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Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion Kantonales Anwaltsgesetz (KAG) (Änderung) Antrag des Regierungsrates

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Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion

Kantonales Anwaltsgesetz (KAG)(Änderung)

Antrag des Regierungsrates

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Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Zusammenfassung 3

2. Ausgangslage 3

2.1 Entschädigung der amtlichen Anwälte 3

2.1.1 Minimalstundensatz gemäss Bundesgericht 3

2.1.2 Vorgaben der neuen Prozessordnungen 3

2.1.3 Notwendigkeit einer Anpassung des KAG 4

2.1.4 Lösungsvorschlag und verworfene Alternativen 4

2.1.5 Unterschied zum Parteikostenersatz bei privater Mandatierung 5

2.1.6 Auswirkungen auf das Nachforderungsrecht 5

2.2 Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Entschädigung 5

2.3 Berufshaftpflichtversicherung 6

2.3.1 Geltende Regelung der Versicherungspflicht 6

2.3.2 Berufshaftpflichtversicherung als Berufsregel 6

2.3.3 Notwendigkeit einer Kontrolle 6

2.3.4 Ausgestaltung der Kontrolle 7

2.3.5 Anpassung der Versicherungssumme an das Bundesrecht 7

2.4 Neue Bezeichnung für die Anwaltskammer 7

3. Erläuterungen zu den Artikeln 8

4. Verhältnis zu den Richtlinien der Regierungspolitik 10

5. Finanzielle Auswirkungen 10

5.1 Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte 10

5.2 Kontrolle der Berufshaftpflichtversicherung 10

6. Personelle und organisatorische Auswirkungen 10

7. Auswirkungen auf die Gemeinden 10

8. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 11

9. Ergebnis der Konsultation 11

10. Antrag 12

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Vortragdes Regierungsrates an den Grossen Ratzur Änderung des Kantonalen Anwaltsgesetzes

1. Zusammenfassung

Das Kantonale Anwaltsgesetz vom 28. März 2006 (KAG)1) muss in einigen Einzel-punkten revidiert werden. Der wichtigste Bereich betrifft die Entschädigung deramtlich bestellten Anwältinnen und Anwälte. Das Bundesgericht hat in seiner neus-ten Rechtsprechung Vorgaben gemacht über die Mindesthöhe der Entschädigung,die der Kanton diesen Anwältinnen und Anwälten zu bezahlen hat. Die heutige Re-gelung kann dazu führen, dass die Mindesthöhe unterschritten wird. Die vorge-schlagene Änderung des Entschädigungstarifs setzt die Vorgaben des Bundesge-richts um. Damit verbunden ist ein grundsätzlicher Wechsel des Systems, wie dieEntschädigung berechnet wird. Im Weiteren müssen die Rechtsmittel, die gegen dieFestsetzung der Entschädigung ergriffen werden können, an die neue Schweizeri-sche Strafprozessordnung und die Zivilprozessordnung angepasst werden. Zweiweitere Revisionspunkte betreffen die Berufshaftpflichtversicherung der Anwältin-nen und Anwälte. Die Kontrolle, ob die Versicherung die gesetzlichen Anforderun-gen erfüllt, soll verbessert werden. Ausserdem ist ein Widerspruch zum Bundes-recht zu beseitigen.

2. Ausgangslage

2.1 Entschädigung der amtlichen Anwälte

2.1.1 Minimalstundensatz gemäss Bundesgericht

Wie in vielen andern Kantonen erhalten die amtlich tätigen Anwältinnen und Anwäl-te im Kanton Bern eine Entschädigung, die niedriger ist als der Parteikostenersatzoder das Honorar, das sie aufgrund eines privatrechtlichen Mandatsverhältnissesvom Klienten verlangen könnten. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundes-gerichts war eine niedrigere Entschädigung zulässig, falls sie kostendeckend underwerbsäquivalent war. In einem Urteil vom 6. Juni 20062) ist das Bundesgericht ineinem den Kanton Aargau betreffenden Fall zum Schluss gekommen, dass sich dieEntschädigung für amtlich bestellte Anwältinnen und Anwälte im schweizerischenDurchschnitt in der Grössenordnung von 180 Franken pro Stunde3) bewegen müsse,um vor der Verfassung standzuhalten.

1) BSG 168.11.2) BGE 132 I 201.3) Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer.

Nach dem geltenden Art. 42 KAG entschädigt der Kanton die amtlich bestelltenAnwältinnen und Anwälte mit zwei Dritteln des tarifmässigen Parteikostenersatzes.Für den Parteikostenersatz massgebend sind zum einen der Tarif gemäss der Partei-kostenverordnung (PKV)4) und zum anderen die Bemessungskriterien von Art. 41Abs. 3 KAG. Letztere legen fest, dass die Entschädigung innerhalb des jeweiligenRahmentarifs der PKV nach dem in der Sache gebotenen Zeitaufwand und nach derBedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des Prozesses bemessen wird. DieTarifordnung der PKV besteht ausschliesslich aus Rahmentarifen, wobei in Zivil-rechtssachen und verwaltungsrechtlichen Klageverfahren die Rahmentarife nachdem Streitwert abgestuft sind. Zuschläge werden gewährt bei besonders zeit- undarbeitsintensiven Verfahren sowie bei Verfahren, in denen bedeutende vermögens-rechtliche Interessen zu wahren sind. Die Tarifordnung enthält jedoch keinen fran-kenmässigen Stundenansatz, mit dem der gebotene Zeitaufwand direkt abgegoltenwird. Zwar spielt der Zeitaufwand auch nach der bernischen Regelung eine wichtigeRolle. Er ist aber nur eines von mehreren Kriterien, die es bei der Festsetzung derParteientschädigung zu berücksichtigen gilt (vgl. Art. 41 Abs. 3 KAG). Das frühere,bis Ende 2006 geltende Recht enthielt zumindest indirekt einen verbindlichen Stun-dentarif, indem das alte Fürsprechergesetz und das Dekret über die Anwaltsgebüh-ren den Bernischen Anwaltsverband (BAV) zum Erlass eines Konventionaltarifs ver-pflichtet hatten5).

Obwohl im Aargauer Fall nur ein ganz bestimmtes Entschädigungssystem zu beur-teilen war, das überdies ausschliesslich die Honorierung eines Pflichtverteidigers imStrafprozess betraf, hat das Bundesgericht allgemein festgestellt, bei amtlichenMandaten bilde ein Honorar von 180 Franken pro Stunde das verfassungsrechtlicheMinimum. Dies hat zur Folge, dass ein Entschädigungssystem nicht nur dann ver-fassungswidrig ist, wenn es einen gesetzlichen Stundenansatz von weniger als 180Franken enthält, sondern auch dann, wenn die Entschädigung des amtlichen An-walts im Ergebnis unter 180 Franken pro Stunde beträgt.

2.1.2 Vorgaben der neuen Prozessordnungen

Die Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessord-nung, ZPO)6) überlässt es den Kantonen, den Umfang der Entschädigung zu bestim-men7). Insbesondere sind die Kantone befugt, den amtlichen Vertreterinnen undVertretern eine Entschädigung zu gewähren, die tiefer ist als die ordentliche Partei-entschädigung8) gemäss der kantonalen Tarifordnung9). Die Schweizerische Straf-

4) Verordnung vom 17. Mai 2006 über die Bemessung des Parteikostenersatzes (Parteikos-tenverordnung, PKV; BSG 168.811).

5) Dieser Tarif, welcher mit Beschluss des BAV vom 10. Mai 2007 aufgehoben wurde, sahzuletzt ein Grundhonorar von 230 Franken pro Stunde vor.

6) Bundesblatt (BBl) 2009 21.7) Art. 122 Abs. 1 Bst. a ZPO.8) Nach bernischem Recht: Parteikostenersatz (vgl. Art. 41 KAG).9) Botschaft zur ZPO, in BBl 2006 7304 (dort noch Art. 120).

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prozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO)10) sieht vor, dassdie amtliche Verteidigung nach dem Anwaltstarif des jeweiligen Kantons entschä-digt wird11). Die neuen schweizerischen Prozessordnungen enthalten demnach keineVorgaben an die Kantone, welche zusätzlich zu den Vorgaben des Bundesgerichts zubeachten wären.

