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Erg¨ anzende Unterlagen zur Vorlesung Grundlagen der Elektrotechnik (437.161) f¨ ur Telematik-Studierende Renhart Werner 23. September 2002

kapitel9 der... · 2013. 9. 3. · Title: kapitel9 Author: Marco Created Date: 2/20/2013 7:12:26 PM

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  • Ergänzende Unterlagen zur Vorlesung

    Grundlagen der Elektrotechnik(437.161) für Telematik-Studierende

    Renhart Werner

    23. September 2002

  • Inhaltsverzeichnis

    1 Das elektrische Feld 1

    1.1 Die elektrische Ladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

    1.2 Wirkung elektrischer Ladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

    1.3 Arbeit, Potential und Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

    1.4 Materie im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    1.5 Energie im elektrostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    1.6 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

    2 Gleichförmig bewegte Ladungen 23

    2.1 Der elektrische Strom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

    2.2 Das Ohmsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

    2.3 Die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes . . . . . . . . 32

    2.4 Analogie zwischen elektrostatischem Feld und Strömungsfeld . . . . . . . 33

    2.5 Die Leistung im stationären Strömungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

    2.6 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

    3 Gleichstromschaltungen 37

    3.1 Der einfache elektrische Stromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

    3.2 Zweipole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

    3.3 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

    4 Ungleichförmig bewegte Ladungen 55

    4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

    4.2 Periodische Wechselgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

    II

  • Inhaltsverzeichnis

    4.3 Kennwerte sinusförmiger Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

    4.4 Darstellungsformen zeitharmonischer Wechselgrößen . . . . . . . . . . . . 60

    5 Das magnetische Feld 66

    5.1 Grunderscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

    5.2 Kraft auf bewegte Ladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

    5.3 Magnetische Kraftwirkung auf einen stromdurchflossenen Leiter . . . . . 71

    5.4 Die Erregung des magnetischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

    5.5 Materie im magnetischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

    5.6 Das Ohmsche Gesetz für magnetische Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . 81

    5.7 Analogie zwischen dem elektrischen und dem magnetischen Feld . . . . . 81

    5.8 Wirkungen im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

    5.9 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

    6 Verhalten Passiver Bauelemente bei zeitharmonischen Vorgängen 92

    6.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

    6.2 Der Ohm’sche Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

    6.3 Die Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

    6.4 Der Kondensator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

    6.5 Zusammenschaltung von passiven Bauelementen . . . . . . . . . . . . . . 99

    6.6 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

    7 Die Frequenzabhängigkeit passiver Schaltungen 105

    7.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

    7.2 Übertragungsfunktion und Bode-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . 105

    7.3 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

    8 Messung elektrischer Größen 115

    8.1 Die Messung von Strom, Spannung und Leistung . . . . . . . . . . . . . 115

    8.2 Schaltung von Meßgeräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

    8.3 Zusammenstellung der wichtigsten Meßgeräte . . . . . . . . . . . . . . . 122

    8.4 Klasseneinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

    III

  • Inhaltsverzeichnis

    9 Verhalten passiver Elemente bei instationären Vorgängen 124

    9.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

    9.2 Prinzipielles Verhalten von L und von C . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

    9.3 Ausschaltvorgang an einer RL-Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

    9.4 Ausschaltvorgang an einer RC-Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

    9.5 Einschaltvorgang an einer RL-Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

    9.6 Einschaltvorgang an einer RC-Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

    IV

  • 1 Das elektrische Feld

    1.1 Die elektrische Ladung

    Lange Zeit galten Atome als die kleinsten, nicht weiter teilbaren Bausteine der Materie(atomos heißt unteilbar). Die Griechen Leukipp und Demokrit beschrieben dies schonetwa 500 vor Christus in ihren Schulen. Sie machten Beobachtungen über Anziehun-gen von einem Stück Fell, welches mit Bernstein (griechisch: elektron) in Berührungkam. Damit haben sie den Begriff Elektrizität geprägt. Erst zu Beginn des 20. Jahrhun-derts erkannten die Physiker, daß das Atom nicht unteilbar ist (Rutherford, 1871-1937).Das Atom besteht nunmehr aus einem Atomkern um den in bestimmten AbständenElektronen kreisen. Der Atomkern besteht aus Neutronen und Protonen. Die Wirkungeines Atoms nach außen hin ist neutral. Entzieht man einem Atom beispielsweise einElektron, so kann eine Wirkung beobachtet werden, die man als elektrisch bezeichnet.Aus einer Vielzahl von in der Natur vorkommenden Kraftfeldern (z.B. Gravitations-feld) befaßt sich die Elektrotechnik intensiv mit einem Kraftfeld, welches als elektrischesFeld bezeichnet wird. Ein Körper im elektrischen Feld reagiert zufolge einer elektrischenLadung. Die elektrische Ladung Q beschreibt den elektrischen Zustand eines Körpers.Sie hat die aus den SI-Einheiten abgeleitete Einheit [As] oder auch Coulomb [C] ge-nannt und wird in einem Vielfachen der sogenannten Elementarladung e ausgedrückt.

    Elementarladung e = 1, 602189210−19C

    Es ist dies eine Naturkonstante. Es gibt nun Körper, die per Definition positiv geladen

    sind und solche die negative Ladung aufweisen. Beispielsweise gilt :ein Elektron ist negativ geladen, d.h. Q = -e

    ein Proton ist positiv geladen, d.h. Q = eein Neutron ist ungeladen, d.h. Q = 0

    Der willkürlichen Definition der Vorzeichen liegt zugrunde, daß ein Elektronenüber-schuß mit minus, ein Elektronenmangel mit plus bezeichnet wird.

    1

  • 1 Das elektrische Feld

    1.2 Wirkung elektrischer Ladungen

    Man erkannte aus zahlreichen Versuchen (z.B. Bernsteinversuch der Griechen), daß elek-trisch geladene Körper aufeinander eine Kraft ausüben. Charls Augustin Coulomb (1736-1806, französischer Ingenieur und Physiker) gelang es, für diese Kraftwirkung eine, demGravitationsgesetz ähnliche Gesetzmäßigkeit aufzustellen(1785):

    Zwei Körper wirken entlang ihrer Verbindungslinie mit einer Kraft, die proportionaldem Produkt ihrer elektrischen Ladungen und umgekehrt proportional dem Quadratihres Abstandes ist.

    In mathematischer Schreibweise lautet das Coulombsche Kraftgesetz :

    ~F = kQ1.Q2

    r2~e12 (1.1)

    Q 1

    Q 2

    e 1 2

    r

    F

    - F

    Abbildung 1.1: Kräfte zweier geladener Körper, in diesem Fall: Abstoßung zweier gleich-namig geladener Körper.

    Die Proportionalitätskonstante in (A1.1) entspricht dabei:

    k =1

    4πǫ0= 8, 987.109

    [

    Nm2

    C2

    ]

    (1.2)

    ǫ0 wird darin als elektrische Feldkonstante bezeichnet. Die physikalische Bedeutungdieser Größe wird später noch besprochen. Es ist nun zweckmäßig, den Begriff der elek-trischen Feldstärke einzuführen. Dazu denke man sich den Körper mit der elektrischenLadung Q1 festgehalten. Mit der zweiten elektrischen Ladung Q2 (Probeladung) unter-suchen wir die Wirkung des ersten Körpers im Raum. Bezieht man die gemessene Kraft~F auf die Ladung Q2 des Probekörpers, erhält man die elektrische Feldstärke ~E :

    ~E1 =~F

    Q2

    [

    kgm

    s21

    As=

    N

    As=

    Ws

    m

    1

    As=

    V As

    m

    1

    As=

    V

    m

    ]

    (1.3)

    2

  • 1 Das elektrische Feld

    bzw.

    ~E1 =1

    4πǫ0

    Q1r2

    ~er. (1.4)

    Dem entsprechend existiert um einen geladenen Körper ein elektrisches Feld, dessenGröße proportional der elektrischen Ladung ist und mit dem Quadrat des Abstandes vomgeladenen Körper abnimmt. Die Richtung des Feldes entspricht der radialen Richtung~er, vom Mittelpunkt der Ladung laufend. Die Gesamtheit aller Feldstärkevektoren ~Ebezeichnet man als das elektrische Feld.

    Wird ein Körper mit der Ladung Q in ein elektrisches Feld ~E gebracht, so erfährtdieser die Kraft

    ~F = Q~E, (1.5)

    wobei ~E die elektrische Feldstärke am Ort des Körpers mit der Ladung Q angibt. Beidiesen Betrachtungen muß vorausgesetzt werden, daß die räumlichen Ausdehnung des ge-ladenen Körpers und dessen Ladung so gering sind, daß die ursprünglich vorherrschendeFeldverteilung nicht gestört wird (Punktladungen). Sind mehrere Punktladungen vor-handen, so erzeugt jede für sich ein elektrisches Feld. Da der Zusammenhang zwischen~E und Q linear ist (Gl. 1.4), ergibt die Überlagerung der Felder aller Ladungen das Ge-samtfeld. Beispielsweise ergibt die Gesamtfeldstärke für drei unterschiedliche LadungenQ1, Q2 und Q3 in einem beliebigen Punkt im Raum :

    P

    Q 31

    Q 2

    Q 1

    E 3

    E 3

    E 1

    E 2E 2

    E

    Abbildung 1.2: Überlagerung der elektrischen Feldstärken mehrerer Punktladungen ineinem beliebigen Aufpunkt P.

    Die Gesamtfeldstärke ~E im Punkt P errechnet sich dabei zu

    ~E =1

    4πǫ0

    3∑

    i=1

    Qir2iP

    ~eiP . (1.6)

    3

  • 1 Das elektrische Feld

    1.2.1 Feldlinien und Feldlinienbilder

    Um den optischen Eindruck über das Feldverhalten im gesamten Raum zu erhalten,müßte man in sehr vielen Punkten die Feldstärkevektoren in Betrag und Richtung dar-stellen. Übersichtlicher ist es, das Verhalten mit Hilfe sogenannter Fedlinien wiederzu-geben. Man erhält eine Fedllinie, wenn man von einem gegebenen Punkt aus ein kleinesStück in Richtung des Feldstärkevektors geht, die Richtung des Feldstärkevektors be-stimmt, wieder ein kleines Stück weiterschreitet, und so fort. Aus dieser Darstellung ist

    + -

    Abbildung 1.3: Konstruktion einer elektrischen Feldlinie.

    + -

    Abbildung 1.4: Feldlinienbild zweier punktförmiger Ladungen.

    sehr gut der qualitative Verlauf des elektrischen Feldes zu erkennen. Diese Darstellunggibt indirekt auch über den Betrag der elektrischen Feldstärke Auskunft. Er ist um sohöher, je dichter beisammen die Feldlinien liegen. Alle Feldlinien haben einen Anfangs-und einen Endpunkt. Entsprechend einer willkürlichen Festlegung beginnen sie in denpositiven Ladungen und enden in den negativen.

    4

  • 1 Das elektrische Feld

    Die positiven Ladungen werden als Quellen, die negativen Ladungen als Senken deselektrischen Feldes bezeichnet.

    Mit Hilfe numerischer Berechnungsverfahren ist es allerdings auch möglich, gleich-zeitig zum Feldlinienbild den Bildhintergrund farblich bzw. schwarz-weiß einzufärben.Jede Farbe bzw. Garustufe entspricht dabei einem bestimmten Betrag der elektrischenFeldstärke ~E. Eine s/w-Darstellung ist in Abb. 1.5 gegeben. Darin sind niedrigere Feldstärke-werte heller, höhere Feldstärkewerte dunkler dargestellt.Bereiche, in denen die elektrischen Feldlinien parallel verlaufen nennt man homogen

    . 6 4 5

    1 1 . 7 3

    2 2 . 8 0

    3 3 . 8 8

    4 4 . 9 6

    E [ V / m ]

    Abbildung 1.5: Feldlinienbild mit Farbhintergrund als Maß für den Betrag der elektri-schen Feldstärke.

    (siehe Abb. 1.6). In den übrigen Bereichen herrscht ein inhomogenes Feld vor.Ein Sonderfall eines inhomogenen elektrischen Feldes stellt ein radial-symmetrisches

    Abbildung 1.6: Homogenes und inhomogenes elektrisches Feld.

    5

  • 1 Das elektrische Feld

    Feld dar. Die Feldlinien laufen dabei von einem gemeinsamen Mittelpunkt strahlenförmigauseinander. Ein derartiger Feldverlauf ist beispielsweise bei einer Punktladung oder beieiner Kugelladung (Abb. 1.7) zu beobachten.

    5 . 2 3 8

    1 2 . 4 9

    1 9 . 7 3

    2 6 . 9 8

    3 4 . 2 3

    E [ V / m ]

    Abbildung 1.7: Radial-symmetrisches Feld einer geladenen Kugel, Ausschnitt. Der Be-trag der elektrischen Feldstärke ist in Graustufen skaliert.

