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Professor Dr. Meinrad Dreher, LL.M. Examinatorium Bereicherungsrecht K K A A R R T T E E I I K K A A R R T T E E N N S S A A T T Z Z Z Z U U M M B B E E R R E E I I C C H H E E R R U U N N G G S S R R E E C C H H T T § § § § 8 8 1 1 2 2 8 8 2 2 2 2 B B G G B B Bearbeiter: Michael Kling 3. Bearbeitung Stand: 10. Mai 2006

Karteikarten Bereicherungsrecht DIN A 5 - jura.uni … · Rückgabe der Mietsache sind Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht ausgeschlossen (BGH, NJW-RR 2000, 382;

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Professor Dr. Meinrad Dreher, LL.M. Examinatorium Bereicherungsrecht

KKAARRTTEEIIKKAARRTTEENNSSAATTZZ ZZUUMM

BBEERREEIICCHHEERRUUNNGGSSRREECCHHTT

§§§§ 881122 –– 882222 BBGGBB

Bearbeiter: Michael Kling

3. Bearbeitung

Stand:10. Mai 2006

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Vorbemerkung:

Der Karteikartensatz zum Bereicherungsrecht ergänzt das induktiv aufgebaute Examinatorium von Prof. Dreherdurch eine Zusammenfassung des abstrakten Wissenstoffs in komprimierter Form. Er basiert auf Karteikarten, dieich in der Zeit meiner eigenen Examensvorbereitung 1997 / 1998 angefertigt habe. Als Vorlage dienten mir vorallem die Aufsatzreihe von Dieter Giesen in der Jura 1995, das Lehrbuch zum Bürgerlichen Recht von DieterMedicus und die darin aufbereitete Rechtsprechung sowie sonstige, aktuellere Judikate zum Bereicherungsrecht(1995 – 2003), die ich für die Überarbeitung zusätzlich herangezogen und verarbeitet habe. Alle wichtigen Thematades Bereicherungsrechts werden darin angesprochen.

Der Zweck dieser Karteikarten liegt darin, den Teilnehmern des Examinatoriums die schnelle Repetition desStandardwissens zum Bereicherungsrecht zu ermöglichen, um an dem fallorientierten Examenskurs mit größeremGewinn aktiv teilnehmen zu können. Die Übung am Fall ist für das erfolgreiche Bestehen des Ersten Staatsexamensunentbehrlich. Daher bitte ich alle Teilnehmer des Examinatoriums darum, im eigenen Interesse sich nicht auf dasAuswendiglernen dieser Karteikarten zu beschränken, sondern in einem zweiten Schritt auch praktisch zu arbeiten,d.h. die Fallösung selbst zu üben. Des weiteren weise ich darauf hin, daß nach den Erkenntnissen der modernenLernpsychologie erst nach insgesamt siebenmaliger Wiederholung eine dauerhafte Speicherung des Erlerntengelingen soll. Häufiges Wiederholen des Examensstoffes ist daher das Gebot schlechthin! Ich wünsche euch allenviel Erfolg im Examen.

Mainz, 20. Juli 2003

Michael Kling

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DDaass TTeellooss ddeess BBeerreeiicchheerruunnggssrreecchhttss,, ddiiee vveerrsscchhiieeddeenneenn KKaarrtteeiikkaarrttee 11//11KKoonnddiikkttiioonnssaarrtteenn uunndd ddaass VVeerrhhäällttnniiss ddeerr §§§§ 881122 ffff.. BBGGBB zzuuaannddeerreenn VVoorrsscchhrriifftteenn

A. Das Telos des Bereicherungsrechts der §§ 812 – 822 BGB

I. Das Telos (der Regelungszweck) des Bereicherungsrechts liegt in dem Ausgleichrechtswirksamer Vermögensverschiebungen, denen der rechtfertigende Grund fehlt, d.h.rechtsgrundlos erworbene Vermögensvorteile werden mittels des Bereicherungsrechtszurückgewährt bzw. abgeschöpft. Dieses schützt damit den Bestand der Innehabung rechtlichzugeordneter Güter.

