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1  JOHANNES  VOM EUZ DIE DUNLE NACH DIE GEDICHE  JOHANNES VELAG EINSIEDELN

Johannes Vom Kreuz - Die Dunkle Nacht

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 JOHANNES VOM EUZ

DIE

DUNLE NACH

DIE

GEDICHE

 JOHANNES VELAG EINSIEDELN

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Die dunkle Nach» wurde ür die 2. Auage überragen vonHans Urs von Balhasar, die Gediche von Cornelia Capol, und durchgesehen von H. Leopold Davi

5. Auage 2003© Johannes Verlag Einsiedeln, Freiburg

 Alle eche vorbehalenDruck: Freiburger Graphische Beriebe

ISBN 389411 149

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INHAL

DIE DUNLE NACH

  Vorbemerkung

Gesänge der Seele 8

Beginn der Erklärung der Srophen über das Verhalen der Seele au dem Wegder Liebeseinigung mi Got 10

ESES BUCH

Die dunkle Nach der Sinne

1. SropheErklärung

1. Beginn der Abhandlung über die Unvollkommenheien der Anänge 122. Einige geisliche Unvollkommenheien, welche Anängern  bezüglich des Solzes anhaen 3. Unvollkommenheien, die eliche Anänger bezüglich deszweien Hauplasers, der geislichen Habsuch, zu haben pegen 154. Andere Unvollkommenheien, wie sie die Anänger bezüglich des dritenHauplasers, der Unkeuschhei, zu haben pegen 165. Unvollkommenheien der Anänger beres der Haupsünde des Zorne 186. Unvollkommenheien bezüglich der geislichen Genusssuch 19

7. Unvollkommenheien beres Neid und geisliche räghei 218. Erklärung des ersen Verses der ersen Srophe und Beginnder Abhandlung über die dunkle Nach 229. Zeichen, woran man erkennen kann, daß ein geislicherMensch au dem Weg dieser Nach und sinnlicher Läuerung wandel 2410. Wie man sich in dieser dunklen Nach zu verhalen ha 2611. Deuung dreier Verse der Srophe 2812. Von den Vorzügen der sinnlichen Nach 3013. Weiere Vorzüge, die die Nach der Sinne in der Seele erzeug 32

14. Deuung des lezen Verses der ersen Srophe 35

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ZWEIES BUCH

Die dunkle Nach des Geises

1. Beginn der Abhandlung über die dunkle Nach des Geises.Zei ihres Beginns 382. Einige Unvollkommenheien der Forschreienden 393· Anmerkung ür das olgende 404. Die erse Srophe wird wiederhol und erklär 415. Beginn der Erklärung, inwieern die dunkle Beschauung ür die Seelenich bloß Nach, sondern Pein und Qual is 426. Andere Aren der Pein, die die Seele in dieser Nach erdulde 447. Forsezung desselben. Andere Leiden und Bedrängnisse des Willens 46

8. Von andern Qualen der Seele in diesem Zusand 499. Diese Nach verdunkel" den Geis zwar, aber um ihn zu erhellenund ihm Lich zu spenden 5110. Gründliche Erklärung dieser innern Läuerungdurch einen Vergleich 5411. Beginn der Erklärung des zweien Verses der ersen Srophe:  wie die heige Leidenscha der götlichen Liebe 56Fruch der schweren Bedrängnisse is12. Inwieern diese erschreckende Nach ein Fegeuer is,und die götliche Weishei die Menschen au Erden au gleiche Weisereinig und erleuche wie die Engel des Himmels 5813. Andere beseligende Wirkungen der dunklen Nach der Beschauung 6014. Auührung und Erklärung der drei lezen Verse der ersen Srophe 6315. Die zweie Srophe und ihre Deuung 6416. Erklärung, weshalb die Seele im Dunkel ungeährde wandel 6417. Erklärungen, inwieern diese dunkle Beschauung «geheim is 6818. Erklärung, wie diese verborgene Weishei auch eine Leier is 70

19. Erklärung der zehn Sprossen der mysischen Leier der Gotesliebenach Bernhard und omas. Die ün ersen Sprossen 7220. Die ün übrigen Sprossen der Liebe 7421. Erklärung des Wores «vermumm».Über die Farben der Vermummung in dieser Nach 7522. Erklärung des driten Verses der zweien Srophe 7823. Erklärung des vieren Verses. Welch wunderbares Verseck die Seele in dieser Nach and, und wie der euel, der zu andernhoch Enrücken vordring, in dieser keinen Zurit ha 79

24. Schluß der Erklärung der zweien Srophe 8225. Erklärung der driten Srophe 83

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DIE GEDICHEdeusch

I DIE DUNLE NACHGesänge der Seele, die sich reu, au dem Weg der Enäußerungden hohen Sand der Vollkommenhei, die Einigung mi Goterreich zu haben 86

II GEISLICHE GESANGWechselgesang zwischen der Seele und ihrem Bräuigam 88

III LEBENDIGE LIEBESFLAMME

Gesänge der Seele in der Einigung mi der götlichen Liebe 94

IV SOPHEN ZU EINE ENÜCUNGHOHE BESCHAUUNG 95

  V LIEDE DE SEELE, DIE NACH DE GOTESSCHAU SEB 97

  VI ANDEE INS GEISLICHE ÜBERGENE LIEDE 99

  VII GEISLICHE HIENLIEDE ÜBE CHISUSUND DIE SEELE 100

  VIII LIED DE SEELE, DIE SICH DE GOTESEENNNISIM GLAUBEN EFEU 101

IX 1. OMANZE. Über das Evangelium «In principio eraVerbum».

Die heiligse Dreialigkei 103

  X 2. OMANZE. Der Ausausch der drei Personen 105

  XI 3. OMANZE. Über die Schöpung 106

  XII 4. OMANZE. Forsezung

  XIII 5. OMANZE. Forsezung

  XIV 6. OMANZE. Forsezung

  XV 7. OMANZE. Forsezung. Die Menschwerdung 112

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  XVI 8. OMANZE. Forsezung 114

  XVII 9. OMANZE. Von der Gebur Chrisi 115

  XVIII OMANZE ÜBE DEN PSALM

«SUPE FLUMINA BABYLONIS» 116

  XIX INS GEISLICHE Überragene GLOSA (I) 118

  XX INS GEISLICHE Überragene GLOSA (II) 119

  XXI VOM GÖTLICHEN WO ... 121

  XXII HÖCHSE VOLLENDUNG

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DIE DUNLE NACH

Erklärung der Srophen, die zeigen, wie die Seele au dem geislichen Weg zur vollkommenen Liebe-seinigung mi Got gelang, sowei sie hienieden möglich is. Nach denselben Srophen werden dieEigenschaen des Zu dieser Vollkommenhei Gelangen dargeleg.

 VOBEMEUNG

Das Buch leg zuers alle zu erklärenden Srophen vor. Dann wird jede ür sich erklär, indem dieSrophe selbs an den Anang gesez wird; anschließend wird jeder einzelne Vers erläuer, der jeweils vorangesell wird. In den zwei ersen Srophen werden die Wirkungen der beiden geislichen Läue-rungen geschilder: die des sinnlichen und die des geislichen eils des Menschen. Die sechs übrigenSrophen schildern die verschiedenen wundersamen Wirkungen der geislichen Erleuchung und derLiebeseinigung mi Got.

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GESÄNGE DE SEELE

1 In einer dunklen Nach,enamm von Liebessehnen,

o seliges Geschick!enoh ich unbemerk,

da nun mein Haus in uhe lag.

2 In Dunkelhei und ungeährde,

au geheimer Leier, vermumm,o seliges Geschick!

in Dunkelhei und im verborgnen,da nun mein Haus in uhe lag.

3 In der seligen Nach,insgeheim, so daß mich keiner sah,

und ich selber nichs gewahre,ohne anderes Lich und Gelei

außer dem, das in meinem Herzen branne.

4 Dieses ühre michsicherer als das Mitagslichdorhin, wo meiner harre

der mir wohl Verraue,

an den Or, wo niemand sons sich zeige.

5 O Nach, die mich lenke!O Nach, holder als das Frühro !

O Nach, die den Geliebenmi der Gelieben vereine,

die Geliebe in den Gelieben wandele.

6 An meiner blühenden Brus,die ür ihn sich ganz bewahre,

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dor schlie er ein,und war zärlich zu ihm,

und die Zedern ächelen im Wind.

7 Der Windhauch von der Zinne

als er nun sein Haar ausbreiee -mi seiner leichen Hand berühre er meinen Hals

und mache alle meine Sinne schwinden.

8 So blieb ich und vergaß mich selbs,neige das Anliz über den Gelieben.

 Alles erlosch, ich gab mich au,

ließ meine Sorge ahren, vergessen uner Lilien.

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Beginn der Erklärung der Srophen über das Verhalender Seeleau dem Weg der Liebeseinigung mi Got

Bevor wir in die Erklärung dieser Srophen einreen, solle man sich vor Augen halen, daß die Seele,die sie vorräg, schon zur Vollkommenhei, zur Liebeseinigung mi Got gelang is. Sie ha die her- ben Mühsale und Bedrängnisse während der geislichen Einübung au jenem engen Weg zum ewigenLeben bereis hiner sich, von dem unser Erlöser im Evangelium sprich, und den die Seele ür ge- wöhnlich durchschreie, um zur hohen und seligen Einigung mi Got zu gelangen. Da dieser Wegso eng is und nur wenige ihn einschlagen (wie der Herr selber sag M 7,14), häl es die Seele ür eingroßes Glück, darau zur seligen Liebeseinigung gelang zu sein, die sie in der ersen Srophe besing.Mi ech nenn sie, wie aus der Erklärung der Verse dieser Srophe hervorgeh, den schmalen Weg

eine dunkle Nach. Glücklich also, diesen engen Weg, der ihr so viel Gues einbrache, durchwanderzu haben, sprich die Seele das nun Folgende:

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1. BUCH

DIE DUNLE NACH DE SINNE

ESE SOPHE

In einer dunklen Nacht,entfammt von Liebessehnen,o seliges Geschick!entfoh ich unbemerkt,da nun mein Haus in Ruhe lag.

ELÄUNG

In dieser ersen Srophe erklär die Seele, wie sie ihren Anhänglichkeien an sich selbs und an alleDinge enronnen, durch eche Aböung sich und allem Geschaenen gesorben is, um zum kösli-chen Leben der Liebe mi Got zu gelangen. Dieser Auszug aus allen Dingen, sag sie, sei «eine dunkleNach» gewesen; sie mein dami, wie späer erklär werden wird, die reinigende Beschauung, diepassiv in der Seele die besage Lösung von sich selbs und von allem erwirk.

Dieses Eniehen habe sie mi der ra und Beherzhei, die ihr in der dunklen Beschauung der Liebezu ihrem Bräuigam verlieh, ausühren können; sie heb dabei den glücklichen Umsand hervor, daßau dem Weg durch die Nach zu Got keiner der drei Feinde -- Dämon, Wel und Fleisch -, die immer-

or diesen Weg erschweren, sie habe aualen können. Denn die Nach der läuernden Beschauunghabe im Haus ihrer Sinnlichkei alle widersrebenden Leidenschaen und Begierden eingeschläerund sie ihres Wirkens beraub. So sprich sie den Vers:

In einer dunklen Nacht.

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1. KPIELBEGINN DE ABHANDLUNG ÜBE DIE UNVOLL-

OMMENHEIEN DE ANFÄNGE 

In die dunkle Nach beginnen die Seelen dann einzureen, wenn Got sie aus dem Zusand der An-änger, die noch der diskursiven Berachung obliegen, herausühr und sie allmählich in den Zusandder Forschreienden versez, der Beschaulichen nämlich. Wenn sie diesen Zusand durchschritenhaben, gelangen sie in den Zusand der Vollkommenen, der götlichen Einigung der Seele mi Got.Um nun aber besser das Wesen der Nach zu versehen, durch die die Seele hindurch muß, und wes-halb Got sie in diese versez, is es angebrach, zunächs ein paar Eigenheien der Anänger zu be-rachen - was in aller ürze geschehen soll, ihnen aber nüzlich sein wird -, dami sie, die Schwächen

ihres Zusands erkennend, sich auraen und danach verlangen, von Got in diese Nach versez zu werden, in der man ersark, in ugend geesig wird und zum Verkosen der unschäzbaren Wonnender Gotesliebe gelang. Wenn wir hier ein wenig verweilen, so doch nich länger als es zum Übergangin die Behandlung der dunklen Nach unerlässlich is.

 Wenn eine Seele sich mi Enschiedenhei dem Diens Gotes zuwende, peg Got sie zumeis geis-lich zu umsorgen wie eine liebende Muter ihr zares ind: sie wärm es an ihrer Brus, nähr es misüsser Milch, räg es au ihren Armen und herz es. Im Maße es aber heranwächs, enzieh ihm dieMuter diese Ar ihrer Pege, enzieh ihm ihre Zärlichkei, besreich die süsse Brus mi Biterem,läß es von den Armen herab, um es au eigenen Füssen sehen zu lassen, dami es die Ar des Säuglingsablege und sich Wesenlicherem zuwende. Nich anders verhäl sich die Gnade Gotes, diese liebendeMuter, sobald eine Seele zu neuem Eier im Diense Gotes wiedergeboren wird. In allen götlichenDingen läß sie die Seele mühelos wohlschmeckende geisliche Milch und vielen ros in geislichenÜbungen nden; Got reich ihr, wie einem zaren ind, die Brus seiner zärlichen Liebe.

So nde diese es wonnig, lange Zeien, ja ganze Näche im Gebe zu verbringen, Bussübungen sindihr ein Vergnügen, Fasen eine Freude, Sakramenenempang und Gespräche über Got ein ros. Ob-

schon nun solche sehr enschieden und beharrlich und mi großer Sorgal alle diese Dinge verwen-den, so legen sie dabei doch, geislich gesprochen, mancherlei Schwäche und Unvollkommenhei anden ag. Denn da sie in ihren geislichen Übungen vom Maß des erhalenen roses und Geschma-ckes besimm werden, somi ür den haren amp um die ugend noch unerprob sind, begehen siein ihrem un vielerlei Fehler.

Denn schließlich wirk jeder Mensch gemäß dem Habius an Vollkommenhei, den er sich erworbenha. Da jene aber noch keine Gelegenhei haten, sich einen esen Habius zu erwerben, können sienich anders denn kindlich und schwächlich handeln.

Dami deulicher werde, wie unvollkommen diese Anänger sind, die im besagen ros und Ge-schmack wandeln, wollen wir im olgenden nach den sieben Haupsünden vorangehen und bei jedereinige der zahlreichen Fehler anühren, die jene begehen. Dann wird klar werden, wie sehr sie sich in

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all ihrem un noch als inder benehmen, und gleichzeiig, welche Voreile die dunkle Nach, von der wir anschließend handeln werden, mi sich bring, da sie die Seele von all diesen Unvollkommenhei-en säuber.

2. KPIELEINIGE GEISLICHE UNVOLLOMMENHEIEN,

 WELCHE ANFÄNGEN BEZÜGLICH DES SOLZES ANHAFEN

1 Wenn Anänger sich bei geislichen Übungen und in Andachsübungen so voll Eier sehen,erwach in ihnen ob ihrer Unvollkommenhei o genug eine egung geheimen Hochmus, obgleichdoch die heiligen Dinge sie an sich demüigen sollen. Sie nden ein besimmes Wohlgeallen anihren Leisungen und an sich selber. Daraus erwächs in ihnen auch ein gewisses eiles, nich selensehr eiles Verlangen, vor anderen über geisliche Dinge zu reden. Zuweilen möchen sie, sat selberzu lernen, die andern belehren, sie mißbilligen sie innerlich, wenn diese ihre eigene Ar der Frömmig-

kei nich anerkennen; öer reden sie darüber auch wie der Pharisäer, der sich vor Got seiner Werke wegen brüsee und dabei den Zöllner verachee (Lk 18,11-12).

2 Und o genug ach der euel in ihnen den Eier und Neigung ür irgendein Werk an, wenn ersieh, daß ihr Hochmu und ihre Anmaßung dabei wächs. Denn er weiß sehr wohl, daß alle diese Wer-ke und ugenden, die sie pegen, ür sie nich bloß nuzlos sind, vielmehr sich in ihnen in Laser ver- wandeln. Eliche reiben es gar so wei, niemanden außer sich selbs ür gu zu erachen und olglich, wo Gelegenhei sich biee, die anderen in Woren und Benehmen zu mißbilligen und zu verleumden.Sie sehen den Spliter im Auge des Bruders und den Balken im eigenen nich; bei andern seihen sieMücken, und selber verschlucken sie das amel (M 7,3--4; 23,24)

3 Wenn aber ihre geislichen Leier, ihre Beichväer oder Obern ihren Geis und ihr Verhalennich billigen, dünk sie (da sie in ihrem Vorgehen gelob und geschäz sein möchen), daß diese ih-ren Geis nich versehen oder selber keine geislichen Menschen sind, weil sie nich guheißen undnachgeben. Deshalb ordern sie und verschaen sich bald eine Aussprache mi einem andern, derihnen behag. Denn gewöhnlich wollen sie sich über ihren Geis nur mi solchen aussprechen, dieihrer Meinung sind, sie loben und schäzen, meiden dagegen jene wie den od, die ihre Einbildungen

zuniche machen, um sie au den rechen Weg zu bringen; manchmal hassen sie sie geradezu. In ihrerÜberheblichkei pegen sie sich vieles vorzunehmen, leisen aber wenig. Sie möchen miuner, daßandere ihre Glu und ihre Frömmigkei wahrnehmen und ergehen sich deshalb in sichbaren egun-gen, Liebesseuzern und anderen Förmlichkeien; sie allen in Verzückungen, und zwar mehr in derÖenlichkei als im Verborgenen, wobei ihnen der euel zu Hile komm; es geäll ihnen sehr, wennso außergewöhnliche Zusände von andern wahrgenommen werden.

4 Viele wünschen bei ihren Beichväern in Guns zu sehen, woraus ausend Eiersüchelei-en und Beunruhigungen enspringen. Sie schämen sich, ihre Sünden klar herauszusagen, dami der

Beichvaer sie nich geringer schäze, und ärben ihre Sünden, um nich allzu schlech dazusehen,sie enschuldigen sich deshalb mehr, als daß sie sich anklagen. Andere Male suchen sie einen remdenBeichvaer au, dem sie das Schlimme bekennen, dami der gewohne meine, sie häten nichs Böses, bloß Gues gean. Diesem erzählen sie gern das Gue, miuner in solchen Ausdrücken, daß sie eher

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überreiben als verkleinern, mi der Absich, vor ihm als ugendha zu erscheinen. Demüiger wärees -- wie wir noch sagen werden -, sich klein zu machen und zu ersreben, daß weder er noch sonswereinen irgendwie hochschäz.

5 Eliche von ihnen unerschäzen das eine Mal ihre Fehler und berüben sich ein anderes Malübermäßssig wegen ihres Falles, weil sie sich einbilden, sie sollen bereis Heilige sein. Deshalb grollen

sie gegen sich und sind ungeduldig, was wiederum eine Unvollkommenhei is. Sie besürmen öersGot, daß er ihnen ihre Unvollkommenheien und Fehler wegnehme. Doch un sie dies weniger umGotes willen, als um ungesör und in Frieden zu sein. Sie bedenken nich, daß sie noch hochmüigerund dünkelhaer wären, wenn Got sie von diesen Mängeln bereie. Sie erragen es nich, wenn an-dere gelob werden wollen aber gerne selber gelob sein und ordern das sogar heraus. Hierin gleichensie den örichen Jungrauen, deren Lampen leer sind und die das Öl anderswo suchen (M 25,8).

6 Einige allen aus diesen Unvollkommenheien in vielerlei andere, was sehr schädlich is. Man-che haben davon mehr, andere weniger, eliche spüren nur deren erse egung oder wenig mehr. Doch

gib es kaum einen uner diesen Anängern, der in der Zei der ersen Inbruns nich einigen dieserFehler verele. Jene aber, die zu dieser Zei den Weg der Vervollkommnung beschreien, verhalensich völlig anders und benden sich in ganz verschiedener Geisesverassung. Sie machen Forschritein der Demu und geben ein gues Beispiel, indem sie nich nur ihr Eigenes ür nichs, sondern alleübrigen ür wei besser erachen; sie berachen sie o mi heiligem Neid, mi dem Verlangen, gleichihnen Got zu dienen. Je mehr Eier sie zeigen und je mehr sie leisen und es gerne un, deso mehrerkennen sie in ihrer Demu, wieviel sie Got verdanken und wie gering alles is, was sie ür ihn wirken. Je mehr sie deshalb un, um so weniger sind sie mi sich zurieden. Denn so Hohes möchen sie ausheiliger Liebe ür ihn leisen, daß alles Geane ihnen wie nichs erschein. Ihre eirige Liebe bedräng,erüll und enzück sie so, daß sie nich darau achen, was die anderen un oder nich un. Und wennsie es merken, dann glauben sie, wie gesag, alle anderen seien besser als sie. Da sie sich selber gering-schäzen, möchen sie, daß auch die übrigen sie geringschäzen und verachen. Ja wolle sie jemandloben und ehren, sie können dem au keinen Fall glauben und es käme ihnen ganz selsam vor, daß. von ihnen ewas Gues ausgesag werden kann.

7 Solche haben in ihrer innern uhe und Demu ein großes Verlangen danach, von jemand, dersie ördern kann, belehr zu werden. Dies in völligem Gegensaz zu den Vorgenannen, die alle beleh-

ren möchen und anderen das Wor vom Mund wegnehmen, wenn man sie ewas lehren möche, als wüssen sie alles schon. Jene sind wei enern, sich als Meiser über jemanden zu sellen, sind viel-mehr ses berei, einen andern Weg einzuschlagen, wenn man sie dazu auorder, denn sie denkenniemals, selber das ichige zu reen. Sie reuen sich, wenn andere gelob werden; nur das berübsie, daß sie Got nich so gu dienen wie jene. Sie ühlen kein Bedürnis, von ihren Angelegenheien zureden, diese scheinen ihnen zu unwichig; sie haben sogar Hemmungen, sich ihrem geislichen Leierzu oenbaren, denn es schein ihnen nich der Mühe wer, ihre Sachen ins Gespräch zu bringen. Lie- ber wollen sie ihre Fehler und Sünden bekennen und ziehen es vor, daß diese eher als ihre ugenden von den anderen gekann werden. Daher sind sie geneig, ihr Inneres solchen darzulegen, die ihre

Person nich hoch einschäzen. Dies is ein Zeichen ihres einäligen, reinen und aurichigen Geises,der Got wohlgeällig is. Und da der Geis der götlichen Weishei in diesen demüigen Seelen wohn,so neig und beweg er sie dazu, ihre Schäze im Innern geheim zu halen, ihr Mißliches aber oen dar-zulegen. Den Demüigen gewähr Got mi den übrigen ugenden zusammen diese Gnade, während

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er sie den Hochmüigen verweiger. Jene würden ihr Herzblu ür jeden hergeben, der Got dien,und aus allen räen dazu beiragen, daß ihm gedien werde. Fallen sie in Unvollkommenheien, soerragen sie sie in Demu, Sanmu, in ehrürchiger Liebe zu Got und im Verrauen au ihn. Aber essind meines Wissens wenige, die von Anang an so vollkommen wandeln, sehr wenige, und wir dürenschon zurieden sein, wenn sie nich in das Engegengeseze allen. Deswegen ühr Got – wie wirspäer zeigen werden - jene in die dunkle Nach, die er von all diesen Fehlern reinigen will, um sie wei-

er zu ördern.

3. KPIELUNVOLLOMMENHEIEN, DIE ELICHE ANFÄNGE 

BEZÜGLICH DES ZWEIEN HAUPLASES, DE GEISLICHEN HABSUCH, ZU HABEN PFLEGEN

1 Viele dieser Anänger erliegen zuweilen auch allzu sehr der geislichen Habsuch. Selen siehman sie zurieden in der Seelenverassung, die Got ihnen gib; sie gehen roslos und missvergnügeinher, weil sie im Geislichen nich den gewünschen Geschmack nden. Manche können sich im Anhören von geislichem a und Belehrung nich genugun, sie häuen sich viele Bücher au und le-sen die ensprechenden Abhandlungen und verlieren dami mehr Zei, als sie zum Erwerb von Selbs- verleugnung und der rechen innern Armu im Geis verwenden. Zudem beladen sie sich mi Heili-genbildern und kosbaren osenkränzen, nehmen bald dies, bald jenes zur Hand, auschen sich ewasein und verauschen es wieder gegen anderes. Bald wollen sie ewas von dieser Ar, bald von jener,dann hängen sie sich an ein besimmes ruzix, weil es ansehnlicher is. Andere erblick man mi Agnus-Dei, eliquien, Heiligennamen behäng, wie kleine inder mi Spielzeug. An alldem verurei-le ich nur den Besizdrang des Herzens; das Versessensein au Aussehen, Anzahl und Ansehnlichkeidieser Sachen is der Armu im Geis sehr engegengesez. Diese blick nur au das ür die Andach Wesenliche, bedien sich dessen nur zu diesem Zweck und läß all die Vielal und osbarkei linksliegen. Eche Andach muß vom Herzen kommen, sie ha nur au die Wahrhei und die Subsanz derDinge, die Geisliches darsellen, zu achen. Alles übrige is alsche Anhänglichkei, ein Anzeichen vonUnvollkommenhei. Wer au welchem Wege immer zur Vollkommenhei gelangen will, muß solchemGelüs absagen.

2 Ich habe eine Person gekann, die über zehn Jahre ein reuz au sich geragen ha, das ganzroh aus einem geweihen Zweig geerig und mi einer um die beiden eile gewundenen Secknadelzusammengeüg war. Sie hate davon nie abgelassen und rug es bei sich, bis ich es ihr wegnahm; es war eine Person von nich geringer Einsich und Versandesschäre. Eine andere kanne ich, die sicheines osenkranzes bediene, dessen Perlen aus Fischgräen besanden; die Andach dieser Person war gewiß darob nich geringeren Weres vor Got. Beide hielen oenbar nichs von der Gesal unddem Wer ihrer Andachsgegensände. Alle, die von den Anängen an au dem rechen Weg wandeln,klammern sich nich an solche Hilsmitel und überladen sich nich mi Sachen. Sie wollen auch nich

mehr wissen, als nöig is, um rech zu handeln; sie rachen einzig danach, gu mi Got zu sehen undihm wohlgeällig zu sein. So geben sie großherzig alles, was sie haben, dahin; mi Freuden beraubensie sich dessen aus Liebe zu Got und zum Nächsen, ob es sich um geisliche oder irdische Dinge han-del. Sie haben, wie gesag, nur die innere Vervollkommnung vor Augen: Got Freude zu machen, sich

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selber aber minichen.

3 Von diesen Mängeln aber kann sich die Seele, wie von den übrigen, sich solange nich durchausreinigen, als Got sie nich in die passive Läuerung der dunklen Nach versez, von der wir im olgen-

den reden werden. Doch muß sie ihrerseis nach räen an ihrer einigung und Besserung miarbei-en, um würdig zu werden, daß Got sie in seine Zuch nimm und sie von allem heil, dem sie nichselber abhelen kann. Soviel Mühe sie sich jedoch gib, sie kann sich akiv nich sowei reinigen, daßsie auch nur einigermaßen der vollendeen Liebeseinigung mi Got ähig würde, wenn er sie nichselbs in die Hand nimm und sie im dunklen Feuer läuer, von dem die ede sein wird.

4. KPIEL ANDEE UNVOLLOMMENHEIEN, WIE SIE DIE

 ANFÄNGE BEZÜGLICH DES DITEN HAUPLASES,DE UNEUSCHHEI, ZU HABEN PFLEGEN

1 Aus den zahlreichen andern Unvollkommenheien, die die Anänger bezüglich der Grundlaserhaben, wähle ich der ürze halber nur ein paar wichigere aus, die gleichsam die Quelle der übrigensind. Bezüglich der Unkeuschhei sehe ich vom Fall geislicher Personen in diese Sünde ab und redenur von den Unvollkommenheien, die in der dunklen Nach zu reinigen sind. Es gib deren viele, dieman als geisliche Sinnenlus bezeichnen kann, nich weil sie unmitelbar solche wären, wohl aber weilsie sich aus geisigen Halungen ergeben. Geschieh es doch o, sogar bei geislichen Übungen, daßsich unwillkürliche sinnliche egungen und Vorgänge einsellen; zuweilen sogar, wenn der Geis inieem Gebe gesammel is oder wenn man die Sakramene der Buße und der Eucharisie empäng.Solches geschieh - ich wiederhole es - ohne unser Zuun, und zwar aus drei möglichen Ursachen.

2 Die erse lieg darin, daß die Naur o ein Wonnegeühl an geislichen Dingen ha. Denn dadem Geis und der Sinnlichkei ein osen zueil wird, dräng jeder der beiden eile des Menschen

nach der ihm eigenen Beriedigung. Der Geis als der höhere eil wird zu einem reudigen Verkosenin Got angereg, die Sinnlichkei als der niedere eil zu einem sinnlichen Vergnügen, denn anderes vermag sie nich zu erassen; so ergeh sie sich mehr in dem, was ihr am nächsen seh: dem zuchlosSinnlichen. Es komm also vor, daß die Seele dem Geis nach ie im Gebe vor Got is und sie ohneihr Zuun in der Sinnlichkei Empörungen, egungen und Ake der Lus verspür, zu ihrem Mißallen.Dies komm bei der hl. ommunion o vor, bei welchem Liebesak der Seele ein reudiges osenzueil wird, alls der Herr es verleih (und zu diesem Zwecke schenk er sich auch); die Sinnlichkeinimm sich dabei, wie gesag, das Ihre und au ihre Weise. Da beide eile schließlich zusammen nurein Wesen bilden, geschieh es gewöhnlich, dass beide eile nach ihrer Ar an dem eilnehmen, was

der Mensch empäng. Nach der Lehre der Philosophen wird jegliches Ding nach der Beschaenheides Empängers augenommen. So nimm in diesem Anangszusand und auch wenn die Seele schonorgeschritener is, die noch unvollkommene Sinnlichkei das Geisige Gotes o mangelha au. Isdieser eil aber durch die Läuerung der dunklen Nach gereinig, behäl er diese Schwäche nich län-

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ger. Denn nich er is jez mehr der Empänger, sondern er wird vom götlichen Geis an sich gezogenund besiz alles nach der Weise des Geises.

3 Die zweie Ursache ür solche gelegenliche Empörungen is der Dämon; er such die Seele zurZei, da sie bee oder sich zum Gebe anschick, zu beunruhigen, indem er in der Naur ungeordnee

egungen erweck, und üg ihr dami, wenn sie sich darau einläß, großen Schaden zu. Nich nur läßsie aus Angs davor vom Gebe ewas ab - worau er ja hinaus will -, um dagegen anzukämpen, son-dern einige lassen dann das Gebe völlig ahren, in der Meinung, dergleichen soße ihnen im Gebehäuger zu als sons, was durchaus wahr is. Der euel order sie im Gebe eben mehr heraus als beiandern Beschäigungen, dami sie diese Übung allenlassen. Nich nur das, er geh sowei, ihnen dabeiunzüchige Dinge lebendig vor Augen zu ühren, o in enger Verbindung mi geislichen Dingen odermi Personen, die ihre Seele ördern, um sie so zu erschrecken und einzuschüchern. Die au derleieingehen, wagen dann nichs mehr anzuschauen oder sich vorzusellen, da sie überall au solche Bildersoßen. Bei denen, die zur Melancholie neigen, wirk sich das so sehr aus, daß sie bemileidenswer

sind, ihr Leben is ein rauriges; bei so Veranlagen kann die Anechung des euels solche Ausmaßeannehmen, daß sie sich unzweielha ür besessen halen und nich mehr rei, sich ihm zu enziehen;einzelne reilich können, wenn auch mi Mühe und Ansrengung, solche Überwäligung zurückwei-sen. Widerahren solch unzüchige Anechungen Melancholikern, so werden sie zumeis nich eherdavon berei, als bis sie von ihrer Gemüsar geheil sind oder in die dunkle Nach eingehen, die sieallmählich vom Ganzen berei.

4 Die drite Ursache, von der solche schändlichen egungen ür gewöhnlich ausgehen und zumamp veranlassen, is die Angs, die man im vorhinein vor unkeuschen egungen und Vorsellungenha. Diese Angs, die sie bei der Erinnerung an das, was sie sehen, un und denken, plözlich beäll, bewirk, daß sie ohne ihre Schuld derarige egungen erleiden.

5 Es gib aber auch Seelen, die so empndsam und erregbar veranlag sind, daß sich in ihnen,sobald sie ewas Freudiges im Geis oder im Gebe erahren, auch der Geis der Unlauerkei reg.Ihre Sinnlichkei is davon so berausch und enzück, daß sie wie überschwemm werden vom Anreizdieses Lasers. Beide Erahrungen werden gleichzeiig au passive Weise gemach, o solange, daß eszu unehrbaren und unbomäßigen Aken komm. Das geschieh daher, daß bei diesen empndlichen

und leich erregbaren Nauren bei jeder Empndung die örpersäe und das Blu auwallen, unddann ensehen diese egungen. Dasselbe geschieh bei solchen Personen, wenn Zorn sie übermannoder ein ummer oder ein Schmerz.

6 Zuweilen erwach bei geislichen Personen, wenn sie über geisliche Dinge reden oder sich da-mi beschäigen, eine gewisse Feurigkei und Munerkei beim Denken an jene, die sie vor sich habenund mi denen sie sich in einer Ar von eilem Wohlgeallen unerhalen. Auch das is eine Ausgeburder geislichen Unlauerkei, wie wir sie hier versehen, die zumeis mi einer Zusimmung des Willens verbunden is.

7 Einige dieser Personen gehen uner dem Vorwand des geislichen Lebens mi andern Priva-reundschaen ein, die sehr o nich dem Geis, sondern der ungeordneen Sinnlichkei ensammen.Man kann es daran ersehen, daß beim Gedanken an solche Anhänglichkei nich die Gotesliebe sich

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melde, sondern Gewissensbisse. Is die Freundscha wirklich geislich, dann wird, wenn sie sich ver-ie, auch die Liebe zu Got sich seigern, und je mehr man sich ihrer erinner, deso mehr denk manan Got und nde Freude an ihm. Während die eine zunimm, wächs auch die andere. Dem GeisGotes is es eigen, das eine Gu mi dem andern zusammen zu vermehren, au grund der Ähnlichkei,die zwischen beiden herrsch. Ensprich aber eine solche Freundscha dem sinnlichen Laser, dannha sie die gegeneilige Wirkung. Je mehr die eine wächs, deso mehr wird die andere abnehmen, auch

die Erinnerung daran. Wächs die sinnliche Liebe, dann läß sich sogleich beobachen, wie die Go-esliebe erkale; man vergiss Got, aber uner Gewissensbissen. Wächs im Gegeneil die Gotesliebein der Seele, dann erkale in ihr die andere und sie vergiß sie. Da beide Aren der Liebe einander wi-dersprechen, verhil keine der andern zum Wachsum, vielmehr lösch die vorherrschende die andereaus und ersick sie, um so, wie die Philosophen sagen, an eigener ra zu gewinnen. Deshalb sagunser Herr im Evangelium: «Was vom Fleisch geboren is, is Fleisch, und was vom Geis geboren is,is Geis» (Joh 3,6). Liebe, die der Sinnlichkei ensamm, ende im Sinnlichen; Liebe, die aus Gotgeboren is, is au GotesGeis ausgeriche und läß ihn in uns wachsen. Das is der Unerschied, andem man diese beiden Aren der Liebe unerscheiden kann.

 Wenn die Seele in die dunkle Nach einrit, dann komm Ordnung in diese beiden Aren der Liebe.Die eine, die gotgemäße, ersark und läuer sich. Die andere verlier ihre ra und erlisch, wie spä-er gesag werden wird.

5. KPIELUNVOLLOMMENHEIEN DE ANFÄNGE BEEFFS DE HAUPSÜNDE DES ZONES

1 Da viele Anänger nach geislichen Genüssen verlangen, begehen sie diesbezüglich viele Un- vollkommenheien, indem sie sich zum Zorn hinreißen lassen. Wenn sie einmal die süssen geislichenGenüsse enbehren müssen, geraen sie außer Fassung; sie sind raurig, verdrießlich bei ihrer Arbeiund werden wegen leinigkeien zornig, zuweilen benehmen sie sich ganz und gar unerräglich. Dasgeschieh, wenn ihnen beim Gebe ühlbare Andach geschenk wurde; sobald sie aber dieses Ge-

schmackes beraub sind, bleib die Naur begreiicherweise in Unlus und Mißbehagen, rech wie beieinem ind, das man von der Muterbrus wegnimm, wo es sich nach Herzenslus gelab. Solange dieNaur sich vom Unlusgeühl nich beherrschen läß, lieg keine Sünde, nur Unvollkommenhei vor, wovon die Seele sich in der dunkeln Nach und ihrer rockenhei und Bedrängnis zu reinigen haben wird.

2 Einige Anänger allen au andere Weise in den geislichen Zorn. Sie erregen sich in unange- brachem Eier angesichs der Fehler anderer. Sie beobachen sie und ühlen sich dann bemüssig, sieheig zu adeln, und sie un das so, als wären sie selber Meiser der ugend. All das versöß gegen die

geisliche Sanmu.

3 Andere gib es, die sich, der Demu ermangelnd, beim Anblick der eigenen Fehler enrüsen.Sie möchen an einem einzigen ag heilig werden. Manche nehmen sich vieles vor und assen großar-

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ige Vorsäze, aber weil es ihnen an Demu gebrich und sie sich selbs gegenüber nich missrauischsind, allen sie, je mehr sie sich vornehmen, deso öer und ärgern sich darüber. Sie haben die Geduldnich, den Augenblick abzuwaren, da es Got geäll, sie zu erhören. Auch das versöß gegen die er- wähne geisliche Sanmu. Wirklich heilbar is es nur durch die Läuerung der dunklen Nach. Frei-lich gib es auch einige, die so viel Geduld mi sich haben und so langsam voranmachen, daß es Gotlieber wäre, sie häten ewas weniger Geduld.

6. KPIELUNVOLLOMMENHEIEN BEZÜGLICH

DE GEISLICHEN GENUSSUCH

1 Über die viere Haupsünde, die Genußsuch, gib es vieles zu sagen. Es nde sich kaum ein Anänger, der roz seines guen Verhalens nich in einige der zahlreichen Fehler ele, die hier ihre

Quelle haben und durch den Wohlgeschmack erzeug werden, die man anangs bei den geislichenÜbungen nde. Vom Schmecken und Verkosen, das sie dabei erahren, angelock, haschen sie mehrnach diesem, als daß sie die Lauerkei und Geisunerscheidung suchen, worau Got schau und wasihm au der ganzen geislichen Wanderung das Angenehme is. So läß die Genußsuch sie nich nur inden genannen Fehler allen, sich vom Genuß anlocken zu lassen, sondern sie auch von einem Exremzum andern schwanken, ohne bei der rechen Mite zu bleiben, wo die ugend sich esig und Halgewinn. Angezogen vom Genuß, den sie dabei nden, richen sich manche durch Bussübungen zu-grunde, andere schwächen sich durch Fasen, indem sie ohne Anordnung und a eines Zusändigenmehr un, als ihre Schwäche ihnen gesate, sie versecken sich sogar vor jenen, denen sie gehorchenmüssen, ja einige wagen das Gegeneil dessen zu un, was ihnen beohlen wird.