    1.3 Arbeit, Potential und Spannung

    Befindet sich im elektrischen Feld ~E eine elektrische Ladung Q, so wirkt auf diese eineKraft ~F gemäß Gl. 1.1. Soll nun diese Ladung Q bewegt werden, so muß dazu Arbeitverrichtet werden. Bei einer Verschiebung der Ladung in Gegenrichtung zum elektrischenFeld ~E ist eine Energiezufuhr von außen erforderlich. Erfolgt hingegen die Verschiebungin Richtung der elektrischen Feldstärke, so verrichtet das Feld die notwendige Arbeit.Die Arbeit W ist definiert als das Produkt der längs des Weges wirkenden Kraft und demzurückgelegten Weg. Im Allgemeinen muß die Richtung der Kraft nicht mit der Richtungdes Weges übereinstimmen, sodaß die vektorielle Projektion für die notwendige Arbeitmaßgeblich ist. Für ein differentielles Wegelement d~s gilt:

    dW = ~F · d~s = Q~E · d~s [Nm = J ] ... Joule (1.7)

    |dW | = |~F ||d~s| cosα (1.8)

    6

  • 1 Das elektrische Feld

    F

    P 1

    P 2

    Q

    d s

    Abbildung 1.8: Arbeit im elektrischen Feld.

    Die verrichtete Arbeit W12 zur Verschiebung der Ladung Q von P1 nach P2 ergibt sichaus dem Wegintegral :

    W12 =∫ P2

    P1

    ~F · d~s = Q∫ P2

    P1

    ~E · d~s (1.9)

    Bewegt man nun die Ladung Q von P2 nach P1 zurück, so ändert sich lediglich dieRichtung des Wegelementes zu −d~s, und die Arbeit W21 ergibt sich zu:

    W21 =∫ P1

    P2

    ~F · d~s = −Q∫ P2

    P1

    ~E · d~s. (1.10)

    Entfernt man folglich eine Ladung Q im elektrischen Feld von einem Punkt P1 und bringtdiese Ladung anschließend wieder in diesen Punkt zurück, wird keine Gesamtarbeit Wverrichtet:

    W = W12 +W21 = 0 (1.11)

    Die Größe der Arbeiten W12 und W21 sind auch von der Wahl des Weges zwischen denPunkten P1 und P2 unabhängig:

    P 1

    P 2

    s 1

    s 2

    Abbildung 1.9: Bestimmung der verrichteten Arbeit entlang unterschiedlicher Wege.

    7

  • 1 Das elektrische Feld

    Dieses Ergebnis läßt sich auch folgendermaßen interpretieren. Das Linienintegralüber die elektrische Feldstärke ~E im elektrostatischen Feld entlang eines geschlossenenenWeges ist Null.

    s

    ~E · d~s = 0. (1.12)

    Ein Feld mit dieser Eigenschaft bezeichnet man allgemein als wirbelfrei. Bedingt durchdiese Wegunabhängigkeit des Integrales wird die Arbeit W nur vom Anfangs- und vomEndpunkt bestimmt. Man ordnet daher diesen Punkten eine charakteristische Größe,das elektrostatische Potential Φ zu. Es wird definiert:

    ∫ P2

    P1

    ~E · d~s = −(Φ(P2)− Φ(P1)). (1.13)

    Diese Definition erlaubt es, zum Potential Φ(P ) einen beliebigen, konstanten Wert zu ad-dieren, ohne daß sich der Wert des Linienintegrals (Gl. 1.13) ändert. Das elektrostatischePotential ist eine skalare Größe.

    Umgekehrt kann man, wenn das Potential Φ(P ) in jedem Punkt im Raum bekannt ist,

    die elektrische Feldstärke ~E berechnen. Sind die Punkte P1 und P2 sehr eng beisammen,so wird aus (Gl. 1.13)

    ~E · d~s = −dΦ mit d~s = dx~ex + dy ~ey + dz ~ez. (1.14)

    bzw. nach Umformung :

    ~E = −

    dΦdx

    dΦdy

    dΦdz

    (1.15)

    Für die Differenz der Potentiale in den Punkten P1 und P2 kann

    ∫ P2

    P1

    ~E · d~s = Φ(P1)− Φ(P2) = U12[V

    mm = V

    ]

    ...V olt (1.16)

    geschrieben werden. Die Größe U12 bezeichnet man als elektrische Spannung zwischenden Punkten P1 und P2.

    8

  • 1 Das elektrische Feld

    1.4 Materie im elektrischen Feld

    Bisher erfolgten alle Betrachtungen für luftleeren Raum, d.h. weder elektrisch leitfähigenoch isolierende Körper waren vorhanden. Bei Vorhandensein derartiger Körper müssendie entsprechenden Materialeigenschaften mitberücksichtigt werden. Bringt man nun einMaterial, zB. einen Matalldraht oder PVC in des elektrische Feld ein, so wird sich daselektrische Feld im Inneren derselben unterschiedlich einstellen. Um dies nun beschrei-ben zu können, ist es zweckmäßig, neben der elektrischen Feldstärke ~E, eine weitereFeldgröße, nämlich die elektrische Verschiebung ~D, einzuführen. Sie ist als Propor-tionalität zur elektrischen Feldstärke folgent definiert:

    ~D = ǫ ~E

    [

    C2

    Nm2V

    m=

    (As)2

    V Asm

    V

    m=

    As

    m2

    ]

    . (1.17)

    Die Einheit der elektrischen Verschiebung ~D entspricht einer Ladung pro Fläche (Gl.1.17). Auf die Proportionalitätskonstante ǫ wird bei der Beschreibung isolierender Stoffenäher eingegangen.

    Zunächst werden elektrisch leitfähige Körper und hernach nichtleitende Körper inein elektrisches Feld eingebracht und die jeweiligen Auswirkungen und Phänomene un-tersucht.

    1.4.1 Leitfähige Körper - Influenz

    Ein leitfähiger Körper, zB. ein Stück Kupferdraht, zeichnet sich dadurch aus, dass dieum die Atomkerne kreisenden Elektronen unter sehr geringem energetischen Aufwandfür einen Ladungstransport (=Strom) zur Verfügung stehen. Die Elektronen sind hochbeweglich.

    Bringt man nun einen Leiter, -er ist elektrisch neutral- in ein elektrisches Feld ~E ein,so wird auf die Elektronen jeweils die Kraft ~F = Q~E wirken. Aufgrund ihrer hohen Be-weglichkeit werden sich diese Elektronen bewegen. Diese Bewegungen erfolgen so lange,bis die Elektronen keine Feldstärke mehr verspüren, dh. wenn die Bedingung ~E = ~0erfüllt ist. Damit ist auch die Kraft ~F auf die Ladungen Null. Diesen Vorgang nenntman die elektrische Verschiebung oder Influenz

    Alle Ladungen des Leiters sind nunmehr flächenhaft an der Oberfläche des Leitersverteilt (vgl. Abb. 1.10).

    Somit ist das Innere des Leiters feld- und ladungsfrei. Man könnte sich dieses Gebietdurch einen Isolator oder durch leeren Raum ersetzt denken, an dessen äußerer Begren-zung die Ladungen sitzen. Die folgenden wesentlichen Aussagen können nun getroffenwerden:

    9

  • 1 Das elektrische Feld

    Q

    Leiter

    E a

    Q

    Ladungen

    E a

    E i =0

    Abbildung 1.10: Ladungsverteilung und elektrisches Feld in einem elektrisch leitfähigenKörper.

    1. Elektrische Felder werden durch leitfähige Körper abgeschirmt.

    2. Die elektrischen Feldlinien münden auf leitfähigen Körpern stets senk-recht ein.

    3. Da das Innere eines Leiters feld- und ladungsfrei ist, muß die Leitero-berfläche eine Fläche konstanten Potentials darstellen (Äquipotential-fläche).

    Aus der Einheit der elektrischen Verschiebung ~D [As/m2] ersieht man, daß aus dessenIntegration über eine Fläche eine elektrische Ladung Q resultieren muß.

    Tatsächlich ergibt ein geschlossenes Oberflächenintegral von ~D über ein beliebigesGebiet die darin enthaltene Gesamtladung:

    Γ

    ~D · d~Γ = Q. (1.18)

    Diese Beziehung bezeichnet man als das Gaußsche Gesetz. Wird das Integral nichtüber eine geschlossene Fläche, sondern nur über eine beliebige Fläche Γ ausgeführt, soergibt dies den elektrischen Fluß Ψel:

    Ψel =∫

    Γ

    ~D · d~Γ. (1.19)

    War der leitende Körper vor dem Einbringen in das Fremdfeld ~Ef ungeladen, so ister es dann auch wieder. Das geschlossene Oberflächenintegral über den eingebrachtenLeiter ergibt Null, da eine gleich große Anzahl von positiven und negativen Ladungeninfluenziert wurde. In jedem Fall liegen die Influenzladungen umgekehrten Vorzeichens zuden influenzierenden Ladungen näher diesen influenzierenden Ladungen. Aufgrund derhöheren Feldstärken im näheren Bereich werden sich influenzierende und influenzierteLeiter immer anziehen. Zur Feststellung der elektrischen Verschiebung ~D kann der Effektder Influenz herangezogen werden.

    10

  • 1 Das elektrische Feld

    1.4.2 Nichtleiter oder Isolatoren - Polarisation

    Anders als beim leitenden Körper kann ein Isolator von einem elektrischen Feld durch-setzt werden. Man bezeichnet derartige Stoffe oft als Dielektrika (dia heißt durch).Die Elektronen eines isolierenden Materials, zB. PVC oder Glas, sind nur beschränktbeweglich. Sie können sich nicht solange bewegen, bis völlige Feldfreiheit vorherrscht. Eswird ein elektrisches Feld im Inneren verbleiben. Ein Maß für die Verschiebbarkeit vonLadungen wird nun mit der Dielektrizitätszahl ǫ ausgedrückt.

    Ähnlich dem Falle eines Leiters im elektrischen Feld kann man auch bei einem Isolatordie Ladungen an der Oberfläche vermuten. Die Dichte der Ladungen an der Oberflächewird jedoch vergleichsweise klein sein, da ja im Inneren ein Feld ~Ei verbleibt. Man nenntdiese LadungenPolarisationsladungenmit der Dichte σpol. Als Polarisation bezeichnetman die makroskopisch feststellbare Ladungsverschiebung in dielektrischen Stoffen.

    Im atomaren Verband können sich in einem Isolator die Ladungsschwerpunkte nursehr begrenzt verschieben. Dies ist so lange möglich, bis sich zwischen der trennendenKraft des äußeren elektrischen Feldes und der Anziehungskraft der Polarisationsladun-gen ein Gleichgewichtszustand einstellt. Auf die unterschiedlichen Arten der Polarisati-on (Elektronenpolarisation, Molekül-Polarisation und Orientierungspolarisa-tion) wird hier nicht näher eingegangen.

    Die Abschwächung der elektrischen Feldstärke in einem dielektrischen Stoff gegenüberluftleeren Raum kann durch den formalen Zusammenhang

    ~D = ǫ ~E = ǫr ǫ0 ~E, (1.20)

    ǫ0 = 8, 854 · 10−12[

    As

    V m=

    F

    m

    ]

    ... Farad pro Meter. (1.21)

    über ǫ bzw. ǫr erfaßt werden. ǫr bezeichnet man als relative und ǫ als absoluteDielektrizitätskonstante des entsprechenden Stoffes. Gl. 1.20 besagt, daß eine Erhöhungder relativen Dielektrizitätszahl eines Mediums eine Erniedrigung des elektrischen Feldesin diesem Medium zur Folge hat.

    1.4.3 Unterschiedliche dielektrische Stoffe

    In der nachfolgenden Tabelle 1.1 sind die Dielektrizitätszahlen einiger Stoffe aufgelistet.

    Es gibt in der Natur einige Stoffe, die in den unterschiedlichen Achsenrichtungenverschiedene Dielektrizitätseigenschaften aufweisen. Zur Beschreibung des Feldverhal-

    11

  • 1 Das elektrische Feld

    Stoff ǫr Stoff ǫrLuft 1,00059 Quarz 3,8 bis 5

    Petroleum 2,0 Glas 5 bis 7Polyäthylen 3,2 Keramik 9,5 bis 100Polystyrol 2,6 Diamant 16,5Gummi 2,5 bis 3,5 Nitrobenzol 36,0

    Bernstein 2,8 destil. Wasser 81,0

    Tabelle 1.1: relative Dielektrizitätszahlen.

    tens derariger Stoffe müssen die Materialeigenschaften entsprechend durch eine Matrixberücksichtigt werden, z.B. durch:

    ǫ = ǫ0

    ǫx 0 00 ǫy 00 0 ǫz

    . (1.22)

    ǫx, ǫy und ǫz sind darin die relativen Dielektrizitätszahlen für die indizierten Achsen-richtungen.

