Johann Sebastian Bach Der Gerechte kommt um BWV Ihr, · PDF fileSICHTEN AUF BACH III Donnerstag, 10. September 2015 13:00 Uhr StiIskirche Johann Sebastian Bach . 1685 – 1750 Mote:e

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  • 30SICHTEN AUF BACH I I IDonnerstag, 10. September 201513:00 UhrStiIskirche

    Johann Sebastian BachMote:e Der Gerechte kommt um BW V deestKantate Ihr, die ihr euch von Christo nennet BW V 164Kantate Hchsterwnschtes Freudenfest BW V 194

    Die Internationale Bachakademie Stu:gart dankt der Alfred Krcher GmbH & Co. KG fr die Frderung des Konzerts.

  • SICHTEN AUF BACH I I IDonnerstag, 10. September 201513:00 UhrStiIskirche

    Johann Sebastian Bach 1685 1750.Mote:e Der Gerechte kommt um BW V deest Fr fnfstimmigen Chor und

    Orchester (2 Oboen, Streicher und Continuo)

    . Kantate Ihr, die ihr euch von Christo nennet BW V 164 Fr Soli (S, A, T, B), Chor und

    Orchester (2 Flten, 2 Oboen, Streicher und Continuo)

    .Kantate Hchsterwnschtes Freudenfest BW V 194 Fr Soli (S, T, B), Chor und

    Orchester (3 Oboen, Fago:, Streicher und Continuo)

    Carolyn Sampson SopranTerry Wey CountertenorSebastian Kohlhepp TenorJochen Kupfer BassGchinger Kantorei & Bach-Collegium Stu:gartHans-Christoph Rademann Leitung

    Konzertdauer etwa 1 StundenKeine Pause

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    InhaltProgramm 3

    EinfhrungZu Bachs Mote:e Der Gerechte kmmt um BW V deest und den Kantaten Ihr, die ihr euch von Christo nennt BW V 164 sowie Hchsterwnschtes Freudenfest BW V 194 4

    Auffhrungspraktische Anmerkung von Philipp Unger 6

    GesangstexteMote:e Der Gerechte kmmt um BW V deest 9Kantate Ihr, die ihr euch von Christo nennt BW V 164 10Kantate Hchsterwnschtes Freudenfest BW V 194 12

    BiographienCarolyn Sampson 16Terry Wey 17Sebastian Kohlhepp 18Jochen Kupfer 19Gchinger Kantorei & Bach-Collegium Stu:gart 20Hans-Christoph Rademann 22

    Eine Veranstaltung derInternationalen Bachakademie Stu:gart Johann-Sebastian-Bach-Pla; . 70178 Stu:gart www.musikfest.de . Tel. 0711 61 921-0Redaktion Dr. Christiane Plank-Baldauf . Der Text von Dr. Andreas Bomba ist ein Originalbeitrag fr dieses HeI .Sa; vjp . Druck OKzin Scheufele . nderungen vorbehalten.

  • as erste, grobe Verzeichnis der Wercke, die man diesem grossen Tonknstler zu danken hat, steht im 1754 gedruckten Nachruf (Nekrolog) auf den vier Jahre zuvor verstorbenen Johann Sebastian Bach. Mit Kirchenstcken, auf alle Sonn und Fes:age ist das gemeint, was wir heute Bachs Kantaten nennen. Nach Oratorien, Messen, Magnificat usw. und fnf (!) Paionen verzeichnet der Text unter den ungedruckten Werken Einige zweychrige Mote:en. Dies sind im wesentlichen die relativ wenigen Stcke, die Bach dieser alten Ga:ung gewidmet hat. Im modernen Bach-Werkeverzeichnis tragen sie die Nummern 225 bis 230, wobei nur vier von ihnen fr zwei Chre geschrieben sind, eine fr vierstimmigen und eine fr drei bis fnf Stimmen (Jesu, meine Freude BW V 227).

