9
Acta Medica Scandiriavica. Vol., LXXXII, fasc. V-VI, 1934. Aus der inneren Abteilung des Allgenieinen Krankenhauscs zil Jonkoping (Sc1iwedt.n). Studien iiber den kolloid-osmotischen (onkotischen) Druck. Mitteilung XXXII. Kann die Verschiebung des kolloid-osmotischen Druckes die Herabsetzung der Wasserausschei- dung bei der perniciosen Anamie verursachen? Yon ESKIL KYLIN. In Mitteilung XIX dcr Studien ubcr den kolloid-osmotisclicn Druck (D. Arch f. klin. Med. Bd. 172) lialie ich erwahnt, dass der k. 0. D. hei Anamiczustandcn oft untcrnoririale V'erte aufweist. Diese Senkungen konnen in gewissen Fallen uncl hcsonders hci akuten Blutungsanamien hochgradig stin, wobei der k. 0. D. unter 200 mm Wasser sinkt. Bei der perniciosen Anamie ist die Senkung meistens massig und nicht gern unter 250 nim Wnsser. Wie wir when, haheJi wahrend dcr letzten Jahre gcwisse For- scher, (Krogh, Iversen, Koranyi mit Schdern) der Senkung dcs k. 0. D. cine entscheidende Bedeutung fur die Entstehung gcwisser Formen von Odem beigemessen. In dieser Auffassung diirften Koranyi niit Schulern und Ivcrsen am wcitcsten gegangen sein. Sie behaupten, dass, sobald der k. 0. D. des Elutes unter ung. 260 mm H,O sinkt, die sogen. odemogene Zone betreteri wird ui;ddie Gefahr fur C)dementstehung sich einslellt. Gegen diese ubertriebene Schatzung der Bedeutung des k. 0. D. fur die Odempathogenese steht eine Mehrzahl anderer Forscher, von welchen besonders Meyer und Kylin erwahnt werden sollen. Diese heben hervor, dass eine sogar hochgradige Senkung des k. 0. D. an und fur sich keine Odementstehung herbeifuhren muss. So konnten diese beiden Forscher zeigen, dass ~demausscliu~em~nung Bei der Redaktioii am 11. Jaiiuar 1934 eiiigegaiigen.

Kann die Verschiebung des kolloid-osmotischen Druckes die Herabsetzung der Wasserausscheidung bei der perniciösen Anämie verursachen? : Studien über den kolloid-osmotischen (onkotischen)

Embed Size (px)

Citation preview

Acta Medica Scandiriavica. Vol., LXXXII, fasc. V-VI, 1934.

Aus der inneren Abteilung des Allgenieinen Krankenhauscs zil

Jonkoping (Sc1iwedt.n).

Studien iiber den kolloid-osmotischen (onkotischen) Druck. Mitteilung XXXII.

Kann die Verschiebung des kolloid-osmotischen Druckes die Herabsetzung der Wasserausschei- dung bei der perniciosen Anamie verursachen?

Yon

ESKIL KYLIN.

In Mitteilung X I X dcr Studien ubcr den kolloid-osmotisclicn Druck (D. Arch f . klin. Med. Bd. 172) lialie ich erwahnt, dass der k. 0. D. hei Anamiczustandcn oft untcrnoririale V'erte aufweist. Diese Senkungen konnen in gewissen Fallen uncl hcsonders hci akuten Blutungsanamien hochgradig stin, wobei der k. 0. D. unter 200 mm Wasser sinkt. Bei der perniciosen Anamie ist die Senkung meistens massig und nicht gern unter 250 nim Wnsser.

Wie wir w h e n , haheJi wahrend dcr letzten Jahre gcwisse For- scher, (Krogh, Iversen, Koranyi mit Schdern) der Senkung dcs k. 0. D. cine entscheidende Bedeutung fur die Entstehung gcwisser Formen von Odem beigemessen. In dieser Auffassung diirften Koranyi niit Schulern und Ivcrsen am wcitcsten gegangen sein. Sie behaupten, dass, sobald der k. 0. D. des Elutes unter ung. 260 mm H,O sinkt, die sogen. odemogene Zone betreteri wird ui;ddie Gefahr fur C)dementstehung sich einslellt.