II. Im Unterschied zum Schadensrecht findet nach §§ 812 ff. BGB lediglich eine Abschöpfungtatsächlich noch vorhandener Bereicherungen statt, nicht aber ein Eingriff in dasStammvermögen des Schuldners.

III. Der Unterschied zum Rücktrittsrecht besteht darin, daß bei diesem ein rechtswirksamesSchuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wird, während durch die§§ 812 ff. BGB ein neues gesetzliches Schuldverhältnis begründet wird, weil das ursprüngliche

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(vertragliche) Schuldverhältnis nicht rechtswirksam bestanden hat oder nachträglich weggefallenist.

Nach der herrschenden Trennungslehre ist zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktionenzu unterscheiden (a.A. die früher vertretene Einheitslehre):

B. Fünf Leistungskondiktionen

I. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB condictio indebiti / Leistung ohne Rechtsgrund

II. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB condictio ob causam finitam / späterer Wegfall desRechtsgrundes

III. § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB condictio ob rem = condictio causa data causa nonsecuta / fehlender Eintritt des mit der Leistungbezweckten Erfolges

IV. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB Leistung auf eine einredebehaftete Forderung

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KKaarrtteeiikkaarrttee 11//22

V. § 817 S. 1 BGB condictio ob turpem vel iniustam causam / Annahmeder Leistung verstößt gegen ein gesetzliches Verbotoder gegen die guten Sitten

C. Fünf Nichtleistungskondiktionen

I. § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB allgemeine Nichtleistungskondiktion, Eingriffs-,Verwendungs- und Rückgriffskondiktion

II. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB Verfügung eines Nichtberechtigten (Sonderfall derEingriffskondiktion)

III. § 816 Abs. 1 S. 2 BGB Durchgriffskondiktion bei entgeltlicher Verfügung

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IV. § 816 Abs. 2 BGB wirksame Leistungsbewirkung an einenNichtberechtigten

V. § 822 BGB Durchgriffskondiktion bei unentgeltlicherZuwendung

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KKaarrtteeiikkaarrttee 11//33

D. Das Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen des BGB

I. Das Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB ist unanwendbar, soweit besondere gesetzlicheRückabwicklungsvorschriften eingreifen. Dies gilt beispielsweise für das Rücktrittsrecht der§§ 346 ff. BGB und für die §§ 357 ff. BGB (§§ 361a ff. BGB a.F.).

II. Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff. BGB ist gegenüber den §§ 812 ff.BGB vorrangig und schließt diese aus. Die Rechtsprechung wendet gelegentlich die Vorschriftenüber die GoA auch auf nichtige Vertragsverhältnisse an, während die Literatur diesbezüglich die§§ 812 ff. BGB als speziellere Rückabwicklungsvorschriften qualifiziert und eine Anwendungder §§ 677 ff. BGB ablehnt.

III. Die Regelungen über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in den §§ 987 – 1003 BGBschließen die Anwendung der §§ 812 ff. BGB aus (eine Ausnahme macht die Rechtsprechunglediglich für § 988 BGB, den sie auf den rechtsgrundlosen Erwerb analog anwendet; a.A. dieLiteratur). Neben dem EBV anwendbar sind aber § 816 Abs. 1 S. 1 BGB in Bezug auf den

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Veräußerungserlös der Sache, § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB hinsichtlich des Verbrauchs einerSache sowie die §§ 951, 812 BGB bei den Folgen des gesetzlichen Eigentumserwerbs nach§§ 946 ff. BGB.

IV. Die Vorschriften über den Zugewinnausgleich, §§ 1372 ff. BGB, sind gegenüber den §§ 812ff. BGB vorrangig.

V. Neben dem Entschädigungsanspruch des Vermieters aus § 546a BGB wegen verspäteterRückgabe der Mietsache sind Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nichtausgeschlossen (BGH, NJW-RR 2000, 382; Palandt/Weidenkaff, 62. Aufl. 2003, § 546a RN 19).