2 Das sind sehr unvollkommene Leue, denen der Versand mangel. Sie lassen Unerwerungund Gehorsam beiseie, der doch die Bussübung der Vernun und die wahre Unerscheidungsga- be is, das Got wohlgeälligse Oper. Anselle dessen verriche man körperliche Bußwerke, die nurnoch eine ierische Buße sind, weil man sie wie die iere um des Geschmackes willen üb, die mandarin nde. Da alle Exreme ehlerha sind und diese Leue mi dieser Handlungsweise nur ihreneigenen Willen un, wachsen sie mehr in den Lasern als in der ugend. Zumindes verallen sie der

geislichen Genußsuch und zudem der Hoar, da sie nich im Gehorsam bleiben. Und manche be-ör der euel gar sehr, indem er ihre Begierden und Genüsse seiger und so ihre Naschhaigkei biszur Unerräglichkei anach. Dann ändern sie die Vorschri oder ügen ewas hinzu oder un sie au andere Weise, denn hierin is ihnen der Gehorsam zu beschwerlich. Andere verirren sich sogar sowei,daß wenn sie eine geisliche Übung im Gehorsam vollziehen, sie Lus und Geschmack daran verlieren.Sie haben nur Lus und Freude an dem, was ihnen zusag, was sie aber vielleich besser unerlassen würden.

3 Viele von diesen sieh man bei ihren geislichen Führern darau drängen, das ihnen Wohlge-

ällige un zu düren; sie enreißen ihnen die Erlaubnis as mi Gewal. Geling ihnen dies nich, soüberlassen sie sich wie inder der raurigkei; sie sind missvergnüg, sie bilden sich ein, Got nich zudienen, wenn man ihnen ihre Launen nich läß. Da sie ihrem Geschmack und Eigenwillen nachlebenund ihn ür ihren Got halen, verallen sie, sobald man sie zum un des Willens Gotes anhalen will,

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der rübsal, sind niedergeschlagen und enmuig. Sie bilden sich ein, daß wenn sie glücklich und zu-rieden sind, Got bedien und zuriedengesell is.

4 Wieder andere besizen augrund ihrer geisigen Schwelgerei so wenig ennnis von ihrer ei-genen Armseligkei und so wenig Ehrurch vor Gotes erhabener Majesä, daß sie nich ansehen,

ihren Beichväern die Erlaubnis abzunöigen, häug beichen und kommunizieren zu düren. DasSchlimmse is, daß sie es wagen, ohne Erlaubnis oder a des Dieners und Sellverreers Chrisi zukommunizieren, und ihm den abesand verheimlichen. Da sie nur darau aus sind zu kommunizie-ren, beichen sie obenhin, sie denken mehr an den Genuß als an den Empang mi reinem, wohlvor- bereieem Herzen. Vernüniger und heilsamer wäre die gegeneilige Einsellung: den Beichvaer zu biten, sie nich so o zu den Sakramenen reen zu lassen; das Bese aber zwischen diesen beidenExremen is, demüig gelassen zu sein. Überriebene Verwegenhei in diesem Punk is immer vonÜbel, und sie muß die ensprechende Srae gewärigen.

5 Wenn solche Leue kommunizieren, wollen sie sich mehr ein ühlbares Verkosen verschaenals den in ihrem Herzen empangenen Got verehren und ihn in Demu preisen. Sie sind von diesemGedanken so eingenommen, daß wenn sie keinen ühlbaren Geschmack und ros erhalen haben,sie nichs geleise zu haben meinen. Das heiß sehr gering von Got denken. Sie versehen nich, daßsinnlicher Genuß die geringse der Wirkungen des heiligen Sakramenes is, während der wei höhere,unsichbare, die darin verliehene Gnade is. Deshalb enzieh ihnen Got o die ühlbaren süssen Ge-nüsse, dami sie die Augen des Glaubens au das wahre Gu richen. Sie aber wollen Got ühlen undschmecken, als wäre er unsern Sinnen zugänglich, und das nich nur beim ommunizieren, sondernauch bei andern geislichen Übungen. Dies alles verrä größe Unvollkommenhei und bilde einenargen Versoß gegen Gotes Wesen, weil ein solcher Glaube nich lauer is.

6 Nich anders verhalen sich diese bei ihrem Gebe. Sie bilden sich ein, es besehe zur Gänzedarin, daß man Geschmack und sinnenhae Andach nde. Mi Gewal suchen sie sich solche zu ver-schaen, was sie nur ermüde und ihnen opweh mach; und wenn es ihnen mißling, sind sie völligniedergeschlagen und meinen nichs gean zu haben. Ihrer Ansprüche wegen gehen sie der wahren Andach und des Gebesgeises verlusig, der darin beseh, in Geduld und Demu auszuharren, sichselber mißrauend, aber besreb, Got allein zu geallen. Finden sie einmal bei einem besimmen

Gebe keinen Geschmack, so sind sie angewider; sie mögen nich weiermachen und zuweilen uner-lassen sie es ganz. Darin gleichen sie, wie schon gesag, kleinen indern, die sich in ihren egungenund aen nich von der Vernun, sondern von der Sinnlichkei leien lassen. Ihr ganzes rachen gehin der Suche nach geislichem Genuß und ros au, weshalb sie auch nie genug Bücher lesen können.Bald greien sie nach dieser Berachung, bald nach jener, und sind dami in den götlichen Dingendoch nur au der Jagd nach dem eigenen Lusgeühl. In seiner Gerechigkei, Weishei und Liebe aber versag Got ihnen dieses; anders würde sie ihre Genußsuch in unzählige Übel sürzen. Für sie is esäußers wichig, in die dunkle Nach einzureen, um sich von dem ganzen kindischen Wesen zu säu- bern.

7 Die zu solchen Genüssen Neigenden verallen noch in einen andern großen Fehler: sie sindzu eig und zu lau, um den herben Weg des reuzes zu wandeln. Denn wer nach Genuß sreb, sößnaürlicherweise alle Unannehmlichkeien der Selbsverleugnung von sich.

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8 Sie haben noch viele andere, daraus enspringende Unvollkommenheien. Der Herr heil siezu seiner Zei durch Anechungen, rockenheien und Prüungen, die zur dunklen Nach gehören.Doch ich will, um nich weischweig zu werden, hier nich davon reden, erwähne bloß noch, daß ech-e Nüchernhei und Mäßigkei ganz anders geare sind; sie äußern sich in Aböung, Furch, Uner- würgkei. Man merke sich, daß Wer und Vollkommenhei unserer Werke nich in ihrer Menge oder

in ihrem Geschmack besehen, sondern in der Selbsüberwindung, mi der man sie u. Darau sollendie Anänger, so viel sie vermögen, achen, bis Got sie selber reinig, indem er sie in die dunkle Nacheinühr. Um möglichs bald von dieser handeln zu können, will ich nur noch kurz bei den olgendenUnvollkommenheien verweilen.

7. KPIEL

UNVOLLOMMENHEIEN BEEFFS NEID UNDGEISLICHE ÄGHEI

1 Auch in bezug au die beiden verbleibenden Haupsünden, Neid und räghei, begehen die Anänger viele Fehler. Was den Neid angeh, so werden viele von ihnen von Eiersuch au die geisli-chen Güer der andern angeochen; es bereie ihnen ühlbare Pein, sie weier voran au dem Weg zusehen; es is ihnen unangenehm, daß jene Anerkennung nden, denn ihre ugenden schaen ihnenBerübnis, und o können sie sich nich enhalen, abrägliche Bemerkungen darüber zu machen und jenes Lob nach Vermögen herabzusezen. Ihr Auge blick scheel, wenn sie nich die gleiche Anerken-nung wie andere nden, denn sie möchen in allem vorgezogen werden. Das alles is der Liebe direkengegengesez, die, wie Paulus sag, sich über das Gue reu (1or 13,6). Wenn die Liebe Neid ver-spür, so is es ein heiliger Neid: es schmerz sie, die ugenden der andern nich zu besizen, und dochis sie glücklich, daß die andern sie haben. Und weil eine ugend ihr selber so ehl, reu sie sich, daßalle andern Got besser dienen als sie.

2 Nun zur geislichen räghei. Anänger pegen vor den geislicheren Dingen einen Überdrußzu verspüren und dieselben zu iehen, weil sie ihrem sinnlichen Geschmack nich zusagen. Da die

geislichen Dinge sie nur ihres Wohlgeschmacks wegen anziehen, bereien sie ihnen bei dessen FehlenLangeweile. Finden sie im Gebe den ros nich nach ihrem Gelüs, den Got ihnen aber diesmal, umsie zu prüen, versag, so mögen sie nich mehr zu ihm zurückkehren oder lassen ganz davon ab oder verrichen es nur mi Widerwillen. Aus räghei verlassen sie den Weg der Vollkommenhei - den Wegder Verleugnung des eigenen Willens und Geschmacks aus Liebe zu Got - und wählen den der Lusund Beriedigung ihres Willens. Sie wollen lieber den eigenen als den götlichen Willen beriedigen.

3 Viele von ihnen hegen den Wunsch, Got möge sich ihrem Willen anpassen; es bereie ihnen Verdruß, sich dem seinen ügen zu müssen, sie un es nur mi Widersreben. Gar o schein ihnen das,

 was nich ihren Wünschen und Gelüsen ensprich, auch nich der Wille Gotes zu sein, während sieüberzeug sind, daß wenn ihr Wille zuriedengesell is, auch der Gotes es sei. Sie messen Got nachsich, und nich sich nach Got, der uns doch selber im Evangelium sag: «Wer seinen Willen ür mich verlier, der wird ihn gewinnen, und wer ihn gewinnen will, der wird ihn verlieren» (M 16,25).

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4 Solche empnden auch Verdruß, wenn man ihnen beehl, was nich nach ihrem Geschmack is. Weil sie im Geis au Erquickung und Wohlgeschmack aus sind, sind sie luslos und. schwächlich, wo der Weg der Vollkommenhei Sarkmu und Ansrengung verlang. Wie solche, die weichlich erzo-gen wurden: sie schrecken vor jeder Schwierigkei zurück, iehen vor dem reuz, das die wahren W onnen des Geises in sich schließ, und ühlen um so mehr Überdruß, je geisiger eine Sache is. Da sie

au dem geislichen Weg nach eigenem Wohlgeallen und Geschmack ausschreien wollen, bereie esihnen viel Widerwillen, durch den engen Pad, der nach Chrisus zum Leben ühr, einzureen (M7,14).

5 Dies mag ür die Auzählung der Unvollkommenheien genügen, obschon es nur einige ausden vielen sind, denen die Anänger im ersen Sadium des geislichen Lebens verallen. Man ersiehdaraus, wie nöig es is, daß Got sie in den Sand der Forschreienden verseze, indem er sie in diedunkle Nach ühr, von der wir sprechen werden. Hier heb er sie weg von der Muterbrus der er- wähnen Genüsse und Freuden und schick sie in innere Dürre und Finsernis, wodurch er von ihnen

alle diese Ungereimheien und indereien absrei und sie au ganz anderen Wegen zur ugend ühr.Denn sosehr sich der Anänger auch bezüglich seiner Handlungen und Leidenschaen der Aböung beeißigen mag, er kann doch nie vollsändig, nich einmal annähernd zum Ziel gelangen, wenn nichGot selbs ihn mitels der Läuerung der dunklen Nach an die Hand nimm. Dami ich darüber miNuzen sprechen kann, möge Got mir sein götliches Lich verleihen, denn um in einer so dunklenNach und bei einer so schwierigen Sache rech zu reden, is dieses Lich unerläßlich.Nun olg der Vers:

In einer dunklen Nacht.

8. KPIELELÄUNG DES ESEN VESES DE 

ESEN SOPHE UND BEGINN DE ABHANDLUNG

ÜBE DIE DUNLE NACH

1 Diese Nach, von der wir sagen, sie sei die Beschauung, verursach in den geislichen Menschenzweierlei Ar von Finsernis oder Läuerung, ensprechend den beiden eilen des Menschen, demsinnlichen und dem geisigen. Die eine Nach oder Läuerung wird die sinnliche sein, in der die Seelein ihrem sinnlichen eil geläuer und dieser dem Geis angeglichen wird. Die andere is die geisigeNach oder Läuerung, in der die Seele gemäß dem Geis gereinig und enblöß und in diesem ürdie Liebeseinigung mi Got bereie und angeglichen wird. Die sinnliche Nach is eine gewöhnliche;sie komm bei vielen, nämlich bei den Anängern vor, von ihr werden wir zuers handeln. Die geisige

is der Aneil sehr weniger, nämlich der schon Eingeüben und Forschreienden; von ihr werden wirnacholgend sprechen.

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2 Die erse Läuerung oder Nach is biter und schrecklich ür die Sinnlichkei; aber die zweieis ohne Vergleich schrecklicher und ensezlicher ür den Geis. Weil die sinnliche in der eihenolgedie erse is, werden wir an erser Selle kurz davon handeln, da sie bekann und in den Büchern o behandel worden is, um dann ausührlicher von der geisigen Nach zu sprechen, weil darüber sehr wenig gehandel wird, weder im Gespräch noch schrilich, und auch dies selen aus Erahrung.

3 Da das Verhalen der Anänger au dem Weg zu Got niedrig is und, wie schon gezeig, in vielerHinsich von ihrer Eigenliebe und Selbssuch besimm wird, will Got sie allmählich weierühren:er lös sie los von dieser groben Ar, ihn zu lieben und erheb sie zu einer höheren, er berei sie von derniedrigen Weise des Fühlens und Denkens, bei der sie ihn so kurzamig und unzweckmäßig suchen,und sell sie au den Weg des Geises, au dem sie mi mehr Fülle und von Mängeln bereier mi Gotumgehen können. Haben sie sich eine Zeilang au dem Weg der ugend geüb, in Berachung undGebe ausgeharr und durch den dabei empundenen ros sich von den Dingen dieser Wel gelösund ewas geisige ra in Got errungen, die ihnen hil, ihre Begier nach Geschöpichem zu zäh-men und um Gotes willen einige Beschwerden und rockenheien zu erragen, ohne sich nach den

 besseren Zeien zurückzusehnen, wo sie in den geislichen Übungen mehr Geschmack anden undihnen das Sonnenlich götlicher Gnaden heller zu leuchen schien, dann verdunkel Got ihnen alldies Lich, verriegel ihnen die ür und versop ihnen die Quelle des süssen geislichen Wassers, ausder sie bisher, so o und soviel es sie danach gelüsee, gerunken haten. Denn solange sie schwäch-lich und verzärel waren, gab es ür sie keine verschlossene ür, wie Johannes in der Apokalypse sag(3,8). Jez aber versez er sie in Finsernis, so daß sie nich mehr wissen wohin mi ihren sinnlichen Vorsellungen und ihren Gedanken. Sie kommen in der Mediaion keinen Schrit mehr voran, wiesie es rüher gewohn waren, da das innere Fühlen schon in die Nach versenk und in solche Dürre versez is, daß die rüher so röslichen geislichen Dinge und rommen Übungen ihnen sa- undgeschmacklos vorkommen, ja in ihnen Widerwillen und Überdruß erzeugen. Got ha, wie gesag, ge-sehen, daß sie ewas gewachsen sind, und dami sie ersarken und den Windeln enwachsen, enzieher ihnen die süsse Brus, läß sie vom Arm herab und gewöhn sie, au eigenen Füssen zu gehen. Dasalles komm ihnen ganz neu vor, da sich ür sie alles ins Gegeneil verkehr ha.

4 Leuen, die zurückgezogen leben, söß das eher als andern zu und meis kurz nachdem sie (midiesem Leben) begonnen haben, weil sich ihnen weniger Gelegenhei biee, sich nach Vergangenemumzuwenden, und sie ihren Geschmack schneller vom Wellichen abkehren. Das is denn auch ür

den Einrit in die beseligende Nach der Sinne erorder. Zumeis vergeh wenig Zei nach diesemBeginn, ehe sie in die Nach der Sinne versez werden, und die meisen geraen hinein, was man ürgewöhnlich daran sieh, daß sie in diese rockenhei allen.

5 Weil diese Ar sinnlicher Läuerung so häug is, können wir daür viele Sellen aus der Heili-gen Schri anühren, die sich au Schrit und rit, vor allem in den Psalmen und bei den Propheen,nden. Ich will aber dami keine Zei vergeuden; wer sie dor nich nachsehen will, dem kann dieallgemeine Erahrung genügen.

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9. KPIELZEICHEN, WORN MAN EENNEN KNN, DASS

EIN GEISLICHE MENSCH AUF DEM WEG DIESE NACH UND SINNLICHEN LÄUEUNG WANDEL

1 Nun komm es o vor, daß rockenhei ihren Grund nich in der erwähnen Nach und Läue-

rung des sinnlichen Begehrens ha, sondern in Sünden und Unvollkommenheien, Lauhei und Übel-launigkei oder in einem gesören körperlichen Gleichgewich oder einer Versimmung. Deshalb willich hier au einige Anzeichen aumerksam machen, woran man erkenn, ob die rockenhei die ge-nanne einigung der Sinne zur Ursache ha oder vielmehr einen der genannen Mängel. Ich ndedaür drei haupsächliche ennzeichen.

2 Das erse beseh darin, daß einer ebensowenig Geschmack und ros an den geschöpichenDingen nde wie an den götlichen. Denn wenn Got die Seele zur Läuerung ihrer Sinnlichkei in diedunkle Nach versez, dann erlaub er ihr nich mehr, an irgendeiner Sache Vergnügen und Geschmack 

zu nden. Daran erkenn man mi ziemlicher Sicherhei, dass diese rockenhei und Geschmacklosig-kei nich aus jüngs begangenen Sünden und Fehlern samm. Denn wäre dem so, würde die Naurgewisse Neigungen und Gelüse nach andern als den götlichen Dingen verspüren; sobald man einerBegierde nach Unvollkommenem die Zügel schießen läß, ühl man sich dem zugeneig, und zwarsärker oder geringer, je nachdem man mehr oder weniger davon angezogen wird. Soern jedoch der Widerwille gegen himmlische oder irdische Dinge auch einer leiblichen Unpäßlichkei oder einer Me-lancholie ensammen könne, die uns die Lus an allem verleide, muß auch das zweie ennzeichen berücksichig werden.

3 Dieses zweie ennzeichen, woraus man au die genanne Läuerung schließen kann, besehdarin, daß man sich ür gewöhnlich mi Eier und Sorgal Gotes zu erinnern such, daß man mein,man diene ihm nich und es gehe rückwärs mi einem, da man an götlichen Dingen keine Lus mehr verspür. Man ersieh daraus, daß solcher Mangel an Geschmack und solche Dürre nich der Lässig-kei und Lauhei enspring; beseh doch das Wesen der Lauhei darin, sich um die Dinge Gotesnich zu kümmern und innerlich nich darum besorg zu sein. Zwischen rockenhei und Lauhei beseh demnach ein großer Unerschied. Lauhei zeig sich in ausgesprochener Schlaei und räg-hei von Wille und Versand; der Diens Gotes sag einem nichs mehr. Die läuernde rockenhei

dagegen ha, wie gesag, dauernde ängsliche Beissenhei um diesen Diens im Geolge, sowie dieBesorgnis, ihn nich rech auszuühren. Gewiß kann sich zuweilen Melancholie oder eine sonsige Ge-simmhei dami verbinden, aber die rockenhei wird rozdem ihre reinigende Wirkung haben, dadie Seele aller rösung enbehr und doch einzig nach Got begehr. Wenn die rockenhei nur einerGemüssimmung ensamm, dann is die Naur nur widerwillig und niedergeschlagen, man verspürkeinerlei Verlangen, Got zu dienen, wie in der läuernden rockenhei: mag hier der sinnliche eil obdes mangelnden roses schla, räge und zum Wirken unaugeleg sein, so is doch der Geis bereiund sark.

4 Die Ursache daür lieg darin: Got überräg die Güer und räe der Sinnlichkei ins Geis-hae ; da diese ihrem naürlichen Wesen nach dessen nich ähig is, bleib sie ohne Nahrung, in Dürreund Leere. In der a is der sinnliche eil nich beähig ür das, was des reinen Geises is; wenn des-halb der Geis ewas kose, is das Fleisch missvergnüg und räge zum Handeln. Der Geis dagegen,

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der jez mehr Nahrung erhäl, ersark und wird aumerksamer als rüher, um es im Diens Gotes annichs ehlen zu lassen. Wenn er nich sogleich götliche rösung ühl, sondern eher rockenheiund Widerwillen, so is das der plözlichen Änderung zuzuschreiben. Sein Gaumen is noch an sinn-liche Genüsse gewöhn, seine Blicke sind noch darau ausgeriche. Der geisliche Geschmackssinnis ür solche Freuden noch nich zubereie und geläuer, deshalb kann er den geisigen ros nochnich kosen, er nde sich rocken und unlusig, weil ihm der Genuß enzogen wurde, der ihm vorher

so leich zugänglich war.

5 Solche, die Got in die Wüse zu ühren beginn, gleichen den indern Israels, denen Got inder Wüse Bro vom Himmel zu essen gab, welches jede Süssigkei in sich barg und, wie anderswogesag wird (Wh 16, 20), jeden vom Einzelnen gewünschen Geschmack annehmen konne. roz-dem ühlen sie mehr den Mangel des Wohlgeschmacks der Fleischspeisen und Zwiebeln, die sie in Ägypen genossen haten, und verkannen deshalb die Güe der Engelsspeise ; sie weinen und rau-eren um ihre einsigen Speisen, während ihnen himmlische dargeboen wurde (Num 1I, 5). So ie sind wir in unserer Begierde gesunken, daß sie uns nach unserer Jämmerlichkei lechzen und vor den

unvergleichlichen Güern des Himmels ekeln läß.

6 Wenn aber die rockenhei ihren Grund in der Läuerung des Sinnesvermögens ha, dann ge- winn der Geis, auch wenn er anänglich aus den besagen Ursachen nichs verkose, doch an Särkeund Enschlossenhei zum Handeln kra der innern Speise, die ihn erhäl und die der Anang derür die Sinne dunkeln und rockenen Beschauung is: sie is ewas Verborgenes und ür den, der sie besiz, Geheimnisvolles. Für gewöhnlich gib sie der Seele, abgesehen von der Dürre und Leere inder Sinnlichkei, ein Verlangen nach Einsamkei und Sille, ohne daß sie an ewas Besimmes denkenkönne oder auch wolle. Würden jene, denen das zusöß, sich sill zu verhalen wissen, alle innereund äußere äigkei sein lassen und sich um nichs kümmern, dann würden sie in dieser Sille unddiesem Vergessen von allem alsbald das ösliche der innern Erquickung verspüren. Diese is so zar,daß die Seele sie ür gewöhnlich nich spür, gerade wenn sie ein besonderes Verlangen nach ihremGenuß ha; sie wirk sich, wie gesag, nur in der seelischen Sille und Selbsvergessenhei aus. Siegleich der Lu, die enweich, wenn die Hand sich über sie schließen will.

7 Mi Bezug darau können wir die Wore versehen, die im Hohenlied der Bräuigam zur Brausprich: «Wende deine Augen von mir ab, denn sie haben mich eniegen lassen» (6,4). Denn in die-

sem Zusand behandel Got die Seele so und ühr sie au so eigenarigem Wege, daß sie, ihre eigenen Vermögen beäigend, das Werk, das Got in ihr verriche, eher sör als örder. Es is also das Gegen-eil dessen, was vorher war. Und zwar deshalb, weil Got in der Seele, die im Zusand der Beschauung vom diskursiven Denken weg orschreie, nunmehr selber wirk; er schein ihr dabei die innern Fä-higkeien zu binden, dem Versand seine Süze, dem Willen seine Spannkra, dem Gedächnis seineInhale zu enziehen. Was die Seele in diesem Zusand an Eigenem beiragen mag, dien, wie gesag,nur dazu, den innern Frieden und das Werk, das Got in der rockenhei sinnlichen Fühlens wirk, zusören. Da dieser Friede geisha und zar is, wirk er ebenso leise und zar, in der Sille beruhigendund beriedend, völlig verschieden von allen rüheren, gröblich asbaren und ühlbaren Genüssen. Es

is der Friede, den Got nach David in die Seele hineinsprich, um sie geisig zu machen (Ps 84,9). Und von hier aus ergib sich das drite.

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8 Das drite ennzeichnen, woraus die Läuerung der Sinnlichkei ersichlich wird, beseh dar-in, daß man nich mehr berachen und nachdenken und roz aller Ansrengung die Phanasie nichmehr wie gewohn verwenden kann. Da Got sich hier nich mehr wie rüher durch die Sinne mi-zueilen beginn, wo das diskursive Denken Begrie mieinander verband oder voneinander renn-e, sondern au rein-geisige Weise, wobei eine Aueinanderolge der Gedanken nich mehr satha,nämlich in einem Ak der einachen Beschauung, zu der die unern Sinnesvermögen, äußere wie inne-

re, nich zureichen, so ergib sich, daß Einbildungskra und Phanasie bei solcher Berachung keineSüze mehr bieen können und man au ihnen nich Fuß assen kann.

9 Bezüglich dieses driten ennzeichens is zu beachen, daß die Hemmung der Seelenkräeund ihr Aberwille nich von einer bloßen Gesimmhei herrühren, denn da eine solche vorübergeh,könne die Seele mi einiger Sorgal sogleich wieder un, was sie vorher gean ha und sich ihrer räe bedienen. Bei der Läuerung des Begehrens aber is es nich so. Denn sobald sie darin einrit, nimmdie Unähigkei, ihre räe zum Nachdenken zu verwenden, immer mehr zu. Freilich ha bei elichendie Läuerung keine solche Besändigkei, daß sie nich zuweilen auch sinnliche Ergözung änden

und Überlegungen ansellen; können sie doch ihrer Schwachhei wegen nich au einen Schlag en- wöhn werden. Dennoch dringen sie immer ieer in die Beschauung ein, und wenn sie wirklich voran-machen, nimm die Sinnesäigkei ein Ende. Mi denen, die nich den Weg der Beschauung wandeln, verhäl es sich ganz anders. Bei ihnen peg die Nach der Dürre in der Sinnlichkei nich anzudauern;zuweilen sind sie darin, zuweilen nich; das eine Mal können sie nich überlegen, andere Male könnensie es. Denn Got versez sie in diese Nach nur um sie zu erproben, zu demüigen, ihre Begierdenzu läuern, dami sie keiner sündigen Genußsuch in geislichen Dingen rönen, nich aber, um sie au dem Weg der geislichen Beschauung zu ühren. Denn nich alle, die ihrem Enschluß gemäß ein geis-liches Leben ühren, erheb Got zur Beschauung, ja nich einmal die Häle; warum, weiß er allein.Daher komm es, daß diese sich nie vollsändig von den Brüsen des diskursiven Nachdenkens lösen,sondern nur zuweilen und in Absänden.

10. KPIEL WIE MAN SICH IN DIESE DUNLEN NACH

ZU VEHALEN HA

1 Zur Zei der Dürre in der sinnlichen Nach, da Got den besprochenen Wandel scha unddie Seele vom Sinnlichen weg zum Geisigen, vom nachdenkenden Berachen zur Beschauung dergötlichen Dinge ühr, wo sie mi ihren eigenen Fähigkeien nichs mehr wirken und erinnern kann,leiden die geislichen Menschen große Qual. Und dies nich bloß ob der Dürre, sondern auch wegendes Argwohns, sich au diesem Weg verirr zu haben. Ihnen schein, sie häten alle geislichen Güer verloren, Got häte sie im Sich gelassen, da sie an nichs Guem mehr Hal und ros nden können.So plagen sie sich ab und versuchen ihrer Gewohnhei gemäß durch Nachdenken über irgendeinen

Gegensand ihre Fähigkeien irgendwie zuriedenzusellen, in der Meinung, wenn sie nich so handel-en und ihr Beschäigsein nich ühlen, äen sie nichs. Das un sie aber nich ohne große Unlusund inneres Widersreben der Seele, die in diesem Frieden und in der Muße bleiben möche, ohnesich mi ihren Fähigkeien abmühen zu müssen. Sich so vom einen abwendend, gewinnen sie nichs

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am andern; während sie mi dem eigenen Geis äig sein wollen, verlieren sie den Geis der uhe unddes Friedens. Sie gleichen einem Menschen, der das schon Gewirke sehen läß, um von vorn anzu-angen, oder einem, der die schon geangene Beue ahren läß, um von neuem au die Jagd zu gehen.Das is vergebliche Mühe; man wird, zur rüheren Mehode zurückkehrend, nichs gewinnen.

2 Finden solche in dieser Zei niemanden, der sie verseh, so machen sie ückschrite. Sie ver-

lassen den rechen Weg oder erschlaen oder erschweren sich zumindes ihren weiem Weg. Au-grund ihrer vielen Bemühungen, durch Berachung und Nachdenken weierzukommen, ermüden sieihre Naur und srapazieren sie übermässig, in der Meinung, ihre Nachlässigkei oder Sündigkei seischuld. Das alles is jez überüssig, da Got sie au einem andern Weg, dem der Beschauung ühr,der vom ersen gänzlich verschieden is: dor hate Nachdenken und Diskurs seinen Plaz, hier haPhanasie und Forschung keinen aum mehr.

3 Wenn man erkenn, daß man au diesen Weg gesez is, muß man sich in Geduld gerösen undsorglos sein. Sich Got anverrauen, der die nich verläß, die ihn mi einäligem und aurichigem

Herzen suchen, und der nich säumen wird, ihnen das au diesem Weg Nöige zu geben, bis er sie zumklaren und reinen Lich der Liebe erheb. Dies aber wird ihnen zueil durch Vermitlung der dunklenNach des Geises, wenn Got sie in diese zu versezen sich würdig.

4 Das Verhalen in der Nach der Sinne aber beseh darin, daß man sich nich länger mi Nach-denken und Mediieren beaß, denn daür is jez die Zei nich mehr. Man hale vielmehr die Seelein Gelassenhei und uhe, auch wenn es den Anschein ha, man äe nichs und verliere seine Zei,und auch wenn man glaub, man habe aus räghei keine Lus mehr an ewas zu denken. Man uschon viel, wenn man geduldig im Gebe ausharr, ohne selber ewas hinzuzuun. Alles, was man unsoll, is, die Seele unbehinder von allen Begrien und Gedanken reizuhalen, ohne sich zu kümmern, was man bedenken und berachen soll, sich begnügend mi einem liebenden ruhigen Aumerken au Got, ohne Besorgnis, ohne den Wunsch, ihn zu kosen oder zu ühlen. Denn alle diese Bemühungen beunruhigen und zersreuen nur die Seele und berauben sie der sanen sillen uhe der Beschauung,die sich hier gewähr.

5 Und wenn ihnen Skrupel kommen, sie verlören Zei und äen besser ewas anderes, da siedoch im Gebe nichs erigbrächen und ihnen nichs einele, so sollen sie sich rozdem selber er-

ragen und sich gedulden, denn man bee ja nich um der eigenen Lus oder der Bereiung seinesGeises willen. Versuch die Seele aus Eigenem durch ihre räe zu wirken, so sör sie und verlier siedie Güer, die Got ihr durch diesen Frieden verleih und einpräg. Wenn ein Maler das Gesich einesMenschen malen oder zeichnen wolle, und dieser würde es, um irgend ewas zu un, bald dahin, balddorhin wenden, so käme er nich zum Ziel, und seine bisherige Arbei wäre vergeblich. In gleicher Weise erginge es der Seele, die im innern Frieden weil, sich aber irgendeiner äigkei oder beson-dern Aumerksamkei widmen wolle: sie wird zersreu, verwirr und empnde Dürre und Leere inihrem sinnlichen eil. Je mehr sie sich au eine Geühlsregung oder eine Einsich süz, deso mehr wird sie deren Mangel spüren, der au diesem Weg durch nichs ersez werden kann.

6 Deshalb soll die Seele es ür unwichig erachen, wenn die Ake ihrer Vermögen ungreiar werden, sie soll sich vielmehr reuen, daß sie verlorengehen. Denn wenn die Seele das Wirken dereingegossenen Beschauung, die Got ihr verleih, nich sör, wird dieser ihr eine größere Fülle des

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Friedens schenken. Er wird sie bereien, vom Geis der Liebe enamm zu werden, den diese dunkleund verborgene Beschauung mi sich bring und ihr miteil. Denn die Beschauung is nichs anderesals ein geheimes, riedliches und liebevolles Einsrömen Gotes, der die Seele mi dem Geis der Liebein Brand sez, wie sie es mi dem olgenden Vers zu versehen gib:

Entfammt von Liebessehnen.

11. KPIELDEUUNG DEIE VESE DE SOPHE

1 Solche Enammung der Liebe wird anänglich nich wahrgenommen, weil die Liebe inolgeder Unreinhei der Naur noch nich zu brennen begonnen ha oder weil die Seele, die sich, wie er- wähn, selber noch nich verseh, ihr keine riedliche Unerkun gewähr. Und doch ühl die Seele,mi oder ohne dieses Verhalen, zuweilen plözlich eine Sehnsuch nach Got, und je weier sie voran-komm, deso mehr sieh sie sich von Liebe nach Got eraß und enbrann, ohne zu wissen und zu versehen, wie und woher ihr dieses Liebesgeühl komm. Manchmal sieh sie die Flamme und Gluso sehr wachsen, daß sie mi ängslichem Sehnen nach Got verlang, wie David, in solcher Nach weilend, es mi diesen Woren ausdrück: «Enamm war mein Herz (nämlich von der Liebe derBeschauung), mein Innerses wende sich um (das heiß: meine sinnlichen Gelüse und Neigungen verwandeln sich vom Sinnen- zum geislichen Leben hin, augrund der rockenhei und der Absagean jede Ar von Geschmack, wovon wir sprachen), und ich wuße nichs mehr» (Ps 72,2 I). Ich wur-de zu nichs, sag er, vernichig, meines Wissens beraub; nde sich doch die Seele, wie gesag, allen von oben oder von unen sammenden Dingen, von denen sie ros erhoe, gegenüber vernichig.Nur das sell sie es: daß sie ganz von Liebe versehr is, ohne zu begreien, wie ihr geschieh. Und dadieses Liebeseuer o mächig ausschläg, wird ihre Gotesschnsuch so groß, daß der Durs ihr ganzesGebein auszudörren schein, ihr Wesen schwäch, ihr die Lebenswärme und Lebenskra raub, denn

 was in ihr leb – so ühl sie -, is die Liebe. Solchen Durs eruhr David, da er ausrie: «Meine Seeledürse nach dem lebendigen Got» (Ps 41,3), als wolle er sagen: Lebendig war der Durs, den meineSeele verspüre. Aber so lebendig er is, es muß doch gesag werden, daß er öe. Doch is anzumer-ken, daß die Heigkei dieses Durses nich immeror anhäl, nur in Absänden wird sie empunden, wenn auch ewas vom Brennen des Durses immer empunden wird.

2 Zu beachen is, daß dieser Durs, wie zuvor gesag, in den Anängen nich spürbar is, sondernnur die Dürre und Leere, wovon wir jez handeln. Was die Seele anselle solcher Liebe, die sich ersallmählich enzünde, inmiten der Dürre und Leere empnde, is eine ängsliche Besorgnis, Got

rech zu dienen, verbunden mi einer schmerzlichen Furch, diesen Diens nich zu leisen. Nun ises ür Got ein angenehmes Oper, zu sehen, wie eine Seele leide und voller Besorgnis is aus Liebezu ihm. Diese Besorgnis und dieser Eier aber sammen aus der noch verborgenen Beschauung, diesolange dauer, bis die Sinne, die naürlichen Neigungen und räe im sinnlichen eil der Seele durch

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 jene rockenhei hinreichend geläuer sind und sie den Geis mi der götlichen Liebe beeuer. Un-erdessen lieg die ganze Augabe der Seele, die wie ein ranker eine ur durchmach, darin, sich inder dunkeln Nach und haren einigung des riebes von einer Menge von Unvollkommenheienheilen zu lassen und durch Übung zu räen zu kommen, um der erwähnen Liebe ähig zu werden, wie wir es nunmehr anläßlich des olgenden Verses erklären werden:

o seliges Geschick!

3 Got versez die Seele in diese Sinnennach, um das Fühlen des niedern eiles zu läuern, ihndem Geis anzugleichen, zu unerweren und'zu einen, wobei er ins Dunkel eingeauch und seinemäsonnieren ein Ende gesez wird. Ensprechend wird Got späer den Geis zu dessen Läuerung undzur Einigung mi ihm in die geisige Nach einühren. Für die Seele is dies, obschon sie es zunächsnich sieh, ein solcher Voreil, daß sie es ür ein seliges Geschick häl, von den Banden und Beengun-gen des niedern Sinneneils berei und in diese selige Nach eingeühr worden zu sein, weshalb sieden jezigen Vers sing: 0 seliges Geschick! Um das zu versehen, sollen die Voreile beschrieben wer-

den, die der Seele durch diese Nach zukommen und die der Grund sind, weshalb sie den Durchgangdurch sie ür ein seliges Geschick häl. Alle diese Voreile aß sie im olgenden Vers zusammen:

Entfoh ich unbemerkt.

4 Das Eniehen bezieh sich au das bisherige Unerworensein der Seele uner ihren sinnlicheneil, das sie zwang, Got mi so schwächlichen, beschränken und geährlichen Miteln, wie diesersinnliche eil sie biee, zu suchen; denn bei jedem Schrit srauchele sie über ausenderlei Unvoll-kommenheien und Unkennnisse, wie anlässlich der Besprechung der sieben Haupsünden ersich-lich wurde. Von alldem wird sie rei, wenn die dunkle Nach alle ihre niedrigen und höheren Berie-digungen auslösch, ihr ganzes äsonnieren in Nach versenk und ihr daür zahllose andere Güer verscha, sie mi üchigkeien bereicher, von denen jez die ede sein soll. Für den, der diesen Weg geh, wird es überaus erreulich und rösend sein, eszusellen, daß was der Seele so har und biter und ihrem geisigen Geschmack so engegengesez schien, zur Quelle so vieler Güer gewordenis. Aber diese Güer, das sei wiederhol, erwachsen ihr nur, wenn sie dank der dunkeln Nach sich von ihren Neigungen und Werken nach allem Geschaenen enern und zum Ewigen erheb: hierinlieg das große Glück und die Beseligung. Einmal weil es ein großer Voreil is, die Leidenscha und

Begierde nach allem Geschaenen ausgelösch zu haben, sodann weil es nur sehr wenige sind, diesich gedulden und ausharren, um durch die enge Pore und den schmalen Weg, der zum Leben ühr,einzugehen, wie unser Herr sag (M 7,14). Die enge Pore is die Nach der Sinne; die Seele enle-dig und enblöß sich aller Anhänglichkei, um in diese Nach einzureen. Sie süz sich dabei au den Glauben, der jedem sinnlichen Erahren remd is, um von da den schmalen Weg zu bereen, dieandere Nach, die des Geises. Von ihr aus schreie die Seele oran Got engegen, einzig au den Sabdes Glaubens gesüz, als au das Mitel, wodurch sie sich Got verein. Au diesem Weg aber wandeln- weil er (wie zu sagen sein wird) so eingeeng, dunkel und schrecklich is, daß kein Vergleich zwischenihm und der Nach der Sinne, was Dunkelhei und Mühsal beri, beseh - sehr viel weniger Men-

schen, wobei doch die Voreile, die man hier nde, sehr viel größer sind. Von den Voreilen der Nachder Sinne handeln wir im olgenden so kurz wie möglich, um dann zur andern Nach überzugehen.

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12. KPIEL VON DEN VOZÜGEN DE SINNLICHEN NACH

1 Diese Nach und Läuerung des Gelüss is ür die Seele segensreich und bereie ihr vielerleiGu und Gewinn, auch wenn sie sich, wie gezeig wurde, darin viel eher beraub vorkomm. Wie Abra-

ham ein Fes eiere, als sein Sohn Isaak enwöhn wurde, so herrsch im Himmel Freude darüber, daßGot diese Seele aus ihren Windeln berei, sie aus seinem Arm herabläß und au die eigenen Füssesell, um ihr oran, von Mutermilch und inderbrei enwöhn, Bro mi der inde zu reichen. Siesoll anangen, am Bro der Sarken Geschmack zu nden; in der Dürre und Dunkelhei der Sinnen-nach wird es allgemach dem von den sinnlichen rösungen bereien und enwöhnen Geis darge-reich. Dieses Bro is die eingegossene Beschauung, von der schon die ede war. Sie is der erse und wichigse Voreil, der der Seele hieraus erwächs; as alle andern enspringen daraus.