    1.4.4 Die Kapazität

    Man betrachte die einfache Anordnung zweier paralleler, in einem Abstand d angeord-neter Platten (Abb. 1.11). Auf einen der Leiter bringt man eine positive Ladungsmenge+Q auf, auf den anderen gleich viele Ladungen umgekehrten Vorzeichens. In der Praxiserfolgt dies mit einer Spannungsquelle, deren Klemmen über leitende Verbindungen mitden zwei Platten verbunden sind.

    d e 0 e rE U

    + Q

    - Q

    Abbildung 1.11: Zwei parallele Platten mit Batterie als Spannungsquelle

    Es werden hierbei auf dem einen Leiter Ladungen der einen Art, auf dem ande-ren diejenigen umgekehrten Vorzeichens verschoben (influenziert). Bei einer gegebenen

    12

  • 1 Das elektrische Feld

    Spannung können diese Platten nur eine ganz bestimmte Anzahl von Ladungen aufneh-men. Ein Maß dafür ist die Kapazität C (Aufnahmefähigkeit). Aus Versuchen erkannteman, daß C umso größer ist, je größer die Fläche A der Leiter ist, je größer die Dielektri-zitätszahl ǫ des dazwischenliegenden Mediums ist und sie wächst mit kleiner werdendemAbstand d der beiden Platten zueinander. Für die Ladungsmenge auf einer Platte gilt:

    Q =ǫA

    dU = C U. (1.23)

    Für eine allgemeine Anordnung zweier Leiter, entsprechend Abb. 1.12 folgt:

    + Q - Q

    1

    2

    Abbildung 1.12: Kapazität zwischen zwei leitenden Körpern

    C =Q

    U=

    Γ~D · d~Γ

    ∫ 21

    ~E · d~s

    [As

    V= Farad

    ]

    (1.24)

    Zur Veranschaulichung betrachte man eine Plattenanordnung mit einer Fläche vonA=1 cm2 in einem Abstand von d=1 mm zueinander plaziert. An diese Platten wirdeine Spannung von U=1 V gelegt. Das Medium zwischen den Platten sei Luft (ǫr = 1).Es ergibt sich die Kapazität :

    C = ǫ0A

    d= 8, 854.10−12

    1, 0.10−4

    1, 0.10−3= 8, 854.10−13 F (1.25)

    Bei einer Spannung von 1 V folgt die Ladungsmenge je Platte, nach Gl. 1.23 zu

    Q = C U = 8, 854.10−13 As . (1.26)

    Dividiert man diese Ladungsmenge durch die Elementarladung e, so erhält man dieAnzahl der auf der Platte pro Quadratzentimeter befindlichen Ladungen. Hier sind dies5, 52615.106 Elektronen.

    13

  • 1 Das elektrische Feld

    Voneinander isoliert angeordnete Leiter, zwischen denen sich ein elektrisches Feldeinstellen kann, nennt man Kondensatoren. Ihr Einsatzgebiet in der Elektrotechnikerstreckt sich über praktisch alle Teilgebiete, von der Elektronik über die Nachrich-tentechnik bis zur Hochspannungs- und Anlagentechnik. Dementsprechend gibt es eineVielzahl von Bauarten und Ausführungen von Kondensatoren.

    Parallelschaltung von Kondensatoren

    Das Schaltsymbol eines Kondensators wird durch zwei etwas dickere, parallele Striche,welche die Platten eines Kondensators stilisieren, und den elektrischen Verbindungen zudiesen Platten dargestellt (Abb. 1.13).

    Abbildung 1.13: Schaltsymbol eines Kondensators

    Durch das Verbinden jeweils einer Platte von zwei oder mehr Kondensatoren innachfolgender Weise werden die verbundenen Platten auf gleiches Potential gebracht.

    C 1 C 2 C 3 C n

    U

    + + + +

    Abbildung 1.14: Parallelschaltung von Kondensatoren

    Damit liegt an allen Kondensatoren dieselbe Spannung U. Die Gesamtkapazität istdie Summe aller verschobenen Ladungen bezogen auf die Spannung U:

    Cges =QgesU

    =Q1 +Q2 +Q3 + · · ·+Qn

    U= C1 + C2 + C3 + · · ·+ Cn (1.27)

    Werden Kapazitäten parallel geschalten, so ergibt sich die Gesamtkapa-zität aus der Summe aller Teilkapazitäten.

    Cges =Σni=1 Qi

    U= Σni=1 Ci (1.28)

    14

  • 1 Das elektrische Feld

    Da an allen Teilkapazitäten dieselbe Spannung U liegt, folgt

    Qi = Ci U =⇒ Q1 : Q2 : Q3 : · · · : Qn = C1 : C2 : C3 : · · · : Cn. (1.29)

    Die zugeführte elektrische Ladungsmenge Qges verteilt sich auf die Kondensatorenim Verhältnis ihrer Kapazitäten.

    Reihenschaltung von Kondensatoren

    Schaltet man mehrere Kondensatoren derart, daß zwischen dem Ende des einen und demBeginn des nächsten eine leitende Verbindung besteht, so erhält man eine Serien- oderReihenschaltung von Kondensatoren (Abb. 1.15).

    + + + +

    C 1 C nC 3C 2

    U 1 U 2 U 3 U n

    U

    Abbildung 1.15: Reihenschaltung von Kondensatoren

    Schließt man dieses Gebilde an den beiden äußersten Anschlüssen mit einer Span-nungsquelle (z.B. Batterie) zusammen, so werden sich zunächst an den beiden äußerstenPlatten Ladungen verschieben. Durch das entstehende elektrische Feld werden infolge In-fluenz auch Ladungen auf den dazwischenliegenden Platten verschoben. An allen Plattenmuß sich dieselbe Ladungsmenge +Q bzw. -Q einstellen. Es gilt:

    U1 =Q

    C1, U2 =

    Q

    C2, U3 =

    Q

    C3, · · · Un =

    Q

    Cn. (1.30)

    Die gesamte angelegte Spannung verteilt sich auf die Kondensatoren gemäß :

    U =∫

    si

    ~E · d~s = U1 + U2 + U3 + · · ·+ Un = Q(1

    C1+

    1

    C2+

    1

    C3+ · · ·+ 1

    Cn

    )

    (1.31)

    Die Gesamtkapazität erhält man wiederum aus dem Quotienten QUzu:

    1

    Cges=

    1

    C1+

    1

    C2+

    1

    C3+ · · ·+ 1

    Cn. (1.32)

    15

  • 1 Das elektrische Feld

    Als häufig auftretenden Sonderfall sei hier die Seireinschaltung zweier Kondensatorenangeführt:

    C =

    (

    11

    C1+ 1

    C2

    )

    =C1 C2

    C1 + C2. (1.33)

    Durch die Serienschaltung von Kondensatoren wird die Gesamtkapazitätverkleinert.

    1.4.5 Beispiel aus der Praxis

    Man betrachte die in Abb. 1.16 dargestellte Anordnung einer Hochspannungs-Freileitung.

    Abbildung 1.16: Kapazitäten an einer Hochspannungsleitung.

    Die drei Leitungen des Energieübertragungssystemes haben unterschiedliches Poten-tial. Damit ist eine typisch kapazitive Anordnung gegeben. Die Kapazitäten, sie sind inder mittleren Abbildung dargestellt, beeinflussen nachhaltig das elektrische Verhalteneines Energieübertragungsnetzwerkes. Bei Doppel- und Mehrfachsystemen, wie sie bei380kV-Trassen eingesetzt werden, sind die Verhältnisse noch komplexer (rechte Abbil-dung).

    1.5 Energie im elektrostatischen Feld

    Bisher wurde davon gesprochen, daß sich ungleichnamige Ladungen anziehen (Coulomb-sches Kraftgesetz). Zur Trennung von Ladungen muß hingegen mechanische Arbeit ver-richtet werden. Beim Bernstein-Versuch war die mechanische Tätigkeit das Reiben des

    16

  • 1 Das elektrische Feld

    Fells an Bernstein. Dem Energieerhaltungsprinzip entsprechend muß sich diese Arbeitin irgend einer Form wiederfinden. In unserem Falle ist dies die elektrische Feldener-gie. Sie ist im Raum, in welchem sich das elektrische Feld erstreckt, gespeichert. Manbeobachte nun folgenden Versuch.

    Zwei Körper, Leiter1 und Leiter 2 haben die elektrischen Potentiale Φ1 und Φ2 (Abb.1.17).

    L e i t e r 1 L e i t e r 2

    d Q 1

    Abbildung 1.17: Verrichtung mechanischer Arbeit und Speicherung elektrischer Energie.

    Wird nun eine differentielle elektrische Ladung dQ entgegen der elektrischen Feld-kräfte von Leiter 1 nach Leiter 2 gebracht, so muß mechanische Arbeit −dWmech aufge-bracht werden (negatives Vorzeichen bedeutet verbrauchte Energie):

    dWel = −dWmech = dQ (Φ2 − Φ1) = dQ U21 = dQ U. (1.34)

    Allgemein ist die Ladung proportional der Spannung (Q = C U, Gl. 1.23). Bei die-sem Versuch bleibt die Kapazität C der Anordnung unverändert. Somit muß für dieinfinitesimale transportierte Ladung dQ gelten:

    dQ = C dU, (1.35)

    sodaß mit 1.34

    Wel =∫ Q

    0U dQ = C

    ∫ U

    0U dU =

    CU2

    2=

    QU

    2=

    Q2

    2C(1.36)

    folgt und man folgende allgemeine Aussage ableiten kann:

    Die in einem Kondensator gespeicherte elektrische Energie entspricht demhalben Produkt aus der Kapazität und dem Quadrat der angelegten elektri-schen Spannung.

    17

  • 1 Das elektrische Feld

    1.5.1 Kraftberechnung aus der elektrischen Feldenergie

    Die Bestimmung der Kraftwirkung im elektrostatischen Feld soll anhand eines Platten-kondensators demonstriert werden. Mittels des Prinzips der virtuellen Verschiebungkann dies sehr einfach dargelegt werden. Dazu betrachte man die folgende, bekannteAnordnung:

    d e 0 e rE U

    + Q

    - Q

    d z

    Abbildung 1.18: Plattenkondensator mit Spannungsquelle

    Nun wird gedanklich der Plattenabstand d um das infinitesimal kleine Wegstück dzvergrößert. DIe Ladungen auf den Platten sind ungleichnamig und ziehen sich natur-gemäß an. Zur Abstandsvergrößerung muß daher mechanische Arbeit von außen aufge-bracht werden, und zwar dem Betrage nach:

    dW = |~F |dz. (1.37)

    Die Ladung am Kondensator bleibt dabei konstant. Daher muß die Feldenergie umdiesen Wert zunehmen. Sie ändert sich um

    dWel = d

    (

    Q2

    2C

    )

    =Q2

    2

    dz

    ǫA(1.38)

    Mit Gleichung 1.37 ergibt sich daraus die zwischen den Platten eines Kondensatorswirkende Kraft :

    |~F | = dWdz

    =Q2

    2 ǫA. (1.39)

    18

  • 1 Das elektrische Feld

    1.6 Beispiele

    1. Das elektrische Feld mehrerer Punktladungen. Gegeben sind drei PunktladungenQ1, Q2 und Q3, welche in der xy-Ebene gemäß Abbildung 1.19 angeordnet sind.

    Q1 = 2 As

    Q2 = −1 AsQ3 = 3 As

    Zeichnen und berechnen Sie die Gesamtfeldstärke ~Eges im Punkt P(7,2).

    x

    y

    Q 1

    Q 2

    Q 3

    P ( 7 / 2 )

    Abbildung 1.19: Ladungsanordnung, 1 Teilstrich entspricht 1cm.

    2. Das elektrische Feld mehrerer Punktladungen. Gegeben sind drei PunktladungenQ1, Q2 und Q3, gemäß obiger Abbildung 1.19. Die Ladungen sind gegenüber demersten Beispiel verändert.

    Q1 = 2 As

    Q2 = 0 As

    Q3 = 4 As

    Bestimmen Sie jenen Punkt P(x/y), für welchen ~E = ~0 gilt.

    3. Linienintegrale. Folgende Annordnung zum Erzeugen eines homogenen elektrischenFeldes sei gegeben. Es soll die elektrische Spannung zwischen zwei Punkten auf denPlatten berechnet werden.

