Lieferkette ist für den Wieder-hochlauf der Produktion essenziell.

Logistik

Die wirtschaftlichen Megatrends Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Automati- sierung prägen auch die Agenda der Logistik. Bei der Nachhaltigkeit geht es um die Reduzierung der CO2-Emissionen im sogenannten Scope 3 (Lieferkette). Hier wurde vom Ausschuss das Projekt „Nachhaltige Transporte“ gegründet, um die Potenziale bei Herstellern, Zulieferern und Spediteuren zu erschließen.

Bei der Digitalisierung geht es um die noch engere Vernetzung von Fahrzeug-herstellern und Zulieferern. Vor dem Hintergrund niedriger Lagerbestände und langer Lieferketten ist diese Vernetzung zur Stabilisierung von Materialflüssen und Produktion unabdingbar. Neben den bestehenden Projekten „Auto-ID KLT“ und „Digitale Fahrzeuglogistik“ wurde hierzu ein neues Projekt zur Lieferanten-bewertung gestartet. Es sieht eine einheitliche Struktur für Kataloge zur Messung logistischer Prozessabweichungen vor. Weiterhin soll die Liefertreue als neue Kennzahl eingeführt werden, die die Kriterien „Menge“ und „Zeit“ bewertet. Für beide Bemessungen werden XML-Formate zur elektronischen Datenübertragung erstellt. Das Thema Abweichungen wird zusätzlich in das Projekt „QDX-Schnittstelle“ des VDA QMC eingebracht. Eine internationale Empfehlung mit AIAG und Odette ist ebenfalls geplant.

Schwerpunkt der Automatisierung in der Logistik ist die Abbildung der durch neue Antriebsarten gestiegenen Variantenvielfalt. Diese muss auf einer statischen oder sogar immer kleiner werdenden Logistik- und Verkehrsfläche stattfinden (z.B. schrumpfende Lagerflächen und engere Fahrwege für Gabelstapler). In diesem Bereich wurde das Projekt „FTS-Kommunikationsschnittstelle“ weitergeführt. Diese Schnittstelle ermöglicht es Produktionsbetrieben, die Fördertechnik verschiedener Hersteller in einem Gesamtsystem einzusetzen und Kreuzungsverkehre zuzulassen. Aufgrund der oben genannten Flächenproblematik ist diese Empfehlung die Grund-voraussetzung für moderne Produktionsprozesse im Rahmen von Industrie 4.0.

Produktion

2018 beschloss der VDA-Vorstand, einen neuen Ausschuss für Produktion zu gründen, dessen Betreuung der VDA-Abteilung Logistik (umbenannt in „Produktion und Logistik“) anvertraut wurde. Nach einer Kick-off-Sitzung im November 2018 wurde das Gremium im Februar 2019 gegründet. Schwerpunkte der Produktionsarbeit im VDA bilden die Effekte der Digitalisierung auf die Produktion, die Aus- und Weiterbildung von Personal in der Produktion, die Sicherung und Weiterentwicklung produktionsrelevanter Standortfaktoren sowie die Standardisierung von Prozessen an der Schnittstelle von Mensch und Maschine. Zu diesem Zweck wurden im Mai 2019 drei Projekte initiiert. Die Projektgruppen werden Positionspapiere zu den Themen Zielbild der Auto- mobilproduktion, CO2-Neutralität in der Produktion sowie Datenerfassung und -verar-beitung im Produktionsumfeld veröffentlichen. Im Zielbild werden die Heraus- forderungen, vor denen die Automobilproduktion bis 2030 steht, identifiziert und Szenarien, wie diese bewältigt werden können, erarbeitet. Am Ende steht eine Vision, wie die Automobilproduktion im Jahr 2030 aussehen könnte. Zum wichtigen Thema CO2-Neutralität werden konkrete Meilensteine für die Automobilproduktion zur Erreichung des Pariser Klimaziels für 2050 aufgestellt. Die Projektgruppe Datener- fassung in der Produktion widmet sich schließlich der Nutzung und dem Schutz von dem Eigentum an den von Anlagen und Smart Devices generierten Daten zur Optimierung der Produktionsprozesse.

Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Arbeit der Ausschüsse

Anfang März 2020 begannen die beiden Ausschüsse für Produktion und Logistik mit außerordentlichen Sitzungen zum Thema Corona-Virus, die dann mit Beginn des Shutdown wöchentlich stattfanden. Es wurden Ad-hoc-Projektgruppen gegründet, um alle notwendigen Maßnahmen für einen stabilen Wiederanlauf der Industrie vorzubereiten. In der Logistik wurden die notwendigen Kommunikationsprozesse zwischen Herstellern und Zulieferern und die erforderlichen Vorlaufzeiten bei Produk-tionsprogrammanpassungen abgestimmt. Die vereinbarten acht bis zehn Tage zur Vorankündigung des Produktionsstarts wurden daraufhin von allen Herstellern im Ausschuss eingehalten: Dadurch konnte eine stabile Lieferkette beim Wiederanlauf gewährleistet werden. Im Bereich Produktion wurde innerhalb von drei Wochen eine VDA-Empfehlung zum Infektionsschutz in Produktion, Logistik und Administration erarbeitet. Hierdurch erhielten Hersteller und Zulieferer einen abgestimmten Maß-nahmenkatalog, den sie in ihren Unternehmen zum Schutz der Mitarbeiter und zur Sicherstellung der Produktion umsetzen konnten.

Das erste Halbjahr 2018 stand im Zeichen der VDA-Gremienreform. In Zusammenarbeit mit dem VDA-Logistikausschuss wurde die klassische Struktur aus Steuerkreisen, Arbeitskreisen, Arbeits- und Expertengruppen in eine schlanke und effiziente Projektstruktur überführt. Fachfremde Arbeitskreise wurden ausgegliedert oder aufgelöst. Der Fokus liegt nunmehr auf den logistischen Kernkompetenzen. Der Ausschuss wurde zu einem strategischen Steuerungsgremium, das – durch fünf Arbeitskreise unterstützt – flexibel Projekte zu aktuellen Themen initiiert und lenkt.

Produktion und Logistik

Link zur Empfehlung:

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Die deutsche Automobilindustrie leistet ihren Beitrag zur Verkehrssicherheit mit der kontinuierlichen Neu- und Weiterentwicklung von Sicherheitstechnologien zum Schutz aller Verkehrsteilnehmer. Überdies haben Datenschutz und Datensicherheit für die Branche höchste Priorität.

Sicherheit und Standards

08

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142 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 143

Verkehrsunfälle in Deutschland

Der Straßenverkehr ist heute sicherer als früher. Die Anzahl der im Straßenverkehr tödlich Verunglückten sank in Deutschland im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um deutliche 6,6 Prozent auf 3.059. Das ist ein neuer Tiefstwert. Gegenüber dem Jahr 1970, als allein in der Bundesrepublik (ohne DDR) noch weit über 19.000 Verkehrstote zu be-klagen waren, ist das ein Rückgang um über 84 Prozent – obwohl die Fahrleistung sich seither mehr als verdreifacht hat. Bezogen auf die Fahrleistung ist das ein Rückgang um mehr als 95 Prozent – von 81,6 tödlich Verunglückten pro 1 Mrd. Fahrzeugkilometer auf 4,0 tödlich Verunglückte.

Tempolimit – flexibel und intelligent statt starr und pauschal

Im zweiten Halbjahr 2019 hatte die öffentliche Diskussion um die Einführung eines ge-nerellen Tempolimits wieder Fahrt aufgenommen – unter anderem mit dem Argument, ein solches Limit verbessere die Verkehrssicherheit. Tatsächlich gibt es aber keinen klaren statistischen Zusammenhang zwischen einem generellen Tempolimit und der Verkehrssicherheit. Das belegen sowohl nationale als auch internationale Vergleiche. Auf den deutschen Autobahnen zeigt sich beispielsweise, dass die Anzahl der tödlich Verunglückten pro 1.000 Kilometer in einigen Jahren auf limitierten Abschnitten sogar höher ist als auf unlimitierten. In anderen Jahren ist es umgekehrt.

Auch im internationalen Vergleich zeigt sich, dass ein starres Tempolimit die Autobahnen nicht zwangsläufig noch sicherer macht. Pro 1 Mrd. gefahrener Kilometer verunglücken beispielsweise in Österreich, Frankreich, Belgien oder Italien zwischen 1,76 und 3,53 Personen tödlich – und damit mehr als hierzulande, wo pro 1 Mrd. gefahrener Kilometer 1,66 tödlich Verunglückte zu beklagen sind.

Die Anzahl der auf deutschen Autobahnen tödlich Verunglückten ist im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 16 Prozent auf 354 zurückgegangen. Zuletzt gab es 1992 einen vergleichbar starken Rückgang, als durch die schnelle Modernisierung der ostdeutschen Fahrzeugflotte die Verkehrssicherheit stark zunahm. Dieser Rückgang übertrifft den Rückgang im Gesamtstraßennetz (- 6,6 Prozent) bei Weitem.

Vor dem Hintergrund der Datenlage spricht sich der VDA gegen ein pauschales Tempolimit aus. Viel sinnvoller sind gezielte Tempolimits an Unfallschwerpunkten oder situationsabhängige Tempolimits in Abhängigkeit von der aktuellen Wetterlage, den Witterungsbedingungen und der aktuellen Verkehrssituation – angezeigt durch Verkehrsbeeinflussungsanlagen. Sie werden den verkehrlichen Anforderungen am besten gerecht und stoßen beim Verkehrsteilnehmer auch nachweislich auf eine viel höhere Akzeptanz. Starre Tempolimits, angezeigt durch Blechschilder, die für alle Verkehrs- und Wetterverhältnisse sowie für alle Tages- und Nachtzeiten immer ein und dieselbe Höchstgeschwindigkeit vorgeben, passen nicht in ein modernes, digitales Verkehrssystem des 21. Jahrhunderts.

Neuer historischer Tiefstwert bei im Straßen-verkehr tödlich Verunglückten

Starre Tempolimits passen nicht in ein modernes, digitales Verkehrssystem des 21. Jahrhunderts.

2015 2016 2017 2018*

Ohne Tempolimit 15,6 15,6 15,3 16,4

Mit Tempolimit 16,9 14,4 17,4 16,0

Getötete je 1.000 Kilometer BAB

Quelle: Verkehrsunfälle, Fachserie 8, Reihe 7, Statistisches Bundesamt und Erhebungen BASt; aufbereitet vom DVR; *Daten für 2018 wurden berechnet vom VDA nach DVR-Methodik.

(Unlimitierte Abschnitte waren 2015 und 2017 sicherer als limitierte)

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144 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 145

Sicherheitssysteme für Nutzfahrzeuge

Automatische Notbremssysteme (AEBS), Abstandsregeltempomaten, elektronische Stabilitätsprogramme (ESP) und Spurverlassenswarnsysteme (LDWS) sind nur einige Beispiele für heute im Nutzfahrzeug gängige Fahrerassistenzsysteme, die nachweislich die Sicherheit erhöhen und den Fahrer in kritischen Situationen entlasten. Die häufigs-ten Ursachen für schwere Lkw-Unfälle in den letzten Jahren waren das Abkommen von der Fahrbahn sowie Spurführungs- und Auffahrunfälle. Um diese Unfälle zukünftig noch stärker zu vermeiden, hatte die EU automatische Notbremssysteme, elektronische Stabilitätsprogramme und Spurverlassenswarnsysteme stufenweise zur verpflichtenden Ausrüstung aller neuen Nutzfahrzeuge erklärt.

Seit 2019 wird dieser Pfad mit der Veröffentlichung der Überarbeitung der General Safety Regulation (EU) 2019/2144 fortgeführt. Darin werden zahlreiche neue Vorgaben für Nutz-fahrzeuge definiert, die ab 2022 für neue Fahrzeugtypen und ab 2024 für alle Neufahrzeuge umgesetzt werden müssen. Der Hintergrund dieser umfangreichen Überarbeitung ist, dass die Zahl der Verkehrstoten weiter gesenkt und Radfahrer und Fußgänger stärker als bisher geschützt werden sollen. Die Liste der neu einzuführenden Systeme ist lang und deckt auch zahlreiche, bisher wenig beachtete Unfallszenarien ab.