Gegen diese ubertriebene Schatzung der Bedeutung des k. 0. D. fur die Odempathogenese steht eine Mehrzahl anderer Forscher, von welchen besonders Meyer und Kylin erwahnt werden sollen. Diese heben hervor, dass eine sogar hochgradige Senkung des k. 0. D. an und fur sich keine Odementstehung herbeifuhren muss. So konnten diese beiden Forscher zeigen, dass ~demaussc l iu~em~nung

Bei der Redaktioii am 11. Jaiiuar 1934 eiiigegaiigen.

K A N N D I E V E R S C H I E B U N C DES K O L L O I D - O S M O T I S C H E N D R U C K E S . . . 559

his zu so gut wie Bdemfreiheit bei Fallen von Nephrose vorkomnien kann, wahrend der Nephrosekranke so niedrige Werte des k. 0. D. wie 100-150 mm Wasser zeigt. Kplin konnte sogar uher einen Fall von Nephrose berichten, wo, bei eineni k. 0. I>. von 150 mniH,O, kein Odem vorhanden war. In diesem Fall fanden sich auch bei ziemlich grosser Wasserbelastung (1 1/2 Lit pr. 24 Stunden) keine Anzeichen von Odemneigung. Kylin konnte ferner tierexperimen- tell nachweisen, dass eine (durch Plasmapharese hervorgerufene) Senkung des k. 0. D. bis zu zwischen 50-100 mm H,O bei den Experimenttieren kein Odem hervorrief, wenn den Tieren nicht gleichzeitig extra Kochsalz zugefuhrt wurde.

Meyer will anlasslich der obenerwahnten Untersuchungsergeb- nisse die Bedeutung des k. o D. fur dieEntstehung von Bdem ganz und gar ahleugnen. Diese Auffassung teilt indessen Kylin nicht vollig. Kylin bleibt bei der Auffassung, dass eine Senkung des k. 0. D. im Blute wohl ein Faktor sein kann, dcr den Flussigkeits- transport vom Blut zum Gewcbe bcgunstigt, halt aber anderer- seits diesen Faktor fur die klinische Odempathogenese fur ~ i n t t ~ r - geordnet.

Seit langem ist es bekannt, dass Patienten mit pernicioser Anamie sehr oft leichte Odeme aufweisen. Besonders Meulengracht, Iversen und Nakazawa haben diesem Verhalten Bedeutung l~eigelegt. Sie hahen auch die Wasserausscheidung bei dieser Krankheit unter- sucht, und konnten feststellen, dass dicselbe bci an pernici6ser Anamie leidenden Patienten bedeutend schlechter als bei Gesunden vorsichgeht.

Meulengracht, Iversen und Nakazawa diskutieren ubcr die Moglichkeiten fur diese herabgesetzte Wasserausscheidung und Bdemneigung bei der pern. Anamie und bleiben bci der Auffas- sung, dass die erwahnten Symptome weder als Folge einer Nieren- insufficienz noch als Folge einer Herzinsufficienz erklart werden konnen. Sie haben den Verschicbungen der Plasmakolloide und des k. 0 . D. Bedeutung beigemessen, und halten die Senkung dieses k. 0. L). fur einen beitragenden Faktor sowohl zur Odementste- hung als auch zu der herabgesetzten Wasserausscheidung bei der perniciosen Anamie.

Schon seit langem ist es bekannt, dass eine Hypalbuminose bei der pern. Anamie oft vorhanden ist. So wurde dieses Symptom schon 1892 von Jaksch, 1898 von Grawitz und 1900 von Erben

560 E S K I L K l - L I Y .

erwahnt. Auch spatere Yerfasser bestatigen diese Angaben. Gett- ler und Lindemann fanden bei einer Untersuchung der Refrakto- meterwerte in 32 Fallen pern. Anamie, dass 75 yo von diesen hypo- normale Bluteiweisswerte aufwiesen. Niedrige Serumeiweisswerte erwahnen auch Kahn und Barsky, Essen und Porges. Meulengracht, Iversen und Nakazawa fanden ebenfalls unternormale Serum- eiweisswerte bei dieser Krankheit. Die Senkung war jedoch lange nicht so hochgradig wie bei Nephrose und ging nie unter 6 7".

