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www.dfb.de www.fussball.de Journal ¤ 3,– Das offizielle Magazin des Deutschen Fußball-Bundes 4/2009

Journal - DFB · schon die mutigen Worte seiner tapferen Frau Teresa können uns ... Es hatte bisher zwar prunkvolle Säle für Hoch-zeiten und Konferenzen, aber nur 53 Zimmer

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Journal¤ 3,– Das offizielle Magazin des Deutschen Fußball-Bundes 4/2009

1 geschulter Blick

0,0 Kompromisse

4 Wochen Reifezeit

Harald Biewer Braumeister

Wir schauen nicht auf die Uhr, sondern auf den Kalender. Anders als manch andere, geben wir unserem

Bier einen ganzen Monat Zeit, damit es in Ruhe reifen kann. Und trotzdem sind wir auch dann jede einzelne

Sekunde mit Leidenschaft für unser Bier da. Alles für diesen Moment:

| 3DFB-Journal 4/2009

Liebe Freundedes Fußballs,das Jahr 2009 neigt sich dem Ende entgegen und beim Rückblick fal-len uns zahlreiche wichtige Ereignisse ein. Gerade kurz vor Weih-nachten müssen aber sicher viele von uns an den tragischen Todunseres Nationaltorhüters Robert Enke denken. Die schockierendeNachricht des 10. November hat Millionen Menschen in unserem Landbetroffen gemacht. Die bewegende Trauerfeier in Hannover und zuvorschon die mutigen Worte seiner tapferen Frau Teresa können unsnicht zum Alltag übergehen lassen.

In den Tagen des Innehaltens nach dem Tod von Robert Enke habenuns viele Gedanken beschäftigt. Die Predigt von Dr. Margot Käßmann,der Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Han-nover, hat dabei viele wertvolle Anstöße im Blick auf das Nachden-ken über Leben und Tod gegeben. Darüber hinaus müssen geradewir im DFB in diesem Zusammenhang viele sportspezifische Fragenbeantworten. Was müssen wir tun, damit junge Menschen unter demöffentlichen Erfolgsdruck nicht zerbrechen? Wie können wir verhin-dern, dass die Angst, Tabuthemen in unserem Umfeld anzusprechen,in die Ausweglosigkeit führt? Ich habe in den vergangenen Wochenmehrfach betont, dass der deutsche Fußball mit all seinen Kräftendaran arbeiten wird, hier glaubwürdige Botschaften zu vermittelnund sich stärker denn je künftig dafür einsetzen muss, dass jederSportler durchaus Schwächen zeigen kann und wir kein falsch ver-standenes Heldentum in unseren Reihen wollen.

Ein Schritt in diese Richtung soll die Gründung einer Stiftung gemein-sam mit der DFL und Hannover 96 sein, mit der wir uns in Erinnerungan Robert Enke im Kampf gegen die tückische Krankheit der Depres-sion engagieren wollen. Die ersten Gespräche mit allen Beteiligtensind bereits geführt, die Initiative soll so schnell wie möglich umge-setzt werden und ein weiterer Mosaikstein unserer gesellschaftspo-litischen Aktivitäten sein.

Bei aller Trauer um Robert Enke muss unser Blick allerdings auch wie-der dem sportlichen Alltag gelten. Ein letzter Höhepunkt des Fußball-Jahres 2009 war die WM-Auslosung in Kapstadt. Bundestrainer JoachimLöw liegt richtig, wenn er sagt, dass aus deutscher Perspektive sichernicht von Losglück die Rede sein kann. Doch bei allem Respekt vor denGegnern hat die DFB-Auswahl, wie es so schön im Fußball-Jargon heißt,auch keine „Hammergruppe“ erwischt. Über allem steht die Freude überdie WM-Qualifikation unseres Teams. Erneut hat es beim Sieg im ent-scheidenden Duell gegen Russland in Moskau bewiesen, dass es zu außer-gewöhnlichen Leistungen fähig ist, wenn es drauf ankommt.

Grundsätzlich können wir voller Stolz als Fazit ziehen, dass wir sport-lich gesehen das erfolgreichste Jahr in der nunmehr 109-jährigen

Geschichte erlebt haben. Natür-lich passt dazu besonders auchder nunmehr siebte EM-Titelgewinnunserer Frauen-Nationalmann-schaft nach einem imponierendenSieg im attraktiven Finale gegenEngland in Helsinki. Das ist für Trai-nerin Silvia Neid eine hervorra-gende Ausgangsposition für dieWM 2011 in Deutschland. Und esfreut uns in diesem Zusammen-hang zusätzlich, dass seit dem

Ende Oktober gestarteten Ticket-Verkauf das überaus große Inte-resse der Fans wirklich auf ausverkaufte Stadien hoffen lässt.

Ein besonderes Datum für uns war außerdem der 7. Dezember. Dennan diesem Tag konnte eine von Sportdirektor Matthias Sammer ange-führte DFB-Delegation in der UEFA-Zentrale in Nyon erstmals den Mau-rice-Burlaz-Preis für die beste Nachwuchsarbeit in Europa in Emp-fang nehmen. Der Gewinn des EM-Titels durch die von Horst Hrubeschtrainierte U 21 im Sommer in Schweden und die von Marco Pezzaiuolibetreuten U 17-Junioren wenige Wochen zuvor in Deutschland gabendafür den Ausschlag. Als weiteres Team ganz oben auf dem Trepp-chen nach einer EM standen unsere U 17-Juniorinnen, und auch dieanderen Ergebnisse der DFB-Nachwuchsmannschaften konnten sichsehen lassen.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei all den ehren- undhauptamtlichen Mitarbeitern, die in den Vereinen und Verbänden aufunterschiedlichste Weise ihren Beitrag zu einem insgesamt gelun-genen Jahr des deutschen Fußballs geleistet haben, für die gute Zusam-menarbeit bedanken. Wir haben über allerlei Themen kritisch diskutiert und es gab – besonders im Kampf gegen Gewalt und Rassis -mus – leider auch Rückschläge und Enttäuschungen. Das kann unsjedoch nicht von unserer klaren Linie abbringen, uns auf allen Ebe-nen unseres Sports für Integration einzusetzen und durch vielfältigeAktionen – bei den Amateurvereinen genauso wie bei den Profiklubs –deutliche Akzente zu setzen für ein friedliches Miteinander in unse-rem Land. Wir nehmen für uns nicht in Anspruch, dass der Fußballalle gesellschaftlichen Probleme lösen kann, aber wir wollen deut-lich Position beziehen, und ich denke, dass wir gerade 2009 unterdem Strich viel Positives bewegt haben. Das muss im Sinne der Ein-heit des deutschen Fußballs auch 2010 wieder unser Ziel sein.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein frohes Weihnachtsfest undein erfolgreiches neues Jahr.

Dr. Theo ZwanzigerPräsident des Deutschen Fußball-Bundes

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4 | DFB-Journal 4/2009

EditorialDr. Theo Zwanziger 3

Mit Optimismus und hohen Zielen geht der DFB in das WM-Jahr 2010Zum Cup der guten Hoffnung 6

Spielplan der Weltmeisterschaft in Südafrika32 Mannschaften – 64 Begegnungen – ein großes Ziel 12

Noch nie in der WM-Vorrunde gescheitertEs ist noch immer gut gegangen 14

Die Gefängniskicker von Robben Island Durch klapprige Tore in die lang ersehnte Freiheit 16

Paules Welt: Charlize Theron bei der GruppenauslosungParadiesvogel mit Humor 23

Treffpunkt mit Michael Ballack: Ein Kapitän auf TitelkursReif auf der Insel 24

Patrick Helmes hat den WM-Traum noch nicht aufgegebenStrampeln für Südafrika 30

Das aktuelle Gespräch mit DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger„Wir müssen gesellschaftliche Orientierung geben“ 34

Ein Länderspiel an der Seite der Ordnungshüter90 Minuten mit dem Rücken zum Spiel 40

Konrad Freiberg über Gewalt als gesellschaftliches Phänomen„Fußball ist nicht die Ursache“ 46

Interview mit Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière„Es gibt eine große Sehnsucht nach Vorbildern“ 48

Wie ein Tor das ganze Leben eines Stürmers bestimmtFischer und die Legende vom Fallrückzieher 54

Für den DFB spielen seine Altinternationalen eine wichtige RolleHistorische Begegnung auf dem Roten Platz 60

Inka Grings steht für das erfolgreiche Jahr der deutschen FrauenMit Chico auf die Couch 64

Frauen-WM 2011: Großer Ansturm auf die ersten Ticket-PaketeSelbst der „Kaiser“ hat schon Karten 68

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| 5DFB-Journal 4/2009

Finale der Frauen findet 2010 erstmals in Köln stattEin Pokal mit Symbolkraft 72

Wie ein Frauenteam aus Berlin für Völkerverständigung eintrittIm Klub der unverhüllten Träume 74

DFB-Mobil besucht im Jahr 2009 mehr als 2.000 VereineTraining auf Rädern 78

Matthias Sammer über Perspektiven der Nachwuchsförderung„Der Trainer muss auch ein Pädagoge sein“ 80

Warum der Weltmeister an keinem Sportgeschäft vorbeigeht Ein Schumacher, der Fußballschuhe sammelt 86

Namen und NachrichtenLufthansa reserviert einen WM-Platz für den 12. Mann 93

DFB berichtet über Twitter aus dem WM-QuartierGezwitscher aus dem Adlerhorst 96

FUSSBALL.de präsentiert das „Spiel des Monats“Kleiner Fußball groß im Bild 99

Nachhilfe per Mausklick: Neues Internet-Angebot für SchiedsrichterVideoportal mit Pfiff 100

Fan-Village für WM-Besucher auf Universitätscampus in PretoriaMit Sicherheit viel Spaß 102

Wie die Fußballfamilie U 17-Nationalspielerin Anja Pfluger hilftAlle für Eine 104

Wissenswertes aus den VerbändenMini-EURO weckt Vorfreude 106

Erstes Endspiel der UEFA Europa League in HamburgFinale Herausforderung 108

Per Mertesacker unterstützt soziale ProjekteEine gute Schule fürs Leben 110

Vorschau und Impressum 114

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Mit viel Optimismus und hohen Zielen geht der DFB in das WM-Jahr 2010

Zum Cup der guten Hoffnung

Die Vorrundengegner stehen fest, das Quar-

tier ist gebucht, die WM kann kommen. Am

6. Juni 2010 reist die deutsche National-

mannschaft nach Südafrika, sieben Tage spä-

ter steht das erste Vorrundenspiel gegen Austra-

lien an. Bis dahin steht für die sportliche Leitung

die bestmögliche Vorbereitung im Mittelpunkt:

Die Trainingslager werden geplant, die Bedin-

gungen vor Ort geklärt, die Gegner analysiert.

Alles wird akribisch vorbereitet für einen guten

„World Cup“ am Kap der guten Hoffnung. Der

Optimismus ist groß und das Ziel auch: der

vierte WM-Titel der DFB-Geschichte. Der freie

Journalist Hartmut Scherzer hat in Südafrika

erlebt, dass die Vorzeichen für eine erfolgrei-

che WM viel versprechend sind. Zufriedenheit über den Stand der WM-Vorbereitung strahlen Hansi Flick, Oliver Bierhoff und Joachim Löw aus.

Der Manager der Nationalmannschaftwar Anfang Dezember direkt von einerStippvisite im Teamhotel bei Preto-ria in die Kap-Weinstadt Paarl gekom-

men, um zusammen mit Assistenz-TrainerHansi Flick auf einer Tagung zu erklären, warumsich der DFB für Pretoria entschieden hatte.„Wir haben uns schlau gemacht“, sagte Bier-hoff. Höhenlage und Klima waren die aus-schlaggebenden Kriterien für ein Quartier inder Nähe von Johannesburg, wo die meistenWM-Spiele inklusive des Finales stattfinden.Und da, wo im Dezember die Sonne scheint,herrscht im Juni südafrikanischer Winter. Dasbedeutet Regen und heftigen Wind in Kap-stadt, „nur“ trockene Kälte dagegen in Johan-nesburg.

Es ist ein Unterschied für die körperliche Ver-fassung der Spieler, ob sie von Null auf 1.753Meter Höhe in Johannesburg anreisen oderumgekehrt. Der DFB hat sich auch bei Trai-nern anderer Sportarten wie etwa Rugby überdie Auswirkungen des Höhenunterschiedserkundigt. Nach deren Erfahrungen würdendie Spieler, die aus der Meeresebene ins Hoch-land kommen, in den ersten 20 bis 30 Minu-ten Schwierigkeiten haben, ihren Rhythmuszu finden. Dagegen hilft nur, so Bierhoff, eine

kurzfristige Anreise von drei, vier Stundenvor dem Spiel. Deswegen landen die Rugby-Mannschaften erst unmittelbar vor Spielbe-ginn in Johannesburg. Bei der WM geht dasnicht, die FIFA schreibt Anreise am Vortag vor– und deshalb ist die Höhenlage des DFB-Quar-tiers auf 1.370 Metern von Vorteil. Genau derrichtige Ort für Fußball auf hohem Niveau also.

Das „Velmore Grande“ hat sich für den bevor-stehenden Besuch der Nationalmannschaftin den vergangenen Monaten hübsch gemacht.Es hatte bisher zwar prunkvolle Säle für Hoch-zeiten und Konferenzen, aber nur 53 Zimmer.Zu wenig. Ein zusätzlicher Nachbartrakt mit38 Zimmern wurde daher in nur sechs Mona-ten angebaut und Mitte November eröffnet.30 der neuen Zimmer hat der DFB zusätzlichfür die Spieler gebucht. Trotz aller Annehm-lichkeiten der abgelegenen Fünf-Sterne-Her-berge an den Hängen des Hennops Rivers stelltsich die Frage, wie sich die Spieler in ihrerFreizeit beschäftigen können? Wie verhindertman den oft zitierten Lagerkoller? SpontaneAusflüge oder individueller Stadtbummel inPretoria sind für die Spieler ausgeschlossen,weil die Sicherheit dann nur schwer zu gewähr-leisten ist. Dafür gibt es ein umfangreichesFitnessangebot im Hotel und gute Trainings-bedingungen.

Das Quartier also stand schon vor der Aus-losung fest, seit dem 4. Dezember gilt dasauch für die wichtigsten Termine des Süd-afrika-Abenteuers. Die Teamleitung hat dafürlängst mit der detaillierten Planung begon-nen. John Smit, Kapitän des Rugby-Weltmeis -

ters Südafrika, und das äthiopische „Lang-laufwunder“ Haile Gebrselassie, zweimaligerOlympiasieger, hatten in Kapstadt Schicksalgespielt und bestimmt, wo und gegen wel-che Länder bei der WM in der Vorrunde ange-treten wird. In Gruppe D heißen die GegnerAustralien, Serbien und Ghana. „Eine heikleAufgabe“, sagte Bundestrainer Joachim Löw.Oder anders formuliert: Es wird nicht leicht,aber machbar.

„Deutschland ist der Favorit auf den Grup-pensieg“, sagte der serbische Nationaltrai-ner Radomir Antic, der einzige Trainer derWelt, der bei den großen Drei Spaniens – Realund Atletico Madrid sowie dem FC Barce-lona – gearbeitet hat. Etwas irritiert klagteGhanas Nationaltrainer Milovan Rajevac,ebenfalls Serbe: „Ghana hatte heute kein Glück.Deutschland, Serbien und Australien, das istzu schwer für uns. Aber meine Mannschaftwird dennoch die zweite Runde erreichen.“Nur Australiens Coach Pim Verbeek sagtegelassen: „Als Holländer weiß ich, wie mandie Deutschen besiegt.“

Deutschland ist in seiner Länderspiel-Geschichte nur selten mit den drei Gruppen-Gegnern in Berührung gekommen. Zwei Spieleund zwei Siege stehen gegen Australien in derStatistik, darunter ein WM-Gruppenspiel – 3:0hieß es 1974 in Hamburg. Das einzige Spielund der Sieg (2:1) in Gelsenkirchen gegen denjungen Staat Serbien (ohne Montenegro) liegtanderthalb Jahre zurück. Danach übernahmAntic die Aufgabe, Serbien zur WM zu führen.Wie sein Team dann zum Gruppensieg

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Diese afrikanischen Kinder, mit denNationalflaggen der deutschen

Gruppe ausgestattet, fiebern demBeginn der WM-Endrunde entgegen.

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marschierte und Vize-Weltmeis ter Frank-reich hinter sich ließ, hat auch bei Löw „höchs -ten Respekt“ hinterlassen. Ghana begegneteder DFB-Auswahl nur in einem Testspiel. 16 Jahre ist es her, dass die Nationalmann-schaft unter Trainer Berti Vogts in Bochumnach einem 0:1 zur Halbzeit ausgepfiffen undnach einem 6:1-Endstand gegen das Team umBundesliga-Torschützenkönig Anthony Yeboahgefeiert wurde.

Alles Geschichte, was zählt ist die Gegenwart.Die deutsche Mannschaft eröffnet ihre Grup-penphase am 13. Juni (20.30 Uhr) in Durbangegen Australien. Am 18. Juni (13.30 Uhr) folgtin Port Elizabeth, heute Nelson Mandela Baygenannt, das Spiel gegen Serbien. Und am

Serbiens Nationaltrainer Radomir Antic hat mit seinem Team in der WM-Qualifikation füreinige Überraschungen gesorgt.

23. Juni (20.30 Uhr) im Soccer City Stadiumvon Johannesburg steht dann die letzte Par-tie gegen Ghana an. Das heißt also: zweimalfliegen. „Es wäre natürlich günstiger gewe-sen, wenn wir einen anderen Gruppenkopfmit zwei Spielen in Johannesburg und Pre-toria bekommen hätten“, sagte Löw. Also sozu-sagen vor der „Haustür“. Dort findet nur dasDuell mit Ghana im Soccer City Stadion statt.

Die Partie dürfte dennoch kein Heimspiel wer-den, denn die Stimmung hängt nächstes Jahrnicht allein vom Wohl und Wehe von „BafanaBafana“, der Gastgeber-Elf, ab. Der erste „WorldCup“ auf dem Kontinent sei für alle Menschenin ganz Afrika wichtig und lebe in deren Herzen, hieß die Video-Botschaft Nelson Mandelas (91) bei der Auslosungszeremonie.Der Fußball soll vereinen. „Wir haben 1996nicht als Nigerianer, sondern als Afrikanergespielt und wurden Olympiasieger, weil wirjedes afrikanische Land hinter uns wussten“,erinnert der ehemalige Kölner Sunday Oli-seh. Südafrika, Nigeria, Algerien, Ghana,Kamerun und Elfenbeinküste werden in derGunst des Publikums weit oben stehen undquasi Heimrecht genießen.

Das dürfte auch die deutsche Mannschaftgegen Ghana zu spüren bekommen. 94.700Zuschauer - bis auf die deutschen Fans natür-lich – werden in Soccer City Ghana anfeuern,als gehörten die „Black Stars“ zum Ausrich-terland. Zumal Ghanas Kapitän ein Superstarin Europa und der Stolz Afrikas ist: MichaelEssien (27), dynamischer und schussstarker

Harry Kewell ist der Dreh- und Angelpunkt in der australischen Auswahl.

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Mittelfeldpartner von Michael Ballack beimFC Chelsea. Er ist seit seinem Transfer 2005von Olympique Lyon zu Chelsea für 38 Mil-lionen Euro der teuerste Spieler Afrikas. Dassdie erste Mannschaft des Kontinents ein WM-Halbfinale erreicht, erscheint nur noch eineFrage der Zeit. „Sie haben viel gelernt, sindtaktisch gut geworden. Und physisch sind sieohnehin allen anderen voraus“, sagt Löw.

Die „heikle Aufgabe“ in der Vorrunde solltedennoch gelöst werden, wie noch bei jederWM. „Wenn die Mannschaft in der Vorrundeschon an ihr Limit gehen muss, kann sie dasprägen“, glaubt Löw und sagt: „Wir haben Qua-lität“. Schließlich hat sich das deutsche Teamdas höchste Ziel gesteckt und will den vier-ten WM-Titel gewinnen. Oliver Bierhoff undHansi Flick haben bei ihrem Auftritt in Paarlihre Erwartungen deshalb ganz offen ver-kündet: „Nach Tradition, Anspruch und denletzten Turnier-Ergebnissen, Dritter bei derWM, Zweiter bei der EM, müssen wir das Zielhaben, Weltmeister zu werden. Wir müssennur daran glauben“, sagte Bierhoff. Und Flickergänzte: „Wir werden so vorbereitet sein,dass wir auch Weltmeister werden können.“

Am 6. Juni, sieben Tage vor ihrem Eröff-nungsspiel, wird die Mannschaft nach Süd-afrika aufbrechen. Der enge Terminkalendervorher lasse „leider viel zu wenig Zeit, ummit den Spielern zusammen zu sein“, klagt

Flick. Nur ein Länderspiel, am 3. März in Mün-chen gegen Argentinien, lässt der FIFA-Ter-minplan bis Saisonende zu. Womöglich erstnach den vier Finals von Bundesliga (8. Mai),Europa League (12. Mai), DFB-Pokal (15. Mai)

und Champions League (22. Mai) weiß Löwdefinitiv, welche Spieler ab wann frei sind.Zwei Trainingslager auf Sizilien (Regenera-tion mit Familie) und in Südtirol mit zwei Test-Begegnungen – das Benefizspiel gegen Maltain Aachen wird unmittelbar vor den Trai-ningslagern stattfinden - sollen den Kader inForm bringen. Bis zum 11. Mai muss Löw derFIFA ein vorläufiges Aufgebot von 30 Spie-lern melden, bis zum 1. Juni dann die nomi-nierten 23 WM-Teilnehmer.

In Südafrika hat man bei der Auslosung schoneinmal seine WM-Form getestet. Mit „PublicViewing“ und einer ausgelassenen Party inder lauen Kapstadter Dezembernacht. Am Fußdes Tafelbergs feierten die 100.000 Menschen,als hätte „Bafana Bafana“, wie die National-mannschaft Südafrikas liebevoll genannt wird,den „World Cup“ oder zumindest das Eröff-nungsspiel gegen Mexiko am 11. Juni 2010 imSoccer City Stadium von Johannesburggewonnen. „SA dazzles world“ – „Südafrikaverzückt die Welt“, lautete die Schlagzeile der„Sunday Times“. Ein Satz, der für das ganzeTurnier gelten soll.Michael Essien ist der Superstar in Ghanas Nationalmannschaft.

Ausgelassene Freude und farbenprächtige Bilder, die sich im Juni/Juli 2010 in den südafrikanischen Städten wiederholen sollen.  

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12 | DFB-Journal 4/2009

Gruppe ASüdafrika

Mexiko

Uruguay

Frankreich11.06.2010 Johannesburg Südafrika - Mexiko16.00 Uhr Soccer City

11.06.2010 Kapstadt Uruguay - Frankreich20.30 Uhr 

16.06.2010 Tshwane/ Südafrika - Uruguay20.30 Uhr  Pretoria

17.06.2010 Polokwane Frankreich - Mexiko20.30 Uhr 

22.06.2010 Rustenburg Mexiko - Uruguay16.00 Uhr

22.06.2010 Mangaung/ Frankreich - Südafrika16.00 Uhr  Bloemfontein

Gruppe BArgentinien

Nigeria

Südkorea

Griechenland12.06.2010 Port Elizabeth Südkorea - Griechenland13.30 Uhr 

12.06.2010 Johannesburg Argentinien - Nigeria16.00 Uhr Ellis Park

17.06.2010 Johannesburg Argentinien - Südkorea13.30 Uhr Soccer City

17.06.2010 Mangaung/ Griechenland - Nigeria16.00 Uhr Bloemfontein

22.06.2010 Durban Nigeria - Südkorea20.30 Uhr 

22.06.2010 Polokwane Griechenland - Argentinien20.30 Uhr 

Gruppe CEngland

USA

Algerien

Slowenien12.06.2010 Rustenburg England - USA 20.30 Uhr

13.06.2010 Polokwane Algerien - Slowenien 13.30 Uhr

18.06.2010 Johannesburg Slowenien - USA 16.00 Uhr Ellis Park

18.06.2010 Kapstadt England - Algerien 20.30 Uhr

23.06.2010 Port Elizabeth Slowenien - England 16.00 Uhr

23.06.2010 Tshwane/ USA - Algerien16.00 Uhr Pretoria

Gruppe DDeutschland

Australien

Serbien

Ghana13.06.2010 Tshwane/ Serbien - Ghana16.00 Uhr Pretoria

13.06.2010 Durban Deutschland - Australien20.30 Uhr

18.06.2010 Port Elizabeth Deutschland - Serbien13.30 Uhr 

19.06.2010 Rustenburg Ghana - Australien16.00 Uhr

23.06.2010 Johannesburg Ghana - Deutschland20.30 Uhr  Soccer City

23.06.2010 Nelspruit Australien - Serbien20.30 Uhr 

32 Mannschaften – 64 Spiele –

Das 70.000 Zuschauer fassende Moses Mabhida Stadion in Durban ist Schauplatz derersten Vorrunden-Begegnung der deutschenNationalmannschaft gegen Australien.

Achtelfinale(49) 26.06.2010 Port Elizabeth 1. Gruppe A - 2. Gruppe B 16.00 Uhr 

(50) 26.06.2010 Rustenburg 1. Gruppe C - 2. Gruppe D 20.30 Uhr 

(51) 27.06.2010 Mangaung/Bloemfontein 1. Gruppe D - 2. Gruppe C 16.00 Uhr 

(52) 27.06.2010 Johannesburg/Soccer City 1. Gruppe B - 2. Gruppe A 20.30 Uhr 

(53) 28.06.2010 Durban 1. Gruppe E - 2. Gruppe F 16.00 Uhr 

(54) 28.06.2010 Johannesburg/Ellis Park 1. Gruppe G - 2. Gruppe H 20.30 Uhr 

(55) 29.06.2010 Tshwane/Pretoria 1. Gruppe F - 2. Gruppe E 16.00 Uhr 

(56) 29.06.2010 Kapstadt 1. Gruppe H - 2. Gruppe G 20.30 Uhr 

| 13DFB-Journal 4/2009

ein großes Ziel

Gruppe ENiederlande

Dänemark

Japan

Kamerun14.06.2010 Johannesburg Niederlande - Dänemark13.30 Uhr  Soccer City

14.06.2010 Mangaung/ Japan - Kamerun16.00 Uhr  Bloemfontein

19.06.2010 Durban Niederlande - Japan13.30 Uhr 

19.06.2010 Tshwane/ Kamerun - Dänemark20.30 Uhr  Pretoria

24.06.2010, Rustenburg Dänemark - Japan20.30 Uhr 

24.06.2010 Kapstadt Kamerun - Niederlande20.30 Uhr 

Gruppe FItalien

Paraguay

Neuseeland

Slowakei14.06.2010 Kapstadt Italien - Paraguay20.30 Uhr 

15.06.2010 Rustenburg Neuseeland - Slowakei13.30 Uhr 

20.06.2010 Mangaung/ Slowakei - Paraguay13.30 Uhr  Bloemfontein

20.06.2010 Nelspruit Italien - Neuseeland16.00 Uhr 

24.06.2010 Johannesburg Slowakei - Italien16.00 Uhr  Ellis Park

24.06.2010 Polokwane Paraguay - Neuseeland16.00 Uhr 

Gruppe GBrasilien

Nordkorea

Elfenbeinküste

Portugal15.06.2010 Port Elizabeth Elfenbeinküste - Portugal16.00 Uhr 

15.06.2010 Johannesburg Brasilien - Nordkorea20.30 Uhr  Ellis Park

20.06.2010 Johannesburg Brasilien - Elfenbeinküste20.30 Uhr  Soccer City

21.06.2010 Kapstadt Portugal - Nordkorea13.30 Uhr 

25.06.2010 Nelspruit Nordkorea - Elfenbeinküste16.00 Uhr 

25.06.2010 Durban Portugal - Brasilien16.00 Uhr 

Gruppe HSpanien

Schweiz

Honduras

Chile16.06.2010 Nelspruit Honduras - Chile13.30 Uhr

16.06.2010 Durban Spanien - Schweiz16.00 Uhr 

21.06.2010 Port Elizabeth Chile - Schweiz16.00 Uhr 

21.06.2010 Johannesburg Spanien - Honduras20.30 Uhr  Ellis Park

25.06.2010 Mangaung/ Schweiz - Honduras20.30 Uhr  Bloemfontein

25.06.2010 Tshwane/ Chile - Spanien20.30 Uhr  Pretoria

Viertelfinale(57) 02.07.2010 Port Elizabeth Sieger 53 - Sieger 54 16.00 Uhr

(58) 02.07.2010 Johannesburg/Soccer City Sieger 49 - Sieger 50 20.30 Uhr 

(59) 03.07.2010 Kapstadt Sieger 52 - Sieger 51 16.00 Uhr 

(60) 03.07.2010 Johannesburg/Ellis Park Sieger 55 - Sieger 56 20.30 Uhr 

Halbfinale(61) 06.07.2010 Kapstadt Sieger 58 - Sieger 57 20.30 Uhr 

(62) 07.07.2010 Durban Sieger 59 - Sieger 60 20.30 Uhr 

Spiel um Platz drei(63) 10.07.2010 Port Elizabeth Verlierer 61 - Verlierer 62 20.30 Uhr 

Finale(64) 11.07.2010 Johannesburg/Soccer City Sieger 61 - Sieger 62 20.30 Uhr

14 | DFB-Journal 4/2009

Noch nie ist eine deutsche Mannschaft in der WM-Vorrunde gescheitert

Es ist noch immer gut gegangen

Australien – Serbien – Ghana, so lautetFortunas Ratschluss, mit dem die deut-sche Nationalmannschaft nun lebenmuss. Die ersten drei Gegner auf dem

Weg zum Titel, den Bundestrainer JoachimLöw als Ziel ausgegeben hat. SportdirektorOliver Bierhoff sprach erst einmal über dasViertelfinale, das sei „immer ein Fixpunkt, denwir erreichen sollten“. Der zweimalige WM-Teilnehmer (1998 und 2002) spricht aus eige-ner Erfahrung. Und unter die letzten Acht istDeutschland bei einer WM seit 1966 noch immergekommen.

Das setzt voraus, dass die Vorrunde über-standen wird – und das war in der DFB-Geschichte noch immer der Fall. Seit es ab

1950 WM-Gruppenspiele gibt, hat Deutschlanddie erste Turnierphase stets überstanden –14-mal. Das ist Weltrekord, kein anderes Landhat eine derartige Bilanz. Rekord-WM-Teil-nehmer Brasilien überstand zwar auch 14 Vor-runden, doch seine Weste ist nicht mehr weiß:Die Selecao schied mit dem großen Pelé 1966in England frühzeitig aus. Eine hundertpro-zentige Bilanz haben auch die Niederlande(sechs Vorrunden), Irland (vier), Dänemark(zwei) sowie Wales, Nordkorea, Senegal,Ghana und die Ukraine bei ihren einzigen WM-Teilnahmen geschafft. Die absolute Zahlspricht aber klar für Deutschland.

Immer dabei, nie ausgeschieden – daraus lei-tet sich der Anspruch ab, auch die Gruppe D

in Südafrika zu überstehen. Ob Glückslos oder„Todesgruppe“, es ist schließlich noch immergut gegangen. So bescheiden es manchmalauch anfing. Mitte 1950 in Brasilien durfte derDFB als Folge des Zweiten Weltkriegs nochkeine Mannschaft melden und 1954 in derSchweiz schlug gleich der erste Ball hinterTorwart Toni Turek ein. Bei der DFB-Vorrun-den-Premiere in Bern traf der Türke Suat schonin der dritten Minute. Am Ende aber stand ein4:1-Sieg einer Elf, in der schon neun Mann stan-den, die 18 Tage später an gleicher Stelle denWeltpokal gewinnen sollten.

Es ist übrigens ein Charakteristikum aller sie-ben deutschen Final-Teams, dass die erste Auf-stellung des Turniers mit der letzten nichtidentisch war. Dafür kann auf dem Weg dort-hin einfach zu viel passieren. So spielte sich1954 Helmut Rahn, der legendäre Schütze des3:2 gegen die Ungarn, erst im Viertelfinale indie Elf. 1974 vollzog Bundestrainer HelmutSchön nach dem 0:1 im letzten Vorrunden-spiel gegen die DDR im Einverständnis mitKapitän Franz Beckenbauer einen Schnitt undnahm Uli Hoeneß, Jürgen Grabowski, Bernd

Wenn Deutschland zu einer WM fährt, reist der hohe Anspruch stets immer mit: Die Vorrunde

muss überstanden werden, natürlich. Statistisch gesehen eine Formsache, denn das glückte

bisher immer. 14-mal dabei, 14-mal weiter – die DFB-Auswahl hält damit den Weltrekord, auch

wenn es in der Praxis manchmal nicht ganz einfach war. Der Journalist und Historiker Udo

Muras blickt zurück auf die beinahe makellose Vorrunden-Geschichte.

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Cullmann und Heinz Flohe aus der Mannschaft.Es folgten vier Siege, Hoeneß und Grabowskispielten sich über die Bank zurück in die Welt-meister-Mannschaft von München.

Auch beim dritten Triumph 1990 in Italien warFranz Beckenbauer während der Vorrundenoch auf der Suche nach der besten Mann-schaft, in der Verteidiger Jürgen Kohler erstab dem Achtelfinale stand. Aus Wut über seineReservistenrolle trat er vor dem Spiel gegenKolumbien in Mailand in der Dusche gegeneine Tür. Doch Beckenbauer hatte keine Ver-anlassung gehabt, etwas zu ändern: 4:1 gegenJugoslawien und 5:1 gegen die VereinigtenArabischen Emirate – schon nach zwei Spie-len stand der Gruppensieg fest. Dann gab esgegen Kolumbien den ersten Punktverlust (1:1).

Alle drei Vorrundenspiele zu gewinnen, istohnehin kein gutes Omen. Das glückte erstzweimal und führte jeweils auf den drittenPlatz: 1970 in Mexiko und 2006 im eigenenLand. Da sind leichte Schwierigkeiten offen-bar ein besseres Omen: 1954 kassierten dieBerner Helden im zweiten Vorrundenspiel diebisher höchste deutsche WM-Niederlage – ein3:8 gegen die Ungarn. Wie man heute weiß,war das Debakel der B-Elf Teil von Sepp Her-bergers Strategie. Er schonte seine Besten

für das entscheidende zweite Spiel gegen dieTürken (7:2). Vier Jahre danach geriet der Titel-verteidiger in allen drei Gruppenspielen inRückstand, verlor aber keines. Erst im Halb-finale war Endstation.

Im Jahr 1966 lernte die Welt schon im erstenVorrundenspiel Franz Beckenbauer kennen,der bei seinem WM-Debüt gegen die Schweiznach Sololäufen zwei Tore zum 5:0-Sieg bei-trug. Aber beim glanzlosen 0:0 gegen Argen-tinien deutete wenig darauf hin, dass die DFB-Auswahl ins Finale einziehen und in der Heimateuphorisch empfangen werden sollte. „Dasist kein Fußball mehr!“, stöhnte Bundestrai-ner Helmut Schön nach der Schlacht von Bir-mingham und zählte seine Verletzten.

Eine Niederlage im Auftaktspiel gab es auchschon, 1982 in Spanien. Außenseiter Algerientriumphierte mit 2:1 und rüttelte Jupp Der-walls Mannschaft wach. Sie kam sogar nochins Finale – wie 1986, als die statistisch schlech-

teste Vorrunde gespielt wurde. Ein Sieg, einRemis und eine Niederlage bei einem erst-mals negativen Torverhältnis reichten Team-chef Franz Beckenbauer zum Weiterkommen.Das 0:2 von Queretaro gegen Dänemark wardie vierte und bisher letzte Niederlage in mitt-lerweile 42 Vorrunden-Spielen. Dass sie derDFB-Auswahl von einem deutschen Trainerzugefügt wurde – Sepp Piontek saß auf derBank der Dänen –war nur ein schwacher Trost.Doch er fuhr viel früher heim als Kaiser Franz.Seit fünfzehn Vorrunden-Begegnungen ist dieNationalmannschaft seitdem unbesiegt undsetzte währenddessen so manchen Glanz-punkt.

Das 8:0 gegen Saudi-Arabien 2002 in Sapporoetwa ist der höchste deutsche WM-Sieg. DreiTore glückten Miroslav Klose, der auch 2006beim 4:2 gegen Costa Rica doppelt traf. Eswar das torreichste Eröffnungsspiel der WM-Historie. Deutschland in der Vorrunde – esgibt also viel Grund zur Vorfreude.