2.1.3 Notwendigkeit einer Anpassung des KAG

Nach der geltenden Tarifordnung für die amtliche Vertretung ist nicht für alle Fällesichergestellt, dass bei einer Umrechnung auf den gebotenen Zeitaufwand ein Min-deststundenansatz von 180 Franken resultiert. Es sind einzelne Fallkonstellationendenkbar, in denen die Vorgaben des Bundesgerichts eine Korrektur der nach Art. 42KAG ermittelten Entschädigung gebieten. Dies kann im Allgemeinen dann der Fallsein, wenn der gebotene Zeitaufwand im Verhältnis zur Bedeutung der Streitsache,zur Schwierigkeit des Prozesses und zum Streitwert ein überproportionales Gewichthat, das auch mit einem Zuschlag12) nicht ausgeglichen werden kann. Seit der Pra-xisänderung von BGE 132 I 201 müssen die bernischen Justizbehörden mit einer Art«Gegenprobe» prüfen, ob bei der nach Art. 42 KAG festgesetzten Entschädigung derMinimalstundenansatz von 180 Franken eingehalten ist13). Ist dies nicht der Fall,muss die Entschädigung im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen erhöhtwerden14). Art. 42 KAG gibt daher in bestimmten Fallkonstellationen nicht die tat-sächlich geltende Rechtslage und ausgeübte Praxis wieder. Zwar wäre es – zumin-dest in der Theorie – denkbar, den Anforderungen des Bundesgerichts auch ohnedie «Gegenprobe» nachzukommen. Dies wäre allerdings nur möglich, wenn manvon der Prämisse ausgeht, dass die Anwältinnen und Anwälte für die Ermittlung desParteikostenersatzes oder Honorars effektiv stets auf einen Stundenansatz von280 Franken oder mehr abstellen15). Die Realität ist jedoch eine andere. Gerade inMaterien, in denen amtliche Verbeiständungen häufig anzutreffen sind, stellen dieAnwältinnen und Anwälte oftmals Honorare in Rechnung, die auf einem Stunden-ansatz von weniger als 280 Franken basieren. Nicht selten legen sie ihrem Honorarnoch immer exakt den Betrag von 230 Franken pro Arbeitsstunde zugrunde, obwohles dafür keinen sachlichen Grund mehr gäbe. Die oben beschriebene Korrektur derauf zwei Drittel reduzierten Honorarforderung ist daher im heutigen System regel-mässig unumgänglich. Der Regierungsrat ist deshalb der Auffassung, dass es –entgegen der teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung16) – geboten ist, Art. 42KAG an die neuen Verhältnisse anzupassen.

10) BBl 2007 6977.11) Art. 135 Abs. 1 StPO (vgl. Botschaft zur StPO, in BBl 2006 1180; dort noch Art. 133).12) Vgl. Art. 9 PKV.13) Vgl. in diesem Sinne auch den Nachtrag vom 20. Juni 2006 zum Kreisschreiben Nr. 15 des

Obergerichts des Kantons Bern.14) Entschädigung allein nach Aufwand mit einem Stundenansatz von 180 Franken.15) MARTIN STERCHI, Die korrekte Kostennote, in: in dubio 1/09, S. 16, 23.16) MARTIN STERCHI, a.a.O., S. 23.

2.1.4 Lösungsvorschlag und verworfene Alternativen

Die Vorgaben des Bundesgerichts können am besten dadurch umgesetzt werden,dass die Parteientschädigung bei amtlichen Vertretungen aufgrund des gebotenenZeitaufwands festgesetzt wird. Dabei soll der Mindestansatz infolge der seit demBundesgerichtsurteil aufgelaufenen Teuerung auf 190 Franken festgelegt werden.Bei der Festsetzung des gebotenen Zeitaufwands sollen die Bedeutung der Streit-sache und die Schwierigkeit des Prozesses berücksichtigt werden. Mit diesen beidenaus Art. 41 Abs. 3 Bst. b KAG übernommenen Bemessungsfaktoren wird sicherge-stellt, dass man sich bei der Bemessung der Entschädigung der amtlichen Anwäl-tinnen und Anwälte nicht zu sehr vom System der Bemessung des Parteikosten-ersatzes entfernt. Die Entschädigung kann erhöht werden in Fällen mit einem Streit-wert sowie in Fällen, in denen bedeutende vermögensrechtliche Interessen zuwahren sind. Ein solches System einer Aufwandentschädigung, das einen fixenStundenansatz und Möglichkeiten zur Erhöhung der Entschädigung in besonderenFällen vorsieht, kennen auch etwa die Kantone Schaffhausen und Solothurn.

Denkbar gewesen wären allenfalls auch andere Lösungen. Eine Variante hätte darinbestehen können, zu einem reinen Aufwandsystem mit einem fixen Stundensatzvon 180 Franken überzugehen, ohne die in Art. 41 Abs. 3 Bst. b KAG aufgeführtenKriterien («Bedeutung der Streitsache» und «Schwierigkeit des Prozesses») aufzu-führen und ohne Anpassungsmöglichkeiten bei besonderen Verhältnissen vorzuse-hen. Bei einer solchen Lösung würde die Festsetzung der Parteientschädigung voll-ständig von der Ermittlung des Parteikostenersatzes abgekoppelt17). Der Nachteilbesteht darin, dass keine Differenzierungen möglich sind. Ein Vorteil gegenüberdem vorgeschlagenen System wäre indessen, dass es für den Kanton kostengünsti-ger ausfiele, weil die Entschädigung strikt an den Aufwand gebunden wäre undErhöhungsmöglichkeiten fehlten.

Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, das geltende System – Entschädigung deramtlichen Anwältinnen und Anwälte mit zwei Dritteln des tarifmässigen Parteikos-tenersatzes – grundsätzlich beizubehalten, gleichzeitig aber vorzuschreiben, dass dieEntschädigung mindestens so hoch sein muss, dass der gebotene Zeitaufwand mit180 Franken pro Stunde abgegolten wird. Ein solches System wäre jedoch unnötigkompliziert. Zudem ist der Regierungsrat der Auffassung, dass es durchaus sachge-recht ist, die amtlichen Anwältinnen und Anwälte «nur» nach Zeitaufwand zu ent-schädigen. Wohl trifft es zu, dass Anwältinnen und Anwälte keine «Fliessbandar-beit» verrichten und eine Entschädigung «im Akkordlohn» den jeweils individuellenBesonderheiten zu wenig Rechnung tragen würde18). Von einem solchen Systemkann jedoch keine Rede sein. Wie dargelegt wurde, nimmt auch die neue RegelungRücksicht auf die «Bedeutung der Streitsache» und die «Schwierigkeit des Prozes-ses». Sie erlaubt damit eine flexible, den jeweiligen Umständen angepasste Bemes-sung der amtlichen Entschädigung im Einzelfall. Für eine Bemessungsregel, die sich

17) Ein solches System einer reinen Aufwandentschädigung besteht etwa im Kanton Basel-Landschaft.

18) Vgl. MARTIN STERCHI, a.a.O., S. 20.

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noch weiter von einer Entschädigung des Aufwands entfernt, besteht bei den amtli-chen Verbeiständungen – nur um diese geht es hier – kein Anlass. Die Kosten für dieEntschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte werden von der Allgemein-heit getragen. Das Gemeinwesen hat daher ein gewichtiges Interesse daran, dasssie im Voraus kalkulierbar und nach oben begrenzt sind. Dafür bietet eine mit dernötigen Flexibilität ausgestattete Aufwandentschädigung am besten Gewähr.

2.1.5 Unterschied zum Parteikostenersatz bei privater Mandatierung

Die Einführung des neuen Bemessungssystems für die Entschädigung bei den amt-lichen Prozessvertretungen hat zur Folge, dass die Ermittlung des Parteikostenersat-zes bei der privaten Mandatierung nach einem anderen System erfolgt als die Fest-setzung der Entschädigung bei einer amtlichen Mandatierung. Ist der geboteneZeitaufwand einmal bestimmt, hat die Behörde mangels Rahmentarifen, wie sie diePKV bietet, keinen Ermessensspielraum mehr, sieht man von der Erhöhungsmög-lichkeit gemäss dem neuen Abs. 2 von Art. 42 KAG ab. Für ein unterschiedlichesBemessungssystem von Parteikostenersatz und Entschädigung der amtlichen Man-datierung lassen sich jedoch sachliche Gründe ins Feld führen. So geht es bei derEntschädigung einer amtlichen Anwältin oder eines amtlichen Anwalts um die Ho-norierung einer Person, die in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis mit demGemeinwesen steht. Die Entschädigung muss hoheitlich vom Gemeinwesen festge-legt werden und steht – anders als beim Parteikostenersatz – der Anwältin oder demAnwalt selbst und nicht der vertretenen Partei zu19). Demgegenüber wird mit denVorschriften über die Bemessung des Parteikostenersatzes definiert, welche An-sprüche eine anwaltlich vertretene Partei hat, wenn sie in einem Gerichts- oder Be-schwerdeverfahren obsiegt.

2.1.6 Auswirkungen auf das Nachforderungsrecht

Die unentgeltliche Rechtspflege steht unter dem Vorbehalt, dass die minderbemittel-te Partei die Verfahrens- bzw. Gerichtskosten sowie die Anwaltskosten (Parteikos-ten), die der Kanton übernommen hat, nachzahlen muss, wenn sie innerhalb vonzehn Jahren zu hinreichendem Vermögen oder Einkommen gelangt. Dies gilt fürden Fall, dass die minderbemittelte Partei unterliegt und die Anwalts- und Gerichts-kosten nicht vom Prozessgegner erstattet erhält. Bei neuem Vermögen oder Ein-kommen schuldet die Partei also dem Kanton – nebst den Verfahrenskosten – diereduzierte Entschädigung, die dieser der Anwältin oder dem Anwalt bezahlt hat,sowie die vollen Anwaltsauslagen. Ausserdem schuldet die Partei der Anwältin oderdem Anwalt die Differenz zum vollen Honorar20). Keine Nachzahlungspflicht trifft die

19) Vgl. Vortrag des Regierungsrates betreffend das KAG, Tagblatt des Grossen Rates 2006,Beilage 4 [Vortrag KAG], S. 14.