2 Der erse, der sich daraus ergib, is die Erkennnis unserer selbs und unseres eigenen Elends.

 Abgesehen davon, daß alle übrigen von Got in der Seele erwirken Gnaden, ür gewöhnlich in die-ser Erkennnis eingeschlossen sind, verschaen Dürre und Leere in den Seelenkräen gegenüber derrüheren Fülle, sowie die jezige Mühsal beim un des Guen, der Seele Einsich in ihre Niedrigkeiund Verächlichkei, die sie zur Zei ihres Wohlgedeihens nich wahrnahm. Ein reendes Bild lieeruns das Buch Exodus. Got wolle die inder Israels demüigen und sie zur Selbserkennnis ührenund beahl ihnen deshalb, ihren Schmuck und ihre Feskleider, die sie in der Wüse zu ragen pegen,abzulegen: «Leg nun euren Schmuck ab» (Ex 33,5) und bekleide euch mi dem Werkagsgewand,dami ihr einseh, was euch gebühr. Als wolle er sagen: Da die Festrach, die ihr rag, euch veran-laß, nich so gering wie billig von euch zu denken, so leg sie ab, dami ihr, wenn ihr euch oran im Werkags kleid vornde, einseh, daß ihr nich mehr verdien und wer ihr überhaup seid. Dies Bei-spiel ühr der Seele ihre Erbärmlichkei vor Augen, die ihr vorher verborgen war; denn als sie nocheslich einherging und viel ros, Süssigkei und Unersüzung bei Got and, war sie selbssichererund mi sich zuriedener, und es kam ihr vor, Got einigermaßen zu Diensen zu sein. Und wenn siedergleichen Geühle auch nich ausdrücklich werden ließ, so war sie au grund der aus dem Genußerwachsenden Selbsgeälligkei doch in ewa davon angean. Jez dagegen, da sie im Allagsgewandder Dürre und Enblößung einhergeh, ihre rüheren Licher erloschen sind, besiz sie die hohe undunenbehrliche ugend der Selbserkennnis in viel höherem Maß. Sie häl nichs mehr von sich und

such keine Beriedigung mehr bei sich; sieh sie doch, daß sie aus sich nichs vermag und nichs er-igbring. Solche Geringschäzung ihrer selbs und die roslosigkei darüber, daß sie Got nich dien, wird von Got mehr geschäz als alle ihre rüheren Werke und Empndungen, so erhaben diese ge- wesen sein mögen, weil sie augrund vielerlei Unvollkommenhei und orhei zusande gekommen waren. Aus diesem neuen Gewand der Selbserkennnis ergeben sich als aus dem Ursprung und Quellnich nur die besagen Voreile, sondern andere, von denen zu sprechen sein wird und noch viele wei-ere, die hier unausgesprochen bleiben.

3 Zunächs eine größere Ehrurch und Zurückhalung im Umgang mi Got, wie es sich im

 Verkehr mi dem Höchsen immer geziem. Solches ha die Seele, als sie in Genüssen und rösun-gen schwelge, nich an den ag geleg. Die empundene Gunsbezeugung öße ihr Got gegenübermehr Anmaßung, Unbescheidenhei und Unüberleghei ein, als ihr zusand. So erging es Mose, alser begri, wer mi ihm aus dem brennenden Busch sprach; von seinem reudigen Gelüs angesachel,

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dache er nur daran, sich Got mehr zu nähern, bis dieser ihm beahl, innezuhalen und die Schuheauszuziehen. Wir ersehen daraus, mi welcher Ehrurch und Zurückhalung, mi welcher Enblößung von Begierde man mi Got umgehen muß. Nachdem Mose gehorch hate, wurde er so achsam und bescheiden, daß er nich nur, wie die Schri sag, sich von Annäherung zurückhiel, sondern nicheinmal mehr hinzuschauen wage (Ex 3,5-6). Da er seine Schuhe der Begierden und Gelüse ausge-zogen hate, erkanne er zuies sein Elend vor Got und wurde deshalb gewürdig, das Wor Gotes

zu hören. In ein ähnliches Verhälnis seze Got den Ijob, als er mi ihm reden wolle; dies geschahnich während dieser in den Genüssen und im uhm weile, wovon uns beriche wird, daß er sie im Verkehr mi seinem Got hate, sondern da er ihn nack au einem Mishauen ausseze, verlassen undsogar verolg von seinen Freunden, erüll von Seelenqualen und Biternis, mi Würmern übersä: da war es, dass Got der Höchse, der den Armen vom Düngerhauen aueb, herabzuseigen geruhe,um Angesich zu Angesich mi ihm zu reden, ihm die ieen der Weishei zu enhüllen, wie es niezuvor in den Zeien seines Wohlsands geschehen war.

4 Hier soll auch ein anderer kosbarer Voreil erwähn werden, der sich aus der Nach und Dürre

der Sinne ergib. In dieser dunklen Nach des riebes erüll sich das Wor des Propheen: «Dein Lich wird in der Finsernis augehen » (Jes 58,10). Got erleuche die Seele, und dann erkenn sie nichnur, wie gesag, ihr Elend und ihre Niedrigkei, sondern endeck auch die Größe und ErhabenheiGotes; nich nur sind die sinnlichen Gelüse und Süzen weggeallen, sondern der Versand ha dienöige Freihei und Lauerkei erworben, um die Wahrhei zu erkennen, denn sinnliches Gelüs undBesreben rüb und hemm den Geis auch dann, wenn es sich bloß au Geisiges ausriche, währendim Gegeneil Bedrängnis und rockenhei die Einsich erleuche und beleb, gemäß dem Wor des Jesaja: «Bedrängnis wird Einsich zum Hören geben» (Jes 28,19). Is demnach die Seele ledig undungehinder, wie es zum Empang einer Einwirkung von oben erorder is, so is sie durch die dunkleNach und rockenhei der Beschauung hindurchgegangen, und Got schenk ihr, wie wir sagen, au übernaürliche Weise die Licher seiner Weishei, was er rüher wegen der sinnlichen Genüsse undBeriedigungen nich gean hate.

5 Darüber belehr uns besens derselbe Prophe, wenn er sag: «Wem wird Got Einsich ver-leihen? Dem von der Milch Enwöhnen, dem der Muterbrus Enremdeen» (ebd. 28,9). Damiis gesag, daß die zum Empang dieses götlichen Einusses nöige Verassung weder die erse Milchgeisiger Süsse is noch das Ernährende des erquickenden Nachdenkens mi dem Sinnesvermögen,

sondern vielmehr die Beraubung des einen und die Loslösung vom andern. Ziem es sieb doch ürdie Seele, die Got anhören soll, rech au den eigenen Füssen zu sehen, ohne sich irgendwo au Sinnund rieb zu süzen. Das sag der Prophe Habakuk von sich selbs: «Ich will mich au meine Waresellen» (mich reimachen von sinnlichem Begehren) und meinen Fuß ausezen (nich au sinnliche Weise räsonnieren) und Ausschau halen, um zu sehen, was Er zu mir sag» (Hab 2, I). Somi sehes, daß aus dieser rockenen Nach zuers die Selbserkennnis enspring, die ihrerseis die Grundla-ge ür die Goteserkennnis bilde. Deshalb sage der hl. Augusinus zu Got: «Möche ich doch micherkennen, Herr, dann würde ich Dich erkennen.» Denn, sagen die Philosophen, ein Exrem wird am besen durch das andere erkann.

6 Um die Wirksamkei dieser Nach der Sinne, die durch ihre Dürre und Enblößung das göt-liche Lich reichlich anzieh, klarer hervorzuheben, sei eine Selle Davids angeühr, wo er besenszeig, wie geeigne diese Nach is, eine iee Goteserkennnis zu erzeugen. Er sag: «Im wüsen, un-

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 wegsamen und wasserlosen Land erscheine ich vor dir, um deine Mach und deine Herrlichkei zuschauen» (Ps 62,3). Es is wahrha ersaunlich, wie David uns hier erkennen läß, daß nich die geis-igen Freuden und Genüsse, die ihm zueil geworden waren, ür ihn zur Anlage und zum Mitel der Er-kennnis der Glorie Gotes geworden sind, sondern Dürre und Enblößhei der Sinnlichkei, die hierdurch den Wüsenboden und das wasserlose Land angezeig wird. Er deue auch nich an, daß ür ihndas Nachdenken und die Einsichen über himmlische Dinge, was ihn o beschäig hate, ein Weg

zur Erkennnis und Beschauung der götlichen Herrlichkei gewesen sind, sondern viel eher sein Un- vermögen, sich von Got einen Begri zu machen und durch Überlegungen mi der Einbildungskra weierzukommen, wie hier durch das «unwegsame Land» angedeue wird. Das Mitel, Got und unsselber kennenzulernen, is somi die dunkle Nach mi ihrer rockenhei. Jedoch is die Fülle dieserErkennnis geringer als in der andern Nach, der des Geises, von der sie nur den Anang bilde.

7 Noch einen weieren Voreil zieh die Seele aus der rockenhei und Dürre dieser Sinnennach:die Demu des Geises, die das Gegeneil der ersen Haupsünde is, der Hoar. Diese Demu, dieaus der Selbserkennnis erwächs, reinig die Seele von all den Mängeln des Solzes, in die sie zur Zei

ihres Wohlgedeihens el. Denn wenn sie sich so ausgerockne und armselig sieh, reg sich in ihr auchnich die Spur eines Gedankens, sie sei besser als andere oder überree sie, wie das rüher der Fall war; vielmehr sieh sie, daß die andern ihr überlegen sind.

8 Diese Einsich erzeug in ihr die Liebe zum Nächsen; sie schäz ihn, sie ureil nich mehr wierüher über ihn, als sie sich voller Eier and, während die andern es nich waren. Sie berache nur ihreigenes Elend, das ihr immeror vor Augen seh und sie hinder, au die Fehler der andern zu achen.David ha dies wundervoll ausgedrück, als er sich in der dunklen Nach beand: «Ich versummeund ühle mich gedemüig und schwieg über die guen Dinge, und mein Schmerz erneuere sich»(Ps 38,3). Er drück sich so aus, weil die Güer seiner Seele ihm so enschwunden scheinen, daß ernich nur darüber schweig und nichs sagen kann, sondern angesichs der andern ob seiner Armselig-kei vor Schmerz versummen muß.

9 Ferner werden hier die Seelen auch unerwürg und gehorsam au den geislichen Wegen. An-gesichs ihres Elends hören sie nich nur gern die Belehrungen anderer an, sie wünschen geradezu,daß jedermann sie belehre und unerweise. Die sinnliche Anmaßung der Zei des Wohlergehens ver-schwinde, und endlich enledigen sie sich der erwähnen Unvollkommenheien, die, wie gesag, im

Gegensaz zur ersen Haupsünde sehen.

13. KPIEL WEIEE VOZÜGE, DIE DIE NACH DE SINNE

IN DE SEELE EZEUG

1 Was die aus der geislichen Habsuch ensehenden Unvollkommenheien angeh, die baldnach diesen, bald nach jenen geislichen Dingen begehre, wobei die Seele nie zuriedengesell war, weder durch diese noch durch jene geisliche Übung, worin sie nach Süssigkeien und Beriedigun-

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gen hasche, so is sie jez in dieser so ieen, dürren Nach völlig umgesale. Da sie der gewohnenGenüsse beraub is und vielerlei Überdruß und Anechung erleide, bereib sie ihre Übungen misoviel Mäßigung, daß sie eher durch ein Zuwenig als, wie bisher, durch Übermaß ehlen könne. Unddoch erhäl die in diese Nach eingeühre Seele ür gewöhnlich von Got die Demu und Bereiwil-ligkei zum Gehorsam, so daß sie alles Augeragene rein aus Liebe zu Got und ohne empundenerösung verriche. Und so enäußer sie sich von vielem, das ihr keinen Genuß mehr bereie.

2 Auch bezüglich der geisigen Lüsernhei zeig sich klar, daß die Seele durch die Dürre und den Widerwillen im sinnlichen eil sich von den Unreinheien berei, von denen wir rüher sprachen.Gehen diese doch, wie wir sagen, ür gewöhnlich aus einem Wohlgeallen hervor, das vom Geis au die Sinne übersröm.

3 Die Mängel beres die Unmäßigkei, der vieren Haupsünde, wovon die Seele sich in derdunklen Nach berei, wurden oben beschrieben, wenn dor auch nich alle augeühr wurden, dennsie sind unzählbar. So übergehe ich sie hier, denn es dräng mich, mi dieser Nach zu Ende zu kom-

men, um zur andern überzugehen, von der Wichiges zu sagen sein wird. Um die vielen Voreile zu versehen, die die Seele außer den schon erwähnen durch den amp gegen die geisliche Unmä-ßigkei in dieser Nach gewinn, genüg es zu sagen, daß sie sich von vielen schweren Übeln und vonabscheulichen Lasern berei sieh, die wir hier nich schildern wollen, aber in die erahrungsgemäß viele geallen sind, weil sie das Laser der Unmäßigkei nich bekämp haben. In der a leg Got inder Seele, die er in die dunkle und dürre Nach einühr, ihrer Begierlichkei und ihrem Gelüs einenZaum an, so daß sie sich an keiner sinnlichen Lus, sei sie einer oder gröber, mehr erlaben kann, under u es solange, bis sie ihrer Begierlichkei und Genußsuch gegenüber geesig, verwandel und ge-schürz daseh. Die Begierlichkei und deren Gelüse verlieren sich, die Seele is wie eingerockne, dadie rüheren Begierden keinen Einuß mehr haben; es is geradeso, wie wenn die Milchwege der Brus verrocknen, da daran nich mehr gesogen wird. Sind einmal die Begierden unerjoch, so erwachsender Seele kra dieser wundersamen geislichen Nüchernhei außer den genannen Voreilen noch weiere. Sie leb im Frieden und in geisiger uhe. Denn wo kein Gelüs und Begehren mehr herrsch,is auch nichs Verwirrendes mehr, es herrsch eiel Friede und götlicher ros.

4 Daraus ergib sich ein weierer Nuzen: ein anhalendes Gedenken Gotes, verbunden mi derBesorgnis, au dem geislichen Weg rückällig zu werden. Dieser Nuzen is berächlich und keines-

alls einer der geringen inmiten dieser rockenhei und Läuerung der Sinne, denn die Seele säubersich von den Mängeln, die ihr augrund der Begierlichkeien und Neigungen anhaeen, sie schwäch-en und rüben.

5 Ein weierer großer Voreil erwächs der Seele aus dieser Nach: sie üb sich in allen ugendengleichzeiig. Da is vor allem die ausharrende Geduld und Ergebung inmiten der Dürre und Verlas-senhei, wenn es gil, in den Frömmigkeisübungen auszuharren, an denen man weder ros nochGeschmack nde. Da is erner die Liebe zu Got, denn man handel nich au grund von Anziehungoder Beriedigungen am Geleiseen, sondern einzig weil man Got geallen will. Da is endlich die

ugend des Sarkmus, denn inmiten der Widrigkeien und Unannehmlichkeien, die ihrem Wirkenengegensehen, zieh man ra aus seiner Schwäche selbs und wird dadurch sark. urz, die Seeleüb sich innerhalb dieser Dürre in allen ugenden: in den götlichen wie den kardinalen und sitli-chen, und dies leiblich wie geisig.

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6 So verleih die Nach der Seele diese vier Voreile : den beseligenden Frieden, das anhalendeGedächnis Gotes mi der Besorghei, ihm zu geallen, die lauere einhei der Seele, schließlichdie Übung der erwähnen ugenden. David, der sich selbs in solcher Nach beunden ha, sell eses: «Meine Seele wolle sich nich rösen lassen, da gedache ich Gotes und and ros; ich mühemich ab, und mein Geis schmachee dahin.» Und er üg bei: «Die Nach hindurch berachee ich

in meinem Herzen, ich mühe mich, meinen Geis (durchsichig zu machen und ihn) zu läuern» (Ps76,3-4.6), gemein is: von allen Anhänglichkeien.

7 Auch von den Unvollkommenheien der drei noch übrigen Hauplasern, des Neides, des Zor-nes und der räghei, reinig sich die Seele in dieser Ausrocknung des Begehrens und erwirb dieengegengesezen ugenden. Schmiegsam gemach und gedemüig im Lau dieser widrigen Ausdör-rungen wie der übrigen Anechungen und Prüungen, denen Got sie in dieser Nach unerzieh, wirdsie schmiegsam Got, sich selbs und dem Nächsen gegenüber. Sie erreg sich nich mehr aus Enrüs-ung über ihre eigenen Fehler, noch über die des Nächsen, is mi Got nich mehr unzurieden, noch

 beklag sie sich ungehörig bei ihm, weil er sie nich schneller vollkommen mach.

8 Was den Neid angeh, so verhäl sie sich jez liebevoll zum Nächsen; bleib ihr eine gewisseEiersuch, so is diese nich mehr sündha wie rüher, als sie sah, daß andere ihr vorgezogen wurdenund mehr ugend besaßen. Jez, da sie sich armselig ühl, läß sie ihnen gern den Vorrang. Die Eier-such, die sie noch heg - alls ihr solche bleib -, is eine ugendhae; sie beseh im Verlangen, jenenachzuahmen, was gewiß ein Zeichen recher ugend is.

9 Die räghei und der Überdruß an geislichen Dingen is jez nich mehr wie ehedem schuld-ha; damals ensamme sie den geislichen Genüssen, die der Seele manchmal zueil wurden undderen ückkehr sie ersehne; jez sind sie nich mehr die Folge solch unvollkommener Geühle, dennin der einigung der Sinne is die Seele in allen Dingen Got hingegeben.

10 Noch viele andere Voreile außer den angeühren gewinn die Seele augrund dieser rocke-nen Beschauung. Inmiten der Dürre und Bedrängnis komm es vor, daß, wenn sie am wenigsen da-ran denk, Got ihr eine heilige Sanhei, eine reine Liebe, hohe Einsichen verleih, nüzlicher undkosbarer als alle, die sie vordem empand. Freilich schäz die Seele sie zunächs nich so ein, weil

nämlich die geisliche Miteilung eine überaus zare und der Sinnlichkei nich wahrnehmbare is.

11 Und schließlich: je mehr die Seele sich von sinnlichen Begierden und rieben reinig, desomehr geisige Freihei gewinn sie, die sie allmählich mi den zwöl Früchen des Heiligen Geises be-reicher. Dadurch wird sie außerdem au wundersame Weise den Händen ihrer drei Feinde: des eu-els, der Wel und des Fleisches enrissen. Denn is sie einmal dem sinnlichen Begehren und Schme-cken des Geschaenen abgesorben, haben euel, Wel und Sinnlichkei keine Wae und Mach mehr wider sie.

12 Dürre also bewirk, daß die Seele zur reinen Gotesliebe orschreie. Was sie u, wird jeznich mehr durch das Vergnügen an ihrem Wirken besimm, sondern einzig durch das Verlangen,Got zu geallen. Sie handel nich mehr aus Anmaßung oder persönlicher Beriedigung, wie es zurZei ihres Wohlergehens sein moche, sie is sich selbs gegenüber urchsam und mißrauisch gewor-

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den und such keine Beriedigung mehr bei sich selbs. Das is die heilige Furch, die jegliche ugendhüe und örder. Dürre lösch auch, wie schon bemerk, die heigen Ansprüche der Naur. WennGot ihr nich zuweilen eine rösung gewähre, so wäre es jez ein Wunder, alls sie sich in ihren Wer-ken oder geislichen Übungen aus eigenen räen einen sinnlichen Geschmack oder eine rösung verschaen könne.

13 In dieser rockenen Nach wächs das Sich-ümmern um Got und die Besorghei, ihm zudienen. Da die Brüse der Sinnlichkei, woran sich die Seele beriedige, langsam versiegen, such sieim rockenen und Enblößen nur noch, Got zu Diensen zu sein, was Got überaus wohlgeällig is.Sag doch David: «Ein zerknirscher Geis is ein Oper vor Got» (Ps 50,19).

14 Da also die Seele erkann ha, daß sie in dieser enblößenden einigung so zahlreiche kosbare Voreile gewann, sing sie mi vollem ech die Verse der Srophe, die wir eben erklären:o seliges Geschick!

entfoh ich unbemerkt.

Das heiß: ich enoh den Banden und der Sklaverei der sinnlichen Gelüse und riebe, und zwarunbemerk, ohne daß die drei genannen Feinde mich daran hindern konnen. Diese hielen, wie ge-zeig, die Seele in Gelüsen und Genüssen wie mi Sricken geangen, so daß sie aus eigener ra nichzur Freihei der Liebe Gotes gelangen konne; ohne solche Sricke aber können sie der Seele nichsanun.

15 So ha nunmehr besändige Aböung die vier Leidenschaen: Freude, Schmerz, Honungund Furch, zur uhe gebrach, die dauernde Dürre ha die naürlichen Begierden eingeschläer undder Einklang der Sinne und innern Seelenkräe ha sich dadurch hergesell, daß die diskursiven ä-igkeien auören, dieses ganze Volk, das die niederen eile der Seele bewohn, die der Herr seine Wohnung nenn, mi den Woren:

Da nun mein Haus in Ruhe lag.

14. KPIELDEUUNG DES LEZEN VESES

DE ESEN SOPHE

1 Da nun dieses Haus der Sinnlichkei beruhig is, nämlich durch die Nach der sinnlichen Läu-erung die Leidenschaen eröe, die Begierden beschwichig und eingeschläer wurden, enwichdie Seele, um sich au den Weg des Geises zu begeben, den der Forschreienden und Forgeschrite-

nen, den man auch Weg der Erleuchung oder der eingegossenen Beschauung nenn. Got selber wei-de und örder die Seele hier, während in ihr jeder Diskurs und jedes Miwirken unerbleib. Darinlag ja, wie erklär, ür die Seele die reinigende Nach der Sinne. Diese Nach is bei denen, die nachherin die ieere des Geises einzureen haben, um zur Liebeseinigung mi Got hinzugelangen (aber

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gewöhnlich reen nich alle, sondern nur sehr wenige darin ein), voll großer Mühsale und sinnlicher Versuchungen, die aber bei den einzelnen nich gleich lange dauern. Einigen nah der Saansengel, derGeis der Unzuch, um sie mi heigen und abscheulichen Versuchungen zu quälen, er verwirr ihrenGeis mi häßlichen Gedanken, ihre Einbildungskra mi lebhaen Vorsellungen, was zuweilen einegrößere Qual is als der od.

2 Andere Male gesell sich in der Nach auch der Geis der Gotesläserung bei, der alle ihre Be-grie und Gedanken mi unerräglichen Blasphemien erüll und sie zuweilen der Phanasie so leben-dig einschmeichel, daß er sie zu ihrer Pein beinah zwing, sie auszusprechen.

3 Dann wieder überäll sie ein anderer abscheulicher Geis, den Jesaja als «Geis des Schwin-dels» bezeichne (19,14), nich um die Seelen zu sürzen, sondern um sie zu prüen und zu särken.Dieser verdunkel derar die Sinne und erüll den Versand mi ausend Skrupeln und alosigkeien,daß sie sich mi nichs zuriedengeben und ihr Ureil dem a und der Ansich anderer nich un-erweren können. Das is eine der schwersen und erschreckendsen Anechungen, schon sehr nah

dem, was sich in der Nach des Geises ereigne.

4 Solche Sürme und Widrigkeien schick Got in der Nach der Sinnesreinigung denen, die erspäer in die Nach des Geises einühr, auch wenn nich alle dazu übergehen. So gepeinig und ge-prügel werden ihre Sinne und Seelenkräe eingeüb und ügsam gemach und gegerb au die bevor-sehende Einigung mi der Weishei. Denn solange die Seele nich durch Anechungen und Mühsaleerprob und geprü is, kann sie ihren Sinn nich ür die Weishei bereihalen. Deshalb sag das Buch  Jesus Sirach: «Wer nich versuch wurde, was weiß der? Und wer nichs durchgemach ha, kenn wenig» (Sir 34,9-10). Die gleiche Wahrhei bezeug Jeremia: «Du has mich gezüchig, Herr, undich erhiel Unerweisung» (31, 18). Die angemessense Ar der Züchigung ür den Eingang in die Weishei sind die genannen innern Züchigungen, denn sie läuern das Geühl am wirksamsen vonallen Genüssen und rösungen, mi denen die Seele ob ihrer naürlichen Schwäche behae war, unddurch sie wird sie au die kommende Erhöhung hin gedemüig.

5 Wie lange aber die Seele in diesem Fasen und Büssen der Sinne aushalen muß, läß sich nichmi Sicherhei besimmen. Auch werden nich alle den gleichen Anechungen und Prüungen uner-zogen. Got besimm diese nach seinem Willen, ensprechend dem Grad der Unvollkommenheien,

die überwunden werden müssen; aber auch ensprechend dem Grad der Liebe, zu dem er die einzel-nen erheben will, sende er ihnen ieere oder weniger iee Demüigungen, über längere oder kürzereZei. Wer zum Leiden geeigneer und kräiger is, wird gründlicher und rascher gereinig. Die Schwä-cheren werden in dieser Nach der Sinne wei weniger angeochen und geprü, doch verharren sielange darin. Wenn sie einige sinnliche rösungen erhalen, so dami sie nich aballen, sie gelangeners spä zur vollkommenen einhei, manche erreichen sie nie. Sie benden sich imgrunde nie voll-kommen in der Nach und nie ganz außerhalb derselben. Sie kommen nich voran, aber dami sie sichin Demu und Selbserkennnis erhalen, prü Got sie eine Zeilang durch Erahrungen der Dürreund durch Versuchungen, indem er ihnen von Zei zu Zei mi rösungen zu Hie komm, dami sie

den Mu nich verlieren und sich nich zur Wel zurückwenden. Andern noch schwächeren Seelenschein Got sich zu enziehen und sich vor ihnen zu verbergen, um sie anzusacheln, ihn zu lieben,denn ohne solche Enremdung würden sie nich lernen, sich ihm zu nähern.

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6 Die Seelen hingegen, die zum seligen und erhabenen Sand der Liebeseinigung gelangen sol-len, müssen, auch wenn Got sie rasch erheb, ür gewöhnlich erahrungsgemäß sehr lange in Dürreund Anechung ausharren. Doch nun is es Zei, mi der Behandlung der zweien Nach anzuheben.

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II. BUCH

DIE DUNLE NACH DES GEISES

1. KPIELBEGINN DE ABHANDLUNG ÜBE DIE DUNLENACH DES GEISES. ZEI IHES BEGINNS

1 Nich sogleich nach dem Ende der Dürre und der Anechungen der ersen wird die Seele,die Got höher erheben will, in die Nach des Geises eingeühr. Vielmehr vergeh eine lange Zei,zuweilen verießen Jahre, worin die Seele, die den Sand der Anänger verlassen ha, sich in dem derForschreienden üb. Gleich einem, der einem engen erker enronnen is, schreie sie nunmehr inden götlichen Dingen mi wei größerer Freihei und Beriedigung und auch mi reicherer, ieerer

Freude einher als in den Anängen, ehe sie die erwähne dunkle Nach bera. Ihre Phanasie undanderen räe sind nich mehr, wie damals, gehemm durch Bande des äsonnierens und geisli-cher Besorgnis. Mi großer Leichigkei nde sie in sich eine sane, liebevolle Beschauung sowie eingeisliches Schmecken, ohne sich in Diskursen abmühen zu müssen. Dennoch is die Läuerung derSeele noch nich vollende; es ehl noch die Haupsache, die Läuerung des Geises, ohne welche- da beide als eile eines gleichen Menschen eng mieinander verbunden sind - eine noch so gründ-liche einigung der Sinne nich abgeschlossen oder vollkommen sein kann. Deshalb wird die Seelemanchmal gewisse Nöe, Dürren, Dunkelheien und Ängse durchmachen, die sogar inensiver seinkönnen als die vorausgehenden, sind sie doch wie Vorboen und Vorzeichen der nahenden Nach desGeises. Sie dauern aber weniger lang als diese erwaree Nach. Sobald man sich einige Sunden oderage inmiten dieses Dunkels oder Surmes beunden ha, sell sich die gewohne innere Heierkei wieder her. Dergesal läuer Got manche Seelen, die keine so hohe Sue der Liebe erreichen sollen wie die andern; er versez sie zeiweise und mi Unerbrechungen in diese Nach der Beschauungoder geislichen Läuerung, er läß sie omals von der Nach zum ag übergehen. So erüll sich, wasDavid sag: Got « sende seinen risall (das heiß seine Beschauung) wie in kleinen Brocken» (Ps147,17). Freilich sind diese kleinen Brocken der Beschauung nie so wirksam wie die schauerlicheNach der Beschauung, von der wir im olgenden handeln müssen, in die' Got die Seele auch, um

sie zur Einigung mi ihm zu erheben.

2 Den innern Geschmack und Genuß, wovon hier die ede is und den die Forschreiendenreichlicher und leicher in sich verkosen, gewinnen sie mi größerer Fülle als vordem, auch sröm erühlbarer au den sinnlichen eil über als vor der einigung der Sinne. Je mehr in der a die Sinne ge-läuer sind, umso beähiger sind sie auch, au ihre Ar die Wonnen des Geises zu verspüren. Da aberschließlich der sinnliche eil der Seele schwach und unähig is, die sarken Eindrücke des Geises zu

erragen, so verspüren die Forschreienden in diesem eil mannigache Schwächen und Schmerzen,Magenbeschwerden und als Folge davon auch geisige Ermüdung. Der Weise drück das so aus: «Der vergängliche Leib beschwer den Geis» (Wh 9,15). Daher können diese Miteilungen nie sehr sark,inensiv und geisig sein, nie so, wie es ür die Liebeseinigung mi Got erorder wäre; haben sie doch

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eil an der Schwäche und Verweslichkei des Sinnlichen. Hieraus erklären sich die Verzückungen,Herzkrämpe und nochenverrenkungen, die jeweils dann einreen, wenn diese Miteilungen nichrein geisig, das heiß dem Geis allein zugedach sind, wie dies bei den Vollkommenen, die durch diezweie Nach geläuer sind, der Fall is. Bei ihnen haben diese Verzückungen und körperlichen Peinenein Ende, sie genießen die Freihei, ohne in ihren Sinnen verdunkel oder versez zu sein.

3 Dami man erkenne, wie nöig es ür die Forschreienden is, in die Nach des Geises einzu-reen, sollen hier einige ihrer Unvollkommenheien und Geährdungen geschilder werden, denensie ausgesez sind.

2. KPIELEINIGE UNVOLL OMMENHEIEN

DE FOSCHEIENDEN

1 Mi zweierlei Aren von Unvollkommenheien sind die Forschreienden behae: die einensind zusändlich, die andern akha. Die zusändlichen sind ehlerhae Anhänglichkeien und Ange- wöhnungen, die ihre Wurzeln im Geis haben, wohin die Nach der Sinnesläuerung nich hindringenkonne. Zwischen den beiden Formen der Läuerung beseh derselbe Unerschied wie zwischen derEnwurzelung eines Baumes und dem Beschneiden seiner Äse, oder wie zwischen der Enernung ei-nes rischen Flecks und der eines schon al eingeressenen. Denn wie schon gesag: die Läuerung derSinne is nur Pore und Beginn der Beschauung au die des Geises hin und dien, wie ebenalls schonerwähn, mehr dazu, die Sinne dem Geis als den Geis Got anzugleichen. Dem Geis haen nämlichnoch die Flecken des alen Menschen an, auch wenn er es nich bemerk und nich sieh. Werden diesenich mi der Seie und der scharen Lauge der einigung dieser Nach enern, so vermag der Geisnich zur Lauerkei der Einigung mi Got zu gelangen.

2 Solche Menschen leiden auch an der Sumpei des Geises und der naurhaen Ungeschli-enhei jedes Sünders; sie sind zersreu und äußern Dingen zugewand. Daher bedüren sie der lä-rung, der Erleuchung und Sammlung, was durch die Pein und Angs dieser Nach hindurch erolg.Mi solchen zusändlichen Unvollkommenheien sind alle behae, solange sie im Sand der For-

schreienden sind; ers mi dem vollendeen Sand der Liebeseinigung sind sie unvereinbar.

3 In akhae Fehler hingegen allen nich alle in gleicher Weise. Einige geraen, da sie diese geis-lichen Güer allzu äußerlich und vom Sinnenhaen her auassen, in größere Schwierigkeien undGeahren als die Vorgenannen. In den Sinnen und im Geis erahren sie eine Menge Miteilungenund Einsichen, die sich o zu bildhaen oder geisigen Visionen seigern. Gar vielen in diesem Sand widerähr solches misam andern Wonnegeühlen, wobei der Dämon und die eigene Phanasie dieSeelen rech häug äuschen. Der Dämon beäub und äusch sie durch die mi soviel Lusgeühleneingeößen Vorsellungen und Erahrungen deshalb so leich, weil sie keine Vorsich walen lassen,

sich nich zum Verzich enschließen und im Glauben kräig dagegen zur Wehr sezen. Desgleichenpeg der Dämon solchen eile Visionen und alsche Prophezeiungen einzugeben und sie im Wahnzu besärken, Got oder die Heiligen häten mi ihnen gerede, während sie häug nur ihrer Phanasieolgen. Dann erüll sie der Dämon mi Anmaßung und Hochmu, so daß sie sich in ihrer Eielkei

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und ihrem Dünkel in äußern Aken sehen lassen, die als Zeichen der Heiligkei gelen, wie Eksasenund andern ähnlichen Zusänden. So werden sie Got gegenüber anmaßend und verlieren die heiligeFurch, den Schlüssel und Wächer aller ugend. Und manche häuen so viele Berügereien in sich au und verhären sich so sehr darin, daß ihre ückkehr au den reinen Weg der ugend und des wahrha-igen Geises höchs zweielha erschein. In solches Elend sind sie deshalb geraen, weil sie sich zuBeginn des Weges mi übergroßer Sicherhei ihren Einbildungen und Geühlen überliessen.

4 Noch vieles häte ich über die Unvollkommenheien dieser Leue zu sagen, und wieviel schwe-rer sie heilbar sind, da man sie ür heiliger häl als die ersen, doch will ich davon absehen. Nur dasüge ich noch bei, um die Nowendigkei dieser Nach ür die zu begründen, die voranmachen sollen:so üchig sich einer auch zeig, es nde sich keiner, der nich viele dieser naürlichen Neigungen undzusändlichen Unvollkommenheien besäße, die unbeding zu reinigen sind, will man zur Einigungmi Got gelangen. Ferner is, wie gesag, zu beachen, daß, da der niedrige eil noch Aneil an dengeisigen Erahrungen erhäl, diese nie so inensiv, rein und kräig sein werden, wie die Einigung eserorder. Aus diesem Grund muß die zur Einigung besimme Seele die zweie Nach, die des Geises,

 bereen, wo Sinne und Geis von allen Wahrnehmungen und sinnlichen Wonnen enblöß werden;sie muß im Finsern wandeln und in der einhei des Glaubens; is doch der Glaube das angemesseneMitel ür die Einigung der Seele mi Got, gemäß dem Wor Hoseas: «Ich werde dich mir im Glauben vermählen» (2,20).

3. KPIEL ANMEUNG FÜ DAS FOLGENDE

1 Da nun die Forschreienden in der vorausgehenden Zei ihre Sinne mi süssen Miteilungengenähr haben, wurde der sinnliche eil vom Genuß, der vom Geis ausging, so angezogen und seinerErahrungsweise angeglichen, daß er sich dem Geis vereine und sich ihm anpaße. Beide haben jeau ihre Ar die gleiche Speise genossen, aus der gleichen Schüssel gegessen als ein und dieselbe Per-son. Beide sind somi einig und bilden gleichsam ein Selbes und erwaren nunmehr die schwere undhare einigung des Geises. Hier sollen beide Seeleneile, der geisige und der sinnliche, vollsändig

geläuer werden, denn die Läuerung des einen vollzieh sich nie gründlich ohne die des andern, unddie der Sinne is nich ernsha, wenn die des Geises nich wenigsens begonnen is. Deshalb solleund müsse die Nach der Sinne eher als eine gewisse eorm und Inzuchnahme des riebes dennals dessen Läuerung bezeichne werden. Der Grund daür is, daß alle Fehler und Unordnungen dessinnlichen eils ihre Wurzel im Geis haben; von dor erhalen sie ihre ra, bilden sich die guenoder schlimmen Gewohnheien, und solange diese nich gereinig sind, können es die Widersändeund Laser der Sinne auch nich vollends sein.

2 In dieser Nach reinigen sich deshalb beide eile gleichzeiig, und das is auch der Grund, wes-

halb der sinnliche eil die umgesalende ra der ersen Nach erleiden und die dadurch erlangeuhe erreichen muße, um nunmehr, dem Geis geein, in gewisser Weise mi diesem zusammen sichzu reinigen und mi mehr Sandhaigkei die kommenden Leiden zu erragen. Für eine so gründlicheund hare Läuerung is dies die Voraussezung: wäre der niedrige eil nich zuers gereinig worden

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und häte er in den sanen und seligen Miteilungen Gotes nich den nöigen Mu geschöp, so wäreer ür ein solches Leiden nie vorbereie gewesen und häte die ra dazu nich gehab.

3 Darum seh die Ar, wie diese Forschreienden mi Got umgehen, noch au einer niedrigen,naurhaen Sue; das Gold des Geises is noch ungeläuer und enbehr des Glanzes. Sie versehendie Dinge Gotes noch wie kleine inder und sprechen über Got wie kleine inder, sie schmecken

und ühlen Got wie kleine inder – ensprechend den Woren des hl.Paulus (1 or 13,11). Denn siesind noch nich zur Vollendung gelang, zur Einigung der Seele mi Got, wodurch man erwachsen wird und im Geise Großes vollühr, so daß -wie späer zu sagen sein wird - aen und Vermögenmehr götlich als menschlich sind. Solchen will Got den alen Menschen aus- und den neuen anzie-hen, der gemäß Got in der Neuhei des Sinnes geschaen is», wie der Aposel sag (ol 3,10). Gotenblöß ihnen die Vermögen, Empndungen und Geühle, die geisigen wie die sinnlichen, die äu-ßern wie die innern, indem er den Versand vernser, den Willen ausdörr und das Gedächnis leer,die Neigungen der Seele in äußerse Berübnis, Biterkei und Angs sürz und sie alles rüheren Füh-lens und Genießens geisiger Güer beraub. Und diese Beraubung soll eine der Grundbedingungen

sein, dami der Geis geein werde und die geishae Gesal des Geises erhale, nämlich die Einigungder Liebe. Dies alles wirk der Herr in der Seele mitels der reinen dunkeln Beschauung, wie sie diesin der ersen Srophe andeue. Wenn diese auch schon anläßlich der ersen Nach der Sinne erklär worden is, so verseh die Seele sie doch vornehmlich von der zweien des Geises, da diese der wich-igere eil ihrer Läuerung is. Deshalb sezen wir sie nochmals hin und erklären sie neu.

4. KPIELDIE ESE SOPHE WID WIEDEHOL

UND ELÄ

In einer dunklen Nacht,entfammt von Liebessehnen,o seliges Geschick!entfoh ich unbemerkt,da nun mein Haus in Ruhe lag.