Mit einem fulminanten Distanzschuss in den Winkel gelang Philipp Lahm die 1:0-Führung imEröffnungsspiel der WM 2006 gegen Costa Rica.

Torjäger Miroslav Klose erzielte drei Treffer beim 8:0-Triumph gegen Saudi-Arabien imersten Vorrunden-Spiel der WM 2002 in Sapporo.

Franz Beckenbauer zeigte beim 5:0-Erfolg über die Schweiz in der deutschen Auftakt-Begegnung der WM 1966 eine glänzende Vorstellung.

16 | DFB-Journal 4/2009

Was die Gefängniskicker von Robben Island für die Gleichberechtigung in Südafrika getan haben

Durch klapprige Tore in die

Nelson Mandela hat ihnen zugeschaut, bis die Wärter eine Wand vor sein Zellenfenster stellten.

Auf der Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt organisierten politische Häftlinge während

der Apartheid ihre eigene Fußball-Liga, streng nach den Regeln der FIFA. Es war viel mehr als

nur die Ablenkung vom eintönigen, scheinbar hoffnungslosen Alltag. Mit den Spielen protes -

tierten sie auf ihre Weise gegen das südafrikanische Regime – und legten mit ihren Ideen ein

wichtiges Fundament für die WM 2010. Viele der Spieler von damals sind heute in wichtigen

politischen Funktionen des Landes aktiv. Christian Putsch, freier Südafrika-Korrespondent der

Tageszeitung „WELT“, erzählt die Geschichte der Gefängniskicker von Robben Island. Es ist

eine Geschichte, die zeigt, dass die Kraft des Fußballs manchmal die Welt verändern kann.

| 17DFB-Journal 4/2009

lang ersehnte Freiheit

Bei den Spielen auf dem staubigen Fußball-platz von Robben Island herrschte eine

Atmosphäre wie bei brisanten Lokal-Derbys.

18 | DFB-Journal 4/2009

Es war kein guter Tag des Schiedsrich-ters. Es war kein gerechtes Ergebnis.Als er das Spiel abpfiff und für die Atlan-tic Raiders der Playoff-Platz verpasst

war, da wollten sich die Spieler nicht damitabfinden. Sie protestierten, sie wolltenGerechtigkeit, selbst hier, auf dem staubigenFußballplatz von Robben Island. Oder bessergerade hier. In jenem Gefängnis, in das sieallein wegen ihrer politischen Einstellung ein-gesperrt wurden.

Es nutzte nicht viel. Eine Disziplinarkommis-sion bestätigte das Resultat, und die Emo-tionen wurden stärker: Die Raiders setztensich während der folgenden Partie auf denPlatz, es kam zu einem Spielabbruch. Geschla-gene fünf Monate wurde über den Protestdes Teams verhandelt. Die meisten waren ohnefaire Gerichtsverhandlung zu jahrzehntelan-gen Gefängnisstrafen verurteilt worden, weilsie sich gegen das Apartheid-Regime gewehrthatten. Innerhalb von Minuten. Auf dem Fuß-ballfeld aber sollte der Gerechtigkeit Zeit gege-ben werden. Wenigstens hier.

Was sich auf der Insel vor der südafrikani-schen Parlamentsstadt Kapstadt zwischen demJahr 1965 bis zur Schließung des Gefängnis-ses 1991 abspielte, gehört zu den bemer-kenswertesten Geschichten des internationa -len Sports. Bis zu 1.400 Häftlinge saßen hiergleichzeitig ein – darunter Nelson Mandela –

und setzten nach jahrelangen Verhandlun-gen schließlich durch, Fußball spielen zu dür-fen. Die Makana Football Federation entstand1966, benannt nach einem legendären Xhosa-Krieger. Sie war straff organisiert mit Trai-nern, Schiedsrichtern und Funktionären.Gleich im ersten Paragrafen der Satzung wurde festgelegt, dass man die Liga striktnach den Statuten des Fußball-Weltverban-des (FIFA) ausspielen werde.

Eine gute halbe Stunde dauert die Überfahrtzu Südafrikas Alcatraz, schaukelnd, wo Atlan-tik und Indischer Ozean stürmisch zusam-mentreffen – mit den gleichen alten Booten,die früher die Gefangenen hierher brachten.Die Behörden achten darauf, dass das Welt-kulturerbe seine Ursprünglichkeit behält. Soist die Insel – anders als Gedenkstätten wiedas Hector Pieterson Memorial in Soweto –nichtvon Souvenir-Händlern umlagert, die Zahl derBesucher begrenzt. Der Schrecken dieses Ortesist immer noch spürbar, auch wenn er ange-sichts der klickenden Touristenkameras einStück weit gewichen ist. Hier stehen die bei-den klapprigen, gelb-schwarz gestrichenenFußballtore noch immer, im Schatten einesWachturms und nur einen Steinwurf von denZwölferzellen entfernt, durch die heute Tou-risten strömen. Wenig deutet auf die histo-rische Bedeutung dieses etwas zu klein gera-tenen Feldes hin, improvisiert und staubigwie Tausende anderer Plätze in ganz Südafrika.

In den Köpfen von Anthony Suze aber sinddie Bilder der Vergangenheit noch sehr leben-dig; er kann sich noch gut an seine Zeit aufder Insel erinnern. 15 Jahre Haft für seineMitgliedschaft in der WiderstandsbewegungAfrican National Congress (ANC), ein dunk-ler Lebensabschnitt – in seinem Grauen ledig-lich unterbrochen von Suzes Auftritten imSturm des Serienmeisters Manong FC. Der 67-Jährige spielte in der ersten der drei Ligen.Klein war er, quirlig, ein Laufwunder mit Tor-instinkt. „Der Fußball gab uns für ein paarStunden das Gefühl von Freiheit, trotz derGefangenschaft.“

1963 wurde Suze verurteilt. Schnell gehörteer zu den Wortführern derer, die das Rechtauf Fußball einforderten. „Wir haben anfangsunsere Socken zusammengeknotet und in derZelle gekickt“, erinnert sich Suze. Ein Feldvon ein paar Quadratmetern, mehr nicht. UmSpiele auf dem Hof baten sie vergeblich. „DieWächter sagten, wir wären zu schwach“, soSuze, „das stimmte auch – wegen des lausi-gen Essens. Wir wollten trotzdem spielen. Alsohaben wir genervt.“ Über ein Jahr lang bean-tragten Häftlingsvertreter bei der Gefäng-nisleitung mindestens einmal pro Woche Fuß-ballspiele – im Jahr 1965 endlich mit Erfolg.

Samstags, manchmal auch sonntags, sperr-ten die weißen Wachmänner einen Platz auf,der kaum größer als ein Handballfeld war;

Gespielt wurde auf gelb-schwarz gestrichene Fußballtore im Schatten eines Wachturms. Die Spieler standen unter ständiger Bewachung.

| 19DFB-Journal 4/2009

hier fanden 1966 die ersten Spiele des frischgegründeten Makana-Verbandes statt. ErstJahre später wurde ein Gefängnisgebäudeabgerissen und die Häftlinge, die 1971 mit Pro-testen und Streiks bessere Haftbedingungendurchgesetzt hatten, bekamen an dieser Stelleeinen größeren Platz. Auch wenn die Spielerdank Spenden des Roten Kreuzes inzwischenmit Trikots und Fußballschuhen spielten, wardie Spieldauer selten regelkonform. Je nachLaune des Wachpersonals reichte der Frei-gang auch schon mal bloß für ein Spiel, das45 Minuten dauerte.

Unabhängig davon entwickelte sich in die-sem Umfeld eine Fußball-Atmosphäre, die wohlnur mit der Intensität brisanter Lokal-Der-bys vergleichbar ist. „Die ganze Insel war inacht Klubs aufgeteilt“, sagt Manong-Angrei-fer Suze. „Jeder gehörte zu einem Klub, auchwenn er nicht gespielt hat. Man konnte nichtsagen, dass man neutral ist. Nein. Du muss-test zu einem Klub halten.“

Auf Robben Island, wo ausschließlich politi-sche Gefangene einsaßen, wuchs die Bedeu-tung der Liga weit über den Sport hinaus.Während die FIFA sich schon in den 50er-Jah-ren der weltweiten Protestwelle ange-schlossen und das von Rassisten geführte Land1961 zunächst suspendiert und 1976 endgültigvon der Fußball-Gemeinschaft ausgeschlos-sen hatte, nutzten die Häftlinge den Makana-

Fußball-Verband für eine, für ihre Botschaft –und sei es auch nur an die Adresse der Gefäng-nisaufseher.

„Wir diskutierten, wie man eine demokrati-sche und ausgeglichene Gesellschaft aufbauenkonnte“, sagt Suze. Das bezog sich nicht alleinauf das Zusammenleben von weißen undschwarzen Bürgern. Auf der Insel lebten Insas-sen verschiedener Ethnien, die mitunter wenigmehr als den gemeinsamen Feind teilten. Auchdie Gräben zwischen Vertretern des ANC undder konkurrierenden WiderstandsbewegungPan Africanist Congress (PAC) waren manch-mal tief: „Fußball war eine Möglichkeit fürMenschen unterschiedlicher Herkunft, dieOrganisation eines friedlichen Miteinandersauf dem Fußballfeld zu testen.“

Der englische Sporthistoriker Charles Korrentdeckte Anfang der 90er-Jahre die Archivedes Makana Fußball-Verbandes, er hat ihreGeschichte öffentlich gemacht. „Sie wollten

sich und auch dem Regime beweisen, dasssie alles führen konnten“, sagt er, „eine Ligaund ein ganzes Land.“ Viele waren zu lebens-langen Haftstrafen verurteilt worden undgaben die Hoffnung dennoch nicht auf.

Tatsächlich haben viele aktuelle Spitzenpo-litiker des Landes in der Makana-Liga gespielt.Der heutige südafrikanische Präsident JacobZuma agierte zunächst als Innenverteidiger,später als Schiedsrichter. Sein Amtsvorgän-ger Kgamela Motlanthe galt als einer derbesten Techniker, sein Minister für mensch-liche Siedlungen, Tokyo Sexwale, war der Gene-ralsekretär der Liga. Auch Dikgang Moseneke,als Richter am Verfassungsgericht einer dereinflussreichsten Juristen, übte sich schondamals in ähnlicher Funktion: als Mitglied derMakana-Disziplinarkommission.

Dem prominentesten Häftling war die Teil-nahme am Spielbetrieb allerdings verwehrt.Nelson Mandela verbrachte 18 seiner 27

Der Fußball gab sowohl den jüngeren als auch den älteren Häftlingen Halt.

Gefängnisjahre auf Robben Island – und dasin Isolationshaft. 15 Minuten durfte er aufden Hof, selbst das nicht jeden Tag. Ein Blickder Hoffnung blieb: Sein Zellenfenster zeigtezum Fußballplatz, der ANC-Führer genoss es,die Spiele durch die Gitterstäbe seiner Zellezu verfolgen. „Mandela hat oft betont, dasser das liebte“, sagt der stellvertretende FIFA-Generalsekretär Jérome Champagne, „als dieGefängnisleitung erkannte, dass darin seineinziges Vergnügen bestand, errichtete sieeine Wand zwischen seiner Zelle und demSpielfeld.“ Fußball, so die gar nicht einmalfalsche Logik, ist das Gegenteil von Isola-tion.

Die Spielergebnisse erreichten Mandela trotz-dem: Die Häftlinge, die für die Zubereitungseines Essens verantwortlich waren, schrie-ben sie auf kleine Zettel, mit denen sie auchpolitischen Rat einholten. „Wir haben Briefemit Plastiktüten versiegelt und in große Essen-bottiche getan, die auch in der Isolations-haft genutzt wurden“, erinnert sich Lizo Sitoto,der damals im Tor des Manong FC stand. Soblieb Mandela mit der Außenwelt wenigstensrudimentär in Kontakt, er antwortete mit aufähnliche Art geschmuggelten Botschaften.„Seine Nachrichten waren unsere Inspiration“,erzählt Sipoto. „Manchmal benötigten wir auchseinen Rat, wenn es um bessere Haftbedin-

gungen ging.“ Viele mussten damit rechnen,ihr Lebensende auf Robben Island zu ver-bringen. Der Fußball wurde zum Ritual, dasHalt gab, schließlich war ein Ende der Apart-heid lange nicht absehbar – und damit ebensowenig die Freilassung der Häftlinge.

Das galt erst recht für die Ausrichtung derWeltmeisterschaft 2010, die in einem halbenJahr in Südafrika stattfinden wird, damalsaber wie eine Utopie wirkte. „Wir haben immerfür ein freies Südafrika gekämpft“, erinnertsich Raumplanungsminister Sexwale. „Die WMwar kein konkreter Teil dieses Traums.“ Allzufern wirkten die friedliche Transformation zurDemokratie und erst recht jene Bilder, die 2004um die Welt gingen: Der damals 85-jährigeNelson Mandela verkündete bei der WM-Ver-gabe in Zürich: „Ich fühle mich heute wie ein15-Jähriger.“

Doch Südafrika hat aus einer Utopie erstaun-lich schnell Realität gemacht. Schon im Jahrder Beendigung des Apartheid-Regimes imJahr 1994 begannen die Pläne für eine WM-Bewerbung. Der Fußball hat seinen kleinenAnteil an der positiven Entwicklung des Lan-des gehabt. Er soll nun einen großen Beitragzum weiteren Zusammenwachsen der ethni-schen Gruppen leisten.

Der Fußball-Weltverband hat diese besondereBedeutung des Turniers früh erkannt und eswohl auch deshalb nach Südafrika vergeben –trotz Sicherheitsbedenken und Zweifel an aus-reichender Infrastruktur, den bestimmendenThemen der Berichterstattung in den ver-gangenen Jahren. Geschickt lenken die Funk-tionäre deshalb die Aufmerksamkeit auf dieGefängniskicker von Robben Island, die einso starkes Symbol für die Kraft des Fußballssind. Vor zwei Jahren wurde die Makana Foot-ball Association anlässlich von Mandelas 89.Geburtstag FIFA-Ehrenmitglied. Im Rahmender WM-Auslosung fand eine Sitzung des Exe-kutivkomitees auf der Insel statt.

Auch die Recherchen des Historikers CharlesKorr wurden von der FIFA unterstützt. Er hatdie Geschichte in einem Buch festgehaltenund auch verfilmt. Der Titel steht dabei stell-vertretend für das ganze Turnier und könntepassender kaum sein: More than just a game.Mehr als nur ein Spiel.

Anlässlich des 89. Geburtstages von Nelson Mandela war neben vielen anderen Fußball-größen auch Kameruns Superstar Samuel Eto’o auf der Gefängnisinsel Robben Island.

Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton und Nelson Mandela besuchten vor einigen Jahrendie Gefängniszelle, in der er viele Jahre in Isolationshaft verbrachte.

20 | DFB-Journal 4/2009

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| 23DFB-Journal 4/2009

waren Sie einer von weltweit rund 200 Mil-lionen Fernsehzuschauern? Haben Sie dasgesehen? Charlize Theron bei der Gruppen-auslosung zur WM 2010. Dieses rote Kleid –wow! Also mich würde es ja nicht wundern,wenn der ein oder andere vor dem TV-Gerätnach Ende der Auslosung schon längst wie-der vergessen hatte, gegen wen unsere Jungsnun spielen müssen. Deshalb an dieser Stellenoch mal zur Sicherheit: Es sind Australien,Serbien und Ghana.

Doch die „Sexiest Woman Alive“ hat weit mehrzu bieten als einen goldenen Oscar im Regal.Ich meine Fußball-Sachverstand und eine gutePortion Humor. Hat sie doch glatt bei einerder unzähligen Proben der Auslosungszere-monie keck das Los Frankreich in die Kameragehalten, schelmisch gegrinst und gesagt:„Irland!“ Schade nur, dass sie das nicht in derLive-Sendung wiederholt hat. Zugegeben, eswäre (sport-)politisch nicht ganz korrekt gewe-sen, lustig aber allemal. Naja, ich habe die-sen Witz auf jeden Fall gebracht. Aber ich standja auch nicht unter Beobachtung von 200 Mil-lionen Fußball-Fans.

Ein paar Stunden vor der Auslosung am Kapder Guten Hoffnung habe ich die Spannungeinfach nicht mehr ausgehalten und deshalbkurzerhand gemeinsam mit ein paar Freun-den meinen Horst im Frankfurter Stadtwaldin Kapstadts Convention Center umfunkti-oniert. Schnell ein paar Zettel mit dem Com-puter gefertigt (natürlich bei weitem nichtso schön wie die echten der FIFA), ein paarhöchstpersönlich leer gefutterte Sprechper-len-Dosen zu Lostöpfen umfunktioniert, einenKumpel zur juristischen Aufsicht ernannt undschon ging die inoffizielle Auslosung über dieBühne. Leider, wie ich zugeben muss, ohneFrau Theron oder einen nur annäherndadäquaten Ersatz. Dennoch habe auch ich,als modebewusstes Maskottchen, mein DFB-Trikot nicht gegen ein rotes Kleid getauscht.Rot steht mir einfach nicht so gut.

Rausgekommen ist bei „Paules Draw“ übrigensetwas völlig anderes als wenige Stunden spä-ter in Südafrika. Ob das bei 32 Mannschaftenund acht Gruppen von vornherein so zu erwar-ten war, kann ich ehrlich gesagt gar nicht sagen.Höhere Mathematik im Allgemeinen und Wahr-

scheinlichkeitsrechnung im Speziellen sind seitjeher nicht unbedingt meine Stärken. Aller-dings, das zeigt auch mir mathematischem Laiendas Ergebnis, muss die rechnerische Möglichkeiteiner vielfachen Überschneidung zwischenFrankfurt am Main und Kapstadt am Atlantikdoch relativ gering sein. Denn viel hatte unserinoffizielles Auslosungsergebnis mit dem ech-ten der Herren Gebrselassie, Beckham und Scott„Booooth“ nicht zu tun. Gerade einmal vier (!)Mannschaften haben wir – bei gleichem Los-procedere – in die gleichen Gruppen gelost.Inklusive der ohnehin gesetzten Gastgeber. Undebenso viele, besser gesagt wenige, Über-schneidungen gibt es bei den gezogenen Par-tien England gegen Algerien, Chile gegen dieSchweiz, Spanien gegen Honduras und Deutsch-land gegen Ghana haben wir auch hinbekom-men. Das war es dann aber auch.

Selbstkritisch muss ich zugeben, dass die„echte“ Auslosung alles in allem besser gelau-fen ist. Nicht nur optisch wegen Frau Theron.Die Gruppe mit Brasilien, der Elfenbeinküste,Portugal und natürlich auch Nordkorea istecht der Hammer. So etwas haben wir nichthinbekommen. Obwohl sich Spanien, Kame-run, Portugal und Honduras in „unserer“Gruppe B auch sehen lassen können. Wie demauch sei, vergleichen bringt jetzt sowiesonichts mehr, die Sache ist jetzt ja gelaufen.Aber ich werde die Zettel unserer Auslosungauf jeden Fall mal aufheben. Vielleicht wirdirgendwann in naher Zukunft ja mal keine Los-fee, sondern ein lustiger Losvogel gesucht -dann bewerbe ich mich. Eine sehr konkreteVorstellung, wie dann meine Auslosungs-Assis -tentin sein und aussehen sollte, habe ich seitdem 4. Dezember 2009 zumindest schon.

Euer Paule

Paradiesvogel mit Humor

Charmante Losfee: SchauspielerinCharlize Theron als Moderatorinder WM-Auslosung.

Liebe Leser,

24 | DFB-Journal 4/2009

Michael Ballack fühlt sich in England wohl.

Kurz vor Manchester wähnten sich dieEngländer bereits im WM-Finale vonJohannesburg. „Die waren die Einzi-gen, die gefeiert haben“, erzählt

Michael Ballack lächelnd. Der Kapitän der Nati-onalmannschaft verfolgte die WM-Gruppen-auslosung von Kapstadt zusammen mit sei-nen Vereinskollegen vom FC Chelsea imMannschaftsbus; auf dem Weg zum Auswärts -spiel bei Manchester City verwandelten sichtreue Mitspieler urplötzlich in knifflige Geg-ner. „Michael Essien sitzt genau vor mir, wirhaben uns gleich abgeklatscht“, sagt Ballacküber den Moment, als Ghana der deutschenGruppe D zugelost wurde.

Wenig später winkte Branislav Ivanovic auf-reizend cool herüber – der Verteidiger wirdam 18. Juni mit Serbien auf Joachim Löws

Mannschaft treffen. „Ihm schien es ziemlichegal zu sein, gegen Deutschland spielen zumüssen, er hat zumindest einen sehr selbst-bewussten Eindruck gemacht“, berichtet der33-Jährige. Die anderen Afrikaner im Team,Didier Drogba, Salomon Kalou (beide Elfen-beinküste) und John Mikel Obi (Nigeria), wirk-ten mit ihren WM-Gruppen weniger zufrieden.

Ein bisschen überrascht war Ballack von denReaktionen in der Heimat. „Teilweise konnteman da von einem Glückslos lesen“, sagt erkopfschüttelnd, seiner Einschätzung ent-spricht das ganz und gar nicht. Es sei „eineschwere Gruppe“, meint der gebürtige Gör-litzer, „ausgeglichen“ und voller „physisch star-ker“ Gegner; unangenehm zu spielendeTeams, die „für jede Mannschaft zum Stol-perstein“ werden könnten. Serbien hat eine

imposante Qualifikation absolviert. Austra-lien und Ghana überzeugten bei der vergan-genen Weltmeisterschaft in Deutschland.

„Die Gruppe wird uns alles abverlangen“, warnter, doch das sei nicht unbedingt ein Nachteilfür die DFB-Auswahl: „Es ist gut, wenn dasTurnier gleich richtig losgeht“. Wenn mög-lich, sollte man aber auch noch als Grup-penerster abschließen, um den Engländernim Achtelfinale aus dem Weg zu gehen, fügtBallack hinzu. Er zählt die Männer mit dendrei Löwen auf dem Trikot neben Spanien undBrasilien zu den Favoriten auf den Titel. DieGruppe C (mit USA, Algerien, Slowenien) dürfteJohn Terry & Co. jedenfalls wenige Problememachen. Zusammen mit dem italienischen Trai-ner Fabio Capello scheinen die Engländer nunauch noch das traditionell deutsche Losglückimportiert zu haben.

Muss man sich also Sorgen um die DFB-Aus-wahl machen? Es sind mahnende, nachdenk-liche Worte, die „der Capitano“ (Jürgen Klins-mann) ausspricht, aber der entspannteGesichts ausdruck dazu verrät, dass er seinerMannschaft in Südafrika trotz etwaiger Unpäss-lichkeiten in der Vorrunde insgesamt Großeszutraut. „Man muss es sowieso nehmen, wiees kommt“, sagt er vor seinem fünften inter-nationalen Turnier gut gelaunt. „Wir wollen esins Halbfinale, ins Finale schaffen. Wir sindDeutschland – das ist ja fast schon ein Muss.“

Es ist vor allem der Blick zurück auf das ver-gangene Jahr, das Ballack optimistisch nachvorne schauen lässt. 2009 fing für die Nati-

| 25DFB-Journal 4/2009

Treffpunkt mit Michael Ballack: Ein Kapitän auf Titelkurs

Reif auf der InselWinterpause, Weihnachtsurlaub, keine Spiele. Für Michael Ballack gilt das alles nicht. Die eng-

lische Premier League spielt durch, der FC Chelsea kämpft um Meisterschaftspunkte und der

Kapitän der deutschen Nationalmannschaft ist dabei. Es macht ihm nichts aus, über die Feier-

tage Fußball zu spielen. Im Gegenteil: Ballack fühlt sich gut, wohl, heimisch. Er mag das Leben

in London und er mag den Fußball auf der Insel. Beides hat ihn reifer werden lassen, reif genug

für große Ziele – mit Chelsea und mit der Nationalmannschaft. Der freie Journalist Raphael

Honigstein hat Ballack in London für das DFB-Journal getroffen.

Die DFB-Auswahl qualifizierte sich durch den 1:0-Triumph in Moskau als Gruppensieger für die Weltmeisterschaft.

onalmannschaft mit einer 0:1-Niederlage imFreundschaftsspiel gegen Norwegen an undhörte mit einem 2:2 gegen die Elfenbeinküsteauf. Dazwischen überzeugte das Team nur par-tiell, dafür aber in einer Partie so ungemein,dass jener Glanz noch weit bis ins nächste Früh-jahr hineinstrahlen wird. Der 1:0-Sieg in Russ-land im Oktober hat der Mannschaft nicht nurzwei nervenaufreibende Relegations-Spieleerspart, sondern auch die vielleicht wichtigs -te aller „deutschen Tugenden“ bestätigt: dieeinzigartige Fähigkeit, das Leistungspotenzialauf den Punkt genau abrufen zu können.

„Wir haben bewiesen, dass wir da sind, wennes darauf ankommt“, sagt Ballack nicht ohneStolz, „das zeigt die Qualität der Mannschaft,den Charakter der Spieler, und dass wir imrichtigen Moment an unsere Grenzen gehenkönnen“. Das erstaunlich souverän heraus-gespielte Resultat von Moskau sei „das klareHighlight der Qualifikation“ gewesen, und hätteauch bei der internationalen Konkurrenz Ein-druck hinterlassen. Ballack schätzt das 1:0 sobedeutend für die Entwicklung des Teams ein,dass es nachhaltig wirken wird. „Das Russ-land-Match wird aktuell bleiben“, glaubt er.

Viel Zeit für Vorfreude auf die WM lässt ihmder Spielplan der Premier League nicht. Bal-lack kommt als einziger Nationalspieler nichtin den Genuss einer Winterpause, auf der Inselwird durchgespielt - der FC Chelsea bestimmtbis zum Argentinien-Spiel die nächsten Monate.„Nach drei Jahren ohne Meisterschaft und demunglücklichen Aus im Halbfinale der Cham-pions League ist der Hunger größer als je zuvor“,sagt Ballack, dem die „Sunday Times“ vor kur-zem die beste Saison seit seinem Wechsel andie Themse im Sommer 2006 attestiert hat.Er führt seine Konstanz unter anderem auffünf Wochen Urlaub vor Saisonbeginn zurück:Sowohl mental als auch körperlich würde ervon der ungewohnt langen Erholungspauseenorm profitieren.

Man werde nun alles daransetzen, um in derLiga oben zu bleiben, verspricht er, „mit einbisschen Glück“ könne der Frühling jene (Ver-eins-)Titel bringen, die ihm noch im Lebens-lauf fehlen. Darüber hinaus werden bald dieWeichen für seine konkrete berufliche Zukunftgestellt: Sein Vertrag in West-London läuft zuSaisonende aus. Chelsea ist sein erster

Ansprechpartner, sagt er, „ob und wie wirzusammenkommen, wird man demnächstsehen“. Am liebsten würde er noch ein weniglänger auf der Insel bleiben. Die Zurückhal-tung und Höflichkeit der Engländer haben ihmabseits des Platzes den Freiraum gelassen,sich persönlich zu entwickeln und ganz neueSeiten an sich zu entdecken. Selbst die Park-

wächter, die vor der schicken „Tini“-Bar imGalerien- und Einkaufsviertel South Kensingtonum seinen Wagen schleichen, habe er „im Griff“,lacht er. London, das merkt man, ist seineStadt geworden.

Wird es auch Deutschlands Jahr, sein Jahr wer-den? „Auf jeden Fall steht ein aufregender Som-

26 | DFB-Journal 4/2009

Der deutsche Mannschaftskapitän bei der Präsentation des neuen adidas-Trikots.

Der torgefährliche Mittelfeldspieler peilt sein 100. Länderspiel an.

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mer an“, sagt Ballack gelassen. Er ist froh, bisMärz „eine Verschnaufpause in Sachen National -mannschaft und die Ruhe vor dem Sturm“ genie-ßen zu können und noch froher, dass mit denvon Diego Maradona trainierten Argentiniernein echtes Spitzenteam zum Test nach Münchenkommt. „Wir brauchen diese Spiele gegen großeNationen, um zu sehen, wo wir stehen“, sagtBallack. „Nur in diesen Partien kannst du wach-sen oder auch die Fehler machen, aus denendu lernst. Da man in der Qualifikation nur sel-ten gegen Top-Gegner spielt, ist es sehr wich-tig für uns, dieses Feedback zu bekommen.“

In drei Monaten könne sich zwar viel ändern,in beide Richtungen („Als Spieler bist du extremvon deiner Tagesform abhängig“), aber derKapitän sieht das Team insbesondere dankeines jungen Spielers auf dem Weg, eine neueEntwicklungsstufe zu erreichen. „Mesut Özilhat Frische in unser Spiel gebracht“, lobt erden Bremer, „seine Qualität und Kreativitättun jeder Mannschaft gut.“ In der Vergan-genheit sei das Spiel des Nationalteams nichtauf einen zentralen offensiven Mittelfeldspielerausgerichtet gewesen; Özil, den er als „klas-sischen Zehner oder hängende Spitze“bezeichnet, eröffnet nun ganz neue taktischeVarianten. „Wir können das System wechselnund sind so für die Gegner viel schwerer aus-zurechnen“, sagt Ballack.

Auch dem Leverkusener Stürmer Stefan Kieß-ling traut er bei der WM eine tragende Rolle

zu: „Er hat sich in den vergangenen Monatenaufgedrängt und gute Chancen, im Team nochweitere Schritte nach vorne zu machen.“ Zudembieten sich noch im defensiven Mittelfeld „Mög-lichkeiten für jüngere Spieler, auf sich auf-merksam zu machen“, sagt Ballack. Und auchfür ältere? „Warum nicht?“

Zwei Faktoren werden laut DeutschlandsSchlüsselspieler, der noch vor dem Turnier-auftakt gegen Australien in Durban die Markevon 100 Länderspielen erreicht haben dürfte,entscheidend für einen positiven Verlauf derWeltmeisterschaft sein. Erstens darf es kaumAusfälle durch Verletzungen geben – in derBreite sei man einfach nicht so gut besetztwie andere Nationen. Außerdem sei wie vorden beiden vorherigen Turnieren die Vorbe-reitung äußerst wichtig. „Wir müssen frühzeitigzusammenkommen und zusehen, dass sich

jeder in der Gruppe einbringt. Die Spieler müs-sen Sicherheit in ihren Positionen und im Mann-schaftsgefüge finden. So können wir denZusam menhalt und den Glauben an unsgewinnen, von dem wir als Mannschaft leben.“Falls es dem Team gelänge, ähnlich außerge-wöhnliche Leistungen wie in Russland abzu-rufen, könne man zumindest „am WM-Pokalkratzen“, glaubt Ballack.

Inwieweit es für ihn der letzte Griff nach einerTrophäe im weißen Trikot sein wird, will ernoch offen lassen. „Ich kann im Moment nichtsagen, dass es mein letztes Turnier sein wird“,sagt Ballack. „Mein Ziel ist es, so lange wie

möglich auf dem höchsten Niveau zu spie-len. Falls das klappt, behält man natürlich dieNationalmannschaft im Auge. Allerdingsmuss man im Zwei-Jahres-Rhyhtmus denken.Die nächsten sechs Monate werden zeigen,wie sich die Situation im Verein darstellt undwo die Reise hingeht.“

Am besten geht sie natürlich bis ins SoccerCity Stadion, wo am 11. Juli das Endspiel derWeltmeisterschaft ausgetragen wird. „DieErwartungshaltung ist vielleicht nicht ganzso groß wie vor der EM 2008, als uns auchdie ausländischen Nationen sehr weit vornesahen“, sagt Ballack abschließend. „Aber wenndie WM näherkommt, werden uns die ande-ren wieder auf dem Zettel haben, da bin ichganz sicher.“ Dann darf man gespannt sein,wer von den Insassen des Chelsea-Busses amEnde jubeln darf. 

28 | DFB-Journal 4/2009

Im Gespräch mit Raphael Honigstein blickt der Chelsea-Star auf das WM-Jahr 2010.

In London hat sich der 33-Jährige persönlich weiterentwickelt.

Der Unglückstag war kein Freitag undkein 13., es war ein gewöhnlicher Mitt-woch. Der Kalender zeigte den 10. Juni2009 an, als Patrick Helmes seine Fuß-

ballschuhe in die Sporttasche packte, sie imWagen verstaute und sich auf den Weg nachKaan-Marienborn machte. Der Angreifer vonBayer 04 Leverkusen befand sich zwar mittenin seinem Sommerurlaub, aber er konnte nichtwiderstehen, als ihn ein alter Freund und Mann-schaftskollege aus seiner Heimatstadt Siegenzur Feier mit Spaßkick auf einem Kunstra-senplatz einlud. „Wenn man Fußballer ist unddie Kumpels kicken, dann kann man den Ballnicht liegen lassen“, sagt Patrick Helmes nochheute. Obwohl die Sache damals gewaltig schief-ging, hat er seine Meinung nicht geändert: EinFußballer bleibt auch im Urlaub ein Fußballer.

Anfangs, das räumt Helmes ein, gab es einpaar kleine Irritationen. Bayer Leverkusen mel-dete am Tag der Operation, dass sich der Profi„bei der aktiven Erholung im Urlaub“ einenRiss des vorderen Kreuzbandes im rechten

30 | DFB-Journal 4/2009

Er war Nationalspieler, ein Stürmer in Top-Form. Bis eine Diagnose plötzlich alles veränderte: Kreuzbandriss, Operation, Pause. Patrick Helmes

ließ sich davon nicht beeindrucken. Er arbeitete täglich im Reha-Zentrum und er schaffte früher als die meisten anderen die Rückkehr auf den

Fußballplatz. Helmes hat für seine Karriere gekämpft. Und er hat den Traum von der WM-Teilnahme nie aufgegeben, auch wenn er immer noch

in weiter Ferne scheint. Philipp Selldorf von der „Süddeutschen Zeitung“ über einen vorbildlichen Profi und Patienten.

Den Kreuzbandriss hat Patrick Helmes überstanden – und den WM-Traum noch nicht aufgegeben

Strampeln für Südafrika

Einsatz auf dem Ergometer: Helmes strampelt täglich für sein Comeback.

| 31DFB-Journal 4/2009

Stürmisch: Mit guten Leistungen will sichPatrick Helmes wieder für die National-mannschaft empfehlen.

Knie zugezogen habe. „Aktive Erholung“: Dasklingt ein wenig nach Geheimniskrämerei,dabei gab es ja gar nichts zu verbergen, Hel-mes hatte nichts Halsbrecherisches riskiert.Er hatte einen Unfall erlitten, wie er jedemFußballer jeden Tag passieren kann, im Trai-ningsbetrieb, im Kampf um Punkte in der Ligaoder eben beim Freizeitkick. Niemand hat ihnumgetreten, er hatte einfach Pech gehabt.

„Ich will nach rechts rüber und dabei knickeich links weg“, erinnert sich Helmes, „und da

habe ich schon gedacht: Okay, diese Bewe-gung kennt das Knie nicht.“ Der Schmerz hältsich zunächst in Grenzen, doch nachtsschwillt das Knie an, am nächsten Morgen istes dick. Patrick Helmes sucht den Arzt auf,die Diagnose ist eindeutig. Wenig später nimmtProfessor Peter Schäferhoff in Köln die Ope-ration vor.

Mindestens sechs Monate Pause, so lautetedamals die Prognose für den Stürmer, allge-meines Mitgefühl ist ihm gewiss. „Das ist Pech,

dass ihm das ausgerechnet im Urlaub pas-siert“, sagte Joachim Löw. „Patrick wird derNationalmannschaft fehlen, in der er zuletztein fester Bestandteil war.“ Doch dem Bun-destrainer fiel auch Ermutigendes ein. Löwerinnerte an das Exempel von Philipp Lahm.„Er ist nach einer solchen Verletzung vor derWM 2006 auch noch rechtzeitig wiederge-kommen.“

Helmes folgt dem guten Beispiel seines Mit-spielers. Er braucht keine sechs Monate, biser sein Comeback bei Bayer 04 in der Bun-desliga feiert. Am 29. November wechselt ihnJupp Heynckes eine Viertelstunde vor demAbpfiff des Spiels gegen Nürnberg ein, undwenn auch noch die Wettkampfpraxis und dienötige Kondition fehlen, so kann er doch end-lich einen kleinen Haken hinter seine Kranken -zeit machen. „Es war eine lange Zeit, aber esging doch recht zügig“, stellt er fest und istselbst ein wenig verblüfft darüber.