20) Bisher Art. 82 Abs. 4 des Gesetzes vom 7. Juli 1918 über die Zivilprozessordnung (BE ZPO;BSG 271.1), Art. 52 Abs. 2 des Gesetzes vom 15. März 1995 über das Strafverfahren (StrV;BSG 321.1) und Art. 113 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege(VRPG; BSG 155.21) (BE ZPO und StrV werden mit Inkrafttreten des Einführungsgesetzes

minderbemittelte Partei, wenn sie obsiegt und deren Prozessgegner zur Bezahlungihrer Anwalts- und Verfahrenskosten verurteilt wurde. Dies gilt auch für den Fall,dass die Eintreibung dieser Kostenforderung beim Prozessgegner erfolglos ist unddie Anwältin oder der Anwalt deshalb vom Kanton ebenfalls nur zu zwei Drittelnentschädigt wird21).

Nach dem bisherigen System bedeutete dies, dass die zu neuem Vermögen oderEinkommen gelangte Partei der Anwältin oder dem Anwalt einen Drittel des tarif-mässigen Parteikostenersatzes und dem Kanton die von diesem der Anwältin oderdem Anwalt bezahlten zwei Drittel nachzahlen musste. Weil aufgrund des bisherigenArt. 42 Abs. 1 KAG die Höhe der Entschädigung ein bestimmter Bruchteil des tarif-mässigen Parteikostenersatzes war, liess sich die Nachforderung des Anwaltes unddes Kantons auf einfache Weise berechnen. Wird nun nach dem revidierten Art. 42KAG für die Berechnung der Entschädigung bei amtlicher Vertretung eine eigeneRegelung aufgestellt, die sich von derjenigen für den Parteikostenersatz unterschei-det, stellt sich die Frage, was das «volle Honorar»22) ist, aufgrund dessen die Diffe-renz zur Entschädigung berechnet wird. Weil die Tarifordnung für den Parteikosten-ersatz23) der einzige staatliche «Anwaltstarif» ist – auch wenn er nur subsidiär gilt24) –,kann kein Zweifel darüber bestehen, dass sie auch weiterhin massgebend sein musszur Berechnung der Differenz zwischen dem «vollen Honorar» und der Entschädi-gung. Das Gesetz wird deshalb mit einer Bestimmung ergänzt, in der festgehaltenwird, dass sich der nachforderbare Betrag aus der Differenz zwischen der Entschä-digung und dem Honorar gemäss der Tarifordnung für den Parteikostenersatz vonArt. 41 KAG ergibt (neuer Art. 42a KAG).

2.2 Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Entschädigung

Art. 43 KAG in seiner bisherigen Fassung regelt die Rechtsmittel, die gegen Ent-scheide ergriffen werden können, in denen der Kanton oder die Gemeinden demAnwalt in Anwendung von Art. 42 KAG die Entschädigung für seine amtliche Vertre-tung zusprechen. Er sieht vor, dass die Höhe der Entschädigung nicht mit demRechtsmittel, das allenfalls gegen den Sachentscheid zur Verfügung steht, angefoch-ten werden kann, sondern dass ausschliesslich das spezielle Rechtsmittel vonArt. 43 zu ergreifen ist. Der Grund für die Schaffung eines speziellen Instanzenzugeslag darin, dass mit der Bestellung einer amtlichen Anwältin oder eines amtlichenAnwaltes ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Anwältin oderdem Anwalt und dem Kanton begründet wird. Streitigkeiten über die Entschädigungaus diesem Rechtsverhältnis sollte ein oberstes Gericht beurteilen.

vom 11. Juni 2009 zur Zivilprozessordnung, zur Strafprozessordnung und zur Jugend-strafprozessordnung [EG ZSJ] aufgehoben). Neu hat das Nachforderungsrecht seineGrundlage in der Schweizerischen Zivil- bzw. Strafprozessordnung: Art. 123 ZPO undArt. 135 Abs. 4 und 5 StPO.

21) Bisher Art. 82 Abs. 3 BE ZPO.22) So bisher der Ausdruck in Art. 52 Abs. 2 StrV.23) Gemäss Art. 41 KAG und der PKV.24) Art. 40 Abs. 2 KAG.

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Die eidgenössischen Prozessgesetze haben zu einer Vereinheitlichung und Straffungdes Rechtsmittelsystems geführt. Dieses lässt keinen Raum mehr für spezielle,durch kantonales Recht zu regelnde Rechtsmittel, mit denen die Höhe der amtlichenEntschädigung zur Überprüfung gebracht werden kann. Vielmehr werden Streitig-keiten über die Höhe des amtlichen Honorars mit den in den neuen Prozessordnun-gen vorgesehenen Rechtsmitteln zu erledigen sein. In Strafsachen ist die Beschwer-de nach Art. 135 Abs. 3 StPO das zutreffende Rechtsmittel. In Zivilsachen dürfte dieBeschwerde nach Art. 319 ff. ZPO zur Verfügung stehen (vgl. Art. 121 ZPO). Die imgeltenden Art. 43 KAG geregelten Rechtsmittel sowie die Verfahrensbestimmungenmüssen daher durch einen Hinweis auf das Rechtsmittelsystem der ZPO und derStPO ersetzt werden.

In der Verwaltungsrechtspflege wäre es an sich nach wie vor zulässig, ein speziellesRechtsmittel vorzusehen. Es erscheint im Interesse eines einheitlichen Systemsjedoch angezeigt, die Anpassungen bei der Zivil- und Strafrechtspflege zum Anlasszu nehmen, auch bei den öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten darauf zu verzich-ten. Demnach sind in Zukunft auch in diesem Rechtsbereich die Entscheide betref-fend die Höhe der amtlichen Entschädigung mit dem in der Sache offen stehendenRechtsmittel anfechtbar (Grundsatz der Einheit des Verfahrens, vgl. Art. 75 VRPG).

2.3 Berufshaftpflichtversicherung

2.3.1 Geltende Regelung der Versicherungspflicht

Nach Art. 12 Bst. f des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit derAnwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA)25) haben Anwältinnen und Anwälteeine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs derRisiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen26). In Art. 10 KAG stelltder Kanton Bern weitere Anforderungen an den Deckungsumfang der Haftpflicht-versicherung: Nebst der Mindesthöhe der Versicherungssumme von einer MillionFranken pro Schadenereignis (Bst. a) wird verlangt, dass der Versicherungsschutzfür Schäden besteht, die während der Dauer der Berufsausübung verursacht wer-den, auch wenn sie erst nach deren Beendigung bekannt werden (Bst. b).

2.3.2 Berufshaftpflichtversicherung als Berufsregel

Nach dem System des BGFA ist die Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversiche-rung eine Berufsregel, nicht aber eine formelle Voraussetzung für die Eintragung insAnwaltsregister27). Die Berufsregeln des BGFA ihrerseits gelten nur für Anwältinnen

25) SR 935.61.26) Weiter wird verlangt, dass die Versicherungssumme mindestens eine Million Franken pro

Jahr betragen muss; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertigeSicherheiten erbracht werden.

27) Die Lehre bezeichnet dies als Fehlkonzeption des BGFA; vgl. WALTER FELLMANN, in Kom-mentar zum Anwaltsgesetz, 2005, Art. 12 N. 140/141.

und Anwälte, die im Anwaltsregister eingetragen sind28). Das BGFA verlangt also,dass ein Anwalt, der sich im Anwaltsregister eingetragen hat, eine Berufshaftpflicht-versicherung abschliesst, bevor er seine Berufstätigkeit aufnimmt. In diesem Punktist das kantonale Recht strenger: Indem Art. 23 Abs. 3 Bst. f KAG verlangt, dass demGesuch um Eintragung ins Anwaltsregister ein Nachweis über die abgeschlosseneBerufshaftpflichtversicherung beizulegen ist, macht das KAG das Bestehen einerVersicherung zumindest faktisch zu einer Eintragungsvoraussetzung. Formelle Ein-tragungsvoraussetzungen bleiben indessen diejenigen von Art. 7 und 8 i.V.m. Art. 6Abs. 2 BGFA (Art. 24 Abs. 1 Bst. a KAG).