1 Diesmal versehen wir die Srophe von der einigung, Beschauung, vom Enblößsein und der Armu des Geises, was hier alles beinah das gleiche besag. Nun können wir sie so erklären, als sprä-che die Seele: in der Armu und Hilosigkei und Enblößung all meiner Gedanken, in der Finsernismeines Versandes, der Ängslichkei meines Willens, in der Berübnis und im Gram meines Gedäch-nisses habe ich mich in der dunklen Nach all meiner naürlichen Fähigkeien blindlings dem nackenGlauben überlassen; einzig mein Wille war in Schmerz und Berübnis von Sehnsuch nach der LiebeGotes erüll. So ging ich aus mir selber aus, das heiß aus meiner eigenen armseligen Erkennnis-

 weise, meiner lauen Ar zu lieben, meinem armen und dürigen Schmecken Gotes, ohne daß meineSinnlichkei noch der Dämon mich daran hinderen.

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2 Das war ein großes Glück und ein seliges Geschick ür mich. Denn meine Vermögen, Leiden-schaen, Neigungen, Anhänglichkeien, die mir ein niedriges Fühlen und Schmecken Gotes ver-schaen, wurden beschwichig und eingeschläer, und ich enwich meiner dürigen menschlichen Wirkweise, um eine götliche Wirkweise auzunehmen: mein Versand also ging aus sich selber ausund wurde aus einem menschlich-naürlichen zu einem götlichen. Denn augrund dieser Läuerungsich Got einigend, erkenn er nich mehr durch seine naürliche ra und sein Lich, sondern durch

götliche Weishei, mi der er sich verband. Und mein Wille ging aus sich aus und wurde vergötlich;sich Got einigend lieb er nich mehr au niedrige Ar durch die ra der Naur, vielmehr in derra und einhei des Heiligen Geises, so daß er in bezug au Got nich mehr nach menschlicher Ar wirk. Und nich anders beass sich das Gedächnis mi Gehalen der glorreichen Ewigkei. urz,alle Vermögen und Neigungen der Seele sind vermitels dieser Nach, die den alen Menschen läuer,erneuer zu den Gesimmheien und Freuden der Gothei hin.Es olg der Vers:

In einer dunklen Nacht.

5. KPIELBEGINN DE ELÄUNG, INWIEFEN

DIE DUNLE BESCHAUUNG FÜ DIE SEELE NICHBLOSS NACH, SONDEN PEIN UND QUAL IS

1 Diese dunkle Nach is ein Wirken Gotes in der Seele, das sie von ihrem zusändlichen naürli-chen und geisigen Unwissen und ihren Fehlern läuer. Die onemplaiven bezeichnen sie als einge-gossene Beschauung oder mysische eologie. In ihr unerweis Got die Seele und belehr sie überdie Vollkommenhei der Liebe, ohne daß sie dabei miwirke oder auch nur versünde, wie diese ein-gegossene Beschauung vor sich geh. Soern sie die liebende Weishei Gotes is, bring Got selbs die wesenlichen Wirkungen in der Seele hervor, bereie sie durch reinigende und erleuchende äigkei vor au die Liebeseinigung mi ihm. Die gleiche liebende Weishei, die die Himmlischen beselig underleuche, reinig und erleuche auch die Seele.

2 Weshalb aber, wird man ragen, nenn die Seele dieses götliche Lich, das sie erleuche und von ihrem Unwissen reinig, hier die dunkle Nach? Darau is zu anworen, dass die götliche Weis-hei aus zwei Gründen nich nur Nach, sondern Pein und Qual genann wird. Der erse is die Erha- benhei der götlichen Weishei, die die Fassungskra der Seele überseig, und in dieser Hinsich issie ür diese peinvoll, schmerzha und dunkel.

3 Um den ersen Grund zu beweisen, ziem es sich, eine Lehre des Philosophen in Erinnerungzu ruen, der da sag: Je heller und einsichiger die götlichen Dinge in sich selber sind, umso dunk-

ler und verborgener sind sie naurgemäß der Seele; es is wie mi dem Lich: je heller es is, desomehr verdunkel es das Auge der Nacheule. Und je mehr man ins volle Sonnenlich schau, desomehr verdunkel sich die eigene Sehkra, ja man wird, weil das überschwengliche Lich ihre Schwä-che überri, ihrer sogar beraub. Wenn daher das götliche Lich der Beschauung in eine nich völlig

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erleuchee Seele einrit, verursach es geisige Finsernis, denn es überseig sie nich nur, sondern beraub und verdunkel auch ihren naürlichen Erkennnisak. Darum nennen der hl. Dionysius undandere mysische eologen die eingegossene Beschauung «Srahl der Finsernis », nämlich ür dienoch nich erleuchee und geläuere Seele, denn durch ihr gewaliges übernaürliches Lich wird dienaürliche Mach des Versandes überwälig und ihrer selbs beraub. Deshalb sag David: «Gewölk und Dunkel is rings um Got» (Ps 96,2); nich als ob es ür Got so wäre, sondern bezüglich unseres

schwachen Versandes, der angesichs so unermeßlichen Liches, dem er nich gewachsen is, geblen-de und gerüb wird. Derselbe David erklär das mi den Woren: «Beim Glanz seiner Gegenwarschoben sich Wolken dazwischen» (Ps 17,15), sie raen zwischen unsern Versand und Got. Denn wenn Got den hellichen Srahl seiner heimlichen Weishei au eine noch unverwandele Seele nie-derahren läß, enseh nächliche Finsernis im Versand.

4 Daß aber die dunkle Beschauung ür die Seele am Anang peinvoll is, is klar: denn da diese von Got eingegossene Beschauung von höchser Erhabenhei is, während die noch ungereinige See-le äußers elend is, verseh sich, daß sie, da zwei Gegensäze sich im gleichen Subjek nich verra-

gen, nowendig gepeinig und gequäl wird, is sie doch selbs das Subjek, worin sich die Gegensäzeeindlich begegnen, und ihr Leiden ha seinen Grund in der einigung, die die Beschauung an ihrenUnvollkommenheien vollzieh. Wir wollen dies durch ein Schluß verahren olgendermaßen bewei-sen:

5 Ersens: da das Lich oder die Weishei dieser Beschauung sehr klar und sehr lauer is, dieempangende Seele dagegen dunkel und unrein, so olg, daß die Seele beim Empang dieses Liches viel leiden muß. Nich anders verhäl es sich, wenn das Auge krank oder schwach oder rübe is: wirdes von einem blendenden Lich geroen, so muß es leiden. Das Leiden einer unreinen Seele aber, von der das götliche Lich wahrha Besiz ergrei, is unendlich. Denn wenn dieses lauere Lich insie einbrich, so um ihre Unlauerkei zu verreiben; dann erkenn sich die Seele als so unsauber underbärmlich, daß ihr vorkomm, Got erhebe sich gegen sie, und sie selbs erhebe sich gegen Got, sie wird so sehr gepeinig und berüb, daß sie mein, von Got versoßen zu sein. Sie erähr eine derschrecklichsen Qualen, die Ijob erlebe, da er sprach: «Warum has du mich dir zum Gegensaz ge-sell, so daß ich mir selber zu einer Las geworden bin?» (7,20). Denn obschon die Seele sich jez imFinsern bende, sieh sie augrund dieses reinen Liches ihre eigene Unreinhei und erkenn deu-lich, daß sie weder Gotes noch irgendeiner reaur würdig is. Am meisen bedrück sie der Gedanke,

daß sie Gotes nie würdig sein wird und daß ihre Möglichkeien zum Guen erschöp sind. Is dochihr ganzer Versand eingeauch in die Einsich und das Fühlen ihrer Boshei und ihres Elends. Jezendeck sie dies uner dem götlichen dunkeln Lich aus allerklarse, und es is ihr eviden, daß sieaus sich nichs anderes haben kann. Diesen Sinn können wir auch dem Ausspruch Davids geben: «Duhas den Menschen ob seiner Boshei gesra, und has seine Seele hinsiechen lassen wie die Spinne(die sich selbs erschöp) » (Ps 38,12).

6 Die zweie Ar, wie die Seele leide, samm von der naürlichen und sitlichen und geislichenSchwachhei ihres Wesens. Wenn die götliche Beschauung sie irgendwie heig überäll, um sie zu

esigen und allmählich zu beherrschen, leide diese an ihrer Schwäche so sehr, daß sie zu vergehenmein, zumal wenn sie zuweilen härer angeass wird. Sinne und Geis werden dann gleichsam voneiner ungeheuren unsichbaren Las erdrück und geraen in solche odesangs, daß ihnen der odals Erleicherung und Guns erschein. Der Prophe Ijob, der diesen Zusand erahren ha, sag: «Ich

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 will nich, daß er in der Fülle seiner ra gegen mich sreie, dami er mich nich mi der Las seinerGröße erdrücke» (23,6).

7 Die Gewal dieses Druckes und dieser Las lieg derar au der Seele, daß sie mein, aus jederGnade herausgeallen zu sein, sie is überzeug - und mi ech -- alles, was ihr ehemals Süze war, seiihr mi allem übrigen enschwunden, und niemand ühle mi ihr Mileid. Hierüber ha nochmals Ijob

gesag: «Erbarm euch meiner, wenigsens ihr, meine Freunde, denn die Hand des Herrn ha michgeschlagen» (19,21). Man muß wahrha mi ieem Ersaunen essellen: so schwach und unrein isdie Seele, daß sie die Hand des Herrn als sehr große Las und ihrem Wesen ganz engegengesez au sich ühl, während sie doch an sich san und mild is, daß er sie nur berühren, nich belasen will, unddies aus Barmherzigkei, denn er ha nur ein Ziel: ihr Gnade zu erweisen und nich sie zu züchigen.

6. KPIEL

 ANDEE AEN DE PEIN, DIE DIE SEELEIN DIESE NACH EDULDE

1 Die drite Ar von Leiden und Pein, die die Seele hier erdulde, gründe au dem Zusammen-reen der beiden Exreme in ihr: des Götlichen und des Menschlichen. Das Götliche is die läuern-de Beschauung, während das Menschliche die Seele is. Das Götliche ergrei sie, um sie zu erneuernund zu vergötlichen ; es enblöß sie ihrer zusändlichen Neigungen und der Gewohnheien des al-en Menschen, an denen sie innigs hing, mi denen sie wie zusammengeschmolzen und im Einklang war. So zermürb und zersör Got die Geissubsanz der Seele und verabgründe sie in so iee undschwarze Finsernis, daß sie sich angesichs ihres Elends vernichig und in einen geisigen od hinein verohnmächig ühl. Ihr is, als werde sie von einem Unier verschlungen in seinen nseren Bauchhinein, wo sie sich wie verdau ühl. Sie seh die gleichen Ängse aus wie Jona im Bauch des Seeunge-heuers (2, I). Und es ziem sich ür sie, in diesem nseren od zu verharren bis zur erhoen geisigen Auersehung.

2 Die Ar dieser Qualen und Leiden, die in Wahrhei alles überreen, beschreib David olgen-dermaßen: «Die Schmerzen des odes umgaben mich, ... die Qualen der Hölle umngen mich ... In

meiner No rie ich den Herrn an und schrie zu meinem Got» (Ps 17,5-7). Was aber die gequäleSeele am meisen ühl, is die Evidenz, daß Got sie verworen ha, daß er sie verabscheu, sie in dieFinsernis versoßen ha; dieses Überzeugsein von Gotverlassenhei is ür sie eine höchse Qualund jedes Mileids wer. David, der sie ie erahren ha, sag: «Ich war gleich den Erschlagenen, die inden Gräbern ruhen, die von deiner Hand versoßen sind und derer du nich mehr gedenks. Sie senk-en mich in die unerse Grube, in die Finsernisse und odesschaten. Dein Grimm lase endgüligau mir, alle deine Wogen ühres du über mich» (Ps 87,6.8). Denn in Wahrhei: wenn die Seele vondieser läuernden Beschauung eraß wird, ühl sie aus lebendigse die odesschaten, odesseu-zer und Qualen der Hölle. Denn sie ühl sich gotlos, von Got gesra und verworen, Gegensand

seines Unwillens und Zornes. Alles das ühl die Seele; und mehr noch: es komm ihr vor, daß dieserZusand ewig dauern wird.

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3 Dabei mein sie, von allen Geschöpen ebenso verlassen und verache zu sein. Deshalb ährDavid sogleich or: «Du has alle meine Freunde und Bekannen von mir enern, sie machen michzu einem Gegensand des Abscheus ür sich» (Ps 87,9). Jona kann das alles, das er körperlich wiegeisig im Bauch des Seeungeheuers erlit, reend schildern: «Du has mich in die ieen, in das Herzdes Meeres geschleuder und die Srömung umgab mich, alle deine Fluen und Srudel rauschen übermich hin. Da sprach ich: Versoßen bin ich vom Anblick deiner Augen, doch werde ich deinen heiligen

empel wiederschauen (das sag er, dami Got seine Seele reinige, au daß er ihn wiedersehe); die Wasser umgaben mich bis an die Seele, die iee umschloß mich, das Meer bedecke mein Haup, zuden unersen Enden der Berge bin ich hinab gesunken, der Erde iegel haben sich über mir geschlos-sen» ( Jon 2,4-7). Diese iegel bedeuen hier die Unvollkommenheien der Seele, die sie hindern, den Wohlgeschmack dieser Beschauung zu verspüren.

4 Die viere Ar der Pein wird in der Seele durch einen andern Vorzug der dunklen Beschauunghervorgebrach, nämlich den ihrer Majesä und Erhabenhei, angesichs derer der Seele der Gegenpol bewuß wird: ihre innerse Armu und ihr Elend: eine der haupsächlichsen Qualen, die sie in dieser

Läuerung erdulde. Sie ühl in der a eine leze Enbehrung von dreierlei Güern, die ihrem Glück zu gesale sind: den zeilichen, den naürlichen und den geislichen, und sieh sich inmiten der en-gegengesezen Übel: ihrer armseligen Unvollkommenhei, der Dürre und Ohnmach ihrer Vermö-gen, ewas zu erassen, wobei der Geis im Dunkeln verlassen is. Da Got nämlich jez die sinnlicheund geisige Subsanz der Seele so wie ihre innern und äußern Vermögen läuer, is es richig, daß siein all diesen eilen leer, bedürig und verlassen is und sich dürr, ausgehöhl und im Finsern ühl.Das Sinnliche läuer sich in der Dürre, die Vermögen in der Leere des Nich-assen-önnens und derGeis in der vollen Finsernis.

5 All dies bring Got durch die dunkle Beschauung hervor. Die Seele leide dann in ängslichenSchmerzen nich bloß an der Leere und an der Suspension und dem Enzug ihrer naürlichen Sü-zen und ihrer Meinungen - wie wenn jemand augehäng in der Lu schweben würde und des Aems beraub wäre -, sie leide außerdem daran, daß Got sie wie ein Feuer läuer, das Schlacken und osdes Mealls ilg: er verniche, verjag und zersör in ihr alle unvollkommenen Anhänglichkeienund Gewohnheien, die sie im Lau ihres Lebens erwarb. Weil jedoch diese Fehler ie in der Subsanzder Seele wurzeln, pegen zur erwähnen naurhaen und geislichen Armu und Enblößung noch weiere innere Ohnmachsgeühle und Qualen hinzuzukommen. So bewahrheie sich der Ausspruch

Ezechiels: «Leg die nochen zuhau, ich will sie im Feuer verbrennen, das Fleisch soll verzehr, dasganze Gebilde zerkoch werden und das Gebein zergehen» (24,10). Man ersieh daraus, was ür Qua-len die Seele in der Enleerung und Verarmung ihrer sinnlich-geisigen Subsanz erdulde. DerselbeProphe sag weier hierzu: «Seze sie auch nack au glühende ohlen, daß ihr Erz sich erhize und verüssige, daß ihr innere Unlauerkei weg schmelze und ihr os verzehr werde» (24, 10-11). Da-mi wird die unsägliche Pein der Seele beschrieben, wenn sie vom Feuer dieser Beschauung gereinig wird. Sag doch der Prophe, die Seele müsse, um den os der in ihr walenden Neigungen abzulösenund loszuwerden, sich gleichsam vernichen und zersören, da ihr diese Leidenschaen und Mängel wie zur zweien Naur geworden sind.

6 Dieser Feueroen dien also dazu, die Seele wie Gold in der Esse zu läuern, gemäß dem Wordes Weisen: «Wie Gold in der Esse ha er sie geprü» (Wh 3,6). Die Seele verspür diese gewaligeZersörung bis in ihre Subsanz hinein und gelang zu einer äußersen Enblößung, wie man aus den

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 Woren Davids, die er an Got über sich selbs riche, ersehen kann: «ete mich, Got, denn die Wasser dringen mir bis an die Seele. Ich secke in ieem Schlamm und nde keinen esen Grund,ich bin in die Abgründe des Meeres geraen, der Surm ha mich unergeauch. Ich habe mich müdegeschrien, meine ehle is heiser, meine Augen sind es leid, nach meinem Got Ausschau zu halen»(Ps 68,2.4). Hier demüig Got die Seele zuies, um sie späer ebensosehr zu erhöhen; aber sorgeer nich daür, daß diese Erahrungen, sobald sie gemach wurden, wieder abgedämp würden, so

müsse die Seele sich nach kurzer Zei von ihrem Leibe rennen. Ihre Höhepunke erreichen diese Er-ahrungen nur in Absänden. Doch manchmal werden sie so packend, daß die Seele mein, die Hölle vor ihr aulaen zu sehen, und sie ihr Verlorensein ür gesicher häl. Das sind jene, die lebendigenLeibes zur Hölle ahren, denn ihre Läuerung geh vor sich, wie sie drüben erolg, und so geschieh es,daß die Seele, die durch diese Läuerung geh, enweder gar nich oder nur kurz ins Fegeuer komm; wird sie doch hier in einer Sunde ieer geläuer als andere in vielen.

7. KPIELFOSEZUNG DESSELBEN. ANDEE LEIDEN UND

BEDÄNGNISSE DES WILLENS

1 Die Beschwernisse und Bedrängungen des Willens sind hier so unsäglich, daß die Seele beimplözlichen Gewahrwerden ihres argen Zusands und der Unsicherhei seines Ausgangs sich wiedurchbohr ühl. Hierzu gesell sich die Erinnerung an das vergangene Glück, denn ür gewöhnlichhaben diese Menschen vor dem Einrit in diese Nach von Got vielerlei rösung erhalen und vieleszu seinem Diens gean. So schmerz es sie noch mehr, daß sie diesen Güern enremde sind undsie nich zurückverlangen können. Ijob, der das eruhr, ha es wie olg ausgedrück: «Ich, der icheins reich war, bin plözlich vernichig worden; er ha mich beim Nacken geaß, mich zu Bodengeschleuder, mich zur Zielscheibe ür sich augesell. Er ha mich mi seinen Lanzen umsell, meineLenden schonungslos zerrissen und mein Eingeweide au die Erde geschüte. Er schlug mir Wundeüber Wunde und sürme gegen mich an wie ein iese. Ich nähe mir ein Sackgewand um meine Hauund decke meinen Leib mi Asche. Mein Anliz is vor Weinen geschwollen und meine Wimpernsind verdunkel» (16, 13 bis 17).

2 Die Schrecken dieser Nach sind so zahlreich und urchbar, und es ließen sich so viele exeder Schri daür anühren, daß es uns an Zei und ra ehl, sie auzuzeichnen. Übrigens bliebe alles, was man sagen könne, wei hiner der Wahrhei zurück; die oben angeühren exe lassen sie we-nigsens ahnen. Und dami ich mi diesem Vers zu Ende komme und ewas deulicher mache, was dieSeele in dieser Nach durchseh, will ich noch anühren, was Jeremia davon häl. Weil sein Leiden sogroß is, bewein er es in vielen Woren wie olg:

«Ich bin der Mann, der sein Elend uner der ue seines Grimmes erkanne. Er drohe mir und riebmich in die Finsernis und nich ins Lich. Nur au mich ha er es abgesehen, den ganzen ag wendeer seine Hand gegen mich. Alern ließ er meine Hau und mein Fleisch, zermalm ha er mein Gebein.ingsum ühre er einen Wall gegen mich au, er umgab mich mi Galle und Mühsal. In Finsernis ver-

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seze er mich wie die ewig oen. ingsum ummauere er mich, daß ich nich enkommen kann, undschwer mach er meine Fesseln. Und auch wenn ich rue und ehe, er weis mein Gebe ab. Meinen Weg versperre er mi Quaderseinen, meine Pade zersöre er. Ein lauernder Bär is er mir geworden,ein Löwe im Hinerhal. Meine Schrite leiee er irre, er zerschlug mich, mache mich roslos. Erspanne seinen Bogen und selle mich als Ziel ür seinen Peil au. In meine Nieren sande er seinesöchers öcher. Für mein ganzes Volk wurde ich zum Gespöt, immeror singen sie Hohnlieder au 

mich. Er ränke mich mi Biternis, berausche mich mi Wermu. Er zerschlug mir die Zähne dereihe nach und secke mir Asche in den Mund. Meine Seele is aus dem Frieden versoßen, des Glü-ckes habe ich vergessen. Und ich sprach: Mein Ziel und meine Honung au den Herrn sind verloren.Gedenke meines Elends und meiner Verlassenhei, des Wermus und der Galle. Immer muß ich darandenken, und meine Seele schmache in mir dahin» (lgl 3,1-20).

3 Solche lagewore gebrauch Jeremia, wenn er uns die Qualen und Mühsale der Seele in diesereinigung und Nach des Geises lebensnah schildern will. Es ziem sich deshalb, mi ihr, die Gotin diese surmvolle, grauenhae Nach versez, iees Migeühl zu haben. Gewiß wird es ein großes

Glück ür sie sein, die unvergleichlichen Güer zu besizen, die ihr aus diesem Zusand erwachsen sol-len; das wird dann sein, wenn Got, nach Ijob, die Schäze audecken wird, die noch in den schwarzenFinsernissen der Seele verborgen sind, an den ag heben wird, was noch im Schaten des odes ruh(12,22), oder wenn er, nach David, sein Lich seinen Finsernissen gleich machen wird (Ps 138,12).Einsweilen aber leide sie ungeheure Qualen und is, was ihre Gesundung angeh, in höchser Unge- wißhei. Mein sie doch nach dem Wor des Propheen, ihre Qual sei ohne Ende, und Got habe sie, wie David sag, in dieselben Finsernisse versoßen wie die aus der Wel Versorbenen. Deshalb is ihrGeis voll Angs und ihr Herz verwirr (Ps142,3-4). So is ihr Leid höchs erbarmenswürdig. Dennaußer den Qualen der Einsamkei und Verlassenhei in der dunklen Nach komm noch hinzu, daß siedurch keine gue Belehrung und bei keinem geislichen Meiser ros nden kann. Man mag ihr allerosgründe vorühren uner Verweis au die Güer, die ihr aus diesen Qualen zukommen werden: siekann es nich glauben. Sie is im Erahren des Schlimmen so runken und unergeauch und sieh ihrElend so klar, daß sie denk, ihre Leier würden so reden, weil sie nich sehen, was sie ühl, und sienich versehen. Daraus erwächs ihr ein neuer Schmerz: ihr schein, hier liege kein Heilmitel ür ihrLeiden, und darin ha sie sogar rech. Solange der Herr nich abläß, sie zu reinigen, wie ihn gudünk, bleiben alle Mitel, sie von ihrem Übel zu heilen, zwecklos und ohne Wirkung. Das is umso wahrer,als sie ebenso ohnmächig is wie ein Geangener, der an Händen und Füssen geessel in einem ieen

 Verlies lieg; sie kann sich nich regen, sie sieh nichs, sie kann keinen ros aus der Höhe oder ieeempangen. Und dies solange, bis sie im Geis völlig unerworen, gedemüig und geläuer is, soein, einälig und durchsichig, daß er imsand is, eins zu sein mi dem götlichen Geis, gemäß derSue, au die seine Barmherzigkei ihn zu erheben geruh. Ensprechend dieser Sue is die einigungmehr oder weniger heig unddauer mehr oder weniger lang.

4 Soll sie aber eine ernshae sein, so wird sie einige Jahre dauern, auch wenn sich darin gewissePausen der Erleicherung einsellen, während denen die dunkle Beschauung nach Gotes Erlaubnis

nich mehr läuernd, sondern erleuchend und wohläig au die Seele einwirk. Jez schein diese,ihren erkern und Geängnissen enrissen, ihre Freihei zwanglos genießen zu können, sie erähr undschmeck iee, sane Freuden und liebende Ungezwungenhei mi Got, so daß sie leich und über-schwenglich mi ihm verkehren kann. An alldem erkenn sie das Heil, das durch die Läuerung in ihr

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 bewirk worden is, ein Vorzeichen der Fülle, die ihr verheißen is. Ihre Seligkei is o so groß, dass ihrschein, ihre Prüungen seien schon beende. Denn so sind in der a die geislichen Dinge beschaen,zumal die höheren: Wenn die Seele im Leiden is, ha sie das Empnden, nie mehr daraus herauszu-kommen und alles Gue verloren zu haben - wie aus den angeühren Schriexen erhell. Wenn ihrim Gegeneil die geislichen Güer geschenk werden, ha sie das Geühl, alle ihre Leiden seien vorbeiund sie könne diese Güer nich mehr verlieren, wie David zur Zei seiner Beseligung sag: «Ich aber

sprach in meiner Fülle: Ewig werde ich nich wanken» (Ps 29,7).

5 Das komm daher, daß der akuelle Besiz des einen Gegeneils im Geis durch sich selbs denakuellen Besiz des andern verreib. Im sinnlichen eil der Seele is das nich ebenso der Fall, au-grund der Schwäche seines Fassungsvermögens. Solange aber auch der Geis noch nich von allenerworbenen Neigungen des niedrigen eils lauer und rei is, kann er sich zwar als Geis unerschüter-lich ühlen, aber augrund seiner Gebundenhei an den niedern eil doch wieder in Berübnis allen, wie sich an David essellen läß, der sich von zahllosen Übeln und Qualen umring ühle, obschoner zuvor zur Zei der Fülle meine und behaupee, er werde nie wanken. So mein auch die Seele, die

sich des akuellen Genusses der Fülle geislicher Güer erreu, aber nich wahrnimm, daß die Wurzeldes Fehlerhaen und Unreinen noch nich völlig ausgerote is, alle ihre Mühsale seien vorüber.

6 Dennoch is sie nich o dieser Meinung, denn solange die geisliche einigung nich vollendeis, sind die empundenen Wonnen ür gewöhnlich nich so voll, daß sie die verbleibende arge Wurzelüberdecken; in ihrem Innersen ha die Seele das Geühl, ein Ewas ehle ihr noch und sei zu leisenübrig, so kann sie der Gunserweise nich völlig roh werden; in ihrem Innern haus noch immer einFeind, der zwar jez eingeschläer is und schlummer, aber sie ürche, er könne erwachen und sein Werk weierreiben. Und dies is auch wirklich der Fall. Gerade wenn die Seele sich in Sicherhei wiegund es nich vermue, reg er sich, um sie wieder zu verschlingen und sie in einen noch schwereren,dunkleren, jämmerlicheren Zusand zu versezen, der lange dauern wird, länger vielleich als der vor-hergehende. Und wieder mein sie nun, alle Güer seien ür sie au immer verloren. Die Glückserah-rung nach der vorigen Prüung, die ihr unvergänglich schien, sag ihr nichs mehr. Sie bilde sich ein,daß in den neuen Ängsen alles ür sie verloren und das enschwundene Glück nich wiederzundenis. Und diese Überzeugung is, wie ich sage, augrund des akuellen Erassens des Geises so iewur-zelnd, daß sie alles ihr Engegensehende zuniche mach.

7 Aus diesem Grund haben die im Fegeuer Weilenden große Zweiel, ob sie je wieder darauserlös und ihre Leiden ein Ende nehmen werden. Wenn sie auch habiuell die drei götlichen ugen-den besizen, Glaube, Honung und Liebe, hinder sie doch das akuelle Empnden ihrer Leidenund ihres Enbehrens Gotes die rösung dieser ugenden im Augenblick zu genießen. Sie nehmenzwar wahr, daß sie Got lieben, aber dies röse sie nich, weil sie nich glauben können, daß Got sielieb oder daß sie seiner Liebe würdig sind. Im Gegeneil: da sie sich seiner beraub und in ihr Leideneingeauch sehen, komm ihnen vor, sie würden mi ech verabscheu, und Got äe gu daran, sieür immer von sich zu weisen. Und desgleichen: wenn die Seele zur Zei ihrer Läuerung wahrnimm,daß sie Got lieb und ausend Leben ür ihn hingeben würde - was durchaus wahr is, denn inmiten

der Qualen lieb sie ihren Got wirklich -, so zieh sie doch keinerlei ros daraus, sondern nur ärgereQual. Sie lieb Got so sehr, daß dies ihre einzige Sorge is, aber sie ühl sich gleichzeiig so erbärmlich,daß sie an eine Liebe Gotes zu ihr nich glauben kann: er ha keinen Grund, sie zu lieben, und wird nieeinen haben. Sie nde in sich selber nur Gründe, ür ihn ein Gegensand des Abscheus zu sein, und

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nich nur ür ihn, sondern ür alle Geschöpe. Sie leide, weil sie sieh, weswegen sie von dem, den sieso lieb und ersehn, verworen zu werden verdien.

8. KPIEL

 VON ANDEN QUALEN DE SEELEIN DIESEM ZUSAND

1 Noch ewas quäl hier die Seele und enzieh ihr jeden ros. Da die dunkle Nach ihre Vermö-gen und Neigungen so sark geessel häl, kann sie nich mehr, wie vordem, Herz und Geis zu Goterheben. Sie kann nich been. Ihr schein, Got habe zwischen sich und sie eine Wolke gesell, damiihr Gebe nich zu ihm hindurchdringen kann. Das erklär ein bereis angeührer ex: «Er ha meine Wege mi Quaderseinen verriegel» (lgl 3,44). Und wenn die Seele zuweilen bee, bleib ihr Gebeso rocken und geühllos, daß ihr vorkomm, Got höre nich zu und kümmere sich nich um ihr Ge-

 be, wie der Prophe es am gleichen Or mi den Woren andeue: «Auch wenn ich schreie und ehe,er weis mein Gebe doch ab» (ebd. 9)' Es is jez auch wirklich nich die Zei, mi Got zu reden,sondern «seinen Mund in den Saub zu legen», wie Jeremia sag, «zu sehen, ob nich doch irgendeinHonungssrahl aueuche» (ebd. 3,8), und die reinigende Anechung mi Geduld zu erragen. Ises doch Got, der hier sein Werk vollbring, deshalb kann die Seele nichs daran ändern. So is sie zumBeen unähig; sie kann auch dem Gotesdiens nich aumerksam beiwohnen und noch weniger sichmi andern Dingen und zeilichen Angelegenheien beassen. Zudem is sie so geisesabwesend, undihr Gedächnis is so geschwäch, daß lange Zeien vergehen, ohne daß sie wüsse, was sie gean odergedach ha, noch was sie jez u oder vorha. Sie kann sich au nichs, was sie umgib, konzenrie-ren.

2 Da hier eben nich nur der Versand in seinen Einsichen und der Wille in seinen Neigungen,sondern auch das Gedächnis von seinen Inhalen und Begrien gereinig wird, muß dieses hinsich-lich derselben vernichig werden, um den Ausspruch des in dieser Läuerung bendlichen David zu besäigen: «Ohne ewas zu wissen, bin ich zu nichs gemach worden» (Ps 72,22). Dieses Nichwis-sen bezieh sich au das Versagen und Vergessen des Gedächnisses; die Enremdungen und Geis-esabwesenheien haben ihren Grund in der innern Gesammelhei, in welche diese Beschauung die

Seele versenk. Denn dami sie mi all ihren räen ür die götlichen Dinge wohl vorbereie sei, mußsie zuers mi allen Vermögen von diesem himmlischen und dunkeln Lich der Beschauung verab-gründe und so von all ihren Anhänglichkeien und ennnissen der Geschöpe abgezogen werden.Dies dauer je nach der Inensiä der Sammlung länger oder kürzer. Je reiner und lauerer somi diesesgötliche Lich in die Seele einäll, deso mehr verdunkel es sie, enleer sie ihrer besondern Neigun-gen und beraub sie ihrer naürlichen und übernaürlichen ennnisse. Und ensprechend: je wenigerlauer und rein es einäll, deso weniger vernser und enblöß es die Seele. Es schein unglaublich,daß das übernaürliche und götliche Lich um so mehr Finsernis in der Seele erzeug, je klarer undreiner es is; und je weniger klar und rein es is, der Seele um so heller erschein. Man begrei es aber,

 wenn wir an den Ausspruch des Philosophen zurückdenken, daß die übernaürlichen Dinge unserem Versand um so dunkler erscheinen, je klarer und evidener sie in sich selber sind.

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3 Nehmen wir, um dies noch deulicher zu versehen, das Bild vom naürlichen, gewöhnlichenLich. Wir sehen, dass ein durch das Fenser einallender Sonnensrahl um so weniger klar erblick wird, je reiner die Lu von Aomen und Säubchen is, je mehr dagegen die Lu von solchen erüllis, deso besser sieh ihn das Auge. Der Grund is, daß das Lich nich ür sich selber leuche, es isnur das Medium, durch das alle Dinge gesehen werden, au die sein Srahl äll. Einzig durch den Au-prall au die beschienenen Dinge sehen wir es selbs. Würde der Sonnensrahl durch das Fenser eines

Zimmers einreen und durch ein anderes, gegenüberliegendes Fenser wieder ausreen, und er sießedabei au keinen Gegensand, ände kein Säubchen, das ihn widerspiegele, so wäre das Zimmer nichheller als vorher, und man könne den Srahl nich sehen. Im Gegeneil, beache man es rech, isdor, wo der Srahl is, mehr Dunkelhei, weil er ewas vom vorhandenen andern Lich verdräng und verdunkel, und selbs nich gesehen wird, da sich, wie erwähn, keine wahrnehmbaren Gegensände vornden, von denen es zurückgeworen werden könne.

4 Nich mehr und nich weniger bewirk in der Seele der götliche Srahl der Beschauung. Wenner sie mi seinem götlichen Leuchen überäll, überseig er das naürliche Lich der Seele und ver-

dunkel es, beraub sie aller naürlichen Vorsellungen und Neigungen, die sie vorher durch ihr na-ürliches Lich eraße. Und so sürz er sie nich nur in Dunkelhei, sondern enblöß sie auch nochihrer geislichen wie naürlichen Vermögen und Neigungen. Sie in Enblößung und Dunkel belassendreinig er sie und erhell sie mi seinem götlichen Lich. Die Seele vermue das nich; sie mein nochimmer im Finsern zu sein. Hier gil das vom Sonnensrahl Gesage, der miten im Zimmer unsichbar bleib, alls er rein is und keinen widerscheinenden Gegensänden begegne. Wenn aber das geisli-che Lich in der Seele einem rücksrahlenden Gegensand begegne, ewa einem Nachdenken über Vollkommenhei oder Unvollkommenhei (auch wenn dieses nur die Größe eines Aoms häte), odereinem Ureil über ewas, das wahr oder alsch is, so sieh man es gleich und erkenn es viel deulicherals vor dem Einrit in diese Dunkelheien. Ebenso deulich zeig das götliche Lich der Seele miLeichigkei eine begegnende Unvollkommenhei. Wenn der das Zimmer durcheilende Srahl, dernich selber gesehen wird, au eine Hand oder sons einen Gegensand äll, erblick man sogleich dieHand oder die Sache und erkenn daran, daß da Sonnenlich is.

5 Das geisliche Lich is sehr einach und lauer und allgemein, es bezieh sich au keinen einzel-nen Erkennnisinhal, er sei naürlicher oder götlicher Ar, denn es ha die Seelenkräe aller Begrieenleer und enblöß. Deshalb durchdring die Seele au universale und ganz leiche Ar alles Höhere

und Niedere, das sich ihr biee. So sag der Aposel: «Der Geis Gotes durchorsch alles, auch dieieen Gotes» (1 or 2,10). Au diese universale und einache Weishei bezieh sich, was der HeiligeGeis durch den Weisen sprich: «Die Weishei durchdring alles kra ihrer einhei» (Wh 7,24); siemach bei keiner einzelnen Erkennnis und keiner Sonderneigung hal. So beschaen is der von allenSonderneigungen und Sondererkennnissen gereinige Geis. Weil er nichs Einzelnes schmeck odererkenn, sondern leer in Dunkel und Finsernis verharr, vermag er mi großer Fassungskra alles zudurchdringen, so daß sich in ihm das Wor des hl. Paulus erüll: «Wir haben nichs und besizen dochalles» (2or 6,10). Denn solche Seligkei is vorbehalen der Armu des Geises.

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9. KPIELDIESE NACH VEDUNEL DEN GEIS ZWA, ABE UM IHN ZU EHELLEN UND IHM LICH ZU SPENDEN

1 Nun bleib noch zu erklären, daß wenn die selige Nach der Beschauung den Geis verdunkel,dies doch nur geschieh, um ihn allseis zu erhellen; wenn sie ihn demüig und elend mach, so um

ihn auzurichen und zu erheben; wenn sie ihn verarm und ausleer von allem naürlichen Besiz undBesizwillen, so um ihn zu beähigen, sich aller himmlischen und irdischen Dinge au götliche Ar zuerreuen und sie zu genießen und so zu einer umassenden Freihei im Geis zu gelangen. Wie die Ma-erie, um sich allen zusammengesezen Naurdingen miteilen zu können, mi keiner Besonderheider Farbe, des Geruchs und Geschmackes behae sein dar, um sich jeder Ar Farbe, Geruch undGeschmack anpassen zu können, so muß auch der Geis von allen naurhaen Neigungen, akuellen wie zusändlichen, rei und enblöß sein, um sich in Freihei mi der geislichen Fülle der götlichen Weishei verbinden zu können, wo er augrund seiner Durchsichigkei den Geschmack aller Dingein gewissermaßen eminener Weise erahren kann. Ohne seine Läuerung aber vermöche er in kei-

ner Weise die Beriedigung dieser Fülle geislichen Schmeckens zu gewinnen. Eine einzige noch ver- bleibende Anhänglichkei, ein einziger Gegensand, an dem der Geis noch akuell oder zusändlichkleb, genüg, die Erahrung, den Geschmack und die eilnahme an der Zarhei und ganz innerlichenLieblichkei der geislichen Liebe zu verhindern, in der au höchs eminene Ar jeglicher Geschmack enhalen is.

2 Die inder Israels konnen einzig deshalb, weil sie eine Anhänglichkei und Erinnerung andie in Ägypen genossenen Fleischspeisen und Geriche behalen haten, das zare Engelsbro in der Wüse, das Manna, nich genießen, das doch nach der Schri die Süsse jeglichen Geschmacks in sichenhiel und sich je nach dem Geschmack, den einer wünsche, verwandele (Wh 16,2 I). Ebensowe-nig kann der Geis, der noch mi einer akuellen oder zusändlichen Neigung an ewas häng, oderEinzelbegrie oder sonsige Vorsellungen eshäl, die Wonnen des Geises der Freihei verkosen.Denn die Neigungen, Geühle und Wahrnehmungen des vollkommenen Geises sind eben götlichund dami anderer Wesensar, von der Naur so verschieden, daß man, um sie akuell oder zusändlichzu besizen, die andern ausreiben und vernichen muß, da beide so gegensäzlich sind, daß sie sichim gleichen Subjek nich verragen. Deshalb ziem es sich nich nur, sondern es is nowendig, daßdie Seele, die zu so Erhabenem Zurit erhalen soll, zuers von der dunklen Nach der Beschauung

zerniche und in ihrem Niedern in Dunkelhei, Dürre und Leere versez wird, denn das Lich, das ihrzugedach is, is ein allerhöchs-götliches, das jedes naürliche Lich überrag und vom Versand au naürliche Weise nich erass werden kann.