Von einer Leidenszeit will der 25-Jährige des-wegen auch nicht reden. „Ich war kein schwe-rer Patient“, sagt er, „mein Knie hat nie eineböse Reaktion gezeigt, und die Reha verliefoptimal.“ Patienten mit seiner Mentalität sindden Ärzten, Physiotherapeuten und sonsti-gen Aufbauhelfern wahrscheinlich die liebs -

32 | DFB-Journal 4/2009

ten. Helmes: „Es ist monoton, und gerade inden ersten Wochen und Monaten gibt es Tage,an denen du dich fragst: Muss das heute wie-der sein? Die drei bis vier Stunden in der Reha-Klinik, die ständigen Übungen zur Stabilisa-tion. Aber mit meiner Art, wie ich halt so bin,komme ich damit recht gut klar. Verletzun-gen gehören dazu, so was haben viele Spie-ler vor mir durchgemacht.“

Auch Patrick Helmes hatte bereits Erfahrungmit einer schweren Verletzung, im Septem-ber 2006 erlitt er einen Mittelfußbruch. Fastfünf Monate vergingen bis zum nächsten Ein-satz, seitdem weiß er, wie man durch die Rehakommt: „Du steckst dir jeden Tag ein ande-res Ziel“, erzählt er: „Dann freust du dich aufeinmal auf die Weichbodenmatte oder aufsTrampolinspringen, aufs Joggen, dann aufsLaufen, dann aufs Sprinten. Es sind lauter kleineDinge, die für einen gesunden Profi eigent-lich zum Alltag gehören. Aber plötzlich ist sowas ein richtiger Fortschritt und man ist frohdarüber.“

Während der ersten Wochen hatte er es nichtweit bis zu seinem Arbeitsplatz in der Reha-Klinik im Kölner Mediapark. Der Bayer-Torjä-ger wohnt mitten in der Kölner Innenstadt,Tür an Tür mit diversen Leverkusener Kolle-gen. Im selben Haus wie er wohnen Renato

Augusto, Eren Derdiyok und Daniel Schwaab.Seine erste Zeit im Aufbautraining ver-brachte er mit Aquajogging, „das ist gang undgäbe die ersten acht Wochen“, sagt er, „dannsteigst du irgendwann aus dem Wasser undbeginnst mit den Stabi-Übungen, und nachdrei Monaten darfst du das erste Mal rausund laufen gehen. Erst Kurvenläufe, dann Stei-gerungsläufe, und nach dreieinhalb Monatenkam der Ball wieder ins Spiel, das ist danneine echte Befreiung.“

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte PatrickHelmes alle Bedenken und Zweifel hinter sichgelassen. „Am Anfang“, erzählt er, „macht man

sich noch Gedanken über die Verletzung unddie Gefahr, dass so was ja wieder passierenkann. Und man kann ja beinahe zusehen, wiedie Muskeln verschwinden: Ich hatte im Nuim linken Oberschenkel 60 Prozent wenigerdrin als vorher. Aber wenn du hinter dem Ballherjagst, dann vergisst du all diese Gedan-ken wieder.“ Dafür eröffnete sich ihm ein ande-res Problem, eines mit dem er nicht gerech-net hatte: Patrick Helmes, Fußballer ausLeidenschaft, konnte keine Fußballschuhemehr tragen. „Ich hatte ja immer nur Turn-schuhe angehabt. Auf einmal hatte ich Rie-senprobleme mit Fußballschuhen, mir tatennach dem Training die Füße weh.“ Nach dreibis vier Einheiten passten ihm die alten Schuhe – wieder ein kleiner Fortschritt aufdem langen Weg zurück.

Den Aufstieg seiner Leverkusener Kollegenbis zur Tabellenspitze erlebte Patrick Helmesmeistens im Stadion, „das hatte ich mir schlim-mer vorgestellt: Aber das Zuschauen von derTribüne hat echt Spaß gemacht.“ Er sieht esals Vorteil an, dass Bayer auch ohne ihn Erfolghatte: „So war ich und bin ich nicht gezwun-gen zu spielen und habe die Zeit, um richtigfit zu werden.“ Im Januar, zum Start der Rück-runde, will er wieder „richtig angreifen“.

So sollte ihm auch genügend Zeit bleiben, umsich für die Nationalmannschaft und die WMin Südafrika zu empfehlen. „Die WM ist ein Traum,ohne Zweifel“, sagt Patrick Helmes – und bleibtein kluger Patient: „Ich setze mich jetzt nichtunter Druck. Erst mal muss ich richtig fit wer-den und spielen, und wenn ich das geschaffthabe, dann ergibt sich alles von selbst.“

Comeback nach einer monatelangen Leidenszeit: Patrick Helmes kommt in der Bundesliga-Partie gegen den VfB Stuttgart für Stefan Kießling auf den Platz.

Zuschauerrolle: Patrick Helmes verfolgte den größten Teil der Vorrunde auf der Tribüne.

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34 | DFB-Journal 4/2009

Das aktuelle Gespräch mit DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger

„Wir müssen gesellschaftliche

Herr Dr. Zwanziger, hätten wir dieses Interview

vor zwei Monaten geführt, wäre Ihr Jahresfazit

sicher ein anderes gewesen, oder?

Das stimmt wohl. Nachdem das zurückliegendeJahr für den Deutschen Fußball-Bund sport-lich und gesellschaftspolitisch nahezu opti-mal gelaufen ist und wir zahlreiche Erfolgebejubeln konnten, hat uns alle der plötzlicheund schreckliche Tod von Robert Enke beson-ders schwer getroffen. Und auch der vor weni-gen Wochen bekannt gewordene Versuch,erneut Fußballspiele in Deutschland durchSportwetten zu manipulieren, zeigt die Schat-tenseite unseres Sports und verändertdadurch natürlich mein Jahresfazit als DFB-Präsident.

Sie sprechen den Tod von Robert Enke an. Wie

sehr hat Sie dieses Ereignis persönlich getrof-

fen?

Ich habe Robert Enke über die Nationalmann -schaft sehr gut gekannt und in ihm immereinen großartigen Vorzeigeathleten gesehen,der bei den Fans unglaublich beliebt und stetspositiv wirkend gewesen ist. Aus diesem Grundhaben wir ihn ja auch als Paten für die integ -rative Arbeit des Verbandes gewinnen kön-nen. Umso mehr beschäftigt mich die Fragenach dem Warum bis heute. Ich muss zuge-ben, dass ich, trotz aller Erkenntnisse, die ichseit dem schrecklichen Tag bekommen habe,bislang über den Ansatz einer Antwort nichthinausgekommen bin.

Glauben Sie, das ändert sich noch?

Ich glaube kaum. Eine vollständige Antwortauf all die Fragen, die nicht nur mich bewe-gen, wird es wohl nie geben. Es wird einigesim Verborgenen bleiben.

Bei der Trauerfeier in Hannover haben Sie mehr

Zivilcourage, ein Stück mehr Bekenntnis zur Würde

des Menschen gefordert, damit sich so etwas

nicht wiederholt. Wie kann der DFB dieses Vor-

haben unterstützen?

Auch als Sportverband können wir sicher einenkleinen Beitrag dazu leisten, dass Menschenmit einer ähnlichen Betroffenheit wie RobertEnke in unserer Gesellschaft künftig ein wenigmehr Orientierung, Hilfe und Unterstützungfinden. Deshalb bin ich Teresa Enke auch sehrdankbar dafür, dass der DFB im Namen ihresMannes eine Stiftung gründen darf. Dies wer-den wir jetzt sehr schnell umsetzen.

Mit welchem Ziel?

Die Robert-Enke-Stiftung, die der DFB gemein-sam mit dem Ligaverband und Hannover 96gründen wird, soll sich der Erforschung oderBehandlung von Kinder-Herzkrankheitensowie der schwierigen Thematik Depressionspeziell im Sport, aber auch im „normalen“Leben mit fachlicher Unterstützung stellen.Diese Unterstützung wurde uns übrigens auchbereits vom Bundesgesundheitsministerzugesichert.

Es war ein bewegtes und bewegendes Fußballjahr 2009. Ein Jahr der Triumphe, aber auch ein

Jahr der tiefen Trauer. Was bleibt, sind vor allem vier Worte, die nachdenklich machen: „Fuß-

ball ist nicht alles.“ Gesagt hat sie Dr. Theo Zwanziger auf der Trauerfeier für Nationaltorhü-

ter Robert Enke. Es war ein Satz des DFB-Präsidenten, der wie ein Leitsatz für den deutschen

Fußball steht: Sportlicher Wettbewerb ist wichtig, aber der Mensch ist wichtiger. Deshalb betont

Dr. Zwanziger im Gespräch mit Stephan Brause, auch in Zukunft der gesellschaftlichen Verant-

wortung des Fußballs einen hohen Stellenwert einzuräumen.

Millionen Menschen nahmen Anteil am Tod von Robert Enke.

| 35DFB-Journal 4/2009

Orientierung geben“

„Fußball ist nicht alles“.DFB-Präsident

Dr. Theo Zwanziger legt großen Wert darauf,

dass der Fußball seinegesellschaftliche Verant-

wortung wahrnimmt.

36 | DFB-Journal 4/2009

Nach dem Tod des Nationaltorhüters bestimmte

mit dem Wettskandal ein weiteres Thema die

Schlagzeilen. Sie selbst machen seit dem

Bekanntwerden der Verdachtsmomente im

Gegensatz zum Hoyzer-Skandal 2005 einen rela-

tiv entspannten Eindruck. Woran liegt das?

Es wird jeder verstehen, dass ich mich alsDFB-Präsident über all diese Entwicklungennicht sonderlich freue. Aber es stimmt, dassich diese Dinge deutlich gelassener sehe alsdas, was vor fünf Jahren passiert ist.

Warum?

Heute weiß ich, dass wir zum einen die Staats-anwaltschaft an unserer Seite haben, zumanderen haben wir als Verband nach dem Hoy-zer-Skandal einige Dinge auf den Weggebracht, so dass wir heute über ein Instru-mentarium verfügen, welches eine wesent-lich einfachere Abarbeitung der Vorgängezulässt. Wir wissen jetzt, dass die Täter hoheStrafen erwarten und sollten tatsächlich Spielemanipuliert worden sein, so ist eine Wieder-holung nur in der laufenden Saison möglich,da die früheren Spielzeiten rechtskräftig abge-schlossen und der DFB für diese Fälle somitauch nicht regresspflichtig ist. Durch Früh-warnsysteme und andere Einrichtungen, wiebeispielsweise das Wettverbot für Trainer,haben wir uns auf solche Gefahren eingestellt.

Aber man kann doch immer mehr machen?

Natürlich, deshalb werden wir uns, wenn dasganze Ausmaß der neuen Wett- und Spiel-manipulationen endgültig bekannt ist, hin-terfragen und prüfen, ob unsere nach demHoyzer-Skandal getroffenen Maßnahmen aus-

reichen und ob oder wie sie verbessert wer-den können. Aber das machen wir ohnehinpermanent – auch ohne Wettskandal.

Aber einen „Rund-um-Schutz“ gegen Krimina-

lität von außen wird es für den Fußball wohl kaum

geben können, oder?

Kriminelle Energie ist in unserer heutigenGesellschaft leider an allen Stellen vertre-ten. Es gibt Korruption in großen wie in klei-nen Unternehmen und es gibt sie im staatli-chen Bereich. Deshalb ist auch der Fußballnicht frei davon, aber diesen Anspruch habenwir auch nie erhoben. Entscheidend istjedoch, wie man mit solchen Fällen umgeht:konsequent, aufarbeitend und bestrafend oderverschweigend und unter den Teppich keh-rend? Und für den DFB gibt es, das möchteich an dieser Stelle noch einmal ganz deut-lich sagen, unter meiner Leitung ausschließlichdie erste Option.

Sie und andere Vertreter des DFB haben sich

zuletzt immer wieder für eine Liberalisierung

des deutschen Wettmarkts stark gemacht.

Wieso?

Es geht schlicht und einfach darum, dass esnicht sein kann, dass die Sportwetten inDeutschland, die ja nun mal vor allem vomFußball gestaltet werden, im Ergebnis dazuführen, dass die Illegalen absahnen und sichaus den legal veranstalteten Wetten kaum nochErträge für den Sport gewinnen lassen. Wiediese Situation schlussendlich gelöst wird,ist Sache der Länder, und wir werden derenEntscheidung auch respektieren, aber jedermuss sehen – und darauf wollen wir auf-

merksam machen –, dass der derzeit herr-schende Zustand inakzeptabel ist.

Kommen wir zu erfreulicheren Themen. Sport-

lich müssen Sie mit dem Jahr 2009 doch rundum

zufrieden sein?

Ohne Zweifel ja. Die vergangenen zwölf Mo natewaren wirklich etwas Besonderes. Die A-Mann-schaft hat sich in einer schweren Gruppe sou-verän für die WM in Südafrika qualifiziert, dieFrauen sind zum siebten Mal Europameis tergeworden und im Nachwuchsbereich warenwir sogar so erfolgreich, dass wir das ersteMal nach über 20 Jahren mit der Maurice-Bur-laz-Trophäe der UEFA für unsere Jugendar-beit ausgezeichnet wurden. Eine besondereEhrung, auf die der DFB sehr stolz sein kann.

Aber auch Ansporn, nicht nachzulassen.

Genau. Natürlich dürfen wir uns über dasErreichte freuen, aber wir dürfen dabei nichtdie Zukunft vergessen und uns auf den Lor-beeren ausruhen. So schön die jüngsten Erfolgeauch sind: Stillstand heißt bekanntlich Rück-schritt. Deshalb müssen Titel und Trophäenimmer auch ein Ansporn sein, die Ausbildungin der Spitze durch unsere Eliteschulen desFußballs und die Nachwuchsleistungszentrender Lizenzvereine weiter zu verbessern,ohne dabei die Basis zu vernachlässigen. Eswird auch wieder Jahre geben, in denen wirkeine Titel gewinnen, aber wir werden stetsversuchen, immer besser als alle anderen Ver-bände zu sein.

Was war denn Ihr ganz persönliches Highlight in

diesem Jahr?

Ein neuer Wett- und Manipulationsskandalbeschäftigt den Fußball.

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Es gab so viele schöne Momente in diesemJahr, die mich alle persönlich sehr stark invol-viert haben, da möchte ich eigentlich keineRangliste aufstellen, weil jeder ganz beson-ders war.

Aber, Hand aufs Herz, die Verleihung des Leo-

Baeck-Preises sticht schon ein wenig heraus,

oder?

Das war sicherlich ein ganz besondererMoment, ja. Für mich ist es eine große Ehre,steht diese Auszeichnung doch stellvertre-tend für all diejenigen, die sich auf und nebenden Fußballplätzen tagtäglich für ein tolerantesZusammenspiel aller einsetzen. Die genau hin-schauen, wo sich andere abwenden. Die anpa-cken, wo andere abwinken. Die aufstehen, woandere sitzen bleiben. Kurzum: Es ist eine Wür-digung für die verantwortungsvolle Rolle, dieder Fußball mittlerweile in unserer Gesellschaftspielt und ein Ansporn nicht nachzulassen indem Bestreben, den gegenseitigen Respektund die Mitmenschlichkeit als verbindlicheSpielregeln für alle weiter zu etablieren.

Blicken wir nach vorne. Das kommende Jahr steht

vor allem im Zeichen der Weltmeisterschaft. Was

erwarten Sie von der Nationalmannschaft?

Die Vorfreude auf dieses Turnier ist bei mirbereits sehr groß und ich hoffe auf ein gutesAbschneiden unserer Mannschaft. Ich bin über-

zeugt, dass Deutschland zum vierten Mal Welt-meister werden kann, wenn unser Team inden entscheidenden Momenten die richtigeTagesform und das immer nötige QuäntchenGlück hat. Wir als Verband werden alles dafürtun, dass die Mannschaft optimale Voraus-setzungen in der Vorbereitung und währenddes Turniers vorfindet, um das große Ziel auchtatsächlich zu erreichen.

Los geht es gegen Australien, Serbien und Ghana.

Ihre Einschätzung zu dieser Auslosung?

Ich denke, wir können zufrieden sein. Eine sogenannte „Hammergruppe“ ist uns erspartgeblieben, eine Garantie auf das Erreichendes Achtelfinales sind diese Gegner aber auchnicht. Alle haben vielleicht nicht den ganzgroßen Namen, sind aber unbequem zu spie-len. Ich denke, dass es besonders wichtig ist,dass die Mannschaft gegen Australien einenkonzentrierten und guten Start hinlegt.

Unmittelbar nach dem Finale steht auch in

Deutschland eine WM auf dem Programm, die

der U 20-Frauen.

Für den DFB ist dies eine ungemein wichtigeWeltmeisterschaft. Schließlich ist sie im orga - nisa torischen und logistischen Bereich soetwas wie der Testlauf für die Frauen-WM 2011.Außerdem hoffen wir natürlich, dass es unse-rer U 20 gelingt, durch gute Leistungen die

Vorfreude in Deutschland auf die WM im darauf folgenden Jahr weiter zu steigern.

Im September 2010 endet dann auf dem Bun-

destag in Essen ihre erste Amtszeit als alleini-

ger DFB-Präsident. Haben Sie sich schon ent-

schieden, ob Sie für eine weitere Periode

kandi dieren werden?

Die Grundvoraussetzung dafür ist, dass ichgesund bleibe. Wenn mir dann trotz aller Auf-gaben, die das Amt des DFB-Präsidenten mitsich bringt, noch genug Zeit für meine Fami-lie bleibt, würde ich gerne erneut kandidie-ren. Die Arbeit an der Spitze des deutschenFußballs, die ich schon 1998 als Büroleiter vonEgidius Braun miterleben durfte, macht mirauch nach über zehn Jahren noch jeden Tagsehr viel Spaß.

Das heißt also ja?

Es ist eine Ehre für mich, den DFB zu leitenund wenn es meine Freunde aus den Regi-onal- und Landesverbänden sowie der Ligawünschen, werde ich dies gern weiterhin tun.Wichtig ist mir, dass der DFB den auf der gesell -schaftlichen Ebene eingeschlagenen Weg fort-setzt und sich gleichzeitig klar zum Leis -tungssport bekennt.

Eine Frage darf zum Abschluss natürlich nicht

fehlen. Was wünscht sich der DFB-Präsident ganz

besonders für das neue Jahr?

All das, was wir zuletzt auch 2009 wieder erle-ben mussten, hat gezeigt, dass Gesundheitund Zufriedenheit für jedermann am wichtigs -ten sind. Gesundheit ist ein Gut, an dem manzwar arbeiten, es aber nicht allein bestim-men kann. Zufriedenheit hingegen hängt einStück weit mit den Ansprüchen zusammen, dieman stellt. Insoweit bin ich ein absolut zufrie-dener Mensch, weil ich gesund bin und zudemnicht nach etwas suche, was ich nicht habe,sondern mit dem zufrieden bin, was ich habe.

Und dem Verband?

Dem DFB wünsche ich, dass er neben seinenvorrangigen sportlichen Zielen auf allen Ebe-nen, bis in den letzten Verein, seine gesell-schaftliche Verantwortung nicht vergisst. Wirmüssen auch 2010 sehen, dass wir als Sport-verband über die große Möglichkeit verfü-gen, jungen Menschen nicht nur fußballeri-sches Können, sondern auch eine gesell-schaftliche Orientierung zu geben.

38 | DFB-Journal 4/2009

Dr. Theo Zwanziger mit der Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, undihren beiden Vizepräsidenten Salomon Korn (links) und Dieter Graumann (rechts) bei derVerleihung des Leo-Baeck-Preises in Berlin.

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Reportage: Im Einsatz für die Sicherheit – ein Länderspiel an der Seite der Ordnungshüter

90 Minuten mit dem Rücken

Viel los in Gelsenkirchen. Nur JanPetersdorf hat nichts gesehen. Obwohler Stunden vor dem Anstoß in der Vel-tins-Arena ankam und lange nach

Schiedsrichter Kuipers Abpfiff erst die Arenaverließ, hat Jan Petersdorf wirklich alle vierTore verpasst. So ist das eben, Berufs-schicksal, schließlich ist er nicht zum Spaßhier. Er ist hier, damit andere Spaß haben kön-nen. Petersdorf ist einer der 25 Ordner, diebeim Länderspiel gegen die Elfenbeinküsteim Innenraum positioniert waren. 90 Minu-ten mit dem Rücken zum Spiel. „Wenn ich Fuß-ball sehen will, muss ich mir eine Karte kau-fen“, sagt er.

Insgesamt 500 Ordner setzt der WachdienstBremen an diesem Abend in Gelsenkirchenein. Eine Hundertschaft der Polizei hat Dienst.Feuerwehrleute, Sanitäter, Mitarbeiter des Deut-schen Fußball-Bundes und von Schalke 04. Wennman alle zusammenrechnet, kommt man aufetwa 700 Personen, die sich bei diesem ganznormalen Länderspiel um die Sicherheit derSpieler auf dem Rasen und Zuschauer auf denTribünen kümmern. Ordnung muss sein.

Die Planung für einen Länderspieleinsatzbeginnt bereits Monate im Voraus. 77 Perso-nen, größtenteils Festangestellte des DFB, sindin den Tagen vor dem Anpfiff fast rund um

die Uhr tätig, damit ein Auftritt der National -mannschaft reibungslos über die Bühnegeht. Um den sportlichen Teil der Aufgabemüssen sich die Spieler kümmern. Den Resterledigt der DFB-Staff. Die Aufgabe: Jeder ein-zelne Besucher des Spiels soll sicher an- undabreisen und im Stadion bei größtmöglichemKomfort bestens unterhalten werden.

Damit dies gelingt, wird für jedes Länderspielder A-Mannschaft ein Leitfaden –Neudeutsch:Manual – verfasst. Unterteilt ist der „Regie-plan“ in 28 Handlungsfelder. Akkreditierung,Catering, Fanartikelverkauf, der Transport derMannschaften und vieles, vieles mehr. Mag

Ihr Blick schweift über die Tribüne, immer wieder, hoch konzentriert. Während Zehntausende auf das Spielfeld sehen, schauen die Ordner in die

andere Richtung. Sie gehen im Auftrag des DFB ins Stadion, damit andere mit einem sicheren Gefühl die Nationalmannschaft bejubeln können.

Und sie sind nicht die Einzigen, die sich im Hintergrund um einen friedlichen Fußballabend kümmern. Ordnungskräfte, Polizisten, Organisato-

ren, Sicherheitsexperten und Fanbetreuer, hinter den Kulissen zählt das perfekte Zusammenspiel. DFB-Redakteur Thomas Hackbarth hat die

Männer begleitet, die bei einem Länderspiel für die Sicherheit im Einsatz sind.

Lagebesprechung: Drei Stunden vor dem Anstoß treffen sich die Einsatzleiter.

zum SpielKonzentrierter Blick auf dieTribüne: Jan Petersdorf ist

bei Länderspielen im Einsatz.

42 | DFB-Journal 4/2009

sein, dass der Super Bowl in den USA oderein WM-Finale organisatorisch noch anspruchs-voller sind. Aber akribischer wird nirgendwogeplant. Sicherheit ist eines der Handlungs-felder im Länderspiel-Manual. Eines, das demVeranstalter viel wert ist. Alleine für Sicher-heitsmaßnahmen am Spieltag der A-Nati-onal mannschaft hat der DFB in diesem Jahr360.000 Euro ausgegeben.

Ein paar Euro davon bekommt Jan Peters-dorf. Unter der Woche arbeitet der 26-Jäh-rige in einer Bäckerei. Am Wochenende ist„Crowd Control“ sein Job. Ordnungsdienst imFußballstadion. Seit einem Jahr ist er beim Wach-dienst Bremen beschäftigt. Es ist 19.30 Uhr, noch 75 Minuten bis zum Anstoß. Der Auftrittdes 1,90-Meter-Mannes mit kurz geschorenenHaaren und Tartarenbart kann durchausRespekt einflößen. Sein Blick wandert überdie Nordtribüne. Grüppchenweise schlendernFans ins Stadion. Ab jetzt muss er voll kon-zentriert sein. Für ihn wird es keine Halb-zeitpause und Spielunterbrechungen geben.

Ein etwa 30 Meter langer Metallsteg wurdeam Kopfende des Feldes zusammenge-schraubt. Hier ist Petersdorfs Sektor, die Nord-tribüne sein Observierungsabschnitt, das Beob-achten der Beobachter seine Aufgabe.Manchmal läuft er, den Blick nie vom Publi-kum abwendend, ein paar Meter über denschmalen Steg. Meistens steht er still undschaut. In seinem Rücken läuft das Länder-spiel, der Saisonabschluss der Nationalmann -schaft, einer der letzten Tests für JoachimLöw vor der WM in Südafrika.

Die Live-Übertragung des ZDF sehen 10,5 Mil-lionen Zuschauer – eine sehr gute Quote. Siesehen die Tore von Lukas Podolski. Sie sehen,wie die Mannschaft nach dem Tod von Torhü-ter Robert Enke die ersten Schritte zurück indie Normalität macht. Nur Jan Petersdorf siehtnichts vom Spiel. „Ich habe eine wichtige Auf-gabe. Ich muss früh erkennen, ob einer aggres-siv wird, ob ein Fan Stress machen will. Inzwi-schen haben wir hier ein Netz hängen. Dadurchwerden Wurfgeschosse abgeblockt. Aberwenn’s dumm läuft, fliegt ein Feuerzeug oderein Golfball durch. Das wollen wir verhindern.Oder zumindest sicher sein, dass wir den Wer-fer dann auch festnehmen. Dafür stehe ich hier.“

Übergriffe sind längst die Ausnahme. In derSaison 2008/2009 kam es bei 6,2 Prozent allerSpiele von der Bundesliga bis in die Regional-ligen zu sportgerichtlich geahndeten sicher-heitsrelevanten Vorkommnissen innerhalb derStadien. Das DFB-Sportgericht schreitet dannein, verhandelt und verurteilt den betroffenenVerein für das Fehlverhalten seiner Fans. DasSanktionsspektrum reicht von hohen Geldstrafenbis zu Heimspielen unter Ausschluss der Öffent-lichkeit. Dabei ist das Werfen von Gegenstän-den nach dem Abbrennen von Pyrotechnik dasam häufigsten vorkommende Vergehen. DieZahlen der Saison 2008/2009: Abbrennen vonPyrotechnik – 79 Fälle, Werfen von Gegenständen– 29 Fälle. Nur viermal musste das Sportge-richt einen Klub wegen Ausschreitungen derFans verurteilen, neunmal wegen Vandalismus.

Das sind Zahlen, die beruhigen. Zahlen, dievieles in ein positives Verhältnis setzen.

Wachsam bleibt Petersdorf trotzdem. EinGolfball wiegt 45,9 Gramm. Er besteht auseiner Kunststoffschale mit einem hartenKern. Aufgrund der Dimples, der kleinen Del-len, fliegt er dreimal weiter als ein runderBall. Oliver Kahn erlitt im April 2000 beimBundesligaspiel in Freiburg eine heftig blu-tende Platzwunde über dem linken Auge,nachdem er von einem Golfball getroffenwurde. Und auch Bengalische Feuer sind nichtharmlos. Abgebrannt in einem ausverkauf-ten Stehblock, mit vielen vom Bier oder voneinem gerade gefallenen Tor berauschtenFans, sind sie eine nicht zu unterschätzendeGefahr. Das Einatmen des Rauchs ist gesund-heitsschädigend. Die Flamme einer Ben-galfackel hat eine Hitze von 1.600 bis 2.500Grad Celsius. Petersdorf weiß das alles.

Sicherheit ist keine einfach herzustellendeWare. Sicherheit existiert nur in der Annähe-rung, garantieren kann sie keiner, nicht anStraßenkreuzungen in Afghanistan, nicht inNew Yorker Hochhäusern, nicht in Gelsenkir-chen. Aber man kann alles dafür tun, damitsich andere sicher fühlen. „Wir betrachtenunsere Arbeit als Serviceleistung für denZuschauer, der mit seinen Freunden oder derFamilie ein Fußballspiel besuchen will. Wir sor-gen dafür, dass der friedliche Fan die Faszi-nation des Fußballs erleben kann, ohne sichGedanken über seine Sicherheit machen zumüssen“, sagt Martin Spitzl, der für den DFBAus dieser Perspektive blicken die Ordner im Innenraum auf die Zuschauerränge.

Prävention: Jeder Besucher wird kontrolliert.

| 43DFB-Journal 4/2009

die Sicherheitsmaßnahmen beim Spiel in Gel-senkirchen verantwortet.

Beim Deutschen Fußball-Bund ist Helmut Spahnder Sicherheitsbeauftragte. Im Sommer 2006kümmerte er sich um das Sicherheitspro-gramm für die 64 Spiele, die Mannschafts-quartiere, Trainingsstätten und Medienzent -ren der Fußball-WM. Mit der Fanbetreuungwährend des Turniers in Form von Fanbot-schaften, einem kostenlosen mehrsprachigenStädteführer und einer interaktiven Webseitewurden neue Maßstäbe gesetzt. Unter der Lei-tung des ehemaligen Leiters eines Sonder-einsatzkommandos der Polizei wurde im DFBdie Abteilung Sicherheit mit mittlerweile sie-ben hauptamtlichen und über 50 ehrenamt-lichen Mitarbeitern aufgebaut. Das Aufga-benfeld reicht vom Dialog mit den großenFanorganisationen, dem Festlegen und Beglei-ten von Risikospielen bis zur infrastrukturellenStadionsicherheit im Rahmen des Lizenzie-rungs- und Zulassungsverfahrens.

Dialog ist wichtig, Kontrolle ist besser. Aufdie 61.000 Zuschauer bei einem ausverkauf-ten Spiel auf Schalke kommen laut Polizei-angaben „400 Fans, die uns in irgendeinerWeise Probleme bereiten könnten“. „Stadion -verbote“, sagt Spahn, „sind präventive Maß-nahmen im Rahmen der Hausrechtsaus-übung, Maßnahmen zum Schutz der friedlichenZuschauer vor Gewalttätern.“ Das Problem der

Gewalt rund um Fußballspiele weder zu dra-matisieren noch zu bagatellisieren, dazu rätauch Wolfgang Niersbach. Der DFB-General-sekretär steht hinter dem Einsatz der Ord-nungskräfte im Stadion und setzt sich für eineenge Kooperation mit der Polizei im Umfeldder Spiele ein, aber er weiß auch, dass „kri-minelle Ausschreitungen ein gesellschaftli-ches Phänomen sind und Chaoten die Bühnedes Fußballs missbrauchen“. Der Fußball alsSpiegelbild der Wirklichkeit, vor der er sichnicht hermetisch abriegeln kann oder will.„Stimmung und Sicherheit sind keine Gegen-sätze“, sagt Niersbach.

In den Minuten vor dem Anpfiff in Gelsen-kirchen sind die Trennlinien verschwunden.Es ist still, die Trauer um Robert Enke spür-

bar. „Heute wird es ruhig bleiben. Länder-spiele sind ohnehin etwas ganz anderes, dassind friedliche Fußballfeste“, sagt WolfgangFolgner. Der 1. Hauptkommissar in Gelsen-kirchen leitet den Einsatz aller Polizeikräftein der Arena. Seit 1991 macht er diesen Job.Die Stimmung hier oben in der Befehlsleit-stelle, in der Westkurve des Stadions hochüber dem Spielfeld, ist entspannt. VielFlachs, man arbeitet schon lange zusammen.„Mein Sohn sitzt bei jedem Schalke-Heim-spiel mit der Kutte im Stadion. Ich bin nichtso der Fußballfan“, sagt er, während einigeverspätete Fans auf die Parkplätze fahren.Folgner hat den Überblick. 72 Videokame-ras sind auf dem Gelände und in der Arenainstalliert. Eine Wand des Raums besteht nuraus Monitoren. Wechselnde Bilder von den

Parkplätzen, den Treppenaufgängen, denKatakomben, den Zuschauerrängen, demSpielfeld. Auf einer Leinwand laufen lautlosdie Mainzelmännchen. Hier läuft später dieSpielübertragung des ZDF.

Die Fertigstellung der „Arena AufSchalke“ imAugust 2001 war für Folgner eine Zeitenwende.„Das Parkstadion früher war die Hölle. In derArena haben wir dagegen himmlische Ver-hältnisse“, sagt er. Wie in Schalke, so im Restder Bundesliga. Moderne Stadionarchitekturund die Ausstattung mit perfekter Technik,vieles möglich gemacht durch den gewalti-gen Schub der WM 2006, haben die Aufgabeder Polizei wesentlich erleichtert. „Früher sinddie Fans von Dortmund direkt durch den Pulkunserer Fans gezogen. Das war Wahnsinn.

Entspannte Lage: Für die Einsatzkräfte der Polizei gibt es keine nennenswerten Zwischenfälle.

44 | DFB-Journal 4/2009

Heute holen wir die reisenden Gästefans mitBussen kostenlos und komfortabel vom Bahn-hof ab. In der Arena gibt es keinen Berüh-rungspunkt mehr zwischen den Fangruppen,die haben ihren eigenen Block, ihre eigenenImbissstände, ihre eigene Wegeführung“,sagt Folgner. Die Spielfeldumfriedung durchden zwei Meter tiefen Graben vereinfacht denJob des Ordnungsdienstes. Die Einsatzstel-len für Polizei, Feuerwehr, Sanitäts- und Ord-nungsdienst, die Räume für den Sicherheits -chef und den Stadionsprecher sind mitmodernster Technik ausgestattet. In derArena ist kein Platz mehr für Fangewalt.

Darauf achten die 500 Ordner des Wach-dienstes Bremen. Antonio Pereira ist seit 14Jahren hier beschäftigt, leitet inzwischen denOrdnereinsatz im Innenraum. Eine verant-wortungsvolle Aufgabe. BundeskanzlerinAngela Merkel war schon da. „Ihre Anfahrt,ihre Wege im Stadion, das waren alles sehrvertrauliche Informationen. Der Job verlangtauch Diskretion“, sagt Pereira. Die Gesamt-verantwortung heute Abend trägt Volker Für-derer, er koordiniert den Einsatz der Polizei,des Wachdienstes, der Feuerwehr und Sani-täter. Für den DFB war Fürderer in den ver-gangenen Wochen einer der wichtigstenAnsprechpartner. Der studierte Mathemati-ker hat die ersten Berufsjahre in der Logistikgearbeitet. Seit 2001 ist er Sicherheitschefvon Schalke 04. Fürderer leitet die Sicherheitauch beim Derby Schalke 04 gegen Borussia

Dortmund. „Wir sind ein eingespieltes Team,das ist unser größter Trumpf.“

Dabei sorgen Pereira und seine Kollegen vomWachdienst Bremen nicht nur für die Sicher-heit, sie kümmern sich auch um Schwarz-händler. „Auf unserem Gelände dürfen nurSchalke 04 und der DFB verkaufen.“ An denEingängen werden bei Verdacht Alkoholmes-sungen durchgeführt. „Manchmal müssen wirgar nicht testen, da ist der Befund schon soklar.“ Dabei muss kein Fan fürchten, wegender zwei Bierchen am Stadionkiosk draußenbleiben zu müssen. „Nonverbale Kommuni-kation“, sagt Pereira, „so nennen wir das, wennes dann tatsächlich mal zu einem Handgemengezwischen Fan und Ordner kommt.“ Ihm selbstist das noch nie passiert. Einmal war’s eng,da musste er bei einem hochaggressivenSeit 2006 ist Helmut Spahn der Sicherheitsbeauftragte des DFB.

Überblick: 72 Kameras sind in der Arena installiert.

| 45DFB-Journal 4/2009

Zuschauer dazwischengehen, konnte den Fanaber im Gespräch beruhigen. „Das Gesprächdauerte eine Stunde, aber das war es wert.“

Insgesamt sind die sicherheitsrelevanten Vor-kommnisse innerhalb der Stadien seit Jah-ren rückläufig. „In manchen Spielorten gehtdie Tendenz gegen Null“, sagt Spahn. Die Poli-zeieinsätze finden meistens außerhalb derArenen statt. Eine der wichtigsten Aufgabender DFB-Abteilung Sicherheit ist es, die Risi-

kospiele und Spiele unter Beobachtung fest-zulegen. Dies geschieht in Absprache mit denVereinen, den zuständigen Polizeibehördenund der ZIS, der Zentralen Einsatzstelle fürSporteinsätze. Dabei handelt es sich um Eska-lationsstufen, die dazu führen, dass bei einemSpiel das Gästekartenkontingent reduziert,mehr Wachpersonal eingesetzt oder auch keinAlkohol ausgeschenkt wird. In der Saison2008/2009 wurden bei 1.977 Spielen von derBundesliga bis in die Regionalligen sowie allerBegegnungen des DFB-Pokals 321 Spiele miteiner solchen Eskalationsstufe belegt. Für dieSaison 2009/2010 sind die Zahlen rückläufig.Den „Tatort“ Stadion gibt es kaum mehr. Inder Saison 2007/2008 kamen 17,7 MillionenZuschauer zu den Spielen der Bundesliga und2. Bundesliga. In der gesamten Spielzeit wur-den 501 verletzte Personen gemeldet. ZumVergleich: Am ersten Abend des MünchnerOktoberfestes im Jahr 2007 wurden 800 Per-sonen verletzt gemeldet.