    Diese Mote:en wurden zu besonderen Gelegenheiten bestellt und aufgefhrt a-cappella, mit Basso continuo oder mit Instrumenten, die den Gesang colla parte verstrkten, die also nichts anderes spielten als das, was die Snger sangen. Besondere Gelegenheiten knnen Trauerfeiern verdienter Mitbrger sein, oder auch erfreulichere private oder Dentliche Anlsse. Die Bachforschung hat diesem Corpus von sechs Mote:en mi:lerweile vier weitere zugeordnet; im streng durchnumerierten BW V sind sie in den Anhang sortiert oder gar nicht enthalten. Dieses deest (fehlt) betriDI die Moteve Der Gerechte kommt um auf den Text Jesaja 57, 1 2.

    Die Geschichte dieses kurzen Stcks verluI einigermaen kurios. berliefert ist es, nebst zwei weiteren Stcken Bachs, im sogenann-ten Passions-Pasticcio von Carl Heinrich Graun (1704 1759). Zum diesem Pasticcio fgte der ab 1740 in Berlin wirkenden Operndirektor Stcke aus Werken verschiedener Komponisten zusammen; mglicher-weise hat Bach selbst das Pasticcio in den 1740er Jahren in Leipzig aufgefhrt, vielleicht auch sein Schwiegersohn Johann Christoph Altnickol 1749, jedenfalls aber im Jahre 1757 Kantor Johann Wilhelm Cunis im thringischen Frankenhausen. Von dieser AuDhrung ist das Notenmaterial erhalten. Damit aber nicht genug. Bach selbst hat den deutschen Text der Musik einer lateinischen Mote:e (Tristis est anima mea) unterlegt, von der man bis 1972 glaubte, sie stamme von Johann Kuhnau, Bachs Leipziger Amtsvorgnger (1660 1722). Der Bachforscher Christoph WolD hat aus stilistischen Grnden spter den zwischen 1717 1719 in Dresden beschIigten Antonio Lo:i als Komponisten vorgeschlagen

    Wenn Bach parodiert, also bereits vorhandene Musik wiederverwen-det, bernimmt er die Noten nie eins zu eins, sondern passt sie, im Fall von Vokalmusik, den neuen Texten an. Im Unterschied zu den genannten Mote:en schreibt Bach fr dieses Stck obligate, also selbststndige Instrumentalstimmen und einen rhythmisch prgnanten Bass, der erst zur Ruhe kommt, wenn abschlieend vom Frieden die Rede ist. Die Blas- und Streichinstrumente st;en ansonsten den sinnflligen ADekt, der sich aus der berse;ung des klagenden Textes in Musik ergibt.

    Die Kantate Ihr, die ihr euch von Christo nennet BW V 164 entstand zum 13. Sonntag nach Trinitatis, der 1725 am 26. August begangen wurde. Sie stammt also aus dem dri:en Kantatenjahrgang Bachs, von dem nur 15 Kantaten erhalten sind, oder, wenn man das Folgejahr 1726/1727 hinzuzhlt, 36 Kantaten. Es ist wohl auch kein gnzlich neu komponier-tes, sondern ein von Bach womglich in seinen Weimarer Jahren bereits aufgefhrtes und fr die Leipziger Zwecke angepasstes Kirchenstck. Fr diese Zuweisung sprechen der Name des Textdichters Salomon Franck, der am Weimarer Hof als Jurist (Oberkonsistorialrat) und Biblio-thekar wirkte, die Form von sich abwechselnden Arien und Rezitativen mit einfachem Schlusschoral, zudem die durchweg kammermusikalische Natur der Musik, die den sparsamen Gegebenheiten in der Weimarer Schlosskapelle entsprach.

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    Zu Bachs Mote:e Der Gerechte kommt um