Für leichte Nutzfahrzeuge (N1) bedeutet dies, dass sie zukünftig auch die Anforderungen für den Frontal-, Seiten-, Heck- und seitlichen Pfahlaufprall gemäß UN R34, UN R94, UN R95, UN R135 und UN R137 erfüllen müssen. Des Weiteren müssen zukünftig alle Nutzfahrzeuge inklusive Omnibusse mit Reifendrucküberwachungssystemen, intelligen-ten Geschwindigkeitsassistenten mit Verkehrszeichenerkennung, Unfalldatenspeichern und Warnsystemen bei Müdigkeit sowie nachlassender Aufmerksamkeit und Konzen- tration des Fahrers ausgerüstet werden.

Darüber hinaus müssen beim Betrieb automatisierter Fahrfunktionen zahlreiche Systeme zur Fahrer- und Fahrzeugüberwachung verpflichtend eingebaut werden. Ein besonderes Augenmerk wird mit einer Reihe neuer Anforderungen für alle Nutzfahrzeuge auf einen besseren Schutz von Fußgängern und Radfahrern gelegt. Dazu zählen ein auf Fußgänger und Radfahrer reagierendes weiterentwickeltes Notbremssystem, ein Kollisionswarn-system für Fußgänger und Radfahrer, ein Totwinkel-Assistent, ein Rückfahrassistent und eine verbesserte direkte Sicht nach vorn mittels Vorgaben an ein erweitertes Sichtfeld.

Da insbesondere Fußgänger und Radfahrer bei Kollisionen mit schweren Nutzfahr-zeugen bei Anfahr- oder Abbiegeunfällen im urbanen Umfeld oft schwer oder tödlich verletzt werden, sieht die EU-Kommission hier die Notwendigkeit für umfassende Verbesserungen. Einige Fahrzeughersteller und Zulieferer bieten dazu seit geraumer Zeit bereits erste Abbiegeassistenzsysteme in Erstausstattung oder zur Nachrüs-tung an. Es zeigt sich jedoch, dass die Ausrüstung der gesamten Fahrzeugflotte ein längerfristiger Prozess ist.

Das Bundesverkehrsministerium hatte daher frühzeitig bei der UNECE in Genf die Definition einer neuen UN-Regelung für sogenannte Blind Spot Information Systems vorangetrieben und national ein Förderprogramm zur Nachrüstung bereits zugelassener

Fahrerassistenzsysteme erhöhen die Sicher-heit nachweislich und entlasten den Fahrer in kritischen Situationen.

Eine Reihe neuer Anforderungen für Nutz-fahrzeuge soll einen besseren Schutz von Fußgängern und Radfahrern gewährleisten.

Eine neue UN-Regelung für sogenannte Blind Spot Information Systems wurde im März 2019 verabschiedet.

Insbesondere die folgenden Systeme werden adressiert:

· Der Abstandsregeltempomat regelt die Geschwin-digkeit des Lkw und den Abstand zum vorausfahren-den Verkehr automatisch.

· Der Notbremsassistent (AEBS – Advanced Emergency Braking System) unterstützt den Fahrer bei Unauf-merksamkeit und leitet bei drohenden Auffahrszena-rien eine Notbremsung ein.

· Beim Abbiegeassistenten überwachen verschiedene Sensoren die rechte Fahrzeugseite und erfassen ste-hende und bewegte Objekte. In kritischen Situationen erfolgt eine optische und akustische Warnung.

· Das Lane Departure Warning System (LDWS) Lane Departure Warning System warnt den Fahrer bei unbeabsichtigtem Verlassen des Fahrstreifens.

· Der intelligente Lichtassistent erkennt mittels Kamera entgegenkommende und vorausfahrende Fahrzeuge und stellt die Scheinwerfer so ein, dass diese nicht geblendet werden.

· Bei der Anfahrhilfe handelt es sich um eine Erweiterung des Bremssystems, die bei Anfahren auf Gefälle den Bremsdruck hält, bis der Fahrer das Gaspedal betätigt, um ein Wegrollen des Fahrzeugs zu verhindern.

· Die topografiebasierte Adaptive Cruise Control (GPS und Cloud) ist ein Assistenzsystem, das gespei-chertes Kartenmaterial und GPS-Positionsdaten verwendet, um die Fahrweise an die Gegebenheiten verbrauchsoptimiert anzupassen.

· Beim Assistenzsystem der Rückraumüberwachung wird mit Ultraschallsensoren der Rückraum beim Rückwärtsfahren automatisch überwacht. Beim Erkennen eines statischen oder bewegten Objekts in einem verbleibenden Abstand von 20 bis 200 Zentime-tern warnt das System, um ein Auffahren zu verhindern.

Nutzfahrzeuge initiiert. Diese neue UN-Regelung 151 wurde im März 2019 verabschie- det und wird mit der Überarbeitung der General Safety Regulation in europäisches Recht umgesetzt. Dies ist der erste Teil zum besseren Schutz von Radfahrern und Fußgängern, der aktuell in verschiedenen Arbeitsgruppen der UNECE um weitere in Abstimmung befindliche neue UN-Regelungen ergänzt wird. Da die ersten Fristen für die Anwendung der General Safety Regulation schon für Mitte 2022 gesetzt sind, gehen die Arbeiten zur Definition der technischen Anforderungen zügig voran. So wurden im Frühjahr 2020 die Entwürfe zu den beiden neuen UN-Regelungen für die Rückfahr- und Anfahrassistenz zum Schutz von vor oder hinter dem Fahrzeug befind-lichen Fußgängern und Radfahrern vorgelegt. In der zweiten Jahreshälfte 2020 soll dann noch der Entwurf für die Regelung zur verbesserten direkten Sicht bei schweren Nutzfahrzeugen fertiggestellt werden.

Bei diesen Arbeiten bringen die Nutzfahrzeughersteller und ihre Zulieferer ihre umfang-reiche Expertise ein und beurteilen in aufwendigen Testreihen die Validität der definierten Anforderungen bezüglich ihrer technischen Umsetzbarkeit.

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146 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 147

Bestehende eCall-Übertragungsnetze müssen aufrechterhalten werden

Qualität

Innovative Fahrsicherheits- und Assis-tenzsysteme konnten in den vergangenen Jahren entscheidend zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen. Dabei ist der zum 1. April 2018 für alle Automobilher-steller EU-weit verpflichtend eingeführte und automatisch aktivierte Hilferuf eCall (Emergency Call) ein wichtiger Baustein. Denn er kombiniert Fahrzeugsensoren und Mobilfunktechnologie und trägt so zur Verbesserung der Verkehrssicherheit durch die Verkürzung von Alarmierungs- und Eintreffzeiten der Rettungskräfte bei.

Die EU-Verordnung sieht vor, dass diese für den schnellen Rettungseinsatz wichtigen Daten europaweit auch von unzugänglichen Orten und schwach strukturierten Regionen aus zuverlässig übermittelt werden können. Daher müs-sen die Notrufeinrichtungen im Fahrzeug so entwickelt und hergestellt werden, dass sie für den eCall die am weitesten verbreiteten Mobilfunkstandards GSM (2G) und UMTS (3G) nutzen.

Zahlreiche große Mobilfunknetzbetreiber planen nun jedoch, im Rahmen des Aus-baus der 5G-Technologie den Betrieb von 2G-/3G-Netzen in den nächsten Jahren sukzessive abzuschalten, um entspre-chende Frequenzen frei zu machen (in ersten Ländern ab 2020). Beispielsweise ist für Deutschland eine Außerbetriebnah-me der 2G-/3G-Netze zwischen 2021 und 2025 zu befürchten. Die Automobil-industrie hat im November 2019 im Namen der Verkehrssicherheit an die Mobilfunk-netzbetreiber sowie die entsprechenden Regulierungsbehörden und Ministerien appelliert, die bisherigen eCall-Über- tragungsnetze beizubehalten. Trotz des dringend benötigten Ausbaus der 5G- Technologie müssen daher 2G- und 3G-Netze mindestens bis zum Jahr 2035 zur Aufrechterhaltung der eCall-Funktion zur Verfügung stehen.

Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie

Die Qualität ihrer Produkte ist für die Automobilindustrie ein Schlüsselfaktor für den unternehmerischen Erfolg. Qualität ist das zentrale Prinzip während des gesamten Pro-duktentstehungsprozesses: von der Entwicklung über die Produktion bis zum Einsatz beim Kunden. Der VDA koordiniert das gesamte Qualitätsmanagement der deutschen Automobilindustrie. Ziel ist es, Trendsetter für Qualitätsmethoden auf Weltklasseniveau zu sein. Darüber hinaus ist auf Basis der Megatrends zu antizipieren, was im Qualitäts-management entwickelt und umgesetzt werden soll. Und schließlich gilt es, eine hohe Verbindlichkeit bezüglich der Umsetzung in der Wertschöpfungskette zu erreichen. Dabei kommen umfangreiche Qualitätsmanagement(QM)-Methoden und -Werkzeuge zum Einsatz. Im Rahmen der Verbandsarbeit werden – gesteuert durch den Qualitäts Management Ausschuss (QMA) – die Erarbeitung, Implementierung und Internatio-nalisierung der dann harmonisierten QM-Methoden im VDA Qualitäts Management Center (VDA QMC) realisiert.

VDA Qualitäts Management Center (VDA QMC)

Im VDA Qualitäts Management Center (VDA QMC) werden gemeinsam mit Herstellern und Zulieferern neue Methoden und Techniken für das Qualitätsmanagement entwi-ckelt. Das VDA QMC publiziert alle gemeinsam erarbeiteten Definitionen, Regelungen und Forderungen an das Qualitätsmanagement der Automobilindustrie. Im höchsten VDA-Qualitätsgremium, dem Qualitäts Management Ausschuss (QMA), werden die VDA-Qualitätsstandards festgelegt und weiterentwickelt. Es setzt sich aus Vertretern des VDA, der Automobilhersteller und der Zulieferer zusammen und versteht sich als gemeinsame Plattform zur Erarbeitung und Umsetzung harmonisierter Qualitätsstra-tegien und -methoden. In den Qualitätsmanagement-Arbeitskreisen bereiten Experten aus den Unternehmen die Entscheidungen im Einzelnen vor.

Als Geschäftsstelle setzt das QMC die Entscheidungen des QMA um. So verlegt und vermarktet das QMC die VDA-QMC-Bände, in denen Standards veröffentlicht werden. Es bietet darüber hinaus VDA-QMC-Trainings in der eigenen Aus- und Weiterbildung an. Dabei werden Mitarbeiter von Herstellern und Zulieferern in der Anwendung der Systeme und Standards des QMC geschult. Neben der eigenen Aus- und Weiterbildung bieten auch Lizenzpartner QM-Schulungen an. Das QMC ist zugleich Vertragspartner und Aufsichtsinstanz der Zertifizierungsgesellschaften. Diese Gesellschaften überprüfen nach speziellen Zertifizierungsschemata des QMC bzw. der International Automotive Task Force (IATF), in der das QMC Mitglied ist, die Qualitätsmanagementsysteme von Unternehmen der Automobilindustrie weltweit und vergeben Zertifikate. Die Einhaltung der Prozesse und Standards des QMC ist in der Regel Voraussetzung, um Lieferant für ein Unternehmen der deutschen Automobilindustrie werden zu können.

Außerbetriebnahme der 2G-/3G-Netze zwischen 2021 und 2025 zu befürchten

Erheblich verkürzte Reaktionszeit von Rettungsdiensten durch eCall-Funktion

Das gesamte Qualitätsmanagement der deutschen Automobilindustrie wird vom VDA koordiniert.