3 Und so muß der Versand, um sich ihm einigen und im Sand der Vollkommenhei vergötlich werden zu können, sich vorers in seinem naürlichen Lich läuern und vernichigen lassen, indemer durch die dunkle Beschauung ganz ausdrücklich ins Dunkel versez wird. Und das Dunkel mußsolange dauern, bis die durch lange Zei eingeeischen Ansichen ausgerieben und zersör sind,dami an die Selle des eigenen das götlich erleuchende Lich reen kann. Soern nun die rühere Er-

kennniskra eine der Naur anhaende is, müssen die ihr ensprechenden Finsernisse iegreiend,erschreckend und höchs qualvoll sein; in den subsaniellen ieen des Geises verspür, scheinen siedie Subsanz selbs anzugreien. Und da die Liebesneigung, die in der Einigung mi Got migeeil werden soll, selber götlich is, deshalb sehr vergeisig, subil, zar und ganz innerlich, alles naürli-

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che Fühlen und Empnden und jedes Begehren des Willens überseigend, muß der Wille, um diesenaurha nich erreichbare götliche Neigung durch Liebeseinigung verkosen zu können, zuers vonallen eigenen Neigungen und Geühlen enleer und enblöß und solange ausgedörr und bedräng werden, als der Zusand seiner naurhaen Neigungen zu Götlichem wie zu Menschlichem es eror-der. Er muß am Feuer der dunklen Beschauung, wie das Herz des Fisches obias' au der ohlenglu, von allen Formen des Dämons gereinig werden (6,19), um in reiner Einal ür die erhabenen und

remdarigen Berührungen der götlichen Liebe empänglich zu werden, woran er nach Beseiigungaller akuellen und zusändlichen Hindernisse seine Umgesalung ins Götliche erahren wird.

4 Ferner muß die Seele zum Erlangen der genannen Vereinigung, worau die dunkle Nach sie bereie, mi einer gewissen glorienhaen Herrlichkei ausgesate werden, sons könne sie nichmi Got umgehen. Diese schließ unsägliche Güer in sich, die alle naürlich besizbaren eichümerüberreen; die schwache und unreine Naur könne sie gar nich assen. Jesaja sag es: «ein Augeha gesehen, kein Ohr gehör, in keines Menschen Herz is augesiegen, was Got denen bereie ha,die ihn lieben» (64,4). Deshalb muß die Seele ers geisig leer und arm werden, abgelös von jeder

Süze, rösung und jeder naürlichen Auassung götlicher und menschlicher Dinge. Einmal derar von allem enblöß, is sie wahrha arm im Geis und ha den alen Menschen ausgezogen; sie kanndann das durch die dunkle Nach verschae selige Leben gewinnen: den Sand der Vereinigung miGot.

5 Die Seele muß hier zu einer sehr weien und erahrungsgesätigen götlichen Einsich in allengötlichen und menschlichen Dingen gelangen, enern von jeglicher gewohnen naurhaen Erah-rungsweise. Denn sie berache diese Dinge mi ganz andern Augen als rüher; der Unerschied isso groß wie zwischen dem Lich und der Gnade des Heiligen Geises und der sinnlichen Wahrneh-mung, so groß wie zwischen dem Götlichen und dem Menschlichen. Dazu muß der Geis in seinergewöhnlichen, naurhaen Auassungsar veredel und gegerb werden, die läuernde Beschauungmuß ihn in viele Ängse und Bedrängnis versezen. Auch das Gedächnis muß aus allen erreulichenund beruhigenden Erinnerungen berei werden; es erhäl dabei ein Geühl, daß es allen Dingen ernund enremde wird, alles erschein ihm anders als rüher. So renn die Nach den Geis von seinemgewohnen, angesammen Fühlen der Dinge, um ihm ein götliches Fühlen beizubringen, das allerMenschenar ungewohn und remd is und ihn wie außer sich selbs versez. Andere Male mein dieSeele verzauber oder beäub zu sein, sie is wie verzück von den Dingen, die sie sieh und hör, die-

se kommen ihr remd und veränder vor, obschon sie die gleichen sind, mi denen sie rüher umging.Das komm daher, daß die Seele selbs ihrer gewohnen Erahrung und Erkennnis der Dinge remdgeworden is, sie is darin vernichig und dem Götlichen eingeorm worden, was schon mehr zumkünigen als zum hiesigen Dasein gehör.

6 Alle diese Bedrängnisse und Läuerungen des Geises muß die Seele durchmachen, um durchgötliche Einwirkung zum neuen geisigen Leben wiedergeboren zu werden. In solchen Schmerzen bring sie den Geis des Heiles zur Wel. So sag Jesaja: «So wurden wir geschaen vor deinem Ange-sich, Herr. Wir haben empangen und gleichsam geboren und haben den Geis des Heiles zur Wel

gebrach » (26,17-18). Außerdem bereie sich die Seele augrund dieser Nach der Beschauung au  jene uhe und jenen Frieden vor, der nach der Schri alles Sinnen überseig (Phil4, 7). Dazu muß sieihren rüheren Frieden vollkommen preisgeben, denn er war unvollkommen und deshalb kein wahrerFriede, obschon er der Seele als ein ihr behagender Friede erschien, ein doppeler, da er ihr Geühl wie

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ihren Geis zu erüllen schien, dabei aber noch unvollkommen war. Ers muß er einer Läuerung un-erzogen werden; die Seele muß ihn preisgeben, dami sich an ihr erülle, was wir oben anläßlich derMühsal der Nach aus Jeremia angeühr haben: «Meine Seele wurde enern und herausgesoßenaus dem Frieden» (lgl 3,17).

7 Sehr schmerzha is diese einigung ür die Seele augrund der vielen Ängse, Einbildungen

und ämpe, die sie in sich verspür. Der Anblick und das Gespür ihres eigenen Jammers läß sie be-ürchen, sie sei verloren und ihr Glück sei ür immer dahin. So gib sie sich solchem Schmerz und soieem Söhnen hin, daß sie zuweilen im Geise heig auschrei, was sich in Woren und in ränenäußern kann, wenn sie dazu noch die ra ha. Aber solche Erleicherungen sind selen. David, derdies alles eruhr, drück es ensprechend aus: , «Ich wurde bedräng und ie gedemüig, das Seuzenmeines Herzens äußere sich in obendem Gesöhn» (Ps 37,9), Solches Söhnen is Ausdruck ieenLeidens; zuweilen bei der plözlichen und lebendigen Erinnerung an ihr Elend gerä die Seele in sol-che Erregung, daß ich nich weiß, wie es ausdrücken, es sei denn durch Vergleiche, wie Ijob im selbenZusand sich Lu mache: «Wie der Lärm von Surmuen is mein obendes Söhnen» (3,24). Wie

die Wasser manchmal mi solcher Gewal heransürmen, daß sie alles überschwemmen, so wird dasobende Gesöhn der Seele so gewalig, daß es sie völlig überschwemm; alle ihre innerlichsen Nei-gungen und räe sind au unvorsellbare Weise ein aub der Angs und des Schmerzes.

8 Solches wirk diese Nach in ihr, die sie der Honung beraub, das ageslich wiederzusehen.Ijob, der Prophe, äußer dazu: "Nachs haben die Schmerzen meinen Mund durchbohr, und diemich verzehren, schlaen nich» (30,17). Der Mund bedeue hier den Willen, durchbohr durch dieSchmerzen, die nich auören, die Seele zu zerreißen, weil Zweiel und Ängse sie unauörlich ol-ern.

9 Schrecklich sind diese Schlachen und ämpe, denn der Friede, au den geware wird, sollein unvergleichlich ieer sein. Und wenn der geisige Schmerz so innerlich und durchdringend is, so weil auch die kommende Liebe ganz innerlich und ein sein muß. Je innerlicher und subiler ein Werk sein und bleiben muß, um so innerlicher, subiler und einer muß die Arbei daran sein. Und je mehrra man au ein Bauwerk anwende, deso eser wird das Gebaue sein. So sag Ijob: «Meine Seele welk in mir dahin, mein Inneres wall au ohne jede Honung» (30,16). Denn die Seele is dazu be-ruen, im Sand der Vollkommenhei, au den hin die reinigende Nach sie erzieh, unzählige Güer an

Gaben und ugenden zu besizen, sowohl in ihrer Subsanz wie in ihren Vermögen; und dazu muß siesich vorers auch ganz allgemein diesen Schäzen gegenüber remd, enblöß, arm und leer sehen undühlen. Sie. muß sich so ern von ihnen ühlen, daß sie nie in ihren Besiz zu gelangen mein und allesGlück ür sie zu Ende is. Darau verweis nochmals Jeremia an der angeühren Selle: «Vergessenhabe ich alle Güer» (lgl 3,17).

10 Fragen wir uns nun noch, weshalb das Lich der Beschauung ür die Seele so san und wohlu-end is, daß sie nichs anderes mehr ersehnen mag - mi ihm soll sie sich ja vereinigen, in ihm im Sandder Vollkommenhei alle Güer nden -, weshalb es sie aber dann bei seinem Eindringen so schmerz-

lich berühr und so erschreckende Wirkungen hervorbring.

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11 Die Anwor darau is nich schwer, wir haben sie zum eil schon gegeben. Es is nich so, als verursache die Beschauung oder götliche Eingießung von sich aus Leiden, sie bring im Gegeneileine Fülle an Wonnen mi sich, die die Seele späer genießen wird. Der Grund lieg vielmehr in derSchwäche und Fehlerhaigkei der Seele und in ihrer Veraßhei, die dem Empang dieser Gaben widerseh. Deshalb verursach das götliche Lich in der Seele die erwähnen Leiden.

10. KPIELGÜNDLICHE ELÄUNG DIESE INNEN

LÄUEUNG DUCH EINEN VEGLEICH

1 Um das Gesage wie das noch Folgende zu verdeulichen, sei hier bemerk, daß die läuerndeund liebende Wahrnehmung oder das besage götliche Lich die Seele au die gleiche Weise reinig

und zur Einigung mi ihm hin bereie, wie die Flamme ein Holzschei bereie, um es in Glu zu ver- wandeln. Das sofiche Feuer rockne, wenn es das Holz eraß, dieses zuers solange, bis alle Feuch-igkei herausgeschwiz, alles Wäßrige herausgewein is. Dann wird es allmählich dunkel, schwarzund häßlich, es gib sogar einen üblen Geruch von sich. Indem das Feuer es allgemach ausdörr, wirdalles Häßliche und Dunkle, was zum Feuer in Widerspruch seh, ans Lich gezogen und ausgerieben.Schließlich beginn es zu brennen, es wird erhiz und von außen her enamm; das Feuer verwandeles in sich und es wird schön wie das Feuer selbs. Von da an gib es im Holz kein weieres Erleiden oder Wirken, so daß es mi Ausnahme seiner Ausdehnung und seines Gewichs keine andern Eigenschaenmehr ha als die des Feuers. rocken geworden, rockne es; es wird heiß und es erhiz; es wird hellund es srahl Helligkei aus, und es wird leicher als zuvor. Alle diese Eigenschaen und Wirkungen bring das Feuer in ihm hervor.

2 Ganz Ensprechendes haben wir nun auch vom götlichen Liebeseuer der Beschauung anzu-sezen, das, bevor es sich der Seele einig und sie in sich verwandel, sie zunächs von allen widerse-henden Elemenen reinig. Es reib all ihr Schändliches aus ihr aus, mach sie dunkel und schwarz,so daß sie schlimmer aussieh als vorher, hässlicher und verabscheuungswürdiger. Bevor die götlicheeinigung alle üblen und laserhaen Säe, die ie in der Seele verwurzel waren, herausrieb, nahm

diese sie nich wahr; sie konne sich nich vorsellen, daß so viel Arges in ihr secke, aber nun, da esausgerieben und zersör werden soll, sell es sich ihr vor Augen. Im dunklen Lich der götlichenBeschauung erblick sie es mi aller larhei, doch is sie deshalb nich schlecher als vorher, weder insich noch vor Got. Aber weil sie jez in sich wahrnimm, was sie vorher nich sah, schein ihr unwi-derleglich, daß sie des Blickes Gotes nich nur unwürdig is, sondern von ihm verabscheu zu werden verdien, und daß er sie jez schon wirklich verabscheu. Durch diesen Vergleich läß sich nunmehr vieles versehen von dem, was wir ausühren und weierhin zu sagen beabsichigen.

3 Ersens können wir einsehen, wie dieses Lich liebender Weishei, das sich der Seele einigen

und sie verwandeln soll, das gleiche is, wie was sie anänglich gereinig und bereigemach ha; dennebenso is das Feuer, das das Holz in sich verwandel, indem es dieses durchdring, das gleiche, wie was es anänglich bereigemach ha, eurig zu werden.

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4 Zweiens erkennen wir, daß die Seele diese Peinen nich als von der götlichen Weishei aus-gehend erähr, wie denn der Weise sag: « Mi ihr zusammen kamen mir alle Güer» (Wh 7, 11),sondern von ihrer eigenen Schwäche und Fehlerhaigkei, augrund derer sie unähig is, ihr götli-ches Lich, ihre Wonne und Seligkei ohne vorherige Läuerung zu empangen: deswegen erdulde siesoviel. So geschah es ja auch mi dem Holz, das nich beim ersen Anlegen des Feuers verwandel wur-de, sondern ers wenn es ür dieses bereigemach war. Jesus Sirach besäig das, indem er schilder,

 wieviel er lit, bis er sich mi der Weishei einige und sie verkosen dure: «Meine Seele erduldeeihrewegen odesängse, mein Innerses wurde augewühl, um sie zu erwerben, deshalb werde ich ineinen guen Besiz gelangen » (Sir 5 I, 29).

5 Dritens können wir uns nun nebenbei einen Begri davon machen, wie die Seelen im Fegeuer leiden. Das Feuer häte keine Mach über sie, selbs wennes an sie angeleg würde, alls sie keine Unvollkommenheien an sich häten und deshalb nich leidens-ähig wären. Diese Unvollkommenheien lieern den Brennso ür das Feuer; is er verzehr, so bleibnichs zum Verbrennen übrig. Nich anders die Seele: sobald sie von ihren Fehlern gereinig is, hör

ihr Leiden au und ihr Ergözen beginn.

6 Vierens erassen wir hieraus, daß wie das Holz ensprechend seiner bessern oder wenigerguen Zubereiung schneller oder langsamer erglüh, auch die Seele sich in dem Maße in Liebe en-amm, als sie mitels des Liebeseuers eneigne und geläuer worden is. Gewiß, dieses liebendeEnammsein is ür die Seele nich immer ühlbar, sie ühl es nur zuweilen, wenn der Zugri derBeschauung in ihr nachläß. Dann ha sie Gelegenhei, das Werk, um das sie sich müh, zu sehen undsich auch daran zu reuen; es wird ihr enhüll. Ihr schein, die Hand ziehe sich von der Arbei zurück,das Eisen aus der Esse; so kann sie das Werk berachen, das sie vorher, als daran gearbeie wurde,nich sehen konne. Gleicherweise kann man, wenn die Flamme vom Holzschei abläß, beobachen, wie sark es glüh.7 Fünens ennehmen wir dem Vergleich eine Besäigung des bereis Gesagen: daß die Seelenach solcher Aempause in Wahrhei noch heigere und empndlichere Leiden au sich nehmen muß.Nach jener ennnisnahme, da sie vor allem von ihren äußern Fehlern gereinig worden is, dring dasLiebeseuer erneu au sie ein, um jez die innerlichsen Unvollkommenheien zu reinigen. Das Lei-den der Seele is dann umso inimer, durchdringender und geisiger, als die einigung die inimsen,durchdringendsen und geisigsen Fehler erreich. Es geh zu wie beim Holz: je ieer das Feuer darin

eindring, deso heiger und gewalsamer bereie es das Innerse zu, es auzunehmen.

8 Sechsens ergib sich daraus auch der Grund, weshalb die Seele alles Gue verloren zu habenund voller Übel zu sein mein; denn während sie in der Läuerung weil, erähr sie nichs als Biter-kei. So auch mi dem brennenden Schei; die Lu und alles Umgebende bewirken nur, daß das Feuer verzehrender wird. Wenn aber erneu eine weiere uhepause einrit, wird sie innerlicher genießen, weil die einigung ieer innen vollzogen is.

9 Siebens schließen wir daraus, daß wenn die Seele diese Zwischenzeien rech genieß, so sehr,

daß ihr, wie erwähn, die (sicher einreende) ückkehr der rübsale unmöglich erschein, sie dochimmerhin, alls sie au sich ache (und das u sie zuweilen), essell, eine noch vorhandene Wurzel werde den vollen Genuß nich gesaten. Droh doch diese schlimme Wurzel sich bald wieder bemerk- bar zu machen, was sich uner solchen Bedingungen auch bald ereigne. urz: was im innersen der

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Seele noch der einigung und Erleuchung bedar, kann dem schon gereinigen eil nich völlig unbe-kann bleiben. So gab es auch beim Holz den Unerschied zwischen dem noch nich in Glu versezenInnersen und dem schon glühenden Äußern. Wenn aber die Läuerung im Innersen der Seele wiedereinsez, is es nich verwunderlich, daß die Seele immer noch wähn, alle ihre Güer seien verlorenund ür sie unwiederbringlich: denn da sie in die inwendigsen Leiden versenk is, bleiben ihr alleäußerlicheren Güer verborgen.

10 Wenn wir diesen Vergleich vor Augen behalen und den ersen Vers der ersen Srophe - diedunkle Nach und ihre erschreckenden Eigenschaen - nunmehr erkann haben, wird es wohläigsein, dieses ür die Seele so bedrückende ema zu verlassen und überzugehen zur Fruchihrer ränen und zu ihren beseligenden Eigenschaen, die die Seele im zweien Vers zu besingen an-äng:

Entfammt von Liebessehnen.

11. KPIELBEGINN DE ELÄUNG DES ZWEIEN VESES

DE ESEN SOPHE: WIE DIE HEFIGE LEIDENSCHAF DE GÖTLICHEN LIEBE FUCH DE SCHWEEN BEDÄNGNISSE IS

1 In diesem Vers erklär die Seele das Liebeseuer, von dem schon die ede war, das au sie ein- wirk wie das sofiche Feuer au das Holz: es enbrenn in ihr in der schmerzvollen Nach der Be-schauung. Aber wenn dieses Enbrennen demjenigen im sinnlichen eil in gewisser Beziehung ähn-lich is, so is es doch anderseis so unähnlich wie die Seele vom Leib, der geishae vom sinnlicheneil. Jez geh es um ein Enbrennen der Liebe im Geise, wovon die Seele sich inmiten der dunkelnQual, Got ühlend und ahnend, von heiger Gotesliebe verwunde, durchdrungen ühl, auch wennsie nichs Einzelnes wahrnimm, da der Versand, wie erwähn, noch im Dunkeln weil.

2 Der Geis aber ühl sich zur Liebe hingerissen, denn das geisliche Feuerangen enach dieLiebesleidenscha. Und da diese Liebe eingegossen is, is sie mehr erleidend als äig und weck

ebendadurch eine sarke Leidenscha in der Seele. Diese Liebe nimm schon ewas von der Einigungmi Got vorweg und ha an deren Eigenschaen Aneil, die mehr ein Wirken Gotes als ein solchesder Seele sind; sie empäng sie passiv, auch wenn sie dazu ihre Zusimmung zu geben ha. Aber es iseinzig die Liebe Gotes, die sich mi ihr vereinig, die die Glu und die ra, die Gesimmhei undHingerissenhei der Liebe -- die Enammung, wie die Seele es hier nenn - verursach. Die götlicheLiebe aber nde in ihr umso mehr aum und Bereischa, sie zu umassen und zu verwunden, jemehr sie alle ihre Begierden eröe und sich unerworen ha, um sie aller himmlischen und irdischenGenüsse zu enblößen.

3 All dies erolg innerhalb der dunklen Läuerung au wundersame Weise. Got ha hier der See-le ihre Gelüse so verleide und sie au sich gesammel, daß sie dem rüher Gelieben nich mehr nach-gehen können. Durch solche Abrennung und Sammlung will Got die Seele särken und vorbereienau die machvolle Einigung mi seiner Liebe, die er durch die einigung ihr zu schenken beginn. In

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diesem Zusand is die Seele genöig, aus all ihren geisigen und sinnenhaen Neigungen mi allenräen zu lieben, was unmöglich wäre, wenn sie sich noch dem Genuß anderer Dinge hingäbe. Umdie Liebeskra dieser Goteinigung in sich empangen zu können, sprach David zu Got: «Meinera will ich ür dich bewahren» (Ps 58,10), das heiß, meine ganze Fähigkei, alle meine Neigungen,alles, was meine Seelenkräe vermögen, will ich, was ihr Wirken und osen beri, nichs anderemals dir zuwenden.

4 Man kann daraus einigermaßen ersehen, wie inensiv die Liebesglu im Geis sein muß, wennGot alle geisigen und sinnlichen räe, Vermögen und Neigungen an sich essel; sie sollen in voll-kommenem Einklang sich ganz der Liebe verschwenden und so wahrha dem ersen Gebo genügen, wonach alles im Menschen sich der Liebe zuwenden muß und nichs davon ausgenommen werdendar: «Du solls den Herrn deinen Got lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seeleund aus allen deinen räen» (D 6,5)·

5 Sind somi durch diese enamme Liebe alle räe der Seele gesammel und sie selbs in allen

 verwunde, wie gesalen sich dann - so rage ich - die egungen all dieser räe, da sie sich einerseis von der machvollen Liebe ergrien und verwunde sehen, sie aber anderseis nich besizen und un- beriedig in Dunkel und Zweiel verharren? Sicher ha ihr Hunger nur zugenommen, und gleich denHunden, von denen David sprich, umsreichen sie die Sad und heulen und söhnen, da sie von derLiebe nich gesätig werden (Ps 58, 16). Die Berührung der eurigen Gotesliebe dörr den Geisso aus und enamm seine nach Löschung seines Durses lechzenden Vermögen so, daß die Seelesehnsüchig ausend Wege such, Got zu nden. David ha dies refich in einem Psalm ausgedrück:«Meine Seele empnde Durs nach dir, und au vielerlei Weise sehnen sich meine Glieder nach dir»(Ps 62,2). Eine andere Übersezung laue: «Meine Seele dürse nach dir, meine Seele vergeh auslauer Schmachen nach dir.»

6 Deshalb sprich die Seele in diesem Vers: « Enamm von Liebessehnen». Die Seele liebau ausenderlei Aren: in ihren Gedanken, ihren aen, den Gelegenheien, die sich darbieen; ihreSehnsuch plag sie zu jeder Zei und an allen Oren, in nichs nde sie uhe; glühend und versehrinmiten ihrer Ängse sprich sie mi dem Propheen Ijob: «Wie der Hirsch nach den Schaten seuz, wie der aglöhner das Ende seiner Arbei herbeisehn, so habe ich ruhelose Monde erleb und kum-mervolle Näche mir abgezähl. Wenn ich mich schlaen lege, so mi dem Gedanken: Wann sehe ich

 wieder au? Und wieder muß ich au den Abend waren, von Ängsen angeüll bis die Dunkelheieinbrich» (7,2). Alles wird der Seele zu eng, sie häl es in sich selbs nich mehr aus, ihre Sehnsücheübergreien Himmel und Erde, ihre Schmerzen üllen sie bis zur Dunkelhei, von der Ijob gesprochenha. Im geisigen Sinn, der uns hier beschäig, handel es um eine Pein, die keine rösung enhälund keine Honung au Lich oder geisliche Hile in Aussich sell. Und die ängsliche Qual au-grund dieser enzündenden Liebe wird aus einem doppelen Grund noch vermehr: da sind einerseisdie geislichen Finsernisse mi ihren quälenden Zweieln und ihrem Argwohn, da is anderseis dieLiebe Gotes, die die Seele aneuer und sachel und sie durch ihre Versehrungen in Furch sez. Bei-de Aren des Leidens werden uns von Jesaja aus bese beschrieben: « Meine Seele sehn sich nach dir

in der Nach» (26,9), nämlich miten in ihrem Elend.

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7 Und dies is die eine Ar des Leidens in dieser Nach; «aber», so ähr er or, «in meinemGeise wache ich in meinem Herzen vom rohen Morgen an» (ebd.). Das is die andere Weise des Lei-dens, die des liebenden Sehnens, das Geis und Herz quäl. Und doch spür die Seele miten in diesemLeiden aus Finsernis und aus Liebe eine gewisse Gegenwar und Mächigkei in ihrem Innern, die sie begleien und särken, während, wenn die Las des ummers und Dunkels weggehoben wird, sie sichmanchmal allein, leer und schwach ühl. Aber der Grund daür is, daß die wirksame ra ihr passiv 

 vom dunkeln Liebeseuer in ihr migeeil wurde, und deshalb mi der Miteilung auch das Dunkel, diera und die Liebesglu in ihr auören.

12. KPIELINWIEFEN DIESE ESCHECENDE NACH

EIN FEGFEUE IS, UND DIE GÖTLICHE WEISHEI

DIE MENSCHEN AUF EDEN AUF GLEICHE WEISEEINIG UND ELEUCHE WIE DIE ENGEL

DES HIMMELS

1 Aus dem Gesagen läß sich versehen, wie diese dunkle Nach des Liebeseuers sowohl imDunkeln reinig wie zugleich auch im Dunkeln allmählich enamm. Ferner begrien wir, daß wieim andern Leben die Geiser durch ein sofiches Feuer geläuer werden, so hienieden ein liebendes,dunkles geisiges Feuer sie läuer und säuber. Es beseh somi dieser Unerschied, daß drüben durchFeuer gereinig, hier dagegen durch Liebe allein geläuer und erleuche wird. Solche Liebe erba sichDavid, als er sprach: «Ein reines Herz schae in mir, 0 Got, us.» (Ps 51, 12). Denn Herzensreinheiis nichs anderes als Liebe und Gnade Gotes. Deshalb werden die, die reinen Herzens sind, von un-serem Herrn seliggesprochen, denn Seligkei wird nur durch Liebe gewähr.

2 Wenn aber die Seele dann gereinig und erleuche wird, wenn das Feuer der liebenden Weis-hei sie heimsuch, so weil Got die mysische Weishei nur mi der Liebe zusammen verleih. Jeremiazeig das klar, wenn er sag: «Aus der Höhe sande er Feuer in mein Gebein, und er erzog mich» (lgl1, I 3). David sag, die götliche Weishei sei Silber, das durch Feuer erprob worden is (Ps111,7),

nämlich durch das reinigende Feuer der Liebe. Die dunkle Beschauung öß also der Seele gleichzeiigLiebe und Weishei ein, einer jeden nach ihrer Fassungskra und ihrem Bedürnis, indem sie erleuch-e und von ihrer Unwissenhei geläuer wird, wie der Weise von sich bekenn.

3 Daraus erhell ebenalls, daß diese Seele von derselben götlichen Weishei geläuer und erleuche wird, wie die Engel, deren Unwissen sie beheb; sie belehr diese über die Dinge, die sie nich wußen.Sie samm aus Got und ergieß sich von den obersen Hierarchien bis zu den unersen und von dazu den Menschen. Deshalb sag die Schri wahrhaig und ausdrücklich, daß alle aen und Inspira-ionen der Engel gleichzeiig von ihnen und von Got gewirk werden, denn Got peg die seinen

durch die der Engel hindurch zu vermiteln, und diese vermiteln sie einander ohne Säumnis, wie einSonnensrahl viele hinereinander liegende Glasenser durchquer; und wenn es der Srahl is, der siealle durchquer, so schick ihn doch jede Scheibe der andern weier, mehr oder weniger gemilder, jenach der Beschaenhei des Glases, abgeschwächer, wenn die Scheibe der Sonne erner seh.

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4 je näher deshalb die Engel der übereinandergelageren Hierarchien Got sehen, deso mehrund deso universaler werden sie gereinig und erleuche, während die unersen die Erleuchungschwächer und enerner erhalen. Daraus olg, daß der Mensch, als der Leze der eihe, dem dieseliebende Beschauung, alls Got sie ihm geben will, zukomm, sie au sehr unvollkommene und be-schränke und schmerzliche Weise erhalen wird. Denn Gotes Lich, das den Engel erleuche, ver-

klär ihn und beselig ihn so in Liebe, wie es sich bei einem reinen Geis geziem, der ür solche Eini-gung vorbereie is. Beim Menschen dagegen, der schwach und unrein is, is es naürlich, daß Gotihn, wie wir sagen, ins Dunkel sürz und ihm Pein und Bedrängnis bereie, wie die Sonne, wenn sieein krankes Auge ri; Got verleih ihm die Liebe, indem er ihn brennen und leiden läß, solange bisdas Liebeseuer ihn vergeisig und veredel ha; er läuer ihn solange, bis er den Engeln gleich ür dasEinigende dieser liebenden Einößung berei und, wie noch zu zeigen sein wird, durch Vermitlungdes Herrn gereinig is. Inzwischen aber empäng er die liebende Beschauung und Wahrnehmung inder ängslichen Sehnsuch, von der hier die ede is.

5 Nich immer jedoch empnde die Seele dieses drangvolle Enbrennen in Liebe. Zu Beginnder geislichen Läuerung ziel das geishae Feuer mehr darau, den Brennso der Seele zu rocknenund vorzubereien, als ihn zu erhizen. Mi der Zei aber, wenn das Feuer die Seele erwärm, verspürsie zumeis den Brand und die Glu der Liebe. Und während augrund des Dunkels mehr das Er-kennnisvermögen gereinig wird, komm es doch vor, dass diese mysische eologie nich nur den Willen enamm, sondern auch das andere Vermögen, das der Erkennnis, ergrei, indem sie ihmeinige Wahrnehmung des götlichen Liches spende, worau nun auch der Wille innerhalb dieser Er-leuchung wunderbar erglüh und ohne sein Zuun durch das götliche Liebeseuer in helle Flammen versez wird, so daß jez die Seele lebendige Flammen au grund der lebendigen Erkennnis zu emp-angen schein. Deshalb sag David in einem Psalm: «Mein Herz wurde heiß in mir, und in meinerBeschauung enzündee sich das Feuer» (Ps 38,4).

6 Dieses gemeinsame Enbrennen der Liebe in beiden Seelenkräen, Versand und Wille, diesich hier vereinigen, is ür die Seele ewas sehr Bereicherndes und Beseligendes, denn mi Sicherheirühr sie dabei an die Gothei und ha einen inchoaiven Besiz der vollen Liebeseinigung, au die sieho. Doch diese leiche Berührung eines erhabenen Gespürs götlicher Liebe gewinn sich ers, wenn vielerlei Leiden erdulde wurde und ein großer eil der Läuerung durchgemach is. Für andere, nied-

rigere Grade, wie sie ür gewöhnlich vorkommen, is eine so inensive Läuerung nich erorder.

7 Aus dem Dargelegen olg, daß der Wille beim Empang der geisigen Güer, die Got der See-le passiv einöß, sehr wohl zu lieben vermag, ohne daß der Versand begrei, wie ja auch der Versand begreien kann, ohne daß der Wille lieb. Da die dunkle Nach der Beschauung sowohl götliches Lich wie götliche Liebe in sich enhäl, so wie das Feuer leuche und wärm, seh nichs im Wege, daß dassich miteilende götliche Lich einmal mehr den Willen ri und zur Liebe enamm, während esden Versand im Dunkeln läß, und daß ein andermal der Versand mi Lich und Einsich erüll wird, während der Wille in rockenhei verharr. So kann man ja auch die Wärme des Feuers spüren, ohne

es leuchen zu sehen. Das is das Wirken des Herrn: er eil sich mi, wie er will.

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13. KPIEL ANDEE BESELIGENDE WIUNGEN DE 

DUNLEN NACH DE BESCHAUUNG

1 Diese Weise des Enbrennens läß bereis einige der beseligenden Wirkungen ersehen, die diedunkle Nach der Beschauung allmählich in der Seele hervorbring. Zuweilen wird sie miten in ihren

Finsernissen - wie wir vorher sagen -- erhell, und dann «leuche das Lich in der Finsernis» (Joh1,5). Die mysische Erkennnis eil sich dem Versand mi, während der Wille, um akuell an derLiebeseinigung eilzunehmen, im Dunkeln bleib. Er weil aber ür das Fühlen der Seele in so saneruhe und Einal, daß man kein Wor daür ha. Bald lieb sie Got au die eine, baldau die andere Weise.

2 Manchmal verwunde die Liebesamme, wie gesag, auch den Willen, so daß sie in ihm innig,zärlich, kräig enbrenn. Beide Seelenkräe aber einen sich, wie auch erwähn, dann umso vollkom-mener, je mehr der Versand gereinig is. Aber ehe man dazu gelang, ühl man die Berührung des

Feuers ür gewöhnlich mehr im Willen als in der Einsich des Versandes.

3 Doch hier erheb sich ein Zweiel. Da beide Vermögen gleichzeiig gereinig werden, warumühl man anänglich zumeis den liebenden Brand der läuernden Beschauung mehr im Willen, alsdaß der Versand ihn erkänne? Darau is zu erwidern, daß die passive Liebe nich direk den Willenri, denn der Wille is rei; der Liebesbrand is mehr ein Liebeserleiden als ein reier Willensak; erri die Subsanz der Seele und berühr deswegen ihre Vermägen passiv. Aus diesem Grund muß er besser als passive Liebe bezeichne werden, obschon er reier Willensak is; kann man doch von ei-nem Ak des Willens nur reden, wenn dieser rei is. Da aber Leidenschaen und Neigungen ihren Sizim Willen haben, sag man, wenn die Seele sich leidenschalich ür ewas ereier, daß auch der Willees u, und dies is richig, denn au diese Ar wird der Wille gebunden und verlier seine Freihei, erläß sich durch die Gewal der Leidenscha mireißen. So kann man sagen, der Liebesbrand liege im Willen, soern er nämlich seinen Grundrieb enzünde, weshalb hier eher von einer Leidenscha derLiebe als von einer reien Beäigung des Willens gesprochen werden muß. Und weil nur das rezep-ive Erleiden des Versandes Einsich empangen kann, sowei er enblöß und passiv is (was ohneLäuerung unmöglich is), erähr die Seele, bevor sie ganz durchklär is, die Berührung der Einsichselener als die leidenschaliche Liebe. Denn ür diese is erorder, daß der Wille gänzlich geläuer

is; die Leidenschaen helen Liebesleidenscha empnden.

4 Dies Brennen und Dürsen der Liebe is bereis Werk des Heiligen Geises, es unerscheidesich von dem in der Nach der Sinne Beschriebenen. Gewiß ha auch die Sinnlichkei ihren Aneil da-ran, da sie mi in die Bedrängnis des Geises hineingezogen wird; dennoch lieg die lebendige Quelledieses Durses im höheren eil der Seele, im Geis. Dieser ühl so richig, was er erähr, und emp-nde so gu, was er enbehr, daß alle Qual der Sinne, auch wenn sie unvergleichlich größer is als inder ersen Nach der Sinne, ihm wie nichs vorkomm; ühl er doch, daß innen in ihm ein großes Guabwesend is und daß nichs es zu ersezen vermag.

5 An dieser Selle is noch eines zu bemerken. Wenn man zu Beginn der Nach des Geises dasEnbrennen der Liebe noch nich verspür, weil das Liebeseuer noch nich wirksam geworden is, verleih Got doch von vornherein eine solche werschäzende Liebe zu ihm, daß das Allerpeinvollse,

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 was die Seele in den Anechungen dieser Nach erdulde, wie schon gesag, der ängsliche Gedankeis, Got verloren zu haben und von ihm verworen zu sein. So können wir immer sagen, daß von An-ang der dunklen Nach an die Seele Ängse der Liebe, o sogar einer sehr brennenden Liebe erähr.rozdem is das ärgse Leiden die genanne Ungewißhei. önne sie sich überzeugen, daß nich allesür sie verloren und zu Ende is, sondern all das Erahrene zu ihrem Besen geschieh, was ja simm,und Got ihr nich groll, so würde sie sich wenig aus all diesen Qualen machen, ja sie würde sich

darob reuen im Gedanken, daß sie Got dami einen Diens erweis. Sie lieb mi einer so ehrürch-igen Liebe, selbs wenn sie diese nur dunkel ühl, daß sie zu seiner Ehre nich nur die Pein erragen,sondern viele ode erleiden möche. Wenn aber zu dieser Liebe der Hochschäzung Gotes die ver-zehrende Flamme hinzukomm, dann enach der Liebesbrand in ihr ein so ungesümes Lodern zuGot, daß sie ruhig und kühn und bedenkenlos mi der ra und der runkenhei ihrer sehnsüchigenLiebe, achlos die selsamsen und ungewöhnlichsen Dinge vollbräche, um dem, den sie lieb, zu begegnen.

6 Das is der Grund, weshalb Maria Magdalena, obschon aus achbarem Geschlech, sich um die

 wichigen oder weniger wichigen Leue nich kümmer, die im Haus des Pharisäers geladen waren,und nich darau ache, daß es unschicklich is, inmiten der Gäse in ränen auszubrechen. Sie denknich daran, die Zei zu verschieben und au eine andere Gelegenhei zu waren, sie sinn nur au eines: vor Den zu reen, dessen Liebe ihr Herz schon verwunde und in Brand gesez hate. Und was wares ür eine runkenhei und ühnhei ihrer Liebe, da sie wuße, das Grab, darin ihr Gelieber lag, warmi einem Sein versiegel und bewach von Soldaen, dami ihn die Jünger nich sehlen. Aber keinesdieser Hindernisse häl sie au: vor agesgrauen geh sie zum Grab, ihn mi Spezereien zu salben.

7 Und schließlich rag sie in dieser runkenhei und sehnenden Angs ihrer Liebe den Mann,den sie ür den Gärner häl und von dem sie mein, er habe ihn aus dem Grab genommen, wohin erihn geleg habe, dami sie ihn minehmen könne ( Joh 20,15). Sie bedenk nich, wie sehr diese Frageeinem Besonnenen und unbeangenen Ureilenden unsinnig erscheinen muß, denn häte jener denLeib wirklich enwende, so is klar, daß er es ihr nich gesag und noch weniger gesate häte, ihn wegzunehmen. Aber wenn die Liebe sark und heig is, häl sie alles ür möglich und sell sich vor, jedermann müsse ebenso denken wie sie. Darum is auch die Brau im Hohenlied ausgegangen, umihren Gelieben au den Sraßen und an den umliegenden Oren zu suchen, sich einbildend, alle übri-gen seien vom gleichen Gedanken erüll, und sie rede sie an: «Wenn ihr ihn nde, so sag ihm, ich

sei krank vor Liebe» (Hld 5,8). So sark war die Liebe dieser Maria, daß wenn der Gärner ihr gesaghäte, wo er den Leichnam verborgen ha, sie hingegangen wäre, um ihn zu holen, wie sreng es auch verboen sein moche.

8 So beschaen is das Liebessehnen, das die Seele empnde, wenn sie in der geislichen Läue-rung orgeschriten is. Sie erheb sich des Nachs, das heiß inmiten der reinigenden Finsernis, undolg den Neigungen ihres Willens: mi dem Ungesüm und der ra einer Löwin oder Bärin, die nachihren verlorenen Jungen such, geh sie, die Verwundee, au die Suche nach ihrem Got. Im Finsern weilend ühl sie sich ohne ihn und siech doch in einer Liebe zu ihm dahin, die kein Mensch lange

aushalen kann, ohne das Ersehne zu gewinnen oder zu serben. achel hate ein solches Verlangennach indern, daß sie zu Jakob sage: «Gib mir inder oder ich serbe» (Gen 30, 1).

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9 Man muß hier saunen, wie dreis und verwegen die Seele, die sich in der reinigenden Dun-kelhei so armselig und Gotes unwer ühl, nach der Einigung mi ihm sreb. Die Liebe is es, dieihr immer mehr ra gib, mi guem Gewissen zu lieben, und der Liebe is es eigen, nach Einigung, Verbindung, Gleichörmigkei und Ähnlichkei mi dem Gelieben zu sreben, um die Liebe selbs zuihremVollmaß zu bringen. Deshalb muß die noch nich vollkommen liebende Seele, die die Einigungnoch nich erlang ha, nach der noch ehlenden hungern und dürsen; die ihrem Willen schon verlie-

henen Liebeskräe machen sie dreis und verwegen, obschon der noch im Dunkeln lichlos weilende Versand sich unwürdig und elend ühl.