VI. Für die Abwicklung fehlerhafter Gesellschaften (MüKo/Ulmer, 3. Aufl. 1997, § 705 RN 243ff.) und fehlerhafter Arbeitsverhältnisse (BAG AP § 611 – Faktisches Arbeitsverhältnis; BGHZ41, 282, 288 f; BGHZ 53, 152, 158 f.; abl. MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 818 RN 36) geltenanerkanntermaßen Sonderregeln, die einen Rückgriff auf die allgemeinen Regeln in den §§ 812ff. BGB ausschließen. Für die Anwendung der §§ 812 ff. BGB bleibt nur dort Raum, wo diespezielleren, von der Rechtsprechung entwickelten Sonderregeln nicht greifen.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB KKaarrtteeiikkaarrttee 22//11

PPrrüüffuunnggssmmuusstteerr ffüürr ddiiee LLeeiissttuunnggsskkoonnddiikkttiioonn ((ccoonnddiiccttiioo iinnddeebbiittii))

A. Voraussetzungen

I. Der Kondiktionsschuldner hat etwas erlangt,

II. durch eine Leistung des Kondiktionsgläubigers

III. ohne rechtlichen Grund.

B. Einzelheiten

I. Etwas erlangt

Etwas erlangt = jeder Vermögensvorteil, d.h. jede Verbesserung der Vermögenslage desBereicherten

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1. alle dinglichen und persönlichen Rechte wie das Eigentum, das Pfandrecht, dasAnwartschaftsrecht, eine Forderung (z.B. das Forderungsrecht gegen die Bank nachGutschrift einer Überweisung), das Mitgliedschaftsrecht und die Befreiung von einerVerbindlichkeit (durch Leistung eines Dritten nach § 267 oder Verzicht);

2. sonstige vorteilhafte Rechtspositionen wie der Besitz im Falle der fehlgeschlagenenÜbereignung, die unrichtige Grundbucheintragung (Erlangung der Buchposition) undsonstige Rechtsscheinspositionen (z.B. die Erlangung eines unrichtigen Erbscheins, diedem Scheinerben nach § 2366 BGB die Möglichkeit eröffnet, wirksam über den Nachlaßzu verfügen);

3. die Erlangung eines abstrakten Schuldanerkenntnisses gemäß § 812 Abs. 2 BGB (dazuBGH, NJW 2000, 1260 m.w.N.);

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KKaarrtteeiikkaarrttee 22//22

4. die Erlangung nichtgegenständlicher Leistungen wie Gebrauchs- und Nutzungsvorteile –Flugreisefall BGHZ 55, 128. Berechnung streitig: Nach der Rechtsprechung des BGHentscheidet der Wert der ersparten Aufwendungen, nach der Literatur der objektive Wertder Nutzung. Richtigerweise wird die Ersparnis von Aufwendungen erst i.R.d. § 818 Abs.3 BGB bei der Frage der Entreicherung relevant; das Erlangte ist die objektivevermögenswerte Position, nämlich die Beförderung von Hamburg nach New York; § 818Abs. 3 BGB ist für die Frage der Entstehung einer Bereicherung irrelevant.

II. Durch Leistung

Leistung ist jede bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens (so die h.M.,z.B. BGHZ 40, 272, 277; 58, 184, 188; nach a.A.: Leistung ist jede zweckgerichteteZuwendung). Erforderlich sind auf Seiten des Zuwendenden und Kondiktionsgläubigers:

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1. das Bewußtsein, fremdes Vermögen zu mehren

Im Flugreisefall des BGH war das Vorhandenseins dieses Bewußtseins bei der Lufthansa wegender Umgehung der Einlaßkontrollen durch M fraglich („blinder Passagier“); allerdings ist dieAbgrenzung zwischen Leistungskondiktion (LK) und Nichtleistungskondiktion (NLK) inZweipersonenverhältnissen nicht von entscheidender Bedeutung (im Flugreisefall läßt sich eineLK mit der Argumentation bejahen, der M habe die Beförderung von Hamburg nach New Yorkvon der Lufthansa „geboten“ bekommen; für Eingriffskondiktion Gursky, 20 Probleme zumBGB Bereicherungsrecht, S. 242).