Schon im Vorhergehenden habe ich hervorgehoben, dass nieine Auffassung von der Bedeutung des k. 0. D. fur die Odementstehung und fur den Wasserumsatz im menschlichen Korper nicht mit deren Auffassung ubcreinstimmt, die den k. 0. D. fur einen der wich- tigsten Faktoren fur die Odementstehung halten. In einer Serie Aufsatze habe ich auch nachgewiesen, dass niedrige k. 0. D.-werte vorkommen, ohne dass Odem entsteht. Um die Berechtigung meiner Auffassung noch zu harten, habe ich cine Untersuchung des k. 0. D. und der Wasserausscheidung bei pernici6sei- Anamie vorgenommen. Um diese meinc Absicht durchzufuhren habe ich in 20 Fallen pernicioser Anamie die folgcnden Untersuchungen vor- genommen. Moglichst bald nach Aufnahme dcs Kranken ins Kran- kenhaus sind folgende Bestimmungen gemacht worden. Bestim- mung des Gehaltes des Blutes an roten Blutkorperchen und Hamo- globin, des k. 0. D., des Serumeiweissgehaltes und der Wasser- ausscheidung der 4 nachsten Stunden nach Verabreichung von cinem Lit. Wasser morgens auf nuchternen Magen. Samtliche Untersuchungen sind am selben Tag vorgenommen wordcn. - Einige Wochen spatcr sind dicselben Untersuchungen wiederholt durchgefiihrt worden.

In der nebenstehenden Tabelle sind die gewonnenen Priniar- werte aufgefiihrt.

Wie wir ersehen, kann ich furs erste die schon erwahnte Senkung des Serunieiweissgehaltes bei pernicioser Anamie bestatigen. Im allgemeinen schwankte dieser Serumeiweissgehalt zwischen 6,2-- 7,5 yo (Mittelwert 6,95 %) gegen normal ungefahr 7-9 yo. Der k. 0. D. hat ebenfalls in der Regel leicht unternormale Werte auf- gewiesen und schwankte in dieser Serie von Fallen zwischen 211- 305 mni H,O. Wahrend der Behandlung hat man gleichzeitig rnit der Steigerung der Anzahl roter Blutkorperchen und des Hb. auch eine gewisse Steigerung des Serumeiweissgehaltes und des

I ~

am

e A

lter

I 3d

em

+ + + + + iv

. + + + 0 0

iv. +

0 4-

0 0 0 0

I I

__

_-

Dat

un

18.8

20

.9

17.8

7.

7

26.7

6.

6

3.2

7. 2

23

.5

9.6

12.4

25

.4

15.7

31

.7

31. 5

13

. 5

13. 7

)atu

m

8. 8

30

. 8

22.7

13

. 6

1. 7

1.

5

1. 1

2 29

. 12

3. 4

22

.4

13

.3

1.4

8

.6

22. 6

20

. 6

26. 6

9.

6

17. 6

13

. 7

23. 7

Rot

e B

.

1.5

1.76

1.

12

1.47

2.

8 1.

78

1.93

1.

24

2.46

2.

10

1.19

1.

81

1.64

1.

06

2.18

2.

05

1.18

1.

79

1.68

2.

44

-

-

Ib. Yo

-

37

37

31

36

32

50

4 2

52

60

55

36

44

44

50

62

58

38

51

51

36

Eiw

.

6.34

7.

32

1.33

7.

20

7.42

*,-

-

6.64

7.

84

7.85

7.

20

7.33

9.

13

7.85

7.

05

8.49

5.

42

-

8.30

7.

54

-

-

L. 0

. D

-

266

310

211

288

357

288

280

291

330

30 1

31

0 3

5i

290

344

300

288 -

-

286

343

305 -

Aus

sch

86

655

590

165

1165

95

0 -

320

238

800

1350

12

10

750

1360

840

1200

-

155

752

_.-

Tab

elle

1.

En

d E

. ._

. . . .

Bro

r P

. ...