    19

  • 1 Das elektrische Feld

    x

    y

    V = 1 0 V

    V = 0 V

    P 3

    P 1

    P 2

    d s 1d s 2

    Abbildung 1.20: Plattenanordnung, 1 Teilstrich entspricht 1cm.

    a) Integration von Punkt P1 nach P2

    ~E =10

    0, 1(−~ey)

    V

    md~s1 = dy ~ey

    U12 =∫ 2

    1

    ~E · d~s1 =∫ 2

    1−100~ey · ~eydy = −100y

    ∣∣∣∣

    y=0,1

    y=0= −10V (1.40)

    b) Integration von Punkt P1 nach P3

    d~s2 = dx~ex + dy ~ey

    U13 =∫ 3

    1

    ~E · d~s2 =∫ 3

    1

    0−1000

    ·

    dxdy0

    =

    =∫ 0,1

    0−100dy = −10V (1.41)

    20

  • 1 Das elektrische Feld

    4. Geschlossenes Wegintegral oder Ringintegral. Zur Erzeugung des elektrischen Fel-des sei dieselbe Anordnung wie im vorangegangenen Beispiel gegeben.P1 = (2/2), P2 = (8/2), P3 = (8/7), P4 = (2/7).

    x

    y

    V = 1 0 V

    V = 0 V

    P 3

    P 1 P 2

    s 1

    s 2

    P 4

    s 3

    s 4

    Abbildung 1.21: Plattenanordnung, 1 Teilstrich entspricht 1cm.

    d~s1 = dx~ex, d~s2 = dy ~ey, d~s3 = dx~ex, d~s4 = dy ~ey∮

    s

    ~E · d~s =∫

    s1

    ~E · d~s1 +∫

    s2

    ~E · d~s2 +∫

    s3

    ~E · d~s3 +∫

    s4

    ~E · d~s4 =

    =∫

    s1

    −100~ey · ~exdx︸ ︷︷ ︸

    =0

    +∫

    s2

    −100~ey · ~eydy +

    +∫

    s3

    −100~ey · ~exdx︸ ︷︷ ︸

    =0

    +∫

    s4

    −100~ey · ~eydy =

    =∫

    s2

    −100dy −∫

    s4

    −100dy =

    =∫ y=0,7

    y=0,2−100dy −

    ∫ y=2

    y=0,7−100dy =

    = −100[0, 7− 0, 2]− 100[0, 2− 0, 7] = 0V

    21

  • 1 Das elektrische Feld

    5. Flächenintegrale. Gegeben sei das homogene Feld der elektrischen Verschiebung~D.

    x

    z

    y d

    ( 0 / 0 / 0 )( 2 / 0 / 0 )

    ( 0 / 1 / 0 )

    D

    Abbildung 1.22: Verschiebungsvektor und Flächenelement.

    ~D =

    0, 20, 42, 2

    As

    m2

    Ψel =∫

    Γ

    ~D · d~Γ =?

    d~Γ = dΓ~ez = dxdy~ez

    Γ

    ~D · d~Γ =∫

    Γ

    0, 20, 42, 2

    ·

    001

    dxdy =

    =∫ y=1

    y=0

    ∫ x=2

    x=02, 2dxdy = 2, 2x|20 y|10 = 4, 4As

    22

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    2.1 Der elektrische Strom

    Bisher wurden elektrische Feldverteilungen behandelt, welche sich aufgrund ruhenderLadungen ergeben haben. Es wurde bei der Influenz zwar von Ladungsverschiebungengesprochen, jedoch wurden nur die Endzustände, d.h. alle Ladungen befanden sich wiederin einer stabilen, ruhenden und ortsfesten Lage, betrachtet. Dieses Kapitel befaßt sichmit bewegten Ladungen. Die Gesamtheit bewegter elektrischer Ladungen wirdals elektrischer Strom bezeichnet.

    2.1.1 Die elektrische Stromstärke

    Man betrachte dazu einen -durch welche Mechanismen auch immer- geladenen Konden-sator, auf dessen einer Platte ein Elektronenüberschuß (negative geladene Platte) aufder anderen ein Eleketronenmangel (positiv geladene Platte) vorliegt (Abb. 2.1).

    E l e k t r o n e n ü b e r s c h u ß , - Q

    E l e k t r o n e n m a n g e l , + Q

    Elektronenstrom

    S t r o m s t ä r k e I

    Abbildung 2.1: Feldabbau an einem Kondensator.

    Soll sich nun die zwischen den Platten eingestellte elektrische Feldestärke abbauen, somuß ein Ladungsausgleich stattfinden. Die überschüssigen Elektronen der einen Plattemüssen zur Platte mit Elektronenmangel fließen. Damit dies möglich ist, muß zwischenden Platten eine leitende Verbindung hergestellt werden. In Metallen sind Ladungen

    23

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    frei beweglich. Entsprechend eines, wie in Abb. 2.1 dargestellten Leiters wird dieserLadungsausgleich möglich. Als phsyikalische Größe zur Beschreibung des elektrischenStromes wird die elektrische Stromstärke I definiert :

    Definition:

    I =∆Q

    ∆ t[A] ... Ampere. (2.1)

    Die elektrische Stromstärke I ist die pro Zeiteinheit durch einen festge-

    legten Querschnitt hindurchfließende Ladungsmenge.

    Da im allgemeinen die Stromstärke I zeitlich nicht gleichbleibend ist, kann für denaugenblicklichen Stromstärkewert die differentielle Änderung der Ladungen pro Zeit an-gegeben werden(2.2).

    I =d Q

    d t[A] . (2.2)

    Die Flußrichtung des Stromes ist definiert als die Richtung entgegengesetzt zumElektronenstrom. D.h. der elektrische Strom fließt immer von plus nach minus (Quelle=⇒ Senke). Versuche haben gezeigt, daß die Dauer, bis ein Ladungsausgleich erfolgt ist,abhängig ist vom verwendeten Material. Die Gesetzmäßigkeit zur Beschreibung diesesLadungsausgleiches erfolgt später.

    2.1.2 Gleichstrom, Gleichspannung und Spannungsquellen

    Zum Erreichen eines gleichbleibenden Elektronenflusses (Gleichstrom) und damit ei-ner gleichmäßigen Stromstärke I muß gesorgt werden, daß die ab- bzw. zufließendenLadungen an den Kondensatorplatten immer in gleichem Maße vorhanden bleiben. Dieskann durch eine gleichbleibende Spannung U an den Platten erreicht werden. Es kanndie Spannung U als treibende Größe für die Ladungsbewegung angesehen werden. Un-abhängig von der Anordnung muß also immer Energie (mechanische, chemische, ...)aufgewendet werden, um für die notwendigen Ladungen, die dann zu- bzw. abfließenkönnen, zu sorgen. Bei unseren Betrachtungen ist es zunächst nicht erheblich, aus wel-cher Energieform dies geschieht. Der Einfachheit halber verwendet man ein Schaltsymbolund bezeichnet dieses als Spannungsquelle.

    Der Pfeil von der plus-Klemme zur minus-Klemme in Abb. 2.1 wird als Zählpfeilbezeichnet und hat nichts mit einem Vektor zu tun. Der Zählpfeil wird so gewählt, daßer vom höheren zum niedrigeren Potential gerichtet ist.

    Durch Verbinden der Klemmen der Gleichspannungsquelle mit einem Leiter entstehtein Stromkreis, in dem ein gleichbleibender Strom der Stromstärke I fließt.

    24

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    +

    _

    +

    _

    U U

    Abbildung 2.2: Schaltsymbole von Gleichspannungsquellen, links allgemein, rechts Bat-terie.

    2.1.3 Die elektrische Stromdichte

    Dem vorhin beschriebenen elektrischen Strom wurde eine Stromstärke I zugewiesen. ImSchaltbild 2.1 wurde dabei der Stromfluß durch eine Richtung gekennzeichnet (Pfeil inder Leitung). Um die Richtung des Stromflusses in geeigneter Weise auch mathematisch

    darstellen zu können, wird eine weitere Größe, die elektrische Stromdichte ~J definiert:

    I ds

    ds

    dA

    I

    Fläche A

    Abbildung 2.3: Zur Definition der elektrischen Stromdichte.

    In einem infinitesimal kleinen Volumen dV befinden sich Ladungen mit einer ent-sprechenden Raumladungsdichte ρ [As/m3]. Diese Raumladungsdichte bleibt im Falleelektrischen Gleichstromes immer konstant. Dementsprechend ergibt sich die im Volu-men dV befindliche infinitesimale Ladungsmenge dQ zu

    dQ = ρ d~s · d ~A = ρ |d~s| |d ~A| cosα . (2.3)

    Die innerhalb der infinitesimal kurzen Zeitspanne dt mit der Geschwindigkeit ~v durchdie Fläche dA strömenden Ladungen bestimmen die differentielle Stromstärke dI:

    dI = ρ|d~s|

    d t|d ~A| cosα = ρ |~v| |d ~A| cosα. (2.4)

    25

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    Die Stromdichte ergibt sich durch Division obigen Ausdruckes mit der durchströmtenFläche normal zur Strömungsrichtung (dA cosα):

    ~J = ρ~v[

    As

    m3m

    s=

    A

    m2

    ]

    . (2.5)

    Mit dieser Definition folgt aus 2.4

    dI = ~J · d ~A = ρ~v · d ~A. (2.6)

    Die Gesamtstromstärke, welche durch eine Fläche A fließt errechnet sich aus derIntegration aller infinitesimaler Stromstärken dI über diesen Querschnitt:

    I =∫ ∫

    A

    ~J · d ~A (2.7)

    Über einen Querschnitt A kann sich eine gleich hohe Stromdichte ergeben wenneinmal die Raumladungsdichte hoch und die Geschwindigkeit gering ist und vice versa.

    2.2 Das Ohmsche Gesetz

    Es wurde schon erwähnt, daß die Dauer des Ladungsausgleiches zwischen Quelle undSenke vom verwendeten Material des Leiters abhängig ist. In Metallen (gute Leiter) sinddie Elektronen der äußersten Schale praktisch ungebunden. Somit stehen pro Atom zu-mindest ein freies Elektron für den Ladungsausgleich zur Verfügung. Für Metalle ergibtsich eine untere Schranke von etwa 1023 Ladungsträger pro cm3. Diese ungebundenenLadungsträger führen bei Temperaturen größer als 0 Kelvin ungeordnete Bewegungenaus (vgl. Brownsche Moelkularbewegung). Nach außen erscheint der Leiter elektrischneutral.

    E

    Abbildung 2.4: Bewegung der Ladungsträger im Metall,links ohne elektrisches Feld, rechts mit elektrischem Feld.

    Durch Anlegen einer Spannung U an den Leiter wird nun ein elektrisches Feld er-zeugt und die Elektronen werden entsprechend der auf sie wirkenden Kraft beschleunigt.

    26

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    Nach einiger Zeit treffen sie auf die Atomrümpfe des Gitters (=Ionen, es fehlen Elektro-nen) und werden unter Abgabe von Energie an das Gitter abgebremst, abgelenkt oderzurückgeworfen. Sie erreichen keine hohe Geschwindigkeit. Es kann jedoch eine mittlereDriftgeschwindigkeit festgestellt werden, die proportional zur elektrischen Feldstärke ist.Es gilt:

    ~v = −µe ~E. (2.8)

    Die Proportionalitätskonstante µe [m2

    V s] wird als Beweglichkeit der Elektronen be-

    nannt. Mit der Einführung einer spezifischen Leitfähigkeit γ, definiert durch

    γ = −µeρe = −µe(n(−e)), (2.9)

    wobei n die Anzahl der freien Elektronen pro Volumseinhei ist, folgt für die elektrischeStromdichte :

    ~J = γ ~E [γ] =[

    A

    m2m

    V=

    A

    V m=

    S

    m

    ]

    (2.10)

    Nachfolgend sind für einige wichtige elektrische Werkstoffe deren Materialdaten zu-sammengefaßt:

    Leiter γ[ Sm

    .106] ρR [Ωm.10−6] α20 [

    1K

    .10−3]Silber 62,5 0,016 3,8Kupfer 56 0,01786 3,93Gold 44 0,023 4,0

    Aluminium 35 0,02857 3,77Messing 11-14 0,09-0,7 1,5Eisen 5-10 0,2-0,15 4,5-6Kohle 0,01-0,02 100-50 -0,2 bis -0,8

    Tabelle 2.1: Materialdaten einiger Stoffe

    Entsprechend Gl. 2.10 ist durch die Vorgabe der elektrischen Feldstärke auch dieRichtung des elektrischen Stromes bestimmt. Die Gesamtheit der Stromdichtevektoren~J eines betrachteten Gebietes bezeichnet man als elektrisches Strömungsfeld. Auchhier gibt es die Unterscheidung zwischen homogenen und inhomogenen Strömungsfel-dern.