Die Sicherheit hat ihren Preis. Die 36 Vereineder Bundesliga investierten 2007/2008 etwas

mehr als 19 Millionen Euro nur für Personal-kosten im Bereich der Sicherheitsmaßnahmeninnerhalb der Stadien. Die Klubs der 3. Ligaüberwiesen 4,3 Millionen Euro an regionaleSicherheitsdienste. Dazu kommen weitere Mil-lionen für bauliche und infrastrukturelle Maß-nahmen, wie etwa den Ausbau der Video-überwachung oder die Optimierung derSektorentrennung. Das alles wird begleitetvon aktiver Fanarbeit. Der Kampf um die Köpfe,das Einwirken auf eine veränderte Kultur im

Fanblock, der Aufruf nach mehr Zivilcourage. Fandialog ist keine Worthülse, weder beim DFBnoch beim Ligaverband. Jeder Klub der Bun-desliga, der 2. Bundesliga, der 3. Liga sowieder drei Regionalligen hat sich verpflichtet,einen hauptamtlichen Fanbeauftragten zubeschäftigen. Daneben gibt es mittlerweile47 Fanprojekte. Die Initialzündung kam beieinem Fankongress 2007. Damals wurde einfruchtbarer, offen geführter Dialog zwischenorganisierten Fans und DFB kultiviert. Mehrals 400 Fanvertreter sowie Repräsentantendes Ligaverbands, der Polizei und des DFBdiskutierten zwei Tage lang im Auditorium derUniversität Leipzig. „Länderspiele sind fried-liche Fußballfeste. Ich führe am Spieltag dasGespräch mit den Fans, im Namen des DFBund im Interesse der Fans“, sagt Gerald vonGorrissen, der Fanbeauftragte des DFB. Diewissenschaftliche Studie „Wandlung desZuschauerverhaltens“ aus dem Jahr 2006kommt zu dem Fazit: „Als Dialog im Netzwerkscheint sich dieses deutsche System mit einerflächendeckenden Förderung von sozialprä-ventiver Fanarbeit vor dem Hintergrund dereuropäischen Standards als bewährte undgegenwärtig am weitesten entwickelte Leis -tung herauszustellen.“

Sektorentrennung, Videoüberwachung, prä-ventive Fanarbeit, ein auf Augenhöhe geführ-ter Fandialog, die kühle Sachlichkeit eines stu-dierten Mathematikers, Alkoholkontrollenam Stadioneingang, der Einsatz „Szenekun-diger Beamter“, ein DFB-Fanbeauftragter – derDFB tut viel für die Sicherheit, von den Spie-len in den Regionalligen bis zu den Auftrit-ten Michael Ballacks. Das nächste Mal in Mün-chen, gegen Argentinien. Und manchmal hängtalles von einem Ordner ab, der dort steht undsich auch beim Jubel nicht umdreht. Der seineAufgabe wichtiger nimmt als Reflexe. Der einigeWenige im Auge behält, für alle.

Feierabend für Jan Petersdorf. Nichts passiert.Ein paar Minuten nach Mitternacht kommt erzuhause an. Im Fernsehen schaut er sich dieHighlights des Länderspiels an, das deutscheTor in der Nachspielzeit. „Poldis Linksschussist unschlagbar“, sagt Petersdorf und lacht.Geschafft, jetzt freut er sich auf den nächs -ten Samstag, Heimspiel von Schalke 04. „Dahabe ich Treppendienst. Und von dort aus kannich manchmal auch aufs Feld schauen.“

Zentraler Ansprechpartner: DFB-Mitarbeiter Martin Spitzl in Gelsenkirchen.

Die Polizei begrüßt das Urteil des Bun-desgerichtshofs, das die Praxis der Sta-dionverbote nach den Richtlinien desDFB bestätigte. Damit erhalten die

Bemühungen von Polizei und Vereinen, fried-liche Besucher von Fußballspielen vor poten-ziellen Gewalttätern zu schützen, höchstrich-terliche Unterstützung. In der Spielsaison2007/2008 waren von den Vereinen der Bun-desliga wie auch der 2. Bundesliga insgesamt259 auf örtliche Stadien begrenzte sowie 889bundesweit wirksame Stadionverbote ausge-sprochen worden. Dabei setzten Polizei und Ver-eine insbesondere auf die abschreckende Wir-kung und auf das Signal an wirkliche Fußballfans,sich nicht nur im Stadion, sondern auch im Umfelddes Spielereignisses friedlich und fair zubenehmen. Stadionverbote stellen ein Instru-ment von vielen dar, Gewaltausschreitungenim Umfeld von Fußball-Begegnungen einzu-dämmen.

Bei den zunehmenden gewaltsamen Aus-schreitungen haben es die Sicherheitskräftevermehrt auch mit Personen zu tun, denen esoffensichtlich nicht nur um den Fußball geht.Es handelt sich immer öfter um schwarz geklei-dete und vermummte Personen, die die Aus-einandersetzung mit der Polizei förmlichsuchen. Meine Kolleginnen und Kollegen habenden Eindruck, diese Gruppen hofften fast da-rauf, keine gegnerischen Fans zu treffen, umsich dann gegen die Polizei zusammenzurot-

ten. An Wochenenden gibt es Situationen, diean Bürgerkriege erinnern. Ganze Straßenzügesind anschließend nicht mehr begehbar. Darankönnen und wollen wir uns nicht gewöhnen.Einmal musste die Bremer Polizei vor einemSpiel die Reisenden aus sechs voll besetztenBussen geschlossen in Gewahrsam nehmen.

Die Entwicklung der Gewalt in unserer Gesell-schaft ist erschreckend, nicht nur ihr Ausmaß,sondern auch ihre zunehmende Brutalität. DerFußball ist nicht die Ursache, aber immer häu-figer äußerer Anlass. Damit wird eine Sportartin Mitleidenschaft gezogen, die von Millionengeliebt und mit Begeisterung ausgeübt wird.Der Sport insgesamt hat es nicht verdient, vonFanatikern und Gewalttätern diskreditiert zuwerden.

Aus diesem Grund haben der Deutsche Fuß-ball-Bund, die Deutsche Fußball Liga und dieGewerkschaft der Polizei verabredet, unter dem Motto „Gemeinsam gegen Gewalt, gemein-sam für ein friedliches Miteinander“ in Zukunft

zur Eindämmung von gewalttätigen Übergrif-fen im Umfeld des Fußballs effektiver zusam-menzuarbeiten und partnerschaftlich vorzu-gehen.

Dabei sollen bereits vorhandene Präventiv-maßnahmen intensiviert und die Sportge-richtsbarkeit konsequent genutzt werden. AufAnregung von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanzi-ger und Generalsekretär Wolfgang Niersbachist zudem in enger Zusammenarbeit mit derDFL und der Gewerkschaft der Polizei für 2010ein gemeinsamer Kongress geplant, der voneiner Medienkampagne begleitet werden soll.Ziel ist es, den Fußball und die Polizei für allesichtbar als Partner im Kampf gegen Gewaltdarzustellen.

Das ist ganz im Sinn der Gewerkschaft der Poli-zei. Wir wollen, dass polizeiliche Einsätze beiFußballspielen weniger werden und dass unsereKolleginnen und Kollegen ebenso gesund undunbeschadet wieder nach Hause kommen wieSpieler und Fans.

46 | DFB-Journal 4/2009

Wie ich es sehe: Konrad Freiberg über Gewalt als gesellschaftliches Phänomen

„Fußball ist nicht die Ursache“Unter der Überschrift „Wie ich es sehe“ wird

in jeder Ausgabe des DFB-Journals ein Beitrag

veröffentlicht, in dem eine bekannte Persön-

lichkeit ihre Meinung zu einem aktuellen Thema

äußert. Heute nimmt Konrad Freiberg, der Bun-

desvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei

(GdP), Stellung zum Thema Gewalt in unserer

Gesellschaft, Stadionverbote sowie die Koope-

ration von Polizei und Fußball.

Der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg.

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48 | DFB-Journal 4/2009

Interview mit Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière

„Es gibt eine große Sehnsucht Eine Partie Tipp-Kick? Sehr gerne. Thomas de Maizière zieht das Sakko aus und bringt am Konferenztisch seines Berliner Amtszimmers die klei-

nen Spielfiguren in Position. Fußball ist für den neuen Bundesinnenminister weit mehr als eine Facette seines politischen Verantwortungsbe-

reichs. Er ist Kindheitserinnerung, Leidenschaft, ein wichtiger gesellschaftlicher Faktor. DFB-Chefredakteur Ralf Köttker und Christian Sachs,

Leiter des DFB-Büros Berlin, haben mit dem Minister eine Partie Tipp-Kick gespielt. Und dabei über schwarz-gelbe Perspektiven, innere Sicher-

heit, Wettmanipulationen und die Frauen-WM 2011 gesprochen.

Herr Minister, haben Sie Lust auf eine Runde

„Tipp-Kick“?

Sehr gerne. Ich kenne das Spiel noch aus mei-ner Kindheit. Ich würde die schwarz-gelbenSpieler nehmen.

Es ist also richtig, dass dies nicht nur politisch

Ihre Lieblingsfarbe ist?

Ja, das stimmt. Borussia Dortmund ist meinVerein.

Wie kam es dazu?

Das hat sich einfach mit der Zeit ergeben,auch über unsere Kinder. Wir haben drei, eineTochter und zwei Jungs. Einer davon ist abso-luter Dortmund-Fan. Er hat als Kind in Dort-mund-Bettwäsche geschlafen und ist jetzt Mitglied. Bis heute ist es noch so: Wenn Dort -

mund verloren hat, dann ist irgendwie derSamstag gelaufen.

Und was fasziniert Sie besonders am BVB?

Dass es immer eine Kampfmannschaft mittollen Fans war. Und dann haben mich auchPersönlichkeiten wie der Dresdner MatthiasSammer begeistert. Ich konnte mich nie fürSpieler erwärmen, die nur hin und wieder einpaar hinreißende Spiele machen. Deshalbstreite ich mit meinem Sohn zum Beispielauch immer, ob David Beckham wirklich gutist oder nicht. Ich mochte immer lieber einenSammer, Bonhof oder „Hacki“ Wimmer, der „Wasserträger“ von Günter Netzer bei Glad bach war. Spieler, die jede Woche ihreLeistung abrufen. Ich persönlich mag einenPer Mertesacker mehr als einen Ribéry.

Solche Charaktere gibt es beim BVB immernoch, Dede zum Beispiel.

Wie steht es um Ihre eigene Fußballkarriere?

Hat es die gegeben?

Nein. Ich war im Volleyball aktiver. Als Fuß-baller hab ich nur Straßenfußball gespielt.Auf jeder Wiese oder gerne auch in Höfen,weil es dort so schön schepperte, wenn derBall gegen die Garage flog, bis irgendwanndie Nachbarn kamen und uns vertriebenhaben. Ich musste als Kind häufig eine Abwä-gungsentscheidung zwischen Hausaufga-ben, Klavierüben und Fußballspielen treffen.Sehr oft fiel die Entscheidung zu Gunsten desFußballs.

Was wäre Ihre Lieblingsposition gewesen?

Sturm, kreatives Mittelfeld, Abwehr oder viel-

leicht doch Torhüter?

Also, wenn ich mir etwas wünschen dürfte,würde ich nach einer Position schauen, vonder ich weiß, dass man dafür eigentlich dasphysische Gegenteil von mir braucht: Ich würdegerne den Staubsauger im hinteren Mittel-feld spielen. Den Sechser, den guten Frings.Das wäre es.

Thomas de Maizière beim Tipp-Kick mit Ralf Köttker (Mitte) und Christian Sachs.

nach Vorbildern“Der ehemalige sächsische Staatsminister

des Innern wurde unter Angela Merkel Chef des Bundeskanzleramts. Seit Beginn

der neuen Legislaturperiode ist Thomas de Maizière Bundesinnenminister.

In der Regierungsmannschaft sind Sie als

Innen minister auch für den Sport zuständig. Ein

Traumjob für jemanden, der sich für Fußball inte-

ressiert?

Mein Traum? Ein Innenminister hat schöneTage und er hat auch mal schwere Tage. Einesist mir besonders wichtig: Ich versuche mitmeinem Amtsverständnis nicht ein Entwe-der-oder, sondern ein Zusammenwirkenanzu streben. Der Sport ist da ein schönesBeispiel. Sport und Sicherheit, Sport und Integ -ration, Sport und Polizei, Sport und Ehren-amt, das hängt ja alles sehr eng miteinan-der zusammen. Ich möchte die Dinge gerneverbinden. Dass die Bundeskanzlerin mir die-ses Amt anvertraut hat, darauf bin ich stolz.Es ist auch eine Herausforderung.

Eine große Herausforderung liegt vor allem darin,

die unterschiedlichen Interessenlagen zu koor-

dinieren. Ihnen untersteht auch die Bundespo-

lizei, die gemeinsam mit den Kollegen aus den

Bundesländern Fußballspiele sichert.

Und das kann einem die Zornesröte ins Gesichttreiben, dass junge Frauen und Männer Sams-tag für Samstag Überstunden schieben, weiles sonst vielleicht nicht gelingt, gerade inden unteren Ligen ein einwandfreies Fuß-ballspiel durchzuführen. Das ist ein großesProblem. Oft ist auch die Polizei der Blitzab-leiter für Aggressionen. Wir sehen mit Sorge,dass neuerdings die Polizisten ein richtigesFeindbild geworden sind. Das war lange nichtso, der „Feind“ waren die gegnerische Mann-schaft und deren Anhänger, aber jetzt ist eswirklich die Polizei. Sie dient als Ersatz.

Was meinen Sie damit?

Meine Frau hat in der Sozialarbeit ein Gewalt-projekt betreut und mir von einem Jugend-lichen erzählt, der die Abläufe geschilderthat. Sobald eine Gewaltstimmung entsteht,verspürt dieser Jugendliche eine Sucht nachGewalt. Er fällt praktisch in ein schwarzesLoch, kann sich hinterher kaum daran erin-nern und spürt eine tiefe Leere.

Es geht also nicht um Fußball, sondern um ein

gesellschaftliches Phänomen.

Ja. Diese Gewalt könnte auch woanders statt-finden. Fanarbeit beim Fußball stößt des-halb an ihre Grenzen, trotzdem braucht mansie. Und man braucht harte Strafen. Ichmöchte Ihnen ein Beispiel aus Sachsen nen-

nen. Dort wurde mit Zustimmung der Daten-schützer vor einiger Zeit eine öffentlicheFahndung ausgerufen. In einer Boulevard-zeitung wurden die Bilder von 20 Jugend-lichen gezeigt und gefragt: Das sind die Hoo-ligans, wer kennt sie? Bei der Hälfte derabgebildeten Personen haben die Eltern ihreSöhne beim Schlafittchen gepackt, zur Poli-zei gebracht und gesagt: Das ist mein Sohnund der entschuldigt sich jetzt. Manchmalist auch öffentliche Ächtung in Maßen etwasSinnvolles.

Bei den Stadionverboten wurde die Handhabe

gegen potenzielle Gewalttäter erleichtert.

Wir haben diesbezüglich das Urteil des BGH,das ich für den Fußball begrüße. Es schafftmehr Handlungsspielraum. Aber man sollteauch abschreckende Maßnahmen in Betrachtziehen. Ich teile die Auffassung von Herrn

Zwanziger, dass man auch mal über ein Geis -terspiel nachdenken könnte.

Der DFB-Präsident stellt sich den Problemen,

weist aber auch immer wieder darauf hin, dass

der Fußball oftmals als Bühne für Gewalt miss-

braucht wird und nicht alle gesellschaftlichen

Probleme lösen kann.

Dem stimme ich zu. Solange dies vom Fuß-ball nicht als Alibi genutzt wird, sich aus derFanarbeit zu verabschieden. Wenn das denBlick weitet und aussagt: nicht nur der Fuß-ball und nicht nur die Polizei, sondern Eltern,Jugendarbeit, die Kommune, alle haben ihreAufgabe, dann stimme ich der Aussage sogarausdrücklich zu.

Obwohl der Fußball hunderte Millionen Steuer-

gelder zahlt und die Gewährleistung der öffent-

lichen Sicherheit Aufgabe des Staates ist, wer-

50 | DFB-Journal 4/2009

Das Thema Gewalt macht den Bundesinnenminister nachdenklich.

den immer mal wieder Stimmen laut, die eine

finanzielle Beteiligung an Polizeieinsätzen for-

dern. Wie stehen Sie dazu?

Die Frage nach der Beteiligung an den Kostenist eine alte Diskussion. Ich habe als Innen-minister in Sachsen auch schon malgeprüft, ob es rechtlich möglich ist. Meistfindet der Polizeieinsatz aber außerhalbdes Stadions statt. Und die kleinen Vereinewären ohnehin sofort pleite. Daher kam jadie Idee einer Umlage, dabei ist es aberschwierig mit dem Verursacherprinzip. Vondaher geht das nicht.

Ein zweites Thema, bei dem sich Recht und Sport

auf unerfreuliche Weise berühren, sind die betrü-

gerischen Spielmanipulationen. Müssen wir uns

damit abfinden?

Zunächst müssen wir das ganze Ausmaß unddie Tiefe des Skandals erfahren. Ich möchteaber schon jetzt den Ermittlungsbehördenausdrücklich gratulieren und ihnen danken,dass sie so lange verdeckt, in die Tiefe undin internationaler Kooperation ermittelthaben. Alle sind über den Skandal jetzt ent-setzt, aber den gab es ja bereits vorher, jetztwird er aufgedeckt. Das ist gut.

Und es gibt erste Rufe nach neuen Sportbetrugs-

Gesetzen.

Nach meiner Überzeugung reichen die Straf-rechts-Paragrafen aus, die wir haben. DerSchiedsrichter Hoyzer ist ja seinerzeit wegenBetrugs verurteilt worden und die Wettspie-ler wegen Beihilfe. Ich kann nicht erkennen,

warum man jetzt mit einem anderen Straf-tatbestand besser fahren sollte. Im Gegen-teil, um einen guten Gegner zu diskreditie-ren, könnten andere, kleine Schlawinereienim Spiel zur Anzeige gebracht werden. Wis-sen Sie, welches Buch ich zuletzt gelesen habe?

Nein, sagen Sie es uns.

„Schiedsrichter Fertig: Eine Litanei“ von Tho-mas Brussig. Es ist auch eines der Lieblings -bücher der Kanzlerin, sie hat mir das Buchempfohlen. Es beschreibt, dass Betrug in derGesellschaft geächtet ist, aber im Fußball eine„Schwalbe“ zwar eine Gelbe Karte nach sichzieht, der Fan aber eine klammheimliche

Freude dabei empfindet, wenn sie gutgemacht ist und es Elfmeter gibt.

Und das lässt wiederum Emotionen und Dis-

kussionen entstehen.

Ja, wenn ich an Allan Simonsen oder 1974 anBernd Hölzenbein denke. Ich möchte nicht,dass etwas, was im Sport entschieden wer-den muss, plötzlich von Dritten zum Gegen-stand gerichtlicher Auseinandersetzungengemacht wird. Diese Gefahr sehe ich, wennman einen Sportbetrugs-Paragrafen einführt.Ich glaube nicht, dass wir so etwas brauchen.

Eine Liberalisierung des Wettmarktes könnte

effektiver wirken. Durch kontrollierte Lizen-

zierung könnte verhindert werden, dass vieles

in der Illegalität stattfindet.

Noch einmal: Erst einmal die Ermittlungenabwarten. Grundsätzlich gilt: Wir wollennicht, dass Mittel aus den Lottoeinnahmenfür den Breitensport wegfallen. Zweitens: Ihrdürft das nur aufrechterhalten, hat das Bun-desverfassungsgericht gesagt, wenn es einMonopol gibt. Und drittens gibt es aus derEU Zeichen, die sagen, es muss eher Wett-bewerb sein und kein Monopol. Diese drei Zielebeißen sich. Jetzt kommt der Wettskandalhinzu und wir stellen uns die Frage, was kön-nen wir eigentlich national regeln?

Vorschlag: Durch Abgaben der lizenzierten Wett -

anbieter den Breitensport fördern und den Wett-

markt besser kontrollieren.

| 51DFB-Journal 4/2009

Der Minister lehnt einen Sportbetrugs-Paragrafen ab.

Eine finanzielle Beteiligung des Fußballs an Polizeieinsätzen hält de Maizière für nichtumsetzbar.

Was nützt uns eine strenge Regelung inDeutschland, wenn die Wetten in einem ande-ren Land abgeschlossen werden. Das gilt auchfür Verbote. Natürlich könnte man Live-Wet-ten verbieten, aber wer setzt das Verbot durch?Ein Verbot, das man nicht durchsetzen kann,sollte man möglichst nicht erlassen.

Heißt das nicht Kapitulation?

Nein. Zum Manipulieren gehören immer zwei.Der Rechtsstaat wird alles tun, was in seinenKräften steht. Aber man braucht auch immerSchiedsrichter und Spieler, die beim Betrugmitmachen. Dies ist eine rechtsstaatliche Frage,aber auch eine sportliche Aufgabe. Darübermuss im Sport geredet werden können. LetzteBemerkung: Es wird gemordet, es wird gestoh-len, jeder weiß, dass das verboten ist. Es gibtkeine perfekte Welt, auch nicht im Sport, eineGrundgelassenheit muss man sich bewahren.

Welche Rolle spielt der Fußball für Sie in unse-

rer Gesellschaft?

Der Sport insgesamt und insbesondere derFußball eine sehr wichtige. Der Fußball ist einSport, für den ich nur einen Ball brauche. Ichhabe in meiner Antrittsrede gesagt, dass sichin unserer Gesellschaft die öffentlichenRäume zu sehr entleert, zu entmenschlichthaben. Bahnhofsvorplätze, Parks, Plätze allerArt. Fußball kann Räume durch Menschen fül-len. Es ist dann ein paar Dezibel lauter, esgibt auch mal ein aufgeschlagenes Knie oder

eine Rangelei, aber das sind Dinge, die fürdas Leben schulen.

Fußball als Lebensschule also ...

Ja. Im Verein, aber auch außerhalb des Ver-eins. Dazu kommen die vielen Ehrenamtlichen,die so wichtig für unsere Gesellschaft sind.Das fängt bei den Müttern an, die jedes Wochen-ende die dreckigen Klamotten der gesamtenMannschaft ihrer Kinder waschen.

Und wie bewerten Sie den Fußball als Integrati-

onsmittel?

Wir haben eine unübersichtliche Gesellschaft,

eine unübersichtliche Mediengesellschaft.Zuneigungs- und Abneigungshysterie wechselnsich ab. Dennoch gibt es die große Sehnsuchtnach Vorbildern. Max Schmeling und Uwe See-ler landen bei der Frage nach den beliebtestenPersönlichkeiten immer noch unter den erstenZehn. Das sind Persönlichkeiten, die neben ihrersportlichen Leistung auch als Menschen über-zeugt haben. Unsere Gesellschaft braucht posi-tive Vorbilder. Sportler, die eine Verletzung durch-stehen, die einen schwierigen Hintergrundhaben, die den sozialen Aufstieg schaffen, siealle sind sehr wichtig für den Zusammenhaltder Gesellschaft. Allerdings darf man sie in ihrerVorbildrolle auch nicht überfordern.

Gut eineinhalb Jahre vor der Fußball-WM der

Frauen in unserem Land darf eine Frage nicht

fehlen: Haben Sie schon ein Spiel der Weltmeis -

terinnen gesehen?“

Bisher nur im Fernsehen, das Spiel Deutsch-land gegen Brasilien. Die Damen haben einehervorragende Technik. Ich freue mich schonjetzt auf die WM, wenn ein guter Auftakt, schöneTore und tolles Wetter zusammenkommen,kann es ein wunderbares Ereignis werden.

Mit Schwarz-Gelb haben wir angefangen und wol-

len auch damit aufhören. Abschlussfrage: Wo steht

am Ende der Saison Schwarz-Gelb?

Politisch sind wir ganz oben und müssen denTabellenplatz halten. Sportlich ist es für denBVB noch ein weiter Weg dorthin. Ich würdemich über eine Platzierung im ersten Drittelfreuen.

52 | DFB-Journal 4/2009

Eingespieltes Team: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Thomas de Maizière vor Beginneiner Kabinettssitzung.

Interessierte Zuhörer: Thomas de Maizière liest zum bundesweiten Vorlesetag in einem Kinderheim im sächsischen Walda.

Frankfurt

Kapstadt

DFB.de ist die führende Internetseite für aktuelle Videos, News, Statistiken undInformationen rund um die National mann schaft. DFB.de und DFB-TV begleiten diedeutschen Natio nalspieler auf dem weiten Weg nach Südafrika.

Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise

DFB.dedas Internetportal des Deutschen Fußball-Bundes

54 | DFB-Journal 4/2009

Er kann es immer noch. Und wenn er gefragt wird, kann er es immer noch nicht sein lassen. Obwohl Klaus Fischer am 27. Dezember seinen

60. Geburtstag feiert, traut er sich immer noch dieses eine Kunststück zu: waagerecht in der Luft liegen, mit dem Rücken zum Tor, einfach auf

das Gefühl verlassen. Der Fallrückzieher ist immer noch seine Spezialität, immer noch sein Markenzeichen. 1977 erzielte er gegen die Schweiz

damit das „Tor des Jahrhunderts“, 1982 traf er mit dem „Tor des Jahres“ gegen Frankreich. Der Historiker Udo Muras über einen Stürmer, des-

sen Name zum Synonym für die spektakulärste Art des Toreschießens wurde.

Es gibt Menschen, deren Leben reichund erfüllt war und doch in der öffent-lichen Wahrnehmung meistens aufeinen Moment reduziert wird. Oder auf

eine Facette ihres Lebens. Klaus Fischer weiß,was damit gemeint ist. Er hat 20 Jahre in derBundesliga gespielt und dort nach Gerd Mül-ler die meisten Tore erzielt. Er hat an zweiWeltmeisterschaften teilgenommen und zwei-mal den DFB-Pokal gewonnen, 1976 war er Bundesliga-Torschützenkönig. Doch bis heutesteht er für eine Spezialität, durch die er am16. November 1977 weltberühmt wurde: denFallrückzieher.

Rückblick: Beim Länderspiel gegen die Schweizläuft die 60. Minute im Stuttgarter Neckar-sta dion. Es steht 3:1. Da eilt der Mann mit derNum mer 7 auf rechts seinen Verteidigerndavon, während sich der mit der Nummer 9auf Höhe des zweiten Pfostens am Fünf-Meter-Raum postiert. Beide spielen sie für Schalke.

In den WM-Rückblicken wird dieser spektakuläre Fallrückzie-her aus dem Halbfinal-Thriller1982 von Sevilla immer wiedergezeigt.

Klaus Fischer gelang beim 4:1-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft gegen die Schweiz am 16. November1977 in Stuttgart das „Tor desJahrhunderts“.

Historie: Wie ein „Tor des Jahrhunderts“ das ganze Leben eines Stürmers bestimmt

Fischer und die Legende vom

| 55DFB-Journal 4/2009

Die 7 trägt Rüdiger Abramczik, die 9 KlausFischer. Knapp vor der Eckfahne schlägtAbramczik den Ball mit Wucht und hoch vorsTor. Zu hoch für einen 1,74-Meter-Mann,eigentlich. Doch Klaus Fischer macht Tore ebennicht nur mit dem Kopf, sondern auch mitKöpfchen. Er legt sich waagerecht in die Luft,mit dem Kopf zum Tor und trifft den Ball mitdem rechten Fuß volley. Ohne zu sehen, wohiner schießt. Der Schuss überwindet den ver-dutzten Schweizer Torhüter Burgener, überdessen Kopf der Ball einschlägt.

Das Publikum springt auf, so etwas haben sienoch nie gesehen. Es ruft minutenlang „Zu -gabe“ und der „Kicker“ weiß schon am nächs -ten Tag, was da passiert war: „4:1 und Fischers

Tor des Jahres“ wird der Spielbericht über-titelt – sechs Wochen vor Jahresende. Es bliebnicht dabei: Der Treffer wurde von den ARD-Zuschauern auch zum „Tor des Jahrzehnts“und sogar des Jahrhunderts gewählt. Schlag-artig ist der Mittelstürmer ein Held. Anfang1980 wählen die Leser einer SportzeitschriftFischer zum beliebtesten Stürmer des Lan-des – mit mehr Stimmen als die fünf Verfol-ger zusammen. Warum? Fischer hat in seinerGlanzzeit die Ästhetik des Toreschießens perFallrückzieher in die nächsthöhere Dimen-sion bugsiert, er war sozusagen ein Hoch-ballartist. Auch Seitfallzieher („die habe ichtrainiert“) und Flugkopfbälle hatte er im Reper-toire. Für einen wie ihn ging man ins Stadion.Am 27. Dezember wird er 60, einen Tag nach

dem Weihnachtsfest. Es geht ihm gut, er istgesund und hat viel zu erzählen über den Fuß-ball von damals und heute. Wir erlauben unsdie Frage, ob der Fallrückzieher eigentlichschon tot ist? Wann man überhaupt noch malden Versuch sieht, geschweige denn ein der-artiges Tor in Spielen auf hohem Niveau?Gewiss, zehn Jahre nach seinem Tor gegendie Schweiz hat Jürgen Klinsmann an glei-cher Stelle für den VfB gegen die Bayern aufdie gleiche Weise ein „Tor des Jahres“ erzielt –aber sonst? Heute gewinnt man diesen Titelmeist durch kuriose Fernschüsse – oder auf-grund ihrer Bedeutung wie der Kopfballtref-fer von Nia Künzer im WM-Finale 2003. Woaber sind Fischers Erben?

Das Idol einer Generation nimmt seine Nach-folger in Schutz. Zum einen werde heute einanderer Fußball gespielt, die wenigsten Klubshätten noch echte Außenstürmer, die aus vol-lem Lauf flanken können. Außerdem sei seinTalent eine Laune des Schicksals gewesen:„Ich habe das nie trainiert. Es gibt Dinge, diekannst du nicht lernen, da bin ich mir mit UweSeeler einig. Der Fallrückzieher gehört dazuund Uwes berühmtes Hinterkopf-Tor gegenEngland bei der WM 1970 auch. Es muss haltvieles passen: Die Flanke muss kommen unddu musst den Mut dazu haben.“

Aber was sollen die Mittelstürmer von heuteschon anfangen mit den Flanken, fragt er sichimmer öfter vor dem Bildschirm oder im Schal-ker Stadion, wohin es ihn oft zieht. „Die Bana-nenflanken von Manni Kaltz gibt es auch nichtmehr. Die hatten so viel Druck, da musstestdu als Stürmer einfach nur in den Ball rein-gehen.“ Und überhaupt mangele es den Mit-telstürmern von heute vielleicht auch manch-mal an Selbstvertrauen. Er durfte ja nochimmer durchspielen, weil man stets auf seinTor hoffte – und sei es mit dem Schlusspfiff.Fischer war im Verein konkurrenzlos in denGoldenen Siebzigern, „heute jedoch werdenStürmer schnell ausgewechselt“. Und wemdas drohe, der mache nicht auch noch Kunst-stücke – so wie er vor über 30 Jahren.

Früher war manches besser, aber sicher nichtalles. Vieles wird im Rückblick verklärt. Schonzu seiner Zeit waren solche Tore eine Rari-tät. Zwar denken einige heute von Fischer, erhabe derartige Artistik-Tore in Serie produ-

Fallrückzieher

56 | DFB-Journal 4/2009

ziert, dabei machten sie nicht mal ein Pro-zent aus in seiner Vita, in der unter anderem268 Bundesliga- und 32 Länderspiel-Tore ste-hen. Es waren aber nur vier Fallrückzieher-Tore darunter: eines für Schalke 04, eines fürdie Traditionself von 1860 München und zweiin der Nationalmannschaft.

Das zweite war das legendäre 3:3 im WM-Halb-finale 1982 in Sevilla gegen Frankreich.Fischer: „Hätte ich den nicht reingemacht,hätten doch alle gefragt, warum ich ihn nichtganz normal angenommen hätte? Doch dafürwar eben keine Zeit, dann wären zwei Fran-zosen da gewesen.“ Wieder war es das „Tordes Jahres“, wie schon 1975 in einem Bun-desligaspiel in Karlsruhe. So kultivierte er inSevilla ein letztes Mal seinen Ruf. Dass er da-rauf nicht reduziert werden will, macht schonder Titel seiner 2006 erschienenen Biografiedeutlich „Fallrückzieher und mehr …“.

Seit 1997 leitet Fischer mit alten Weggefähr-ten wie Willi „Ente“ Lippens, Gerd Zewe, Mat-thias Herget und natürlich Rüdiger Abramczik,sofern der Zeit hat, eine Fußballschule undbesucht in den Ferien Fußballvereine im gan-zen Land. Im Jahr ist er damit 16 bis 20 Wochenbeschäftigt, betreut rund 2.500 Kinder.

Fischer macht ihnen dann immer klar, dass esnur wichtig sei, dass der Ball ins Tor komme –

und nicht wie. Aber am Ende jedes Kurses machter dann doch den Fallrückzieher, „weil sie esalle unbedingt sehen wollen. Die Eltern auch“.Dass er es nicht verlernt hat, bewies er in einem Spiel letztmals am 30. Juli 2003 – imDerby der Münchner Traditions-Mannschaf-ten von 1860, wo Fischers Karriere begann,und dem FC Bayern. Selbst dieser Treffer wurdenoch ein „Tor des Monats“, damals war erschon 53.

Vor vier Jahren mussten er und Abramczikfür eine Zeitschrift sogar in den Smoking stei-gen und in der leeren Schalke-Arena dendamals scheinbar letzten Fallrückziehermachen, schließlich wurde Fischer anschlie-ßend am Meniskus operiert. Aber in diesemHerbst flog er schon wieder durch den Dreck,für eine WDR-Reportage anlässlich seines run-den Geburtstags. So lange Klaus Fischer lebt,lebt der Fallrückzieher. Das ist beruhigend.

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60 | DFB-Journal 4/2009

Für den DFB spielen seine Altinternationalen nicht nur auf dem Rasen eine wichtige Rolle

Historische Begegnung aufDie aktive Karriere in einem großen Verein liegt

hinter ihnen, dafür sind sie heute Mitglieder

im exklusivsten Fußball-Club Deutschlands.

Durch den vor zwei Jahren ins Leben gerufe-

nen „Club der Nationalspieler“ und das welt-

weit aktive Traditionsteam fördert der DFB den

engen Kontakt zu seinen Altinternationalen.

Die ehemaligen Welt- und Europameister sind

regelmäßig als Botschafter des deutschen Fuß-

balls im Einsatz. Und sie entdecken dabei Facet-

ten, die sie als aktive Spieler nicht gesehen

haben. Höhepunkt des Jahres war ein Ehe-

maligen-Treffen in Hamburg und ein ganz beson-

deres Traditionsspiel in Moskau. DFB-Redak-

teur Wolfgang Tobien über alte Helden und neue

Perspektiven.

Es war eine besondere Platzbegehung:Fredi Bobic mitten auf dem Roten Platzin Moskau. Auf der einen Seite das Lenin-Mausoleum und dahinter die gewaltige,

20 Meter hohe Kreml-Mauer mit dem Fried-hof, auf dem einstige Sowjet-Größen wie Sta-lin, Breschnew, Gagarin oder Maxim Gorki bei-gesetzt sind. Auf der Seite gegenüber das zueinem gigantischen Konsumtempel aufgerüs -tete Kaufhaus GUM mit seiner markanten Archi-tektur im altrussischen Stil. Im Süden dieberühmte Basilius-Kathedrale mit ihren neunbunt bemalten Kuppeltürmen. Und an der Nord-seite schließlich der dunkelrote Backsteinbau

des Historischen Museums, flankiert von demzweitürmigen Auferstehungstor.