.. .

Ann

a A

.. ..

. . .

Ann

ette

P..

. . .

Jenn

y J.

. .. .

. .

\Yilh

elm

ina

J. .

Eli

sabe

t J.

. . . .

Sv

en J

. . .

. . . .

G

usta

v H

. . .

. .

Teo

dor

S.

....

Jo

sefi

na

S..

. . .

Kar

in N

. . .

. .

Bro

c P.

. .

.. . .

C

las

T.

....

. .

Ant

on T

. . .

..

Gus

tav

J. . .

. .

Judi

t K

....

.. .

The

rese

A. .

. . .

Axe

l P

. . .

. . , .

Fri

tz \V.. .

. . ..

-

-

Eiw

. Ill

/u

-

6.27

7.

63

i.44

6.

62

6.64

6.

79

6.63

7.

11

6.23

7.

11

6.77

-

-

-

-

-

-

-

6.90

8.

26

6.95

-

63

30

54

44

31

58

53

68

60

61

65

30

30

57

5i

38

31

51

43

55

-- -

Iuss

ch

-

207

875

128

1.30

83

5 13

5 23

0 31

5 35

0 14

0 10

3 21

0 55

0 32

4 48

5 63

4 50

0 15

4 56

5 15

5

351 7

-

__

Rot

e B

. -

1.74

3.

05

2.34

2.

5 3.

88

3.78

3.

02

3.44

3.

68

3.12

3.

86

3.44

3.

44

3.26

3.30

4.

08

3.8

2.15

-

-

Hb

.

-

40

56

46

46

53

82

60

61

74

80

61

72

83

83

80

72

69

44

-

-

<. 0. D

-

237

294

289

308

321

365

329

334

309

340

306

378

342

335

347

295

372

314

323 -

-

-

odem

-

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

562 E S K I I . K Y L I R .

k. 0. D. des Blutes feststellen kiinnen. So ist der Mittelwert fur k . 0. D. zu 323 mm H,O und fur Eiweiss zu 7,54 yo angestiegen.

Es ist mir ferner moglich, die von Meulengracht, Iversen und Nakazawa gelieferte Angabe, dass die Wasserausscheidung bei per- nicioser Anamie unternormal ist, zu bestatigen. In den nieisten Fallen (14 von 20) ist die Wasserausschcidung in 4 Stunden weni- ger als 500 cm3 gewesen. Nach kurzer Krankenhausbehandlung, in der sowohl die Werte der roten Blutkorperchen als aucli die des HI). sich erhohten, hat sirh aucli die Wasserausscheidung erhcblich gestcigcrt, in gewissen Fallen sogar enorm. So finden wir z. €3. im Fall 2 eine Ausscheidung von 103 cm3 bei der Aufnahme ins Krankenhaus, und nach einmonatlicher Behandlung eine Aus- scheidung vori 1,350 cm3. Irri I%ll 15 finden wir bei cler Einlieferung eine Wasserausscheidung von 324 cni3 uncl nach 5 Wochen Be- handlung eine solche von 1,300 cni3.

Au4 der Tahelle geht also uberzciIgenderweise hervor, dass dic Herabsetzung der U'asserausscheidungsfaliigkeit bci Fallen niit per- nicioser Anamie gleichzeitig mit der Verbesserung des Blutbildcs wid allgemeinen Gesundheitszustandes konipensiert wird. In gewissem Masse konnen wir auch pine Parallele zwischen der Was- scrausscheidung und dem k . 0. 1). finden. Aus den Durchschnills- wcrten ersehen wir, dass der k. 0. D. hei der Einlieferung 305 rnni H,O war und bei der spatcren Untersuchung 323. Die Ausscheidung von Wasser war rcsp. 350 und 750 cm3. Diese Parallele trifft indcsscn tiicht imrner zu, wie z. Beispiel irri Fall 3, wo bei der Aufnahme der k. 0. D. 310 mm H,O war bei cineni Serunieiweissgehalt von 7,44 Yo und einer Wasserausscheidung 128 cni3. Nach ungefahr 1 Wocheri Behandlung, in welcher Zeit das Blutbild des Patienteri verbessert wurde, war der k. 0, D. 289 inm H,O lwi eineni Bluteiweissgehalt von 7,35 yo und die Wasserausscheidung 790 cm3. In diesem Fall fin- den wir also, dass der k. 0. I>. und das Bluteiweiss ungef"1 a ir unver- anderte Ziffern aufwiescn (die Verschiebungen iibersteigen unbe- deutend die Fehlergrenzen der Methoden). Die Wasserausschei- dung hat sich indessen in dieser Zeit vervielfacht. Ungefahr das- selbe Verlialten finden wir im Fall 11. Hicr ist der k. 0. D. vor und nach der Behandlung derselbe, die Wasserausscheidung ist nach der Behandlung allerdings mehr als 10 ma1 grosser. Dasselbe Verhalten sieht man im Fall 17, wo beide Untersuchungen denselbcn k. 0. D. aufwiesen, die Wasserausscheidung sich allerdings nach der Be-