    27

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    A

    l

    S t r o m I

    Abbildung 2.5: Der Ohmsche Widerstand

    Zur Beschreibung der Auswirkung des Fließens elektrischen Stromes in Stoffen wirdnun der Begriff des elektrischen Widerstandes eingeführt. Das in Abb. 2.5 darge-stellte zylindrische Metallstück sei an dessen Enden mit den Klemmen einer Gleichspan-nungsquelle verbunden:

    Der Querschnitt A dieses metallischen Zylinders bleibt über die gesamte Länge lunverändert. Aufgrund der angelegten Spannung U stellt sich eine konstante elektrischeFeldstärke ~E entlang des metallischen Leiters ein. Für die Spannung gilt:

    U =∫

    l

    ~E · d~s = | ~E| l . (2.11)

    Infolge des homogenen Leiters ist die Stromdichte überall gleich groß. Daraus resul-tiert die Stromstärke I zu:

    I = γ | ~E|A. (2.12)

    Nach Substitution der elektrischen Feldstärke mit Hilfe von Gl. 2.11 erhält man:

    U =l

    γ AI (2.13)

    Diese Beziehung wird als das Ohmsche Gesetz bezeichnet. Es beschreibt den Zu-sammenhang zwischen der an einem Leiter angelegten Spannung U und dem, infolgedieser Spannung fließenden Strom I. Für den Bruch in Gleichung 2.13 wird der Begriffdes elektrischen Widerstandes mit dem Formelzeichen R eingeführt:

    R =l

    γ A

    [

    mA

    V mm2

    =V

    A

    ]

    ... (Ohm, Ω), (2.14)

    28

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    und Gleichung 2.13 kann vereinfacht dargestellt werden:

    U = R I. (2.15)

    Die elektrische Stromstärke I in einem metallischen Leiter ist proportionalder angelegten elektrischen Spannung U .

    Sehr häufig wird anstelle der elektrischen Leitfähigkeit γ dessen reziproker Wert,der sogenannte spezifische Widerstand ρR verwendet. Die Zahlenwerte für ρR einigerwichtiger Stoffe sind bereits in Tabelle 2.1 aufgelistet. Für Gleichung 2.14 kann daherauch

    R =l

    γ A= ρR

    l

    A(2.16)

    geschrieben werden. Desgleichen verwendet man häufig den als elektrischen Leit-wert G bezeichneten reziproken Widerstand R−1.

    I =1

    RU = G U ; [G] =

    [

    1

    Ω= S

    ]

    ... (Siemens, S). (2.17)

    Im allgemeinsten Fall ist ein elektrischer Leiter nicht so regelmäßig wie im falle einesZylinders. Es gilt hier

    R =U

    I=

    ∫ ~E · d~s∫ ∫ ~J · d ~A

    =1

    γ

    ∫ ~E · d~s∫ ∫ ~E · d ~A

    . (2.18)

    2.2.1 Bauformen Ohmscher Widerstände

    Je nach Anwendungsgebiet gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Bauformen OhmscherWiderstände. Kriterien dafür sind die thermische Belastbarkeit, Genauigkeit, Langzeit-stabilität, das parasitäre Verhalten, usw. In den nachfolgenden Abbildungen sind unter-schiedliche Bauformen dargestellt.

    Keramikkörper

    Kappe Widerstandsschicht ( Wendel )

    Anschlußdraht

    Mehrfach - Lackschicht

    Kappe

    Anschlußdraht

    Mehrfach - Lackschicht

    Widerstandswicklung

    a) Schichtwiderstand b) Drahtwiderstand

    29

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    Keramikrohr

    Widerstandsmaterial

    Lot Anschluß -

    draht

    Keramikträger Lötanschluß

    Leiter Widerstandsschicht

    Schutzabdeckung

    c) Massewiderstand d) Dünnschichtwiderstand

    Ebene Schichtwiderstände werden auch in Dickschichtschaltungen (a) sowie in inte-grierten Schaltkreisen (b) ausgeführt.

    Mittels eines veränderbaren Abgriffes an einem Widerstand lassen sich sogenanntenPotentiometer oder Spannungsteiler verwirklichen. Bei Drahtwiderständen ermöglichtein beweglicher Schleifkontakt den Abgriff an unterschiedlichen Stellen. Auch in Schicht-technologie werden Potentiometer ausgeführt.

    2.2.2 Das Strömungsfeld eines Halbkugelerders

    Zur Illustration wird nachfolgend das Strömungsfeld eines halbkugelförmigen Erdersberechnet. Der Radius einer sehr gut leitenden metallischen Halbkugel sei RE groß. DerErder ist in Erdreich mit der überall gleichen elektrischen Leitfähigkeit γE eingebettet.

    Für realistische Erderberechnungen kann vorausgesetzt werden, daß die Leitfähigkeitdes Halbkugelerders wesentlich höher ist als die Leitfähigkeit γE des Erdreichs. Damitentspricht die Erderoberfläche einer Äquipotentialfläche. Die Oberfläche der Halbkugelbeträgt A = 2πR2E. Es ergibt sich eine resultierende Stromdichte von

    ~J = I2πR2

    E

    ~er

    und daraus eine elektrische Feldstärke von

    30

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    S t r o m I

    R E

    = 0

    E

    Abbildung 2.6: Halbkugelerder

    ~E = I2πR2

    EγE

    ~er.

    Die Spannung U folgt aus dem Integral

    U =∫

    REEr dr =

    I2πγE

    REdrR2

    E

    = I2πγERE

    .

    Der Erdungswiderstand RErd entspricht dem Gesamtwiderstand gegen r∞ und wirdzu

    RErd =UI= 1

    2πγRE.

    Abbildung 2.7: Elektrische Feldverteilung und Strömungsfeld, γE = 30Sm

    .

    31

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    2.3 Die Temperaturabhängigkeit des elektrischen

    Widerstandes

    Der lineare zusammenhang zwischen Strom und Spannung gilt nur dann, wenn der Ohm-sche Widerstand R sich nicht ändert. Nur dann ist gewährleistet, daß eine Erhöhung derSpannung am Widerstand auch eine proportionale Erhöhung des Stromes zur Folge hat.Diese Konstanz von R ist nicht über den gesamten Temperaturbereich gegeben.

    S p e z i f i s c h e r W i d e r s t a n d R ( T )

    0

    2

    4

    6

    8

    1 0

    1 2

    1 4

    0 1 0 0 2 0 0 3 0 0 4 0 0 5 0 0 6 0 0 7 0 0 8 0 0

    2 9 3 K

    0

    T e m p e r a t u r i n

    R ( T )

    Abbildung 2.8: Temperaturabhängigkeit des spezifischen Widerstandes ρR.

    In Abb. 2.8 ist die Abhängigkeit des spezifischen Widerstande von Kupfer von derabsoluten Temperatur T [K] grafisch dargestellt. 0K entsprechen -273,15◦ C. In weitenTeilen nimmt der spezifische Widerstand ρR etwa linear mit der Temperatur zu. Im Be-reich der Raumtemperatur T0=20

    ◦ C = 293 K hat folgende lineare Näherung Gültigkeit:

    ρR(T ) = ρR0 [1 + α20(T − T0)] [Ωm]. (2.19)

    Darin ist ρR0 der spezifische Widerstand bei Raumtemperatur T0. Der Tempera-turkoeffizient α20 ist eine Materialkenngröße. Für einige Stoffe ist dieser Wert in Tab.2.1 aufgelistet. Dieser Temperaturkoeffizient kann auch negatives Vorzeichen besitzen,d.h. der spezifische elektrische Widerstand wird mit steigender Temperatur kleiner. Beisehr vielen Anwendungen will man über einen weiten Temperaturbereich eine Konstanzdes elektrischen Widerstandes erreichen. Dies kann durch Zusammenschalten von Wi-derständen mit entsprechenden Temperaturkoeffizienten erreicht werden.

    Sind sehr große Temperaturbereiche zu betrachten, so ist die lineare Näherung nichtmehr genau genug. Es muß eine quadratische Näherung herangezogen werden. Die be-ziehung wird in 2.20 angedeutet, ohne aber auf den darin verwendeten Temperaturkoef-

    32

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    fizienten β näher einzugehen.

    ρR(T ) = ρR0 [1 + α20(T − T0) + β (T − T0)2]. (2.20)

    Es gibt Stoffe, die ihren spezifischen elektrischen Widerstand bei sehr tiefen Tem-peraturen (nur einige Kelvin) plötzlich verlieren und bis zum absoluten Nullpunkt aufNull bleiben. Derertige Materialien werden als Supraleiter bezeichnet.

    2.4 Analogie zwischen elektrostatischem Feld und

    Strömungsfeld

    Die Gegenüberstellung der Gleichungen des elektrostatischen Feldes mit denen des elek-trischen Strömungsfeldes läßt folgende Analogien erkennen:

    Elektrostatisches Feld Strömungsfeld

    ~D = ǫ ~E ~J = γ ~E

    Ψ =∫

    Γ

    ~D · d~Γ I =∫

    A

    ~J · d ~A

    U =∫ 2

    1

    ~E · d~s U =∫ 2

    1

    ~E · d~s

    Q = C U I = G U

    ~E und U haben in beiden Fällen dieselbe Bedeutung. Die elektrische Stromdichte~J entspricht der elektrischen Verschiebung ~D, der elektrische Fluß Ψ der elektrischenStromstärke I, die Dielektrizitätszahl ǫ ist analog zur elektrischen Leitfähigkeit γ unddie Kapazität C entspricht dem Leitwert G.

    2.5 Die Leistung im stationären Strömungsfeld

    Zur Beschreibung der elektrischen Leistung P betrachte man ein differentielles Volums-element dV , gemäß Abb. 2.9 :

    33

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    d s

    d A

    I

    d V

    E

    Abbildung 2.9: Bestimmung der elektrischen Leistung.

    Für das differentielle Volumselement gilt:

    dV = ~A · d~s (2.21)

    In diesem differentiell kleinen Volumen ist die elektrische Feldstärke ~E und dasLängenelement d~s in gleicher Richtung. Die umgesetzte elektrische Leistung dP ergibtsich aus dem Produkt der elektrischen Spannung in diesem Volumselement mit demdurchfließenden Strom :

    dP = dU dI (2.22)

    Setzt man darin die Beziehungen

    dU = ~E · d~s

    und

    dI = ~J · d ~A

    34

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    ein, so folgt:

    dP = dU dI = ~E · d~s ~J · d ~A = ~E · ~JdV. (2.23)

    Das skalare Vektorprodukt aus den beiden Vektoren ~E und ~J bezeichnet man dabeials Leistungsdichte p.

    p =dP

    dV= ~E · ~J. (2.24)

    Damit wird die in einem Gesamtvolumen Ω umgesetzte elektrische Leistung zu

    P =∫

    ~E · ~J dV = U I [V A = W ] ... Watt. (2.25)

    2.6 Beispiele

    1. Freileitung aus Kupfer

    Eine Freileitung aus Kupfer habe folgende Spezifikationen: Länge l = 5 km, Durch-messer d = 4 mm, Leitfähigkeit γ = 56 · 106 S

    m. Wie groß ist der Ohmsche Wider-

    stand?

    RCu =l

    γ A=

    5 · 103

    56 · 106 (4·10−3)2 π4

    = 7.105Ω

    2. Freileitung aus Stahlseil

    Dieselbe Freileitung soll durch ein Stahlseil ersetzt werden (γSt = 5 · 106 S

    m). Wel-

    cher Querschnitt ist notwendig, um einen gleich hohen Ohmschen Widerstand zuerreichen?

    RSt =l

    γSt A=⇒ A =

    l

    γSt RSt=

    =5 · 103

    5 · 106 7.105= 140.746 · 10−6 m2

    A =d2 π

    4=⇒ d =

    4A

    π= 13.38mm2.

    Dies entspricht dem 3.345-fachen Durchmesser des Kupferdrahtes!

    35

  • 2 Gleichförmig bewegte Ladungen

    3. Leistung

    Durch die Freileitung fließt ein Strom von I=20 A. Wie groß ist a) die dazu benötig-te Spannung und b) Wie hoch ist die auftretende Verlustleistung?

    a) U = I R = 20 · 7.105 = 142, 1Vb) P = U I = 20 · 142.1 = 2.842kW !!

    4. Widerstandserhöhung infolge eines Temperaturanstieges

    Die Wicklung eines Motors habe bei Raumtemperatur (=̂20◦C) eine Widerstandvon R20 = 500Ω. α20 beträgt 0.0038

    1C. Wie groß wird dieser bei T = 62◦C ?

    R = ρ(T )l

    A= R20[1 + α20∆T ] = 579.8Ω =⇒ ∆R = 79.8Ω

    36

  • 3 Gleichstromschaltungen

    3.1 Der einfache elektrische Stromkreis

    Der einfache elektrische Stromkreis besteht zumindest aus einer Spannungs- bzw. Strom-quelle, einem Verbraucherwiderstand und den leitenden, widerstandsbehafteten Verbin-dungen zur Quelle.

    I

    U G U R V

    R L 1

    R L 2

    Abbildung 3.1: Einfacher elektrischer Stromkreis.

    Die von der Gleichspannungsquelle erzeugte Spannung an den Klemmen wird durchden Spannungszählpfeil UG dargestellt. Die Zuleitungswiderstände RL1 und RL2 bedeu-ten für den elektrischen Strom einen Widerstand. An den Klemmen des VerbrauchersRV wird daher nur eine um den Spannungsabfall auf den Leitungen kleinere Spannung Uauftreten. Das rechteckige Schaltsymbol stellt den elektrischen Widerstand RV des Ver-brauchers dar. In ebensolcher Darstellung können die Leitungswiderstände RL1 und RL2im sogenannten Widerstandsersatzschaltbild, häufig nur als Ersatzschaltbild bezeichnet,dargestellt werden. Die dabei auftretenden elektrischen Spannungsabfälle werden wie-derum durch Spannungszählpfeile dargestellt.