Mitten auf dem Kopfsteinpflaster des legen-denumwobenen Paradeplatzes stand derEuropameister von 1996, staunend, überwäl-tigt. „Mit einem Gefühl, wie ich es so noch niebei mir wahrgenommen habe“, sagte FrediBobic. „So wird er wohl aussehen, der so oftzitierte Mantel der Geschichte. Fantastisch“,sagte er und genoss die historische Kulisse.„Wann hat man so etwas früher schon malgemacht und auf sich einwirken lassen, wennman als Fußballprofi auf Dienstreise im Aus-

land war. Hinflug, Hotel, Training, Spiel undAbflug. Das war die immer gleiche Kombina-tion, in der man weder Zeit noch Gelegenheitund oft auch keine Lust hatte, sich solch tolleSehenswürdigkeiten mal genauer anzu-schauen“, sagte Bobic nach seinem zwei-stündigen Erkundungstrip durch Moskau.„Jetzt nimmt man Reisen und Aufenthalte inanderen Ländern und Städten ganz andersund viel intensiver wahr.“

Jetzt – das war in diesem Fall der Auftritt derDFB-Traditionsmannschaft beim Freund-schaftsspiel gegen die Altinternationalen der

| 61DFB-Journal 4/2009

dem Roten PlatzRussischen Fußball-Union im Oktober. EineBegegnung, die dem Andenken an LewJaschin, einen der ganz Großen des Welt-fußballs, gewidmet war. Am 20. März 1990 istder legendäre Torhüter von Dynamo Moskaugestorben. Am 22. Oktober 2009 wäre er 80Jahre alt geworden. „Der Fußball darf nie denKontakt zu seinen Wurzeln verlieren und mussseine großen Spieler in Ehren halten“,beschrieb DFB-Präsident Dr. Theo Zwanzigeram Vorabend beim offiziellen Bankett dengenerellen Auftrag des Traditionsteams.

Für die DFB-Auswahl um Kapitän Lothar Matthäus war es das 25. Spiel seit dem erstenAuftreten im Jahr 1997. Dass die Mannschaftbei ihrem silbernen Jubiläum nach Toren desehemaligen Bremers Wladimir Bestschastnichund von Stefan Beinlich beim 1:1 zum 25. Mal

in Folge ungeschlagen blieb, war auch dies-mal mehr als nur eine statistische Randnotiz.Denn ehrgeizig sind sie alle noch. Das gilt fürLothar Matthäus (48), den Rekordnational-spieler und Weltmeister von 1990, ebenso wiefür Manfred Kaltz (56) und Mirko Votava (53),die Europameister von 1980, für Fredi Bobic(38) und Dieter Eilts (45), die 1996 zusammenmit dem damaligen Ersatztorwart Oliver Reck(44) in England den EM-Titel gewannen. Oderfür Frank Baumann (34), Stefan Beinlich (37)und Libero Matthias Herget (54), um nur einigeaus dem Team zu nennen, das in Moskau 423A-Länderspiele in sich vereinigte. Sie alle gebennach wie vor alles, um zu gewinnen – oderzumindest nicht zu verlieren.

Beeindruckt war Fredi Bobic – hier eineSzene vom Spiel der Traditionsmannschaftin Moskau – vom Besuch des Roten Platzesmit der Basilius-Kathedrale und dem Kreml.

62 | DFB-Journal 4/2009

Die sportlichen Erfolge sind jedoch nur dieeine Seite. Die andere sind das Auftreten unddie Ausstrahlung des Traditionsteams nebendem Spielfeld. „Diese Jungs haben als A-Nati-onalspieler während ihrer Profizeit maßgeb-lich für das weltweite internationale Renom-mee des deutschen Fußballs gesorgt. Inzwischenwerden sie überall, wo sie antreten, als Bot-schafter unseres Fußballs, unseres Verbandesund unseres Landes gefeiert“, sagt DFB-Vize-präsident Dr. Hans-Georg Moldenhauer, der seitvier Jahren als offizieller Delegationsleiter desDFB-Traditionsteams fungiert. DFB-Abtei-lungsleiter Markus Weidner, in dessen Ressortfür Trainerwesen, Ausbildung und internati-onale Beziehungen die Traditionsmannschaftangesiedelt ist, sagt: „Diese Mannschaft ist alstolles Aushängeschild unseres Verbandes ein

hervorragendes Instrument, um die Marke DFB im Ausland zu positionieren.“

Unterwegs aus guter Tradition. „Die Kollegenbetrachten diese Auslandsauftritte wirklichals eine Mission und kommen immer mit gro-ßer Freude zu uns. Mal zu einem Wohltätig-keitsspiel für die Egidius-Braun-Stiftung oderfür einen anderen guten Zweck, mal im Diensteiner Image-Kampagne des Fußballs in Süd-afrika oder wie jetzt in Moskau zum Geden-ken und zu Ehren eines ganz Großen unsererZunft“, betont Dieter Burdenski, der als Team-manager von der ersten Stunde an diese Aus-wahl mit viel Hingabe managt.

Fredi Bobic, derzeit Sportdirektor beim bul-garischen Spitzenklub Tschernomorets Bur-

gas am Schwarzen Meer, gewinnt seinem Enga-gement in der hochkarätigen Oldie-Auswahleinen weiteren Anreiz ab: „Hier finden sichzwei, drei Spielergenerationen zusammen.Jungs wie Klaus Fischer, Mattes Herget oderManni Kaltz habe ich mir zu ihrer Bundesliga-Zeit früher im Stadion von der Tribüne ausangeschaut. Jetzt spiele ich mit ihnen odermit Felix Magath, Rudi Völler, Klaus Allofs, demKalle Rummenigge oder den Förster-Brüdernhin und wieder in einer Mannschaft und mantrifft sich einmal im Jahr im Club der Nati-onalspieler. Dabei wird die Tradition endlichintensiver gepflegt, und es werden sehr posi-tive Netzwerke geflochten und gepflegt, diefür alle von uns, die weiter im Fußball tätigsind, von großem Nutzen sind.“

Dementsprechend gilt und sieht sich das DFB-Traditionsteam, das vor zwölf Jahren in AlmaAta gegen die Auswahl Kasachstans seine Pre-miere feierte und seitdem weltweit unter ande-rem in den Arabischen Emiraten und in Argen-tinien, im mexikanischen Monterrey, in Italien,Frankreich oder in Tiflis vor der mit 45.000Zuschauern bisher größten Kulisse im Einsatzwar, als das sportliche Aushängeschild desClubs der Nationalspieler. Dieser exklusive Clubhat sich seit der von DFB-Generalsekretär Wolf-gang Niersbach initiierten Gründung im April2008 zu einer lebhaften Community der ehe-maligen Stars aus Ost und West entwickelt.So war auch beim zweiten Jahrestreffen, dasdiesmal im Vorfeld des WM-Qualifikationsspielsgegen Finnland am 14. Oktober 2009 in der

Die beiden Ehrenspielführer Franz Beckenbauer und Uwe Seeler begrüßen sich beim zwei-ten Jahrestreffen des Clubs der Nationalspieler in Hamburg.

Gruppenbild mit den beiden Traditionsmannschaften aus Russland und Deutschland in Moskau.

| 63DFB-Journal 4/2009

Viel zu erzählen hatten sich Felix Magath, Hansi Müller und Horst Hrubesch.

Hamburger WM-Arena stattfand, mit mehr als200 Ex-Nationalspielern geballte Fußball-Geschichte versammelt.

Die „Mannschaft“ der ehemaligen DDR-Starswurde angeführt von Joachim Streich, demRekordspieler und Rekordtorschützen der frü-heren DDR-Auswahl. Konrad Weise aus demTeam der Olympiasieger von 1976 in Montrealwar ebenso gekommen wie Bernd Bransch,der Kapitän der unvergessenen WM-Mann-schaft von 1974. Dazu kamen Eberhard Vogel,René Müller, Henning Frenzel, Jürgen Nöld-ner oder Andreas Thom, der erste Akteur, derfür beide deutschen Nationalteams gespielthat. Und viele andere mehr.

Prominent repräsentiert waren auch die legen-dären Erfolgsteams des DFB. Helmut Haller,Willi Schulz, Hans Tilkowski und Siggi Heldpersonifizierten neben Beckenbauer undUwe Seeler die Mannschaft, die 1966 eine unver-gessene WM in England gespielt und das End-spiel wegen des ominösen „Wembley-Tores“verloren hatte. „Til, den Ball hättest Du damalsfausten müssen“, schallte es dem Dortmun-der Torhüter Tilkowski entgegen, als er dieSchalker Sitzecke mit den Kremers-Zwillin-gen, Olaf Thon und Klaus Fischer passierte. Viel geflachst und erzählt wurde auch an denTischen der 1980er-Europameister, die mitManni Kaltz, Hans-Peter Briegel, Hansi Mül-ler, Felix Magath, Horst Hrubesch und LotharMatthäus in Hamburg so zahlreich wie kei-nes der anderen erfolgreichen DFB-Turnier-

teams vertreten war. Franz Beckenbauer undHelmut Kremers repräsentierten das Welt-meister-Aufgebot von 1974, während LotharMatthäus, Guido Buchwald, Uwe Bein, Olaf Thon,Stefan Reuter und Günther Hermann die Welt-meister von 1990 vertraten.

Ganz besonders herzlich wurde Karl-HeinzSchnellinger von den ehemaligen Mitstreiternbegrüßt. Der blonde „Carlo“, der zunächst alsSpieler für Düren 99 und den 1. FC Köln undspäter für Rom und AC Milan zwischen 1958und 1970 vier WM-Endrunden in Folge absol-viert hatte, kam aus seiner Wahlheimat Mai-land eingeflogen. Er brachte auf den Punkt,was wohl viele Club-Mitglieder empfanden:„Die meisten von uns waren doch schon fastvergessen. Umso schöner ist es, dass uns der

DFB mit dieser Club-Gründung aus der Ver-senkung herausgeholt hat. Ich habe das guteGefühl, dass man sich jetzt wieder um unskümmert.“ Kein Tag wie jeder andere.

„Wir brauchen Sie nach wie vor. Vor allemauch als Vertreter und Botschafter fürunsere sozialen und gesellschaftlichen Auf-gaben. Wir möchten daher sicherstellen, dassdie Bindung und die Verbindung des DFB zuseinen ehemaligen Nationalspielern in kei-ner Weise verloren gehen“, rief Dr. Theo Zwan-ziger in seiner Begrüßungsrede den Altstarsentgegen, die sich endlich gefunden haben.Und die bei ihrem grenzenlosen Einsatz anderePrioritäten setzen als früher. Fredi Bobic jeden-falls wird seine Platzbegehung in Moskau nichtvergessen.

Inka Grings steht symbolisch für das erfolgreiche Jahr der deutschen Frauen

Mit Chico auf die CouchAusspannen, erholen, neben ihrem Misch-

lingshund auf dem Sofa liegen. Inka Grings freut

sich auf die Winterpause. Ein paar Tage will

sie gar nichts tun, nur ein paar Tage. Danach

wird wieder trainiert, hart und zielstrebig. Für

die Stürmerin gilt das, was für die gesamte

deutsche Frauen-Nationalmannschaft gilt: Nie-

mand ruht sich auf dem Gewinn der Europa-

meisterschaft 2009 aus, alle schauen längst

in Richtung WM 2011. DFB-Redakteur Niels Barn-

hofer über eine Spielerin, die exemplarisch für

die erfolgreiche deutsche Mannschaft steht.

Entspannung zwischenden Spielen: Inka Gringsschöpft aus den Ruhe-pausen neue Kraft.

| 65DFB-Journal 4/2009

Wer einen solchen Lauf hat, für densind Pausen nicht gemacht. Da heißtes, das Hochgefühl bis zum Anschlagauskosten. Von einem Erfolgser-

lebnis zum nächsten fliegen. Die Sonne küs-sen und die Welt umarmen. Nicht so Inka Grings.Mit der Abgeklärtheit eines Routiniers undder Kaltschnäuzigkeit einer Torjägerin bremstsie die um ihre Person köchelnde Begeiste-rung. „Das war ein wunderschönes, aber auchein sehr langes und wahnsinnig anstrengen-des Jahr. Insofern freue ich mich jetzt auf die Winterpause“, sagt die Angreiferin desFCR 2001 Duisburg.

Mit wenigen Unterbrechungen hat Inka Gringsdas komplette Jahr durchgespielt. Es hat sichgezogen, und trotzdem ist die Zeit verflogen.Denn die Höhepunkte reihten sich dicht andicht. Beginnend mit dem Comeback in derNationalmannschaft im Februar bei der Par-tie gegen China in Bielefeld. Über den span-nenden Titelkampf in der Frauen-Bundesliga.Die Titelgewinne im UEFA-Cup und im DFB-Pokal. Dann die EURO in Finnland. Die individuellen Auszeichnungen: Torschützen-Königin in der Bundesliga und bei der Europa -meisterschaft, „Fußballerin des Jahres“ inDeutschland, beste Spielerin des Turniers beider EM.

Diese Aufzählung ist jedoch nur ein Auszugaus der gringsschen Bestenliste 2009. KeineGewähr auf Vollständigkeit. Die Fortsetzungist jedoch nicht ausgeschlossen. Falls dasGefühl kompensiert werden kann. Das Gefühlnämlich, dass es gut läuft. „Ich hatte es daserste Mal im vergangenen Jahr, als wir zumQualifikationsturnier im UEFA-Cup in dieUkraine geflogen sind“, berichtet Inka Grings,„da habe ich gemerkt, dass viele Dinge gelin-gen. Und das verselbstständigt sich dann, daist man im Fluss oder wie im Rausch. Du merkst,dass du deine Mitspielerinnen mitziehen kannstund lässt dich von ihnen mitziehen.“ Klingtnach Teilchen-Beschleuniger auf dem Fußball-Platz. Und beschreibt doch nur die ganz banaleSehnsucht einer Spielerin. „Ich hoffe, dieser

Zustand hält an, bis ich aufhöre mit dem Fuß-ballspielen. Tore zu schießen und Spiele zugewinnen, macht einfach nur Spaß“, erklärtInka Grings.

Allerdings ist das Erreichen dieses Stadiumskeine Selbstverständlichkeit. Klar, mit harterArbeit kommt man dahin. Aber ein Rezept,ähnlich einer physikalischen Formel, gibt esdafür nicht. „Viele Faktoren“ macht Inka Gringsdaher hierfür verantwortlich. Als Basiselementnennt sie ihre Gesundheit. „Ich war in der Ver-gangenheit häufig vom Pech verfolgt, hatteviele Verletzungen und konnte mich dahernie konstant im Training weiterentwickeln“,so die Torjägerin. Der Körper spielte zuletztmit, was bei Sportlern in zunehmendem Alterkeineswegs eine gegebene Gnade ist.

Ein Erklärungsansatz dafür könnte jedoch diementale Haltung sein. Zumindest horcht manauf, wenn Inka Grings sagt: „Auch von derPsyche her ist bei mir derzeit alles im Ein-klang. Ich fühle mich wohl. Bin gesund undglücklich, einfach absolut ausgeglichen.“Das strahlt sie auch aus. Nicht nur auf demPlatz. Wahrscheinlich ist es das, was etwa DFB-

Trainerin Silvia Neid meint, dass sie in InkaGrings „eine Persönlichkeit“ in ihrer Mann-schaft weiß. Eine Spielerin nämlich, die Ehr-geiz und Ernsthaftigkeit verbindet, Respektverdient und Autorität ausstrahlt.

Dabei räumt Inka Grings ein, dass sie sich aucherst dahin entwickeln musste. „Die vergan-genen Jahre haben mich vom Wesen her wei-tergebracht. Ich habe Fehler begangen, dieich heute nicht mehr machen würde. Ich habegelernt und an meiner Person gearbeitet“, sagtsie. Als „ausgeglichener“ und „offener“beschreibt sie sich heute. Eigenschaften, dieihr auch halfen, den Weg zurück in die Nati-onalmannschaft zu ebnen. „Es war wichtig, inmich gekehrt zu sein. Ich bin froh, dass ichdas Gespräch mit Silvia Neid gesucht habe.Und noch mehr freut es mich, dass ich einezweite Chance bekommen habe“, erzählt sie.

Letztlich stellte Inka Grings unter Beweis, dasssie nicht bloß Worthülsen produzierte, son-dern Wort hielt. Sie hängte sich auf dem Platzin die Sache hinein, so wie man das von ihrerwarten durfte, aber sie integrierte sich auchin die Gemeinschaft. „Das sind auch die sport-

Die Torjägerin ist schwer vom Ball zu trennen.

66 | DFB-Journal 4/2009

lichen Faktoren. Es macht unheimlich viel Spaßin der Nationalmannschaft zu spielen. Wirhaben tolle Spielerinnen und einen super Team-geist“, so die Stürmerin des FCR 2001 Duis-burg. Im Endeffekt war es so, als sei sie nieweg gewesen. In den 16 Länderspielen, diedie Frauen-Nationalmannschaft 2009 absol-viert hat, stand sie 15-mal auf dem Feld. Aus-gerechnet und einzig beim Brasilien-Län-derspiel im April fehlte sie verletzungsbedingt.Um ihren Wert für das Team zu erklären, reichtes fast, auf die neun Tore zu verweisen, diesie erzielt hat – es ist knapp ein Viertel allerTreffer des Teams im abgelaufenen Jahr.

Und weil sich die 79-malige Nationalspiele-rin im Kreis der DFB-Auswahl so wohlfühlt,bricht sie gerne auch mit einem ihrer Grund-sätze. „Eigentlich schaue ich immer nur vonJahr zu Jahr“, erzählt sie. Heute geht ihr Blickaber schon bis ins Jahr 2011. Die WM im eige-nen Land. „So etwas werde ich als Sportlerinnie wieder erleben können. Ich werde allesdaransetzen, um dabei zu sein“, erzählt sie.

Das sagt sie auch in dem Wissen, was bis dahinauf sie zukommen wird. „Ein strammes Pro-gramm.“ Und das fängt schon 2010 an. „Wirhaben im kommenden Jahr zwar kein Groß-

ereignis, dafür ist es umso wichtiger, jedenLehrgang und jedes Länderspiel so zu nut-zen, um bestmöglich vorbereitet in die WMzu gehen“, erklärt Inka Grings. Feststehenbereits Länderspiele gegen Nordkorea (17. Februar), Schweden (22. April) und die USA (22. Mai) sowie die Teilnahme am Algarve Cup mit Vergleichen mit Dänemark(24. Februar), Finnland (26. Februar) und China(1. März). „Das sind alles Gegner, die sind unan-genehm und schwer. Die bringen alle eine große Qualität mit und werden zudem nochhoch motiviert sein, um dem WM-Gastgeberund WM-Favoriten eins auszuwischen. Vondaher werden wir diesen Teams mit Respektbegegnen, aber auch mit dem Selbstbe-wusstsein eines amtierenden Welt- und Euro-pameisters“, erklärt sie.

Vor diesem Hintergrund ist es nur zu ver-ständlich, dass sich Inka Grings auf die Win-terpause freut. Vielleicht wird sie mal kurzverreisen. Ganz spontan. Ab in den Schnee.„Ein paar Tage entspannen“ hat sie sich schonin ihren Kalender geschrieben. Ihr Hund „Chico“wird ihr dabei helfen. „Der ist fantastisch erzo-gen“, erzählt sie, „der kann den ganzen Tagauf der Couch liegen.“ Aber nicht nur das. „Erist auch eine gute Begleitung, wenn ich jogge.“Und dieser Wesenszug des Mischlings wirdbestimmt sehr schnell gefordert sein. Denn:„Über drei oder vier Wochen gar nichts zumachen – das geht bei mir keinesfalls!“

Stürmerin Inka Grings in ihrer Lieblingspose.

Die DFB-Frauen feiern nach dem 6:2-Erfolgüber England in Helsinki den Gewinn des

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Franz Beckenbauer war Abwehrspieler.„Von Haus aus“, wie er sagt. Dank sei-ner Kreativität und strategischen Bega-bung war er de facto aber auch Offen-

sivspieler, beherrschte wie kaum ein Zweiterdie Spieleröffnung, das effektive Umschaltenvon Abwehr auf Angriff. In die Offensive gehtder „Kaiser“ denn auch jetzt, da es gilt, denEnde Oktober eröffneten Kartenverkauf fürdie FIFA Frauen-WM 2011 in Deutschland zubeflügeln.

„Wer 2006 bei der Männer-WM dabei war, kommtwieder“, erklärt Beckenbauer im Brustton derÜberzeugung. Er weiß als Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees, das als Regierung des Welt-fußballs die WM-Turniere vergibt, wovon erspricht. Und er betont, dass die Frauenfußball-WM in Deutschland ebenso wie die Männer-WM 2006 für lange Zeit etwas Einmaliges blei-ben wird: „Bei der FIFA stehen für beide Turnierein den folgenden Jahren so viele Kandidaten

vor der Tür, dass Deutschland in den nächstendrei, vier Jahrzehnten keine Fußball-WM mehrerleben wird. Deswegen habe ich mir meineKarten für 2011 jetzt schon gesichert.“

Beckenbauers Beispiel und der Optimismus,mit dem er den Ticketverkauf forciert, bleibtnicht ohne Wirkung. Die derzeit laufende undnoch bis zum 31. Januar 2010 terminierte ersteVerkaufsphase mit dem Angebot der so genann-ten Städte-Serien ist viel versprechend. MitteDezember waren bereits mehr als 160.000 Ein-trittskarten beantragt. „Unser Ange bot derStädte-Serien, die zum Besuch aller WM-Spielean dem jeweiligen Spielort berechtigen, scheintauf Anhieb ein Volltreffer zu werden. Es freutuns jedenfalls sehr, dass die Frauen-WM 2011innerhalb so kurzer Zeit ein solch großes Inte-resse findet“, sagt OK-Präsidentin Steffi Jonesund betont: „Unsere Verkaufsstrategie, mit denStädte-Serien zunächst die Fans und Bewoh-ner rund um die Spielorte und dabei mit mode-

raten Preisen Familien und Kinder anzuspre-chen, hat sich bewährt.“

Eine besondere Zielgruppe haben der DFB undsein OK zudem bei der zweiten Verkaufsphaseim Visier. Sie wird am 17. Februar 2010 im Rah-men des hochkarätigen Freundschaftsspielsder deutschen Frauen-Nationalmannschaftgegen die starken Nordkoreanerinnen inDuisburg gestartet und richtet sich in ersterLinie an die Fußball-Basis. Mit den speziellen„20elf-Tickets“ werden exklusiv die Vereineim DFB-Bereich angesprochen, mit preiswer-ten Eintrittskarten live dabei zu sein. Das heißt,dass eine Gruppe mit mindestens elf Perso-nen einen Rabatt von 20 Prozent pro Personauf jede Eintrittskarte erhält. Ein Gruppenspielkann in der günstigsten Kategorie schon fürneun Euro miterlebt werden.

„Ein solches Angebot konnten wir 2006 nichtofferieren. Damit wollen wir diesmal ein Zei-chen setzen, wie wichtig uns die Basis ist“,sagt Ulrich Wolter, der OK-Gesamtkoordina-tor. Dabei verweist er auf die 26.500 Vereine,die unter dem Dach des DFB organisiert sind,und rechnet damit, dass in der bis 30. Juni2010 laufenden zweiten Verkaufsphase wei-tere 100.000 Tickets schnell vergriffen seinwerden.

„20elf von seiner schönsten Seite“: Wer das Motto live und hautnah erleben möchte, sollte

nicht mehr lange mit der Platzreservierung warten. Die Ticket-Nachfrage für die erste Frauen-

fußball-WM in Deutschland ist groß, die Vorfreude riesig. Ab Februar haben Vereine an der Basis

die einmalige Chance, günstige Karten aus einem begrenzten Kontingent zu bestellen. „Ich

habe mir meine Karten für 2011 jetzt schon gesichert“, sagt Franz Beckenbauer. Wie der „Kai-

ser“ das Organisationskomitee unterstützt, beschreibt DFB-Redakteur Wolfgang Tobien.

Vorfreude auf 2011: Tolle Stimmung herrschte im Augsburger WM-Stadion beim Frauen-Länderspiel gegen die USA.

FIFA Frauen-WM 2011: Großer Ansturm auf die ersten Ticket-Pakete

Selbst der „Kaiser“ hat

| 69DFB-Journal 4/2009

Im Klartext bedeutet dies: Ehe nach dem Abpfiffdes Finales der Männer-WM 2010 in Südafrikader generelle Kartenverkauf mit dem Ange-bot der begehrten Einzeltickets, insbesonderefür das Eröffnungsspiel am 26. Juni in Berlinund das Finale am 17. Juli 2011 in Frankfurt

am Main, beginnen wird, könnten mit rund300.000 Eintrittskarten bereits knapp dieHälfte der 700.000 zur Verfügung stehendenTickets abgesetzt sein. „Ein Jahr vor dem WM-Anpfiff wäre dies ein hervorragendes Zwi-schenergebnis, das beweist, welch großen

Anklang dieses Turnier findet, dessen Bekannt-heitsgrad in der deutschen Bevölkerung inzwi-schen auf 55 Prozent angewachsen ist“, sagtOK-Pressechef Jens Grittner.

„Unser Ziel ist es, dass alle 32 WM-Spiele aus-verkauft und die Tribünen voll besetzt seinwerden“, hatte Steffi Jones schon zu Beginndieses Jahres erklärt. Die Zwischenbilanzbestätigt die OK-Chefin in ihrem hohenAnspruch. Tolle Zahlen beim Kartenverkauf,ein beeindruckendes Interesse bei der Rekru-tierung der Volunteers, wo bereits 4.000 Bewer-

schon Karten

Steffi Jones und Franz Beckenbauer werbenfür den Ticket-Verkauf der Frauen-WM 2011.

70 | DFB-Journal 4/2009

Traumstart für TEAM 2011 Die Anmeldezahlen der am 1. Juli 2009gestarteten DFB-Schul- und Vereinskam-pagne TEAM 2011 übertreffen alle Erwar-tungen: Nach fünf Monaten wehen an rund5.100 Vereinsheimen und 2.400 Schulen die TEAM-2011-Fahnen als sichtbares Zei-chen: „Wir sind dabei und ein Teil der Welt-meisterschaft 2011!“ Mit über 7.000 regis -trierten Teilnehmern gelang TEAM 2011 einabsoluter Traumstart.

Neben dem für Schulen und Vereine attrak-tiven und mit tollen Preisen ausgestatte-ten Wettbewerb hat der Titelgewinn derFrauen-Nationalmannschaft bei der Europa -meisterschaft in Finnland einen zusätzli-chen Anmeldeboom ausgelöst. Für „mäch-tig Betrieb“ an der Basis sorgen auch dieneu geschaffenen 330 Kreisteams, die vorOrt mit ihren Besuchen in den Schulen undVereinen großartige Arbeit leisten. Immermehr Mädchen finden über Mädchenfuß-ball-Arbeitsgemeinschaften in den Schulenden Weg in die Vereine. Vereine und Schu-len erkennen auch, wie wichtig eine Zusam-menarbeit beider Institutionen für dieZukunft ist. Insbesondere bei dem immergrößer werdenden Angebot der Ganztags-schule hat der (Mädchen-)Fußball einegroßartige Chance, sich zu platzieren.

500 Mädchenmannschaften werden nachder Winterpause in ihren neuen TEAM-2011-Trikots auflaufen, und immer mehr Mäd-chenfußball-Arbeitsgemeinschaften anSchulen freuen sich über das tolle Starter-Set, mit allen notwendigen Materialien fürdas Training. Alle Schulen und Vereine, diedie vier Bausteine erfolgreich bearbeitenund die maximale Punktzahl von zwölferreichen, haben zehn adidas-Bälle sicher.Mit etwas (Los-)Glück warten weitere hoch-emotionale Preise, wie die Fahrt im Nati-onalmannschaftsbus zum WM-Eröffnungs-spiel 2011 in Berlin oder die aktive Teil-nahme an der Eröffnungs- und Schlussfeier,auf die Schulen und Vereine.

Alle Informationen zur großen DFB-Schul-und Vereinskampagne finden Sie unterhttp://teams2011.dfb.de.

bungen aus 70 Nationen vorliegen, sowie dieRekordkulisse von 44.000 Zuschauern beimLänderspiel gegen Brasilien am 22. Mai in Frank-furt und eine gegen die USA mit 28.377 Besu-chern ausverkaufte Arena in Augsburg lie-fern erste Einblicke, was 2011 zu erwarten ist.

„Volle Stadien sind aber nicht nur eine wirt-schaftliche Herausforderung, sondern aucheine atmosphärische Verpflichtung. Bei unssind 2011 die 16 besten Mannschaften der Weltversammelt. Jede von ihnen hat es verdient,

sich vor einer tollen Kulisse zu präsentieren.Daran arbeiten wir, zum Beispiel auch mit einembunten Mitmach- und Animationsprogrammfür die Familien abseits der 90 Minuten rundum die WM-Arenen“, sagt DFB-Generalsekre-tär Wolfgang Niersbach und ergänzt: „Wir lie-gen mit allen unseren Vorbereitungen sehrgut im Plan. Es gibt allerdings nicht den gerings -ten Grund, sich selbstzufrieden zurückzu-lehnen.“ Soll heißen: Auch Franz Beckenbau-ers hilfreicher Offensivgeist bleibt weiterhingefragt.

Der Aufruf von Steffi Jones, DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach und DFB-VizepräsidentinHannelore Ratzeburg hat sich gelohnt: Bereits 4.000 Volunteers haben sich für die WM inDeutschland beworben.

Die Europameisterinnen Kim Kulig (Zweite von links) und Simone Laudehr

unterstützen die Kampagne TEAM 2011.

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72 | DFB-Journal 4/2009

Lukas Podolski war da. Wolfgang Overathauch. Und Oberbürgermeister JürgenRoters sowieso. Vom Nationalspielerüber den Präsidenten des 1. FC Köln bis

hin zum Stadt-Oberhaupt der Rhein-Metro-pole. Die Botschaft war bei allen Veranstal-tungen, die bislang zum DFB-Pokalfinale derFrauen 2010 stattgefunden haben, dieselbe:Hier seid ihr richtig, hier gehört ihr hin. Köln,

so der Tenor, ist der einzig logische Austra-gungsort für ein separates Pokalfinale derFrauen.

Weil sich der Frauenfußball in den vergan-genen Jahren rasant entwickelt hat, war derWunsch nach einem eigenen Finale immer grö-ßer geworden. Im April 2009 begann per Aus-schreibung die Suche nach einem neuen Aus-

tragungsort. Am Ende setzte sich Köln unter15 Bewerbern durch. Die Entscheidung warnicht leicht. Am Ende fiel sie für die Dom-Stadt. Köln bietet ein erstklassiges Gesamt-konzept, bei dem auch die touristische Kom-ponente eine wichtige Rolle spielt.

Seitdem haben sich der Deutsche Fußball-Bundund die Stadt Köln einiges einfallen lassen,um das DFB-Pokalfinale mit seinem neuen Aus-tragungsort in den Fokus zu rücken. Den Auf-takt bildete Anfang Oktober im RheinEner-gieStadion die stimmungsvolle Auslosung derAchtelfinal-Begegnungen des laufenden Wett-bewerbs. Erstmals zog ein Nationalspieler ausdem Team von Bundestrainer Joachim Löwdie Paarungen bei den Frauen. Das Kölner IdolLukas Podolski wagte dabei eine optimistische

Der 15. Mai 2010 ist ein ganz besonderes Datum in der Geschichte des Frauenfußballs. An die-

sem Tag wird das DFB-Pokalfinale der Frauen erstmals als eigenständige Veranstaltung in Köln

ausgetragen. Aus dem Berliner Vorprogramm in eine neue Dimension, mit prominenter Unter-

stützung, eigener Hymne. Und mit einer Trophäe, die auch symbolisch für den wachsenden Stel-

lenwert des Frauenfußballs in Deutschland steht. DFB-Redakteurin Annette Seitz über Premieren -

fieber und Pokalvorfreude.

Finale der Frauen findet 2010 erstmals in Köln statt

Ein Pokal mit Symbolkraft

Die Kölner Nationalspielerin Sonja Fuss und FC-Präsident Wolfgang Overath präsentieren den neuen Pokal für das Frauenfinale.

Prognose: „Wer Köln kennt, der weiß, was hieralles möglich ist. Ich gehe fest davon aus, dassdas Stadion beim Finale ausverkauft sein wird.“ Auch der neue Oberbürgermeister JürgenRoters setzte ein besonderes Zeichen. Seineerste Amtshandlung als Rathauschef war dieUnterzeichnung des Kooperationsvertragszum Frauenfinale zwischen Stadt und DFB.Auch beim zweiten Event zum PokalfinaleAnfang Dezember war Roters dabei. Im Köl-ner Rathaus wurden unter anderen im Bei-sein von Wolfgang Overath, dem Präsidentendes 1. FC Köln, zwei Geheimnisse gelüftet. Daserste: die Vorstellung des neuen Frauenpo-kals. Hannelore Ratzeburg, die DFB-Vizeprä-sidentin für Frauen- und Mädchenfußball, warbegeistert: „Der Schritt in die Eigenständig-keit bekommt durch den neuen Pokal eineganz eigene Symbolik.“

Die zweite Überraschung: Der Pokalsong zumEndspiel erlebte seine Weltpremiere. Auf derBühne im Saal Piazzetta sorgte die Kölner Kult-band „Höhner“ mit WM-Botschafterin SharyReeves für Stimmung. Beim textlich modifi-zierten und neu arrangierten Kulthit „Da sim-mer dabei! Dat is prima! VIVA COLONIA!“ konnteauch Overath nicht mehr still sitzen. Der Welt-meister von 1974 outete sich nicht nur als Höh-

ner-Fan, sondern auch als Freund des Frau-enfußballs: „Die Entwicklung in den vergan-genen Jahrzehnten ist großartig. Es macht Riesenspaß, bei den Frauen zuzuschauen.“

Overath erhielt aus der Hand von DFB-Gene-ralsekretär Wolfgang Niersbach zum Start desVorverkaufs das erste Ticket für das Pokal-

finale der Frauen. Mit einem Augenzwinkernwies ihn Niersbach auf die Anstoßzeit unddas zeitversetzt am selben Tag terminierteMänner-Pokalfinale hin: „Wir haben das Frauen - endspiel extra auf 16 Uhr gelegt, damit dudanach mit dem Helikopter noch nach Berlinfliegen kannst – falls die Männer des FC dortim Finale stehen ...“.

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Gemeinsam für den Austragungsort Köln: Nationalspieler Lukas Podolski und der KölnerOberbürgermeister Jürgen Roters.

Die „Höhner“ und Shary Reeves bei der Premiere des neuen Pokalsongs.

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Report: Wie ein Frauenteam aus Berlin für Gleichberechtigung und Völkerverständigung eintritt

Im Klub der unverhüllten Träume

Gemeinsame Freude nach der Begegnung der iranischen Frauen-Nationalmannschaft mit Al-Dersimspor in Teheran.

Sechs Verbandsliga-Spielerinnen von Al-Dersimspor sitzen in einer Eckkneipe,trinken Tee oder Milchkaffee undsprechen über Fußball. Über ihre

Träume, die da Regionalliga oder sogar 2. Bun-desliga heißen. Über ihre Enttäuschung, dassdas Rückspiel gegen die Frauen des iranischenNationalteams wohl nie zu Stande kommenwird. Und über die WM 2011.

„Das wird noch einmal einen riesigen Schubgeben“, hofft Mehtap Ardahanli, die Spieler-trainerin. „Aber nicht ganz so verrückt wiedamals 2006.“ Zeynep Kucak kontert: „JedesStadion wird voll sein. Das Fernsehen und dieZeitungen werden riesengroß berichten.“ UndFrieda Schmidt ergänzt: „Bei der WM der Män-ner waren wir Nebensache. Diesmal geht eswirklich um Frauenfußball. Ich bin gespanntund freue mich darauf.“

So geht es hin und her, bis Susu El-Agha ihrLächeln in die Runde wirft und sagt, was siesich von 2011 erwartet. „Ich wünsche mir, dasswir ein Land namens Al-Dersim gründen unduns noch für die WM qualifizieren.“ Alle lachen.Mehtap umarmt Susu, die anderen klatschenab, weil jeder weiß: Der 22-jährigen Torjäge-rin ist wieder einmal ein Volltreffer gelun-gen.

Willkommen im Land Al-Dersim. Dort, wo derFußball lebt und Träume wahr werden. Dort,wo Hautfarbe und Nationalität so neben-

sächlich sind wie die Frage, ob die letzte Zif-fer der Handynummer gerade oder ungeradeist. Dort, wo im Schmelztigel Berlin eine Mann-schaft entstanden ist, die nicht alle Gegnerbesiegen kann. Aber allen etwas zeigen, daskönnen die Frauen von Al-Dersim ganzbestimmt.