2.3.3 Notwendigkeit einer Kontrolle

Da der Gesetzgeber die Pflicht, eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen, alsBerufsregel und nicht als persönliche Voraussetzung ausgestaltet hat, führt eineVerletzung dieser Pflicht nicht ohne Weiteres zur Löschung des Registereintrags. DieAufsichtsbehörde hat vielmehr gestützt auf Art. 17 BGFA eine Disziplinarmassnah-me zu ergreifen29), 30). Eine andere Frage ist, welches die haftungsrechtlichen Folgensind, wenn ein Anwalt einen Schaden verursacht, aber in Verletzung der Berufsre-geln keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Vermag der Anwalt denSchaden nicht aus seinem persönlichen Vermögen zu decken, ist denkbar, dass einGeschädigter den Kanton haftbar macht mit der Begründung, dieser habe den An-walt mangelhaft beaufsichtigt31).

Aus diesen Ausführungen erhellt, dass der Kanton – bzw. im konkreten Fall die An-waltsaufsichtsbehörde32) – ein eminentes Interesse hat, die Einhaltung der Pflichtzum Abschluss einer Haftpflichtversicherung sicherzustellen. Eine verbesserte Kon-trolle dient nicht nur der Optimierung der Anwaltsaufsicht, sondern liegt auch imInteresse des rechtssuchenden Publikums. Kann der Kanton nicht wegen mangel-hafter Aufsicht haftbar gemacht werden und ist der über keine oder eine ungenü-gende Haftpflichtversicherung verfügende Anwalt insolvent, trägt letztlich der ge-schädigte Klient den Schaden.

Das BGFA sieht – im Gegensatz etwa zum deutschen Recht – keine Bestimmung vor,welche die Befolgung der Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung

28) Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 BGFA; vgl. HANS NATER, in Kommentar zum Anwaltsge-setz, 2005, Art. 2 N. 2, 6.

29) WALTER FELLMANN, a.a.O., Art. 12 N. 141.30) Dem Kanton fehlt aber die Kompetenz, einen Anwalt, der über keine Versicherung verfügt,

einem Versicherer zuzuweisen, wie es bei der Durchsetzung der Versicherungspflichtnach Art. 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG;SR 832.10) der Fall ist (vgl. Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes vom 6. Juni 2000 betreffend die Ein-führung der Bundesgesetze über die Kranken-, die Unfall- und die Militärversicherung[EG KUMV; BSG 842.11]).

31) Vgl. Art. 100 ff. des Personalgesetzes vom 16. September 2004 (PG; BSG 153.01). Die glei-chen Fragen stellen sich bei der kantonalen Aufsicht über die Notare nach Art. 38 ff. desNotariatsgesetzes vom 22. November 2005 (NG; BSG 169.11); vgl. BVR 2007 S. 145 E. 1.3.

32) Neue Bezeichnung der bisherigen Anwaltskammer (vgl. Ziff. 2.4).

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sicherstellen würde. Die Lehre kritisiert diesen Umstand und empfiehlt den Kanto-nen, entsprechende Regelungen zum Schutz des Publikums aufzustellen und durch-zusetzen33). Immerhin sind nach geltendem Recht Anwältinnen und Anwälte ver-pflichtet, ohne Verzug jede Änderung der registrierten Daten der Anwaltsaufsichts-behörde zu melden (Art. 26 KAG). Diese Bestimmung bezieht sich zwar streng ge-nommen nur auf die für das Anwaltsregister wesentlichen Daten34), doch kann da-raus sinngemäss auch die Pflicht abgeleitet werden, die Anwaltsaufsichtsbehördedarüber zu orientieren, wenn die Versicherungsdeckung nicht mehr den Anforde-rungen von Art. 10 KAG entspricht. Es liegt aber auf der Hand, dass diese Bestim-mung nicht verhindern kann, dass ein pflichtvergessener Anwalt Änderungen in derVersicherungsdeckung zu melden vergisst oder sogar absichtlich verschweigt.

2.3.4 Ausgestaltung der Kontrolle

Will man die Kontrolle verbessern, muss der Anwaltsaufsichtsbehörde ein Instru-ment in die Hand gegeben werden, damit sie von sich aus das Bestehen einer Versi-cherung feststellen kann. Es bietet sich an, zu diesem Zweck die Versicherer in dieseAufgabe einzubinden. Der Anwaltsaufsichtsbehörde würde die Kontrolle der Be-rufshaftpflichtversicherung bedeutend erleichtert, wenn sie von den Versicherungs-gesellschaften über Änderungen des Versicherungsschutzes orientiert würde. Die-ses Anliegen haben auch andere Kantone erkannt und deshalb in ihrer Anwaltsge-setzgebung eine entsprechende Regelung getroffen35). Im Kanton Freiburg wird denVersicherungsgesellschaften die direkte Pflicht auferlegt, der Aufsichtsbehörde jedeAuflösung der Haftpflichtversicherung und Verminderung der Versicherungssummebekannt zu geben36). Die Kantone Solothurn37) und Zürich38) haben die Lösung ge-wählt, dass die Anwältinnen und Anwälte eine Haftpflichtversicherung mit einemVersicherer abschliessen müssen, der sich in der Police verpflichtet, der Aufsichts-behörde das Aussetzen oder Aufhören des Versicherungsschutzes mitzuteilen. Nachdem letztgenannten Modell soll auch die Regelung im Kanton Bern ausgestaltetwerden. Die Mitteilungspflicht soll also nicht direkt den Versicherern auferlegt wer-den. Vielmehr haben die Anwältinnen und Anwälte dafür besorgt zu sein, die Haft-pflichtversicherung mit einer Versicherungsgesellschaft abzuschliessen, die sich derMitteilungspflicht unterwirft. Diese Regelung dürfte in der Praxis keine Problemebieten, gibt es doch bereits jetzt mehrere namhafte Versicherungsgesellschaften, diein ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen einen Passus haben, in dem sie

33) WALTER FELLMANN, a.a.O., Art. 12 N. 140.34) Vgl. die parallele Vorschrift von Art. 12 Bst. j BGFA.35) Eine vergleichbare Vorschrift für die Motorhaftpflichtversicherung kennt Art. 68 Abs. 2 des

Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SVG; SR 741.01).36) Art. 7 Abs. 2 der Verordnung vom 1. Juli 2003 über den Anwaltsberuf (AnwV; SGF 137.11).37) § 10 Bst. e der Verordnung vom 25. September 2000 über das Anwaltsregister (BGS

127.11).38) Verpflichtung der Versicherung im Formular «Berufshaftpflichtversicherung» (Ziff. 2) des

Obergerichts; gestützt auf § 19 der Verordnung des Obergerichts vom 15. Dezember 2004über die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte (LS 215.2).

sich verpflichten, der Aufsichtsbehörde Änderungen des Versicherungsvertragesmitzuteilen39). Im Kanton Bern gibt es also schon heute Anwältinnen und Anwälte,die eine Police mit einer Mitteilungspflicht haben.

2.3.5 Anpassung der Versicherungssumme an das Bundesrecht

Die Mindestdeckung der Berufshaftpflichtversicherung beträgt nach dem bishergeltenden Art. 10 Bst. a KAG eine Million Franken pro Schadenereignis. Erst nachder Verabschiedung des KAG durch den Grossen Rat haben die eidgenössischenRäte Art. 12 Bst. f BGFA – der bisher keine Mindestdeckung vorgeschrieben hatte –dahingehend ergänzt, dass die Versicherungssumme mindestens eine Million Fran-ken pro Jahr betragen muss40). Das kantonale und das Bundesrecht unterscheidensich nun seit dieser Änderung darin, dass die Versicherungssumme im ersten Fallpro Schadenereignis, im zweiten Fall dagegen pro Jahr gilt. Die Mindestvorschriftvon Art. 10 Bst. a KAG ist strenger bzw. geht weiter als Art. 12 Bst. f BGFA, weil jedereinzelne Schadensfall bis zu einer Million Franken gedeckt ist. Demgegenüberschreibt das Bundesrecht nur vor, dass – unabhängig von der Anzahl der Haftpflicht-fälle – der in einem Jahr entstandene Schaden höchstens bis zu einer Million Fran-ken gedeckt ist41). Wie oben (Ziff. 2.3.2) ausgeführt, ist die Pflicht zum Abschlusseiner Berufshaftpflichtversicherung eine Berufsregel. Die Berufsregeln für Anwältin-nen und Anwälte sind im BGFA abschliessend geregelt; Raum für eigenständigekantonale Berufsregeln besteht nicht42). Deshalb sind auch kantonale Vorschriften,die eine minimale Versicherungssumme und eine Deckung pro Fall vorsehen, un-wirksam43). Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte deshalb die dem Bundesrechtwidersprechende Regelung von Art. 10 Bst. a KAG aufgehoben und durch einenVerweis auf das BGFA ersetzt werden.

2.4 Neue Bezeichnung für die Anwaltskammer

Die im bisherigen Recht als «Anwaltskammer» bezeichnete Anwaltsaufsichtsbehör-de übt die Aufsicht über die Anwältinnen und Anwälte aus. Sie übt die Disziplinar-aufsicht aus, führt das Anwaltsregister und ist zuständig für den Entscheid über dieBefreiung vom Berufsgeheimnis (Art. 12 KAG). Dass die Anwaltsaufsichtsbehördedem Obergericht administrativ angegliedert ist, geht aus Art. 13 Abs. 4 und Art. 14Abs. 1 KAG hervor.