Im VDA QMA werden Qualitätsstandards festgelegt und weiterentwickelt.

Die geplante Abschaltung hätte zur Folge, dass eine lebensrettende Techno-logie, die erst im letzten Jahr verpflich-tend eingeführt worden ist, in bestimmten europäischen Ländern sogar in Neu-fahrzeugen schon ab 2020 nicht mehr flächendeckend funktionieren würde. Dies ist aus der Sicht der Automobilindus- trie – und damit auch mit Blick auf viele Autofahrer jedoch nicht akzeptabel. Ein Update der bestehenden eCall-Systeme ist in technischer Hinsicht nicht möglich; selbst für die Entwicklung von neuen eCall-Systemen auf Basis von 4G oder 5G fehlen derzeit verbindliche technische Standards.

Nach Schätzungen der EU-Kommission kann die eCall-Funktion die Reaktionszeit der Rettungsdienste in ländlichen Ge-genden um 50 Prozent und in städtischen Regionen um bis zu 40 Prozent verkürzen. Somit ist mit einer signifikanten Verringe-rung der Zahl der Todesopfer und schwe-rer Verletzungsfolgen zu rechnen.

Das eCall-System kombiniert die Fahr-zeugsensorik mit flächendeckend verfüg-baren Mobilfunknetzen. So wählt das verunfallte Fahrzeug umgehend automa-tisch den europaweit geltenden Notruf 112 und stellt eine Telefonverbindung zur nächstgelegenen Rettungsleitstelle her. Diese automatisierte Funktion wird durch die sogenannten Crash-Sensoren und über die Steuerung der Airbags ausgelöst. Reagieren die Insassen nicht – etwa, wenn sie ohnmächtig sind –, kann die Leitstelle direkt einen Rettungseinsatz auslösen. Denn der eCall übermittelt über das Mo- bilfunknetz gleichzeitig GPS-Daten zum Standort des Wagens und zur Fahrtrich- tung. Zudem kann der eCall manuell per Knopf ausgelöst werden.

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148 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 149

Stück

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 30.06.20

Quelle: VDA QMC KPIGesamtanzahl Zertifikate aktuell: 503VDA 6.1 VDA 6.2VDA 6.4

Entwicklung der VDA 6.x Zertifikate

0

50

100

150

200

250

300

350

Stück

Entwicklung Standort Zertifizierungen

2011201020092008200720062005200420032002 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 30.06.20

Quelle: VDA QMC, KPI

Aktive IATF 16949 Standortzertifikate in Summe

Aktive IATF 16949 Standortzertifikate der Zertifizierungsgesellschaften unter Betreuung des VDA QMC

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

70000

80000

2010

Stück

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Quelle: QMC-Publikationen 2019Poster Englische BändeBlau Gold BändeIATF 16949

Entwicklung der VDA / IATF Publikationen

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

35000

40000

45000

50000

55000

60000

VDA Rote Bände

Beispielhaft für neue, innovative Technologien sind Automotive SPICE (branchenspezifischer Standard, der sich mit der Analyse, Bewertung und Verbesserung von Prozessen in der softwarebasierten Systementwicklung befasst; SPICE steht für „Software Process Improvement and Capability Determination“), Projektgruppen zum Thema Car Security Management System, Software-Over-the-Air-Updates oder 3D-Druck. Diese Themen werden häufig im Automotive Quality Institute (AQI) vor der Arbeit in der PG vorbereitet und auch im QMA vorgestellt und gesteuert. Globalisierung, Nachhaltigkeit und neue Technologien sind die großen Herausforderungen im Qualitätsmanagement.

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150 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 151

Das QMC bietet darüber hinaus Veranstaltungen und Konferenzen als Plattform an, um neue Themen in der Industrie zu positionieren. Jährlich nehmen ca. 2.500 Personen an den Regionalkonferenzen, Symposien, Gipfeltreffen, der Automotive SYS Conference und den PSCR Days teil und sind dabei, wenn aktuelle und zukunftsrelevante Themen besprochen und vorgestellt werden.

Quelle: VDA QMC< 20 Assessors 20-50 Assessors

Internationalisierung Automotive SPICE

> 50 Assessors

Deutschland

Japan

China

Republik Korea

Indien

USA

Rumänien

Ägypten

Vereinigtes Königreich

Frankreich

Österreich

Ungarn

Italien

Tschechien

Mexiko

Polen

Taiwan

Singapur

1571

343

326

239

181

91

51

49

48

47

38

36

35

35

30

24

20

Israel

Niederlande

Belgien

Brasilien

Schweiz

Liechtenstein

Kanada

Slowakei

Spanien

Bulgarien

Finnland

Malaysia

Luxemburg

Dänemark

Vietnam

Thailand

Norwegen

Portugal

Australien

Slowenien

Hongkong

Others < 18 assessors

Irland

Portugal

Andere < 18 Assessors

914

Quelle: VDA QMCGipfeltreffen

Teilnehmerzahl

Entwicklung der TN Anzahl bei den QMC Veranstaltungen

IAA Regionalkonferenz

VDA QMC Gremien Symposium Automotive SYS

IATF / VDA 6.3 Konferenz

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

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152 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 153

Internationale Aktivitäten des VDA QMC

2019 konnte das VDA Qualitäts Management Center seine internationalen Aktivitäten auf hohem Niveau stabilisieren. Weltweit nahmen 22.500 Personen an VDA-QMC- Trainings teil. In China stieg die Zahl der Schulungsteilnehmer auf 5.500. Auch in Russland wurden die VDA-QMC-Trainings gut besucht, dort wurden über 900 Teilnehmer geschult. Der neue, zusammen mit der amerikanischen AIAG (Automotive Industry Action Group) erarbeitete FMEA-Standard (Failure Mode and Effects Analysis) stellt einen neuen Meilenstein in der Zusammenarbeit bei der Entwicklung und der anschließenden Implementierung einer Publikation dar.

Die Aufgaben des Qualitätsmanagers in der Automobilindustrie

Der Qualitätsmanager ist für die Einhaltung der Qualitätsstandards innerhalb eines Unternehmens verantwortlich. Seine Arbeit erstreckt sich über die gesamte Wert-schöpfungskette. Die Qualitätsmanager überwachen die Qualitätsstandards mehr noch: Sie verbessern sie kontinuierlich. Dabei geht es nicht nur um die Qualitäts-standards der im Unternehmen hergerstellten Produkte, sondern auch um die Qualität der eingesetzten Materialien. Diese müssen gegebenenfalls bereits vor Ort bei den Lieferanten kontrolliert werden; der Qualitätsingenieur muss also auch Dienstrei-sen durchführen. Ziel der Arbeit des Qualitätsmanagers ist es, die Produktqualität hinsichtlich der Kundenanforderung zu erfüllen. Dabei müssen aber sowohl die Qualitätskosten minimal bleiben, die Durchlaufzeiten verkürzt werden als auch die Fertigungsprozesse auf diesem Weg effektiv sein.

Das Qualitätsmanagement fängt aber nicht erst mit der Produktion an: Der Qualitäts-manager begleitet die Entwicklung eines Produkts von den Anfängen an. Er erstellt die Qualitätsstandards für neue Produkte, analysiert die notwendigen Prozesse, opti-miert diese, erstellt Anleitungen, wie die Standards eingehalten werden können, und überwacht den gesamten Entwicklungsprozess. Eine wesentliche Veränderung des Berufsbilds des Qualitätsmanagers besteht in der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Instrumenten und Verfahren der Qualitätssicherung. Prozessorientierte Vorschriften, Richtlinien und Standards müssen in kürzeren Abständen aktualisiert werden. Danach müssen die neuen Qualitätstechniken und Arbeitsanweisungen in das Unternehmen eingeführt werden. Bei allen Arbeitsschritten des Qualitätsmanagers wird eine noch engere und mehr verzahnte Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen des Unternehmens von der Entwicklung über die Konstruktion, Produktion, Materialwirtschaft und Beschaffung, gegebenenfalls auch mit dem technischen Marketing, bis zum Vertrieb und Produkt-management unabdingbar sein. Die Sozialkompetenzen werden ebenfalls mehr in den Vordergrund rücken. Die Entwicklung geht mehr und mehr hin zum Change- manager und Berater.

22.500 Personen nahmen weltweit an VDA- QMC-Trainings teil.

Quelle: VDA QMCOffene Schulungen

Teilnehmerzahl

Entwicklung der QMC Trainings in Russland

Inhouse Schulungen

2014 2015 2016 2017 2018 20190

200

400

600

800

1000

1200

309

422

356323 318

287

614**

359313*

1029

287

*Aktuelles Ziel 300 TN

**Aktuelles Ziel 600 TN

761

Quelle: VDA QMCOffene Schulungen*

Teilnehmerzahl

Entwicklung der QMC Trainings in China

Inhouse Schulungen** *Aktuelles Ziel 1800 TN

**Aktuelles Ziel 2500 TN

2015 2016 2017 2018 2019

985

14971661

2861 2854

3588

2909**2867

2580*

614

313

1563

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

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154 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 155

Sicherheit beim Automatisierten Fahren

Industriegetriebene Normung ist ein wichtiges ergänzendes Instrument für die von den staatlichen Organen erlassenen regulativen Vorgaben. Der Entwicklungsingenieur benötigt neben diesen Vorgaben weiter gehende Informationen, um neue Funktionen auch hinsichtlich der Produkthaftung sicher zu gestalten. Solche technischen Anfor-derungen, einschließlich zugehöriger Prüfungen, sowie Anforderungen an Qualität oder an Schnittstellen zwischen Systemen, Funktionen oder Komponenten werden üblicherweise in Normen und Standards beschrieben.

Heute vollziehen sich technologische Entwicklungen mit einer hohen Dynamik. Neue Funktionalitäten werden nahezu nahtlos in die Fahrzeuge eingeführt. Normung bietet mit den Produkten „Technische Spezifikation“ (TS), „Öffentliche Spezifikation“ (PAS) und „Technischer Bericht“ (TR) Instrumente, auch Erfahrungen aus Testreihen, Lösungsansätze oder Simulationsergebnisse öffentlich verfügbar zu machen. Für den Entwicklungsingenieur stellen auch diese Veröffentlichungen eine essenzielle Informa-tionsquelle dar. Die renommierten Organisationen wie das Deutsche Institut für Normung (DIN) oder die Internationale Organisation für Standardisierung (ISO) erstellen Standards und Spezifikationen nach klar definierten Regeln und sorgen so für Wettbewerbs- neutralität und Qualität.

DIN oder ISO erstellen Standards und Spezi-fikationen nach klaren Regeln und sorgen für Wettbewerbsneutralität und Qualität.

ISO 21448 „Straßenfahrzeuge – Sicherheit der beabsichtigten Funktion“

Diese im Jahr 2018 als „Öffentliche Spezifikation“ herausgegebene Unterlage wird inzwischen zu einem internationalen Standard weiterentwickelt.

ISO TR 4804 „Straßenfahrzeuge – Sicherheit und Schutz für Systeme des automatisierten Fahrens – Methoden für die Gestaltung, Prüfung und Bewertung“

Dieser „Technische Bericht“ fasst die Ergebnisse der Entwicklungsarbeit füh-render Automobilhersteller und deren Zulieferunternehmen zusammen. Die Überführung des TR in eine internationale Norm steht dabei schon jetzt fest.

ISO 21434 „Straßenfahrzeuge – Cyber-Security Engineering“

Dieser künftige internationale Standard regelt das sichere Management von Daten bei der Entwicklung und beim Betrieb von Fahrzeugen und flankiert so die Einhaltung der gesetzlichen Regeln des Datenschutzes.

Koordiniert wird darüber hinaus im VDA auch die Mitwirkung und Meinungs-bildung auf deutscher Ebene an den folgenden Projekten:

ISO 24089 „Straßenfahrzeuge – Software-Update Engineering“

Dieses Projekt ergänzt die Vorgaben aus der Regulierung zur Handhabung von Softwareupdates während des operativen Betriebs.