    & den KantatenIhr, die ihr euch von Christo nennet& Hchsterwnschtes Freudenfest

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  • Der Beginn ist eine fast eine szenische Situation, eine Art Dialog zwischen einem Prediger (Tenor, Sa; 1) und einem Sprecher der Glubigen (Bass, Sa; 2). Der Tenor spricht zu den vor bzw. unter ihm si;enden Glubigen in einer fallenden Quinte mit Wechselnote nach unten. Genau umgekehrt, nmlich mit einem Quartsprung samt Wechselnote nach oben, antwortet das Rezitativ: Wir hren zwar.... Hier paraphrasiert der Text ein Bibelwort, das Bach wichtig genug fin-det, um es arioso hervorzuheben. Die folgende Arie fhrt in kunstvoller StaDelung zwei Flten, Altstimme und Ba zusammen, um Go:es Liebe und Erbarmen zu bekrIigen. Streicherbegleitung taucht das anschlie-ende Rezitativ in bedeutsames Licht und unterstreicht den Vorgang, wie der Liebesstrahl des kalten Herzens Stahl in Wrme zum Schmelzen bringt. Fr die le;te Arie dieser Kantate (Nr. 5) erfindet Bach ein vokal-instrumentales Quarte: von Sopran, Ba, den unisono gebndelten Streichern mit Flte und Oboe und Basso continuo. Die Verwendung sehr diDerenzierter Kanons entspricht im Text die raKnierte Verschrn-kung von Hnden, Augen und Herzen mit Himmel, Heiland und Go:. Der Schlusschoral stammt aus der Feder von Elisabeth Creu;iger (Strophe 5 des Liedes Herr Christ, der einig Gotts Sohn), einer fr die Durchse;ung der Reformation so bedeutenden Frauen im Umkreis Martin Luthers.

    Ein hchsterwnschtes Freudenfest fand am 2. November 1723 in Strmthal sdstlich von Leipzig sta:. Die DorHirche bekam, aus der Werksta: von Zacharias Hildebrandt (1688 1757) eine neue Orgel; kein geringerer als der neue Comaskantor, ein weithin gesuchter Or-gelexperte, prIe sie und stiIete fr die Einweihung ein umfngliches Kirchenstck, die Kantate BW V 194, deren Text (wir kennen den Dich-ter leider nicht) zu Beginn das Freudenfest thematisiert. Die zweiteilige, aus zwlf Nummern bestehende Kantate geht zurck auf eine Kthener Komposition. Der Hof, dem Bach von 1717 bis 1723 als Kapellmeister dienste, war reformiert, das heit: es erklang im Go:esdienst keine kunstvolle Musik. Bach komponierte jeweils zu Jahresbeginn, zu Neujahr und zum Geburtstag des Frsten Leopold, je eine Huldigungs-kantate mit entsprechenden, gleichwohl auf geistliche Bezge nicht verzichtenden Inhalten. Erhalten von dieser Kantate sind lediglich drei Oboen- und die Streicherstimmen, jedoch weder Text noch sonstige Bese;ung, sodass dieses Stck als verloren gelten muss.

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    Auffhrungspraktische Anmerkung

    Die Kantate B W V 194 ist uns sowohl durch eine originale Partitur als auch durch den originalen Instrumentalstimmsatz erhalten geblieben. Bachs kleine Notiz tief Cammerthon auf den berlieferten Stimmen verweist jedoch auf eine entscheidende Problematik bei der modernen Wiederauffhrung dieser Kantate, denn die Streich- und Holzblasinstrumente sind in den Quellen in B-Dur, die Orgel dagegen in G-Dur notiert. Ein Tonhhenunter-schied von einer kleinen Terz; die Bach zur Verfgung stehenden Instrumente mssen also in unterschiedlichen Kammertnen gespielt worden sein, damit in der gleichen Tonlage musiziert werden konnte.

    Da es sich bei B W V 194 nun um eine Weihkantate fr die Orgel in Strmthal handelt, knnen wir davon ausgehen, dass dieses Instrument wie nahezu alle mitteldeutschen Kirchenorgeln des 18. Jhd. im Chorton gestimmt war, einen halben Ton hher, als unser heutiger moderner Kammerton von 440 Hz. Die heutige Auffhrung mit modernem Instrumentarium orientiert sich an der Tonart der Orgelstimme, also G-Dur, da eine Auffhrung auf Grundlage der B-Dur Instrumentalstimmen zu hoch liegen wrde.

    Demnach erklingt die Kantate heute mittag einen Halbton tiefer als bei ihrer Urauffhrung 1723 in Strmthal.

    Philipp Unger

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    Der Gerechte kommt um,und niemand ist, der Herzen nehme;und heilige Leute werden aufgeraDI,und niemand achtet drauf.Denn die Gerechten werden weggeraDI vor dem Unglck;und die richtig vor sich gewandelt haben,kommen zum Frieden und ruhen in ihren Kammern.

    Textabdruck nach Stuttg