Gleichzeitig mit der Anpassung der kantonalen Zivil- und Strafprozessgesetzgebungan das Bundesrecht hat der Kanton Bern eine Umstrukturierung der Gerichtsorgani-sation vorgenommen. In diesem Rahmen wurde auch die Organisationsstruktur desObergerichts geändert. Die entsprechenden Regelungen finden sich im Gesetz vom11. Juni 2009 über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwalt-

39) Vgl. in dubio 5/08 S. 242.40) Änderung vom 23. Juni 2006, in Kraft seit 1. Januar 2007.41) BOHNET/MARTENET, Droit de la profession d’avocat, 2009, N. 1635.42) KASPAR SCHILLER, Schweizerisches Anwaltsrecht, 2009, N. 57.43) BOHNET/MARTENET, a.a.O., N. 1617, 1636.

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schaft (GSOG). In Art. 35 GSOG, der die Gliederung des Obergerichts regelt, ist inAbs. 4 nun ausdrücklich festgehalten, dass die Anwaltsaufsichtsbehörde – womit diebisherige Anwaltskammer gemeint ist – dem Obergericht administrativ angegliedertist. Das KAG und ein weiterer Erlass, in dem die Anwaltskammer genannt ist, müs-sen somit der neuen Bezeichnung angepasst werden.

3. Erläuterungen zu den Artikeln

Art. 10 und Art. 23 Abs. 3 Bst. f

Im Verfahren zur Eintragung in das Anwaltsregister akzeptiert die Anwaltsaufsichts-behörde44) in Zukunft nur noch Berufshaftpflichtversicherungen mit einer Police, inder sich die Versicherungsgesellschaft verpflichtet, Änderungen des Vertrags mitdem Anwalt oder der Anwältin der Aufsichtsbehörde zu melden (Art. 10 Abs. 1Bst. b KAG). Es genügt, wenn der Anwaltsaufsichtsbehörde im Eintragungsgesucheine Bestätigung der Versicherungsgesellschaft beigelegt wird, in der die Anforde-rungen von Art. 10 KAG und Art. 12 Bst. f BGFA festgehalten sind. Das Einreichender vollständigen Police ist nicht notwendig. Mit der neuen Bestimmung soll nichtsgeändert werden an der weiterhin bestehenden Verpflichtung des Anwalts bzw. derAnwältin, von sich aus jede wesentliche Änderung zu melden (Art. 26 KAG). Dieneue Regelung soll nur eine zusätzliche Sicherung einbauen und der Anwalts-aufsichtsbehörde die Kontrolle der Berufshaftpflichtversicherung erleichtern. DerDeckungsumfang der Versicherung (eine Million Franken, bezogen auf ein Jahr)wird künftig vom Bundesrecht bestimmt (Art. 12 Bst. f BGFA).

Art. 42

Grundsätzlicher Bemessungsfaktor für die Entschädigung ist der Zeitaufwand inStunden, den die amtlich bestellten Anwältinnen und Anwälte für ihre Tätigkeithatten. Der Begriff des gebotenen Zeitaufwands entspricht dem in Art. 41 Abs. 3Bst. a KAG verwendeten Kriterium für die Bemessung des Parteikostenersatzes45).Bei der Festsetzung des gebotenen Zeitaufwands sind die Bedeutung der Streit-sache und die Schwierigkeit des Prozesses zu berücksichtigen. Die Bedeutung derStreitsache und die Schwierigkeit des Prozesses wirken sich direkt auf die Beantwor-tung der Frage aus, welcher Zeitaufwand als geboten zu betrachten ist. In Abs. 2 isteine Erhöhungsmöglichkeit vorgesehen für Streitwertfälle (Zivilrechtssachen undverwaltungsrechtliche Klageverfahren) sowie für Fälle, in denen bedeutende vermö-gensrechtliche Interessen zu wahren sind. Die Fälle, in denen erhöht werden kann,lehnen sich an diejenigen von Art. 5, Art. 11 Abs. 2 und Art. 12 PKV an (vgl. auchArt. 41 Abs. 2 Satz 2 KAG).

44) Neue Bezeichnung der bisherigen Anwaltskammer (vgl. Ziff. 2.4).45) Der gebotene Zeitaufwand muss sich nicht zwingend mit dem tatsächlich erbrachten

Aufwand decken. Als geboten gilt der Zeitaufwand, den ein fachlich ausgewiesener undgewissenhafter Anwalt unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache und des Schwie-rigkeitsgrades der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse für die korrekte Erledigungdes Geschäftes benötigt (vgl. Vortrag KAG, S. 13).

Die Entschädigung ist nicht mehr wie bisher ein Bruchteil des tarifmässigen Partei-kostenersatzes. Weil sie nicht mehr an die Rahmentarife von Art. 41 KAG und derPKV gebunden ist, könnte sie theoretisch höher als der Parteikostenersatz ausfallen.Aus diesem Grund ist eine Obergrenze festzulegen. Art. 42 Abs. 1 bestimmt, dassdie Entschädigung nicht höher sein darf als das Honorar gemäss der Tarifordnungfür den Parteikostenersatz (Art. 41). Bei der Berechnung der Obergrenze sind diebeim Parteikostenersatz möglichen Zuschläge miteinzubeziehen46).

Der nach Abs. 1 grundsätzlich massgebende Zeitaufwand wird mit einem Stunden-ansatz entschädigt. Nach der Vorgabe des Bundesgerichts müssen amtlich bestellteAnwältinnen und Anwälte mit einem Stundenansatz von mindestens 180 Frankenentschädigt werden (vgl. oben Ziff. 2.1.1). Der Stundenansatz selbst wird nicht imKAG verankert. Vielmehr ist es sachgerecht, dass der Gesetzgeber die Höhe desStundentarifs an den Verordnungsgeber delegiert. Auf diese Weise kann bei einerÄnderung der Verhältnisse rasch reagiert werden47). Dem Verordnungsgeber wirdaber ein Rahmen vorgegeben, innerhalb dessen sich der von ihm zu bestimmendeStundentarif bewegen muss. Damit ist nicht nur ein Mindest-, sondern auch einHöchstansatz vorgegeben. Aufgrund der seitherigen Teuerung soll der Mindest-stundenansatz 190 Franken (statt 180 Franken wie vom Bundesgericht verlangt)betragen. Der Höchstansatz beträgt 260 Franken, was fast 150 Prozent des bundes-gerichtlichen Mindestansatzes von 180 Franken ausmacht. Die Meinung ist jedochnicht, dass der Regierungsrat – vergleichbar mit den Rahmentarifen der PKV – einenRahmen-Stundenansatz bestimmt. Vielmehr hat er sich auf einen bestimmten Stun-denansatz festzulegen. Die rechtsanwendenden Behörden haben den gebotenenZeitaufwand in Stunden zu bestimmen. Die den amtlichen Anwältinnen und Anwäl-ten auszubezahlende Entschädigung ergibt sich durch die Multiplikation dieser Stun-denzahl mit dem vom Regierungsrat festgelegten Stundenansatz.

Wie nach bisherigem Recht betrifft auch die revidierte Bestimmung von Art. 42 nurdiejenigen Fälle, in denen der Kanton die Entschädigung der amtlichen Anwältefestlegt. Weiterhin vorbehalten sind dabei anders lautende bundesrechtliche Vor-schriften. Insbesondere gilt dies für das Sozialversicherungsrecht, soweit dafür dasBundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversiche-rungsrechts (ATSG)48) gilt. In den Verfahren vor den Versicherungsträgern (inkl. Ein-spracheverfahren) richtet sich die Entschädigung ausschliesslich nach Bundesrecht(Art. 55 Abs. 1 ATSG)49). Im anschliessenden Beschwerdeverfahren vor dem Verwal-tungsgericht gilt Bundesrecht nur für den Anspruch und die Voraussetzungen der

46) Art. 5 Abs. 2, Art. 9, Art. 11 Abs. 2, Art. 12 Abs. 2 und Art. 18 Abs. 2 PKV.47) Z.B. nach mehreren Jahren der Teuerung oder bei einer Änderung der Rechtsprechung

des Bundesgerichts.48) SR 830.1.49) Die Bemessung der Entschädigung wird in Art. 12a der Verordnung vom 11. September

2002 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV; SR 830.11) gere-gelt; diese Bestimmung verweist auf das Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kostenund Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE; SR 173.320.2); vgl. UELIKIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 37 N. 25.

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unentgeltlichen Prozessführung, nicht aber für die Höhe der Entschädigung50); dies-bezüglich bleibt das kantonale Recht massgebend. Im Sozialversicherungsrechtregelt somit Art. 42 KAG die Entschädigung der amtlichen Anwälte nur für das ver-waltungsgerichtliche Verfahren.