ISO 39003 „Straßenverkehrssicherheit (RTS) — Leitlinien für sichere ethische Aspekte von autonomen Fahrzeugen“

Dieser Standard soll ethische Grenzen für den Betrieb autonomer Fahrzeuge formulieren. Im Zuge der weiteren Verbreitung automatisierter Fahrfunktio-nen ist zu erwarten, dass die Automobilindustrie in den kommenden Jahren weitere Projekte auflegt, um die regulativen Vorgaben durch weitere auf Feld- erfahrungen basierende Anforderungen zu ergänzen. Nur so können auch weiterhin die Anforderungen an die Produktsicherheit für die immer komple-xeren Systeme für automatisierte Fahrfunktionen rechtssicher erfüllt werden.

Der vom VDA getragene Normenausschuss Automobiltechnik des DIN koordiniert für die deutsche Automobilindustrie federführend derzeit die folgenden wichtigen interna-tionalen Standardisierungsprojekte:

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156 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 157

Normungs-Roadmap zum automatisierten und vernetzten Fahren im VDA und in der NPM

Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie

Normungs-Roadmaps zu spezifischen Themen haben sich als Werkzeug etabliert, um die Gremienarbeit zu visualisieren und zu synchronisieren. Die VDA-Normungs-Road-map zum automatisierten Fahren bietet darüber hinaus einen Ausblick auf zukünftige Anforderungen der Normung.

Normung ist langfristig orientiert. Es ist deshalb wichtig, auch eine langfristige Beteiligung sicherzustellen und die Aktivitäten im Blick zu behalten. Um die Ressourcen effizient einzusetzen und den Nutzen der Normung im Bereich des automatisierten und vernetzten Fahrens darzustellen, hat der VDA im Februar 2019 eine Normungs- Roadmap veröffentlicht. Wie auch im Themenfeld Elektromobilität Normungs- Roadmaps in der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) veröffentlicht wurden, erarbeitet die Nationale Plattform Mobilität (NPM) ebenfalls verschiedene Schwer-punkt-Roadmaps für intelligentes Lastmanagement, automatisiertes und vernetztes Fahren und Nachhaltige Mobilität.

Die Schwerpunkt-Normungs-Roadmap der NPM basiert auf der VDA-Normungs- Roadmap inklusive neuer Projekte, die seit Februar 2019 initiiert wurden und dem weiteren Input der neu involvierten Beteiligten. Neben inhaltlichen Themen wurden auch prozessuale Aspekte der Normung untersucht. Diese Normungs-Roadmap schafft einen industrieübergreifenden Blick, welche Aktivitäten bereits laufen und gibt Impulse für zukünftige Aktivitäten in der Normung.

Die Normungs-Roadmap zum automatisierten Fahren stellt die Gremienlandschaft in der Normung dar und gibt einen Überblick über bereits existierende Normungsprojekte.

Normungs-Roadmap zum automatisierten und vernetzten Fahren

Fahrerassistenzsysteme (Stand der Normung)

Die Normung von Fahrerassistenzsystemen hat in der ISO schon Tradition. Bereits im Jahr 2011 wurde im VDA-Jahresbericht ein aktueller Status zu den Aktivitäten der Arbeitsgruppe ISO TC 204/WG 14 veröffentlicht. Mittlerweile koordiniert das entspre-chende nationale Spiegelgremium weitere Aktivitäten innerhalb der ISO, die zu der eigentlichen Normung von Fahrerassistenzsystemen komplementär sind. Zum einen sind das Konformitätsprüfungen von bestimmten Systemen (z. B. Lane Keeping Assist) in der ISO TC 22/SC 33/WG 3 sowie Anforderungen an Targets basierend auf Euro NCAP in der ISO TC 22/SC 33/WG 16. Das folgende Bild zeigt das Zusammenspiel des nationales Spiegelgremiums AK 50 (Grün) mit den erwähnten ISO-Gremien.

Besonders im Bereich der Fahrerassistenzsysteme spielen Festlegungen von Begrifflich-keiten der unterschiedlichen Stufen der Automatisierungsgrade eine wichtige Rolle. Viele unterschiedliche Aktivitäten wurden in der Vergangenheit dazu gestartet. In Deutschland zum Beispiel hatte die BASt die Definitionen der Stufen 0–5 zusammengefasst. Letztend-lich hat sich aber die SAE mit ihrer Norm J3016 in der Verwendung und im allgemeinen Sprachgebrauch (vorerst) durchgesetzt. 2017 wurde jedoch beschlossen – gestützt durch ein Abkommen zwischen der ISO und der SAE –, eine Veröffentlichung unter der Nummer ISO/SAE/PAS 22736 vorzunehmen, um dem Dokument einen internationalen Charakter zu verleihen. Die Überführung der Inhalte ist seit Anfang 2019 bereits abgeschlossen; momentan scheitert die Veröffentlichung aber noch an formellen ungeklärten Punkten.

Quelle: Jahresbericht NAAutomobil 2019

Übersicht involvierter Gremien

ISO TC 22/SC 33Vehicle Dynamics & Chassis components

NA052-00-33-50 AKFahrerassistenzsysteme

ISO TC204/ WG14Vehicle/ Roadway

Warning & Controlsys

WG 3Driver assistance and active safety functions

WG 16Active Safety test

equipment

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Level ≤ 1 Level 2 Level 3 Level 4

ISO WG ISO-Nr. 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Funktionsbeschreibung

PDCMSTC204/WG14 19237 Fußgängerschutz

RBDPSTC204/WG14 19638 Verhinderung Fahrbahnverlassen

CACCTC204/WG14 20023 Kooperatives ACC (V2X-Comm)

PAPSTC204/WG14 20900 Teilautomat. Parken (inkl. Remote)

EEBLTC204/WG14 20901 Elektronisches Notbremslicht

PADSTC204/WG14 21217 Kombination Längs-/Querführung

PALSTC204/WG14 21202 Spurwechselassistent

BDCMSTC204/WG14 22078 Radfahrerschutz

J3016TC204/WG14 22736 Begrifflichkeiten AF

LSADTC204/WG14 22737 L4-Fahren bei niedrigen Geschwindigkeiten

AVPSTC204/WG14 23374 Valet Parking

CELMTC204/WG14 23375 Ausweichassistent

VVICWTC204/WG14 23376 V2V-bas. Warnung an Kreuzungen

MCS-1TC204/WG14 23792-1 Motorway Chauffeur, Rahmenwerk

MCS-2TC204/WG14 23792-2 MC-Allg. Spurhalteanforderungen

MRM-1TC204/WG14 23793-1 Nothaltsystem, Rahmenwerk

MRM-2TC204/WG14 23793-2 MRM, Halten ohne Spurwechselregelung

ASTE-1 Testtargets-FahrzeughecksSC33/WG16 19206-1

ASTE-2 Testtargets-FußgängerSC33/WG16 19206-2

ASTE-3 Testtargets-3D-FahrzeugeSC33/WG16 19206-3

ASTE-4 Testtargets-RadfahrerSC33/WG16 19206-4

ASTE-5 Testtargets-MotorräderSC33/WG16 19206-5

ASTE-6 Testtargets-TiereSC33/WG16 19206-6

TOMC PrüfgeländekommunikationSC33/WG16 22133-1

AEBS-Test-1 AEBS-Test (Car-2-Car)SC33/WG3 22733-1

AEBS-Test-2 AEBS-Test (Car-2-Fußgänger)SC33/WG3 22733-2

LKAS-Test SpurhaltetestSC33/WG3 22735

Aktuelle Projekte zu Fahrerassistenzsystemen

158 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 159

Die rechts stehende Tabelle gibt einen Überblick über alle aktuellen und geplanten Normungsprojekte, die national dem AK 50 zugeordnet sind, sowie die farblichen Einordnungen der ISO/SAE-22736-(J3016)-Level.

Bis dato wurden Normen für Fahrerassistenzsysteme auf Basis von Systemen definiert, die sich bereits im Markt befanden und für die Erfahrungswerte vorlagen. Diese Nor-men dienen als Vorlage für Homologationsprüfungen. Diese „State-of-the-Art-Hand-habe“ hat sich mit der Einführung von Level-3-Systemen grundlegend gewandelt. Jetzt wird an Systemnormen gearbeitet, für die es noch keine rechtliche Grundlage gibt. Das macht eine enge Abstimmung zwischen Normung und Gesetzgebung notwen-dig, um Abweichungen in den Systemanforderungen zu vermeiden.

Zur Realisierung dieser Elemente sind unterschiedliche Subsysteme zur Auflösung dieser Funktionen notwendig sowie die Aufteilung und Festlegung unterschiedlicher Rollen. Gegenüber der Standardisierung „konventioneller“ Fahrerassistenzsysteme erfordern die Festlegungen von System- und Prüfanforderungen in der AVPS-Norm einen weitaus höheren Detaillierungsgrad, schon allein unter Berücksichtigung der unterschiedlich eingebundenen Stakeholder (Fahrzeughersteller, Systemlieferanten, Parkhausbetreiber) sowie der Gesetzgebung.

Deutsche Experten sind speziell am Level-4-Projekt „Automated Valet Parking“ (AVPS) beteiligt. Ein Automated Valet Parking System wird durch zwei wesent- liche Elemente charakterisiert:

· Die Schnittstelle zwischen dem Nutzer und dem Dienstanbieter (Service- provider), über die Suchanfragen und Reservierungen von Parkplätzen geregelt werden und das geparkte Fahrzeug angefordert werden kann

· Der automatische Betrieb von Fahrzeugen ab dem Punkt, an dem der Kunde sein Fahrzeug verlässt, bis zum freien Parkplatz (und umgekehrt)

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160 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 161

Sensorschnittstellen zur Integration komplexer Sensor-Set-ups für das automatisierte Fahren

Im Jahr 2018 wurde als deutsche Initiative das Normungsprojekt einer standardi-sierten Sensor-Datenschnittstelle für automatisierte Fahrfunktionen in ISO gestartet. Namhafte deutsche Fahrzeughersteller und -zulieferer versprechen sich mit dieser Initiative folgende Vorteile:

· Schnellere Applizierung von Sensoren unterschiedlicher Sensorhersteller in der Entwicklung

· Reduzierung des Integrations- und Prüfaufwands: Damit werden Aufwand und Kosten sowohl beim OEM als auch beim Zulieferer minimiert

· Die Austauschbarkeit einzelner Sensoren wird vereinfacht

· Wiederverwendung und Austausch aufgezeichneter Validierungsdaten in der Simulation (Machine Learning)

Für die Realisierung hochautomatisierter Fahrfunktionen müssen Straßenfahrzeuge in der Lage sein, die Fahrzeugumgebung allumfassend zu erkennen und zu verstehen. Für die schnelle und verlässliche Erkennung realer Objekte sind unterschiedliche, sehr feine Sensoren notwendig, die ihre Informationen an eine Schnittstelle im Fahr-zeug liefern. Dabei kommen Technologien wie Radar, Lidar, Bildaufzeichnung und Ultraschall mit unterschiedlichen Erkennungsfähigkeiten zum Einsatz. Eine sogenannte Fusionseinheit, bei der alle aufgenommenen Informationen zusammenlaufen, analysiert die unterschiedlichen Sensorsignale und generiert daraus ein dynamisches Umgebungsmodell.

Weil gegenwärtig teilautomatisierte Funktionen nur bestimmte Objekte verwenden (z. B. Fahrzeuge, Fußgänger oder Straßenmarkierungen), um ein einfaches Umgebungs-modell zu generieren, wird es für zukünftige hochautomatisierte Fahrfunktionen notwendig sein, nicht nur die erkannten Objekte zusammenzufassen, sondern weitere sensorspe-zifische Merkmale und Charakteristika dieser Objekte zur Bildung eines kohärenten Umgebungsmodells einzubinden. Eine standardisierte logische Schnittstelle zwischen Sensorsystemen und Fusionseinheiten ist notwendig und nützlich für Sensor- und Sys-temlieferanten, um den Entwicklungsaufwand für Sensoren und die Fusionseinheit zu minimieren und die Wiederverwendbarkeit von Entwicklungs- und Validierungsaufwänden für die unterschiedlichen Funktionen zu maximieren.

