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1 04/2010 Kapitalkonten in der KG Zielkonflikte und Lösungen I. 1. Allgemeines Die Kapitalkonten in der Personengesell- schaft spiegeln wieder, welche Geldbeträ- ge ein Gesellschafter in der Gesellschaft hat. Mit dieser Definition ist keine Ent- scheidung darüber getroffen, ob es sich bei einem einzelnen Kapitalkonto um Ei- genkapital oder Fremdkapital handelt. Diese Frage hat aber eine hohe betriebs- wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Bedeutung und soll anhand der Kapital- konten eines Kommanditisten dargestellt werden. 2. Zielkonflikte Aus betriebswirtschaftlicher und finanz- wirtschaftlicher Sicht des Betriebes ist es erstrebenswert, Kapitalkonten möglichst als Eigenkapitalkonten zu klassifizieren. Eigenkapital sichert den Bestand des Un- ternehmens und dessen Investitionsfähig- keit, da es dem Betrieb dauerhaft zur Ver- fügung steht und nicht durch Handlungen der Kommanditisten ohne Gesellschafter- beschlüsse entnommen werden kann. Po- sitive Auswirkungen sind besonders hin- sichtlich des Ratings anzuführen; je höher die Eigenkapitalquote ist, desto kreditwür- diger ist das Unternehmen und desto zinsgünstiger sind Kredite. Aus der wirtschaftlichen Sicht des Kom- manditisten ergibt sich ein gegenteiliges Interesse. Je umfangreicher und flexibler der Kommanditist Guthaben auf Kapital- konten entnehmen kann, desto mehr kann er konsumieren, Alternativinvestitionen vornehmen und desto höher ist seine Ei- genkapitalrendite unter Cash-Flow- Gesichtspunkten. Für ihn ist es also in der Regel besser, wenn die Kapitalkonten Fremdkapital darstellen. Auch die rechtliche Bedeutung liegt auf der Hand. Eigenkapitalkonten entziehen sich dem Zugriffsrecht des Kommanditis- ten. Erfolgen ungenehmigte oder auch ge- nehmigte Entnahmen zu Lasten des Ei- genkapitals, so entsteht u. U. eine Haftung im Außenverhältnis. Dagegen muss der Geschäftsführung einer KG gegenwärtig sein, dass Kapitalkonten mit Fremdkapi- talcharakter jederzeit zu Lasten der Liqui- dität abgerufen werden können. Es wäre wundersam, wenn nicht auch das Steuerrecht für die Frage Eigen- oder Fremdkapital Bedeutung hätte. Die wich-

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04/2010

Kapitalkonten in der KG – Zielkonflikte und Lösungen

I.

1. Allgemeines

Die Kapitalkonten in der Personengesell-

schaft spiegeln wieder, welche Geldbeträ-

ge ein Gesellschafter in der Gesellschaft

hat. Mit dieser Definition ist keine Ent-

scheidung darüber getroffen, ob es sich

bei einem einzelnen Kapitalkonto um Ei-

genkapital oder Fremdkapital handelt.

Diese Frage hat aber eine hohe betriebs-

wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche

Bedeutung und soll anhand der Kapital-

konten eines Kommanditisten dargestellt

werden.

2. Zielkonflikte

Aus betriebswirtschaftlicher und finanz-

wirtschaftlicher Sicht des Betriebes ist es

erstrebenswert, Kapitalkonten möglichst

als Eigenkapitalkonten zu klassifizieren.

Eigenkapital sichert den Bestand des Un-

ternehmens und dessen Investitionsfähig-

keit, da es dem Betrieb dauerhaft zur Ver-

fügung steht und nicht durch Handlungen

der Kommanditisten ohne Gesellschafter-

beschlüsse entnommen werden kann. Po-

sitive Auswirkungen sind besonders hin-

sichtlich des Ratings anzuführen; je höher

die Eigenkapitalquote ist, desto kreditwür-

diger ist das Unternehmen und desto

zinsgünstiger sind Kredite.

Aus der wirtschaftlichen Sicht des Kom-

manditisten ergibt sich ein gegenteiliges

Interesse. Je umfangreicher und flexibler

der Kommanditist Guthaben auf Kapital-

konten entnehmen kann, desto mehr kann

er konsumieren, Alternativinvestitionen

vornehmen und desto höher ist seine Ei-

genkapitalrendite unter Cash-Flow-

Gesichtspunkten. Für ihn ist es also in der

Regel besser, wenn die Kapitalkonten

Fremdkapital darstellen.