    Im Ersatztschaltbild muß folgende Regelung eingehalten werden. Der Strom I fließtvon der positiven Klemme der Spannungsquelle zur negativen. Ist die Richtung des

    37

  • 3 Gleichstromschaltungen

    I

    U G U R V

    R L 1

    R L 2

    U R L 1

    U R L 2

    1 2

    34

    Abbildung 3.2: Ersatzschaltbild des einfachen Stromkreises.

    Stromes I festgelegt, so sind die Zählpfeile der Spannungsabfälle über den OhmschenWiderständen in derselben Richtung wie die des elektrischen Stromes I zu wählen. ImWiderstandsersatzschaltbild Abbildung 3.2 sind die, auf die Leiterlänge verteilten Zu-leitungswiderstände durch diskrete Widerstände RL1 und RL2 ersetzt. Damit gilt imWiderstandsersatzschaltbild, daß alle darin eingezeichneten Leitungen ideal, das heißtunendlich gut leitend sind. Entsprechend dem Ohmschen Gesetz errechnen sich die ein-zelnen Spannungsabfälle zu:

    URL1 = I RL1 URL2 = I RL2 U = I R. (3.1)

    3.2 Zweipole

    Im Ersatzschaltbild in Abbildung 3.2 werden nur Elemente mit zwei Anschlüssen ver-wendet. Derartige Schaltelemente bezeichnet man als Zweipole. Durch das Strom-Spannungsverhalten an den Klemmen wird der Zweipol in seinem elektrischen Verhalteneindeutig beschrieben.

    Am linken Zweipol in Abbildung 3.3 werden die tatsächlichen Strom- und Span-nungsverhältnisse an den Klemmen eines Erzeugers (Quelle) dargestellt. Strom- undSpannungszählpfeil sind entgegengesetzt gerichtet. Diese Richtungszuordnung wird alsErzeugerpfeilsystem, EZS bezeichnet. In strichelierter Weise ist beispielsweise eineschon beschriebene Gleichspannungsquelle eingezeichnet.

    Auf der rechten Seite in Abbildung 3.3 sind Strom- und Spannungszählpfeil in gleicherRichtung dargestellt. Ein derartiges Klemmenverhalten charakterisiert den elektrischenZweipol als Verbraucher. Diese Darstellung wird als Verbraucherzählpfeilsystem,VZS bezeichnet. Zur Beschreibung eines Ersatzschaltbildes wird in der Regel nur ein

    38

  • 3 Gleichstromschaltungen

    U

    I

    Abbildung 3.3: Verhältnisse an einem allgemeinen Zweipol.

    System verwendet. Im allgemeinen ist dies das Verbraucherzählpfeilsystem. Wird in die-sen Arbeitsunterlagen nicht das VZS verwendet, so wird extra darauf hingewiesen.

    An einem Ohmschen Verbraucher ist das Produkt aus Strom mal Span-

    nung, die elektrische Leistung oder auch Verlustleistung, stets positiv!

    Quellen werden solcher Art als aktive und Verbraucher als passive Zweipole be-zeichnet.

    3.2.1 Zusammenschaltung von Zweipolen

    Durch die Zusammenschaltung von aktiven und passiven Zweipolen kann ein elektrischbeliebig komplexes Gebilde, das sogenannte Netzwerk entstehen. Zu dessen Analysemüssen bestimmte Regeln berücksichtigt werden.

    Das erste Kirchhoffsche Gesetz

    Aus der Kenntnis der Quellenfreiheit des elektrischen Strömungsfeldes (es gibt keine

    Quellen und Senken von ~J) kann zunächst der sogenannte Knotenpunktsatz oder daserste Kirchhoffsche Gesetz hergeleitet werden. Man betrachte folgende allgemeineZusammenschaltung von Ohmschen Widerständen in Abbildung 3.4.

    Bildet man darin über eine beliebig gewählte jedoch geschlossene Oberfläche Γ dasFlächenintegral gemäß Gleichung 2.7

    Γ

    ~J · d ~A = 0, (3.2)

    so ergibt dies immer Null. Führt man weiter von allen Zu- und Abführungen zumVolumen das Integral aus, so ergeben sich nur Beiträge zum Gesamtintegral, wenn amentsprechenden Oberflächenelement d ~A eine Stromdichte ~J ungleich Null vorliegt. Durch

    39

  • 3 Gleichstromschaltungen

    I 1

    I 2

    I 4

    I 3

    2

    3

    4

    R 1

    R 2

    R 3

    R 4

    I 2 3

    I 4 3

    1 I 1 2

    I 1 4

    1

    Abbildung 3.4: Zum ersten Kirchhoffschen Gesetz.

    die unterschiedlichen Richtungen der immer nach außen gerichteten Flächennormalen(Richtung von d ~A) ergeben sich die ins Volumen fließenden Sröme mit negativen, dieaus dem Volumen fließenden Ströme mit positiven Vorzeichen. Für das von Γ begrenzteVolumen folgt :

    −I1 + I2 + I3 + I4 = 0 bzw. I1 = I2 + I3 + I4. (3.3)

    Die Summe der in ein geschlossenes Volumen (in unserem Falle mit der Be-randung Γ) hinein- und herausfließenden Ströme ist immer gleich Null.

    Reduziert man nun dieses Volumen Γ auf das Gebiet rund um einen Knoten, z.B.den Knoten 1 mit der Oberfläche Γ1, so folgt:

    −I1 + I14 + I12 = 0 bzw. I1 = I14 + I12 (3.4)

    Dies gilt für alle beliebigen Volumen in einem Netzwerk, also auch für jeden einzelnenPunkt einer Stromverzweigung (Knoten). Somit gilt für eine beliebigie Anzahl von zu-und abfließenden Strömen in einem Knoten in einem allgemeinen Netzwerk (Abbildung3.5:

    Die Summe aller zu- und abfließenden Ströme in einem Knoten eines

    elektrischen Netzwerks ist immer Null

    Σni=1Ii = 0. (3.5)

    Diese Beziehung wird als das erste Kirchhoffsche Gesetz bezeichnet. Oftmalswird dafür auch der Begriff Knotenregel verwendet.

    40

  • 3 Gleichstromschaltungen

    I 1 I 2I 3

    I 4

    I 5I 6

    I n

    Abbildung 3.5: Knoten im Netzwerk mit n Strömen.

    Das zweite Kirchhoffsche Gesetz

    Mit dem zweiten Kirchhoffschen Gesetz werden die Spannungsverhältnisse in einemNetzwerk mit beliebig vielen Quellen und Verbrauchern beschrieben. Folgender Aus-schnitt aus einem Netzwerk soll zur Beschreibung herangezogen werden:

    R 1 R 2

    R 5 R 3

    R 4

    U R 1 U R 2U R 3U R 5

    U q 1U q 3U q 2 U R 4

    M a s c h e

    1

    Abbildung 3.6: Zum zweiten Kirchhoffschen Gesetz.

    Der Netzwerkausschnitt enthält drei Gleichspannungsquellen mit den Klemmenspan-nungen Uq1, Uq2 und Uq3. Entsprechend der Konvention, daß Klemmenspannung undKlemmenstrom bei Quellen entgegengerichtet sind, ist durch die Vorgabe der Zählpfeilefür die Klemmenspannungen auch die Stromrichtung in diesen Zweigen festgelegt. DieVerbindung von einem Knoten zu einem benachbarten wird dabei als Zweig bezeich-net. Die Richtungen der Spannungsabfälle UR1 bis UR5 über den Widerständen R1 bisR5 sind durch die Richtungen der Ströme in den einzelnen Zweigen vorgegeben (Ver-

    41

  • 3 Gleichstromschaltungen

    braucher, passive Zweipole). Mit den solcherart gefundenen Teilspannungen kann eineSpannungsbilanz entlang einer geschlossenen Schleife (Masche) gezogen werden.

    Durchläuft man eine Masche, so stellt man fest, daß in den einzelnen Knoten unter-schiedliche Potentiale vorherrschen. Man kann den Umlauf der Masche in einem beliebi-gen Knoten beginnen. Ebenso ist der Umlaufsinn wählbar. Durchläuft man eine Mascheund beginnt beispielsweise im Knoten 1 mit dem Potential φ1, so stellt man fest, daß diePotentiale in den einzelnen Knoten der Masche unterschiedliche Werte aufweisen. Been-det man die Masche jedoch wieder im Ausgangsknoten 1, so muß dort wieder dasselbePotential φ1 erreicht werden. Das bedeutet, durch einen geschlossenen Maschenumlaufist die gesamte, durchschrittene Potentialdifferenz Null.

    Zunächst weist man allen Elementen im Ersatzschaltbild, d.h. sowohl an den aktivenals auch an den passiven Zweipolen die Spannungszählpfeile zu. Anschließend summiertman alle Teilspannungen entlang der gewählten Masche. Dabei werden die Teilspannun-gen, deren Richtungen dem Maschenumlaufsinn gleichen, positiv, alle anderen negativ,gezählt. Diese Summe muß Null ergeben. Für unsere Masche in Abbildung 3.6 folgtdaher:

    −UR1 − UR2 − UR3 + Uq1 − UR4 + Uq2 − Uq3 + UR5 = 0. (3.6)

    Nach dem Umformen von Gleichung 3.6, indem man die Spannungen aller aktivenElemente auf einer Seite läßt, folgt:

    −UR1 − UR2 − UR3 − UR4 + UR5 = −Uq1 − Uq2 + Uq3. (3.7)

    Aus Gl. 3.7 erkennt man, daß die vorzeichenrichtige Summe aller Spannungsquellender Summe aller Spannungen an den passiven Zweipolen entspricht. Für eine allgemeineMasche mit m Spannungsabfällen URm an passiven Zweipolen und n QuellenspannungenUqn gilt :

    Σnj=1Uqj − Σmi=1URi = 0 bzw. Σ

    nj=1Uqj = Σ

    mi=1URi. (3.8)

    In Worten gefaßt, besagt die Kirchhoffsche Maschenregel bzw. das zweiteKirchhoffsche Gesetz:

    Die Summe aller Spannungen bei einem vollständigen Maschenumlauf er-

    gibt immer Null!

    Serienschaltung von Ohmschen Widerständen

    Die Serien- oder Reihenschaltung von Ohmschen Widerständen wird am nachfol-gendem Beispiel diskutiert. In Abbildung 3.7, links sind drei Widerstände in Reihe ge-schaltet. Diese werden von einer Gleichspannungsquelle mit einer Klemmenspannung Ugespeist.

    42

  • 3 Gleichstromschaltungen

    U

    U R 1 U R 2 U R 3

    I

    U

    I

    U R g e s

    R 1 R 2 R 3

    R g e s

    1

    2 2

    1

    Abbildung 3.7: Serienschaltung Ohmscher Widerstände.

    Die grundlegende Eigenschaft bei einer Serienschaltung von Widerständen bestehtdarin, daß alle Widerstände vom gleichen Strom I durchflossen werden. Bei Kenntnisder Widerstandswerte können die Spannungsabfälle an den Widerständen mittels desOhmschen Gesetzes angegeben werden. An den Klemmen 1 und 2 Liegt eine SpannungU und ein Strom I fließt in die Serienschaltung.

    Dieses elektrische Verhalten an den Klemmen kann nun auch durch einen, an Stelleder Serienschaltung eingebrachten Ersatzzweipol mit dem Ersatzwiderstand Rges nach-gebildet werden (Abbildung 3.7, rechts). Bildet man in der Reihenschaltung 3.7, linksden Maschenumlauf, so folgt dafür:

    UR1 + UR2 + UR3 = U bzw. IR1 + IR2 + IR3 = U. (3.9)

    Für den Ersatzzweipol rechts gilt naturgemäß:

    URges = U bzw. IRges = U. (3.10)

    Soll das Klemmenverhalten beider Schaltungen gleich sein, so müssen sich der StromI und die Spannung U an den Klemmen gleichen. Die Gleichsetzung der Spannung Uaus den Gleichungen 3.9 und 3.10 ergibt:

    IR1 + IR2 + IR3 = IRges, (3.11)

    und die Division durch den Strom I führt zum Ersatzwiderstand der Reihenschaltung:

    R1 +R2 +R3 = Rges. (3.12)

    Der Gesamtwiderstand einer Reihenschaltung errechnet sich aus der Sum-

    me aller Einzelwiderstände.

    43

  • 3 Gleichstromschaltungen

    Allgemein gilt für die Serienschaltung von n Ohmschen Widerständen:

    Rges = Σni=1Rn. (3.13)

    Durch die Reihenschaltung von Ohmschen Widerständen kann folglich eine Erhöhungdes Gesamtwiderstandes erreicht werden.