Das folgende Bild zeigt eine beispielhafte Architektur einer hochautomatisierten Fahrfunktion. Ziel der Initiative ist die Standardisierung der Schnittstelle 2: die logische Schnittstelle zwischen einem intelligenten Sensor (mit Datenvorverarbeitung) und einer Fusionseinheit. Dies können Datenschnittstellen sowohl auf Objekt-, Eigenschafts- und Erkennungsebene sein.

Um die Fahrzeugumgebung zu erkennen, kommen bei automatisierten Fahrfunktionen Technologien wie Radar, Lidar, Bildaufzeich-nung und Ultraschall zum Einsatz.

Unter starker Beteiligung deutscher Fahrzeughersteller, Sensor- und Systemlie- feranten wurde die ISO 23150 entwickelt und im März 2020 zur internationalen Kommentierung als „Draft International Standard“ (DIS) bei ISO eingereicht. Die Veröffentlichung der ersten Edition wird im Frühjahr 2021 erwartet. Parallel sammeln die Experten der Arbeitsgruppe weitere Features, die in einer zweiten Edition der Norm berücksichtigt werden sollen.

Quelle: Jahresbericht NAAutomobil 2019

Sensor-Architektur für hochautomatisierte Fahrfunktionen

AD function 1 AD function 2

Fusion unit

Cameraprocessing

measuring measuring measuring measuring

processing processing processing

ObjectsFeaturesDetections

Objects

Detections

Objects

Detections

ObjectsFeaturesDetections

Raw data:Frames

Raw data:Refelctions

Raw data:Refelctions

Raw data:Refelctions

AD function 3

Environment model:Fused objects, free space information, etc.

Radar Lidar Ultrasonic

Interface

Interface Interface Interface Interface

Interface Interface Interface

3

2

1

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162 SICHERHEIT UND STANDARDS SICHERHEIT UND STANDARDS 163

Informations- und Datensicherheit

Automobilhersteller leisten einen großen Teil der Produktentwicklung gemeinsam mit ihren Zulieferern. Der Schutz der dabei überlassenen oder ausgetauschten Daten ist sehr wichtig. In allen Fragen der Informationssicherheit muss sichergestellt sein, dass alle Betei-ligten der Wertschöpfungskette über ein vergleichbares Sicherheitsniveau verfügen. Um ein einheitliches Informa-tionssicherheitsniveau zwischen allen Beteiligten zu gewährleisten, wurde unter dem Dach des VDA das TISAX-Modell (Trusted Information Security Assessment Exchange) entwickelt. Es ist ein gemein-samer Prüf- und Austauschmechanismus für die Informationssicherheit von Unter-nehmen und ermöglicht eine gemeinsame Anerkennung von Prüfergebnissen unter den Teilnehmern.

TISAX verzeichnet seit seiner Marktein-führung hohe Akzeptanz. Weit mehr als 2.800 Unternehmen mit 5.100 Standorten haben sich seit Beginn 2017 registriert, über 2.600 Prüfungen wurden in dieser Zeit durchgeführt. In den vergangenen zwei Jahren wurden über 25.000 Verbes-serungen der Informationssicherheit in den beteiligten Unternehmen erzielt.

Der Betreiber von TISAX ist die ENX Association, die vom VDA als neutrale Instanz mit der Durchführung betraut wurde. Im Auftrag der ENX Association werden mehrere weltweit agierende Prüfdienstleister akkreditiert, die bei Dienstleistern und Lieferanten die Prüfung vornehmen. Der Austausch von Prüfergebnissen innerhalb von TISAX ist

TISAX ist ein Prüf- und Austauschmecha-nismus für die Informationssicherheit von Unternehmen und ermöglicht eine gemein-same Anerkennung von Prüfergebnissen.

Mehr als 2.800 Unternehmen haben sich seit 2017 für TISAX registriert.

„NEVADA-Share & Secure“ ist ein Konzept für den sicheren Zugang zu im Fahrzeug generierten Daten

VDA und BSI arbeiten im Bereich Cyber- Sicherheit zusammen.

den registrierten Teilnehmern vorbehal-ten bzw. nach ausdrücklicher Freigabe durch das geprüfte Unternehmen für anfragende Unternehmen möglich. Vorteil des TISAX-Modells ist, dass Aufwand, Zeit sowie Kosten der VDA-Mitglieder und deren Lieferanten hinsichtlich einer Sicherheitstestierung reduziert werden.

TISAX basiert auf dem vom VDA ent-wickelten Information Security Assess-ment (VDA ISA) – ein Fragenkatalog auf Grundlage der Standardnorm ISO 27001, der die branchenweit akzeptierten Anforderungen der Automobilindustrie an die Informationssicherheit abdeckt. Der VDA-ISA-Fragenkatalog kam bisher auch schon im Rahmen von Prüfungen bei Lieferanten und Dienstleistern zum Einsatz, die sensible Informationen aus den jeweiligen Unternehmen verarbeiten.

Security und Daten

Auch das Lifecycle-Management ist von Bedeutung. Denn die Wirksamkeit der Security-Maßnahmen kann sich nach der Entwicklungsphase über den gesamten Lebenszyklus des Produkts verändern. Es gilt also, sowohl die Fahrzeug- und Nut-zerdaten als auch andere Fahrzeugfunk-tionen gegen unautorisierte Zugriffe und Manipulation zu schützen. Vor diesem Hintergrund hat die Automobilindustrie mit „NEVADA-Share & Secure“ (Neutral Extended Vehicle for Advanced Data Access) ein Konzept für den sicheren Zu-gang zu im Fahrzeug generierten Daten vorgelegt. Dieses Konzept ermöglicht eine

Bereitstellung von Daten in einer Weise, die weder die Fahrzeugintegrität, also Safety und Security, beeinträchtigt noch die Verkehrssicherheit negativ beeinflusst. Die Entwicklung digitaler Innovationen und neuer Geschäftsmodelle wird unter-stützt. Die Informationen stehen öffentli-chen Stellen und Unternehmen im fairen Wettbewerb und in sicherer Weise zur Verfügung und berücksichtigen nachhal-tig die Interessen des Verbrauchers. Der Fahrzeughalter hat jederzeit die volle Ho-heit über seine aus dem Fahrzeug über-tragenen persönlichen Daten. Er kann selbst entscheiden, welche Daten er wem zu welchem Zweck zur Verfügung stellen möchte und von welchen Anbietern er Services bezieht. So kann der Fahrzeug-halter festlegen, welche Dienstleistungen mit den in seinem Fahrzeug generierten Daten verknüpft werden, und diese Nut-zungserlaubnis auch jederzeit widerrufen oder erweitern. Dabei steigt der Mehr-wert für den Verbraucher, je nachdem, in welchem Umfang er die Nutzung der Daten für personalisierte Anwendungen gestattet.

Mit diesem Ansatz wird der gesetzlich vorgeschriebene Zugriff auf Fahrzeug-daten für Reparatur- und Wartungsmaß-nahmen oder hoheitliche Aufgaben wie eine Haupt- und Abgasuntersuchung über die im Fahrzeug verbaute Diagnose-schnittstelle OBD-2 nicht beeinflusst, er wird weiterhin für diese Zwecke erhalten bleiben. Aus dem VDA heraus wurde dieses Konzept auch in die europäischen Partnerverbände und in den politischen Prozess hineingetragen.

BSI und VDA: gemeinsam für mehr Cyber-Sicherheit im Auto

Um den für den Wirtschafts- und Auto-mobilstandort Deutschland wichtigen Bereich der Digitalisierung sicher zu gestalten, arbeiten das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Verband der Automobil-industrie (VDA) zukünftig in Fragen der Cyber-Sicherheit eng zusammen. Eine entsprechende gemeinsame Absichtser-klärung unterzeichneten VDA-Präsidentin Hildegard Müller und BSI-Präsident Arne Schönbohm am 8. Juni 2020 in Berlin. Ziel der Zusammenarbeit von BSI und VDA ist es, ein gemeinsames Verständnis zu den Teilgebieten der Cyber-Sicherheit in Fahr-zeugen und der Informationssicherheit in der Automobilindustrie zu etablieren und daraus Handlungsbedarfe abzuleiten, zum Beispiel im Bereich der Standardi-sierung. In der Folge sollen gemeinsam Handlungsempfehlungen für Politik und Automobilindustrie entwickelt werden. Damit mögliche Cyber-Angriffe keinen Einfluss auf die Fahrsicherheit haben und geeignete Schutzmechanismen integriert werden können, müssen entsprechende Gefährdungen bereits frühzeitig im Ent-wicklungszyklus neuer Fahrzeugmodelle berücksichtigt werden.

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Internationale Automobil- Ausstellung und Veran- staltungen

09Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen – und das in allen Facetten zu erfüllen, ist eine immer größere Herausforderung für unsere Gesellschaft, der sich Wirtschaft und Politik stellen müssen. Die neue IAA 2021 wird Wege aufzeigen, wie diese Mobilitätsaufgaben verbunden werden können: effizient, wirtschaftlich, sozial und ökologisch.

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166 INTERNATIONALE AUTOMOBIL-AUSSTELLUNG UND VERANSTALTUNGEN INTERNATIONALE AUTOMOBIL-AUSSTELLUNG UND VERANSTALTUNGEN 167

Die IAA 2021: neues Denken – neues Format – neue Stadt

Am neuen Standort München wird die IAA 2021 neu ausgerichtet: Die erste IAA in München findet vom 7. bis 12. September 2021 statt. Im Mittelpunkt werden Automobi-le mit faszinierender Technologie, nachhaltige Mobilität, intelligente Verkehrslösungen und Dialogformate stehen. Die neue IAA in München wird in Messehallen, auf den Plätzen der Innenstadt und auf den großen Verkehrsachsen erlebbar sein. Sie soll für ihre Besucher mit allen Sinnen erfassbar und im wahrsten Sinne des Wortes „erfahr-bar“ werden. Und sie wird neben der Präsentation großartiger Automobile und neues-ter intelligenter Mobilitätslösungen auch zu einem Forum, auf dem über die Zukunft der Mobilität debattiert wird.

Die IAA 2021 wird den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit breiten Raum geben: mit sauberen, sparsamen Antrieben und Automobilen der modernsten Generation, mit einem umfassenden Mobilitätsmix einschließlich Pkw, E-Bikes, E-Scootern und der Einbindung des ÖPNV. Die IAA in München wird zu einer führenden Plattform weiter-entwickelt, die das gesamte neue Ökosystem der Mobilität widerspiegelt. Von Auto-mobilherstellern und Zulieferern über Technologieunternehmen, Mobilitätsdienstleister und den ÖPNV bis hin zu Start-ups: Die IAA soll zum Treffpunkt der Innovatoren von Silicon Valley über Europa bis nach Asien werden. Die Faszination modernster Autos nimmt auch bei der neuen IAA einen wichtigen Platz ein, darüber hinaus wandelt sich die weltweit führende Leitmesse der Branche zu einem der Treiber, der Impulse für eine Weiterentwicklung einer Millionenstadt zu einer Smart City mit intelligenten Ver-kehrskonzepten und innovativer Vernetzung der Verkehrsträger gibt – nachhaltig und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet.

Ziel ist es, während der Messe mit Autofahrern, Experten und Querdenkern ins Gespräch zu kommen. Mit einem ganzheitlichen Konzept zu Automobil und Mobilität werden internationale Aussteller und Mobilitätsanbieter und Start-ups angesprochen.

VDA und Messe München kooperieren bei der Mobilitätsplattform der Zukunft.

Die IAA Nutzfahrzeuge war 2020 in gewohnter Form nicht durchführbar.