Art. 42a

Im Entscheid oder Urteil, in dem die Behörde dem amtlichen Anwalt die Entschädi-gung zuspricht, hat sie die Nachzahlungspflicht der Partei, die unentgeltliche Rechts-pflege geniesst, festzustellen und den nachzuzahlenden Betrag zu nennen51). DerBetrag berechnet sich aus der Differenz zwischen der dem amtlichen Anwalt ausbe-zahlten Entschädigung gemäss dem revidierten Art. 42 KAG und dem gemäss derTarifordnung der PKV bestimmten Anwaltshonorar. Die Behörde wird also nichtumhin kommen, zwei unabhängige Berechnungen vorzunehmen, die sich nachunterschiedlichen Regeln – Art. 42 KAG einerseits, Art. 41 KAG und PKV anderer-seits – richten. Art. 42 Abs. 5 und Art. 42a Abs. 3 KAG bestimmen neu, dass die aufdiese Weise berechnete Entschädigung sowie das Honorar für den Parteikosten-ersatz im Urteil oder in der Verfügung explizit aufzuführen sind, um die Berechnungdes nachzuzahlenden Betrags transparent zu machen. – Die Voraussetzungen derNachzahlungspflicht werden im jeweils anwendbaren Prozessrecht geregelt52). Dortwird auch bestimmt, welche Behörde zuständig ist zur Feststellung, ob eine Personfinanziell in der Lage ist, die Nachzahlung zu leisten53).

Art. 43

Strafrechtssachen

Nach der neuen Strafprozessordnung legen die Staatsanwaltschaft oder das urtei-lende Gericht die Entschädigung der amtlichen Verteidigung am Ende des Verfah-rens fest (Art. 135 Abs. 2 StPO). Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amt-liche Verteidigung Beschwerde führen: wenn der Entscheid von der Staatsanwalt-schaft oder dem erstinstanzlichen Gericht gefällt wurde: bei der Beschwerdeinstanz(Bst. a); wenn der Entscheid von der Beschwerdeinstanz oder dem Berufungsgerichtdes Kantons gefällt wurde: beim Bundesstrafgericht (Bst. b) (Art. 135 Abs. 3 StPO).Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Entschädigung ist also die Beschwerde imSinne von Art. 393 ff. StPO. Welche Behörde im Kanton Bern Beschwerdeinstanz istzur Anfechtung erstinstanzlicher Entschädigungsentscheide (Art. 135 Abs. 3 Bst. aStPO), wird in der Ausführungsgesetzgebung zum EG ZSJ geregelt. Gegen Entschä-digungsentscheide der Beschwerdeinstanz oder des Berufungsgerichts des Kantonssteht kein innerkantonales Rechtsmittel offen, sondern laut Art. 135 Abs. 3 Bst. bStPO direkt die Beschwerde beim Bundesstrafgericht.

50) UELI KIESER, a.a.O., Art. 61 N. 109.51) So bisher ausdrücklich Art. 82 Abs. 4 Satz 2 BE ZPO.52) Art. 123 ZPO, Art. 135 und 138 StPO, Art. 113 VRPG mit Verweis auf die ZPO.53) Art. 14 Abs. 2 EG ZSJ, Art. 88 VRPG.

Zivilrechtssachen

Im Zivilprozess entscheidet das Gericht über das Gesuch um unentgeltliche Rechts-pflege im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO). Wird die unentgeltlicheRechtspflege ganz oder teilweise abgelehnt oder entzogen, so kann der Entscheidmit Beschwerde angefochten werden (Art. 121 ZPO, vgl. Art. 319 ff. ZPO). Aus demWortlaut von Art. 121 ZPO ist zunächst zu schliessen, dass Gegenstand der Be-schwerde die Frage der Gewährung oder Nichtgewährung der unentgeltlichenRechtspflege ist54). Im Gegensatz zum Strafprozess (Art. 135 Abs. 3 StPO) fehlt aberein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass auch der Entscheid über die Entschädigungan den amtlichen Anwalt mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten wer-den kann. Ungeklärt ist, ob daraus abgeleitet werden kann, es liege in der Kompe-tenz des Kantons, ein eigenes Rechtsmittel vorzusehen. In der Lehre wird die Mei-nung vertreten, in analoger Anwendung von Art. 121 ZPO könne das bundesrechtli-che Rechtsmittel der Beschwerde auch gegen den Entscheid über die Entschädi-gung erhoben werden55). Art. 43 KAG verweist für Zivilrechtssachen auf das Rechts-mittelsystem der ZPO. Unabhängig von der Frage, ob ein kantonales oder das bun-desrechtliche Rechtsmittel gegeben ist, wird damit auf die Beschwerde im Sinnevon Art. 319 ff. ZPO verwiesen. Für den Fall, dass dem Kanton in diesem BereichRegelungskompetenz zukommt, wäre die ZPO als ergänzendes kantonales Recht zuverstehen.

Zuständig für die Beurteilung von Beschwerden nach Art. 319 ff. ZPO ist das Ober-gericht56). Im Gegensatz zum Strafprozess (Art. 135 Abs. 3 Bst. b StPO) fehlt in derZPO eine spezielle Bestimmung darüber, mit welchem Rechtsmittel Entschädi-gungsentscheide der Beschwerdeinstanz (im Kanton Bern also das Obergericht)angefochten werden können. Spricht das Obergericht dem amtlich bestellten An-walt eine Entschädigung zu, kann diese somit nur noch beim Bundesgericht mitBeschwerde in Zivilsachen angefochten werden57).

Verwaltungsrechtssachen

Von der Vereinheitlichung des Straf- und Zivilprozessrechts unberührt bleibt dasRechtsmittel gegen die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte imVerwaltungsrecht. Allerdings soll das bisherige System, wonach die Festsetzung derEntschädigung durch kantonale Behörden aller Stufen einheitlich beim Verwal-tungsgericht angefochten werden kann, aufgegeben werden. Die Rechtsmittelbe-stimmung in Art. 43 KAG kann sich daher für Verwaltungsrechtssachen auf einenVerweis auf das VRPG beschränken. Im Gegenzug wird Art. 112 Abs. 3 VRPG, derbezüglich des Rechtsmittels gegen die Entschädigung bisher auf das KAG verwies,

54) Art. 117 und 118 ZPO regeln Anspruch und Umfang der unentgeltlichen Rechtspflege.55) STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2008, § 16 N. 70. Vgl. auch Art. 110

ZPO, wonach der Kostenentscheid (Entscheid über die Prozesskosten i.S.v. Art. 95 Abs. 1ZPO) selbstständig nur mit Beschwerde anfechtbar ist.

56) Art. 6 Abs. 1 EG ZSJ.57) Art. 72 Abs. 2 Bst. b des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bun-

desgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110); vgl. BGer 5D_78/2008 vom 16.1.2009, E. 1.1.

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abgeändert. Er besagt nach seinem neuen Wortlaut, dass die Festsetzung der Ent-schädigung mit dem gleichen Rechtsmittel angefochten werden kann, wie es in derSache selber zur Verfügung steht. Im Sozialversicherungsrecht richtet sich derRechtsmittelweg gegen die Festsetzung der Entschädigung nach dem ATSG, soweitdieses überhaupt Anwendung findet.

Beschwerdebefugnis der JGK und Rechtsmittelfrist

Nach bisherigem Recht ist nebst dem Anwalt und der vertretenen Partei auch dieJustiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion (JGK) zur Anfechtung der festgesetztenEntschädigung befugt58). Diese bereits vor der Geltung des KAG bestehende Rege-lung59) lässt sich nur so erklären, dass die unentgeltliche Rechtspflege ursprünglichausschliesslich in Verfahren vor den Gerichten gewährt wurde, nicht aber vor Ver-waltungsbehörden. Zuständig für die Auszahlung der Entschädigung an die amtli-chen Anwältinnen und Anwälte in gerichtlichen Verfahren war bisher die JGK. DieBeschwerdebefugnis der JGK macht hier denn auch Sinn. Wird die unentgeltlicheRechtspflege aber in Verwaltungsverfahren vor anderen Direktionen gewährt, lässtsich die Beschwerdebefugnis allein der JGK nicht rechtfertigen. Im Rahmen derUmstrukturierung der kantonalen Gerichtsorganisation wird die Selbstverwaltungder Gerichte gestärkt. Die JGK wird nicht mehr für die Auszahlung der Entschädi-gung in gerichtlichen Verfahren zuständig sein. Sie wird deshalb nach dem geänder-ten Art. 43 KAG gegen die Festsetzung der Entschädigung nicht mehr Beschwerdeerheben können.

Weil im Straf- und Zivilprozessrecht das Bundesrecht die Rechtsmittelfrist und derenBeginn regelt, ist kein Raum mehr für entsprechende kantonale Vorschriften. Abs. 2von Art. 43 KAG ist daher aufzuheben.