K A R N D I E V E R S C H I E B ~ N C D E S K O L L O I D - O S M O T I S C H E V D R U C K F S . . . 563

handlung mehr als verdoppelte. In den Fallen 6, 10, 12 besteht ebenfalls das gleiche Verhaltnis.

Es scheint uns also nicht moglich, der Senkung des k. 0. D. bei der perniciosen Anamie eine entscheidende Bedeutung fur die Verschlechterung der Wasserausscheidung beizumessen. H e r miissen andere Einfliisse mitwirken.

Durch meine Untersuchungen konnte ich ferner das schon lange bekarinte Verhalten bestatigen, dass eine mehr oder weniger aus- gesprochene Odcmneigung bei pernicioser Anamie zu der kli- nischen Symptomatologie gehort. Dies geht sowohl aus nieinen jetzt veroffentlichten, als auch aus den friilier beschriebenen Fallen hervor (D. Arch. klin. Med. Bcl. 172).

Versuchen wir dann die Ursache zum Auftreten von Odcm und herabgesetzter Wasserausscheidung hei der pernicioscn Ananiie klarzulegen, so scheinen mir die jetz t vorliegenden Untersuchungen und Kenntnisse fur eine bestimmtc Ausserung nicht hinreichend.

Furs erste mag hervorgehoben werden, dass es sich nicht he- stimnit entscheiden lasst, oh diese beiden Erscheinungen Parallel- erscheinungen sind ohne inneren Zusammenhang oder auf irgend eine Weise von einander abhangig sind. Diese Frage hangt intiin zusanimen mit der Frage der Odempathogenese an und fur sich, einer Fragr, die noch keineswrgs geliist ist, und die iibrigens jetzt nach den lctztjahrigen Forschungen schwerer erkldrlich crscheint, als sie den Forschern vor einem Jahrzehnt erschien. Besonders sei es hier ahgebracht, nochmals hcrvorzuheben, dass die Auffassung, die Senkung des k. 0. D. riefe gewisse odemformen hervor, der Kri- tik der jiingercn Forschung nicht hat standlialten konmn. Einc bedeutende Senkung des k. 0. D. kann z. B. bei akutem Exsudat (Kylin), akuten Blutungen (Kylin, Meulengracht, Eversen, Naka- zawa) und gewissen Nephrosefallen (Kylin, P. Meyer) vorkommeri, ohne dass Odem vorhanden ist. Ja , nach Plasmapharese bei Expe- rimenttieren wurden so niedrige Werte des k. 0. l). wie zwischen 50-100 mm H,O nachgewiesen, ohne dass Odem entstand. (Kylin).

Aus den j e t z t vorgelegten Untersuchungen scheint auch her- vorzugehen, dass die Wasserausscheidung nach Belastung mit einem Lit. Wasser niclit in einem nachweisbaren Verhaltnis zum k. o. D. im Blute steht. Wir fanden in cinem Teil der Falle, dass die Was- serausscheidung wahrend der Behandlung sich vervielfaltigte, trotz-

564 C 5 K I L K Y L l N

dem der k. 0. D. nicht nachweisbar gesteigert war, andererseits fanden wir Falle, wo der k. 0. 11. gesteigert war, aber die Wasser- ausscheidung eine unbedeutende Senkung wahrend der Bchand- lung aufwies.