2005 hatte eine Spielerin, Marlene Assmann,die verrückte Idee, das Spiel im Iran zu orga-nisieren. 2006 fand es statt, nach aberwitzi-gen Schwierigkeiten – und mit riesigem Erfolg.2.000 weibliche Fans im Ararat-Stadion vonTeheran (kein Mann durfte dabei sein), eingerechtes 2:2 und ein Film, der die Seeleberührt. Die Kreuzberger Frauen akzeptier-ten alle Bedingungen der iranischen Sitten-wächter, bedeckten sich selbst beim Kickenvon Kopf bis Fuß mit Kleidungsstücken, umdie Partie möglich zu machen. Aber die Bot-schaft kam umso unverhüllter zum Tragen. Frauen – stellvertretend für alle Unterdrück-ten auf diesem Planeten – lassen sich auf Dauernichts verbieten. Schon gar nicht etwas der-art Begeisterndes, Mitreißendes und Unschul-diges wie Fußball. Die Szene, in der die Mut-ter einer iranischen Spielerin mit ihrerTochter auf die Straße geht und beide im Tscha-dor den Ball tanzen lassen, ist ganz großesKino. Die Begeisterung und die in den Film-aufnahmen offen geäußerte Regime-Kritik derZuschauerinnen auf den Tribünen zeigen diegewaltige Kraft der sportlichen Völkerver-ständigung.

Und auch wenn diese Szenen sicher mit einGrund waren, dass das Rückspiel ein Jahr spä-ter in Berlin kurzfristig abgesagt wurde, bleibtdas Vermächtnis einer großen Idee für immerdokumentiert. „Ich habe mich nie so frei gefühltwie nach der Rückkehr aus Teheran“, sagt Susugute drei Jahre nach dem fünftägigen Ausflug.„Als ich wieder in Deutschland war, haben sichviele Sachen, die mich vorher gestört haben,in Luft aufgelöst.“

Susu – ihre Mutter kommt aus Tunesien, derVater ist ein Palästinenser aus dem Libanon –ist im Land Al-Dersim diejenige, die jede Heraus -forderung mit Volldampf angeht. Jeder Ballwird mit vollem Risiko auf den Kasten geknallt.Entweder zerreißt fast das Netz oder derMaschendrahtzaun hinter dem Tor hat eine neueDelle. Susu könnte, trotz eines gerade erst aus-geheilten Schien- und Wadenbeinbruchs, sicherein oder gar zwei Ligen höher spielen. Abersie denkt nicht mal daran. „Erstens hat nochnie eine Spielerin Al-Dersim für einen ande-ren Verein verlassen. Und zweitens habe ichhier nicht nur Fußball, sondern viel mehr. Jederkann jeden jederzeit anrufen, wenn er mal Hilfebraucht. Ich will mit dieser Mannschaft nachoben. Oder eben gar nicht.“ Also bleibt Susu.Auch, weil sie hier Susu bleiben kann.

Als das Rückspiel gegen die Iranerinnen platzte,blieb bei 2.000 verkauften Eintrittskarten nichtmehr genug Zeit, um allen Zuschauern (undJournalisten) rechtzeitig abzusagen. Also gin-

Sie tragen Trikot statt Tschador, sie akzeptie-

ren keine kulturellen Ausgrenzungen und sie

alle haben gemeinsam Spaß am Fußball. Der

BSV Al-Dersimspor ist mehr als ein Fußball-

verein. In Berlin-Kreuzberg hat sich eine Gruppe

junger Frauen gefunden, für die Herkunft, Reli-

gion oder Sprache keine Rolle spielen. Sie waren

der erste Länderspielgegner einer iranischen

Frauen-Nationalmannschaft und wurden da -

durch zu Hauptdarstellern in einem preisge-

krönten Dokumentarfilm. Wie ihr Alltag aus-

sieht, hat sich Andreas Lorenz, Sportchef des

„Berliner KURIER“, angeschaut.

Engagierter Einsatz beim Verbandsliga-Spiel zwischen Al-Dersimspor und Hertha 03 Zehlendorf.

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gen die Frauen von Al-Dersim alleine auf denRasen des Katzbachstadions. Manche wein-ten. Aber Susu winkte ein TV-Team heran undrief ihre Botschaft nach Teheran in die Kamera:„Wir hatten sogar einen Ball in euren Lan-desfarben. Niemals vergessen: Nummer 9 liebteuch.“

Ein bisschen träumen sie immer noch davon,dass es mit dem Wiedersehen irgendwann malklappt. Aber das hindert die Frauen von Al-Dersim nicht daran, ihr normales Fußballer-leben weiterzuführen. Inzwischen gibt es nebender ersten auch eine zweite Mannschaft (ins-gesamt 35 Spielerinnen) und zwei Nachwuchs-Teams. Al-Dersim ist sozusagen ein Einwan-derungsland – und mächtig stolz darauf.

Donnerstagabend auf dem Kunstrasenplatzan der Möckernstraße. Al-Dersimspor trainiertim Schatten des Tempodroms. Ein typischesBerlin-Bild. Das protzige, umstrittene und viel

zu teuer gewordene Zirkuszelt aus Beton wirftseinen Schatten auf die denkmalgeschütz-ten Ruinen des Anhalter Bahnhofs, der imFebruar 1945 zerbombt wurde und aus-brannte. Drumherum tobt das Weltstadt-leben. Im Umkreis von gut einem Kilometerliegen Ost und West und Mitte, glänzt der Pots-damer Platz mit seinen Nobelhotels undEinskaufs palästen und irrlichtert die Oranien -straße. 1980 sang die Band Ideal: „Ora nien -straße, hier lebt der Koran. Dahinten fängtdie Mauer an.“ Die Mauer ist weg, der Koranist geblieben.

Die 17 Frauen, die unter Flutlicht für das nächs -te Verbandsligaspiel schwitzen, sind die grel-len Lichter und grelle Gegensätze gewohnt.Sie sind eine deutsch-türkisch-kroatisch-mon-tenegrinisch-griechisch-spanisch-tunesisch-kongolesisch-ghanaisch-dänisch-kanadischeFamilie, die sich ihren eigenen Platz im stän-digen Chaos der Weltstadt geschaffen hat.

„Selbst bei den Deutschen haben wir Ossisund Wessis“, lacht Sophie Uteß, die aus Neu-brandenburg zu Al-Dersim kam.

Mehtap, die Trainerin, verlangt viel von ihrenSpielerinnen. Weit über 90 Minuten wird ge-ackert. Abwechslungsreich, aber knallhart. Undimmer wieder werden Angriffssituationengeübt. Für den erhofften Aufstieg in die Regi-onalliga. Mehtap selbst spielte schon viel höher.Bundesliga bei Tennis Borussia, türkischeNationalmannschaft. Jetzt, im Lande Al-Der-sim, kann sie alles Gelernte anwenden. Undsteuert ihre Mannschaft in jeder Sekunde –

Spielertrainerin Mehtap Ardahanli ist nicht nur auf dem Platz ein Vorbild.

Torjägerin Susu El-Agha (links) jubelt malwieder über einen Treffer.

DFB- und Mercedes-Benz-Integrationspreis Seit 2007 wird der DFB- und Mercedes-Benz-Integrationspreis verliehen. Mit 150.000 Euro inGeld- und Sachwerten zählt er zu den höchstdotierten Sozialpreisen in Deutschland. Fast 240Vereine, Schulen und Projekte reichten 2009 ihre Unterlagen ein. Eine Jury mit DFB-PräsidentDr. Theo Zwanziger, Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer, Nationalmannschafts-ManagerOliver Bierhoff und Ursula Schwarzenbart, Leiterin Global Diversity Office der Daimler AG,wählte neun Nominierte aus. Der DFB- und Mercedes-Benz-Integrationspreis 2009 wird beimFrauen-Länderspiel gegen Nordkorea am 17. Februar 2010 in Duisburg verliehen.

Kategorie Verein:BV Altenessen 06. Der BV Altenessen arbeitet in seinem Stadtteil, einem sozialenBrenn punkt, mit acht Schulen und einerMoschee zusammen.

DJK Borussia Münster. Der SV DJK BorussiaMünster fördert gezielt die interkulturelleKompetenz seiner Mitglieder durch spezielleTrainingseinheiten. Die zielgruppengerechteAnsprache und Einbindung der Elterngeschieht mit Hilfe von Elternseminaren.

NFC Rot-Weiss Berlin 1932. Der NFC Rot-Weiss Berlin 1932 aus einem sozialen Brenn-punkt Berlins fördert den Mädchenfußball.Der Verein arbeitet eng mit der Franz-Schu-bert-Schule, der Grundstufe des CampusRütli, zusammen

Kategorie Schule:Grundschule Landskronastraße Bremen.Die Schule aus einem sozialen Brennpunktfördert den Fußball für Jungen und Mädchenin Zusammenarbeit mit dem Verein SG Marßel.

Graf-Ludwig-Gesamtschule Völklingen.Die weiterführende allgemeinbildende Schulehat sich beim DFB-Aktionstag im Mai 2009auf den 1.000 DFB-Mini-Spielfeldern hervor-

getan. Darüber hinaus legt sie Wert auf Fuß-ballangebote in Kooperation mit einem Fuß-ballverein.

Fridtjof-Nansen-Schule Hannover.Die Schule aus einem sozialen Brennpunktbietet in Zusammenarbeit mit dem VereinBorussia Hannover Mädchenfußball-AGs an.Auch den Müttern der Mädchen wird ein Fußballangebot gemacht.

Kategorie Sonderpreis:Stadt Eschweiler. 2006 hat die StadtEschweiler ein komplexes Integrationskon-zept unter Einbindung zahlreicher lokalerAkteure entwickelt. Ziel ist die Verknüpfungder Bereiche Schule, Verein und Migranten-Organisation.

Kreisstadt Dietzenbach. Seit 2008 werden inDietzenbach 30 Einzelprojekte im Rahmeneines Modellprojekts durchgeführt. Themen-schwerpunkte sind „Sport und Bewegung“sowie die Förderung des Mädchenfußballs.

InFö e.V. Tübingen. InFö e.V ist ein interkultu-relles Mehrgenerationenhaus, das seineInteg rationskurse und Migrationsberatungennach dem Motto „Morgens lernen, mittagskicken“ mit Fußball verbindet.

vor allem dann, wenn es die Spielerinnen garnicht merken.

Sonnabend, 13 Uhr, derselbe Kunstrasenplatz,Punktspiel gegen Hertha 03 Zehlendorf.Zweiter gegen Dritter. Al-Dersim siegt 7:4,führte dabei zwischenzeitlich 7:1. Mehtap undZeynep erzielen je drei Tore. Neben den Traum-kombinationen im Angriff bleibt die Sport-lichkeit der Mannschaft in Erinnerung. DerTriumph wird nicht ausgekostet, minutenlangstehen die beiden Teams nach dem Abpfiffzusammen.

Am Spielfeldrand sorgte 90 Minuten lang Hamu-dis Clique für Stimmung. Hamudi ist Sususälterer Bruder und bei jedem Spiel seinerSchwester dabei. „Das hier ist doch Fußball“,schwärmt er. „Richtiger Fußball. Da kann dereine oder andere Profi mal vorbeikommen undsich was abschauen an Begeisterung und Ein-satz.“ Mit dem Schiedsrichter hatten die Jungsvor Spielbeginn ganz locker vereinbart, dasssich der Unparteiische nicht über ein paar Böl-ler aufregt, solange die nach hinten durch denDrahtzaun geworfen werden.

Jetzt, nach sieben Treffern, ist nur noch einFeuerwerkskörper übrig. Hamudi ist unten aufdem Feld, nimmt Susu in den Arm. Im selbenMoment knallt es. Al-Dersim ist vielleicht garkein Land, aber auf jeden Fall ein richtig guterFilm.

Im Schatten des Tempodroms trainieren die Spielerinnen von Al-Dersimspor.

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DFB-Mobil besucht im Jahr 2009 mehr als 2.000 Vereine

Training auf RädernJugendtrainer wechseln häufig, sind im Beruf stark eingespannt und haben oftmals wenig Zeit

für Trainingsvorbereitung. Um Hilfestellung zu geben, schickt der DFB rund 30 Mobile auf Rei-

sen. Dort helfen, wo die Nachhilfe gebraucht wird – das Motto geht auf. Rund 300.000 Kilo-

meter haben die mobilen Trainer bisher zurückgelegt und dabei mehr als 2.000 Vereine besucht.

Siebenmal um die Erde. DFB-Redakteur Thomas Hackbarth ist ein kleines Stück mitgefahren.

Die 15 Jungs, zwischen acht und zehnJahre alt, stehen gebeugt im Kreis,die Arme über die Schulter des Nach-barn gelegt. Ein Marin-Trikot, ein

Schweinsteiger, ein rot-schwarzes DFB-Aus-wärtstrikot, einmal auch TuS Koblenz. Dannlegt Jonas los. „Alles ist gut, solange du wild,laut und gefährlich bist! Wie sind wir? Wild! Laut! Gefährlich! Und jetzt alle schreien.“Die 15 Jungs des SSV Biebernheim schreien,was das Zeug hält. Gerade wurden die E- undF-Jugendlichen des Kreisligisten aus dem Huns-rück-Mosel-Kreis 90 Minuten von zwei A-Lizenz-Trainern im Auftrag des DFB geleitet.

Burkhard Lau und Udo Bläser sind an die-sem Samstagmorgen mit dem DFB-Mobil hierins Rheintal nach St. Goar gefahren. Den Kidsdes SSV Biebernheim hat die Einheit hör-bar Spaß gemacht. „Schon das Aufwärmen

läuft bei vielen Jugendtrainern nicht opti-mal, sie lassen Runden laufen oder machenlangweilige Dehnübungen“, erklärt Lau.Beim DFB-Training wird Fangen gespielt. Oderdie Jungs dribbeln wild durcheinander, aufengstem Raum und mit unterschiedlichenBällen. So schaut altersgerechtes Aufwär-men aus.

Der 51-jährige Hauptkommissar aus Bonn hatheute um 8 Uhr das DFB-Mobil beim Landes-verband in Koblenz abgeholt. 30 Transportertouren durch Deutschland, vor wenigenTagen wurde ein Meilenstein passiert: 2.000Vereinsbesuche. Im Schnitt ist jedes der 30Fahrzeuge dafür dreimal pro Woche unter-wegs. Alles zusammengerechnet wurden schon300.000 Fahrtkilometer zurückgelegt – mehrals siebenmal um die Erde. Seit Novemberführen die Mobil-Teams bei den Vereinen auch

Hallentrainings-Einheiten durch. „Die Reso-nanz von Seiten der Trainer, Vereins- und Kreis-mitarbeiter ist sehr positiv. Das DFB-Mobilkommt prima bei den Vereinen an“, sagt DFB-Abteilungsleiter Wolfgang Möbius. Mit Ab -schluss der dreijährigen Projektphase wirddas DFB-Mobil bei 10.000 Veranstaltungen ein-gesetzt worden sein. 100.000 Trainer von derBasis, die meisten aus dem Jugendbereich,werden dann einen Besuch des DFB-Mobilsmiterlebt haben.

Auch ausländische Fußball-Verbände wollendas Erfolgsmodell adaptieren. „Besucheunserer Trainer bei Amateurvereinen sindnichts Neues. Durch den Einsatz eines Ver-bands-Mobils schaffen wir vor Ort richtigeEvents. Die Kids werden begeistert sein. Und noch ein Plus: Unser Automobilpartnerist positiv eingebunden. Wir sind von der Idee überzeugt“, sagt Corne Groenendijk, Koor-

Altersgerechtes Aufwärmprogramm: Auf engstem Raum wird beim DFB-Training wild durch-einander gedribbelt.

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dinator Fußball-Entwicklung beim Königlich-Niederländischen Fußball-Verband.

„Das Projekt hat eine gute Qualität. Da stimmteinfach alles: die Ausstattung der Fahrzeuge,die Schulungsmaßnahmen und die Bekleidungfür uns Teamer“, sagt Lau. Der Aufwand sei-tens des DFB ist beträchtlich, die Bandbreiteder Schulungsangebote ebenfalls. Das ist auchnötig, denn im Jugendbereich wechseln dieTrainer schnell. Immer wieder übernimmt einPapa den Trainerposten, dessen trainings-methodisches Grundwissen noch ausbaufä-hig ist. Dieses ehrenamtliche Engagement istunschätzbar wichtig. Aber die eigene Zeit alsSpieler und die samstägliche „Sportschau“sind aufgrund fehlender Zeit oder fehlenderBildungsangebote häufig der einzige Fundus,aus dem das nächste Training der F-Jugendgestrickt werden muss.

DFB-Chefausbilder Frank Wormuth, der die Fuß-ball-Lehrer-Ausbildung an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln leitet, kennt diedaraus resultierenden Probleme. „Der unge-schulte Trainer ist oft die Ursache für Aus-tritte der Fußballspieler im Jugendbereich“,sagt Wormuth. „Typische Fehler sind das nicht-kindgerechte Training, die variationslosenInhalte, das überbetonte Leistungsdenken derTrainer und die mangelnde Fähigkeit, mit Kon-fliktsituationen zwischen den Jugendlichenumzugehen.“

Oft entstehen bei ungeschulten Trainern imÜbungsteil der Einheit für den einzelnen Spie-ler lange Wartezeiten. In St. Goar dagegensind die Kinder 90 Minuten permanent in Bewe-gung. „Wenige Regeln, aber die strikt ein-halten“, nennt Lau eine weitere Maxime derDFB-Trainer. Ohnehin spielt Persönlichkeits-

Entwicklung gerade im Jugendbereich einewichtige Rolle. „Der Trainer sollte kleine Auf-gaben vergeben, wie das Einsammeln der Bälle.Schritt für Schritt erwachsen daraus die spä-teren Teamleader.“

Hansi Flick ist von der Wirkung des DFB-Mobilsüberzeugt. Seit dem Tourstart begleitet derAssistenz-Trainer der Nationalmannschaftdas Projekt. „Das DFB-Mobil gibt konkreteAnregungen für ein attraktives Fußball-Trai-ning im Nachwuchsbereich. Tipps zur ein-fachen Organisation und Durchführungeiner Trainingseinheit helfen den überwie-gend nicht-lizenzierten Trainern“, sagtFlick. Und Wormuth ergänzt: „Mit dem DFB-Mobil werden zumindest grundsätzliche Toolsan den Trainer gebracht. Die nachhaltigeUmsetzung obliegt dann den Protagonistenim Verein.“

Wenn Hansi Flick (links) zu den Vereinen kommt, sind die Kids begeistert.

80 | DFB-Journal 4/2009

Matthias Sammer, welche Bilder kommen Ihnen

bei der sportlichen Rückschau auf 2009 spon-

tan ins Gedächtnis?

Der Klasse-Freistoß von Florian Trinks in derVerlängerung des Endspiels der U 17-EM inMagdeburg. Zudem eine Momentaufnahmeder U 21-EM: Horst Hrubesch und sein Assis -tent Thomas Nörenberg bei ihren nächtlichenSpaziergängen um das Teamquartier inSchweden, wo sie immer wieder reflektiertund neue Strategien gesucht haben. Das Bildzeigt, dass wir für den Erfolg im vergange-nen Jahr sehr hart gearbeitet haben.

Gab es einen Faktor, der bei allen drei Titeln aus-

schlaggebend war oder sind alle drei Turniere

unterschiedlich zu bewerten?

Ein Schlüssel zum Erfolg war die akribischeArbeit jedes einzelnen DFB-Junioren-Trainersentsprechend seiner Individualität und seinerPersönlichkeit. Unter der Führung des Trainers wurde die Kompetenz des gesamtenTrainer- und Funktionsstabs unserer Juni oren-Mann schaften auf hohem Niveau eingebracht.Die besondere Konzentration auf die Leis -tungssteuerung der Fitness, und speziell aufdie Grundlagenausdauer unserer Mannschaf-ten zu den Endrunden, hat eine wichtige Basisfür unsere Erfolge geschaffen. Ein wichtiger

Faktor war außerdem die Schaffung einer Mann-schaftsstruktur und die spezielle Arbeit mitden Führungsspielern in den einzelnen Teams.Es ist uns gelungen, dass diese Spieler unsereVorstellungen mitgetragen haben.

Bereits zu Jahresbeginn sprachen Sie von „min-

destens einem Titelgewinn“ in 2009 und pro-

phezeiten gar, dass die Arbeit von Marco

Pezzaiuoli mit der U 17 belohnt werden wird.

Hatten Sie eine Vorahnung, dass dem U 19-Titel

weitere folgen könnten?

Wir haben das Selbstbewusstsein, dass dieMaßnahmen, die wir mit unserem Konzept zurEliteförderung 2006 eingeleitet haben, irgend-wann in Titelgewinnen sichtbar werden.Unsere Philosophie beinhaltet, dass Leis tungplanbar ist. Wir haben unsere Leistungsvo-raussetzungen Konstitution, Kondition, Tech-nik, Taktik und Persönlichkeit inhaltlich kon-sequent bearbeitet und die Planungen ohneKompromisse durchgezogen. Dabei habe ichbei allen Beteiligten extremen Hunger nachErfolg gespürt. Auch wenn wir auf das biszum Sommer Erreichte stolz sein können: Wirstehen immer noch am Anfang eines lang-fristigen Prozesses. Da dürfen wir die Augenvor Momenten, die leistungshemmend sind,nicht verschließen.

Was meinen Sie damit?

Nach der U 21-Europameisterschaft haben wirunsere Vorgaben bei den Auswahlmann-schaften nicht in der gleichen Konsequenzgelebt wie zuvor. So haben wir in der lau-fenden Saison von der U 17 bis hinauf zur U 21 Probleme in der EM-Qualifikation. Dasfür sportliche Erfolge notwendige kritischeKlima, die konstruktive Auseinandersetzung,haben wir vernachlässigt.

Den Siegen auf dem Rasen folgten die Titel neben dem Platz. Von der UEFA wurde der DFB für

die beste Nachwuchsarbeit in Europa ausgezeichnet, zuvor durfte der Verband den Deutschen

Nachhaltigkeitspreis entgegennehmen. Für Matthias Sammer, als Sportdirektor verantwortlich

für die U-Teams, Talentförderung und Trainerausbildung, sind das schöne Auszeichnungen der

DFB-Arbeit, aber kein Grund sich darauf auszuruhen. Im Interview mit DFB-Redakteur Maximi-

lian Geis beschreibt er, wie die Talentförderung weiter optimiert werden soll.

Im vergangenen Mai gewannerstmals eine deutsche U 21-Nationalmannschaft die Europameisterschaft.

Sportdirektor Matthias Sammer über Erfolge und Perspektiven der Nachwuchsförderung

„Der Trainer muss auch ein

Gilt das auch für die beiden Junioren-Weltmeis-

terschaften im Spätsommer?

Bei der U 20 haben wir es nicht geschafft, mitden Bundesliga-Klubs einen guten Konsenszu finden. Horst Hrubesch hat mit seinem Teamdas Beste aus der Situation gemacht, aberwir konnten unserem Anspruch in dieser Kons -

tellation nicht gerecht werden. Ähnliches giltauch für die U 17-WM in Nigeria, wo die Spie-ler unter schwierigen Umständen ihr optimalesLeistungsvermögen nicht erreichen konnten.Das waren in vielen Bereichen kleine undleichte Rückschläge auf unserem Weg.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

Nach dem grandiosen Sommer haben wir esnicht geschafft, mit unserer neuen Rolle umzu-gehen. Wir hatten etwas erreicht, die Wahr-nehmung hatte sich verändert. Damit muss-ten wir umgehen. Die größte Schwachstellesehe ich in Kompromissen, die wir eingegangensind. Wir haben die Auseinandersetzung unddas Streitgespräch immer im Interesse derSache nicht mehr gesucht und den harmo-nischen Weg gewählt. Ich kann mich nur wie-derholen: Aus meiner Erfahrung heraus gehtdas im Leistungssport in die falsche Richtung.Eine fruchtbare Atmosphäre kann sich nuraus einer kritischen Auseinandersetzungentwickeln.

Sie haben bei Ihrem Amtsantritt im Jahr 2006

den Anspruch formuliert, „etwas aufzubauen“

und „junge und leistungsstarke Spieler“ an die

Nationalmannschaft heranzuführen. Angesichts

der Entwicklung von beispielsweise Boateng,

Neuer und Özil müssen Sie sich in Ihrer Zielset-

zung bestätigt fühlen.

In der individuellen Leistungsfähigkeit habenwir in der Tat Fortschritte gemacht. Wir müs-sen aber die Individualität der Spieler nochstärker weiterentwickeln und dazu ihren Cha-rakter schulen. Die Spanier, von deren EM-Startformation 2008 zehn Spieler – außer demgebürtigen Brasilianer Marcos Senna - imJunioren-Bereich Titel gewonnen haben, sinddas beste Beispiel für eine kontinuierliche underfolgreiche Nachwuchsarbeit. Da haben wirNachholbedarf. Wir pflegen aus meiner Sichtzu oft einen zu behutsamen Umgang mit unse-ren Talenten. Ich vermisse eine wirklich kri-tische Auseinandersetzung mit den jungenSpielern über ihren Entwicklungsstand, dieaber immer förderlich, hilfreich und unter-

Pädagoge sein“

Matthias Sammer verfolgtmit den Junioren-

Mannschaften hohe Ziele.

stützend geführt werden muss. Wenn wirunsere besten Talente wirklich fördern wol-len, dürfen wir auch das Fordern nicht ver-gessen.

Beinhaltet das die „Gier nach Erfolg“, von der

Sie zuweilen sprechen?

Bei einem großen Turnier am Ende als Siegerdazustehen und den Pokal überreicht zu bekom-

men, prägt einen für’s Leben. Diese Erfahrunghabe ich selbst gemacht, als ich 1986 mit derDDR-Auswahl U 18-Europameister wurde. Ichhalte es für wichtig, dass man den Spielerngenügend Raum zur individuellen Entwicklunggibt. Aber wir müssen Rahmenbedingungenaufzeigen und Anstöße geben. Neben der indi-viduellen Entwicklung muss ein Instinkt dafürentwickelt werden, Sieger sein zu wollen. DieSpieler wachsen daran, wenn sie sich in schwie-rigen Phasen behaupten und sich der Ver-antwortung stellen.

Nicht nur die EM-Titel, sondern auch der Nach-

haltigkeitspreis oder die Maurice-Burlaz-Trophäe

geben dem DFB mit seiner Konzeption recht.

Als ich 2006 DFB-Sportdirektor wurde, bin ichmit Präsident Dr. Theo Zwanziger, General-sekretär Horst R. Schmidt und seinem desig -nierten Nachfolger Wolfgang Niersbach aufLeute getroffen, die meine Arbeit als Sport-direktor und das Bekenntnis zur Eliteförde-rung unterstützen. Es ist unsere grundsätz-liche Denkweise, durch gute und nachhaltigeNachwuchsförderung unser AushängeschildNationalmannschaft mit einer guten Basis zuversehen und junge Spieler heranzuführen.

Sie haben Ende dieses Jahres einen Kodex für

die Junioren-Nationalspieler vorgestellt. Was

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DFB-Vizepräsident Dr. Hans-Dieter Drewitz (links) und Matthias Sammer nehmen die Maurice-Burlaz-Trophäe in Empfang.

Auszeichnungen für„herausragendeNachwuchsarbeit“ Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hatden Deutschen Fußball-Bund in Nyon für diebeste Nachwuchsarbeit in Europa mit derMaurice-Burlaz-Trophäe ausgezeichnet. DasKriterium für die Vergabe dieses Preises,der alle zwei Jahre verliehen wird, ist dasAbschneiden der Verbände bei den Europa-meisterschaften der U 19- und der U 17-Junioren in den Jahren 2008 und 2009.

Weiterhin erhielt der DFB in Düsseldorf fürseine „herausragende Nachwuchsarbeit“,dem Bau von 1.000 Mini-Spielfeldern inganz Deutschland und seine zentralen Bei-träge zur Integration den Deutschen Nach-haltigkeitspreis 2009. Die Veranstaltungstand unter der Schirmherrschaft von Bun-deskanzlerin Angela Merkel. Der DeutscheNachhaltigkeitspreis prämiert Unterneh-men, die vorbildlich wirtschaftlichen Erfolgmit sozialer Verantwortung und Schonungder Umwelt verbinden.

Lennart Thy und Florian Trinks freuen sich über den Sieg im U 17-EM-Finale in Magdeburg.

fussballtraining liefert Trainern aller Alters- und Leistungs-

stufen in 12 Ausgaben auf über 500 Seiten pro Jahr geballtes

Trainer-Know-how, hilft beim Planen, Gestalten, Organisieren,

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ausbilden, bietet Lösungen, wenn es im Trainingsalltag hakt.

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Der Schlüssel: Unsere Trainer!

„Wir, der DFB, bieten mit der neuen Ausbil-

dungskonzeption eine Orientierung für eine

umfassende spielerische und persönliche

Förderung unserer Spieler auf allen Stufen.

Sie, die Trainer, sind Schlüssel für die

erfolgreiche Umsetzung dieses Konzepts. Die DFB-Trainer-

zeitschrift fussballtraining sowie andere Medienbausteine

unterstützen Sie in Ihrer Aufgabe mit kompetenten Praxis-

hilfen für ein attraktives, wirkungsvolles Training.“

Matthias Sammer DFB-Sportdirektor

erwarten Sie von den begabtesten Nachwuchs-

fußballern Deutschlands?

Gemeinsam mit Spezialisten aus allen Berei-chen haben wir versucht, unsere Leistungs-voraussetzungen nach modernsten Gesichts-punkten darzustellen und aktiv zu beeinflussen.Die Entwicklung der Seiten einer Persönlich-keit sind hierbei der schwierigste und auchlangwierigste Teil. Ich bin der Auffassung, dasswir uns damit stärker beschäftigen und auchneue Wege einschlagen müssen.

Zum Beispiel?

In unseren Junioren-Mannschaften stehenheute Spieler mit unterschiedlichsten sozia-len Hintergründen und Wurzeln. Wir wollenjeden Einzelnen für unseren Weg begeisternund ihn bei seiner Gesamtentwicklung unter-stützen. Mit dem Leitfaden konfrontieren wirunsere Junioren-Spieler mit „der Seele unse-res Spiels“. Was hat unsere A-Mannschaftgestern ausgezeichnet, was prägt sie heuteund was wird von ihr morgen erwartet. DieSpieler sollen die Tradition des DFB kennenund bereit sein, diese fortsetzen zu wollen.Unser Leitfaden ist eine Orientierung auf die-sem, zugegeben anspruchsvollen und langenWeg. Das sehen wir als einen längeren Pro-zess an. Daher ist das jetzt der erste Schritt.

Unsere DFB-Junioren-Trainer werden im Dia-log mit den Spielern diesen Prozess weiter-führen.

Nach dem Tod von Robert Enke haben Sie eine

bessere Begleitung der Talente auf dem Weg zur

öffentlichen Person als notwendig erachtet. Wie

weit sind diese Überlegungen?

Mir ist wichtig, dass wir in der Diskussion zwischen der Persönlichkeitsentwicklungund einem tragischen Krankheitsbild grund-sätzlich unterscheiden. Auch wir im Fußballsollten im Blick behalten, dass unsere jun-gen Spieler eine vielseitige Persönlichkeits-entwicklung nehmen. Auf diesem Weg brau-chen junge Spieler Vertrauenspersonen, die

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Trainerpreis für Horst HrubeschAls Nationalspieler wurde er 1980 Europa-meister und erzielte im Finale von Rombeim 2:1 gegen Belgien beide Treffer. AlsTrainer des DFB gewann er innerhalb einesJahres gleich zwei EM-Titel: zuerst mit derU 19 im Juli 2008, danach mit der U 21 beider EM 2009 in Schweden. Eine Leistung,für die Horst Hrubesch mit dem erstmalsvergebenen Trainerpreis des DFB ausge-zeichnet wurde.

Der ehemalige Stürmer hat ein besonderesGespür im Umgang mit Talenten. Und er hateine sehr klare Vorstellung, wenn es um diewichtigsten Werte seiner Spieler geht.„Charakter und Ehrlichkeit“ sind für Hru-besch die Basis einer erfolgreichen Zusam-menarbeit, auf und neben dem Platz. Dasgilt auch für die nächsten Ziele, die derGewinner des „Trainerpreises des deut-schen Fußballs“ anstrebt. Mit der U 19 desDFB heißt seine aktuelle Mission EM-Quali-fikation.

Die Werte Charakter und Ehrlichkeit sind für Horst Hrubesch von großer Bedeutung.

sie auch im Fördersystem des deutschen Fußballs begleiten.

Lässt sich dieser Ansatz mit dem Streben nach

Erfolg vereinbaren?

Wir müssen erfolgsorientiert denken undgleichzeitig dem Spieler vermitteln, dass dieVerantwortlichen beim DFB Ansprechpartnerfür ihn sind, die die persönlichen Belange nieaußer Acht lassen. Die ungewohnte Erwar-tungshaltung erzeugt öffentlichen Druckund auf die Spieler brechen Dinge mitunglaublicher Wucht herein. Der Spielermuss sich dann uns und anderen Vertrau-enspersonen öffnen können.

Kann dies bereits in der Trainerausbildung berück-

sichtigt werden?

Auch hier wiederhole ich mich: Wir verlan-gen, dass Jugendspieler in der Entwick-lungsphase gefordert, aber auch gefördertwerden. Der Trainer muss dazu auch ein Päda -goge und Freund der Spieler sein. Dazu gehö-ren neben Vertrauen auch Ehrlichkeit undDirektheit durch den Trainer.

Schauen wir in das WM-Jahr 2010. Was erwar-

ten Sie?

Wir müssen zusammenrücken und alles unse-rem Ziel unterordnen, Titel zu gewinnen. DieNationalmannschaft ist unser Aushänge-schild, von dem auch die Junioren-Teams desDFB sportlich und wirtschaftlich profitieren.

Daher werden wir alles dafür tun, die sport-liche Leitung um Bundestrainer Joachim Löwund Oliver Bierhoff als Manager zu unter-stützen.

Und wie lauten Ihre Wünsche für 2010?

Grundsätzlich wünsche ich mir Gesundheitfür meine Familie und alle DFB-Mitarbeiter,damit wir mit unveränderter Energie daranarbeiten können, unsere Ziele zu verwirk-lichen. Sportlich wünsche ich mir, dass wir inSüdafrika Weltmeister werden, dass unsereU 17 und U 19 den Sprung zur Endrunde schaffen und wir wieder einen Junioren-Titelholen.

Leitfaden für Junioren-NationalspielerZu einer ziel- und werteorientierten Förde-rung der Junioren hat Matthias Sammer einHandbuch mit einer DVD entwickelt. DerLeitfaden für U-Nationalspieler auf demWeg zur Weltspitze ist in mehrere Kapitelunterteilt.

Unsere Geschichte: Die jungen Spieler wer-den mit der deutschen Geschichte konfron-tiert. Sie sollen die Momente des Triumphs,der großen Freude, aber auch der Traueraus der Historie des Deutschen Fußball-Bundes kennen.

Unsere Ziele: Das Ziel der Anstrengungenist die Weltspitze. Das ergibt sich aus derGröße und der erfolgreichen Geschichtedes DFB. Als individuelle Grundlagen fürSpitzenleistungen gelten: Spielfreude, viel-seitige Fitness, Technik unter Druck, takti-sches Können und Siegeswille sowie dasEinbringen in eine Mannschaftsstruktur.

Unsere Werte: Dazu zählen vor allem An -spruchsdenken, Identifikation, Leiden-schaft und Teamgeist.

Deine Persönlichkeit: Wesentliche Bestand-teile der Entwicklung sind dafür Schulbil-dung, Lernbereitschaft, Verantwortung undSelbstbewusstsein.

Unser Verhalten: Konkrete Regeln werdenfür folgende Bereiche aufgestellt: generel-les Verhalten, Verhalten beim DFB, Verhal-ten im Training, Verhalten im Spiel und leis -tungsgerechtes Verhalten.

| 85DFB-Journal 4/2009

02 03

UNSERE GESCHICHTE

D F B - S P I E L E R H A N D B U C HWir haben im deutschen Fuß-

ball allerhöchste sportliche

Ziele. Dieses Anspruchsdenken

basiert nicht nur auf einer

großen, erfolgreichen Tradition

unserer Nationalmannschaft,

sondern wir können alle unsere

aktuellen sportlichen Konzepte

und Strukturen auf einem

großen Potenzial Millionen fuß-

ballbegeisterter junger Spieler in unseren Vereinen

aufbauen.