Zur Frage der verschärften Haftung des Minderjährigen und dem Problem, ob die Kenntnis des Minderjährigen oderdiejenige der Erziehungsberechtigten entscheidend ist, siehe Karteikarte 37/6.

2. die Zweckgerichtetheit der Vermögensmehrung

a) Die Zweckgerichtetheit ist in aller Regel gegeben, wenn die Vermögensmehrung bewußterfolgt ist.

b) Sie ist problematisch in Drei- und Mehrpersonenverhältnissen.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 22//33

III. Ohne rechtlichen Grund (Rechtsgrund)

An dem rechtlichen Grund fehlt es i.R. der Leistungskondiktion, wenn der Zweck der Leistung,nämlich die Erfüllung der Verbindlichkeit, nicht erreicht wird (h.M., sog. subjektiverRechtsgrundbegriff, Einzelheiten bei MüKo/Lieb, § 812 RN 136 ff.).

Genauer: Wegen der unwirksamen Kausalbeziehung fehlt es bezüglich des auf seineKondiktionsfestigkeit zu überprüfenden derzeitigen Habens des Empfängers an einem dieKondiktion ausschließenden Behaltensgrund (MüKo/Lieb, § 812 RN 139 m.w.N.; Hadding, FSKroeschell, 1997, S. 293, 297/300/303 ff.).

Dabei kommen folgende Konstellationen in Betracht:

1. Das zugrundeliegende Schuldverhältnis war nichtig oder es bestand nicht in vollemLeistungsumfang, z.B.

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a) rechtlich nachteiliges Geschäft eines Minderjährigen ohne Zustimmung desgesetzlichen Vertreters bei zumindest teilweise vollzogenem Leistungsaustausch;

b) Anfechtung einer Willenserklärung und damit Vernichtung der Vertrages, § 142Abs. 1 BGB;

c) Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB;

d) irrtümliche Zuvielzahlung.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 22//44

2. Es besteht zwar ein wirksames Schuldverhältnis, aber die Leistung kann nicht zurErfüllung führen,

a) fraglich bei der Lieferung eines aliud oder einer minderwertigen Gattungssachesowie – nach der Schuldrechtsreform (§§ 433 Abs. 1 S. 2, 434 Abs. 3 BGB!) unddem damit vollzogenen Übergang von der Gewährleistungs- zur Erfüllungstheorie– auch bei der Lieferung einer mangelhaften Speziessache. Ablehnend BGH,NJW 1997, 1914: Ein Käufer, dem eine andere als die geschuldete Sache(Falschlieferung, aliud) geliefert wird, kann den Kaufpreis nicht nach § 812 Abs.1 S. 1 BGB zurückverlangen, weil die Falschlieferung die Wirksamkeit desKaufvertrages nicht berührt, so daß ein Rechtsgrund für dieVermögensverschiebung besteht. Der Käufer könne nicht dieKaufpreisrückzahlung, sondern nur die vollständige Erfüllung des Kaufvertragesseitens des Verkäufers fordern oder gem. § 326 BGB vorgehen [nach derSchuldrechtsreform: Nacherfüllung gem. §§ 434 Abs. 3, § 437 Nr. 1, 439 BGBsowie Rücktritt und Minderung gemäß § 437 Nr. 2 usw. BGB bzw.Schadensersatz gem. § 437 Nr. 3 usw. BGB];

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b) in den Fällen des § 813 Abs. 1 S. 1 BGB (die Leistung auf eine bestehendeForderung hätte wegen einer dauerhaften Einrede verweigert werden können; diesgilt nicht für den Fall der Verjährung).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 22//55

3. Zur Darlegungs- und Beweislast des Bereicherungsgläubigers im Zivilprozeß – BGH,NJW 2003, 1039 = WM 2003, 640 = MDR 2003, 257