    Parallelschaltung von Ohmschen Widerständen

    In ähnlicher Weise wie bei der Behandlung der Serienschaltung kann hier für die Par-allelschaltung von Widerständen ein Ersatzzweipol mit elektrisch gleichem Klemmen-verhalten gefunden werden. Abbildung 3.8, links zeigt drei parallel geschaltete OhmscheWiderstände. Diese Schaltung wird wieder von einer Spannungsquelle mit der Klemmen-spannung U gespeist. In die Parallelschaltung fließt der Strom I.

    U

    I

    U

    I

    U R g e sR 1 R 2 R 3 R g e s

    I 1 I 2 I 3

    K n o t e n1 1

    2 2

    Abbildung 3.8: Parallelschaltung Ohmscher Widerstände.

    Alle parallel geschalteten Widerstände liegen an derselben Spannung U . Je nachGröße der einzelnen Widerstände wird nun über diese ein, dem Ohmschen Gesetz ent-sprechender Strom fließen. Gemäß der Knotenregel (erstes Kirchhoffsches Gesetz) mußdie Summe aller Ströme an einem Knoten Null ergeben. Für diesen Fall gilt daher:

    I = I1 + I2 + I3 bzw.I =U

    R1+

    U

    R2+

    U

    R3. (3.14)

    Für den Ersatzzweipol mit dem Ersatzwiderstand Rges gilt an den Klemmen:

    I =U

    Rges. (3.15)

    Klemmenstrom- und Spannung müssen wieder gleich sein. Das Gleichsetzen des Stro-mes I ergibt:

    U

    R1+

    U

    R2+

    U

    R3=

    U

    Rges, (3.16)

    44

  • 3 Gleichstromschaltungen

    und die Division durch U führt zu:

    1

    R1+

    1

    R2+

    1

    R3=

    1

    Rges. (3.17)

    Für eine Parallelschaltung mit m Ohmschen Widerständen gilt allgemein:

    1

    Rges= Σmi=1

    1

    Ri. (3.18)

    Bei der Parallelschaltung addieren sich die Leitwerte aller Einzelwiderstände

    zum Kehrwert des Gesamtwiderstandes

    In Leitwerten geschrieben lautet Gleichung 3.18

    Gges = Σmi=1Gi. (3.19)

    Führt man dies beispielsweise für zwei Widerstände mit R1 = 2Ω und R2 = 4Ω aus,so folgt :

    Rges =R1R2

    R1 +R2=8

    6=4

    3Ω.

    Der Ersatzwiderstand Rges einer Parallelschaltung ist kleiner als der kleinste Einzel-widerstand! Durch eine Parallelschaltung wird immer eine Verminderung des Gesamt-widerstandes erreicht.

    3.2.2 Zusammenschaltung von Quellen mit Verbrauchern

    Im Ersatzschaltbild eines einfachen elektrischen Stromkreises (3.2) wurde eine Gleich-spannungsquelle mit der Klemmenspannung UG mit einer Serienschaltung von drei Wi-derständen verbunden. Das Verhalten der Quellen ist im allgemeinen nicht unabhängigvon den an den Klemmen zugeschalteten Netzwerken. Die Eigenschaften von Spannungs-und Stromquellen bei unterschiedlicher Belastung werden nachfolgend erläutert.

    Allgemeine Eigenschaften von Quellen

    Die möglichen Belastungen von Quellen liegen zwischen zwei Grenzfällen. In Abbildung3.9 sind dafür die entsprechenden aktiven Zweipole und deren Beschaltung dargestellt.

    45

  • 3 Gleichstromschaltungen

    U = U L

    I = 0

    Q u e l l e Q u e l l e I = I K

    U = 0

    Abbildung 3.9: Leerlauf und Kurzschluß einer Quelle.

    Die Quelle auf der linken Seite ist unbelastet, d.h. es ist kein Widerstand (gleich-bedeutend mit R = ∞ zugeschaltet. Diesen Belastungszustand nennt man Leerlauf.An den Klemmen herrscht die Leerlaufspannung U = UL, der Strom muß I = IL = 0sein. Auf der rechten Seite in Abbildung 3.9 ist der zweite Extremfall einer Belastungdargestellt. An den Klemmen der Quelle wird ein unendlich gut leitender Widerstand,d.h. R = 0 zugeschaltet. Diese Belastung wird als Kurzschluß bezeichnet. Es fließtder Kurzschlußstrom I = IK . Bedingt durch den Ohmschen Widerstand R = 0 anden Klemmen kann kein Spannungsabfall entstehen, sodaß im Kurzschlußfall für dieKlemmenspannung U = UK = 0 gelten muß. Nachdem zu beobachten ist, daß im Kurz-schlußfalle der Kurzschlußstrom, obwohl R = 0 gilt, nicht unendlich hoch wird, muß einegenauere Beschreibung der Quellen gefunden werden.

    Die belastete Spannungsquelle

    Eine ideale Spannungsquelle soll, unabhängig von der angeschlossenen Last, immer ei-ne konstante Klemmenspannung U liefern. Dies widerspricht den Erfahrungstatsachen.Vielmehr ist feststellbar, daß ein erhöhter Stromfluß einen nicht unbedeutenden Span-nungsrückgang an den Klemmen der Quelle zur Folge hat. Im Inneren einer Gleich-spannungsquelle (z.B. Akkumulator, Batterie) befinden sich widerstandsbehaftete Lei-tungen, wie Wicklungsdrähte, Elektrolyte, ...). In Summe wird daher, abhängig von derStromstärke I auch im Inneren der Quelle ein Spannungsabfall auftreten, sodaß an denKlemmen der Quelle eine um diesen Spannungsabfall verringerte Spannung U herrschenwird. Im Ersatzschaltbild einer realen Spannungsquelle kann man dies durch einen inReihe geschalteten Innenwiderstand Ri berücksichtigen (Abbildung 3.10):

    Über den Lastwiderstand RL fließt der Strom IL. Am Innenwiderstand Ri der Quellefällt der Spannungsfall Ui ab. Entsprechend der Maschenregel ergibt sich die Klemmen-

    46

  • 3 Gleichstromschaltungen

    U q

    U i R i

    I L

    R LU

    Abbildung 3.10: Elektrische Verhältnisse an einer realen Spannungsquelle bei allgemei-ner Belastung.

    spannung U aus:

    Uq = Ui + U bzw. Uq = IL(Ri +RL). (3.20)

    Der dabei fließende Strom wird durch die beiden Widerstände Ri und RL begrenzt:

    IL =Uq

    Ri +RL. (3.21)

    Mit dieser Beziehung folgt aus Gleichung 3.20 für die Klemmenspannung

    U = ILRL =Uq

    Ri +RLRL =

    RLRi +RL

    Uq = Uq − ILRi. (3.22)

    Der Innenwiderstand einer Spannungsquelle soll möglichst klein, im Ideal-

    fall Null sein, um die Konstanz der Klemmenspannung bei unterschiedlichen

    Belastungen zu gewährleisten!

    Diskutiert man die Beziehung U = Uq − ILRi, so erkennt man, daß für den StromIL = 0 die Klemmenspannung U gleich der Quellenspannung Uq, gleichbedeutend mitder Leerlaufspannung UL, den größten Wert annimmt. Bei Kurzschluß hingegen wirdder Kurzschlußstrom IK nur durch den inneren Widerstand Ri der Quelle begrenzt.Dieses Quellenverhalten kann in einem Spannungs-Stromdiagramm dargestellt werden(Abbildung 3.11):

    47

  • 3 Gleichstromschaltungen

    U

    I

    U q = U L

    U = U q - I L R i

    I K0

    0

    U 1

    I L 1

    U 2

    I L 2

    Abbildung 3.11: Belastungskennlinie einer realen Spannungsquelle bei allgemeiner Be-lastung.

    Durch zwei Belastungen mit unterschiedlichen Widerständen RL1 und RL2 könnendie Klemmenspannungen UL1 und UL2 mit den Strömen IL1 und IL2 gemessen werden.Daraus kann man den Innenwiderstand der Spannungsquelle durch

    Ri =U1 − U2IL1 − IL2

    (3.23)

    ermitteln.

    Die belastete Stromquelle

    Bei der Spannungsquelle war gefordert, daß an deren Klemmen eine von der Belastungunabhängige, konstante Spannung vorherrscht. In ähnlicher Weise kann man auch for-dern, daß eine Quelle einen konstanten Strom liefern soll. Ein aktiver Zweipol, der einengleichbleibenden Strom in ein Netzwerk einspeist, nennt man Stromquelle. Auch indiesem Fall wird eine, von der Belastung beeinflußte Verkleinerung des Stromes ausder Stromquelle feststellbar sein. Das Verhalten kann mit Hilfe des in Abbildung 3.12dargestellten Ersatzschaltbildes beschrieben werden:

    Die Stromquelle liefert einen Quellenstrom Iq. Parallel zu dieser wird ein innererLeitwert Gi =

    1

    Rigeschaltet. Entsprechend der Größe des Lastwiderstandes RL bzw.

    dessen Leitwertes GL wird nun eine Spannung U an den Klemmen vorherrschen, da ja

    U = ILRL = IL1

    GL(3.24)

    48

  • 3 Gleichstromschaltungen

    G L

    I q I L

    I q G i U

    I i

    Abbildung 3.12: Elektrische Verhältnisse an einer realen Stromquelle bei allgemeinerBelastung.

    gilt. Diese Spannung bestimmt auch den über den inneren Leitwert Gi fließendenStrom Ii :

    Ii = U Gi. (3.25)

    Um diesen Wert Ii ist nun der Strom IL an den Klemmen geringer als der Quellen-strom Iq, da ja am Knoten im Inneren der Quelle die Knotenregel gilt:

    Iq = Ii + IL = (Gi +GL)U. (3.26)

    Mit der Beziehung für die Klemmenspannung aus Gleichung 3.26

    U =Iq

    Gi +GL(3.27)

    errechnet sich der Strom an den Klemmen zu

    IL = GLU =GL

    Gi +GLIq = Iq −GiU. (3.28)

    Je höher der Innenwiderstand Ri bzw. je niedriger dessen Leitwert Gi einer Strom-quelle ist, umso geringer ist die Abhängigkeit des Klemmenstromes von der Belastung.Bei einer idealen Stromquelle ist der innere Widerstand unendlich groß. Dies wird imSchaltsymbol der Stromquelle durch die Unterbrechung des Kreises dargestellt.

    Das allgemeine Verhalten einer Stromquelle bei unterschiedlichen Belastungen läßtsich wieder durch ein Kennline, in diesem Fall durch die Strom- Spannungskennliniedarstellen (Abbildung 3.13).

    49

  • 3 Gleichstromschaltungen

    U

    I

    0

    0

    U 1

    I L 1

    U 2

    I L 2

    U L

    I q = I K

    I L = I q - G i U

    Abbildung 3.13: Belatsungskennlinie einer realen Stromquelle bei allgemeiner Bela-stung.

    Auch in diesem Fall kann durch zwei unterschiedlichen Belastungen der Innenwider-stand, im jetzigen Falle der innere Leitwert Gi durch

    Gi =1

    Ri=

    IL1 − IL2U2 − U1

    (3.29)

    ermittelt werden.

    3.2.3 Leistungsanpassung

    In den vorherigen Abschnitten wurde dargestellt, daß reale Quellen unterschiedlichenBelastungen ausgesetzt werden können. Es ist nun sinnvoll, für eine gegebene Quelle,das heißt, mit vorgegebener Quellenspannung Uq und gegebenem inneren WiderstandRi eine optimale Belastung zu finden. Das Ziel dabei ist, daß die Quelle dem Verbrau-cher (der Last) bei möglichst geringen Verlusten eine maximale Leistung abgeben kann.Verluste werden dabei sowohl in der Quelle, bedingt durch Ri und in den Zuleitungen ent-stehen. Bei der Herleitung des optimalen Belastungspunktes müssen diese Widerständeunbedingt mitberücksichtigt werden.

    In Abbildung 3.14 sind die Zählpfeile bei einem allgemeinen VerbraucherwiderstandRv dargestellt. Die von der Quelle gelieferte Leistung wird darin mit Pq bezeichnet. Sieerrechnet sich zu :

    Pq =U2q

    Ri +Rv. (3.30)

    50

  • 3 Gleichstromschaltungen

    P q

    R i

    U a

    U i

    U q

    I

    R v P v

    Abbildung 3.14: Reale Spannungsquelle mit Verbraucher.

    Der durch alle Widerstände begrenzte Strom I entspricht der Beziehung:

    I =Uq

    Ri +Rv. (3.31)

    Daraus folgt die Leistung Pv am Verbraucher:

    Pv = I2Rv =

    U2q(Ri +Rv)2

    Rv. (3.32)

    Im Verbraucherwiderstand Rv ist auch der Widerstandsanteil der Zuleitungen mit-berücksichtigt. Die Leistung am Verbraucher (Pv = f(Rv)) ist somit in zweiter Ordnungvom Lastwiderstand Rv abhängig.