Die aktuellen Europameister-Titel unserer U17, U19 und

U21 bestärken uns auf diesem Weg, sind aber letztlich

nur ein erster, wenn auch großer Schritt. Letztlich

muss unsere A-Nationalmannschaft erfolgreich nach

neuen Sternen greifen. Wie unsere DFB-U-Teams hat

auch jeder U-Nationalspieler mit einer Berufung erst

eine weitere Etappe auf seinem langen Weg zu viel

größeren sportlichen Fernzielen zurückgelegt.

Dabei muss jedem bewusst sein: Für diese sportliche

Vision heißt es, sich täglich und mit ganzen Herzen zu

engagieren. Dafür ist jeder selbst verantwortlich.

Zielstrebig zu trainieren, verantwortlich zu handeln,

sich überall vorbildlich zu verhalten — das ist der

Maßstab der Anforderungen an alle U-Nationalspieler,

unabhängig ihrer sozialen Heimat.

Der vorgelegte Leitfaden bietet auf diesem oft nicht

einfachen Weg hilfreiche Orientierung!

Matthias Sammer • Sportdirektor des DFB

Je drei Titel als Welt- und Europameister sind nur die Höhepunkte vieler erfolgreicher

internationaler Auftritte unserer Nationalmannschaft. Diese Kontinuität auf hohem Niveau

begründet das große Ansehen des deutschen Fußballs in Europa und weltweit. Die Mann-

schaft erlebte aber nicht nur glanzvolle Momente, sondern auch bittere Niederlagen und

schmerzliche Situationen. Das ist so im Fußballsport!

Aus dieser großen Tradition des deutschen Fußballs erwächst zugleich die Verantwortung

der heutigen Generation von Spitzenspielern, diese große Geschichte weiter zu führen!

Ein prägnanter Rückblick

auf Siege und Niederlagen

unserer Nationalmann-

schaft bei Welt- und

Europameisterschaften soll

den U-Nationalspielern

dabei helfen, unabhängig

ihrer sozialen Wurzeln die

Ausstrahlung der A-Mann-

schaft und ihrer Spieler-

persönlichkeiten zu ver-

stehen und zu spüren.

Nur wer den Fußball liebtund tagtäglich dafür lebt,

wird seine sportlichen Visionen verwirklichen!

Die U 19 gewann erstmals seit 16 Jahrenwieder einen Titel für eine deutscheJunioren-Auswahl.

Für die Junioren-Nationalspieler wurde ein spezielles Handbuch entwickelt.

„Goal 4 Africa“: Bei einem Benefizspielbewies Michael Schumacher

seine fußballerischen Qualitäten.

86 | DFB-Journal 4/2009

Warum der siebenmalige Formel-1-Weltmeister an keinem Sportgeschäft vorbeigehen kann

Ein Schumacher, der Fußballschuhe sammelt

Er fährt zwar momentan nicht mehr so häufig im Kreis, aber er

kommt immer noch viel rum. Peking, „Race of Champions“, drei

Tage lang lenkt Michael Schumacher die Boliden über die Renn-

strecke. Ein Spektakel, mit und um den siebenmaligen Formel-1-

Weltmeister. Interviews, Autogramme, Fotos. Dazwischen bleibt

nur wenig Zeit für Ausflüge. Der eine führt ihn in die „Verbo-

tene Stadt“. Der andere wie so oft in ein Sportgeschäft. „Und

das erste, was ich in der Hand hatte“, sagt Schumacher, „war

ein Fußballschuh.“ Anno Hecker, Formel-1-Experte der

„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, hat Schumacher

in Peking für das DFB-Journal getroffen und

mit ihm über seine Leidenschaft für Fußball

gesprochen.

| 87DFB-Journal 4/2009

Freude am Kick: Michael Schumacher und Sebastian Vettel, der die zurückliegende Formel-1-Saison als Vize-Weltmeister abschloss.

Li Zhang, Reporter der chinesischenSportzeitung „Titan“ mit Bundesliga-Erfahrung, ist begeistert. „Ich halteSchumacher für einen herausragenden

Techniker“, sagt Li beim Anblick des Deut-schen im Zentrum des Pekinger Olympiasta-dions. Man weiß nicht, wie er das meint. AufAsphalt oder auf Rasen, im Auto oder aucham Ball? Li ist sehr höflich. Aber in einem Fallhat der Chinese vielleicht Recht. Michael Bal-lack wird wohl nicht schlecht staunen, wennSchumacher sein Wissen über Fußballschuhevorträgt und die Kollektion auspackt: „Ja, eskönnten schon mehr als hundert Paar sein.Ab und zu muss ich mal Platz schaffen.“ FürModelle aus einer unbekannteren Welt? „Ichweiß ja nicht, ob es in Peking nicht doch andereFußballschuhe gibt als bei uns in Europa.“Jeden viel versprechenden Schuh wiegt erin der Hand, drückt an ihm herum, prüft dieVerarbeitung.

Schumacher ist längst Experte. Er hat auseiner Männer-Not eine Tugend gemacht. „Mankann es schon mit dem Handtaschen-Tick vonFrauen vergleichen. Wenn ich mit meiner Fraueinkaufen gehe, dann schaue ich halt nachFußballschuhen.“ So peinlich genau wie frü-her nach den Reifen, dem entscheidendenBindeglied zwischen Mensch, Maschine undAsphalt. Schumachers Einkäufe auf demSchuhmarkt werden akribisch getestet. Aufdem Platz in verschiedenen Klassen. Er spieltnoch immer, mit fast 41 Jahren, in drei Kate-gorien: In der inoffiziellen Benefiz-Liga, mitder Piloten-Elf „Nazionale Piloti“ in aller Weltund daheim in der Schweiz als Stammspie-ler der Ü 32 des FC Echichens: „In diesem Jahrwaren es insgesamt nicht so viele Spiele. Ichwar auch verletzt, aber 30, 35 könnten es schonsein. Übrigens bin ich jetzt zum Stürmer gewor-den. Der Coach hat mich nach vorne beor-dert. Bis zur Verletzung lief es gut, manch-mal zwei Tore pro Spiel.“

Die Erfahrungen in der Schweizer Liga, seinLeben mit dem Druck in der Formel 1 habenden Blick für den Fußball in doppelter Hin-sicht geschärft. Schiedsrichter kleinerer Klas-sen fürchten Schumachers Händedruckangeblich. „Ich kann schon feststellen, ob einBall den vorgeschriebenen Druck hat, also0,84 bar. Das Gefühl dafür habe er beimUmgang mit den Reifen als Kartfahrer bekom-men. Leider sind die Bälle manchmal viel zuhart aufgepumpt.“ Luft lässt er auch gerneraus, wenn es der Nationalmannschaft an den

Kragen geht. „Ich habe die harte Kritik damalsnach dem 1:4 gegen Italien in Florenz vor derWM überhaupt nicht verstanden. Man hat jadann gesehen, was sie leisten kann.“

Schumachers Gespür für Atmosphären undkritische Situationen im Leben von Spitzen-sportlern verstärkten die Verbindungen zurAuswahl des Deutschen Fußball-Bundes. Erversteht sich gut mit Bundestrainer JoachimLöw, mit Ballack, trifft den Ton seines „Lands-manns aus Kölle“, Lukas Podolski.

Sie alle spüren den Respekt des deutschenWeltstars. Seine Augen funkeln, wenn er vonden Könnern am Ball schwärmt. Vielleichtschließt sich beim Fußball ein Kreis für Schu-macher: Torwart, Formel-1-Weltmeister, Stür-mer, der Aufstieg zum Rekordmann der For-mel 1 wäre ohne des Deutschen Lieblingsspielsvielleicht gar nicht zu Stande gekommen. Ohneden Frust als Kind auf der Bank. SchumachersJugendtrainer verzichtete immer wieder aufden Einsatz eines Jungen, der in der Schulegerne erzählte, Nationaltorwart Harald „Toni“Schumacher sei sein Onkel. Der eine aus Ker-pen, der andere aus Düren, das klang plau-sibel. „Ich wollte den Klassenkameraden impo-nieren.“

Auf dem Platz aber reichte es nicht für dieStammelf. Vielleicht muss die Motorsport-Frak-tion dem Coach dankbar sein, dass er dasTalent Schumachers anders einschätzte alsJahrzehnte später ein hochdekorierter deut-scher Meistertrainer von internationalem Ruf.„Ich wäre nie Profi geworden“, sagt Schu-macher. Und doch ist ihm gelungen, was selbstmancher Nationalspieler nie erreichen wird:Er spielte (und spielt) mit Künstlern wie Zidane,Figo und Ronaldo, Ronaldinho, kickte in denKultstätten des Weltspiels: im Bernabéu- undMaracanã-Stadion, in Rom gegen das sieg-

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Stippvisite im Trainingslager der Nationalmannschaft vor der WM 2006: Michael Schuma-cher mit Miroslav Klose, Michael Ballack, Oliver Neuville und Lukas Podolski.

Boxenstopp: Wie im Fußball spielt auch in der Formel 1 der Teamgeist eine wichtige Rolle.

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90 | DFB-Journal 4/2009

reiche WM-Team Deutschlands von 1990 oderdort, wo der Fußballer aller Fußballer, Pelé,sein Talent entfaltete. „Man selbst sieht natür-lich viel besser aus, wenn man von solchenSpielern eingebunden und angespielt wird“,sagt Schumacher, „aber ich habe immer Spaßzu spielen, egal wo und mit wem.“

Die Freude am Kick überspielt jede Frage nachdem Spielplatz. Schumacher hat Erfahrun-gen mit wechselnden Untergründen wie

sonst nur Rallye-Piloten. Vom englischenRasen, über Asphalt (im Fahrerlager) bis zumEifel-Acker, Hauptsache der Ball rollt – halb-wegs. Vor ein paar Jahren schloss sich der For-mel-1-Pilot donnerstags vor dem Grand Prix(jeweils am Sonntag) gerne spontan der Spiel-gemeinschaft einer Gruppe Formel-1-Jour-nalisten an. Nach der Arbeit im Fahrerlagertraf man sich zum Fußball – in Deutschlandetwa unweit des Nürburgrings. Zufällige Zeu-gen rieben sich die Augen. Schumacher, der

Mann, an den man nicht herankommt, der nichtnur hinter dem Gitterzaun des Fahrerlagersunantastbar schien, auf freier Wildbahn? DasSpiel auf einer Lichtung begann mit vierZuschauern. Zur Halbzeit säumten (geschätzt)400 die krummen Seitenauslinien. „Diese Spiel-chen waren Entspannung pur für mich“, sagtSchumacher, „aber auch ein Teil meines Trai-nings.“

Die Wiederentdeckung seiner verschmähtenJugendliebe Fußball 1996 half ihm, auf spie-lerische Weise in Form zu bleiben. Wo immerSchumacher arbeitete, versuchte er sein Fit-ness-Programm mit einem Training am Ballzu verbinden. An Test-Tagen im Rennwagenließ er erkunden, welcher Klub am Abend inder Nähe trainierte. Nach 100 und mehr Run-den im Boliden sprintete er dann überAschenplätze oder Kunstrasenanlagen, beiKreisligaklubs in der italienischen Provinz,bei Bundesliga-Vereinen oder ersten itali-enischen Adressen wie dem AC Bologna oderJuventus Turin. Selbst im WintersportortMadonna di Campiglio, wo Ferrari traditionellzum Neujahrsempfang lädt, gehörte ein Kickmit Skilehrern und Bergsteigern zum Stan-dard-Programm; in der Halle, auf 1.550 MeternHöhe, bis alle nach Luft schnappten.

Im Gegensatz zu anderen Formel-1-Rennställenhat Ferrari die Leidenschaft Schumachers niezu unterbinden versucht. Dabei hätte schonein verstauchter Knöchel den bevorstehen-den Gewinn eines Titels gefährden können.

Fußball-Legende Pelé überreicht Michael Schumacher im Rahmen des „GroßenPreises von Brasilien 2006“ einen Pokal für dessen Verdienste um den Motorsport.

Brillanter Techniker: Auch auf dem Rasenzeigt Michael Schumacher viel Gefühl.

Statt den Chefpiloten zu bremsen, band dieScuderia in den letzten Jahren der Ära Schu-macher den Weltsport in die minutiös geplanteRenn-Vorbereitung ein. Donnerstags vor denGrand Prix spielte Schumacher fortan mit dereigenen Mannschaft, mit dem Rennteam. Über-all. Wer die Roten so spielen sah, glaubte, wasder Deutsche immer wieder beteuert hatte:Dieses Team beflügelte eine große Har-mo nie und die Fähigkeit, sie über viele Jahrezu erhalten.

„Es gibt ja immer wieder Konflikte“, sagteSchumacher damals, „beim Fußball lernt mandie Charaktere der Leute noch besser ken-nen, lernt, mit ihnen umzugehen. Das kriegtman bei der Arbeit sonst so nicht mit.“ DenZaungästen fiel beim ausgelassenen Treibender Motorsportler auf, wie Schumacher, fürdie Welt der ehrgeizige Solist im Cockpit, alleMannschaftsteile mit einer Allgegenwartverband. Vom Mittelfeld aus trieb er das Spielmit offensivem Drang voran. Und falls sich inder Abwehr Lücken zeigten, füllt er sie. „Ichversuche schon, der Koordinator zu sein. Ichnehme die Sache in die Hand, das steckt inmir drin. Ich versuche, die Dinge so gut wiemöglich zu organisieren.“

Wie auf dem Platz, so im Leben. Wer den Fuß-ballspieler Schumacher beobachtet, verstehteher, warum dessen Freunde über manch ver-öffentlichtes Urteil die Köpfe schüttelten. Wiekann einer, der so mit dem Herz dabei ist, alskühler Rechner abgestempelt werden? Bei-spiel WM 2006: Die deutsche Nationalmann-schaft spielt im Viertelfinale gegen Argenti-nien. Schumacher kämpft gegen FernandoAlonso zum letzten Mal um den Fahrertitel.Die Formel 1 trainiert an diesem Freitag inIndianapolis für den Großen Preis der Verei-nigten Staaten. In jeder Runde werden Datenfür die Feinabstimmung des Autos gesam-melt. Es geht um Hundertstelsekunden.

Schumacher schaut wie seine Kollegen in denMonitor, der ihm auf das Chassis vor dem Cock-pit gestellt wird. Statt der Rundenzeiten derKonkurrenz aber sieht er immer wieder dasLive-Bild der dramatischen Partie. Im Ove-rall, mit feuerfesten Handschuhen, dem Helmauf dem Kopf, festgezurrt im Boliden. „Imersten Training wurde Gott sei Dank nicht soviel gefahren. Die Jungs waren so nett und

haben mir das Programm eingestellt.“ Trotz-dem reichte es für drei Bestzeiten – in derHalbzeit des Spiels. Allerdings kehrte Deutsch-lands berühmtester Steuermann ohne Autozur Box zurück: „Ich habe wohl“, erklärte ernach dem Auszug des Overalls und dem Ein-zug ins Halbfinale, „das Gras neben der Streckeals Spielfeld betrachtet.“

Bis heute hat der Fußball seine Ablenkungs-kraft behalten. Als das Team der NazionalePiloti im Sommer in Wiesbaden gegen ehe-malige Größen Frankfurter Fußball-Vereine und

andere frühere Spitzensportler antrat, sollteSchumacher vor dem Abpfiff das Feld ver-lassen und die Heimreise antreten. Sonst hätteer keine Landeerlaubnis mehr daheim in derSchweiz erhalten. Auf den Wink von der Sei-tenauslinie reagierte er mehrmals mit Gesten,die man so übersetzen darf: „Nur noch fünfMinuten …“, „noch einen Angriff …“, „ganzbestimmt nach diesem Eckball“. Als er dannging, hatte der Schiedsrichter längst abge-pfiffen. Schumacher hatte die Zeit verges-sen. Wie ein kleiner, fußballbegeisterterJunge auf dem Bolzplatz um die Ecke.

| 91DFB-Journal 4/2009

Privatmann: Der siebenfache Formel-1-Weltmeister schlendert locker mit seiner Ehefrau Corinna durch die Boxengasse.

Fußball ist dein Sport? Kicken, Bolzen, Dribbeln, Schießen ist genau dein Ding? Dann

ist das DFB & McDonald’s Fußball-Abzeichen perfekt für dich! Egal, ob du auf Rasen

der Spezialist bist oder dir die raue Straße lieber ist. Zeig, was du draufhast, und

beweise in mehreren spannenden Übungen deine Stärken: ob beim Kopfball oder

Kurzpass, beim Flanken, Dribbeln oder beim Toreschießen.

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Rekord-Beteiligung beim Fußball-AbzeichenRekordverdächtige 200.000 Teilnehmer habenim Jahr 2009 das DFB & McDonald’s Fußball-Abzeichen abgelegt. Eine besondere Veran-staltung gab es beim FC Vorbach: Der ober-pfälzische Kreisligist meldete den 2.500.Aktionstag in diesem Jahr. Zum Jubiläum emp-fing die sympathische Tausend-Seelenge-meinde einen ganz besonderen Gast: Bun-des-Torwart-Trainer Andreas Köpke.

„Ich freue mich sehr, im Namen des DFB undMcDonald‘s den Verein besuchen zu dürfen.Ich finde, dass das Abzeichen gerade auchfür Mädchen eine tolle Sache ist“, betonteder Europameister von 1996. Tatsächlich stan-den fußballspielende Mädchen im Mittelpunktdieses Tages. Der Verein hatte interessierteMädchen eingeladen, um über das Abzeichendie Freude am Fußball zu wecken: Rund 100Teilnehmer absolvierten den abwechslungs -reichen Parcours.

„Die außergewöhnlichen Veranstaltungs-zahlen zeugen von der großen Beliebtheitdes Fußball-Abzeichens und zeigen, dass esbegeistert angenommen wird“, erklärt RolfHocke, zuständiger DFB-Vizepräsident. „Wirwerden weiterhin an der Attraktivität dieser

Auszeichnung arbeiten. Dafür haben wir mitMcDonald’s einen zuverlässigen und inno-vativen Partner.“

Auch außerhalb der deutschen Landesgren-zen ist das Fußball-Abzeichen in diesem Jahrerstmals angekommen. Das InternationaleSOS-Kinderdorf Caldonazzo in Italien bot welt-weit Mädchen und Jungen aus Kinderdörfern

die Chance, ihre Sommerferien gemeinsamzu verbringen. Unterschiedliche Freizeitak-tivitäten sorgten für ein abwechslungsrei-ches Programm – dieses Jahr zum ersten Malmit dem Fußball-Abzeichen.

Die Teilnahme am DFB & McDonald’s Fuß ball-Abzeichen gestaltet sich für Vereine äußersteinfach: Mit der jeweiligen DFBnet-Ergeb-nismelderkennung kann ein Aktionstag aufder Seite www.fussballabzeichen.de ange-meldet werden. Der Verein erhält dann aufdem Postweg ein attraktives Veranstaltungs -paket mit den Materialien, die zur Durch-führung benötigt werden. Dazu gehören Wer-tungshefte, Urkunden, Pins und für jedenHelfer ein exklusives adidas T-Shirt. Die Kostenfür den Versand und die Bereitstellung derMaterialien übernimmt der DFB.

Lufthansa reserviert einenWM-Platz für den „12. Mann“Wenn die deutsche Nationalmannschaft imSommer zur WM nach Südafrika abhebt, dannkönnen auch die Fans hautnah dabei sein.Die Lufthansa, seit 2005 offizieller Partnerdes Deutschen Fußball-Bundes, bietet zumFußball-Höhepunkt des Jahres einen ganzbesonderen Flug. Gemeinsam mit den Spie-lern und Offiziellen des DFB fliegen Sie direktnach Johannesburg.

Rund 100 Jugendliche des FC Vorbach legten im Beisein von Andreas Köpke das DFB & McDonald’s Fußball-Abzeichen ab.

In dieser Lufthansa-Maschine mit dem Ziel WM-Endrunde in Südafrika ist ein Platz für den„12. Mann“ reserviert.

94 | DFB-Journal 4/2009

Sobald der Flug genau terminiert ist, startetdie Aktion „12. Mann“. Ähnlich wie bei derKartenvergabe für die Stadien wird es dreiBewerbungsphasen geben. Am Ende jederPhase werden die glücklichen Gewinner aus-gelost, die dann automatisch ihre Tickets fürden WM-Flug erwerben.

Sie wollen mit an Bord sein? Dann registrie-ren Sie sich auf www.lufthansa.com/fanflugfür den WM-Team-Flug-Newsletter! Sie sinddann die ersten, die das genaue Flugdatumerfahren – und können gleich in der erstenBewerbungsphase mit dabei sein. Für alle,die schon glückliche Besitzer von Hotel undEintrittskarte sind und denen nur noch derFlug fehlt: Auf www.lufthansa.com/fanflug fin-den Sie alle Informationen zu Linienflügennach Südafrika während des WM-Zeitraums.

Doch das ist noch längst nicht alles! Luft-hansa wird per Gewinnspiel auch einen WM-Reporter nach Südafrika schicken. Einfachbei Facebook unter www.facebook.com/luft-hansa.fanflug ein Jubelfoto hochladen unddamit die Jury überzeugen. Der Gewinner fliegtgemeinsam mit der Nationalmannschaft zurWM nach Südafrika, sieht dort ein Spiel derDFB-Elf und berichtet täglich live auf Face-book von seinem Trip.

Endrunden-Auslosung derU 20-Frauen-WM in Dresden Die Endrunden-Auslosung der FIFA U 20-Frauen-Weltmeisterschaft wird am 22. April 2010 inDresden stattfinden. Diese Zusage verkündeteOK-Präsidentin Steffi Jones bei der Countdown-Veranstaltung des WM-Organisationskomiteesim Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion.

„Wir haben uns mit der FIFA darauf verstän-digt, dass wir die Auslosung für die U 20-Frauen-WM in Dresden durchführen. Für die Frauen-fußballfans in Sachsen und Deutschland istdies das erste Highlight auf dem Weg zurFrauen-WM 2011. Darüber hinaus ist die U 20-Frauen-WM ein hochkarätiges Turnier. DieZuschauer haben die Möglichkeit, in wun-derschönen Stadien die Stars von morgen zubewundern“, betont Steffi Jones.

Die U 20-Frauen-Weltmeisterschaft wird vom13. Juli bis 1. August 2010 zum ersten Mal in

Deutschland ausgetragen. Während dieserWochen werden in Augsburg, Bielefeld, Bochumund Dresden die besten Nachwuchsfußballe-rinnen der Welt zu sehen sein. 16 Teams kämp-fen dabei zum fünften Mal um eine der wich-tigsten Trophäen im Frauenfußball.

Alles Gute zum 75. Geburts-tag, „Adi“ Katzenmeier!Im Beisein seiner langjährigen Weggefähr-ten wie Rudi Völler, Michael Skibbe, Karl-Heinz Körbel und Andreas Möller hat der Deut-

sche Fußball-Bund bei einer kleinen Feier im Hermann-Neuberger-Haus in Frankfurt am Main dem langjährigen Physiothera-peuten der Nationalmannschaft, Adolf „Adi“ Katzenmeier, nachträglich zu dessen 75. Ge -burts tag gratuliert. DFB-GeneralsekretärWolfgang Niersbach wies noch einmal auf diegroßen Verdienste Katzenmeiers hin, der im November 2008 beim Länderspiel gegenEngland in Berlin nach 45 Dienstjahren beimDFB – davon 34 Jahre als Physiotherapeutder Nationalmannschaft – verabschiedetworden war.

Steffi Jones vor dem Logo der U 20-Frauen-Weltmeisterschaft.

Geburtstagsüberraschung von Wolfgang Niersbach für „Adi“ Katzenmeier.

Einmal ein kleines Vögelchen sein – daskann auch von Vorteil sein. Im Som-mer 2010 zum Beispiel: Vom 11. Junibis zum 11. Juli 2010 findet in Südafrika

die Fußball-Weltmeisterschaft statt. Viele Mil-lionen Fans werden zu Hause vor dem Fern-seher sitzen, um die Spiele der National-mannschaft zu verfolgen. Nur wenige tausenddeutsche Fans werden die Möglichkeit haben,live im Stadion zu sein. Und kaum jemand wirddie Chance haben, einen Blick ins deutscheQuartier zu erhaschen. Dort wird sehr selteneine Fernsehkamera zugelassen, dort sind nor-malerweise keine Fotografen erwünscht.

Wie gerne wären Millionen deutsche Fußball-Fans in diesem Moment ein kleines Vögelchen.

Dann könnten Sie im „Hotel Velmore Grande“in der Nähe der südafrikanischen HauptstadtPretoria ihre Runden drehen – durch die Flure,die Tagungsräume, das Trainerzimmer. Dannkönnten sie den Nationalspielern um Kapi-tän Michael Ballack nahe sein. Wissen, wasdas DFB-Team abseits des Fußballplatzesmacht. Was steht auf dem Frühstückstisch?Was macht die Mannschaft in der Freizeit?Und wie ist gerade die Stimmung?

Seit Oktober dieses Jahres gibt es aber fürall die Fans einen Hoffnungsträger. Ein digi-taler Vogel, der jedem etwas zwitschert. Wer nicht persönlich in Südafrika dabei ist, der wird über den DFB-Twitter-Kanal mitallen interessanten Informationen versorgt.

Via www.twitter.com/DFB_Team „begleiten“ die Fans ab Juni die deutsche Mannschaft ins„Hotel Velmore Grande“. Wer vertreibt sichdie Zeit beim Golfen? Wie sieht die PlayersLounge aus? Die Kurznachrichten aus demTeam-Hotel halten Sie auf dem Laufenden. AlsZugabe werden über den Twitter-Kanal auchBilder und Videos zu sehen sein.

Neben unterhaltsamen Episoden aus dem All-tag der Nationalmannschaft bietet der neueDFB-Service natürlich auch Informatives. Sowerden selbstverständlich die Vorrunden-spiele gegen Australien, Serbien und Ghanaeinen Platz in der Twitter-Berichterstattungeinnehmen. Ob Stimmen zum Spiel, Verlet-zungen von Spielern oder die Aufstellung desBundestrainers – die Besucher des „Zwit scher“-Kanals www.twitter.com/DFB_Team erfahrendie neusten Meldungen als erste. Das großePlus des neuen Service: Er ist nahezu über-all empfangbar. Per Computer im Büro oderzu Hause und mit den meisten internetfähi-gen Mobilfunk-Geräten auch unterwegs. Die„Follower“ sind also ständig dort zu Gast, wosich das Team aufhält.

96 | DFB-Journal 4/2009

DFB berichtet über Twitter aus dem WM-Quartier

Gezwitscher aus dem AdlerhorstGanz nah dran sein, rund um die Uhr dabei sein, die WM intensiv begleiten. Ein Abenteuer,

das im kommenden Jahr auch diejenigen erleben können, die nicht nach Südafrika reisen.

Möglich macht das der neue Twitter-Kanal des DFB. Wer sich als „Follower“ registrieren

lässt, bekommt täglich einen exklusiven Einblick in das abgeschlossene Team-Quartier. DFB-

Internet-Redakteur Michael Herz stellt den neuen Service vor, der sich nicht nur auf die

Nationalmannschaft beschränkt.

Blick aus der Vogelperspektive auf das „Hotel Velmore Grande“.

| 97DFB-Journal 4/2009

Ein Angebot, das den „Nerv“ der Internet-Nutzer trifft. Dieser Meinung war die Online-Community bereits bei der Premiere im Okto-ber anlässlich der Länderspiele gegenRussland und Aserbaidschan. Mit dem neuenService hat der DFB voll ins Schwarze getrof-fen. „Coole Tweets. Chapeau!“, lobt beispiels -weise Alorenzo. „Der Twitterstream vomDFB_Team ist ja mal genial“, pflichtet Gesund-heitswirt bei. „Ich find’s super, dass Ihr soviel twittert über das Geschehen hinter denKulissen“, schreibt Keeitnatural87.

Neben dem Nationalmannschafts-Servicebietet die DFB-Internet-Redaktion noch vierweitere Kanäle: Über www.twitter.com/DFB_U_Teams gibt es die aktuellsten Mel-dungen zu den Junioren-Nationalmann-schaften des DFB. Mit www.twitter.com/DFB_Frauen folgen Sie der Frauen-National-mannschaft. Das Angebot der Internetre-daktion runden www.twitter.com/DFB_Themenund www.twitter.com/3Liga ab.

Im Mittelpunkt steht im kommenden Jahr abereindeutig das „Vögelchen“ im WM-Quartierder Nationalmannschaft. Gezwitscher aus demAdlerhorst. Folgen Sie dem DFB-Team-Kanalund buchen Sie die exklusiven Rundflüge durchdas „Velmore Grande“.

Ob beim Radfahren oder Basketball derNationalspieler – Twitter berichtet.

Schlüssel zum Quartier: Über den Twitter-Kanal der Nationalmannschaft sind die Fans beider WM 2010 in Südafrika „hautnah“ dabei.

NEU IN DER NATIONALELF:

DER WEIHNACHTSMANN!

12 Monate haben wir auf diesen Top-Neuzugang gewartet. Umso mehr freuen

wir uns jetzt auf das bevorstehende WM-Jahr und auf den Start der Rückrunde.

Bis dahin wünschen wir euch ein frohes Fest, ein ruhiges Heimspiel und einen

fröhlichen Anstoß 2010. Ho, ho, holt euch natürlich auch in der spielfreien Zeit

alle Fußball-News und Reportagen auf WWW.FUSSBALL.DE

| 99DFB-Journal 4/2009

FUSSBALL.de präsentiert das „Spiel des Monats“

Kleiner Fußball groß im BildEs sind die großen Ligen und prominenten Namen, die im Fokus der Kameras stehen. Aber auch abseits davon gibt es interessante Geschich-

ten. Über 320.000 Fußballspiele finden während der Saison jeden Monat auf deutschen Sportplätzen statt. Eins davon produziert FUSSBALL.de

künftig als „Spiel des Monats“. Wohin die Redaktion die Kamerateams und Reporter schickt, entscheiden die Amateurfußballer.

Jubiläum, Derby oder Spitzenspiel: Esgibt sie jede Woche, die Highlights aufden Plätzen der deutschen Amateurli-gen. Der Trainer absolviert seine 250.

Partie an der Seitenlinie, der Torjäger stehtvor seinem 100. Treffer für den Verein, im Derbygeht es gegen den Klub aus dem Nachbarort.FUSSBALL.de erzählt beim „Spiel des Monats“die kleinen und großen Geschichten aus demAmateurbereich – und Ihre Partie könnte dabeiim Mittelpunkt stehen.

Auf Hartplätzen, Natur- und Kunstrasen, bei(fast) jedem Wetter – über 80.000 Fußball-spiele finden Woche für Woche in Deutsch-land statt. Was macht gerade Ihr Lieblings-duell so besonders? Schreiben Sie anFUSSBALL.de und bewerben sich jetzt für das„Spiel des Monats Februar“! Nennen Sie unsin einer E-Mail an [email protected] Datum,Ort und Ansetzung und erzählen Sie uns, warumdiese Partie begleitet werden soll. Einsen-deschluss ist der 20. Januar 2010. Mitmachenkönnen alle Vereine und MannschaftenDeutschlands von der Verbandsliga abwärts.

Ganz egal, ob im Junioren-, Frauen- oder Män-nerbereich. Die Redaktion wählt aus allenZuschriften die spannendste Story aus undbegleitet Ihre Mannschaft an einem Spieltag.FUSSBALL.de besucht das „Spiel des Monats“mit zwei Kamerateams und einem Reporter.Aufgenommen werden nicht nur die bestenAktionen und alle Tore. Die Berichterstattersind auch in der Halbzeit und nach dem Spielin der Kabine sowie beim Treffen im Klubheimdabei. Im Mittelpunkt stehen die Emotionenrund um die Begegnung.

Bereits wenige Stunden nach dem Abpfiff stehtdas Video dann auf FUSSBALL.de zum Abrufbereit. Die Website ist das große Online-portal des Amateurfußballs, das als einzigePlattform an jedem Wochenende über 80.000Ergebnisse aus allen Ligen Deutschlands ver -öffent licht. Doch das Amateurportal hat weitmehr zu bieten: So können sich die User ineiner großen Community, dem so genannten„Vereinsheim“, über die schönste Nebensa-che der Welt austauschen – ob in Foren, perFotos oder Videos.

Die schönsten Treffer und die besten Szenenwerden mit der Kamera festgehalten.

Den Torjäger im Visier: Das „Spiel des Monats“wird künftig mit zwei Kamerateams besetzt.

100 | DFB-Journal 4/2009

Nachhilfe per Mausklick: Das neue

Videoportal

Warum wurde in München ein Spieler vom Platz

gestellt? Wieso wurde in Dortmund ein Tor nicht

anerkannt? Die Antwort auf die strittigsten Fra-

gen des Fußball-Wochenendes finden Schieds-

richter jeden Dienstag auf einem eigens dafür

entwickelten Video-Portal. Mit Beginn der lau-

fenden Saison hat der Schiedsrichter-Ausschuss

des DFB das neue, innovative Format einge-

führt. Das erste Zwischenfazit von Referees,

Spielern und Vereinen ist einhellig: Genau

die richtige Entscheidung der Unparteiischen.

Thomas Roth vom „Kicker-Sportmagazin“ be -

schreibt das Projekt.

Deniz Aytekin ist einer von drei Vor-ständen bei einem der führendenRechtsportale Deutschlands. Gegrün-det hat das Trio die Firma im Jahr

2003, mittlerweile arbeiten dort 100 Menschenin fester Anstellung. Klar, dass der 31-jährigeBetriebswirt viel zu tun hat. Doch wenn eram Dienstagmorgen sein Büro mit Blick aufdie Burg in Nürnberg betritt, nimmt er sicherst einmal Zeit, um das Schiedsrichter-Por-tal des DFB auf www.fußball.de zu studieren.Dort werden an diesem Wochentag morgensum 9 Uhr Szenen freigeschaltet, die am zurück-liegenden Wochenende für Diskussionengesorgt haben. „Ich schaue mir die verschie -denen Sportsendungen im Fernsehen an. Manhat ein Gefühl dafür entwickelt, welcheSituationen dann im Portal gezeigt werden.Trotzdem bin ich immer gespannt, welche esdann wirklich sind und vor allem, wie sie bewer-tet und beurteilt werden“, sagt Aytekin.

Deniz Aytekin beim wöchentlichen Studium des Schiedsrichter-Portals.

Werde Schiedsrichter!„Zeig’ Deine wahren Stärken!“

Der Deutsche Fußball-Bund startet in Zusam-

menarbeit mit der DEKRA im Jahr 2010 wie-

derum eine bundesweite Plakat-Aktion mit

dem Thema „Zeig’ Deine wahren Stärken!“.

Hierzu wurden 80.000 Plakate gedruckt, die

in Schulen und an die Vereine über die

Schiedsrichter-Obleute und Öffentlichkeits-

Mitarbeiter der Verbände verteilt werden.

Das Plakat zeigt eine Spielszene mit dem

„Schiedsrichter des Jahres 2009“, Florian

Meyer. Der 41-jährige FIFA-Schiedsrichter

steht stellvertretend für annähernd 80.000

Unparteiische, die jedes Wochenende im

Einsatz sind und einen geordneten Spielbe-

trieb garantieren.

Das neue Plakat zur Werbung von Nachwuchs-

Schiedsrichtern ist dieser Ausgabe des DFB-

Journals beigelegt.

Zeig deine wahren Stärken!Zeig deine wahren Stärken!

www.dfb.de

Werde Nachwuchs-Schiedsrichter/in und informiere dich jetzt unter: www.schiedsrichter-nachwuchs.de

| 101DFB-Journal 4/2009

Internet-Angebot für Schiedsrichter

mit Pfiff

lich bei ihren Stützpunkten und Lehrgängenvorgeführt wurden, besteht in der Möglichkeit,diese nun in größerer Vielfalt sehr zeitnah zuzeigen und den theoretischen Hintergrund fürdie richtige Entscheidung darzulegen. Für DenizAytekin ein großer Fortschritt: „So bekommtjeder von uns schnell die Info, welche Ent-scheidung der Ausschuss in bestimmten Situ-ationen für richtig hält. Das fördert eindeutigdie Einheitlichkeit der Regelauslegung.“ Er selbsthat in der Praxis schon mehrfach erlebt, dassihm auf dem Platz Fälle begegnen, die ver-gleichbar sind mit denen, die via Internet-Por-tal gezeigt und besprochen wurden.