Die nächste IAA Nutzfahrzeuge findet im September 2022 statt.

Die IAA soll Impulse für die Entwicklung der Stadt zur Smart City geben.

Die IAA hat sich in ihrer 123-jährigen Geschichte immer weiterentwickelt; doch das Jahr 2021 wird für die Veranstaltung ein grundlegender Neustart. Mobilität wird häufig als ein „Entweder-oder“ dargestellt – Fahrspaß oder Nachhaltigkeit, Stadt oder Land, individuell oder öffentlich, Auto oder Fahrrad. Aber Mobilität ist stets ein vielfältiges UND. Genau dieses UND soll inhaltlicher Kern der neuen IAA sein: neues Denken, neues Format, neue Stadt.

Die neue IAA soll ein Dreiklang sein

Der „Summit“ auf dem Messegelände vereint Marken- und Produktpräsentationen mit Konferenzen für Professionals. Im „Open Space“ werden Münchens schönste Plätze in der City zu Foren des Austauschs über Mobilitätskonzepte der Zukunft. Als Verbin-dung zwischen City und Messe entsteht mit der „Blue Lane“ eine Teststrecke, auf der zukunftsorientierte Mobilität im wahrsten Sinne „erfahrbar“ wird. Außerdem wird die IAA kompakter und auf sechs Tage komprimiert.

Die Austragung der IAA 2021 in München bedeutet für die gesamte Automobilbranche und die Diskussion zur Zukunft der Mobilität – national wie international – eine große Chance. Sie wird ein Treiber für die erfolgreiche Transformation und damit für die Zukunftsfähigkeit der Automobilindustrie sein. München soll 2021 zum Innovationsmit-telpunkt der gesamten Automobil- und Mobilitätsbranche werden.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller und Messe-München-Chef Klaus Dittrich präsentierten am 1. Juli 2020 mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter das Konzept der neuen IAA 2021. Vor geladenen Gästen und Journalisten bekannten sich die Protagonisten zum neuen Konzept und zum neuen Standort. Die Botschaft des „Concept-Release“: Die neue IAA wird Wege aufzeigen, wie Mobilitätsaufgaben der Zukunft miteinander verbunden werden können: effizient, wirtschaftlich, sozial und ökologisch. Die Veranstaltung auf dem Messegelände wurde aufgezeichnet und kann auf www.iaa.de auch im Nachgang komplett mitverfolgt werden.

Absage der IAA Nutzfahrzeuge 2020 wegen der Covid-19-Pandemie

Die IAA Nutzfahrzeuge ist die weltweit führende Plattform für Transport, Logistik und Mobilität. Als globaler Treffpunkt für Experten und Entscheider der gesamten Transport- und Logistikbranche lebt sie von ihrer Internationalität – bei Ausstellern und Besuchern. Der direkte persönliche Austausch ist ihr Kern.

Die gesundheitlichen Risiken der Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung wie die fehlenden Reisemöglichkeiten haben die Durchführung der IAA Nutzfahrzeuge 2020 unmöglich gemacht. Vor diesem Hintergrund hat der VDA bereits im Mai 2020 die Entscheidung ge-troffen, die IAA Nutzfahrzeuge, die vom 24. bis 30. September 2020 in Hannover stattfinden sollte, abzusagen. Diese Entscheidung ist dem VDA nicht leichtgefallen. Doch angesichts der internationalen und europäischen Gesamtlage sah der VDA keine Möglichkeit, die IAA im Jahr 2020 in ihrer gewohnten und für die Aussteller und Besucher adäquaten Form durchzuführen.

Die vielen Aussteller, die sich bereits zur IAA 2020 angemeldet hatten, hat der VDA über diese Entscheidung umgehend informiert, ebenso alle Dienstleister, die Deutsche Messe AG sowie alle Partner in Politik und Wirtschaft. Der VDA hat gegenüber den Ausstellern und Dienstleistern die Absage so früh wie möglich ausgesprochen, um die wirtschaftlichen Belastungen für die Unternehmen möglichst gering zu halten. Die nächste IAA Nutzfahrzeuge findet im September 2022 statt.

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168 INTERNATIONALE AUTOMOBIL-AUSSTELLUNG UND VERANSTALTUNGEN INTERNATIONALE AUTOMOBIL-AUSSTELLUNG UND VERANSTALTUNGEN 169

IAA 2019 – die Transformation zur Veranstaltungsplattform für Mobilität

Im September 2019 fand in Frankfurt am Main die 68. IAA statt. Mit den vier Säulen – IAA Conference, IAA Exhibition, IAA Experience und IAA Career – stellte sich die IAA 2019 breiter denn je auf. Vom 12. bis 22. September präsentierten sich 838 Aussteller aus 31 Ländern. Darunter Global Player der Automobilindustrie, Zulieferer, Anbieter neuer Mobilitätslösungen, innovative Tech-Unternehmen und aufstrebende Start-ups. Mit 49 Prozent kam rund die Hälfte der ausländischen Aussteller aus Europa, gefolgt von Asien/Australien mit 42 Prozent und Amerika mit 9 Prozent. Zulieferunternehmen waren mit 28 Prozent erneut die größte Ausstellergruppe, sie belegten 17 Prozent der Flächen. Über eine halbe Million Besucher kamen zur IAA 2019. Der Auslandsanteil der Besucher stieg 2019 auf 22 Prozent. Wie auch in den Jahren zuvor lag der Altersdurchschnitt der IAA-Besucher bei rund 34 Jahren.

Das gesellschaftspolitische Umfeld der IAA 2019 war ein besonderes. Das beherr-schende Thema der IAA – auf dem und abseits des Frankfurter Messegeländes – war der Klimaschutz. Verschiedene NGOs hatten bereits Wochen vor Messebeginn Demonstrationen im Kontext der IAA angekündigt; hinzu kam am ersten IAA-Sonntag die von anderen autokritischen Gruppen geplante und von etwa 500 Autogegnern durchgeführte Blockade der IAA. Um dem gesellschaftlichen Zeitgeist und auch kriti-schen Stimmen Gehör zu verschaffen, hatte der VDA bereits frühzeitig NGOs und Bürgern Dialogangebote gemacht. Eine Podiumsdiskussion mit kritischen Stimmen hatte vor der IAA in Berlin stattgefunden, ein Bürgerdialog lud während der IAA in Frankfurt

Die IAA transformiert sich von einer reinen Automesse zu einer umfassenden Mobilitäts-plattform.

Die IAA öffnete sich dem Dialog mit Kritikern und Bürgern.

interessierte und kritische Bürgerinnen und Bürger sowie hochrangige Vertreter von Automobilindustrie, Politik und Gewerkschaften zum Austausch ein.

Trotz Demonstration und Blockade kamen am ersten IAA-Wochenende etwa 110.000 Besucher auf das Frankfurter Messegelände. Die Sicherheitsbehörden agierten um-sichtig und verantwortungsvoll. Es blieb friedlich, die Sicherheit der IAA-Besucher und aller anderen Bürger war stets gewährleistet.

IAA Exhibition

Die IAA als Ausstellung war schon immer einzigartig, weil sie auf die gesamte Wert-schöpfungskette setzt, nicht nur auf die Hersteller und ihre Produkte. Wie noch nie zuvor konnte mit der IAA 2019 das gesamte Ökosystem der Mobilität abgebildet werden: Technologieunternehmen zusammen mit Herstellern, Zulieferern, Mobilitätsdienstleistern und Start-ups. Die New Mobility World (NMW) als Teil der IAA Exhibition war an den ersten sechs Tagen der IAA geöffnet. Dort trafen Digitalunternehmen auf Automobil-akteure und Zulieferer – Key Player wie Hella, IBM, Microsoft, Samsung, Siemens oder Vodafone waren mit dabei. In der NMW konnten 192 Aussteller Ideen, Technologien und Produkte für die Mobilität von morgen entwickeln und ausarbeiten. Vier Länderpavillons spiegelten die Internationalität des Formats wider. Vertreten waren der türkische Ge-meinschaftsstand, der UK Pavilion, die Niederlande mit dem European Hightech Pavilion und Business Finland. Im Herzen der NMW und der IAA Conference präsentierte sich die Start-up-Zone mit 40 Firmen. Eine eigene Start-up-Challenge bot nebenbei weitere Möglichkeiten, um in Interaktion zu treten: In vier Workshops konnten innerhalb von zwei Tagen Interessierte von Erfahrenen lernen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.

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170 INTERNATIONALE AUTOMOBIL-AUSSTELLUNG UND VERANSTALTUNGEN

Die Probefahrten waren an jedem Messetag bereits morgens ausgebucht.

IAA Conference – die neue Diskussionsplattform der IAA

Die IAA Conference präsentierte sich mit Top-Speakern wie Virginia Rometty, CEO von IBM, Ola Källenius, Vorsitzender des Vorstands der Daimler AG, John Krafcik, CEO von Waymo, Formel-1-Weltmeister und Greentech-Unternehmer Nico Rosberg als ein wesentlicher Pfeiler der IAA. Mit über 240 internationalen Rednern auf vier Bühnen, knapp 1.000 Teilnehmern und über 50 Stunden hochwertigem Content bot das Veran-staltungsformat tiefe Einblicke in die Themenwelt „Individuelle Mobilität der Zukunft“. Auch zahlreiche kritische Stimmen kamen zu Wort. Rund ein Viertel der Teilnehmer der IAA Conference waren weiblich, 45 Prozent aller Konferenzteilnehmer kamen aus dem Ausland. Besonders der europäische Raum war mit 58 Prozent stark vertreten.

IAA Experience

Die IAA Experience war mit voller Auslastung und einer hohen Anzahl an Probefahrten ein Highlight der IAA 2019. 7.846 Fahrten beim E-Move Track, über 8.600 Fahrten beim Test Drive und 28.710 Mitfahrten beim Offroad Parcours waren am Veranstaltungsende zusam-mengekommen. Bis zu zwei Stunden mussten Besucher auf ihre Fahrt im Offroad Parcours warten – so hoch war die Auslastung. Der Offroad Parcours landete damit auf Platz 1 der Beliebtheitsskala der Experience-Angebote. Mit dem autonom fahrenden „CUbE“ von Continental konnten überdies bis zu sechs Personen gleichzeitig autonomes Fahren live erleben.

IAA Career – eine Rallye über das Gelände

Das Karriere- und Recruitingangebot fand auf der IAA 2019 in neuer Form statt: als Rallye über das Gelände, bei der teilnehmende Firmen besucht und direkt Kontakte hergestellt werden konnten. Die IAA-Schulklassenaktion ermöglichte 20.734 Lehrern und Schülern einen Besuch auf dem Messegelände.

Insgesamt wurde im Veranstaltungszeitraum der IAA eine digitale Reichweite von über einer halben Milliarde Follower erzielt (566.908.305) – im Vergleich zu den Vorjahren ein deutlicher Anstieg. Rund zwei Drittel aller veröffentlichten Beiträge zur IAA wurden in nicht deutscher Sprache verfasst – ein weiterer Beleg für die Internationalität der IAA.

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Weitere VDA-Veranstaltungen

Das 16. Qualitäts-Gipfeltreffen des VDA QMC fand am 13. November 2019 in Potsdam statt. Unter dem Motto „Quali-tätsmanager im Aufbruch“ diskutierten rund 150 Teilnehmer aus der Automobilin-dustrie über aktuelle Fragestellungen aus dem Themenbereich Qualitätsmanage-ment. Für die Qualitätsmanager bedeutet Zukunft: mehr Elektronik, mehr Software, mehr Komplexität und darüber hinaus die zunehmende Rolle der künstlichen Intelli-genz (KI). Insbesondere von Qualitätsma-nagern wird erwartet, die neuen Technolo-gien und Aufgabenfelder zu beherrschen. Der Fokus aller Qualitätsanstrengungen werde sich weiter von der Hardware in Richtung Software verlagern, so der Tenor der Veranstaltung. Die positiven Rückmel-dungen der Teilnehmer zeigten, dass sich das Qualitäts-Gipfeltreffen als das heraus-ragende Qualitätsmanagement-Event in Deutschland etabliert hat.