Rechneii wir mit den bei der fraglichcn Untersucliung erhaltenen L)urchsclinittsziffern, ergibt es sich, dass dcr k. 0. I). wahrcnd der Behandlung von 305 his 323 mm H,O gesteigert ist, der Scrum- eiweissgehalt ist zur selberi Zeit von 6,95 bis 7,54 yo gesteigert. Die Wasserausscheidung weist cine Stcigcrung von 350 his 750 em3 auf. Wir finden also hier, dass der Mittelwert der Wasscraus- scheidung sich mehr als verdoppelt hat. Die unbcdeutende Stei- gerung des k. 0. D. und Serumeiweisses kann keineswegs diesc grossc Stcigerung der Wasscixiusscheidung erklaren.

Meulengracht, Iversen und Nakazawa haben hervorgchobcn, dass die odemneigung und die herabgesetzte Wasserausscheidung bei der perniciosen Anamie sich nicht gern als Folge einer Nieren- schadigung oder Herzinsufficienz erltlarcn lassen. Dicser Auf- fassung kann jch mich anschliessen. Es ist einem zuwider, anzu- uehmen, dass eine hochgradige Nerenschadigung die Unfaliigkeit dcr Wasscrausscheidung des Patienten bei der Aufnahme ins Icran- kenhaus verursache, da diese Wasserausscheidung nach kurzcr Zci t vollkommeii befricdigend ist. Wir wissen aurh, dass geradc dic Wasserausscheidungsfahigkeit die Funktion dcr Nicren ist, die h i einer Sierenschadigung am letzten nachweisbar verandcrt wird. Es widerspricht deshalb gcwohnlichcr klinischer Auffnsswig, ciner Nicrenschadigung die Hcrabsetzung der Wasserausscheidung bci der pernicioscn Anamie beizumcssen.

Ebcnfalls scheint die Vcrmutung nicht annehmhar, dnss cine Herzinsufficienz die Herabsetzung der Wasserausscheidung ver- ursache. Dass einc gewisse Herzinsufficienz bei diescn schwcrcn Anamiezustanden vorkommen kann, ist keineswegs undenkbar. Gegen eine hochgradigere solchc spricht aber das Verhalten, dass die bei der pcrn. Anamie vorkoninienden Odeme in der Regel nicht besondcrs auf den niedrig liegenden Kiirpcrteilen lokalisiert sind, wie es bei Odem auf (irund eincr Ilerzinsufficienz das Verhalten ist. Bei einer perniciosen Anamic sind die Odeme diffus im Kor- per lokalisiert und crscheinen besonders als eine Gedunsenlieit im Gcsicht, gerade so, wie sie auf Grund der Nephrose und der aku- ten Nephritis auftreten. Diese Odeme der akuten Nephritis und

K A N N D I E V E R S C H I E B U N G D E S K O L L O I D - O S M O T I S C H E V D R l l C h E S . . . 565

Nephrose fassen wir indessen nunmehr nicht von Herz- oder Nie- reninsufficienz herruhrend auf.

Wir finden, dass es bei unseren jetzigen Kenntnissen schwer ist, eine annehmbare Erklarung fur das Auftreten von Odem bei der perniciosen Anamie zu finden. Man wiirde vermuten, die Senkung des Hb-gehaltes und der Anzahl roter Blutkorperchen verursache dirckt diese Odeme. Dagen spricht aber die Tatsache, dass sich bei der akuten Blutungsanamie ebenso niedrige Werte des Hh. und der roten Blutkorperchen ergeben konnen, ohne dass Odeme auf- treten (Meulengracht, Iversen, Nakazawa, Kylin).

Aus Mange1 an andcren Erklarungsgrunden zur Odcmcnt- stehung scheint es unter vorhandenen Umstanden, als musse man er- wagen, ob nicht das Auftreten von Odem auf eine diffuse, wegen ungenugender Verbindung mit Sauerstoff entstandene Gewebs- schadigung zuruckzufuhren sei. Eine solche Annahnie hat wohl z. Z. kaum genugende theoretische Begrundungen, aber es scheint unter jetzigen Verhaltnissen beinalie unvermeidlich, die Ursache zum Auftreten des Odenis zum Gewebe zu verlegen.