10 Ich will hier nich unerlassen zu erklären, weshalb das götliche Lich, das an sich immer Lichür die Seele is, sie nich schon bei seinem ersen Einallen erhell, wie es das späer un wird, sondern, wie erwähn, im Gegeneil Dunkel und Mühsal erzeug. Ewas is dazu schon gesag worden; doch isau diesen Punk noch eigens einzugehen. Das Dunkel und die sonsigen Beschwerden, die die Seele beim Einall des götlichen Liches spür, sammen nich vom Lich selbs, sondern von der wahrneh-menden Seele. Das götliche Lich erhell sie von vornherein, sie aber nimm mitels desselben nichs

anderes wahr, als was sie angeh, besser: was in ihr selbs is: ihr eigenes Dunkel und Elend, das ihrendlich durch Gotes Barmherzigkei bewuß wird, und das sie solange nich sah, als das übernaür-liche Lich ihr nich gegeben war. Aus diesem Grund spür sie anänglich nichs als Finsernis undBeschwerden. Is sie aber einmal durch Einsich und Erahrung ihrer Armseligkei gereinig, dann bekomm sie Augen, um die Vorzüge des götlichen Liches zu sehen; sobald die Schaten ihrer Fehler verjag sind, beginn sie den Wer und das osbare immer mehr zu schäzen, die sie in der seligenNach der Beschauung gewinn.

11 Woraus man ersieh, welche Guns Got der Seele erweis, wenn er sie in ihrem sinnlichen undgeisigen eil durch eine so schare Lauge und ein so herbes Abührgeränk säuber und heil vonall ihren ehlerhaen Anhänglichkeien und Gewohnheien bezüglich Zeilichem und Naürlichem,Sinnlichem und Geisigem. Got verdunkel und veröde ihre innern Fähigkeien von alldem, reibsie in die Enge und spül sie aus, schwäch die naürlichen räe und läß sie abmagern- was alles dieSeele sich selber nie häte verschaen können, wie demnächs gezeig werden wird. urz, Got lös siedergesal von allem, was nich naurha er selbs is, enkleide und enblöß sie von ihrem alen Ge- wand, um ihr ein neues zu schenken. So erneuer sie sich, wie der Adler seine Jugend wiedergewinn,oran mi dem neuen Menschen bekleide, der nach dem Wor des Aposels gemäß Got geschaen

is (Eph 4,24). Das aber is nichs anderes als Erleuchung des Versandes mi übernaürlichem Lich,so daß er, dem Götlichen verein, selber götlich wird. Der Wille, der seinerseis durch die Gotesliebeergrien is, lieb nich minder als ein vergötlicher, er bilde mi dem Willen und der Liebe Gotesnur noch eins. Und dasselbe gil vom Gedächnis, von den Neigungen und Srebungen: sie sind got-gemäß und au götliche Ar verwandel. Alle diese Verwandlungen scha Got augrund der dunklenNach in der Seele; er erleuche sie und läß sie götlich enbrennen in Sehnsuch, Got und gar nichsanderes zu besizen. Mi guem Grund üg sie deshalb den driten Vers der Srophe bei:

o seliges Geschick!

entfoh ich unbemerkt.

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14. KPIEL AUFFÜHUNG UND ELÄUNG DE DEI

LEZEN VESE DE ESEN SOPHE

1 Dieses «selige Geschick» beseh in dem, was die Seele im nächsolgenden Vers sing:Enoh ich unbemerk, da nun mein Haus in uhe lag.

Sie nimm das Gleichnis von einem Mann, der, um sein Vorhaben besser zu erreichen, sein Haus zurNachzei verläß, da die Hausbewohner zur uhe gegangen sind, dami niemand ihn söre. Um eineso heldenhae und einmalige a zu vollbringen wie die Einigung mi dem götlichen Gelieben, hadie Seele hinauszugehen, da der Geliebe sich nur draußen in der Einsamkei nde. So verlang auchdie Brau, ihn allein zu nden, wenn sie sag: «Wer gib dich mir, mein Bruder, daß ich dich ände,allein, draußen, undich dich küsse?» (Hld 8,1). Wenn die liebende Seele, um ihr Ziel zu erreichen, sohandel: nachs, da das ganze Hausgesinde ruh, ihr Haus verläß, so heiß dies, daß durch die Nachalle ihre niedern Beschäigungen, Neigungen, riebe eingeschläer und sillgeleg sein müssen. Es

is das Gesinde, das sie immer an der Gewinnung ihrer Güer hinder und nich zuläß, daß sie sich von ihm reimach. Es sind jene Hausgenossen, von denen der Herr im Evangelium sag, sie seien desMenschen Feinde (M 10, 36). So mussen ihre Geschäigkeien in dieser Nach zur uhe gebrach werden, um das übernaürliche Gu der Liebeseinigung mi Got nich zu sören; kann diese dochnich sathaben, solange jene sich umreiben. Alle diese naürlichen egungen hindern mehr denEmpang dieses Gues, als daß sie ihn örderen; ihre naürliche Fassungskra is zu gering ür dieübernaürlichen Schäze, die Got allein, ohne ihr Miwirken, in Geheimnis und Schweigen einöß. Alle Fähigkeien haben sich deshalb bei diesem Empang passiv zu verhalen und sich nich mi ihrenniedern und proanen räen einzumischen.

2 Also war es ein seliges Geschick, als die Seele in dieser Nach das ganze Hausgesinde - alle Ver-mögen, Leidenschaen, Neigungen, riebe, die sinnlich oder geisig in der Seele ihr Wesen reiben- zur uhe brache, dami sie unbemerk und unbehinder von all diesen Vermögen zur geislichenEinigung in vollkommener Gotesliebe gelangen konne; denn während sie nachs eingeschläer underöe sind, können sie au naurhae Weise weder wahrnehmen noch ühlen und das Herausreender Seele aus sich selbs und dem Haus ihrer Sinnlichkei nich verhindern.

3 0 welch seliges Geschick ür die Seele, sich von diesem Haus ihrer Sinnlichkei bereien zukönnen! Sie kann es meiner Meinung nach nur dann wirklich versehen, wenn sie es gekose ha.Denn ers jez sieh sie ein, in welch argem Frondiens sie sich beand, wie elend sie war, als sie unerder Herrscha ihrer Seelenkräe und Gelüse sand. Jez aber erkenn sie, daß das Leben im Geis wahrha Freihei und eichum is, der unschäzbare Güer in sich schließ. Wir werden einige dieserGüer in den olgenden Srophen auzählen, wo sich deulicher erweisen wird, mi wieviel ech dieSeele den Ausgang aus der schrecklichen Nach ein «seliges Geschick» nenn.

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15. KPIELDIE ZWEIE SOPHE UND IHE DEUUNG

In Dunkelheit und ungeährdetau geheimer Leiter, vermummt,o seliges Geschick!

in Dunkelheit und im verborgnenda nun mein Haus in Ruhe lag.

DEUUNG

1 Die Seele ähr in dieser Srophe or, einige Eigenschaen dieser dunkeln Nach zu besingen,indem sie nochmals vom seligen Geschick sprich, das ihr durch diese zueil wurde. Sie u es, umeinem sillschweigenden Einwand zu begegnen, und bemerk, man soll nich meinen, sie sei in dieser

Nach, da sie soviel Ängse, Zweiel, Argwohn und Schrecken ausgesanden ha, in größerer Geahrgewesen, verlorenzugehen, sie ha sich vielmehr in der Dunkelhei dieser Nach gewonnen; denn inihr ha sie sich all ihren Verolgern klüglich enzogen, die sie am Vorangehen hinderen: sie hate sichnämlich im Dunkel der Nach ihres Gewandes enledig und sich in ein dreiarbenes leid gehüll, von dem wir späer sprechen werden, und war au einer geheimen Leier, die niemand im Hause kann-e .- nämlich der des lebendigen Glaubens --, enwichen, wovon ebenalls zu handeln sein wird. Siehäte gar nich sicherer gehen können, zumal sie in der läuernden Nach ihre riebe, Neigungen undLeidenschaen eingeschläer, eröe, be· seiig hate, die, wenn wach und muner, sie nie häten ge-hen lassen. Deshalb sag sie den Vers:

in Dunkelheit und ungeährdet.

16. KPIELELÄUNG, WESHALB DIE SEELE IM DUNEL

UNGEFÄHDE WANDEL

1 Die Dunkelhei, von der die Seele hier sprich, bezieh sich, wie wir schon sahen, au die Be-gierden und räe, die sinnlichen, innerlichen und geisigen, die alle in dieser Nach ihres naürlichenLiches beraub werden, um so geläuer zum Empang des übernaürlichen Liches beähig zu sein.Sinnliches wie geisiges Begehren sind enschlummer und eröe, so daß sie weder Götliches nochMenschliches genießen können. Die Neigungen sind niedergehalen und unerdrück, so daß sie sichnich gegen sie regen noch sich au irgend ewas absüzen können; die Einbildungskra is wie ge- bunden und kann sich in keiner sinnvollen Folge von Vorsellungsbildern ergehen; das Gedächnis iserschöp, der Versand is vernser und begrei nichs, deshalb is auch der Wille ausgedörr und

eingeeng; sämliche Vermögen sind enleer und unnüz. Zu alldem ha sich eine diche und lasende Wolke über die Seele gesenk, die sie bedrück und Got gleichsam enremde. Und au diese Weise«in Dunkelhei» wandel die Seele, wie sie sag, «ungeährde».

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2 Der Grund hierür wurde bereis hinreichend erklär. Denn ür gewöhnlich irr die Seele nur, wenn sie ihren Begierlichkeien und Verlockungen, Überlegungen, Einsichen und Neigungen olg;dann geh sie zu wei oder zu wenig wei, oder sie änder die ichung oder gerä aus der Fassung un-dwende sich dabei Dingen zu, die ihr nich Zuräglich sind. Werden aber alle diese äigkeien undegungensuspendier, dann is die Seele oenbar vor Verirrungen geei, und sie berei sich daminich nur von sichselbs, sondern auch von ihren übrigen Feinden: der Wel und dem euel. Wenn

die Neigungen und äigkeien zur uhe gebrach sind, können diese von keiner Seie her und au keine Ar mehr gegen sie rieg ühren. Also wandel die Seele umso sicherer, je mehr sie im Dunkelund in der Leere ihrer naürlichen äigkeien wandel. Darum sag der Prophe: «Das Verderbender Seele enseh nur aus ihr selbs (das heiß aus ihren äigen und widereinandersrebenden inne-ren Gelüsen), das Heil aber (sag Got) komm allein aus mir» (Hos 13,9), Is die Seele dergesal vor ihren Geahren bewahr, dann kann sie sogleich die Schäze aus ihrer Einigung mi Got in ihren Vermögen und Fähigkeien empangen, die nun ebenalls götlich und himmlisch werden. Blick dieSeele während der Zei der Dunkelhei in sich, so kann sie deulich einsehen, wie wenig ihr Srebenüberüssigen und geährlichen Dingen nachgeh, wie sehr sie vor eiler Ehrsuch, Hochmu und An-

maßung, rügerischen Genüssen und vielen andern Dingen gesicher is. So läu sie denn im Dunkelkeineswegs Geahr, verlorenzugehen, sondern gewinn viel, sie gewinn au diesem Wege die ugen-den.

4 Hier dräng sich eine Frage au. Wenn doch die götlichen Dinge aus sich selbs der Seele wohl-un, ihr Gewinn und Sicherhei bringen, warum verdunkel Got dann die Fähigkeien und räe inder Finsernis dieser dunklen Nach so sehr, daß sie diese Güer nich einmal sehen und genießenkönnen wie die andern, gar noch weniger als diese? Die Anwor laue: sie düren jez nich wirkenund geisliche Dinge genießen, weil sie noch unrein, niedrig und all~ zu naürlich sind; und selbs wenn man ihnen einigen Geschmack und einige Miteilungen übernaürlicher und götlicher Dingegewähre, sie können diese nur ganz niedrig, naürlich und ihrem Zusand gemäß empangen. In dera wird, nach dem Philosophen, jeder Gegensand nach dem Maß des Empängers augenommen.Da also die naürlichen Fähigkeien die Anlage, ra und Aunahmeähigkei nich besizen, Über-naürliches nach dem diesem ensprechenden Maß zu empangen und zu verkosen, nämlich einemgötlichen Maß, können sie es nur nach ihrem eigenen, das, wie gesag, menschlich und niedrig is. Siemüssen deshalb bezüglich dieser götlichen Dinge in die Finsernis der dunklen Nach geauch wer-den. Sind sie einmal enwöhn, gereinig und eröe, so verlieren sie die niedrige, rein· menschliche

 Ar zu wirken und zu empangen und sind dann geeigne, das Götlich-Übernaürliche au hohe underhabene Ar engegenzunehmen, zu ühlen und zu verkosen. Das alles sez voraus, daß zuvor derale Mensch sirb.

5 Wenn somi das Geisliche nich von oben, vom Vaer der Licher, unserem menschlichen rei-en Willen geschenk wird, so mag der Mensch wohl seinen Geschmack und seine Fähigkeien darau richen und Ineresse an Got nden, er wird aber Got nich au götliche und geisliche Weise verkos-en, sondern au eine rein menschliche, naürliche, so wie er die andern geschaenen Dinge genieß,denn die Güer seigen nich vom Menschen zu Got au, sondern von Got zu den Menschen herab.

 Wir können hier, wenn es der Or daür wäre, auzeigen, wie unzählige Leue ihre Gelüse, Aek-e und äigkeien au Got hinzuwenden meinen und sich einbilden, all das sei übernaürlich undgeislich, und dabei sind es vielleich lauer naürliche und menschliche aen und Geschmäcker. Dasie sich allen Dingen gegenüber so verhalen, un sie es auch den heiligen Dingen gegenüber, mi der

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gleichen Leichigkei, mi der sie ihre Vermögen jeglichem zuwenden.

6 Finde sich im olgenden Gelegenhei, so werden wir darau zurückkommen und einige Merk-male angeben, woraus ersichlich wird, wann diese egungen und innern Ake der Seele in ihremUmgang mi Got naürlich und wann sie geislich oder auch bei des zugleich sind. Hier genüg eszu begreien, daß wenn diese Ake von Got au hohe und götliche Weise beweg werden sollen, sie

zuvor, was ihr naürliches Wirken angeh, verdunkel, zur uhe gebrach und eingeschläer werdenmüssen - bis all ihr önnen und un in Ohnmach äll.

7 Wenn du also, 0 geisliche Seele, siehs, daß deine riebe verdunkel, deine Neigungen aus-gedörr und vereng, deine räe zu jeglichem innern Ake unähig sind, so nimm es nich schwer,sondern hale es ür ein glückhaes Abeneuer. Denn Got is dran, dich von dir selber zu bereien,deine Vermögen deinen Händen zu enwinden. Hätes du dami noch so refich gewirk, so dochnich so gu und richig und sicher wie jez, weil sie unrein und niedrig sind. Got ergrei deine Handund ühr dich wie einen Blinden, und du kenns weder das Ziel noch den Weg, da du mi den eigenen

 Augen und Füssen, auch bei glücklichsem Wandeln, nie hingeunden hätes.

8 Ein anderer Grund, weshalb die Seele in diesem Dunkel nich nur sicher wandel, sondernimmer besser vorankomm, is der: ihr Forschrit komm meis von einer Seie her, von der sie ihnam wenigsen erware, nämlich wenn sie irrezugehen mein. Da sie das Neue nich kenn, das sie vonihrer rüheren Handlungsweise enern, glaub sie eher ihrem Verderben engegenzugehen als au ihrZiel orzuschreien. Erleb sie doch, daß sie in allem, was ihr bekann und erreulich erschien, Ver-luse erleide und an Ore geühr wird, wo sie nichs kenn und ihr nichs behag. Ein eisender, derdurch unbekanne, noch unerorsche Gegenden wander, riche sich nich nach seinen bisherigenennnissen, sondern - zweielnd -- nach den Aussagen anderer. Und es is klar, daß er nich in neueGegenden gelang und mehr erähr, als er zuvor wuße, alls er nich neue, völlig unbekanne Wegeeinschläg und die bekannen verläß. Und nich anders seh es mi einem, der in einem Handwerk oder einer uns nur Einzelheien kenn, sich aber vervollkommnen möche. Er beweg sich im Dun-keln, ohne die Hile seines bisherigen Wissens, denn ließe er dieses nich zurück, so käme er nie voran.Und desgleichen die Seele: wenn sie wirklich orschreie, gelang sie ins Dunkle und Unbekanne;Got is, wie wir sagen, der Meiser und Führer dieses Blinden, der die Seele is. Und da sie dies jez begrien ha, kann sie sich wahrlich reuen und sagen:

in Dunkelheit und ungeährdet.

9 Ein weierer Grund, weshalb die Seele, im Finsern ausschreiend, ungeährde is, lieg darin,daß sie leide. Der Weg des Leidens aber is sicherer und voreilhaer als der des Genießens und deräigkei. Einmal, weil man im Leiden räe von Got bekomm; wenn man dagegen handel und ge-nieß, sez man die eigenen Schwächen und Unvollkommenheien in Bewegung; sodann auch, weilman nur im Leiden sich allmählich in der ugend üb und vorankomm, sich innerlich läuer und weise und vorsichig wird.

10 Aber ein noch wesenlicherer Grund, weshalb die Seele sich im Dunkel sicher beweg, sammaus dem dunkeln Lich, der dunklen Weishei selbs. Die Nach der Beschauung verabgründe dieSeele so in sich und bring sie so nahe zu Got, daß sie sie vor allem, was nich Got is, schüz. Sie

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 bende sich hier wie in Behandlung, um ihre Heilung zu erlangen, und dieses Heil is Got selbs.Seine Majesä ha ihr Diä und Enhalung von allem verschrieben, ja ihr den Appei nach jeglichemenzogen. Nich anders, als wenn ein gelieber ranker im Hause eingeschlossen gehalen wird; ersoll keinem Luzug ausgesez sein, er dar auch das Lich nich schauen, keine Schrite hören, nicheinmal die Geräusche im Hause; man reich ihm nur ausgesuche Speisen, wobei mehr au den Nähr-gehal als au den Wohlgeschmack geache wird.

11 Alle diese Umsände, die die Seele in Sicherhei bringen und schüzen sollen, sind der dunklenNach der Beschauung zu verdanken. Denn je mehr die Seele sich Got näher, deso größeres Dun-kel gewahr sie, dem gleich, der unmitelbarer in die Sonne blicken will, durch ihre Srahlkra umsogeblendeer wäre, je schwächer und rüber seine Augen sind. Denn Gotes Lich is so unermeßlichund überseig den naürlichen Versand so sehr, daß es umso mehr blende, je näher er heranrit.Darum sag David im 17. Psalm, Got habe sein Verseck und sein Gezel rings in dunkles Gewölk undnseres Lugewässer gehüll (17, 12). Dieses in den Wolken enhalene dunkle Wasser bedeue diedunkle Beschauung und götliche Weishei, wie bald erklär werden wird. Die Seelen, die von Got

angezogen werden, erahren es allmählich als das, was in der Nähe Gotes is, wie ein Gezel, in demer wohn. Was in Got höchses Lich, höchse larhei is, wirk nach Paulus au den Menschen alsiese Finsernis, was auch David im angeühren Psalm besäig: «Vor dem Glanz seines Angesichszogen Wolken dahin» (17,13), nämlich über den naürlichen Versand, dessen Lich nach Jesaja inseinem Dunkel verloschen is: obenebraa es in caligine eius (5,30).

12 0 wie erbarmenswer is doch das Geschick unseres Daseins, wo man in solcher Geahr schwebund schwer zur Erkennnis der Wahrhei gelang! Das larse und Wahrse erschein uns als das Dun-kelse und Ungewissese, und wir iehen davor, obschon es uns das Zuräglichse wäre, und greiennach dem, was uns an unkel und unsere Blicke ergöz; das umarmen wir und jagen ihm nach, ob-schon es ür uns das Schlimmse is und uns bei jedem Schrit solpern läß. In welcher Geahr und Angs leb doch der Mensch, da das naürliche Lich der Augen, das ihn erleuchen soll, ihn von vorn-herein blende und au seinem Weg zu Got irreühr - während er, um den Weg, den er gehen soll,zu wandeln, die Augen schließen und im Finsern schreien solle, um vor seinen Feinden im eigenenHaus, seinen Sinnen und Seelenkräen, gesicher zu sein.

13 Hier im dunkeln Gewölk, das Got umring, is die Seele wohlverseck und behüe; denn

 wie es Got selbs als Zel und Wohnung dien, so nde auch sie darin sicheren Schuz - gerade auch, wenn sie im Dunkeln verharr, wo sie vor sich selber und vor jeder Schädigung durch andere Ge-schöpe verwahr is. Von diesen Seelen sprich David noch in einem andern Psalm: «Du wirs sie verbergen in der Verborgenhei deines Anlizes vor der Verolgung der Menschen, wirs sie behüenin deinem Gezel vor dem Hader der Zungen» (30,12). Dami is vielerlei Ar des Schuzes zum Aus-druck gebrach. Denn im Anliz Gotes geborgen sein vor der Verolgung der Menschen heiß durchdie dunkle Beschauung gegen jede unvermuee Geährdung von seien der Menschen gewappnesein. Und in seinem Zel vor dem Hader der Zungen geschüz sein heiß Versenksein in jenes dunkleGewässer, das, wie wir sahen, ür David das Zel Gotes is. Is somi die Seele aller riebe enwöhn

und in allen Neigungen verdunkel, so is sie ihrer Fehler ledig, die dem Geis widersreien, mögen siedem eigenen Fleisch oder andern Geschöpen ensammen. Und so kann sie geros von sich sagen,sie wandle «in Dunkelhei und ungeährde».

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14 Da is noch eine nich weniger wichige Ursache, die versändlich mach, weshalb die Seele imDunkeln gesicher wandel: nämlich die ra, die das dunkle und schmerzvolle Gotesgewölk derSeele verleih. Obschon es ihr nser und peinlich erschein, is es doch Wasser, das sie errisch undsärk ür das, was ihr am bekömmlichsen is. Und alsogleich endeck sie in sich eine ese Enschie-denhei, nichs zu un, von dem sie weiß, daß es Got beleidig, nichs zu unerlassen, womi sie meinihm dienen zu können. Dank der dunklen Liebe is sie von wachem Eier beseel, nur das zu un und

zu unerlassen, was Got Freude mach; sie rag sich viele Male, ob sie nich Anlaß bo, ihn zu belei-digen. In alldem zeig sie wei mehr Sorgal als rüher, wie schon aus dem über die Sehnsüche derLiebe Gesage hervorgeh. Jez zielen alle räe der Seele, weil von allem übrigen abgelös, mi vollerra au den Diens Gotes hin. Und so geh die Seele aus sich und allen geschaenen Dingen aus, dersüssen Liebeseinigung mi Got engegen, «in Dunkelhei und ungeährde»

au geheimer Leiter, Vermummt.

17. KPIELELÄUNGEN, INWIEFEN DIESE DUNLE

BESCHAUUNG «GEHEIM» IS

1 Drei Wore in diesem Vers sind zu erklären: die beiden Wore «geheim» und «Leier» bezie-hen sich au die dunkle Nach der Beschauung, das drite, «vermumm», bezieh sich au das Verhal-en der Seele in dieser Nach. Zunächs also nenn hier die Seele die dunkle Beschauung, durch diesie zur Liebeseinigung gelang, eine «geheime Leien», weil sie einerseis geheim und anderseis eineLeier is; wir wollen von bei den Eigenschaen gerenn handeln.

2 Sie nenn die dunkle Beschauung geheim, denn sie is, wie wir rüher sagen, die mysischeeologie, von den eologen geheime Weishei genann. Nach dem heiligen omas (S. . II II180,1) wird sie der Seele durch die Liebe verliehen und eingegossen, und dies au geheime Weise, während die naürliche Ausübung des Versehens und die übrigen Seelenkräe in Dunkel gehüll sind.Diese sind alle unähig, solches zu erreichen, einzig der Heilige Geis öß die Liebe ein, ordne die Vermögen in ihr, die, nach dem Wor der Brau im Hohenlied, es nich gemerk ha und nich weiß,

 wie es geschah. Und nich nur die Seele ha es nich hegrien, sondern niemand, auch der euelnich. Denn der Meiscr allein, der die Seele belehr, wohn subsaniell innen in ihr, wohin weder derDämon, noch die naürlichen Sinne, noch der Versand hindringen können. Und nich nur deshalbnenn man sie geheim, sondern auch wegen der Wirkungen, die sie in der Seele erzeug. Sie is geheimnich nur, wenn die Seele in ängslicher Finsernis weil und die Liebesweishei sie dergesal läuer,dass sie sich darüber nich äußern kann; sie is es auch späer, wenn die Seele schon erleuche is unddie Weishei sich heller miteil; auch dann bleib sie so geheim, daß die Seele sie nich ausdrückenund richig benennen kann. Abgesehen davon, daß es ihr gar nichs sag, darüber zu reden, nde sieauch keinen passenden Ausdruck, keinen Vergleich, kein Mitel, um eine so iee Einsich und ein so

zares Gespür zu bezeichnen. Und häte sie auch den innigsen Wunsch, sich mizueilen und suchenach vielen Umschreibungen, das Gemeine bliebe doch immer Geheimnis und unausgesag. Die in-nere Weishei is so einach, universal und geisha, daß sie sich nich eingehüll in eine den Sinnenzugängliche Form oder ein Bild zu versehen gib; die Sinne und die Einbildungskra, die ihren Ein-

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gang nich vermitel und ihr leid oder ihre Farbe nich wahrgenommen haben, sind unähig, sie zu bezeichnen, auch wenn die Seele sich klar bewuß is, diese schmackhae geheimnisvolle Weishei zuerahren und zu verkosen. Sie is wie jemand, der eine Sache ersmals erblick und nie ewas Ähnli-ches gesehen ha: er verseh sie und reu sich daran, obschon er ihr keinen Namen zu geben noch ihr Wesen zu bezeichnen vermag, auch wenn er sich ansreng und die Sache durch die Sinne hindurchsieh. Umso weniger vermag er's, wenn ewas nich durch die Sinne eingedrungen is. Das aber is der

Sprache Gotes eigen, daß sie sich im Innersen und Geisigsen der Seele hörbar mach, jenseis allerSinne; sie zwing die ganze Harmonie und Geschicklichkei der äußern und innern Sinne zu versiegenund zu versummen.

4 Daür gib es Zeugnisse und Beispiele in der Heiligen Schri. Jeremia deue au die Unmög-lichkei, Gotes Sprache äußerlich wiederzugeben, wenn er nach der Anrede Gotes an ihn nichs an-deres anworen kann als A, a, a (1,6). Die innere Unähigkei der Phanasie wie auch die äußere derSprache zeig uns Mose angesichs des brennenden Dornbuschs (Ex 4,10). Er anwore Got nichnur, daß er nich mehr zu reden wisse, sondern (wie die Aposelgeschiche sag: 7,32), ihn nich einmal

mehr kra seiner Phanasie anzusehen wage; ihm schien, seine Einbildungskra sei sehr wei enern,sich ewas von dem vorzusellen, was er von Got versand, ja überhaup sich einen Begri davon zu bilden. Und wenn die Weishei dieser Beschauung das Sprechen Gotes zur Seele is, das Sprecheneines reinen Geises zu einem reinen Geis, dann kann alles, was ieer lieg als der Geis, wie die Sin-ne, dies nich erassen, es bleib ein Geheimnis; sie assen es nich und nden keinen Ausdruck daür, ja sie ragen nich einmal Verlangen danach, da sie es nich vernehmen. Wir versehen nun, weshalbmanche Leue, die au diesem Weg wandeln und gue und ängsliche Seelen sind, ihren Seelenührernechenscha über ihre Erahrungen ablegen möchen, sich aber nich auszudrücken wissen. Deshalbspüren sie sarken Widerwillen, sich zu äußern, vor allem, wenn die Beschauung ewas einacher isund innerlich kaum wahrgenommen wird. Sie können dann bloß sagen, sie seien zurieden, glücklichund in uhe, sie schmecken Got und häten das Geühl, au dem rechen Weg zu sein. Was sie wirk-lich erahren, können sie nich sagen, es sei denn in den erwähnen allgemeinen Umschreibungen. Anders verhäl es sich, wo besondere Gnaden wie Visionen, Empndungen und dergleichen im Spielsind; denn meis oenbaren sie sich in einer sinnlichen (oder sinnenähnlichen) Gesal, und von die-ser aus kann man sprechen; aber dann ensprich diese Möglichkei der Aussage nich mehr der reinenBeschauung, die, wie gesag, unaussprechlich is und deshalb als «geheim» bezeichne wird.

6 Aber nich nur deshalb wird die mysische Weishei geheim genann - und sie is es -, sondernauch, weil sie die Seele vor sich selbs zu verbergen peg. Außer ihren gewohnen Wirkungen saugund auch sie die Seele zuweilen in ihren geheimen Abgrund hinein, wo sie deulich einsieh, wiegrenzenlos sie von allen Geschöpen abgerenn is: versez in eine iee und weie Einsamkei, wonichs Geschöpiches hinreich, gleichsam in eine unermeßliche, allseis grenzenlose Wüse, die aberumso wonniger, köslicher, liebereicher is, je weier und verlassener sie sich hindehn. Und die Seeleühl sich darin umso geheimer, je erhobener sie sich über alles reaürliche sieh. In diesem Weis-heisabgrund seig die Seele au, sie wächs, indem sie sich an den Quellen der Liebeswissenschaselber ränk. Sie erkenn, wie niedrig alles Menschliche is, verglichen mi der Einsich und Wissen-

scha Gotes, und darüber hinaus, wie unzulänglich alle Bezeichnungen sind, womi man hienieden von den götlichen Dingen rede. Und schließlich begrei sie, wie unmöglich es is, durch naürliche Ansrengungen -- wie iesinnig und geisreich man darüber auch spreche- das Götliche so zu erken-nen und zu ühlen, wie es in sich is. Soll das geschehen, so muß sie durch die erwähne mysische

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eologie erleuche werden. Nur kra dieser Erleuchung erblick die Seele die unvorsellbare undnoch weniger in gemeiner Menschensprache ausdrückbare Wahrhei, weshalb sie mi ech als «ge-heim» bezeichne wird.

7 Die· götliche Beschauung is geheim und überseig menschliche Fassungskra nich nur, weilsie übernaürlich is, sondern auch, weil sie die Seele zu den Vorzügen der Einigung mi Got ühr. Da

diese menschlicherweise unerkennbar sind, muß man durch menschliches Nicherkennen und durchgötliches Nichwissen zu ihnen gelangen. Mysisch gesprochen, wie wir es hier un, werden die götli-chen Vollkommenheien und Dinge nich erkann, solange man sie noch such und sich au sie einüb,sondern ers wenn sie geunden und erahren worden sind. Der Prophe Baruch sag diesbezüglich von der götlichen Weishei: «Niemand kann die Wege zu ihr hin erkennen noch die Pade zu ihr hinerkunden» (3,31), Und der königliche Prophe, Got anredend, sag über die Wege der Seele: «DeineBlize zucken über den Erdkreis hin, die Erde erbebe und erzitere; dein Weg ging durch das Meerund deine Pade ühren durch gewalige Wasser, aber deine Spuren lassen sich nich verolgen» (Ps76,19).

8 Dies alles bezieh sich geislicherweise au unser ema. Das Lich, das der auzuckende BlizGotes au die Erde wir, bezeichne das Lich, das die götliche Beschauung au die Seelenkräe ver- breie; das Zitern und Beben der Erde sinnbilde die schmerzliche Läuerung, die die Seele dadurcherleide. Wenn der Weg Gotes, au dem die Seele zu ihm gelang, das Meer heiß, wenn seine Padedurch gewalige Wasser ühren, dann beweis dies, daß der zu Got geleiende Weg ür die Sinne derSeele ebenso verborgen und geheim is wie ür die örpersinne eine Sraße au dem Meer, deren Fähr-e man nich verolgen kann. So bleiben auch Gotes Fußsapen in den Seelen, die er an sich ziehenund der Einigung mi seiner Weishei würdigen will, unbekann. Ijob, der dieses Vorgehen Gotespreisen will, sag: «Has du die großen Sraßen der Wolken erkann und has du das vollendee Wis-sen?» (37,16). Und er verseh daruner die Wege und Pade, die Got verolg, um die Seelen –durchdie Wolken versinnbilde -- in seiner Weishei zu erhöhen und zu vervollkommnen. Dami is bewie-sen, dass die zu Got ührende Beschauung eine geheime Weishei is.

18. KPIELELÄUNG, WI DIESE VEBOGENE WEISHEI AUCH EINE LEIE IS

1 Noch bleib der zweie Punk zu berachen, inwieern die verborgene Weishei eine «Leier»is; sie kann – was wissenswer is -- aus vielen Gründen so bezeichne werden. Zunächs: wie man sicheiner Leier bedien, um eine Fesung zu ersürmen und sich in den Besiz ihrer Vorräe, Schäze undanderer Gegensände zu bringen, so dien die geheime Beschauung der Seele, ohne dass diese wüsse wie, dazu, bis zu den himmlischen Güern und Schäzen auzuseigen, sie kennenzulernen und sie zu

erwerben. Der königliche Prophe mach das deulich: «Wohl dem, der seine Hile au dich sez. Inseinem Herzen ha er Ausiege vorgenommen, aus diesem al der ränen wird er emporseigen biszum gesezen Ziel; der den Beehl gegeben, gib auch seinen Segen. So seigen sie von ra zu ra(das heiß von einer Sprosse zur andern), bis sie au Zion den Got der Göter schauen» (Ps 83,6,8).

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2 Ferner läß sich die geheime Beschauung als «Leier» bezeichnen, soern die gleichen Spros-sen zum Au- und zum Absieg dienen, und ensprechend die geheime Beschauung die gleichen Gna-den verwende, um die Seele zu Got zu erheben und sie in sich selbs zu demüigen. Allen Gnaden,die wirklich von Got sammen, eigne dies, daß sie die Seele sowohl erniedrigen wie erhöhen. Au diesem Weg is der Absieg ein Ausieg und der Ausieg ein Absieg, denn «wer sich erhöh, wird er-

niedrig werden, und wer sich erniedrig, wird erhöh werden» (Lk 14, 11). Abgesehen davon, daß dieugend der Demu ewas Großes is, worin die Seele sich üb, läß Got sie ür gewöhnlich au dieserLeier emporseigen, dami sie darau niederseige, und sie darau niederseigen, dami sie darau au-seige, gemäß dem Wor des Weisen: «Bevor des Menschen Herz zerbrochen wird, wurde es erhöh,und bevor es verherrlich wird, wurde es gedemüig» (Ps 18, 22 ).

3 Sell man sich au den naürlichen Sandpunk (da das Geisige, das wir jez beiseie lassen,nich wahrgenommen wird), so wird eine achsame Seele sehr leich die Wechselälle wahrnehmen,denen sie au diesem Weg unerworen is: dem Wohlergehen, dessen sie sich erreu, olg bald ir-

gendein Gewiter und eine Bedrängnis; ja das Wohlergehen schein ihr nur verliehen, um sie au dieolgenden Mißgeschicke vorzubereien; anderseis olg dem Elend und den Bedrängnissen wiederFülle und Friede, und dann komm es der Seele vor, man habe ihr nur ein Vigilasen auerleg, um sieau das kommende Fes vorzubereien. Das is der gewöhnliche hyhmus im Sand der Beschauung.Bis man zum Sand der uhe gelang is, bleib man nie au der gleichen Selle, sondern seig immerauwärs und abwärs.

4 Der Grund is der: der vollkommene Sand beseh in der vollkommenen Liebe zu Got und Verachung seiner selbs; is dieses Doppele nich gegeben, so kann er nich besehen: Got muß vorweg die Seele unbeding in beides einüben, ihr das eine zu kosen geben, dessen Erhabenhei sieerkenn, sie dann wieder durch Demüigungen prüen, bis daß sie die vollkommene Zusändlichkeierreich ha; dann hör das Au- und Abseigen au, sie ha ihr Ziel erlang und sich mi Got verei-nig, der zuobers au der Leier seh, die ihren Süzpunk in ihm ha, denn die ganze Leier derBeschauung samm von ihm her. Sie is vorgebilde in der Leier, die Jakob im raum sah, au der dieEngel au- und niedersiegen, von Got zum Menschen herab und vom Menschen zu Got empor, derzuobers das Ganze süze (Gen 28, 12). Der raum, sag die Schri, geschah des Nachs, während Jakob schlie; dami wird bedeue, wie geheim und wie verschieden von jedem menschlichen Ersin-

nen dieser zu Got auseigende Weg is. Schein uns doch ür gewöhnlich das, was uns am ersprieß-lichsen wäre, der Selbsverlus, das schlimmse der Übel, während das weniger Förderliche, rosund Erquickung, uns als Glücksall vorkomm. Um nun aber wesenlicher und eigenlicher von dieserLeier geheimer Beschauung zu sprechen: der Haupgrund, warum sie als Leier bezeichne wird, liegdarin, daß sie eine Wissenscha der Liebe is, eine eingegossene und liebende Erkennnis Gotes, diedie Seele sowohl erleuche wie in Liebe enbrennen läß, um sie von Sprosse zu Sprosse bis zu Got,ihrem Schöper, zu erheben. Denn einzig die Liebe ein und verbinde die Seele mi Got. Um dergrößeren larhei willen aber wollen wir im olgenden die einzelnen Sprossen der Leier angeben undin ürze die Anzeichen und Wirkungen einer jeden beschreiben, so daß die Seele erkennen kann, au 

 welcher sie sich bende. Wir werden sie in der Weise unerscheiden wie der hl.Bernhard und der hl.omas' es un. Da diese Liebesleier, wie erwähn, so verborgen is, daß Got allein sie messen und wägen kann, können ihre Sprossen unmöglich naürlicherweise erkann werden.

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19. KPIELELÄUNG DE ZEHN SPOSSEN

DE MYSISCHEN LEIE DE GOTESLIEBENACH BENHAD UND HOMAS.

DIE FÜNF ESEN SPOSSEN

Der Sprossen an der Leier der Liebe, au der die Seele zu Got auseig, sind zehn. Die erse läß dieSeele zu ihrem Voreil erkranken. Hier sand die Brau des Hohenliedes, als sie sprach: «Ich beschwö-re euch, ihr öcher von Jerusalem: wenn ihr meinen Gelieben nde, sag ihm, daß ich vor Liebekrank bin» (5,8). Doch is diese rankhei nich zum ode, sondern zur Verherrlichung Gotes, dennin ihr sirb die Seele der Sünde und allem ab, was nich Got is. David bezeug es, wenn er sag:«Meine Seele schmache dahin», nämlich allen Dingen gegenüber, «um dein Heil zu erlangen»(Ps 142,7; 118,81). Wie der ranke den Appei und den Geschmack an allen Dingen einbüss, so verlier die Seele au dieser Sue den Geschmack an allem Irdischen und wechsel, wie eine Liebende,die Farbe; alles im vergangenen Leben wird ihr unwesenlich. Diese rankhei aber beäll die Seele

nur, wenn von oben ein Übermaß an Feuer au sie herabäll, wie David im olgenden Vers anzeig:«Einen egen nach deinem Willen has du, Got, au dein Erbe herabgesand», sie wird davon krank  werden, aber «du wirs sie vollkommen machen» (Ps 67,20). Solches ranksein und Schwinden derräe bezüglich allen Dingen als erse Sue des Weges zu Got haben wir rüher hinreichend erklär,als wir von der Vernichigung sprachen, in der sich zu Beginn der beschaulichen einigung die Seele bende. An nichs konne sie da Geschmack, rösung, Beruhigung nden. So beeil sie sich, dieseSprosse zu verlassen und die zweie zu erklimmen.