VDA-Geschäftsführer Dr. Kurt-Christian Scheel würdigte die Arbeit der Qualitäts-leiter im Qualitäts Management Aus-schuss (QMA), die durch ihr Wirken im VDA dafür gesorgt hätten, dass das The-ma Qualität den höchsten Ansprüchen gerecht wird. Das VDA QMC (Qualitäts Management Center) sei neben dem QMA die tragende Säule des Erfolges der Qualitätsarbeit im VDA. Das zeige sich in der hohen Professionalität, der stringenten Arbeit in den Arbeitskreisen und nicht zuletzt in den internationalen Veröffentlichungen – allein im Jahr 2018 über 45.000 Bücher in 15 Sprachen.

Forum Automobillogistik in Leipzig mit rund 500 Teilnehmern

Auf Europas größtem Logistik-Branchen-treffen – dem Forum Automobillogistik – ging es am 5. und 6. Februar 2020 in Leipzig darum, wie Produktion und Logis-

Das 16. Qualitäts-Gipfeltreffen stand unter der Überschrift: „Qualitätsmanager im Aufbruch“.

tik besser miteinander verknüpft werden können. Vernetzung und Digitalisierung sind die bestimmenden Erfolgsfaktoren für die Entwicklung der Automobilindus- trie. Experten aus der Logistikbranche diskutierten darüber, wie der Wandel der Automobilindustrie gestaltet werden kann, damit sie auch in Zukunft weltweit führend ist. „Wir sind davon überzeugt: Es ist die vernetzte Organisation, die durch Kommunikation und Kooperation das beste Gesamtergebnis erzielt“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller zur Eröffnung des Forums Automobillogistik im Congress Center Leipzig. Mit rund 500 Teilnehmern und über 60 Ausstellern war es das größte europäische Branchentref-fen der Automobillogistik. Die Bundesver-einigung Logistik (BVL) und der Verband der Automobilindustrie (VDA) veranstalte-ten das Forum zum achten Mal gemein-sam. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte in seinem Gruß-wort vor den Forumsteilnehmern: „Der Automobilbau hat hierzulande eine lange und gute Tradition – Fahrzeuge aus dem Autoland Sachsen stehen seit 120 Jahren für Mobilität, Fortschritt und Wohlstand. Jedes achte in Deutschland gefertigte Auto kommt heute aus Sachsen.

Zusammen mit VDA-Geschäftsführer Dr. Joachim Damasky führte Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender der BVL- Geschäftsführung, durch beide Forumstage. Auch er betonte, wie wichtig es sei, Grenzen einzureißen. Dies gelte besonders für Logistik und Supply Chain Manage-ment, die von jeher viele Schnittstellen zu den Bereichen Beschaffung, Qualität, Produktion und Einkauf hätten.

Zu den zentralen Themen des Forums 2020 zählten die Interaktion der Teilbereiche Produktion und Logistik und die Poten-ziale, die damit einhergehen – inklusive eines Blicks auf verschiedene Zukunfts-szenarien. Auch die konkreten Einsatz-möglichkeiten und Chancen digitaler

Technologien standen im Fokus, zum Beispiel in der „Digitalen Fabrik“, bei der Planung und Organisation von Supply Chains, im Ersatzteilmanagement oder zur Automatisierung und Transparenz in der Intralogistik.

VDA Logistik Award 2020

Die Porsche Leipzig GmbH wurde im Rahmen des Forums Automobillogistik mit dem VDA Logistik-Award 2020 ausgezeichnet. Die sächsische Tochter-gesellschaft der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG erhielt den Preis für ein innovatives Logistikkonzept, das auf intelligente Planungstools, hoch automatisierte Pro-zesse und eine energieeffiziente Lager- und Kommissionierungstechnik setzt.

„Das Logistikkonzept von Porsche für die Versorgung des Werks Leipzig gibt viele Impulse für die Logistik der Zukunft: Stark integriert, intelligent automatisiert, auf höchste Zuverlässigkeit und Effizienz getrimmt, zeigt es Innovationspotenzial für das Werk Leipzig, die Automobilin-dustrie und auch die Logistik in anderen Branchen auf“, begründete Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Supply Chain Management an der Universität St. Gallen, die Entscheidung der Jury. Grundlage des Logistikkonzepts von Porsche Leipzig ist ein Planungstool, das die ankommen-den Lieferströme optimiert und die zur Verfügung stehenden Lagerkapazitäten optimal nutzt. Es dient als Basis für ein automatisches Kleinteilelager mit effi- zienter Shuttletechnologie, eine dynamische Kommissionierung, die Porsche zum Patent angemeldet hat, und mehrere fahrer-lose Transportsysteme. Mit diesem neuen Logistikkonzept können Lieferanten nun individuell und in optimalen Rhythmen direkt im Werk anliefern.

21. Technischer Kongress des VDA in Berlin

Der vom VDA veranstaltete 21. Techni-sche Kongress fand am 14. und 15. März 2019 in Berlin statt. Auf dem bedeu-tendsten Technologie-Symposium der Automobilindustrie in Europa diskutierten rund 700 Teilnehmer aus Industrie, Politik und Wissenschaft die Zukunfts- fragen der Mobilität. Im Mittelpunkt standen dabei Digitalisierung, vernetztes und automatisiertes Fahren und urbane Mobilität. Auch künstliche Intelligenz, Datenmanagement und Cyber Security wurden in Plenarsessionen thematisiert. Insgesamt referierten 40 hochrangige Vertreter aus Politik und Wirtschaft. Zudem wurde das Symposium von 27 Ausstellern begleitet.

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Stichwort-verzeichnis

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176 STICHWORTVERZEICHNIS STICHWORTVERZEICHNIS 177

Grafiken- und Tabellenverzeichnis

01 Automobilindustrie und ihre Märkte

Langfristige Entwicklung der Pkw- bzw. Light-Vehicle Märkte in Europa, USA und China 33PG Zukunft der nachhaltigen ET-Versorgung 35Deutscher Oldtimer Index 37Der Bestand – Stabile Quote bei den H-Kennzeichen 38Oldtimerbestände nach Herkunftsländern 39

02 Wirtschafts- und Klimapolitik

Entwicklung der relativen CO2-Emissionen von EU-Neuwagen 49Internationaler Vergleich der CO2-Grenzwerte von Pkw 2021 (NEFZ**) 50Effizienz im Straßenverkehr in Deutschland steigt 52CO2-Minderungspotenzial alternativer Antriebe und Kraftstoffe bis 2030 56Effizienz in Abhängigkeit vom Ort der Produktion 57Möglicher Markthochlauf von erneuerbaren Kraftstoffen 58

03 Handel und Außenwirtschaft

Pkw-Export aus dem vereinigten Königreich 67EU als größter Exportmarkt 67Märkte mit hohen Zollhürden 70WTO-Mitglieder 71Nichttarifäre Handelshemnisse 72Wichtige Freihandelsabkommen für die Automobilindustrie 75Verbändepartnerschaft Deutschland - Indien 78Verbändepartnerschaft Deutschland - Afrika 79

04 Verkehr und Infrastruktur

Bundesfernstraßeninvestitionen 2003-2023 83Verwendung kraftverkehrsspezifischer Abgaben 84Personenverkehr in Deutschland 85Güterverkehr in Deutschland 89

06 Steuern, Zölle, Recht

Entwicklung der NO2-Jahresmittelwerte 105Handlungsanleitung Klimaneutralität 106Stromerzeugung Deutschland (Strommix 2019) 107

07 Innovation und Technik

Real-Driving-Emissions-Regulierung (RDE) – Termine und Konformitätsfaktor 116Durchschnittliche NOx-Emissionen in mg/km für Euro 5 und Euro-6-Diesel Pkw 117Anträge Umweltbonus 2016 – 2020 124Kumulierte Pkw-Neuzulassungen 125Marktanteile deutscher Konzernmarken (Januar bis Juni 2020) 126In internationalen Märkten zugelassene Elektro-Modelle (Jan. – Jun. 2020) 127AVPS-Architektur 131Schematische Darstellung des ISO-11922-CAN im Nutzfahrzeugals Punkt-zu-Punkt-Verbindung für eine CAN-Strecke 137

08 Sicherheit und Standards

Getötete je 1.000 Kilometer BAB 142Entwicklung Standort Zertifizierungen 148Entwicklung der VDA 6.x Zertifikate 148Entwicklung der VDA / IATF Publikationen 149Internationalisierung Automotive SPICE 150Entwicklung der TN Anzahl bei den QMC Veranstaltungen 151Entwicklung der QMC Trainings in Russland 153Entwicklung der QMC Trainings in China 153Übersicht involvierter Gremien 157Aktuelle Projekte zu Fahrassistenzsystemen 159Sensor-Architektur für hochautomatisierte Fahrfunktionen 161

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178 STICHWORTVERZEICHNIS STICHWORTVERZEICHNIS 179

Stichwortverzeichnis

Symbole4G › 1325G › 100, 1325G-Technologie › 146

AAbbiegeassistenten › 145Abbiegeassistenzsysteme › 144Abgasnachbehandlung › 112Abstandsregeltempomat › 145Adaptive Cruise Control › 145AdBlue › 118Afrika › 79Aftermarkets › 34Alternative Antriebe › 24, 134Anfahrhilfe › 145Anhänger › 27, 30, 31, 101Anhängerhaftung › 101Anhängermarkt › 30Anhängern › 60Antriebsstrang › 24ASEAN › 72, 74Assistenzsysteme › 146Aufbauten › 27, 30, 31, 60Auslandsfertigung › 20Auslandsproduktion › 76Außensteuerrechts › 92Außenwirtschaft › 64, 70Außenwirtschaftsförderung › 76Autobanken › 40Automated Valet Parking › 130, 158Automatische Notbremssysteme › 144Automatisierte Fahrfunktionen › 160Automatisierten Fahren › 154Automatisiertes und vernetztes Fahren › 134, 156Automatisierung › 24, 130, 138Automobilzulieferindustrie › 23Automotive Component Manufacturers Association of India (ACMA) › 77Automotive SPICE › 149AVP › 130

BBaFin › 40Batteriezellen › 94Beschäftigung › 13BEV › 18Binnenmarkt › 46, 68Biogas › 58Biokraftstoffe › 57, 58Biomethan › 61Brennstoffzelle › 18, 51, 61, 128Brexit › 28, 66Brexits › 94Brüssel › 47Bundesanstalt für Straßenwesen › 63Bundesfernstraßenfinanzierung › 82Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung (BMZ) › 76Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) › 77Bundesnetzagentur › 133Busmarkt › 29Busse › 28, 31, 60

CCarsharing › 86China › 32Circular Economy › 108CLEPA › 26CO2 › 82, 89, 93CO2-Ausstoß › 52CO2-Emissionen › 48, 138CO2-Flottengesetzgebung › 114CO2-Flottenziele › 129CO2-Footprint › 25CO2-Grenzwert › 112CO2-neutralen Mobilität › 128CO2-Neutralität › 139CO2-Reduktion › 58CO2-Reduzierung › 62CO2-Regulierung › 18, 60CO2-Vermeidung › 55Concept-Release › 167Corona-Krise › 24, 40, 46, 55, 74, 77Corona-Pandemie › 10, 33, 46, 71, 92

Covid-19 › 10Covid-19-Pandemie › 44, 139, 167Cross-Utility-Vehicles › 16CUV › 16Cyber Security › 173

DDatenschutz › 97Datenschutzrecht › 97Datenstrategie › 96Datenwirtschaft › 96D-Druck › 149Dekarbonisierung › 31, 55Designrecht › 98Designschutz › 98Deutsche Institut für Normung (DIN) › 154Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) › 76Deutscher Oldtimer Index › 37Diesel › 118, 128Dieselmotor › 112Dieselpartikelfilter › 112, 118Digitalen Fabrik › 173Digitalisierung › 24, 31, 92, 96, 132, 138, 173Digitalsteuer › 46Direkteinspritzung › 113Durchsetzungsrichtlinie › 99