Die Mehrzahl der Szenen befasst sich mit Ent-scheidungen in der so genannten Grauzone,also mit dem Ermessensentscheid, den dasRegelwerk für jeden Schiedsrichter bereithält.Es wird zum Beispiel die Frage beantwortet,ob bei einem Foul die Gelbe Karte noch aus-reichend oder die Rote angebracht gewesenwäre. Oder es wird ideologisch geklärt, ob dieAbseitsstellung eines Spielers noch als pas-siv zu werten war oder ob er  aktiv und somitstrafwürdig ins Spiel eingegriffen hat. Dane-ben sind Eugen Strigel und seine Kollegen anjedem Wochenende auch im Ausland auf derSuche nach außergewöhnlichen Momenten.So wurde beispielsweise das Spiel Sunderlandgegen Liverpool aus der englischen PremierLeague in den Verteiler aufgenommen. EinZuschauer hatte einen großen roten Strand-ball aufs Spielfeld geworfen, und, kurioser Zufall,dieser lenkte einen Schuss von Darren Bentunhaltbar für Liverpools Torhüter Pepe Reina

ins Tor ab. Schiedsrichter Michael Jones er -kannte den Treffer, den einzigen der Partie, an.

Zu Unrecht, wie der Text im Schiedsrichter-Portal verdeutlicht: „Bei jedem Eingriff vonaußen, der Einfluss auf das Spiel hat, mussder Schiedsrichter das Spiel unterbrechen unddas Spiel anschließend mit Schiedsrichter-ball wieder fortsetzen. Dass in diesem Fallein Eingriff mit Einfluss auf das Spiel vorlag,ist unbestritten und eindeutig. Das Tor hättenicht anerkannt werden dürfen. Wir hoffen,dass sich solch ein Fall bei uns nicht zuträgt.Hat solch ein Gegenstand, beispielsweise einweiterer Spielball, keinen direkten Einflussauf das Spiel, so wird die Begegnung fortge-setzt. Bei der nächsten Unterbrechung wirdder Gegenstand dann entfernt. Gegebenen-falls sind Lautsprecherdurchsagen zu ver-anlassen.“ Das Internet als multimedialesRegel-Lexikon.

Schnelligkeit ist der eine Trumpf. Doch dengrößten Fortschritt haben sich die Verant-wortlichen des Schiedsrichter-Wesens für die Vereinheitlichung der Entscheidungenerhofft. Eine Hoffnung, die eingetreten ist. Messbar ist das kaum, aber der letzte „RundeTisch“ vom 5. Oktober 2009 ist für Lutz Michael Fröhlich ein klarer Beleg dafür: „Beidieser Gelegenheit haben die Vertreter derVereine ein ausdrückliches Lob an die Unpar-teiischen gerichtet, weil die Bewertung vonZweikämpfen und anderen Spielszenen ausder Sicht der Liga eindeutig einheitlicher geworden ist.“     

Außergewöhnliche Szenen wie das kuriose „Strandball“-Tor bei der Partie der englischenPremier League zwischen Sunderland und Liverpool werden ebenfalls gezeigt,

Seit Beginn der Saison 2008/2009 besteht dieMöglichkeit, alle Schiedsrichter der Bundes-liga und 2. Bundesliga sowie deren Assisten-ten mit einer „schnellen und flächendecken-den Aufarbeitung von Entscheidungen“ zuversorgen, wie es Lutz Michael Fröhlich for-muliert. Der DFB-Abteilungsleiter sitzt wie Her-bert Fandel und Manfred Amerell vom Schieds-richter-Ausschuss sowie Hellmut Krug von derDFL in dem Gremium, das die Szenen im Vor-feld diskutiert. Ausgesucht werden sie vomAusschuss-Vorsitzenden Volker Roth undLehrwart Eugen Strigel, der in Abstimmungmit seinen Kollegen den Kommentar verfasst,den die Unparteiischen als Lehrmeinung zulesen bekommen. Heinz Willems stellt diegewünschten Szenen zur Verfügung, StefanTrautmann ist Ansprechpartner für technischeDinge und hat die Plattform eingerichtet. Diewesentliche Verbesserung gegenüber früher,als strittige Szenen den Schiedsrichtern ledig-

102 | DFB-Journal 4/2009

Fan-Village für WM-Besucher entsteht auf einem Universitätscampus in Pretoria

Mit Sicherheit viel Spaß

Die Gruppengegner stehen fest, die Reiseplanung läuft, die WM kann kommen. Der Fan Club Nationalmannschaft powered by Coca-Cola hat für

die Turnier-Touristen bereits eine gut behütete und kostengünstige Anlaufstelle in Südafrika gefunden. In Pretoria entsteht im kommenden Jahr

auf einem Hochschulcampus das Fan-Village. Es wird ein Ort der Völker-Begegnung. Redakteur Christian Müller stellt das Quartier vor.

Die Auslosung hätte zumindest geo-grafisch günstiger ausfallen können.„Deutschland als Kopf der Gruppe Gwäre ideal gewesen“, sagt Gerald von

Gorrissen, beim DFB der Projektleiter für denFan Club Nationalmannschaft powered byCoca-Cola, schränkt aber ein: „Sportlich istdas jetzt mit Brasilien, Portugal, der Elfen-beinküste und Nordkorea die Hammergruppe,da muss man nicht rein. Für den Fan Club wäresie wegen der Reiseverbindungen von unse-rem Fan-Village in Pretoria zu den Spielortenaber optimal gewesen.“

Statt zwei WM-Gruppenspiele im benachbar-ten Johannesburg – von Südafrikas Haupt-stadt Pretoria bis zur Metropole mit den WM-Stadien Ellis Park und Soccer City sind es nurrund 50 Kilometer – absolviert die DFB-Aus-wahl nur das letzte dort, am 23. Juni 2010gegen die „Black Stars“ aus Ghana. „Das istfür unsere Fans immer noch sehr reizvoll undattraktiv“, sagt Helmut Spahn, der außerdemauf die Nähe des Quartiers zur offiziellen Fan-Meile von Pretoria und die vom DFB geplan-ten Transferangebote vom Fan-Village in dieSpielorte der DFB-Auswahl verweist.

Der DFB-Hauptabteilungsleiter für Präventionund Sicherheit, in dessen Verantwortungs-bereich auch der Fan Club fällt, war selbstvor Ort und in enger Abstimmung mit Pre-mium-Partner Coca-Cola entscheidend an derAuswahl der Fan-Basis auf dem Campus derTechnischen Universität in Pretoria beteiligt.Es gibt viele gute Gründe, das DFB-Fan-Vil-lage dort anzusiedeln. Dass die WM-Auslosungfür den Fan Club noch etwas besser hätte ausfallen können, nimmt Spahn sportlich: „Joachim Löw und seine Mannschaft müssenja auch damit zurechtkommen.“

In Südafrikas Hauptstadt Pretoria wird die zentrale Anlaufstelle für die deutschen WM-Fans eingerichtet.

| 103DFB-Journal 4/2009

Botschaften für jeden Fan Service und Hilfe für deutsche Fußballfansauf Reisen haben Tradition: Die Fanprojekteund die Koordinationsstelle Fanprojekte(KOS) betreuen seit 20 Jahren im DFB-Auf-trag die Anhänger der Nationalmannschaftbei Welt- und Europameisterschaften. Auchbei der WM in Südafrika werden wiedermobile und stationäre Fan-Botschaften ein-gerichtet, die vom siebenköpfigen Teamunter Leitung der KOS betreut werden.

Dort gibt es auch den Fanguide, der seitder WM 1990 in Italien zur Standardausrüs -tung der Anhänger zählt. Seit der EURO2000 ist neben dem gedruckten Ratgeberauch ein Onlineangebot im Programm. Soauch 2010: www.fanguide-wm2010.de rich-tet sich an alle Fans der DFB-Auswahl undnicht nur an die, die eine Reise nach Süd-afrika planen. Der Fanguide liefert Informa-tionen zum Ticketing, Einblicke in dasGastgeberland, Tipps zu Unterkünften undReisen in Südafrika sowie Hinweise zur vieldiskutierten Sicherheitslage. Natürlichwerden auch die neun Spielorte und zehnStadien vorgestellt. Zur fachlichen Vorbe-reitung dürfen Kurzporträts der deutschenGruppengegner und aller anderen Teilneh-mer nicht fehlen.

Die Homepage wird von der KOS verantwor-tet und betrieben und gehört zum Gesamt-paket der Fanbetreuungs-Maßnahmen zurWM 2010, die im Auftrag des DFB und inKooperation mit dem Fan Club National-mannschaft durchgeführt werden.

Grundsätzlich bietet der Standort auf demHochschulcampus etliche Vorteile. Da ist inerster Linie der Preis, der mit 55 Euro pro Nachtund Person überaus günstig ist. VergleichbareUnterkünfte mit geringeren Standards, die pri-vat gebucht werden, kommen Fans in der Regeldeutlich teurer. Hinzu kommt die Einbettungin eine Art „Fan-Camp der Vereinten Nationen“,denn in Pretoria werden auf dem Universi-tätsgelände Anhänger mehrerer Nationenuntergebracht sein. „Das fördert die Völker-verständigung und Stimmung“, weiß Spahn

aufgrund früherer Erfahrungen. „Diese bun-ten Bilder, das friedliche Zusammensein trotzsportlicher Rivalitäten gehören zu einer Fuß-ball-Weltmeisterschaft einfach dazu.“

Während der Wartezeiten auf die Spiele sollkeine Langeweile aufkommen und so sorgtder Fan Club in der für die Mitglieder gebuch-ten Appartementanlage auf dem Uni-Campusfür Unterhaltung. Zum Rahmenprogrammgehören Ausflüge und „Public Viewing“ derWM-Spiele, die nicht im Stadion besucht wer-

den. Außerdem sind ein Gewinnspiel und Besu-che prominenter Gäste im Fan-Village geplant,das darüber hinaus eine breite Palette an sport-lichen Aktivitäten – von Beachvolleyball überTennis bis Fußball – im Angebot hat.

All dies soll in einer Atmosphäre der Sicher-heit stattfinden. „Wir bieten hier Standardsan, die auch dank unserer südafrikanischenKollegen auf einem hohen Niveau sind“, sagtSpahn und nennt als Beispiele die obligato-rischen Wachmänner in Gebäuden sowie einChip-System, das den Einlass nur für regis -trierte Gäste regelt. „Bei allen Sicherheits-fragen ist uns aber wichtig, dass die Fan-Club-Mitglieder nicht abgeschottet sind, sondernauch bei Interesse die Möglichkeit haben, Landund Leute kennen zu lernen.“

Auf dem Uni-Campus stehen diese Unterkünfte zu günstigen Konditionen zur Verfügung.

Die Fan-Club-Mitglieder sollen sich nicht abschotten, sondern das Land kennen lernen.

Der Schock ist immer noch gegenwärtig.Gerade erst hatte sich Anja Pflugervon ihrer schweren Erkrankung erholt.Sie war wieder auf dem Weg zurück

zu den Besten und wurde in den Kader der U 17-Nationalmannschaft berufen, schien dieLeukämie-Erkrankung endlich überwunden zuhaben. Die Freude darüber war riesengroß.Doch dann diese Diagnose: Die Krankheit warwieder da. Kurz vor ihrem 16. Geburtstag ergabeine Routineuntersuchung erneut erhöhteWerte der Leukozyten. Die Leukämie war wie-der ausgebrochen. Doch Anja Pfluger kämpft,ganz so wie es die Mittelfeldspielerin auch

auf dem Platz immer getan hat. Tapfer sagtsie: „Ich will wieder Fußball spielen. Ich kommewieder zurück.“ Der Weg dorthin ist kein leich-ter, aber sie muss ihn nicht alleine gehen. Der16-Jährigen hilft die große Unterstützung, diesie seit der Diagnose bekommt. Von ihrer Fami-lie und von der Fußballfamilie. Seitdem bekanntwurde, dass die Gymnasiastin erneut erkranktist, wird ihr geholfen. Es sind nicht nur dieSpenden, die für die wichtigen, teuren Typi-sierungsaktionen gebraucht werden, um dengeeigneten Knochenmarksspender zu finden,die Anja Pfluger Mut machen. Viele Fußball-vereine haben große und kleine Aktivitäten

gestartet, um Geld für die U 17-Nationalspie-lerin vom VfB Friedrichshafen zu sammeln.Von der B-Jugend des TSV Eltingen, die spon-tan aus der Mannschaftskasse spendete, überdie beiden Freiburger Bundesliga-Spielerin-nen Valeria Kleiner und Isabella Schmid, dieeine Spendenaktion bei ihrem Klub organi-sierten, bis hin zur Geschäftstelle des Würt-tembergischen Fußballverbandes, wo für dieFinanzierung der Typisierungsaktion gesam-melt wurde. Die Fußballfamilie hat viele Maß-nahmen initiiert, um Anja zu helfen. Auch derDeutsche Fußball-Bund wird die Erlöse ausseiner Weihnachtstombola zur Verfügung stel-len. Zudem unterstützt der DFB ein Projektdes Vereins „Förderkreis für tumor- und leu-kämiekranke Kinder Ulm e.V“, das neben AnjaPfluger auch anderen betroffenen Kindernzugutekommen soll.

Für die Sanierung eines Spielplatzes am Trans-plantationszentrum und der Tagesklinik Ulm,in der Anja Pfluger behandelt wird, stellendie DFB-Stiftung Egidius Braun und die Sozial -initiative Kinderträume insgesamt 17.000 Eurozur Verfügung. Dieser Spielplatz soll aus-schließlich für die Kinder angelegt werden,die nach der Operation aufgrund der Infek-tionsgefahr den direkten Kontakt mit ande-ren Patienten vermeiden müssen. Mit demGeld aus der Stiftung ist es dem Förderver-ein nun möglich, das ins Stocken gerateneProjekt zu Ende zu führen.

All diese Aktionen machen Anja Pfluger Mut.Aber genau so wichtig ist für sie der direkte,menschliche Zuspruch. All die E-Mails, die Kurz-nachrichten auf dem Handy, die Anrufe, dievielen Grüße aus „ihrer“ großen Fußballfa-milie, die Trost schenken, Zuversicht geben.Die sie aufbauen und ihr deutlich machen:Du bist nicht allein. Die Fußballfamilie stehtzu dir, hält zusammen. Gisela Gattringer vomDFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchen-fußball und Freundin der Familie, die im engenKontakt zu Anja Pfluger steht, erzählt: „Siefreut sich sehr über den großen Zuspruch.Und sie ist zuversichtlich, wieder auf den Fuß-ballplatz zurückzukehren.“ Anja Pfluger willwieder gesund werden. Sie will wieder spie-len. Und ihren Traum verwirklichen: eines Tagesim Trikot der Frauen-Nationalmannschaft auf-zulaufen. Und eines weiß sie mehr denn je:Auf dem Weg dorthin ist sie nicht allein.

104 | DFB-Journal 4/2009

Will wieder zurück auf den Platz: Anja Pfluger.

Die Diagnose war ein Schock für Anja Pfluger: Leukämie. Vor zwei Jahren erkrankte die damals

14-Jährige zum ersten Mal an Blutkrebs, nun ist die Krankheit bei der U 17-Nationalspielerin

erneut ausgebrochen. Aber es gibt Hilfe und damit Hoffnung. Freunde, Vereine, der Württem-

bergische Fußballverband und der DFB, sie alle engagieren sich, um bei der Suche nach einem

Knochenmarksspender und der Finanzierung der Typisierungs-Aktionen zu helfen. Annette Seitz

über den Kampf gegen den Krebs und die Kraft der Fußballfamilie.

Wie die Fußballfamilie Anja Pfluger hilft

Alle für Eine

ZEIGEN SIE, WIE SIE KINDER STARK MACHEN!

106 | DFB-Journal 4/2009

Mittelrhein

Mini-EURO weckt VorfreudeDas DFB-Pokalfinale der Frauen am 15. Mai2010 ist eines der Highlights im Kölner Sport-kalender des nächsten Jahres. Einen Vorge-schmack auf die Begeisterung rund um denweiblichen Fußball erlebten die Fußballfansbei der Mini-EURO des Fußball-Verbandes Mit-telrhein (FVM) und der Stadt Köln: Über 1.000Mädchen und Frauen jagten auf den Stadion -vorwiesen dem runden Leder nach und spiel-ten ganz nach dem Vorbild der Frauen-EM inFinnland ihren „Mini-Champion“ aus. Derbesondere Reiz: Die Spielerinnen trugen dieNationaltrikots der „echten“ EM-Teilnehmerund trafen auch auf die gleichen Gegner wieihre sportlichen Idole. Am Ende des Tages konn-ten sich die Mannschaften aus England, Ita-lien, Deutschland, Island und der Ukraine überSieger-Pokale freuen. Außerdem gab esattraktive Sachpreise wie eine Reise nach Spa-nien zum Turnier des Mini-EURO-PartnersKOMM MIT, ein Wochenende in der Sportschuledes Fußball-Verbandes Mittelrhein in Hennefund – natürlich – Freikarten für das DFB-Pokal-endspiel der Frauen in Köln.

„Ich hätte mir früher auch solch eine Veran-staltung gewünscht“, freute sich WM-Bot-

schafterin Silke Rottenberg, die gemeinsammit dem Vizepräsidenten des Deutschen Olym-pischen SportBundes (DOSB), Walter Schnee-loch, dem FVM-Präsidenten Alfred Viandenund Dr. Agnes Klein, Beigeordnete der StadtKöln, die Sieger und Platzierten ehrte, überdie Begeisterung. „Die Mini-EURO ist wirklicheine gelungene Werbung für das Pokalend-spiel, aber auch für die WM 2011 und den Mäd-chen- und Frauenfußball insgesamt, und trägtdazu bei, den Stellenwert des Mädchen- undFrauenfußballs noch weiter zu steigern“,ergänzte Alfred Vianden.

Dass Köln auch am 15. Mai 2010 ein Top-Eventdes weiblichen Fußballs auf die Beine stellenwird, darauf arbeiten alle Verantwortlichenhin und setzen dabei auch auf die „kölscheMentalität“: „In Köln ist immer eine super Stim-mung. Das wird auch beim Pokalendspiel sosein. Wir freuen uns auf ein tolles Fest“, soDr. Agnes Klein.

Ellen Bertke

Bayern

Geschäftsstelle eingeweihtDank der finanziellen Unterstützung des Deut-schen Fußball-Bundes für seine Landesver-bände aus dem Überschuss der Fußball-Welt-meisterschaft 2006 kann sich der BezirkUnterfranken des Bayerischen Fußball-Ver-bandes (BFV) über eine neue Geschäftsstellefreuen. Nach nur elf Monaten Bauzeit hat derBezirk an der Friedenstraße in Würzburg eineneue Heimat gefunden. Zur offiziellen Ein-weihung und Schlüsselübergabe begrüßte derBezirksvorsitzende Rolf Eppelein zahlreicheprominente Gäste aus Sport, Wirtschaft undPolitik, darunter den stellvertretenden DFB-Generalsekretär Stefan Hans, DFB-Vizepräsi-dent und BFV-Präsident Dr. Rainer Koch, Alt-Oberbürgermeister Jürgen Weber, LandratEberhard Nuß und den verantwortlichen Archi-tekten Peter Frühwirth.

„Fußball braucht Leidenschaft, helfendeHände, aber auch eine intakte Infrastruktur.

Im Beisein zahlreicher Ehrengäste wurde die neue Geschäftsstelle des Bezirks Unterfran-ken in Würzburg eingeweiht.

FVM-Präsident Alfred Vianden, WM-Botschafterin Silke Rottenberg, die Beigeordnete derStadt Köln, Dr. Agnes Klein, und DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch (hinten von links)ehrten den „englischen“ Sieger vom SV Eilendorf.

| 107DFB-Journal 4/2009

Nach dem auch wirtschaftlich guten Ergeb-nis der WM 2006 haben wir gerne zum Bauder neuen Geschäftsstelle beigetragen. DasGebäude ist sehr gelungen und besticht durchFunktionalität und viele liebevolle Details“,betonte DFB-Direktor Stefan Hans. DFB-VizeKoch erklärte: „Die Geschäftsstelle ist einesinnvolle Investition, die dazu beiträgt, denAmateurfußball sichtbar zu repräsentieren.Sie soll für die vielen lokalen Vereine, für Funk-tionäre und Sportpolitiker und natürlich denVerband ein Treffpunkt der Kommunikationwerden.“ Auch der Bezirksvorsitzende RolfEppelein bedankte sich für die Unterstützungdes DFB und hob hervor, dass die Räumlich-keiten über den Fußball hinaus auch weite-ren Sportarten zur Verfügung stehen. „Hiersoll sportliches Leben stattfinden“, so Eppe-lein.

Corinna Mergner

Württemberg

Toller Sport- und ErlebnistagDen Kindern einen tollen Tag bieten, an demder Frohsinn und Spaß an der Bewegung imMittelpunkt stehen – so lautete das Ziel desSport- und Erlebnistages an der SportschuleRuit vor den Toren Stuttgarts. Initiiert vomWürttembergischen Fußballverband (wfv)führten verschiedene Sportfachverbändedie Veranstaltung für die Albertville-Realschulein Winnenden durch.

Mehr als 600 Schüler, dazu etwa 100 Lehrerund Betreuer, folgten der Einladung. Der Unterricht fiel an diesem Tag aus, und an den90 Sportstationen konnten sich die Schüler,alle mit DFB-Trikots ausgestattet, so richtigaustoben. Bei strahlendem Sonnenschein ver-suchten sich die Kinder im Trampolinturnen,beim Badminton oder auf einem BMX-Parcours.Sportliches Engagement gegen die finsterenErinnerungen.

Viele prominente Gäste kamen, erzählten undschrieben fleißig Autogramme. Neben Aliak-sandr Hleb schauten Ralf Rangnick und Mat-thias Jaissle von 1899 Hoffenheim wie auchdie Spitzenturnerin Marie-Sophie Hindermannund Stabhochspringer Alexander Straub vor-bei. Die „größten“ Promis kamen von der EnBWLudwigsburg, denn die Basketballer David

McCray, Philipp Heyden und Marco Sandersüberragten ihre kleinen Fans um mehr als dieHälfte. Keiner aber war beliebter als das DFB-Maskottchen „Paule“, um das sich alle Kin-der scharten und viele Fotos aufnahmen.

Heiner Baumeister

Thüringen

Neuer HauptgeschäftsführerDer Thüringer Fußball-Verband (TFV) hat einenneuen Hauptgeschäftsführer: Heinz-JoachimJungnickel hat die Nachfolge von Hans-Gün-ter Hänsel angetreten, der nach 16-jährigerTätigkeit in der Verbandsgeschäftsstelle inErfurt in den Ruhestand getreten ist.

„Hans-Günter Hänsel war ein Funktionär, dereine enge Verbindung zu den Menschen an

der Basis pflegte und der für die Mitarbeiterimmer zu erreichen war. Er genoss eine sehrhohe Wertschätzung und das Vertrauen vie-ler“, hob TFV-Präsident Rainer Milkoreit beider Verabschiedung seines wichtigsten Mit-arbeiters im Hauptamt hervor. „Vor allem seineZuverlässigkeit, sein Fleiß, seine Kreativitätund sein fachliches Können waren vorbild-lich.“

Hänsel übernahm am 15. Februar 1993 die Lei-tung der Zentrale des Thüringer Fußball-Ver-bandes. Über 16 Jahre sorgte er in seiner Tätig-keit dafür, dass sich die Beziehungen zwischenden Ehrenamtlichen und den Mitarbeitern derGeschäftsstelle zum Vorteil für den Thürin-ger Fußball entwickelten.  Dabei war es nichtimmer eine einfache Zeit. Allein drei Umzügegalt es zu organisieren, ohne dabei die Funk-tionsfähigkeit der Zentrale zu vernachlässi-gen. Und auch mit den zur Verfügung ste-henden Finanzen in einem Fußball-Verbandohne Bundesligisten und – wie zurzeit – sogarohne einen Zweitbundesligisten wusste Hän-sel sparsam und effektiv umzugehen.

Vor seiner neuen Tätigkeit beim ThüringerFußball-Verband war der heute 56 Jahre alteHeinz-Joachim Jungnickel unter anderemManager und Geschäftsführer bei Chemie Leip-zig, dem FSV Zwickau, dem FC Rot-Weiß Erfurtund beim FC Sachsen Leipzig.

Hartmut Gerlach

Große Begeisterung löste das DFB-Maskottchen „Paule“ bei den Kindern aus.

Der Präsident des Thüringer Fußball-Ver-bandes, Rainer Milkoreit (rechts), führte denneuen Hauptgeschäftsführer Heinz-JoachimJungnickel in sein Amt ein.

108 | DFB-Journal 4/2009

Erstes Endspiel der UEFA Europa League in Hamburg

Finale Herausforderung

Vier Jahre nach dem Duell in der UEFA Champions League zwischen dem FC Porto und dem AS Monaco in Gelsenkirchen ist der DFB erneut Gast-

geber eines europäischen Endspiels. Am 12. Mai 2010 findet in Hamburg das erste Finale der neu geschaffenen UEFA Europa League statt. Und

es soll nicht nur für die Stadt ein unvergessliches Ereignis werden. Stephan Brause, Mitarbeiter der Direktion Kommunikation, beschreibt den

Stand der Vorbereitungen.

Na klar. Natürlich wird Bernd Hoffmanndiese eine Frage an diesem Mittagin einem Hamburger Designhotelnahe der Reeperbahn immer wieder

gestellt. Auch wenn sie eigentlich überflüs-sig ist, die Antwort auf der Hand liegt. DieFinalpremiere der neu geschaffenen UEFAEuropa League in Hamburg und der HSV genauin diesem Wettbewerb in der Runde der letz-ten 32 Teams. Da gehört nur wenig Fantasiedazu, um zu erraten, was sich der Vor-standsvorsitzende des Hamburger SV für dasEndspiel im „Wohnzimmer“ seines Klubswünscht. „Es würde mich natürlich sehrfreuen, wenn die meisten Fans an diesemTag ganz bequem per S- und U-Bahn anrei-sen können.“

Doch auch wenn dem HSV diese „Finale Heraus -forderung“ (so der offizielle Slogan des End-spiels) nicht vergönnt ist: Ein besonderer Tagwird der 12. Mai für die Hansestadt auch so.Überall in Hamburg werden bald Plakate zusehen sein, auf denen ein vor bekannten Ham-burger Gebäuden geführter Zweikampf zweierSpieler um den Ball zu sehen ist. „Diese Dar-stellung im Street-Art-Style ist eine Vernei-gung vor dem Hamburger Ruf als kreativesZentrum einer lebhaften zeitgenössischenKunstszene“, sagt Michael Heselschwerdt, Lei-ter der UEFA-Klubwettbewerbe.

Das eigens für das Finale kreierte Designkommt bestens an. Auch bei Horst Hrubesch,der in Hamburg gemeinsam mit Uwe Seeler

als offizieller Final-Botschafter berufenwurde. Es bleibt nicht die einzige Aktion imVorfeld des Europa League Finales, für dases seit dem 1. Dezember Karten zu bestellengibt (Informationen auf www.dfb.de). Der Ham-burger Fußball-Verband richtet ein Jugend-turnier aus, dessen Endspiel voraussichtlichebenfalls am 12.Mai ausgetragen werden soll.Bereits einen Monat zuvor, am 13. April, kommtUEFA-Präsident Michel Platini nach Hamburg.Mitsamt des neuen Siegerpokals. Diesen wirder im Beisein von DFB-Präsident Dr. Theo Zwan-ziger an Oberbürgermeister Ole von Beustüberreichen. Danach geht die Trophäe auf „Trophy Tour“ durch die Elbmetropole. Jederinteressierte Fan bekommt die Möglichkeit,sich mit Pokal ablichten zu lassen.

Das Spielfeld der Emotionen.

Kicker-Anz-DIN_A4.indd 1 02.06.2008 11:42:46 Uhr

110 | DFB-Journal 4/2009

Die 13 Jungen im Alter von neun undzehn Jahren drängen sich um Per Mer-tesacker wie um einen Nikolaus.Manche sagen Per, manche „Du, Herr

Mertesacker“. Und einer nimmt seinen Mutzusammen und sagt: „Wir bedanken uns beiPer, weil er für uns immer bezahlt.“ Dann machtder Nationalspieler von Werder Bremen mitbeim Fußballspiel in der Halle der GrundschuleGarbsen in Hannover. Mal klatscht er einenhalb so großen Mitspieler ab, mal bindet ereinem die Schuhe zu und immer wieder feu-

Nass geschwitzt steht Per Mertesacker in der Turnhalle einer Grundschule. Mehr als zwei Stun-

den hat der Nationalverteidiger mit Kindern gespielt, von denen die meisten einen Migrati-

onshintergrund haben. Er lächelt. Er genießt solche Momente. Während seines Zivildienstes hat

er sich um behinderte Menschen gekümmert und dabei entdeckt, wie wichtig ihm soziales Enga-

gement ist. Heute reicht sein Einsatz von der Anti-Rassismus-Aktion bis zur Schirmherrschaft

für die Special Olympics. Und er kann sich sogar vorstellen, den „Zivildienst“ nach der Kar-

riere zum Beruf zu machen. Der freie Journalist Jörg Marwedel hat Mertesacker begleitet.

Fußball-Köpfe: Seit seinem Zivildienst engagiert sich Per Mertesacker für soziale Projekte

Eine gute Schule fürs Leben

ert er an, den Pass zum richtigen Mann zuspielen. Er lobt die guten Pass-Versuche,geglückte Schüsse und die Torwartparaden.

Mertesacker lebt vor, was Teamgeist ist. So,wie ihn die Trainer Ansgar Pietschmann undTino Messner den kleinen Nachwuchsfußbal-lern seit Februar 2009 beizubringen versu-chen – mit erstaunlichem Erfolg. Am Schlussbilden die Kinder einen Kreis und rufen: „Wirsind ein Team.“ Per Mertesacker ist nassgeschwitzt und sagt: „Das hat Spaß gemacht.Diese Freude. Da kommen einem fast die Kind-heitsträume wieder hoch.“

Der Nationalspieler unterstützt dieses Pilot-projekt, das fast 30.000 Euro im Jahr kostet.In der Gesamtschule Garbsen haben 85 Pro-zent der Kinder einen Migrationshintergrund.Sie heißen Hasan, Mehmet, Emre oder Ali, diemeisten sind Türken. In dieser Fußballklassearbeiten zwei pädagogisch ausgebildete Trai-ner zweimal in der Woche mit den Jungs. Erstisst man gemeinsam Mittag, dann werden unterAufsicht die Hausaufgaben gemacht, und wenndas alles geklappt hat, spielen sie Fußball.Einmal gab es sogar ein Trainingslager in derSportschule Barsinghausen. Das Team ist inzwi-schen die E-Jugend des SC Garbsen und wirdStück für Stück besser. Das Wichtigste an die-sem Modell aber ist, dass es von Dauer seinsoll. Die Schüler sollen bis zum Schulabschlussauf diese Weise betreut werden. Sie merkenplötzlich, dass sich in dieser Gesellschaft dochjemand für sie interessiert.

„Sport als Chance“, nennt Mertesacker sol-che Modelle. Er möchte, dass die Kinder gegen-seitigen Respekt lernen, aber auch Freudehaben. Doch es geht ihm mit seinem Engage-ment um mehr: auch um Hilfe in unverschul-deter Notlage, es gibt die „Aktion Kindertraum“für kranke Kinder, eine Tafel im hannoverschenVorort Laatzen für Menschen, die kaum zu essenhaben. Weil er ein beliebter Nationalspielerist, kann er das dafür nötige Geld einspielen.Im Juni etwa hat das Prominentenspiel „Bestof Mertesacker & Pocher“ gegen die „PhilippLahm & Friends“ mit Nationalspielern wie LukasPodolski oder Piotr Trochowski in Hannover10.000 Zuschauer angelockt.

Es gibt inzwischen viele soziale Projekte, an denen sich Nationalspieler beteiligen –nicht nur Philipp Lahm, der ebenfalls eineStiftung hat und unter anderem in einer Kam-pagne gegen die tödliche Raserei auf denAutobahnen mitwirkt. Viele sind bei der DKMS, der Deutschen Knochenmarkspen-derdatei, dabei. Auch bei der Anti-Rassismus-Kampagne des DFB sind viele Profis einbe-zogen. Doch der gerade erst 25 Jahre alteMertesacker ist besonders engagiert. Er hat auch schon bei „Schule mit Courage“ mit-gemacht, die sich ebenfalls gegen Rassis-mus richtet. Bei der Polizei-Aktion „Don´t drink too much“ war er dabei und mancheSchirmherrschaft hat er auch schon über-nommen. Zum Beispiel für die Special Olym-pics der Behinderten, die 2010 in Bremen statt-finden.

Ein Tag wie kein anderer: Den Besuch von Per Mertesacker

werden die Jungs der Gesamtschule Garbsen so schnell nicht vergessen.

Spaß am Spiel: Per Mertesacker beim Training mit einigen Schülern.

Per Mertesacker kann sich nach seiner Spie-lerkarriere kaum vorstellen, einmal auf derTrainerbank im Profifußball zu landen. Einer-seits, weil er immer wieder merkt, wie großder Erfolgsdruck ist. Da bleibt, so sein kriti-scher Blick, „die Menschlichkeit oft auf derStrecke“. Andererseits, weil er als Zivil-dienstleistender gelernt hat, „dass es ganzandere Probleme auf der Welt gibt“. Und zwarauch in der näheren Umgebung. Mertesackerhat damals, er spielte schon für Hannover 96in der Bundesliga, in einer geschlossenenAnstalt mit geistig und seelisch behindertenMännern seinen Zivildienst geleistet. Men-schen, die nicht allein lebensfähig waren, diesich kaum mitteilen, oft kaum sprechen konn-ten. Das hat ihn geprägt. „Ich habe“, sagt Mer-tesacker, „damals gemerkt, dass ich das gutverkraften konnte.“

Seine Schlussfolgerung war, dass er auch „künf-tig etwas tun wollte, wo ich helfen kann“. Erwollte auch etwas zurückgeben, weil seine Elternihn so „behutsam aufgezogen“ haben. Inzwi-schen denkt er sogar darüber nach, beruflichauch später etwas in diesem Bereich zu tun.Nicht ausgeschlossen, dass der Abiturient(Durchschnittsnote 2,8) irgendwann ein Fern-studium beginnt. Vielleicht belegt er auch ander Universität seiner Wahlheimat Bremen, woder Werder-Profi seit 2006 wohnt, einige Semi-nare, um sich herauszupicken, was er späterbrauchen könnte für ein hauptamtliches Enga-gement.

Nach dem Fußball mit den Schülern in Garbsenwar es übrigens immer noch nicht vorbei. Wie-der drängten sich die Jungs um den Profi, dies-mal in ihrem Klassenzimmer. Und sie hatten nochimmer Fragen und Wünsche. „Warum bist dunicht zu Juventus Turin gegangen?“, wollte einerwissen. Ob er mal einen Werder-Spieler mitbringe,haben andere gefragt, zum Beispiel Naldo oderRosenberg? Ob er ihnen einen Ball mitbringeund Trikots? „Trikots von Werder?“, fragte PerMertesacker. „Ja“, riefen die Hannoveraner. Erhat also auch noch Werbung gemacht für sei-nen aktuellen Arbeitgeber an diesem Tag.

Eigentlich war nur eine Stunde vorgesehen.Am Schluss war Per Mertesacker zweieinhalbStunden dort. Und eine Mutter hatte auch nocheine giftgrüne Torte gebacken, von der jedermindestens ein Stück abbekam. Per Mertes -acker haben die Überstunden nichts ausge-macht. „Unsere Ziele sind gut angenommenworden“, sagt er zufrieden. Dann macht ersich auf, am Abend in Bremen eine Weih-nachtsfeier von Werder-Fans zu besuchen.

112 | DFB-Journal 4/2009

Kopfballstarker Verteidiger: Per Mertesackergewinnt das Duell gegen Salomon Kalou vonder Elfenbeinküste.

Zum Abschluss der Veranstaltung bildetenalle einen Kreis. Und die Jungs hoffen, dasses ein schnelles Wiedersehen mit demNationalspieler gibt.

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114 | DFB-Journal 4/2009

Impressum:DFB-Journal – 21. Jahrgang – Ausgabe 4/2009

Herausgeber: Deutscher Fußball-Bund (DFB)Otto-Fleck-Schneise 660528 Frankfurt/MainTelefon 069/6788-0www.dfb.de

Verantwortlich für den Inhalt: Ralf Köttker

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Lektorat: Klaus Koltzenburg

Mitarbeiter in dieser Ausgabe:

Niels Barnhofer, Stephan Brause, Maximilian

Geis, Thomas Hackbarth, Anno Hecker,

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