Ziff. 2 der Übergangsbestimmungen

Es sind Fälle denkbar, in denen das Mandat eines amtlich bestellten Anwalts vorInkrafttreten der neuen Artikel 42 und 42a KAG erteilt wurde, aber erst nach diesemZeitpunkt endet. Macht er seine Entschädigung nach Beendigung des Mandats beimKanton geltend, hat er Anspruch darauf, dass er für die ganze Dauer seines Mandatsnach dem neuen Tarif von Artikel 42 KAG bezahlt wird. Für sein Nachforderungs-recht gegenüber seiner Klientschaft wird diesfalls Art. 42a Abs. 2 KAG angewendet.

Die übrigen Änderungen, insbesondere die Artikel 10, 23 Abs. 3 Bst. f und 43 KAG,gelten erst ab deren Inkrafttreten.

58) Bisheriger Art. 43 Abs. 1 KAG.59) Vgl. Art. 19 des Dekrets vom 6. November 1973 über die Anwaltsgebühren (DAG; GS 1973

S. 364), in Kraft bis 31.12.2006; zuvor bereits in § 3 des Dekrets vom 28. November 1919über die Gebühren der Anwälte (GS III 1917–1925 S. 365).

4. Verhältnis zu den Richtlinien der Regierungspolitik

Die Änderung des KAG ist im Rechtsetzungsprogramm der Richtlinien der Regie-rungspolitik 2007–2010 nicht enthalten. Dennoch drängt sich auf, diese Vorlage imjetzigen Zeitpunkt dem Grossen Rat vorzulegen:– Die kantonalen Vorschriften zur Entschädigung an die amtlichen Anwältinnen

und Anwälte (Art. 42 und 42a KAG) müssen aus Gründen der Rechtssicherheitmöglichst rasch an die Vorgaben des Bundesgerichts betreffend Mindesthöhe derEntschädigung angepasst werden.

– Die Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Entschädigung (Art. 43 KAG) müssenzwingend den neuen Prozessordnungen angepasst werden.

5. Finanzielle Auswirkungen

5.1 Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte

Die Beiordnung eines amtlichen Anwalts betrifft überwiegend Fälle, denen keinStreitwert zugrunde liegt. In diesen Fällen führen das Bundesgerichtsurteil und dievorgeschlagene neue Fassung von Art. 42 KAG dazu, dass dem Kanton Bern undden bernischen Gemeinden höhere Kosten entstehen werden, als dies unter dembisherigen System der Fall war. Der Stundenansatz beträgt neu mindestens 190Franken, wohingegen er sich nach bisherigem System faktisch auf zwei Drittel desordentlichen Stundenansatzes belief, was bei einer Bezugnahme auf den ehemali-gen Konventionaltarif (230 Franken pro Stunde) einem Wert von 154 Franken proStunde entsprach. Dabei ist zu beachten, dass die Behörden den Minimalstunden-ansatz bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Bundesgerichtsurteils vom6. Juni 2006 anwenden mussten. Die entsprechenden Mehrkosten fallen dem Kan-ton deshalb bereits seit diesem Zeitpunkt an.

5.2 Kontrolle der Berufshaftpflichtversicherung

Die verbesserte Kontrolle, ob Anwältinnen und Anwälte die obligatorische Berufs-haftpflichtversicherung abgeschlossen haben, soll verhindern, dass Klienten zuSchaden kommen, weil deren Anwalt das Versicherungsobligatorium missachtethat. Mit dem geänderten Art. 10 i.V.m. Art. 23 Abs. 3 Bst. f KAG wird die Wahr-scheinlichkeit kleiner, dass geschädigte Klienten den Kanton haftbar machen mit derBegründung, dieser habe den Anwalt mangelhaft beaufsichtigt.

6. Personelle und organisatorische Auswirkungen

Die Vorlage hat keine Auswirkungen personeller und organisatorischer Art.

7. Auswirkungen auf die Gemeinden

Das neue Tarifsystem von Art. 42 KAG führt – verglichen mit der bisherigen Rege-lung – in den meisten Fällen zu einer Anhebung der Entschädigung an die amtlichenAnwältinnen und Anwälte. Den Gemeinden entstehen dadurch Mehrkosten, wenn

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sie in Verfahren vor ihren Behörden unentgeltliche Rechtspflege gewähren (vgl.oben Ziff. 5.1). Auch hier gilt, was oben (Ziff. 5.1) festgehalten wurde: Die Mehrkos-ten entstehen nicht erst durch den neuen Tarifansatz von Art. 42 KAG. Vielmehrwaren die Behörden gehalten, den vom Bundesgericht festgehaltenen Minimalstun-denansatz sofort anzuwenden.

8. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die neu eingeführte Pflicht der Versicherungsgesellschaften, der Anwaltsaufsichts-behörde Veränderungen bezüglich der Berufshaftpflichtversicherung der Anwältemitzuteilen, haben einen geringen administrativen Zusatzaufwand für diesen Wirt-schaftszweig zur Folge.

9. Ergebnis der Konsultation

Ursprünglich war vorgesehen, diejenigen Revisionspunkte, die mit der Entschädi-gung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte zusammenhängen (Art. 42/42a KAG),im Rahmen der Justizreform im EG ZSJ mit einer indirekten Änderung des KAGumzusetzen. Nach durchgeführter Vernehmlassung wurde die Teilrevision des KAGaus der Justizreform herausgelöst und – ergänzt mit der Bestimmung über die Kon-trolle der Berufshaftpflichtversicherung (Art. 10 Bst. b KAG) – als eigenständigesGesetzgebungsvorhaben weiterverfolgt. Weil der geänderte Art. 10 KAG von unter-geordneter Bedeutung ist und zu Art. 42/42a KAG bereits ein Vernehmlassungsver-fahren durchgeführt worden ist, konnte man sich auf eine Konsultation interessierterKreise beschränken.

Die Vorlage ist bei den Teilnehmern des Konsultationsverfahrens überwiegend aufZustimmung gestossen. Es wurde begrüsst, dass bei der Entschädigung der amtli-chen Anwältinnen und Anwälte zu einem System übergangen wird, in dem derZeitaufwand mit einem Stundenansatz abgegolten wird (Art. 42 KAG). Entgegendem Vorschlag des Verwaltungsgerichts und der Demokratischen Juristinnen undJuristen Bern (DJB) soll weder auf die Berücksichtigung der Kriterien «Bedeutungder Streitsache» und «Schwierigkeit des Prozesses» noch auf Erhöhungsmöglichkei-ten verzichtet werden. Der Grund ist, dass man sich bei der Berechnung der Ent-schädigung nicht zu weit von der Berechnung des Parteikostenersatzes entfernenwill. Stattgegeben wurde dagegen dem Wunsch des BAV und der DJB nach einerErhöhung des Rahmens für den Stundenansatz. Grundsätzlich abgelehnt wird dasneue Entschädigungssystem vom BAV mit der Begründung, die verbreitete gesetz-widrige Praxis der Anwendung des alten Stundenansatzes von 230 Franken sei keinGrund, bei der Entschädigung einen Stundenansatz einzuführen. Das Bundesgerichthabe nur einen Mindestansatz festgelegt, der mit dem geltenden System eingehal-ten werden könne. Ohnehin sei das neue System zu kompliziert; es wäre einfachergewesen, den Kürzungsfaktor von zwei Drittel auf drei Viertel zu verkleinern. Dem istentgegenzuhalten, dass mit der Einführung eines Stundenansatzes nicht beabsich-tigt wird, die (unbestrittenermassen falsche) Praxis zu legitimieren, immer noch denalten Konventionaltarif anzuwenden. Das neue Tarifsystem grenzt sich bewusst ab

vom Tarif für den Parteikostenersatz, der nach wie vor keinen Stundenansatz kennt.Mit dem alten Entschädigungstarif ist nicht in jedem Fall sichergestellt, dass derMinimalansatz des Bundesgerichts eingehalten ist.

Der mehrfach geäusserte Vorschlag, dass im Gesetz ausdrücklich stehen sollte, dassder nachforderbare Betrag im Entscheid oder Urteil konkret zu nennen sei, wurdeumgesetzt (Art. 42 Abs. 5 und Art. 42a Abs. 3 KAG). Berücksichtigt wurde auch dieAnregung des Verwaltungsgerichts, dass die Entschädigung nicht höher als dasHonorar gemäss der Tarifordnung für den Parteikostenersatz (Art. 41 KAG) seindürfe (Art. 42 Abs. 1 KAG). Nicht Rechnung getragen wurde jedoch dem Wunschdes Verbands Bernischer Richter und Richterinnen, dass auch in anspruchsvollenStrafverfahren eine Erhöhungsmöglichkeit vorzusehen sei. In Strafrechtssachenkann auf eine Erhöhung verzichtet werden, weil ein besonders grosser Zeitaufwand– und nur ein solcher kommt bei Strafverfahren als erhöhender Faktor in Frage –bereits mit dem «gebotenen Zeitaufwand» von Art. 42 Abs. 1 abgegolten ist60).