EE-Bikes › 166eCall › 146Echtzeitfähigkeit › 133EEG-Umlage › 45, 93EEG–Umlage › 59E-Fuels › 51, 56, 59, 61, 76Einfuhrzöllen › 70Eisenbahn › 88Elektromobilität › 24, 32, 56, 59, 92, 93Elektrotransporter › 127Emergency Call › 146Emissionen › 112E-Mobilität › 23Energieeffizienz › 62Energiemanagements › 107

Energiesteuerrichtlinie › 58Entwicklungsdienstleister (EDL) › 24Entwicklungszusammenarbeit › 76Erdgas › 128Ersatzteilen › 34E-Scootern › 166essential facilities doctrine › 97EU 27 › 67, 68EU-Flottengrenzwert › 49EU-Haushaltspolitik › 46EU-Kommission › 121EU-Rat › 47EU-Ratspräsidentschaft › 47Euro 5 › 118Euro 6 › 116Euro 6d › 105, 116Euro-6d-Emissionsgesetzgebung › 112Euro-6-Grenzwert › 112Euro 7 › 119Europäische Kommission › 46, 106Europäischen Union › 46Europäisches Klimagesetz › 54Europäische Union › 66European Green Deal › 46, 106EU-Typgenehmigung › 121Export › 20

FFachkräftemangel › 31Fahren › 160Fahrerassistenzsysteme › 130, 157Fahrprofile › 60Fahrverbote › 105Fahrzeuggesamtgewicht › 62Fahrzeugkonformität › 116Fahrzeugsensoren › 146Fahrzeugsensorik › 146FAT › 134F&E › 14, 92Feinstaub › 104Feinstaubbelastung › 104Feldüberwachung › 116Fernbusliberalisierung › 29Fernverkehr › 62

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180 STICHWORTVERZEICHNIS STICHWORTVERZEICHNIS 181

Fernverkehrs › 82Firmenwagen › 18Firmenwagenbesteuerung › 18Flottenziel › 54Förderung › 136Forschung › 134Forschungsförderung › 45, 92Forschungsroadmaps › 134Forschungsvereinigung Automobiltechnik › 134Forschung und Entwicklung › 14, 23, 24, 92Forum Automobillogistik › 172Freihandelsabkommen › 70Freihandelsabkommen › 73, 94Fußgänger › 144

GGeneral Safety Regulation › 47, 144Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) › 58Globalisierung › 130Grafit › 25Grenzüberschreitenden Verkehr › 62Grenzwerte › 112Güterverkehr › 88, 132GWB-Novelle › 97

HHandel › 64Handelskonflikt › 15Handelskonflikte › 92HCCI-Verfahren › 128Hinzurechnungsbesteuerung › 92Historische Fahrzeuge › 36H-Kennzeichen › 36Hochautomatisierte Fahrfunktionen › 160Hybridantriebe › 113

IIAA › 26, 166, 168IAA Exhibition › 169IAA Nutzfahrzeuge › 167Indien › 77Individuelle Mobilität › 48Industrie 4.0 › 98, 138Industriestrompreis › 45

Infektionsschutz › 139Infrastruktur › 82Inlandsfertigung › 20Inlandsproduktion › 20Innovation › 134Intelligente Lichtassistent › 145Internationale Organisation für Standardisierung (ISO) › 154Internationalisierung › 31Internets der Dinge › 133Investitionsabkommen › 74Investitionsstau › 82ISO › 157, 160

KKartellrecht › 97Kfz-Steuer › 94, 115Klimaneutrale Mobilität › 59Klimaneutralen Wirtschaft › 55Klimaneutralität › 48, 106Klimapolitik › 106Klimaschutz › 55, 106Klimaschutzprogramm › 89Klimaschutzziele › 59Klimaschutzziele von Paris › 48Klimawandel › 31, 106Koalitionsvertrag › 87Kobalt › 25Kohlendioxid › 114Kombinierter Verkehr › 88Ko-Modalität › 87Konformitätsfaktor › 117Konformitätsprüfungen › 157Kraftfahrt-Bundesamt › 121Künstliche Intelligenz › 173

LLadeinfrastruktur › 61, 122Lane Departure Warning System › 145Lang-Lkw › 62Leasing-Gesellschaften › 40Leichte Nutzfahrzeuge › 144Lidar › 160Lieferkette › 139Lieferketten › 73, 138

Light Vehicles › 15Lithium › 25Lkw › 88Lkw-Maut › 84, 88LNG › 128Logistik › 138, 172Logistikbranche › 172Luftqualität › 104, 120Luftqualitätsziele › 104Luftreinhaltung › 104

MMarkthochlauf › 124Marktöffnung › 71Marktzugang › 76Maut › 84Mautpflicht › 88Mautrichtlinie › 88Megatrends › 147Mehrstufentypgenehmigungen › 60Menschenrechtsrat › 26Mercosur › 16, 72, 73Messe München › 166Messstationen › 104Mindestbesteuerung › 93Mittelstand › 23, 31Mobilfunk › 146Mobilfunkfrequenzen › 133Mobilfunkstandards › 146Mobilfunktechnologie › 146München › 166

NNachhaltigkeit › 138Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) › 156Nationale Plattform Mobilität (NPM) › 156Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) › 56, 132Nationale Wasserstoffstrategie › 59NEFZ › 114NEFZ (neuer europäischer Fahrzyklus) › 114NEVADA › 97New Energy Vehicles (NEV) › 32Nichttarifären Handelshemmnissen › 70Nickel › 25

Norm › 161Normenausschuss Automobiltechnik › 155Normung › 154, 156, 157Normungs-Roadmap › 156Notbremsassistent › 145Notbremssysteme › 144Notruf › 146NOx › 112, 117NTB – non-tariff barriers › 72Nutzfahrzeug › 88, 144Nutzfahrzeuge › 28, 116, 144Nutzfahrzeugen › 62Nutzfahrzeughersteller › 60Nutzfahrzeugindustrie › 27

OOdette › 138Oldtimer › 36On-Board-Datenspeicher › 126ÖPNV › 166ÖPNV- › 86Ozon › 104

PPariser Klimaziels › 139Partikelfilter › 118Patent › 23Patentrechtsreform › 98Patentschutz › 100PEMS-Messtechnik › 116Pendlerpauschale › 93Personenbeförderungsgesetzes › 87Personenkilometer › 85Personenverkehr › 85Petersberger Klimadialog › 54PHEV › 18, 126Photovoltaik › 57Pkw-Produktion › 13Plattform Urbane Mobilität (PUM) › 87Plug-in-Hybrid › 113Plug-in-Hybride › 124Plug-In Hybride › 18Product-Lifecycle-Prozess › 34Produktion › 20, 24, 138, 172

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182 STICHWORTVERZEICHNIS STICHWORTVERZEICHNIS 183

Produktionsstandort › 106Produktionsstandorte › 32Produktpiraterie › 98Protektionismus › 71, 73

QQualitätsmanagement › 32, 147, 172Qualitäts Management Ausschuss (QMA) › 147Qualitäts Management Center › 147Qualitätsmanager › 172

RRadar › 160Radfahrer › 144RDE-Grenzwerte › 116RDE-Test (Real Driving Emission Test) › 116Realkonformitätsfaktor › 117Rechtspolitik › 96Recycling › 108Reformstau › 92Reifendrucküberwachungssystemen › 144Reparatur › 34Reparaturklausel › 98Reshoring › 74Restschuldversicherung › 40Restschuldversicherungen › 41Rettungsleitstelle › 146Rezyklaten › 108Ridepooling › 86Rohstoffe › 25Rohstoffen › 55

SSattelanhänger › 30Schadstoffkonzentration › 104Schadstoffreduzierung › 116Schiene › 88Schienengüterverkehr › 63Schwere Lkw › 28Schweren Nutzfahrzeugen › 60Schwere Nutzfahrzeuge › 51SCR-Katalysator › 112, 118Sensor-Datenschnittstelle › 160Sensorik › 130

Sensorschnittstellen › 160sequa GmbH › 77Sicherheit › 140, 154Sicherheitssysteme › 144Smart City › 166Smart-Tachograph › 28Society of Indian Automobile Manufacturers (SIAM) › 77Software › 172Softwareupdates › 121Sonderinitiative Ausbildung und Beschäftigung › 79Sorgfaltspflicht › 26Spediteuren › 138Standardessenzielle Patente (SEP) › 100Standardisierung › 160Standards › 130Standortpolitik › 106Start-up › 169Startups › 24Steuerbelastung › 92Steuerpolitik › 92Steuerrecht › 92Stickoxid › 117Stickoxidnachbehandlung › 118Stickstoffdioxid (NO2) › 104Straßennetz › 82Supply Chain Management › 172Synthetische Kraftstoffe › 57Synthetischen Kraftstoffen › 55Synthetischer Kraftstoffe › 61

TTechnischer Kongress › 173Technologiemix › 51Teilelektrifizierung › 113Tempolimit › 142, 143Thermomanagements › 118Totwinkel-Assistent › 144Transformation › 134Transformationsprozess › 24Transporter › 28Transportermarkt › 29Transport, Logistik und Mobilität › 167Treibhausgase › 106Treibhausgasemissionen › 60

Typgenehmigungen › 114Typgenehmigungsbehörden › 121Typprüfung › 121

UUmweltbonus › 124Umweltbundesamt › 104Umweltbundesamt (UBA) › 117Umweltpolitik › 106UN/ECE › 114Unterlassungsanspruch › 98Unternehmenssanktionsrechts › 100Unternehmensteuerrecht › 45Urbanisierung › 130Ursprungsregeln › 68, 94US-Truckmarkt › 28

VVDA-Brexit-Task-Force › 69VDA-Emissionsfaktoren › 107VDA-Gremienreform › 138VDA-Logistikausschuss › 138VDA Logistik Award › 173VECTO (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool) › 60Verband Association of African Automotive Manufacturers (AAAM) › 79Verbändepartnerschaft › 77Verbrennungsmotor › 57, 112Verkehrssicherheit › 82, 142, 146Verkehrsunfälle › 142Verkehrszeichenerkennung › 144Vermögensteuer › 92vernetztes und automatisiertes Fahren › 173Vernetztes und automatisiertes Fahren › 130Vernetztes und automatisiertes Fahren › 33Vernetzung › 96, 130, 138Verpackungsdaten › 34Verteilerverkehr › 61

WWartung › 34Wasserstoff › 51, 57, 59, 128Wasserstoffantrieb › 129Weltmarkt › 11, 15

Weltwirtschaft › 44Wertschöpfung › 23, 74Wertschöpfungskette › 25Wettbewerbsfähigkeit › 74Wettbewerbsfähigkeit › 24, 45, 92Wettbewerbsfreiheit › 41Wettbewerbsrechts › 97Wettbewerbsvorteil › 24Wiegesysteme › 62WLTP › 13, 51WLTP-Prüfverfahren › 115WTO › 74

YYoungtimer › 38

ZZollabwicklung › 94Zölle › 68Zollunion › 94Zulieferer › 23, 46Zulieferern › 22Zulieferindustrie › 22

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Impressum

Herausgeber Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) Behrenstraße 35, 10117 Berlin www.vda.de

Copyright Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)

Redaktion VDA Abteilung Presse VDA Abteilung Kommunikation

Satz/Layout DANGEROUS. Werbeagentur GmbH

Druck DCM Druck Center Meckenheim GmbH, Meckenheim

ISSN 1869-2915

Stand Oktober 2020

Bildnachweise Titel: unsplash.com – Alessio Lin, Umschlag: unsplash.com – Martin Katler

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Die Automobilindustrie in Daten und Fakten

Jahresbericht 2020