Auch die rechtliche Bedeutung liegt auf

der Hand. Eigenkapitalkonten entziehen

sich dem Zugriffsrecht des Kommanditis-

ten. Erfolgen ungenehmigte oder auch ge-

nehmigte Entnahmen zu Lasten des Ei-

genkapitals, so entsteht u. U. eine Haftung

im Außenverhältnis. Dagegen muss der

Geschäftsführung einer KG gegenwärtig

sein, dass Kapitalkonten mit Fremdkapi-

talcharakter jederzeit zu Lasten der Liqui-

dität abgerufen werden können.

Es wäre wundersam, wenn nicht auch das

Steuerrecht für die Frage Eigen- oder

Fremdkapital Bedeutung hätte. Die wich-

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tigste in der Praxis vorkommende Vor-

schrift ist § 15a EStG, nach der voll aus-

gleichsfähige Verluste nur insoweit aner-

kannt werden, wie sie durch Eigenkapital

gedeckt sind. Darüber hinaus spielen die

Kapitalkonten eine Rolle bei der Frage, ob

die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendun-

gen aufgrund Überentnahmen einge-

schränkt ist (§ 4 Abs. 4a EStG), ob die ne-

gativen Folgen der Zinsschranke

(§ 4a EStG) durch eine hohe Eigenkapi-

talquote vermieden werden können und

schliesslich wie weit die begünstigte Be-

steuerung aufgrund Thesaurierung

(§ 34a EstG) möglich ist.

3. Gesetzliche Definition

Während bei Kapitalgesellschaften das

Eigenkapital durch die gesetzliche Kodifi-

zierung sowie die bilanzrechtlichen Vorga-

ben definiert ist, ist die Situation bei Per-

sonengesellschaften wesentlich unüber-

sichtlicher. Das Recht der KG leitet sich im

Wesentlichen aus dem Recht der OHG

(Offene Handelsgesellschaft) ab. Während

die OHG von Gesetzes wegen nur ein Ka-

pitalkonto des Gesellschafters kennt, wird

das Kapital beim Kommanditisten um das

Konto erweitert, das seinen nominellen

Kommanditkapitalanteil wieder gibt. Dies

ist zweifelsfrei Eigenkapital. Über das

zweite Kapitalkonto kann der Kommandi-

tist dagegen jederzeit verfügen, wenn es

sich um Fremdkapital handelt.

In der Praxis kommt die Festlegung der

Kapitalkonten auf rein gesetzlicher Basis

üblicherweise nicht vor. Die Kapitalkonten

werden in der Regel im Gesellschaftsver-

trag ergänzend zu den gesetzlichen Rege-

lungen definiert.

4. Gesellschaftsvertragliche Regelungen

In der Praxis gib es ganz unterschiedliche

gesellschaftsvertragliche Regelungen. Die

Tatsache, dass Kapitalkonten unterschie-

den werden, sagt noch nichts aus über de-

ren Eigenschaft als Eigen- oder Fremdka-

pital. Auch in der praktischen Handhabung

ist oft zu beobachten, dass eine bestimmte

langjährige Behandlung bei weitem nicht

immer dem entspricht, was tatsächlich

rechtlich im Gesellschaftsvertrag geregelt

ist.

Grundsätzlich gilt, dass immer dann

Fremdkapital vorliegt, wenn der Komman-

ditist jederzeit frei über das Guthaben ver-

fügen kann und keine Verrechnung mit

Verlusten stattfindet.

Um eine genauere Differenzierung zu er-

möglichen, wurden in der Praxis soge-

nannte Mehrkonten-Modelle entwickelt:

Zunächst das Zwei-Konten-Modell, dann

das Drei-Konten-Modell und schließlich

das Vier-Konten-Modell.

Da die „Mehr“-Konten bei weitem nicht

einheitlich definiert sind, soll auf die Dar-

stellung der Vielfalt der Möglichkeiten ver-

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zichtet und statt dessen auf eine praxisge-

rechte Lösung hingewiesen werden.

5. Lösungsansatz für ein Grundmodell

Der Königsweg besteht darin, eines der

Kapitalkonten so zu definieren, dass es

zumindest steuerrechtlich im Sinne von

§ 15a EStG als Eigenkapital gilt, anderer-

seits dem Kommanditisten weitreichende

Entnahmemöglichkeiten belässt. Subsu-

miert man die herrschende Rechtspre-

chung, so kann ein solches Konto wie folgt

definiert werden.

Auf diesem Konto („Variables Kapitalkonto

III“) werden alle entnahmefähigen Ge-

winnanteile sowie der sonstige Zahlungs-

verkehr verbucht. Allerdings wird das Gut-

haben bei Ausscheiden des Kommanditis-

ten mit seinem auf dem Verlustvor-

tragskonto ausgewiesenen Verlustanteil

verrechnet, ebenso bei Liquidation oder

Insolvenz. Die Entnahmefähigkeit wird al-

so nicht begrenzt und dennoch handelt es

sich um Eigenkapital im steuerlichen Sin-

ne.