2 Au der zweien Sprosse such die Seele Got ohne Unerlaß. Wenn deshalb die Brau nachs ih-ren Bräuigam gesuch und ihn nich au ihrem Lager (au dem sie krank lag) geunden ha, sprich sie:«Ich will mich aumachen und ihn suchen, den meine Seele lieb» (3,2). Und dies u sie, wie gesag,ununerbrochen, wozu auch David rä: «Such den Herrn, such sein Anliz immeror» (Ps 104,4),läß nich ab, bis ihr ihn geunden hab, wie die Brau bei den Wächern nach ihrem Gelieben rageund dann sogleich weierging und sie sehenließ. So a auch Maria Magdalena, da sie nich einmal au die Engel am Grabe achee (Joh 20,12). Au dieser Sue is die Seele so sehr vom Gedanken an denGelieben eingenommen, daß sie überall nach ihm orsch, mi jedem Gedanken verweil sie beim Ge-lieben; was immer sie rede oder u, sie rede von ihm und is mi ihm beaß; ob sie iß oder schlä

oder wach oder irgendeine Arbei verriche, ihre einzige Sorge is der Geliebe. Wir sprachen davonanläßlich der Ängslichkeien der Liebe. Und da die Liebe au dem Weg der Gesundung is, gewinndie Seele au dieser zweien Sprosse neue räe, um sich alsbald augrund einer neuen beschaulicheneinigung zur driten hin auzumachen, die in ihr olgende Wirkungen hervorbring.

3 Die drite Sue der Liebesleier versez die Seele in äigkei und verleih ihr einen unermüd-lichen Eier. Der königliche Prophe sprich davon, wenn er sag: «Selig der Mann, der den Herrnürche, denn er is eirig besreb, seine Geboe zu halen» (Ps 111, 1). Wenn schon die Furch,die eine ocher der Liebe is, ein solches Verlangen hervorru, was wird dann ers die Liebe selbs

erzeugen? Au dieser Sprosse ache die Seele alle Großaen, die sie ür den Gelieben vollbrach ha,ür gering, das Viele ür Weniges, die lange Zei, die sie ihm dien, ür kurz: so wirk sich in ihr derFeuerbrand der Liebe aus. Dem Jakob erschienen die weieren sieben Jahre, die er nach Ablau derersen sieben noch zu dienen hate, ob der Mach seiner Liebe als kurze Fris (Gen 29,20). Wenn

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nun die Liebe Jakobs, die doch nur einem Geschöp gal, soviel vermoche, was wird dann die Liebezum Schöper vermögen, wenn sie die au die drite Sue gelange Seele eraß ha? Diese is davonso sehr durchdrungen, daß sie unröslich is, ür Got nich mehr zu leisen. Es wäre ür sie ein ros,sich ausendmal ür ihn hinzuopern. Sie häl sich bei allem, was sie u, ür unnüz, ihr Leben selberschein ihr ein vergebliches. Daraus erwächs in ihr eine andere wundersame Wirkung: sie is esüberzeug, das Schlimmse aller Geschöpe zu sein, einmal weil die Liebe sie immer mehr lehr, was

sie Got schulde, sodann, weil sie die Unzulänglichkei der vielen vollbrachen Werke einsieh und beschäm is darüber: wie armselig is ihr Diens an einem so hohen Herrn! So is sie au dieser Sue wei enern von eiler Ehrsuch, Überheblichkei und Verureilung der andern. Solche Besorgnis bring neben vielen andern Wirkungen die drite Sprosse in ihr hervor und gib ihr Mu und ra, dieolgende zu erklimmen.

4 Die viere Sprosse der Liebesleier verursach in der Seele ein sändiges Leiden um des Gelieb-en willen. Denn nach den Woren des heiligen Augusinus läß die Liebe alles Große, Schwere undLäsige als nichig erscheinen. Hier sprach die Brau des Hohenliedes, im Verlangen, sich schon au 

der obersen Sue zu benden, zu ihrem Bräuigam: « Seze mich wie ein Siegel au dein Herz, wieein Siegel au deinen Arm, denn sark wie der od is die Liebe, har wie das oenreich is ihr Eier»(8,6). Der Geis erreich hier soviel ra, er beherrsch das Fleisch so vollsändig, daß er es ebensowe-nig ache wie der Baum eines seiner Bläter. In keiner Weise such die Seele mehr ros: weder in Gotnoch in irgendeinem Geschöp; sie ha keinen Wunsch, sie nimm sich nich heraus, Gnaden von Gotzu erbiten, sie sieh ja, daß sie deren schon so viele erhalen ha. Sie begehr nur nach einem: Got zugeallen und ihm wenigsens einigermaßen so zu dienen, wie er es verdien und sie es ihm ob der erhal-enen Wohlaen schulde. Mi Herz und Geis ru sie aus: Ach, mein Herr und Got, wie viele suchen bei dir nur Gunserweise und rösungen; wie wenige aber möchen dir geallen und ewas vom Ihrendir geben, auch uner Hinansezung ihres Sonderwillens ! Der Fehler lieg nich bei dir, 0 Got, denndu bis immer berei, uns neue Wohlaen zu erweisen, nur wir unerlassen es, sie zu deinem Diens zu verwenden und dich dadurch zu besimmen, uns weierhin wohlzuun. Diese Sprosse der Liebe liegsehr hoch. Da die Seele sändig mi echer Liebe und mi dem Willen, ür Got zu leiden, ihm enge-gengeh, schenk seine Majesä hier häug, ja gewöhnlich den Genuß eines wonnevollen Besuchesim Geise. Die unendliche Liebe Chrisi, des menschgewordenen Wores, ür seine Geliebe kanndiese nich leiden lassen, ohne ihr Erleicherung zu verschaen. Er selbs sag es uns durch die Wore Jeremias : « Ich habe mich deiner erinner, mich deiner zaren Jugend erbarm, als du mir olges in

der Wüse» (2,2). Geislich besag die Wüse hier die innere Loslösung von allen Geschöpen, wozudie Seele gelang is, die an nichs mehr häng und in nichs mehr ruh. Diese viere Sprosse enammsie mi solcher Sehnsuch nach Got, dass sie ihr hil, zur olgenden ünen auzuseigen.

5 Die üne Sprosse der Liebesleier veranlaß die Seele, Got mi Ungeduld zu ersreben. Jezis ihre Sehnsuch nach dem Besiz des Gelieben und nach der Vereinigung mi ihm so heig gewor-den, daß die kleinse Verzögerung ihr lang, beschwerlich, unerräglich erschein und sie sich immereinbilde, den Gelieben geunden zu haben. Wenn sie sich in ihrer Honung geäusch sieh - wasihr as dauernd zusöß --, dann siech sie dahin, wie der Psalmis es ür diesen Grad ausdrück: «Es

sehn sich und schmache meine Seele nach den Hallen des Herrn» (83,3). Au dieser Sue muß dieLiebende enweder zur Schau des Gelieben gelangen, oder sie muß serben. achel empand in ihrerübergrossen Sehnsuch nach indern solches, da sie zu ihrem Gaten Jakob sprach: «Gib mir inder,sons serbe ich» (Gen 30, 1). Diese Seelen leiden hier Hunger wie Hunde und sreien suchend rings

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um die Sad Gotes. Vor Hunger schmachend nähr die Liebe sich au dieser Sue von der Liebe;und je größer der Hunger, deso größer die Nöigung, womi wir zur nächsen Sue übergehen kön-nen, die olgende Wirkungen zeiig.

20. KPIELDIE FÜNF ÜBIGEN SPOSSEN DE LIEBE

1 Die sechse Sue läß die Seele Got leichen Fußes engegeneilen und omalige Berührungen von ihm erhalen. Mi Honung läu sie, ohne den Mu sinken zu lassen; ha doch die Liebe sie sogesärk, daß sie schwerelos dahiniegen kann. Über diese Sue sag der Prophe Jesaja: « Die au den Herrn hoen, erneuern ihre ra, sie nehmen Adlerschwingen an, sie eilen mühelos dahin, siekommen voran und werden nich mat» (Jes 40,3 1), wie dies au der ünen Sprosse geschah. Zursechsen gehör auch der Ausspruch des Psalms: «Wie der Hirsch nach den Wasserquellen dürse,

so lechz meine Seele nach dir, 0 Got» (41,2). Denn der dürsende Hirsch läu behend zum Was-serquell hin. Der Grund ür diese Behendigkei der Liebe beseh hier darin, daß die Liebe sich in derSeele sehr ausgeweie ha und ihre einigung von allen Dingen as vollende is, wie auch der Psalmsag: «Ohne Fehl wandle ich dahin» (58,5), oder ein anderer Psalm: «Ich lie au dem Weg deinerGeboe dahin, als du mein Herz ausdehnes» (118,32). Und so geh sie alsbald von der sechsen zurolgenden Sprosse über.

2 Die siebe Sprosse dieser Leier verleih der Seele einen sürmischen Wagemu. Hier läß sichihre Liebe nich mehr von Überlegungen leien, um zuzuwaren, oder von einem guen a, um sichzurückzuziehen, und keine Beschämung kann sie abhalen. Denn die Gnaden, die Got ihr zueil wer-den ließ, machen sie überaus beherz. Hieraus ergib sich, was der Aposel sag: «Die Liebe glauballes, sie ho alles, sie dulde alles» (1 or 13,7). Von diesem Grad sprach auch Mose, als er Got ba, enweder seinem Volk zu verzeihen oder seinen Namen aus dem Buch des Lebens zu ilgen (Ex 32, 3I). Solche Seelen verlangen alles von Got, was zu erbiten ihnen geäll. Deshalb konne Davidsagen: «Seze deine Freude in den Herrn, und er wird dir alles geben, was dein Herz begehr» (Ps36,4). Und au dieser Sue aße die Brau sich ein Herz und sage: «Er soll mich küssen mi dem ußseines Mundes» (Hld 1, 1). Doch is wohl zu beachen, daß die Seele sich au dieser Sue ewas Der-

ariges nich leisen düre, wenn der önig nich in Gnade sein Szeper au sie herabgesenk häte (Es8,4), sons müsse sie ürchen, von den ersiegenen Sprossen herabgesürz zu werden, au denen siesich nur durch Demu halen kann. Nach dieser ühnhei und diesem Freimu, den Got ihr au dersieben Sprosse verlieh, um urchlos mi der ganzen ra der Liebe mi ihm zu verkehren, olg dieache. Hier wird sie vom Gelieben ergrien, um mi ihm vereinig zu werden au olgende Weise.

3 Die ache Liebessprosse läß die Seele ergreien und umangen, ohne loszulassen, wie die Braues in den Woren erklär: «lch habe ihn geunden, den meine Seele liebha, ich hale ihn es und werde ihn nich mehr reigeben» (4, 5). Au dieser Sue der Einigung sill die Seele ihr Verlangen,

aber nich andauernd; denn manche gelangen zwar ür kurze Zei zur Einigung, ziehen aber den Fuß wieder zurück. Würden sie verharren und können sie daselbs bleiben, so häten sie in gewisser Weiseschon in diesem Leben die Seligkei erlang. Dem Propheen Daniel, der «ein Mann des Verlangens» war, wurde von Got selbs beohlen, au dieser Sue zu bleiben: «Verharre au deinem Plaze, denn

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du bis ein Mann des Verlangens» (10, 11). Von hier seig man zur neunen Sue au, wo sich, wienun zu erklären is, die Vollkommenen benden.

4 Au der neunen Sprosse enamm die Seele in saner Wonne. Es is die Sue der Vollkom-menen, die bereis in Liebesgluen zu Got versez sind. Dieses wonnige Aufammen der Liebe be- wirk der Heilige Geis augrund der Einigung, in der sie mi Got sehen. Darum sag der hl.Gregor,

daß die Aposel im Augenblick, da der Heilige Geis au sie herabkam, innerlich vor süsser Liebesglu brannen. Die Gnadenschäze und götlichen eichümer, an denen die Seele sich hier ergöz, sindmi Woren nich zu schildern. Man könne Buch über Buch darüber schreiben, immer wäre nochmehr zu sagen. Deshalb will ich jez nich weier darüber handeln, werde aber späer nochmals darau zurückkommen. Nur soviel: au diesen Grad olg der zehne und leze dieser Liebesleier, der abernich mehr diesem irdischen Leben angehör.

5 Die zehne und leze Sprosse der verborgenen Leier der Liebe gleich die Seele Got voll-kommen an augrund der klaren Anschauung Gotes, in deren Besiz sie unmitelbar gelang, wenn

sie hienieden die neune Sue erreich ha und den Leib verläß. Diese Seelen, deren Zahl gering is, bleiben vom Fegeuer verschon, da sie durch die Liebe schon vollkommen gereinig sind. Deshalbkann Matäus sagen: « Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Got schauen» (5,8). DieseSchau is, wie eben bemerk, die Ursache der vollkommenen Angleichung der Seele an Got, gemäßdem Wor des hl.Johannes: «Wir wissen, daß wir ihm ähnlich sein werden» (1Joh 3,2). Nich weil dieSeele so allmächig sein wird wie Got, denn das is unmöglich; wohl aber weil alles an der Seele Gotangeglichen sein wird. Man wird sie deshalb nennen - und sie wird sein - : Got durch eilnahme.

6 Dies is die verborgene Leier, von der die Seele hier sprich, wenn sie ihr auch au den höherenSprossen nich mehr so verborgen erschein, da die Liebe durch das in ihr gewirke Erhabene manchesenhüll. Au der obersen, lezen Sue der klaren Schau, au der, wie wir sagen, Got seh, gib esür die Seele augrund ihrer vollen Verähnlichung nichs Verborgenes mehr. Deshalb sag auch unserHeiland: «An jenem ag werde ihr mir keine Frage mehr sellen» ( Joh 16,23). :Bis dahin aber bleibder Seele, wie wei sie auch orschreien mag, immer noch ewas verborgen, ebensoviel als ihr an der Verähnlichung mi Got ehl. Dergesal also erheb die Seele sich durch die mysische eologie unddie geheime Liebe über alle Geschöpe und über sich selbs empor bis zu Got. Denn die Liebe gleichdem Feuer: immer sreb es nach oben, um sich dem Mitelpunk seiner Sphäre einzusenken.

21. KPIELELÄUNG DES WOES «VEMUMM».

ÜBE DIE FABEN DE VEMUMMUNGIN DIESE NACH

1 Nach der Erklärung, weshalb wir diese Beschauung eine geheime Leier genann haben, bleib

noch das drite Wor dieses Verses, «vermumm» zu erklären: warum is die Seele au der geheimenLeier «vermumm» enwichen?

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2 Zum Versändnis sei gesag, daß «sich vermummen» nichs anderes bedeue, als sich unereinem andern Gewand als dem gewöhnlich geragenen verbergen, sei es, um in dieser Gesal seineGesinnung zu oenbaren und die Guns dessen zu gewinnen, den man lieb, sei es, um sich vor Geg-nern zu verbergen und so ein Vorhaben besser durchühren zu können. Man wähl dann die Gewän-der und die rach, die die Herzensgesinnung besser kundun oder uns vor den Widersachern besserschüzen.

3 Die Seele, die, berühr von der Liebe zu Chrisus, ihrem Bräuigam, ihm geallen und seineGuns erwerben möche, hüll sich bei ihrem Enweichen in jenes Gewand, das ihre innere Neigungam klarsen ausdrück und worin sie ihren Gegnern - dem euel, der Wel und dem Fleisch – gegen-über am besen geschüz is. Darum ha das leid, das sie räg, vor allem drei Farben: weiß, grün undro. Diese bezeichnen die drei götlichen ugenden: Glaube, Honung und Liebe. Mi diesen erwirbsie sich nich nur das Wohlgeallen des Gelieben, sondern wandel auch völlig verborgen und gesi-cher vor ihren drei Feinden. Der Glaube is ein so blendend weißes Gewand, daß das Sehvermögen jedes Versandes davon geblende wird. omm die Seele mi dem Glauben bekleide einher, so kann

der Dämon sie weder sehen noch anallen, und sie wandel darin sehr geborgen; diese ugend schüzsie besser als alle übrigen gegen den euel, den särksen und lisigsen Feind.

4 Perus wuße keinen bessern Schuz gegen ihn als diesen: «Widerseh ihm», sag er, «als Sar-ke im Glauben» (1 Per 5,9). Die Seele aber könne, um die Guns und die Einigung des Gelieben zuerlangen, kein besseres Unerkleid anziehen als das weiße leid des Glaubens, au dessen Grundlagealle übrigen ugenden auruhen. Denn ohne den Glauben, sag der Aposel, is es unmöglich, Gotzu geallen» (Hebr 11,6), mi ihm aber is es unmöglich, ihm zu mißallen, weshalb er selbs durcheinen Propheen sag: «Ich will dich mir anvermählen im Glauben» (Hos 2,20), was besag: wenndu, 0 Seele, dich mi mir einigen und mir anrauen wills, dann erscheine innerlich angean mi demGewand des Glaubens.

5 Dieses weiße Gewand des Glaubens räg die Seele bei ihrem Enweichen in der dunklen Nach, wenn sie, wie erwähn, in Finsernissen und innern Bedrängnissen wandel. Der Versand verleih ihrkeinerlei Lich als Erleicherung, weder von oben, da der Himmel ihr verschlossen und Got verbor-gen schien, noch von unen, da jene, die sie belehren, ihr keine Beriedigung mehr verschaen. Dochlit sie sandha, harre aus und durchwandele die rübsal unermüdlich und ohne sich von ihrem

Gelieben abzuwenden, der durch diese Leiden und Bedrängnisse den Glauben seiner Brau erproben wolle, dami sie dann in Wahrhei sich Davids Wore aneignen konne: «Um der Wore deiner Lip-pen willen hiel ich au dem haren Weg sandha aus» (Ps 16,4).

6 Über das weiße Unerkleid zieh die Seele ein zweies, grünes an, wie erwähn das Symbolder Honung, durch welche sie sich gegenüber dem zweien Feind, der Wel, wehr und von ihm berei. Dieses rische Grün der Honung au Got gib ihr solche Lebhaigkei, solchen Schwung,solche ühnhei zu den Dingen des ewigen Lebens hin, daß ihr im Vergleich zum dor Erhoen alles Welliche schal, o und werlos erschein -- was es auch wirklich is. Hier enledig sich die Seele aller

 wellichen Gewandungen, häng ihr Herz an nichs mehr und erho nichs mehr von dem, was in der Wel is oder künig sein wird; sie leb einzig bekleide mi der Honung au das ewige Leben. Da sieihr Herz so hoch über die Wel erhoben häl, kann diese sie nich mehr berühren und esseln, ja sie garnich mehr wahrnehmen.

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7 So wandel die Seele in dieser grünen rach wohlgeborgen vor ihrem zweien Feind, der Wel.Bezeichne doch der h1. Paulus die Honung als « den Helm des Heiles» (1 ess 5,8), eine Wehrsomi, die das ganze Haup beschüz, dergesal, daß bis au das Visier, durch das man sehen kann,alles bedeck is. So verhüll die Honung alle Sinne im Haup der Seele, daß sie sich mi nichs Ir-dischem mehr beassen können und keine Selle bleib, an der sie von einem Peil der Wel geroen werden könne. Es bleib nur das Visier, durch das die Augen nach oben und nirgendwo andershin

 Ausschau halen können. Das is die gewohne Augabe der Honung: die Augen der Seele einzigau die Anschauung Gotes auszurichen, was David a, als er die Wore sprach: « Meine Augen sindses au den Herrn geriche» (Ps 24, 15). Von anderswoher erho er nichs, wie er in einem andernPsalm sag: «Wie die Augen der Magd au die Hände der Herrin, so blicken unsere Augen hin au denHerrn (au den wir hoen), bis er sich unser erbarm» (Ps 122,2).

8 In ihrer grünen rach, in der sie allzei zu Got hinblick, ihre Augen von allem übrigen ab- wende und sie nur au ihn hee, is die Seele Got so wohlgeällig, daß man in Wahrhei sagen kann:sie erlang von ihm soviel, als sie erho. Deshalb besäig ihr der Bräuigam im Hohenlied, sie habe

mi einem Blick ihres Auges sein Herz verwunde (4,9), Ohne diese grüne rach der Honung au Got könne die Seele keinen Anspruch au solche Liebe erheben und nichs erreichen; nur die eseHonung kann Gotes Herz rühren und überwäligen.

9 So wandel die Seele in diese rach verkleide durch die verborgene, dunkle Nach. Und sieschreie so sehr alles Besizes beraub und hilos einher, daß ihre Blicke und ihre Gedanken au nichsanderes geriche sind als au Got. Ja, sie drück ihren Mund in den Saub, wie Jeremia sag (lgl3,29), ob sie dadurch vielleich Honung nde.

10 Über das weiße und grüne leid zieh die Seele zulez ein roes an, um ihre Vermummung zu vollenden: eine prächige purpurne oga. Dami wird die drite ugend bezeichne, die nich nur den beiden andern Anmu verleih, sondern die Seele so erheb, sie so nahe zu Got sell, sie so verschönund Got liebwer mach, daß sie es wagen dar, von sich zu sagen: «Schwarz bin ich, aber schön, 0 ihröcher Jerusalems, deshalb ha der önig mich liebgewonnen und mich in seine ammer geühr»(Hld 1,4). Durch diese Gewandung der götlichen Liebe wird die Seele zunächs vor ihrem dritenFeind, dem Fleisch, geschüz; denn wo wahre Gotesliebe wale, ha die Liebe zu sich selbs und zuden persönlichen Ineressen keinen Zurit mehr. Überdies särk diese Liebe auch die übrigen ugen-

den, gib ihnen Leben und ra zum Schuz der Seele, Anmu und Liebreiz, um dadurch dem Gelieb-en zu geallen. Denn ohne Liebe is keine ugend Got angenehm. Sie is der Purpur, von dem dasHohelied sprich, worau Got ruh (3, 10). Mi diesem roen Gewand also ha die Seele sich währendder dunklen Nach - von der in der ersen Srophe die ede war - bekleide und is aus sich selber undallen Geschöpen enwichen,' um zur Liebeseinigung mi Got, ihrem ersehnen Heil, zu gelangen.

11 Das is die Verkleidung der Seele, wenn sie in der Nach des Glaubens die geheime Leiererklimm. Das sind die drei Farben als geeignese Zubereiung ür ihre Einigung mi Got in ihrendrei Vermögen: dem Gedächnis, dem Versand und dem Willen. Denn der Glaube verdunkel und

enleer den Versand von all seinen naürlichen Einsichen und bereie ihn dadurch, sich der göt-lichen Weishei zu vereinen. Die Honung enleer das Gedächnis und renn es vom Besiz allesreaürlichen, ersreb sie doch, nach dem h1. Paulus, was man nich besiz (öm8,24). Sie räumaus dem Gedächnis all dessen Besiz aus und verweis es au das, was erho werden soll. So bereie

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die Honung au Got das Gedächnis insowei au die Einigung mi Got vor, als sie es ieer enleer.Ganz ensprechend reinig die Liebe den Willen von all seinen nich au Got gericheen Neigungenund Srebungen, um ihn au ihn allein auszurichen. Sie bereie das drite Seelenvermögen und einiges mi Got durch die Liebe. Da diese drei ugenden die Augabe haben, alles aus der Seele zu ener-nen, was weniger is als Got, bewirken sie inolgedessen auch ihre Einigung mi ihm.

12 räg man somi nich in Wahrhei das Gewand dieser drei ugenden, is es unmöglich, zur vollendeen Gotesliebe hinzugelangen. Und so war es ür die Seele, die ihr Ziel, die selige Liebesei-nigung mi ihrem Gelieben, erreichen wolle, unerläßlich und geziemend, sich diese Vermummungzu erwerben. Aber ebenso war es ür sie ein großes Glück, sie angezogen zu haben und darin verblie- ben zu sein, bis sie endlich zum ersehnen Ziel dieser Einigung hingelang war, weshalb sie den Verssing:

o seliges Geschick!

22. KPIELELÄUNG DES DITEN VESES

DE ZWEIEN SOPHE

1 Oensichlich war es ein seliges Geschick ür die Seele, daß ihr ein solches Unernehmen ge-lang, wobei sie sich, wie erwähn, reimache vom euel, von der Wel und von der eigenen Sinnlich-kei. Hierdurch errang sie sich die kosbare, von allen so ersehne Freihei des Geises, sieg von denniedrigen Gegenden zu den höhern au, wurde aus einer irdischen eine himmlische. Sie gelange dazu,ihren Wandel im Himmel zu haben, wie es bei denen der Fall is, die im Sand der Vollkommenheisind, wie ich es, wenn auch in ürze, erklären werde.

2 Denn das Wichigse, weshalb ich diese Augabe vor allem unernahm, is bereis einigerma-ßen erklär, wenn auch nich hinreichend, um zu zeigen, welche Voreile die Seele in diesem Zusanderlang und welch seliges Geschick es is, ihn zu durchwandeln. Was ich wolle, is die Nach der Be-schauung ür viele erklären, die sich darin nden, ohne ennnis davon zu haben. Davon habe ich im

 Vorwor gehandel. Wenn sie angesichs so vieler rübsal zurückschrecken sollen, so wären sie durchdie Honung au die vielen kosbaren Güer ermuig, die Got ihnen in Aussich sell. Außer diesemGrund, daß ihr ein seliges Geschick zueil wurde, ha die Seele noch einen andern, den sie im olgen-den Vers andeue:

In Dunkelheit und im Verborgenen.

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23. KPIELELÄUNG DES VIEEN VESES.

 WELCH WUNDEBAES VESEC DIE SEELEIN DIESE NACH FAND, UND WIE DE EUFEL,

DE ZU ANDEN HOCH ENÜCEN VODING,ZU DIESE EINEN ZUIT HA.

1 Im Verborgnen besag soviel wie im Verseck, unzugänglich den Blicken. Wenn die Seele sag,sie sei in Dunkelhei und verborgen ausgegangen, gib sie aus bese zu versehen, wie groß die Si-cherhei is, von der sie im ersen Vers der Srophe gesprochen und die sie sich mitels der dunklenBeschauung au dem Weg der Liebeseinigung mi Got erworben ha.

2 Mi den Woren «in Dunkelhei und im Verborgnen» sag die Seele somi, daß sie dem euel verborgen und vor seinen Lisen und Nachsellungen in Sicherhei is. Der Grund, weshalb sie imDunkel der Beschauung davon rei is, lieg darin, daß die eingegossene Beschauung von ihr au passi-

 ve, geheime Ar empangen wird, ohne Miwissen der äußern und innern Vermögen ihrer Sinnlichkei.Dami is sie nich nur diesen Vermögen und den von ihnen her drohenden Hindernissen verborgen,sondern auch dem euel, der nur vermitels dieser Vermögen von dem in ihr Vorhandenen ennniserhalen kann. Je geisiger, innerlicher und den Sinnen enrücker eine Miteilung is, umso weniger vermag der euel sie zu erassen.

3 Deshalb is es ür die Sicherhei der Seele in ihrem Umgang mi Got sehr wichig, daß das Ge-spür ihres niedrigen eils im Dunkeln bleib und davon keine ennnis erlang. So wird die Schwächedes Sinnlichen kein Hindernis sein ür die Freihei des Geises. Und erner is die Seele in größererSicherhei, weil der Dämon nich so wei nach innen gelangen kann. Wir können hier ein Schriworunseres Herrn in geislichem Sinn versehen: «Deine Linke wisse nich, was deine eche u» (M6,3). Als habe er gesag: was in deiner echen, das heiß im höheren eil der Seele vor sich geh, solldeine Linke, das heiß der niedrige, sinnliche eil, nich wahrnehmen, es soll ein Geheimnis bleibenzwischen dem Geis und Got.

4 Gewiß geschieh es zuweilen, daß wenn solch innerliche, geisige und heimliche Miteilungender Seele zueil werden, der euel ihr Wesen zwar nich erassen kann, aber aus der uhe, die sie in

den Seelenkräen hinerlassen, die Vermuung zieh, die Seele sei einer hohen Gnade gewürdig wor-den. Sieh er nun, daß er dieser nich im Seelengrund engegenzuwirken vermag, such er mi allenräen die Sinnlichkei auzuwühlen und zu rüben, durch Schmerzen oder Schreckbilder oder Be-ängsigungen, um so den höheren geisigen eil, wo die empangenen Miteilungen verkose werden,zu beunruhigen. Aber wenn die migeeile Beschauung sich ganz rein in den Geis ergieß und ihnmachvoll durchdring, vermag der Dämon roz all seiner Ansrengung nich zu sören, ja die Seelegewinn daraus nur deso mehr neue Liebe und sichereren Frieden. Denn sobald sie die sörende Ge-genwar des Feindes gewahr, zieh sie sich - und das is wunderbar - unbewuß und ohne ihr Zuunins Innerse des Seelengrundes zurück und ühl dabei nur, daß sie sich an einem sichern Zuuchsor

 bende, erner und verborgener vor dem Feind. Und hier erähr sie eine Mehrung jenes Friedensund jener Freude, die er ihr rauben wolle. Alle Beürchungen berühren sie nur äußerlich; sie nimmsie zwar deulich wahr, reu sich aber, in verborgener Sicherhei den Frieden und die Wonne des Bräu-igams zu genießen, jenen Frieden, den die Wel und der euel weder geben noch nehmen können.

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Die Seele spür hier, wie wahr die Brau im Hohenlied sag: « Siehe das Bet Salomos, um dasselbesehen sechzig Helden us., zur Abwehr der nächlichen Schrecken» (3,7-8). Die Seele ühl sich midieser Särke und diesem Frieden ausgerüse, auch wenn sie zuweilen äußere Schmerzen in Fleischund Gebein zu spüren bekomm.

5 Andere Male, wenn die geisige Miteilung sich nich ie genug in den Geis einsenk, sondern

auch die Sinnlichkei berühr, kann der Feind vermitels der lezern den Geis leicher durch solcheSchrecknisse auwühlen. Dann kann die Qual im Geis groß, ja unsäglich sein. Da sich hier Geis wi-der Geis unvermitel engegenseh, is das, was der böse im guen, in der Seele, verursach, unerräg-lich. Auch dies erklär die Brau im Hohenlied, wenn sie zu versehen gib, ihr sei ewas dergleicheszugesoßen, als sie in den unern uhesiz hinabseigen wolle, um zu genießen: «Ich ging in den Nuß-garen hinab, um die Früche in den algründen zu beschauen, da die eben schon in Blüe sanden.Ich wuße um nichs, da gerie meine Seele in Verwirrung wegen der Sreiwagen Aminadabs» (Hld6, 10), was eine Bezeichnung ür den euel is.

6 Wieder andere Male geschieh es, daß der euel gewisse Gnadenweise wahrnimm, die Gotmitels eines guen Engels der Seele miteil, denn er läß es gewöhnlich zu, dass der euel solcheerkenn. Einmal deswegen, dami er gegen die Seele gemäß dem Maß der ihm zusehenden Gerechig-kei vorgehen kann, er sich nich au sein ech beruen und sagen könne, ihm sei keine Gelegenheigeboen worden, die Seele heimzusuchen, wie es bei ljob geschah (1,1-9). Dies wäre der Fall, wennGot nich irgendwie Gleichhei zwischen den beiden Gegnern, die um die Seele sreien, dem guenund dem bösen Engel, zuließe. So wird der Sieg schäzenswerer; die in der Versuchung reubleibendeSeele wird reicher belohn.

7 Wir müssen hier wohl beachen, daß dies die Ursache is, weshalb Got dem euel erlaub,au eine Seele nach dem gleichen Maß einzuwirken, wie er selbs mi ihr verähr. Wenn sie ewadurch einen guen Engel eche Visionen erhäl - denn dieser vermitel sie ür gewöhnlich, auch wennChrisus gesehen würde, denn Chrisus erschein persönlich as nie -, so gib Got doch auch dem bösen Geis Erlaubnis, ihr ensprechende alsche Visionen vorzuspiegeln, die, wie es häug geschieh,eine unvorsichige Seele zu äuschen vermögen. Das Buch Exodus biee ein Beispiel daür. Dor wirderzähl, daß alle echen Wunder, die Mose vollbrache, dem Schein nach auch von den Magiern desPharao ausgeühr wurden. Wenn er Frösche erscheinen ließ, brachen auch sie welche hervor; wenn

er Wasser in Blu verwandele, aen sie desgleichen.

8 Aber nich nur solche körperliche Visionen ahm er nach; er misch sich auch in die geisigenMiteilungen ein (die, wie gesag, der gue Engel vermitel), wenn jener sie bemerk, wie denn Ijobsag: «Alles Erhabene sieh er» (41,25). Miteilungen aber, die keine Form und Gesal haben -- dennGeisiges ha dies nich -, vermag er nich nachzubilden wie jene, die gesalha und bildlich sind. Umdie Seele, die von Got so begnade wird, rozdem anzuechen, rit er als urcherregender Geis vorsie hin, um Geisiges durch Geisiges zu bekämpen und zu verruchen. Geschieh dies zu einer Zei,da der gue Engel der Seele die geisige Beschauung miteil, kann sich die Seele nich rasch genug

in ihr verborgenes Verseck üchen, ohne vom euel bemerk zu werden; dies ha Besürzung und Verwirrung zur Folge, was ür die Seele o sehr quälend is. Zuweilen vermag sie den Feind sogleichabzuweisen, ehe er ihr seine Schrecknisse einprägen kann; gesärk durch die wirksame geisige Gna-de, die der gue Engel ihr bring, zieh sie sich ins Innere zurück.

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9 Andere Male gewinn der euel die Oberhand und verwirr und erschreck die Seele so, daßsie mehr gequäl wird als durch jede irdische Foler. Da dies schreckensvolle Geschehen rein zwischenGeis und Geis satnde, in der Enblößung von allem örperlichen, überseig die Qual alle Begri-e. Doch währ sie im Geis nur kurze Zei, sons müsse er ob des urchbaren Ansurms des anderenGeises den Leib verlassen. Die Erinnerung daran hall in der Seele nach und plag sie nich wenig.

10 Alles hier Geschildere geschieh in der Seele passiv, ohne daß sie ewas daür oder dagegen unkönne. Doch is zu beachen, daß wenn der gue Engel den euel mi seinen Schrecken die Oberhandgewinnen läß, er dies nur zuläß, um die Seele zu läuern und sie durch ein geisiges Vigilasen au ein Hohes Fes und ein Gnadengeschenk vorzubereien, das Got ihr gewähren will. Denn nie öe erab, als um zu verlebendigen, nie beug er nieder, als um zu erhöhen, was jeweils nach kurzem erolg.Nach dem Maß der dunklen und schrecklichen Läuerung, die sie erdulden muße, wird die Seelemi wundersamer Beschauung beglück, o so hoher, daß sie daür keine Wore nde. Die vorausge-gangenen Schrecknisse des bösen Geises dienen dazu, sie zu veredeln, dami sie diese Schauungen

empangen kann, die schon mehr dem künigen Leben zugesale sind als dem hiesigen. Und wenneine solche Schauung sich zeig, bereie sie au die andere vor.

11 Wir sprachen von Heimsuchungen Gotes in der Seele durch einen guen Engel, wobei sie, wiegesag, nich so ganz im Dunkeln und Versecken weil, daß der Feind sie nich irgendwie ausspä. Wenn aber Got selber sie heimsuch, dann erüll sich der Vers vollsändig, denn ganz im Dunkeln verseck vor dem Feind empäng sie Gotes Gnadenerweise. Der Grund is, daß seine Majesä in derSubsanz der Seele wohn, wohin weder ein Engel noch ein Dämon Zurit ha, um zu wissen, was dor vorgeh. Der inimse, geheimse Ausausch zwischen Got und der Seele können jene nich erkennen.Soern es Gnaden sind, die vom Herrn selbs ausgehen, sind sie ganz götlich und souverän, sind al-lesam subsanielle Berührungen götlicher Einigung zwischen der Seele und Got. In einer einzigendieser Berührungen, die zum höchsen Grad des Gebeslebens gehören, erhäl die Seele mehr als inallen übrigen.

12 Es sind die Berührungen, um deren Empang die Brau des Hohenliedes bite: «Er küsse michmi dem uß seines Mundes» (I, I). So innig sind solche Liebkosungen Gotes, daß die Seele sie migroßer Sehnsuch begehr; eine einzige solche Liebkosung schäz sie höher als alle sonsigen erhal-

enen Gnaden. So ühl sich auch die Brau im Hohenlied roz der vielen dor besungenen Gnadennoch nich beriedig und eh um solches Angerührwerden : «0 möche ich dich doch zu meinemBruder haben, der meiner Muter Brüse sog, und dich draußen nden, um dich mi dem Mund mei-ner Seele zu küssen, dami oran keiner mich mehr verachen noch kränken könne!» (8, 1). Damigib sie zu versehen, die Miteilung müsse ihr allein gelen, abseis, allen Geschöpen unbekann;denn darau weisen die Wore «allein» und «draußen» und «saugen», nämlich alle Neigungen dessinnlichen Seeleneils ausrocknend. Solches erolg, wenn die Seele die Freihei des Geises genießund der sinnliche eil weder durch sich selbs noch durch den euel hinderlich sein kann; sie kosedie Süsse des Friedens, die diesen Güern enießen. Der euel wag keinen Ausall mehr, ein solcher

gelänge ihm nich; is er doch unähig, dies götliche Anpochen zu vernehmen, das zwischen der lie- benden Subsanz Gotes und der Subsanz der Seele satha.

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13 Niemand kann dieser Gnade eilha werden als die Seele, die durch eine innerse einigungund Enblößung und Ensagung allem Geschöpichen gegenüber hindurchgegangen is. Dies ge-schieh im Dunkeln, wie wir ausührlich dargean haben und anläßlich dieses Verses noch weier er-klären werden. Im Verborgenen und im Verseck wird die Seele in der Liebeseinigung mi Got gees-ig und besing dies deshalb im vorgenannen Vers: «in Dunkelhei und im Verborgnen».

14 Wenn die Begnadungen der Seele im Verseck zueil werden, somi im Geis allein, dann n-de sie sich o, ohne zu wissen wie, bei einigen dieser Zusände von ihrem unern sinnlichen eil sogerenn, daß sie zwei ganz gerenne Gebiee in sich erkenn. Das eine schein ihr mi dem andernnichs mehr gemein zu haben, so enern sind sie voneinander. Und so is es auch in gewisser Weise;das geisige Geschehen, das sich vollzieh, ha kein Verhälnis zum sinnlichen eil. Dergesal wird dieSeele allmählich vollkommen geisig, und im Verborgenen der einigenden Beschauung werden diegeisigen egungen und Srebungen as vollsändig sillgeleg. Und so sag sie, von ihrem höhereneil sprechend, sogleich den lezen Vers:

da nun mein Haus in Ruhe lag.

24. KPIELSCHLUSS DE ELÄUNG DE ZWEIEN SOPHE

1 Mi diesen Woren deue die Seele an: da mein höherer eil misam dem niederen, seinenNeigungen und Fähigkeien, gesill war, enwich ich zur götlichen Liebeseinigung mi Got.

2 Da die Seele au zweierlei Weise durch die ämpe der dunklen Nach gereinig wird, nämlichin ihrem sinnlichen und geisigen eil, ihren Vermögen und Leidenschaen, so wird sie auch au zwei-erlei Ar beriede und zur uhe gebrach. Aus diesem Grund wiederhol sie diesen Vers zweimal: erseh in dieser wie in der vorhergehenden Srophe, um die bei den egionen der Seele anzudeuen.Beide müssen, um zur götlichen Liebeseinigung ausgehen zu können, zuers erneuer, geordne undgesill werden, im Sinnlichen wie im Geisigen, ensprechend dem Sand der Unschuld, den Adam

 besaß. So bezog sich dieser Vers in der ersen Srophe au den niedrigen, sinnlichen eil, in der zweien vor allem au den höheren geisigen; deswegen wurde er zweimal gesez.