    Für Rv = 0, dem Kurzschlußfall ist die Verlustleistung Pv = 0. Ebenso ist die Lei-stung im Leerlauf, das heißt, bei Rv = ∞ gleich Null. Zwischen zwei Nullstellen einerFunktion muß immer ein Extremalwert bestehen. Aus der Differentiation der Verlustlei-stung Pv (Gleichung 3.32) nach dem Verlustwiderstand Rv und anschließendem Nullset-zen erhält man den optimalen Wert für Rv :

    ∂Pv∂Rv

    = U2q

    [

    1

    (Ri +Rv)2+

    −2Rv(Ri +Rv)3

    ]

    = U2qRi +Rv − 2Rv(Ri +Rv)3

    = U2qRi − Rv(Ri +Rv)3

    = 0. (3.33)

    Somit ergibt sich der optimale Belastungswiderstand der Quelle zu

    Ri = Rv. (3.34)

    Dieser Belastungszustand wird als Leistungsanpassung bezeichnet. Bei Widerstands-gleichheit zwischen Quellen-Innenwiderstand und Lastwiderstand, d.h. Ri =

    51

  • 3 Gleichstromschaltungen

    Rv, läßt sich an einem Verbraucher die maximale Leistungsausbeute erzielen!Mit diesen Widerstandswerten errechnet sich die maximale Leistung an Rv zu:

    Pv max =U2q4Ri

    =U2q4Rv

    . (3.35)

    Für diese Leistung am Verbraucher muß die Quellenleistung

    Pq =U2q2Ri

    =U2q2Rv

    (3.36)

    betragen. Definiert man noch den sogenannten Wirkungsgrad η als das Verhältnisder Leistung am Verbraucher zur Leistung der Quelle

    η =PvPq

    =Rv

    Ri +Rv, (3.37)

    so erhält man einen maximal möglichen Wirkungsgrad von

    ηmax =Pv max

    Pq= 0, 5. (3.38)

    Der Verlauf des Wirkungsgrades, abhängig vom Verhältnis der Widerstände RvRi

    ist inAbbildung 3.15 dargestellt.

    0

    0 , 1

    0 , 2

    0 , 3

    0 , 4

    0 , 5

    0 , 6

    0 , 7

    0 , 8

    0 , 9

    1

    0 0 , 5 1 1 , 5 2 2 , 5 3 3 , 5 4 4 , 5 5 5 , 5 6 6 , 5 7 7 , 5 8

    R v / R i

    Wirkungsgrad

    A n p a s s u n g

    Abbildung 3.15: Abhängigkeit des Wirkungsgrades η vom WiderstandsverhältnisRvzuRi.

    52

  • 3 Gleichstromschaltungen

    3.3 Beispiele

    1. Serienschaltung, Spannungsteilung

    geg: U, R1, R2; ges :U1U2=?

    U = I (R1 +R2) U1 = I R1

    I =U1R1

    U1 + U2 =U1R1

    (R1 +R2)

    U1U1 + U2

    =R1

    R1 +R2

    U2 = I R2 I =U2R2

    ⇓U2

    U1 + U2=

    R2R1 +R2

    U1U2

    =R1R2

    U

    U 1

    U 2

    I

    R 1

    R 2

    2. Parallelschaltung, Stromteilung

    geg: R1, R2, R3 U ; ges : I1, I23,II1

    Rges = R1 ‖ (R2 +R3) =R1(R2 +R3)

    R1 +R2 +R3

    I =U

    RgesR23 = R2 +R3

    I = I1 + I23 I1 R1 = I23 R23

    I1 = I23R23R1

    I = I23R23R1

    + I23 = I23

    (

    R1 +R23R1

    )

    I23I

    =R1

    R1 +R23

    R 1

    R 2

    R 3

    I I 23

    I 1 U 2

    U 2

    R 1 R 23

    I 1

    I 23 I

    U

    U

    53

  • 3 Gleichstromschaltungen

    3. Parallelschaltung mit Vorwiderstand

    geg: R0, R1, R2, R3 U0, U1; ges : I1, I23,II1

    Rges = R0 +R1 ‖ (R2 +R3)

    = R0 +R1(R2 +R3)

    R1 +R2 +R3Alles gleich, wie im vorange−

    gangenen Beispiel, wenn

    =⇒ U1 = U gesetzt wird.

    R 1

    R 2

    R 3

    I I 23

    I 1 U 2

    U 2

    U 0

    R 0

    U 1

    4. Stromteilung mit Nebenwiderstand (Shunt)

    Wie sollen R1 und R2 gewählt werden, damit I2nur 5 Prozent des Stromes I = 1000A beträgt?

    I2I

    =R1

    R1 +R2= 0.05

    20R1 = R1 +R2

    19R1 = R2 =⇒R1R2

    =1

    19

    zB : R1 = 1Ω, R2 = 19Ω

    P1 = I2

    1R1 = 950

    2 R1 = 902.5kW

    P2 = I2

    2R2 = 50

    2 R2 = 47.5kW

    zB : R1 = 1mΩ, R2 = 19mΩ

    P1 = I2

    1R1 = 902.5W

    P2 = I2

    2R2 = 47.5W

    Meßbereichserweiterung für Strommessungen.

    R 1 R 2

    I

    I 1 I 2

    54

  • 4 Ungleichförmig bewegte Ladungen

    4.1 Allgemeines

    Elektrische Ladungen können beschleunigt und abgebremst werden. In einem späterenKapitel wird erläutert, wie diese ungleichförmigen Bewegungen zustande kommen. Imallgemeinen werden in der Elektrotechnik zeitlich periodische Vorgänge auftreten. Zurmathematischen Beschreibung müssen hierzu einige Eigenschaften und Kenngrößen de-finiert und beschrieben werden. Das Zeitverhalten elektrischer Größen bei Ein- und Aus-schaltvorgängen, den sogenannten transienten Vorgängen , wird hier nicht berück-sichtigt. Alle Betrachtungen erfolgen hier für stationäre Vorgänge.

    4.2 Periodische Wechselgrößen

    Elektrische Größen, welche nach gleichbleibenden Zeitintervallen immer wieder in Größeund Richtung gleich sind, nennt man in der Zeit periodisch. In Abbildung 4.1 ist einderartiger qualitativer Verlauf am Beispiel einer elektrischen Spannung dargestellt.

    P e r i o d i s c h e G r ö ß e n

    - 1

    - 0 , 8

    - 0 , 6

    - 0 , 4

    - 0 , 2

    0

    0 , 2

    0 , 4

    0 , 6

    0 , 8

    1

    - 1 , 5 7 - 0 , 7 9 0 , 0 0 0 , 7 9 1 , 5 7 2 , 3 6 3 , 1 4 3 , 9 3 4 , 7 1 5 , 5 0 6 , 2 8 7 , 0 7 7 , 8 5 8 , 6 4 9 , 4 2 1 0 , 2 1 1 1 , 0 0 1 1 , 7 8 1 2 , 5 7 1 3 , 3 5

    t

    u = f ( t )

    P e r i o d e n d a u e r T

    t 1 t 1 + T

    u = f ( t )

    Abbildung 4.1: Zeitlicher Verlauf einer periodischen Spannung.

    Der Abstand zwischen zwei Punkten gleichen Zustandes im Zeitdiagramm u = f(t)

    55

  • 4 Ungleichförmig bewegte Ladungen

    nennt man Periode oder Periodendauer T. Für ein periodisches Verhalten einer Zeit-funktion f(t) muß immer

    f(t) = f(t+ nT ) (4.1)

    gelten. n ist darin eine beliebige ganze Zahl größer als Null. Bei periodischen Funktio-nen unterscheidet man reine Wechselgrößen und Mischgrößen. Bei reinen Wechselgrößenist je Periode T die Fläche zwischen Funktion und Zeitachse unter der Zeitachse immergleich der Fläche zwischen Funktion und Zeitachse oberhalb der Zeitachse (z.B. die Funk-tion in Abbildung 4.1). Bei Mischgrößen ist der Wechselgröße immer ein Gleichanteil,positiv oder negativ, überlagert (Abbildung 4.2).

    0

    0 , 2

    0 , 4

    0 , 6

    0 , 8

    1

    1 , 2

    1 , 4

    1 , 6

    1 , 8

    2

    0 2 4 6 8 1 0 1 2

    G l e i c h a n t e i l , ü b e r l a g e r t

    f ( t )

    Abbildung 4.2: Periodische Zeitfunktion mit Gleichanteil, Mischgröße

    4.3 Kennwerte sinusförmiger Größen

    In der Praxis treten häufig reine sinusförmige Wechselgrößen auf. Diese können mathe-matisch sehr einfach beschrieben werden. Reine sinusförmige Größen bezeichnet man alszeitharmonische Funktionen. Man betrachte folgendes Zeitverhalten rein sinusförmi-ger Wechselgrößen.

    Für die Funktionen u1(t) und u2(t) gilt allgemein:

    u1(t) = û1 sin [(ωt) + ϕ1] (4.2)

    u2(t) = û2 sin [(ωt) + ϕ2] (4.3)

    56

  • 4 Ungleichförmig bewegte Ladungen

    - 1 , 5

    - 1

    - 0 , 5

    0

    0 , 5

    1

    1 , 5

    - 2 0 2 4 6 8 1 0 1 2 1 4

    u 1 = f ( t ) u 2 = f ( t )

    1

    2

    û 1

    t

    t = 2

    Abbildung 4.3: Reine sinusförmige Wechselgrößen.

    Die Sinusfunktionen wiederholen sich nach Ablauf eines Winkels von 360◦ = 2π.Daraus ergibt sich die Periodendauer T:

    T =2π

    ω(4.4)

    ω wird darin als Kreisfrequenz bezeichnet. Der reziproke Wert der Periodendauerwird als Frequenz f bezeichnet.

    f =1

    T=

    ω

    [1

    s= Hz

    ]

    ... Hertz. (4.5)

    Die Winkel ϕ1 und ϕ2 werden als Nullphasenwinkel bezeichnet. Der Nullphasenwinkelgibt die Verschiebung, das heißt, um wieviel Grad eine allgemeine Sinusfunktion zur Zeitt = 0 früher oder später gegenüber der reinen Sinusfunktion f(t) = sin(ωt) durch Nullgeht, an.

    In Abbildung 4.3 ist im Falle der Zeitfunktion u1(t) ist der Nullphasenwinkel positivund entsprechend dazu der Nullphasenwinkel von u2(t) negativ. Man sagt, die Spannungu1(t) eilt der Spannung u2(t) vor. Aus der Differenz der beiden Nullphasenwinkel ergibtsich die Phasenverschiebung oder der Phasenwinkel zwischen den beiden Spannun-gen zu

    ϕ = ϕ1 − ϕ2. (4.6)

    Eine weiter Kenngröße aus den Gleichungen 4.2 und 4.3 sind die mit einem Dächchengekennzeichneten Maximalwerte der Funktionen u1(t) und u2(t).

    57

  • 4 Ungleichförmig bewegte Ladungen

    Man bezeichnet diese Maximalwerte oder Amplituden û1 und û2 auch als Scheitel-werte der Zeitfunktionen.

    Durch die Angabe von Scheitelwert, Frequenz und Nullphasenwinkel ist

    eine sinusförmige Größe eindeutig beschrieben!

    Zur Beschreibung der Wirkungen periodischer Wechselgrößen ist es zweckmäßiger,mit Begriffen zu arbeiten, welche von der Kurvenform unabhängig sind. Zu deren Fest-legung geht man von den Wirkungen des elektrischen Stromes aus.

    4.3.1 Der lineare Mittelwert

    Wir wissen, daß die elektrische Stromstärke I aus der Änderung der Ladungen proZeiteinheit gegeben ist (I = dQ

    dt, Gleichung 2.2). Die über eine Zeitspanne transportierte

    Ladungsmenge Q errechnet sich zu

    Q =∫ t

    0i(τ)dτ. (4.7)

    Will man einen Gleichstrom der Stärke I für diesen Ladungstransport mit einemWechselstrom i(t) vergleichen, so muß man über die Preiodendauer T integrieren. Manerhält den linearen Mittelwert i :

    i =1

    T

    ∫ T

    0idt. (4.8)

    Für reine Wechselgrößen ergibt die Integration immer Null, da die Flächen unter derpsoitiven und über der negativen Halbschwingung jeweils gleich groß ist. Die Ladung Qwird in der einen Halbperiode in die eine Richtung, in der zweiten Halbperiode in dieandere Richtung bewegt. Es kommt daher zu keinem resultierenden Ladungstransport.Für Mischströme ist der lineare Mittelwert von Null verscheiden und entspricht demüberlagerten Gleichanteil.

    4.3.2 Der Gleichrichtwert

    Mittels Halbleiterbauelementen, z.B. Dioden, kann man eine sogenannte Gleichrich-tung einer Wechselgröße erzielen. hernach werden die beiden Halbschwingungen