Urn die Herabsetzung der Wasserausscheidung zu rrklaren, scheint man auch envagen zu mussen, ob nicht eine solchc diffuse Gewebsschadigung dieselbe verursachen konnte. Die Wasseraus- scheidung nach Einnahnie 1 Liters Wasser hangt von einerReihe Faktoren ab, unter denen die Herz- und Nierenfunktion nur Teil- faktoren sind. Wir wissen, dass sich bei gesunden Personen im Sommer eine ungenugende Wasserausscheidung bei unserer gewiihn- lichen Wasserbelastungsprobe oft ergibt, etwas, was wir als Folge des Wasserbedarfes des Gewebes erklaren. Dem diffusen Gewebe im Korper und besonders deni Bindegewebe liegt, wie Schade her- vorhebt, eine Depotfunktion fur Wasser ob. l h s Gewebe kann des- halb unter normalen Verhaltnissen eine gewisse Menge Wasser aufsaugen, welches bei Bedarf dem Korper wieder zur I'erfugung gestellt wird. Diese Fahigkeit des Gewebes Wasser aufzusaugen ist ein Faktor, dessen Bedeutung bei der Beurteilung der Wasser- belastungsprobe nicht zu unterschatzen ist. Ebenfalls wissen wir, dass die verschiedenen Autoritaten das Wichtige darin verteidigen , den Untersuchten vor dem Ausfiihren der Wasserbelastungsprobc unter physioiogische Verhaltnisse zu bringen.

Zusammenf assung.

1 ) In 20 Fallen pern. Anamie ha t der Verf. gleichzeitig den k. 0. L)., den Eiweissgehalt des Blutes, das Hamoglobin, die roten Blutkorpcrchen urid die Wasscrausscheidung bestimmt, letzterc nach dcr gewohnlichen Wasserbelastungsprobe mit einem Lit. Wasser tcils bei der Aufnahme des Patienten ins Krankenhaus, teils spatcr narh Besserung des Kranken.

2) Verf. kann die Angaben bestatigcn, dass bei pernicioser Ananiie

a) der Serumeiweissgehalt etwas unternormal ist b) dcr k. 0. D. in der Mehrzahl der Falle leicht unternormal

c) die Wasserausscheidungsfahigkeit, hochgradig herabgesetzt ist, d) Odem oft bei der pern. Anamie vorkommt. 3) Wahrend fortschreitendcr Verbesserung des Blutbildes und

des allgemeinen Gesundheitszustandes bessert sich in der Mehrzahl Falle die Wasserausscheidungsfahigke'it schnell.

4) Eine durchgehende Parallele zwischen dem k. 0. D. des Blutes und der Wasserausscheidungsfahigkeit ist nicht vorhanden.

5) Die herabgesetzte Wasserausscheidungsfahigkeit bei der pern. Anamie kann nicht auf die Herabsetzung des k. 0. D. zuriick- zufuhren sein.

ist oder bei niedrigen Normalwerten liegt,

Literatur.

Krogh: Anatomie und Physiologie der Kapillaren, Berlin, Julius Sprin- ger 1924. Kylin: Zeitschr. exp. Med. Bd. 70, 72, 73, 76, 68, 83, Arch. exp. Path. u. Pharm. 159, 161, 164, 170, 173. D. Arch. kl. Med. 172, 173, 174. Koranyi: Vorlesungen iiber funktionelle Pathologie und Therapie der Nierenkrankheiten, Berlin, J . Springer. 1929. Meyer, Paul: Erg. d. Physiol. 34. Meulengracht, Iversen u. Nakazawa: Archives of Intern. Med. 42. Jaksch: Zeitschr. klin. Med. 23. Gravitz: Berliner klin. W. 35. Erben: Zeitschr. f . klin. Med. 40. Gettler u. Lindemann: Arch. int. Med. 26. Kahn u. Barsky: Arch. int. Med. 23. Essen und Porges: Wien. Arch. f . inn. Med. 5.