3 Diese Beruhigung und innere Sille im geislichen Haus erreich die Seele zusändlich und voll-kommen (sowei das gegenwärige Leben dies zuläß) augrund der erwähnen subsaniellen Berüh-rungen in der götlichen Einigung, die die Seele im geheimen Verseck vor den Wirrungen des euelsund der Geühle und Leidenschaen von Got empangen ha, um so gereinig, beruhig und beesigder genannen Einigung wirklich eilha werden zu können: der götlichen Vermählung zwischen derSeele und dem Sohn Gotes. Sobald demnach die beiden Behausungen der Seele mi all ihrem Ge-

sinde - den räen und rieben – zur uhe gebrach und gesärk sind, sobald sie allem Obern undUnern gegenüber in nächliches Schweigen versez sind, vereinig sich ihr die götliche Weisheiunmitelbar und ergrei von ihr durch ein neues Band der Einwohnung Besiz. So erüll sich, was sieselber im Buch der Weishei sag: «Während alle Dinge in ieem Schweigen ruhen und die Nach

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sich in der Mite ihres Laues beand, sieg dein allmächiges Wor vom Himmel her vom önigshronherab» (Wh 18,14). Ein Gleiches verrä uns die Brau im Hohenlied : «Als ich an jenen vorüberge-gangen war, die mich nachs meiner leider berauben und verwundeen, and ich jenen, den meinHerz liebha» (3,4).

4 Unmöglich kann man zur Einigung ohne große einhei gelangen, und diese gewinn sich nur

durch iee Enblößung von allem Geschaenen und durch lebendige Aböung. Darau verweis, daßdie Brau beim Suchen nach ihrem Bräuigam ihres Manels beraub und nächens verwunde wordenis. Sie konne das neue Gewand der Vermählung, wonach sie sich sehne, nich anziehen, ohne zuvordes alen enblöß zu werden. Wer daher den Gelieben such, sich aber weiger, in die Nach einzuge-hen, wer von seinem Eigenwillen nich enblöß und nich abgeöe werden will, wie die Brau es ge-an ha, wer ihn nur im Bet der Bequemlichkei such, wird ihn niemals nden. So bekenn die Seelehier, sie habe ers geunden, als sie mi sehnsüchiger Liebe ins Dunkel auszog.

25. KPIELELÄUNG DE DITEN SOPHE

  In der seligen Nacht,insgeheim, so daß mich keiner sah,und ich selber nichts gewahrte,ohne anderes Licht und Geleit,außer dem, das in meinem Herzen brannte.

1 Indem die Seele den Vergleich zwischen der zeilichen Nach und der geisigen orsez, preisund erheb sie deren Vorzüge, da sie durch diese in so kurzer Zei und so sicher ihr ersehnes Ziel and.Drei dieser Vorzüge heb sie hervor.

2 Der erse, sag sie, beseh darin, daß Got in dieser seligen Nach der Beschauung die Seele mi

einer so einsamen und geheimen Schau lenk, einer dem Sinnlichen so enrücken und remden, daßnichs aus dem Sinnenbereich, nichs reaürliches an sie rühr, um sie zu sören und vom Weg derLiebeseinigung abzulenken.

3 Der zweie Vorzug lieg in den geisigen Finsernissen dieser Nach, wodurch alle höheren See-lenvermögen ins Dunkel versez werden. Die Seele sieh nichs, sie kann gar nichs sehen, häl sichauch bei nichs außer Got au, um zu ihm zu gelangen. Aller hemmenden Formen und Gesalenund naürlichen Wahrnehmungen ledig, die ihre bleibende Einigung mi Got zu verhindern pegen,schreie sie dahin.

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4 Der drite Vorzug is darin zu sehen, daß die Seele sich nich mehr au eine einzelne innere Versandeserleuchung oder au ein einzelnes äußeres Gelei süz, um von ihnen au diesen hohenPaden Besäigung zu nden, denn von alldem haben sie die dunkeln Finsernisse beraub. Einzig dieLiebe, die jez brenn und das Herz dem Gelieben zudräng, beweg und geleie die Seele au demeinsamen Weg und läß sie ihrem Got engegeniegen, ohne zu wissen wie.

Es olg der Vers:

In der seligen Nacht

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GEDICHE

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IDIE DUNLE NACH

Gesänge der Seele, die sich reu, au dem Wegder Enäußerung den hohen Sand der Vollkommenhei,

die Einigung mi Got erreich Zu haben.

1 In einer dunklen Nach,enamm von Liebessehnen,o seliges Geschick!enoh ich unbemerk,da nun mein Haus in uhe lag.

2 In Dunkelhei und ungeährde,

au geheimer Leier, vermumm,o seliges Geschick!in Dunkelhei und im verborgnen,da nun mein Haus in uhe lag.

3 In der seligen Nach,insgeheim, so daß mich keiner sah,und ich selber nichs gewahre,ohne anderes Lich und Geleiaußer dem, das in meinem Herzen branne.

4 Dieses ühre michsicherer als das Mitagslichdorhin, wo meiner harreder mir wohl Verraue,an den Or, wo niemand sons sich zeige.

5 o Nach, die mich lenke!o Nach, holder als das Frühro!o Nach, die den Geliebenmi der Gelieben vereine,die Geliebe in den Gelieben wandele.

6 An meiner blühenden Brus,die ür ihn sich ganz bewahre,dor schlie er ein,

und war zärlich zu ihm,und die Zedern ächelen im Wind.

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7 Der Windhauch von der Zinne-- als er nun sein Haar ausbreiee -mi seiner leichen Hand berühre er meinen Halsund mache alle meine Sinne schwinden.

8 So blieb ich und vergaß mich selbs,neige das Anliz über den Gelieben. Alles erlosch, ich gab mich au,ließ meine Sorge ahren, vergessen uner Lilien.

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IIGEISLICHE GESANG

 Wechselgesang zwischen der Seele und ihrem Bräuigam

BRU

1 Wo has du dich verseck,Gelieber, und has mich seuzend zurückgelassen? Wie der Hirsch bis du enohen,nachdem du mich verwunde has;ich lie dir nach, ruend, doch du wars gegangen.

2 Ihr Hiren, die ihr dor bei den Hürden au der Höhe weile, wenn ihr jenen zuällig erblick,den ich über alles liebe,sag ihm, ich sei krank, leide und serbe.

3 Nach meiner Liebe suchend werde ich diese Berge und Gesade durchqueren, weder Blumen pückennoch mich vor wilden ieren ürchenund die Fesen und Grenzen überschreien.

FRGE AN DIE GESCHÖPFE

4 0 Wälder und Gebüschegepanz von des Gelieben Hand!

o Wiese, mi Grünund Blumen geschmück!Sag mir, ob er an euch vorbeigegangen.

 ANWO DE GESCHÖPFE

5 ausendache Gnade versrömenddurchsreie er eilig diese Haine,

und sie berachendließ er sie durch sein Bild alleinmi Schönhei bekleide zurück.

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BRU

6 Ach! Wer wird mich heilen?Gib dich endlich wahrha mir zu eigen.Laß ab von heue an, mir weiere Boen zu senden,die nich zu melden wissen, was ich begehre.

7 Und alle, die kommen und gehen, berichen mir ausendache Gnade von dir,und sie alle verwunden mich noch ieer,und ein ich weiß nich was, von dem sie unablässigsammeln,läß mich serbend zurück.

8 Ja, wie solls du weier leben,

o Leben! nich lebend, wo du wirklich lebs,und von den Peilen zu ode geroenin dem, was du vom Gelieben in dich aunimms?

9 Warum, da du dieses Herz versehr has,heiles du es nich?Und da du es mir geraub has, warum ließes du es so liegenund nimms den aub nich an dich, den du raubes?

10 Lösche meine ümmernisse,da ja niemand ähig is, sie auszuilgen.Und meine Augen mögen dich sehen,denn du bis ihr Lich,und nur ür dich begehre ich sie zu haben.

11 Enhülle deine Gegenwar,

es öe mich dein Anblick und deine Schönhei; bedenke, daß Liebesleidnich zu heilen is,es sei denn mi leibhaiger Gegenwar.

12 0 krisallene Quelle! wenn du au deinem Silberangesichplözlich bildeesdie ersehnen Augen,

die ich in meinem Innern eingezeichne rage!

13 Wende sie weg, Gelieber,denn ich enschwebe.

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BÄUIGAM

ehr zurück, aube,denn der verwundee Hirsch erschein au der Höhe beim Windhauch deines Flugs und errisch sich.

BRU

14 Mein Gelieber, die Berge,die einsamen, waldigen äler,die remden Inseln,die wohlklingenden Flüsse,das Peien der verlieben Lüe!

15 Die riedvolle Nach,nahe schon dem Morgenro,die laulose Musik,die klingende Einsamkei,das Abendmahl, das erquick und verlieb mach.

16 Unser mi Blumen geschmückes Bet, von Löwenhöhlen umgeben,mi Purpur bespann,aus Frieden erbau,mi ausend goldenen Schildern bekrön!

17 Dir au dem Fußeeilen die Jungrauen au dem Weg, beim Funkenschlag, beim kredenzen Wein:

Srömen götlichen Balsams.

18 Im innern Weinkellermeines Gelieben rank ich, und als ich hinausgingdurch diese ganze ruchbare Au,da wuße ich schon nichs mehrund verlor die Herde, der ich vorher geolg war.

19 Dor gab er mir sein Herz,

dor lehre er mich eine wonnige Wissenscha,und ich meinerseisschenke mich ihm ganz, ohne jeden Vorbehal,dor versprach ich ihm, seine Gatin zu sein.

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20 Meine Seele ha sichmi all meinem Vermögen in seinen Diens gesell;nun hüe ich keine Herde mehr,noch habe ich ein anderes Am,da meine Augabe jez im Lieben allein beseh.

21 Wenn oran im Gemeindelandich nich mehr zu sehen und zu nden bin,sag, ich sei verloren gegangen,ich häte mich, in Liebe immer mehr enbrann, verlieren wollen und sei gewonnen worden.

22 Aus Blumen und Smaragdengepück am rischen Morgen,

 werden wir ränze winden,die in deiner Liebe erblühund mi einem Haar von mir umbunden sind.

23 Mi jenem einen Haar,das du an meinem Halse iegen sahs.Du berachees es an meinem Halsund bliebs darin geangen,und an einem meiner Blicke has du dich versehr.

24 Als du mich anschaues,prägen deine Augen ihre Anmu mir ein;deshalb liebes du mich,und dami wurden die meinen gewürdig,anzubeen, was sie in dir sahen.

25 Wolles mich nich verschmähen,

denn solles du braune Farbe an mir endecken,kanns du mich ja anblicken,nachdem du mich angeschau, welche Anmu und Schönhei ließes du in mir zurück.

26 Jag uns die Füchse,denn unser Weinberg seh bereis in Blüe, während wir aus oseneinen Srauß uns binden

und niemand wage, au dem Berge zu erscheinen.

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27 Hal ein, du oer Nordwind,omm Südwind, der du an die Liebe gemahns, wehe durch meinen Garen,und seine Düe mögen hinziehn,und der Geliebe wird uner Blumen weiden.

GATE

28 Eingereen is die Gatinin den schönen, ersehnen Garen,und nach ihrem Verlangen ruh sie,ihren Hals zurückgelehnin den süssen Armen des Gelieben.

29 Uner dem Apelbaum

 wurdes du mir angerau,dor gab ich dir meine Hand,und wurdes du neu geschaen, wo deine Muter geschände worden war.

30 Euch, inke Vögel,Löwen, Hirsche und springende Gemsen,Hügel, äler, Flüsse,Gewässer, Lüe, Sommerhizeund Schrecken durchwacher Näche:

31 beschwöre ich bei den lieblichen Leierklängenund bei den Abendliedernlaß ab von eurem Zornund berühr nich die Mauer,dami die Gatin geborgener schlae.

GATIN

32 0 Nymphen aus Judäa!Solange in den Blumen und osenbüschen Ambra due, bleib draußen vor der Sadund wag nich unsere Schwellen zu berühren.

33 Verseck dich, Liebser,

und wende dein Anliz zu den Bergen,und verlange nich es auszudrücken; blick eher au die Geährinnen jener, die zu den remden Inseln aurich.

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GATE

34 Das weiße äubchenis mi dem Zweig zur Arche zurückgekehr,und auch die urelaubeha den ersehnen Geähren

an den grünen Uern geunden.

35 In Einsamkei lebe sie,in der Einsamkei ha sie schon genise,und in die Einsamkei ühre sie,zu zwei allein, ihr Liebser,auch er, in Einsamkei, von der Liebe versehr.

GATIN

36 Ergözen wir uns, Gelieber,und eilen wir, uns zu schauen in deiner Schönhei,zu Berg und Hügel, wo das lauere Wasser enspring;dringen wir ieer ein in das Dickich.37 Und dann zu den hochgelegenen Felsenhählenlaß uns gehen,die ie verborgen sind,und dor werden wir einreenund den Granawein kosen.

38 Dor würdes du mir zeigen, was meine Seele begehre,und dann mir geben,dor, du, mein Leben,

 was andernags du mir schon gegeben has:

39 Das Wehen der Lu,das Lied der süssen Nachigall,den Hain und seine Lieblichkeiin der heieren Nach,mi der Flamme, die verzehr und kein Leid verursach.

40 So daß niemand es gewahre ...

Selbs nich der Dämon ließ sich sehen,und die Belagerung ruhe ...und die eierscharsieg beim Anblick der Wasser hinuner.

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 Wir geben hier die ursprüngliche Fassung des Geislichen Gesang (nach der spanischen Ausgabe Vida y obras de San Juan de la Cruz, Biblioeca de Auores crisianos, Madrid 2.Au. 1950, S. 1329). Diezweie späere und von ihm selber überarbeiee Fassung ha der hl.Johannes vorn reuz seinem om-menar des Canico Espiriual zugrunde geleg (vgl. 3. Band unserer Ausgabe: Das Lied der Liebe).Die beiden Fassungen unerscheiden sich haupsächlich durch die Umsellung der mitleren Srophen

(16-33)

IIILEBENDIGE LIEBESFLAMME

Gesänge der Seele in der Einigung mider götlichen Liebe

1 O lebendige Liebesamme,die du zar verwundesmeine Seele in der iesen Mite!Da du nich mehr spröde bis, vollende, wenn du wills,zerreiß die Hülle dieser zärlichen Begegnung!

2 O sanes Brandmal!O wohluende Wunde!O milde Hand! 0 zare Berührung,die nach ewigem Leben schmeckund jede Schuld ilg!öend has du od in Leben umgewandel.

3 O Leucher aus Feuer,deren Widerschein

den ieen Höhlen der Sinne,die nser und blind waren,in selener Prach Wärme und Lich verleihen, dem Liebsen zur Seie.

4 Wie san und liebevollerwachs du in meinem Herzen, wo du insgeheim als Einziger wohns!Und mi deinem köslichen Aem,

 voll des Guen und der Herrlichkei, wie zärlich ührs du mich zur Liebe!

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IV Srophen Zu einer Enrückung hoher Beschauung

Ich ra ein, wuße nich wo,und blieb unwissend,

alles Wissen überseigend.

1 Ich wuße nich, wo ich einra,aber als ich mich dor sah,unwissend, wo ich mich beand, begri ich große Dinge;ich werde nich sagen, was ich empand,da ich unwissend blieb,alles Wissen überseigend.

2 Vom Frieden und von der Frömmigkei war es vollkommenes Wissen,in ieer Einsamkei,in Einsich des rechen Weges, war es eine so geheimnisvolle Sache,daß ich sammelnd verharre,alles Wissen überseigend.

3 Ich war so hingerissen,so versunken und enremde,daß meine Sinne jede sinnliche Wahrnehmung verloren,und der Geis sich beschenk andmi einem nichversehenden Versehen,alles Wissen überseigend.

4 Wer wahrha dorhin gelang, wird an sich selber irre,alles, was er rüher wuße,schein ihm rech gering,und sein Wissen mehr sich derar,daß er unwissend bleib,alles Wissen überseigend.

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5 Je höher man seig,umso weniger versand man,daß es die dunkle Wolke is,die die Nach erhelle;deshalb bleib, wer sie eruhr,unwissend,

alles Wissen überseigend.

6 Dieses nichwissende Wissenis von so hoher Mächigkei,daß die Weisen mi ihrem Folgernes nie meisern können,denn ihr Wissen reich nich hin,nichversehend zu versehen,alles Wissen überseigend.

7 Und von so großer Erhabenheiis dieses höchse Wissen,daß es weder Fähigkei noch Wissen gib,die es umassen können; wer sich selber zu besiegen wüssedurch ein nichwissendes Wissen,der wird sich immer überseigen.

8 Und wenn ihr es hören woll:Diese höchse Wissenscha besehin einem erhabenen Empndenür die götliche Wesenhei;es is Werk ihrer Barmherzigkei,daß man nichversehend ausharr,alles Wissen überseigend.

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 V 

Lieder der Seele, die nach der Gotesschau sreb.

1 Ich lebe, ohne in mir zu leben,

und au solche Weise hoe ich,daß ich serbe, weil ich nich serbe.Ich lebe schon nich mehr in mir,und ohne Got kann ich nich leben; bleibe ich aber ohne ihn und mich, was wäre dieses Leben?ausend ode wird es mir bereien,da ich au mein eigenes Leben ware,serbend, weil ich nich serbe.

2 Dieses Leben, das ich lebe,is Enzug des Lebens,und so is es sändig Serben, bis ich mi dir zusammen lebe.Höre, mein Got, was ich sage:nach diesem Leben begehre ich nich;da ich serbe, weil ich nich serbe.

3 Da ich erne bin von dir, was ür ein Leben kann ich haben,außer den od zu erleiden,den iesen, den ich jemals sah?Mileid empnde ich mi mir, weil ich solcherar darin verharre,serbend, weil ich nich serbe.

4 Der Fisch, der aus dem Wasser komm,dem mangel nich die Linderung,daß im od, den er erleide,er am Ende wirklich sirb. Welchen od wird es je geben,der meinem jämmerlichen Leben zu vergleichen is,denn je mehr ich lebe, deso mehr serbe ich.

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5 Wenn ich mir Linderung davon erhoe,dich im Sakramen zu sehen,scha in mir noch größeres Leiden,daß ich deiner mich nich erreuen kann;alles räg bei zu weierer Pein, weil ich dich nich schaue, wie ich möche,

und serbe, weil ich nich serbe.

6 Und wenn ich rohlocke, Herr,in der Honung, dich zu sehen, bei der Einsich, daß ich dich verlieren könne, wird mein Schmerz doppel groß;lebend in solchem Schreckenund hoend, wie ich hoe,serbe ich, weil ich nich serbe.

7 Bereie mich von diesem od,mein Got, und schenke mir das Leben,hale mich nich geangenin dieser so esen Schlinge;schau, wie ich mich mühe, dich zu sehen,und mein Leid is so umassend,daß ich serbe, weil ich nich serbe.

8 Foran werde ich meinen od beweinenund über mein Leben klagen,solange es geangen bleibmeiner Sünden wegen.o mein Got, wann wird es sein,daß ich wahrha sagen kann:Nun lebe ich, weil ich nich serbe.

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 VI Andere ins Geisliche überragene Lieder

Nach einer Liebesbegegnung emporgerissenund nich der Honung bar,og ich so hoch, so hoch,

daß ich das Ziel erjage.

1 Dami ich das Ziel erjagein dieser götlichen Begegnung,hate ich so wei zu iegen,daß ich meinem Blick enschwand;und dennoch, im lezen Augenblick reiche die Flugkra nich aus;doch die Liebe erhob mich so,

daß ich das Ziel erjage.

2 Als ich höher sieg, wurde meine Sich geblende,und die gewaligse Eroberungspiele sich im dunkeln ab;aber weil es Begegnung in der Liebe war, wage ich den blinden, dunklen Sprung,und gerie so hoch, so hoch,daß ich das Ziel erjage.

3 Je höher ich gelangein dieser so erhabenen Begegnung,deso geringer und erledigund niedergeschlagener and ich mich;sage: niemand wird das je erlangen,

und sank so ie, so ie,daß ich so hoch, so hoch gerie,daß ich das Ziel erjage

4 Au sonderbare Weisedurchog ich ausend Flüge in einem Flug, weil Honung vom Himmel hersoviel erlang, wie sie erho;ich erhoe diese eine Begegnung,

und im Hoen habe ich nich versag,da gerie ich so hoch, so hoch,daß ich das Ziel erjage.

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 VIIGeisliche Hirenlieder über Chrisus und die Seele

1 Ein kleiner Hir einsam seh, bekümmer,

abseis von Freude und Vergnügen,und au seine Hirin ha er seinen Sinn geriche,und sein Herz is von Liebe ie versehr.

2 Er wein nich, weil die Liebe ihn verwunde ha,es schmerz ihn nich, sich so gequäl Zu sehen,obgleich er im Herzen geroen is,er wein vielmehr, weil er denk, er sei vergessen.

3 Denn allein beim Gedanken, er sei vergessen von seiner schönen Hirin, mi großem Schmerzläß er sich im remden Land mißhandeln,das Herz von Liebe ie versehr.

4 Und es sprich der kleine Hir: Ach, unglückselig, wer sich von meiner Liebe abgewende haund sich meiner Gegenwar nich erreuen will,und um seiner Liebe willen is sein Herz ie versehr.

5 Und am Ende einer langen Zei, sieg er hinau an einem Baum, wo er seine schönen Arme breiee,und gesorben is, an ihnen hangend,das Herz von Liebe ie versehr.

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 VIIILied der Seele, die sich der Goteserkennnis im Glauben erreu

 Wie gu weiß ich den Quell, der enspring und sröm,

auch wenn es Nach is.

1 Jener ewige Quell is verborgen, wie gu weiß ich, wo er enspring,auch wenn es Nach is.

2 Seinen Ursprung weiß ich nich, denn er ha keinen,doch weiß ich wohl, daß aller Ursprung aus ihmsamm,

auch wenn es Nach is.

3 Ich weiß, daß nichs Schöneres sein kann,und daß Himmel und Erde von ihm rinken,auch wenn es Nach is.

4 Wohl weiß ich, daß kein Grund sich in ihm nde,und daß niemand ihn durchwaen kann,auch wenn es Nach is.

5 Seine larhei wird niemals verdüser,und ich weiß, daß ihm alles Lich ensprungen is,auch wenn es Nach is.

6 Weiß seine Sröme so wasserreich,daß sie Hölle, Himmel wässern und die Völker,auch wenn es Nach is.

7 Der Srom, der diesem Quell enspring,den weiß ich wohl von großer ra und Allmach,auch wenn es Nach is.

8 Der Srom, der aus diesen zwei hervorgeh,dem is, ich weiß, keiner der anderen beiden voraus,auch wenn es Nach is.

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9 Dieser ewige Quell is verborgenin diesem lebendigen Bro, um uns Leben zu geben,auch wenn es Nach is.

10 Er ru herbei die Geschöpe,und sie sätigen sich an diesem Wasser auch im

dunkeln,da es ja Nach is.

11 Diesen lebendigen Quell, den ich ersehne,in diesem Bro des Lebens erblicke ich ihn schon, wenn es auch Nach is.

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IX1. OMANZE

Über das Evangelium «ln principio era Verbum».Die heiligse Dreialigkei

Im Anang wohnedas Wor und lebe in Got,in dem es seine unendliche Glückseligkei besaß.

Dieses Wor selbs war Got,Den man den Ursprung nanne.Es wohne im Anang

und hate keinen Anang.

Es war der Anang selbs,daher hate es keinen.Das Wor nenn sich Sohn,der aus dem Anang hervorging.

Er ha ihn von jeher gezeugund zeuge ihn immeror.Er schenk ihm ses seine Subsanzund behiel sie immer bei sich.

Und so is die Herrlichkei des Sohnes jene, die im Vaer war;und seine ganze Herrlichkei besaßder Vaer im Sohn.

 Wie ein Gelieber im Liebenden wohne einer im andern,und diese Liebe, die sie ein,ra in demselben zusammen,

mi dem einen und mi dem andernin Gleichhei und Gelung.Drei Personen und einen Geliebengab es zwischen allen dreien;

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und eine Liebe in allen dreienund ein Liebender wirke sie;und der Liebende is der Geliebe,in dem ein jeder lebe;

denn das Sein, das die drei besizen,

das besaß ein jeder,und ein jeder von ihnen liebden, der dieses Sein besaß.

Dieses Sein is ein jeder,und es allein vereinig siein einem unsagbaren noen,den man nich zu nennen wuße.

Und dadurch war unendlichdie Liebe, die sie vereine, weil drei eine einzige Liebe besizen,die man ihr Wesen nanne,denn je einiger die Liebe,deso größere Liebe erwirke sie.

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 X2. OMANZE

Der Ausausch der drei Personen

In dieser grenzenlosen Liebe,die von den beiden ausging,sprach der Vaer zum Sohn Wore von großer Mach,

 von so ieer Wonne,daß niemand sie versand,nur der Sohn ergöze sich daran,da er es is, den es anging.

Doch was man davon verseh,sage er au diese Weise:Nichs erreu mich, mein Sohn,außer deine Gesellscha.

Und wenn mich ewas erreu,ich liebe es in dir selbs. Wer dir am meisen gleichsieh,der ensprich mir am meisen;

und wer dir nich gleich, würde in mir nichs nden.In dir allein habe ich mir geallen,o Leben von meinem Leben!

Du bis Lich von meinem Liche,

 bis meine Weishei, Abbild meiner Subsanz,in dem ich mir wohlgeel.

Dem, der dich liebe, mein Sohn, würde ich mich selber geben,und die Liebe, die ich ür dich habe,diese selbe würde ich in ihn sezen,

 weil er den gelieb ha,den ich so sehr liebe.

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 XI3. OMANZE

Über die Schöpung

Eine Gatin, die dich liebe,mein Sohn, wolle ich dir geben,die deinewegen es verdiene,unsere Gesellscha zu eilen.

Und Bro zu essen am einen isch, vom gleichen, das ich zu essen pege,dami sie den Schaz erkenne,den ich in einem solchen Sohn besize,

und sich mi mir glücklich preiseüber deine Anmu und Frische.

Ich danke dir sehr, Vaer,anworee der Sohn;und der Gatin, die du mir schenkesschenke ich mein Lich,

au daß sie darin erblicke, wie groß die Mach sei meines Vaers,und wie das Sein, das ich habe,ich von seinem Sein empng.

Ich nähme sie in meinen Arm,und an deiner Liebe würde sie sich enammenund mi ewigen Ergözendeine Güe hoch erheben.

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 XII4. OMANZE

Forsezung

Es geschehe also, sprach der Vaer, weil deine Liebe es verdiene;und mi diesem Wor, das er aussprach, wurde die Wel erschaen;

ein Palas ür die Gatin,erbau in großer Weishei;den er in zwei Gemächer eile,ein oberes und ein uneres.

Das unere üge eraus unendlichen Verschledenheien;mehr noch schmücke er das oberemi wundervollen Edelseinen.

Dami die Gatin erkenne, was ür einen Gaten sie habe,ließ er in dem obern wohnendie Engelhierarchie;

der Menschennaur aber wies er das unere an, weil sie in ihrer Beschaenhei von ewas geringerem Wer war.

Und obgleich er Sein und äume

in dieser Weise vereile, bilden doch alle den einen Leibder Gatin, welche sage:

daß die Liebe des einen selben Gatensie zu der einen Gatin mache;die im oberen eile sollenden Gaten in der Freude besizen;

die im unern in der Glaubenshonung,die er ihnen einößeund sie wissen ließ,daß er sie in ewas Zei erhöhen würde.

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Und er würde jene ihre Niedrigkeiselber au sich nehmen,so daß niemand mehrsie oran adeln müsse;

denn in allem ihresgleichen würde er sich ihnen angesalenund würde sie begleienund mi ihnen wohnen.

Und Got würde Mensch,und der Mensch würde Got,und er würde mi ihnen wandeln,essen und rinken.

Und er bliebe mi ihnen unauörlichder gleiche, bis sich vollendeedie lauende Welzei,

da sie sich gemeinsam reuenin ewigem Wohlklang, weil er das Haup warder Gatin, die er besaß,

dieser eine er alle Gliederder Gerechen,die den Leib der Gatin bilden,die er an sich nähme

zärlich in seine Arme,

und ihr dor schenke seine Liebe,und so in eins vereinsie zum Vaer bräche,

 wo sie sich der gleichen Wonne,die Got ergöz, ergözen.Denn wie der Vaer und der Sohnund der, der aus beiden hervorging,

der eine in dem andern leb,so würde auch die Gatin sein,die, in Got versunken,das Leben Gotes lebe.

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 XIII5. OMANZE

Forsezung

Mi dieser guen Honung,

die ihnen von oben kam, wurde der Überdruß ihrer Mühsalihnen leicher gemach;

aber die Honung au lange Sichund das wachsende Verlangen,sich mi ihrem Gaten zu ergözen,quäle sie unablässig.

Deshalb mi Gebeen,mi Seuzern und odesängsen,mi ränen und Söhnenehen sie ihn ag und Nach an,

daß er sich doch enschließe,sich zu ihnen zu gesellen.Die einen rieen: Oh, geschähe dochdie Freude in meiner Zei!

 Andere: Vollend es, Herr,send uns den, den du zu senden has. Wieder andere: Oh, wenn du schon zerrissesdiese Himmel und ich sähe

mi meinen Augen, daß du herabsiegsund mein Weinen auöre!

egne Wolken von oben, was die Erde erehe,

und es öne sich die Erde,die uns Dornen brache,und bringe uns jene Blume,mi der sie blühe.

 Andere sagen: 0 glücklich

 wer zu solcher Zei lebe,die Got zu sehen verdienemi eigenen Augen,

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und ihn zu berühren mi eigenen Händen,und ihn in seiner Gesellscha zu haben,und sich der Geheimnisse zu erreuen,die er alsdann anordnen würde!

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 XIV 6. OMANZE

Forsezung

Mi solchen und andern Biten war lange Zei vorbeigegangen;doch in den lezen ] ahren wuchs die Inbruns sehr.

 Als der ale Simeonin Sehnsuch enbranne,ehe er zu Got, er möche ihndiesen ag erleben lassen.

Und so anworee der Heilige Geisdem guen Greis,er gebe ihm sein Wor,daß er den od nich schauen würde,

ehe er das Leben erblick häte,das von oben herabsieg,und er in seinen eigenen HändenGot selber halen würde,

und ihn in seine Arme nehmenund sich mi ihm umarmen würde.

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 XV 7. OMANZE

Forsezung. Die Menschwerdung

 Als nun die Zei gekommen war,in der es sich gezieme,den Loskau der Gatin zu verwirklichen,die uner einem haren Joche diene,

uner jenem Gesez,das ihr Mose gegeben hate,da sprach der Vaer mi zärlicher Liebeolgendermaßen:

Du siehs, mein Sohn, daß ich deine Gatinnach deinem Bild geschaen habe,und in dem, worin sie dir ähnlich sieh,simme sie gu mi dir überein;

doch sie unerscheide sich im Fleisch,das es in deinem einachen Sein nich gab;in der vollkommenen Liebe war dies Gesez vonnöen,

daß ähnlich werdeder Liebende dem, den er liebe, weil größere Ähnlichkeigrößere Wonne in sich ha.

Diese würde zweiellos in deiner Gatin

reichlich wachsen, wenn sie dir ähnlich sähein dem Fleisch, das sie besaß.

Mein Wille is der deine,anworee der Sohn,und die Herrlichkei, die ich besize,is, daß dein Wille der meine sei.

Und ür mich geziem sich, Vaer,das, was deine Hohei sprach,denn au diese Weise

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 würde deine Güe oenbarer.

Deine große Mach wird man schauen,Gerechigkei und Weishei;ich werde es der Wel kündenund ihr ennnis geben

 von deiner Schönhei und Mildeund von deiner Majesä.

Ich werde meine Gatin suchenund au mich laden würd' ichihre Mühen und Enbehrungendie sie so lang erduldee.

Und dami sie Leben habe,

 würd' ich ür sie serben,und, sie aus der Grube ziehend,dir wieder zuühren.

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 XVI8. OMANZE

Forsezung

Darau rie er einen Erzengel,der sich Sank Gabriel nanne,und sande ihn zu einem Mägdlein,das Maria hieß,

mi seinem Jaworis das Geheimnis geschehen,in dem die Dreialigkeidas Wor mi Fleisch umkleidee.

Und wenn auch drei das Werk vollzogen,es ereignee sich in dem einen,und das Wor is Fleisch gewordenin Mariens Schoß.

Und der bis dahin nur einen Vaer hate,hate nun auch eine Muter, wenn auch nich irgendeine,die von einem Mann empng;

denn aus ihrem Schoßempng er sein Fleisch;deshalb nanne er sich Gotes Sohnund Sohn des Menschen.

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 XVII9. OMANZE

 Von der Gebur Chrisi

 Als nun die Zei gekommen war,da er geboren werden solle,ra er wie ein Bräuigam hervoraus seinem Braugemach,

umschlungen mi seiner Brau,die er in seinen Armen rug,den die anmuige Muterin eine rippe lege,

zwischen ein paar iere,die es zu jener Zei dor gab.Die Menschen sangen Lieder,die Engel musizieren,

die Vermählung eiernd,die sich zwischen zwei so Ungewöhnlichen vollzog.Got aber in der rippe,er weine dor und wimmere,

das war Geschmeide, das die Brauzur Vermählung mibrache;und die Muter saune,als sie solchen ausch erblicke:

das Weinen des Menschen in Got

und im Menschen die Freude, was in dem einen wie dem andernso remd zu sein pege.

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 XVIIIomanze über den Psalm «Super

umina Babylonis»

Über den Srömen,

die ich in Babyion endecke,dor seze ich mich weinend,dor neze ich die Erde

deiner mich erinnernd,o Zion, die ich liebe.Die Erinnerung an dich war süss,und ließ mich noch heiger weinen.

Die Fesgewänder lege ich ab,zog Arbeiskleider an,ich hänge an die grünen Weidendas Saienspiel, das ich bei mir rug,

es weglegend in der Honungau das, was ich von dir erhoe.Dor verwundee mich die Liebeund enriß mir das Herz.

Ich ba sie, mich zu öen,da sie derar versehre.Ich sürze mich in ihr Feuer, wissend, daß sie mich versenge,

den Vogel recherigend,der im Feuer sein Leben ließ.

In mir lag ich im Serbenund amee in dir allein.

In mir sarb ich deinewegen,und deinewegen auersand ich,denn die Erinnerung an dich,schenke Leben und nahm es wieder.

Es reuen sich die Fremden,

uner denen ich geangen war.

Sie verlangen von mir Lieder,die ich in Zion sang:

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Sing ein Lobgesang au Zion, wir wollen sehen, wie es klang.

Sag? Wie solle ich in remdem Lande, wo ich Zions wegen weine, von der Freude singen,

die mir in Zion blieb?Ich sieße es ins Vergessen, wenn ich in der Fremde mich ergöze.

 An meinem Gaumen klebemeine Zunge, mi der ich redee, wenn ich deiner vergäße,im Lande, wo ich wohne.

Zion, bei den grünen Zweigen,die BabyIon mir reiche,meine eche möge mich vergessen,die das is, was ich in dir am meisen liebe,

 wenn ich deiner nich gedäche, was mir am meisen Lus bereiee,und wenn ein Fes ich geben wolle,und es eiere ohne dich.

o ocher Babylons,elende und unglückselige!Glückselig war jener, dem ich verraue,der dir die Züchigung wird geben müssen,die er aus deiner Hand empng.

Und er wird seine leinen sammeln,und auch mich, da ich um dich weinean dem Sein, der Chrisus war,um dessenwillen ich dich verließ.

Debeur soli gloria vera Deo.

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 XIXIns Geisliche überragene Glosa (I)

Beisandslos und mi Beisand,

ohne Lich und im nsern lebend, bin ich dran, mich gänzlich zu verzehren.

1 Meine Seele is losgelös von jedem geschaenen Ding,und über sich selbs erhoben,und in einem köslichen Leben,allein au ihren Got gesüz.Deshalb wird man schon sagen,

 was ich am meisen schäze,daß meine Seele sich nun sieh beisandlos und mi Beisand.

2 Und obwohl ich Finsernis erleidein diesem serblichen Leben,is mein Leid nich so groß geworden, weil ich, zwar des Liches mangelnd,himmlisches Leben habe;denn die Liebe schenk solches Leben,daß sie, je blinder werdend,die Seele hingegeben häl,ohne Lich und im nsern lebend.

3 Solches is das Werk der Liebe,seidem ich sie erkanne,da sie, ob Gues oder Schleches in mir is,

allem den gleichen Geschmack verleih,und die Seele in sich wandel;und so in ihrer köslichen Flamme,die ich in mir ühle,eilends, ohne ewas zu hinerlassen, beginne ich, mich schnell und reslos zu verzehren.

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 XXIm Geisliche überragene Glosa (I I)

Um aller Schönhei willen,

 werde ich mich nie verlieren,außer ür ein ich weiß nich was,das mi Glück erreich wird.

1 Geschmack am Guen, das vergänglich is, vermag allerhöchsensden Appei zu verleidenund den Gaumen zu schädigen;und darum, um aller Süsse willen,

 werde ich mich nie verlieren,es sei um eines, ich weiß nich was,das mi Glück geunden wird.

2 Dem grossmüigen Herzsag es nichs, sillzusehen, wo man weiergehen kann,außer dem Schwierigsen verscha ihm nichs Genügen,und sein Glaube wächs so sehr,daß es ein ich weiß nich was verkose,das mi Glück geunden wird.

3 Wer um der Liebe willen leide, vom götlichen Sein berühr,dem wird der Geschmack so verwandel,daß er in allen Geschmäckern versag;

 wie der, dem das Fieberdas Essen verleide, das er vor sich sieh,und der nach einem ich weiß nich was gelüse,das mi Glück geunden wird.

4 Wunder euch darob nich,daß es sich mi dem Geschmack so verhäl,denn der Grund des Übelsis allem übrigen remd.

Und so sieh sich jedes Geschöp sich selbs enremdeund verkose ein ich weiß nich was,das mi Glück geunden wird.

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5 Wenn dann der Wille von der Gothei berühr wird,kann ihm nich ensprochen werdenaußer mi der Gothei;aber weil ihre Schönhei so groß is,

daß sie nur im Glauben geschau wird, verkose er sie in einem ich weiß nich was,das mi Glück geunden wird.

6 Nun mi einem solchen Verliebensag mir, ob ihr Mileid spüre,da er keinen Geallen ndean all dem Geschaenen;allein, orm- und gesallos,

ohne Beisand und Süze zu nden,ein ich weiß nich was verkosend,das mi Glück geunden wird.

7 Denke nich, das Innere,das bei weiem wervoller is,nde Freude und Vergnügenin dem, was hier Genuß verscha; vielmehr über jede Schönhei hinaus,und über das, was is, sein wird und war, verkose es von ihr ein ich weiß nich was,das mi Glück geunden wird.

8 Eher wende sein Bemühen wer sich hervorun will,au das, was zu gewinnen is,als au das, was schon gewonnen;

und so, um höher zu seigen, werde ich mich immeror beugen, vor allem zu einem ich weiß nich was,das mi Glück geunden wird.

9 Um dessenwillen, was mi den Sinnensich hier begreien läß,und all dessen, was man versehen kann,sei es noch so erhaben,

 weder um der Anmu noch der Schönhei willen werde ich mich je verlieren, vielmehr ür ein ich weiß nich was,das mi Glück geunden wird

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 XXI

 Von götlichem Worschwanger die Magd,komm des Wegs:Geb ihr doch Herberge!

 XXII

Höchse Vollendung Vergessen des Geschaenen,Gedenken des Schöpers,Gerichesein au das Innereund Leben in der Liebe zum Gelieben.

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