6. Modifiziertes Vier-Konten-Modell

Die Musterlösung bezeichnen wir als „Mo-

difiziertes „Vier-Konten-Modell“. Auf dem

Kapitalkonto I wird der nominale Kom-

manditanteil ausgewiesen und auf dem

Kapitalkonto II etwaige Rücklagen (Agien

oder Gewinnrücklagen). Beide Konten

stellen Eigenkapital dar.

Auf dem Kapitalkonto IV werden Verluste

verbucht, d.h. diese werden nicht unmit-

telbar mit dem Kommanditkapital oder den

Rücklagen verrechnet, sondern separat

verbucht. Rechtlich handelt es sich um ein

Korrektiv des Eigenkapitals.

Schließlich wird ein variables Kapitalkonto

III mit den entnahmefähigen Gewinnantei-

len und sonstigen Verrechnungen gebil-

det, das lediglich im Falle des Ausschei-

dens des Gesellschafters oder bei Liquida-

tion zu einer Verlustverrechnung führt.

Handelsrechtlich handelt es sich um

Fremdkapital, steuerlich im Sinne von

§ 15a EStG um Eigenkapital.

7. Gesellschaftsvertragliche Musterlösung

Demzufolge lautet die Musterformulierung

von Gesellschafterkonten in einem Gesell-

schaftsvertrag der KG wie folgt:

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Gesellschafterkonten

1. Für jeden Gesellschafter wird ein Kapitalkonto I, ein Rücklagenkonto II, ein variables Kapitalkonto III, ein Verlustvor-tragskonto IV und bei Bedarf ein Darle-henskonto geführt.

a) Auf dem Kapitalkonto I werden die Einzahlungen auf den vom Gesellschafter übernommenen Kapitalanteil verbucht. Soweit nichts anderes vereinbart ist, wer-den die Gewinnanteile auf diesem Konto verbucht, bis der Betrag der übernomme-nen Einlage erreicht ist.

b) Auf dem Rücklagenkonto II werden die Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen und die von den Gesellschaftern geleiste-ten Einzahlungen auf ein etwa beschlos-senes Aufgeld verbucht.

c) Auf dem variablen Kapitalkonto III werden die entnahmefähigen Gewinnan-teile, Tätigkeitsvergütungen, Zinsen sowie der sonstige Zahlungsverkehr zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter einschließlich sonstiger Einlagen und Ent-nahmen gebucht. Das Guthaben auf dem variablen Kapitalkonto III wird bei Aus-scheiden eines Gesellschafters mit seinem auf dem Verlustvortragskonto ausgewie-senen Verlustanteil verrechnet, ebenso bei Liquidation und im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft.

d) Auf dem Verlustvortragskonto IV werden die einen Gesellschafter betref-fenden etwaigen Verlustanteile gebucht. Die Gesellschafter haften für Verluste nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestim-mungen. Solange und soweit ein Verlust-

vortragskonto für einen Gesellschafter be-steht, sind die Gewinnanteile künftiger Geschäftsjahre dieses Gesellschafters diesem Verlustvortragskonto gutzuschrei-ben, soweit die Gesellschafterversamm-lung nichts anderes beschließt.

e) Soweit der Gesellschafter aufgrund besonderer Darlehensvereinbarungen Darlehensgeber oder Darlehensnehmer der Gesellschaft ist, werden die entspre-chenden Darlehensbeträge auf besonde-ren Darlehenskonten verbucht. Die Fällig-keit und die Verzinsung solcher Darlehen richtet sich nach den entsprechenden Be-stimmungen der Darlehensvereinbarun-gen. Die Darlehenszinsen sind Aufwand bzw. Ertrag der Gesellschaft.

2. Das Kapitalkonto I, das Rückla-genkonto II und das Verlustvortragskon-to IV sind unverzinslich. Das variable Kapi-talkonto III ist im Soll und Haben mit ... % p.a. zu verzinsen.

Der Zinssatz kann durch Beschluss der Gesellschafterversammlung geändert werden. Die Zinsen gelten im Verhältnis der Gesellschafter zueinander als Auf-wand bzw. Ertrag. Die Zinsen werden mit Wertstellung zum 31.12. eines Jahres dem verzinslichen Kapitalkonto III gutgeschrie-ben oder belastet und sind dann ebenfalls zinspflichtig.

Information: Der Inhalt dieser Information wurde nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt. Mit Rücksicht auf die Komplexi-tät der angesprochenen Themen und den ständigen Wan-del der Rechtsmaterie bitten wir um Verständnis, wenn wir unsere Haftung und Gewährleistung auf Beratungen in in-dividuellen Einzelaufträgen nach Maßgabe unserer Auf-tragsbedingungen beschränken und sie i. Ü., d. h. für die-se Informationen ausschließen.