Weite Zustimmung gefunden hat die neue Bestimmung von Art. 10 Bst. b zur besse-ren Kontrolle der Berufshaftpflichtversicherung. Abgelehnt wird die Regelung hin-gegen vom Schweizerischen Versicherungsverband (SVV). Er hält dafür, die Einbin-dung der privaten Versicherer führe zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand, den dieVersicherungsnehmer zahlen müssten. Die Sanktionen des BGFA bei Verletzung derVersicherungspflicht reichten aus, um die Anwälte zur Meldung an die Aufsichtsbe-hörde zu bewegen. – Diese Bedenken sind unbegründet. Der Verwaltungsaufwandist zumutbar, denn solche Meldepflichten sind in der Versicherungswirtschaft nichtsUngewöhnliches. Bereits heute verpflichten sich namhafte Versicherungen in derPolice, Vertragsänderungen der Anwaltsaufsichtsbehörde mitzuteilen. Durch dieMeldepflicht wird eine Versicherungslücke eher entdeckt als bei einer periodischenKontrolle durch die Aufsichtsbehörde. Die Meldepflicht verbessert den Schutz desPublikums vor unversicherten Anwälten. Der SVV bemerkt zwar zutreffend, dasseine nicht mehr bestehende Versicherung und eine Unterdeckung zu Disziplinar-sanktionen gegen einen Anwalt führen können. Diese reichen aber als Drohungnicht aus. Vielmehr muss mithilfe der Meldepflicht sichergestellt werden, dass die-ser Fall gar nicht erst eintritt und die Versicherungsdeckung lückenlos besteht.

Verschiedene weitere Hinweise inhaltlicher und redaktioneller Art konnten berück-sichtigt werden.

Erst nach Abschluss des Konsultationsverfahrens hat sich ein weiterer Revisions-punkt ergeben, der mit der Berufshaftpflichtversicherung zusammenhängt: DasBundesrecht schreibt vor, dass die Versicherungssumme eine Million Franken proJahr betragen muss. Im Gegensatz dazu beträgt die Mindestdeckung nach kantona-lem Recht eine Million Franken pro Schadenereignis. Weil das Bundesrecht vorgeht,ist die abweichende kantonale Regelung durch einen Verweis auf das BGFA zu er-setzen.

60) Dies im Gegensatz zum Parteikostenersatz, wo bei besonderem Zeit- und Arbeitsaufwand,der den Rahmen von Art. 17 PKV sprengt, ein Zuschlag gewährt werden kann (Art. 18i.V.m. Art. 9 PKV).

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10. Antrag

Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat, auf die Durchführung einer zweitenLesung zu verzichten. Bei den Hauptpunkten der Vorlage hat der Kanton wenigSpielraum, wie die Regelungen auszugestalten sind: Einerseits ist das neue Tarifsys-tem für die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte ausschliesslicheine Umsetzung der Vorgaben der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Anderseitserfolgt die Ausgestaltung der Rechtsmittel einzig deshalb, um diese an die Schwei-zerische Strafprozessordnung und die Zivilprozessordnung anzupassen.

Im Namen des RegierungsratesBern, 3. Februar 2010

Der Präsident: KäserDer Staatsschreiber: Nuspliger

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686

Kantonales Anwaltsgesetz (KAG) 168.11(Änderung)

Der Grosse Rat des Kantons Bern,

auf Antrag des Regierungsrates,

beschliesst:

I.

Das Kantonale Anwaltsgesetz vom 28. März 2006 (KAG)1) wird wie folgtgeändert:

Art. 10 Die Berufshaftpflichtversicherung muss folgende Anforde-rungen erfüllen:a Der Versicherungsschutz besteht für Schäden, die während der

Dauer der Berufsausübung verursacht werden, auch wenn sie erstnach deren Beendigung bekannt werden.

b Die Versicherungsgesellschaft ist verpflichtet, der Anwaltsauf-sichtsbehörde schriftlich mitzuteilen, wenn der Versicherungs-schutz beendet oder ausgesetzt wird oder nicht mehr den gesetzli-chen Anforderungen entspricht.

c Die Höhe der Versicherungssumme entspricht mindestens denVorgaben von Artikel 12 Buchstabe f BGFA.

4. Anwaltsaufsichtsbehörde

Art. 23 1 und 2 Unverändert.3 Dem Gesuch sind beizulegen:a bis e unverändert,f ein Nachweis, dass die abgeschlossene Berufshaftpflichtversi-

cherung die Anforderungen von Artikel 10 erfüllt.4 Unverändert.

Art. 34 «Kammer» wird ersetzt durch «Anwaltsaufsichtsbehörde».

Art. 35 1Unverändert.2 Betrifft nur den französischen Text.

1) BSG 168.11

Antrag des Regierungsrates

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Art. 36 1Unverändert.2 Betrifft nur den französischen Text.3 bis 5 Unverändert.

Art. 42 1Der Kanton bezahlt den amtlich bestellten Anwältinnenund Anwälten eine angemessene Entschädigung, die sich nach demgebotenen Zeitaufwand bemisst und höchstens dem Honorar gemässder Tarifordnung für den Parteikostenersatz (Art. 41) entspricht. Bei derFestsetzung des gebotenen Zeitaufwands sind die Bedeutung derStreitsache und die Schwierigkeit des Prozesses zu berücksichtigen.Auslagen und Mehrwertsteuer werden zusätzlich entschädigt.2 In Zivilrechtssachen und in verwaltungsrechtlichen Klageverfahrenmit bestimmtem Streitwert sowie in Fällen, in denen bedeutende ver-mögensrechtliche Interessen zu wahren sind, kann die Entschädigungum höchstens einen Drittel erhöht werden.3 Die Aufwendungen für die Erlangung des Rechts auf unentgeltlicheProzessführung sind nach den gleichen Regeln zu entschädigen.4 Der Regierungsrat regelt den Stundenansatz durch Verordnung.Dieser beträgt mindestens 190 Franken und höchstens 260 Franken.5 Die Entschädigung wird durch Urteil oder Verfügung festgesetzt.

Der bisherige Absatz 2 wird zu Absatz 6.

Nachforderungs-recht

Art. 42a (neu) 1Die Anwältin oder der Anwalt darf von der Klient-schaft kein Honorar fordern.2 Sie oder er hat jedoch ein Nachforderungsrecht nach den Bestim-mungen über die unentgeltliche Prozessführung. Nachforderbar ist derBetrag, der sich aus der Differenz zwischen der Entschädigung unddem Honorar gemäss der Tarifordnung für den Parteikostenersatz(Art. 41) ergibt.3 Das Honorar gemäss Absatz 2 wird durch Urteil oder Verfügungfestgesetzt.

Art. 43 Der Rechtsschutz gegen Entscheide über die Höhe der Ent-schädigung richtet sich nach dem jeweils anwendbaren Prozessrecht.

In den nachgenannten Bestimmungen wird «Anwaltskammer» durch«Anwaltsaufsichtsbehörde» ersetzt: Artikel 8 Absatz 5, Artikel 12, Arti-kel 13 Absatz 1, Artikel 16 Absatz 1, Artikel 17 Absatz 1, Artikel 18, Arti-kel 19, Artikel 20 Absatz 1, Artikel 21, Artikel 22, Artikel 23 Absatz 1,Artikel 24 Absatz 1, Artikel 26, Artikel 27, Artikel 28 Absatz 2, Artikel 29,Artikel 30 Absätze 1 und 2, Artikel 31, Artikel 32 Absätze 1, 3 und 4,Artikel 33, Artikel 37, Artikel 38 Absätze 1 und 3.

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II.

Folgende Erlasse werden geändert:

1. Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege(VRPG)1), mit Änderung vom 11. Juni 2009:

Art. 112 1Betrifft nur den französischen Text.2 und 3 Unverändert.4 Die Anwältin oder der Anwalt sowie die vertretene Partei könnenden Entscheid über die Höhe der Entschädigung mit dem gleichenRechtsmittel wie die Sache selber anfechten.

2. Einführungsgesetz vom 16. März 1995 zum Bundesgesetz überSchuldbetreibung und Konkurs (EG SchKG)2):

Art. 18 «Anwaltskammer» wird ersetzt durch «Anwaltsaufsichts-behörde».

III.

Übergangsbestimmungen

1. Anwältinnen und Anwälte, die bei Inkrafttreten dieser Änderungim Anwaltsregister eingetragen sind und deren Berufshaftpflicht-versicherung die Anforderung von Artikel 10 Buchstabe b nochnicht erfüllt, haben innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt desInkrafttretens der Anwaltsaufsichtsbehörde den Nachweis einzu-reichen, dass diese Anforderung erfüllt ist.

2. Die Entschädigung der Anwältinnen und Anwälte, die vor demInkrafttreten dieser Änderung amtlich bestellt worden sind undderen Mandat nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen wird, richtetsich nach dem neuem Recht.

Inkrafttreten

Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

Dem Grossen Rat wird beantragt, nur eine Lesung durchzuführen.

1) BSG 155.212) BSG 281.1

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Bern, 3. Februar 2010 Im Namen des Regierungsrates

Der Präsident: KäserDer Staatsschreiber: Nuspliger

Das geltende Recht kann vor der Session bei der Staatskanzlei undwährend der Session beim Weibeldienst bezogen werden.