„Grundsätzlich muß derjenige, der einen Anspruch auf Herausgabe einer rechtsgrundloserbrachten Leistung geltend macht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB), die einzelnenTatbestandsmerkmale, und damit auch das Fehlen eines Rechtsgrundes, darlegen und imBestreitensfalle beweisen (BGHZ 128, 167, 171; BGH, Urt. v. 9. Juni 1992, VI ZR 215/91,BGHR BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Beweislast 3 m.w.N.). Dem Bereicherungsgläubiger obliegtdamit hinsichtlich der Rechtsgrundlosigkeit seiner Leistung der Beweis einer negativenTatsache. Einen solchen Beweis kann er nicht direkt, sondern nur indirekt führen, indem ernämlich die Umstände widerlegt, die für eine causa sprechen (vgl. Baumgärtel/Strieder,Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 812 Rdn. 11). Daher läßt es dieRechtsprechung des Bundesgerichtshofes im allgemeinen genügen, daß derBereicherungsgläubiger die von dem Leistungsempfänger, auch hilfsweise, behauptetenRechtsgründe ausräumt. Er muß darüber hinaus nicht alle theoretisch denkbarenBehaltensgründe ausschließen (BGH, Urt. v. 20. Mai 1996, II ZR 301/95, NJW-RR 1996, 1211;Senat, Urt. v. 29. September 1989, V ZR 326/87, NJW 1990, 392, 393; vgl. auch Baumgärtel/Strieder aaO; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 812 Rdn. 106).“

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a) Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Bereicherungsanspruchs hat BGH, NJW-RR1996, 1211 entschieden, daß das Nichtvorhandensein einer causa (eines Rechtsgrundes) alsNegativum nur indirekt bewiesen werden könne. Dafür genüge es, daß derjenige, der einenAnspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend mache, die vom Empfänger behauptetenRechtsgründe ausräume. Er müsse darüber hinaus nicht alle theoretisch denkbarenRechtsverhältnisse ausschließen.

b) Ähnlich formuliert BGH, NJW-RR 1995, 916, daß der Bereicherungsgläubiger im Falle derLeistung auf eine behauptete Nichtschuld zwar nicht alle erdenklichen Rechtsgründe ausräumenmüsse, ihm jedoch der Beweis dafür obliege, daß der vom Schuldner geltend gemachteRechtsgrund nicht besteht.

c) BGH, NJW 2003, 1039 stellt fest, daß derjenige, der einen Anspruch auf Herausgabe einerrechtsgrundlos erbrachten Leistung geltend mache, seiner Darlegungs- und Beweispflichtgenüge, wenn er die vom Schuldner behaupteten und die sonst nach den Umständen in Betrachtkommenden Rechtsgründe ausräume. Das Risiko, daß „abstrakt-theoretisch“ ein Rechtsgrundgegeben sein könnte, der zu dem zu beurteilenden Prozeßstoff keinen Bezug aufweise, trage erselbst dann nicht, wenn der Schuldner als Gesamtrechtsnachfolger des Leistungsempfängers überdie Umstände der Leistung keine unmittelbaren Kenntnisse besitze.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 22//66

C. Kein Anspruchsausschluß

I. § 814 BGB – positive Kenntnis der Nichtschuld

II. § 817 S. 2 BGB – allgemeiner Rechtsgedanke

Die Vorschrift ist auch auf § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB anwendbar; analoge Anwendung (+),wenn nur einem der beiden Vertragspartner („Teile“) ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot(§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) vorzuwerfen ist; hierfür ist Vorsatz oderLeichtfertigkeit erforderlich.

III. Nicht anwendbar: § 815 BGB

Die Vorschrift gilt nur für § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 2/6)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB KKaarrtteeiikkaarrttee 33//11

ZZwweecckkrriicchhttuunngg,, WWeerrttuunnggsskkrriitteerriieenn uussww..

A. Die Zweckrichtung der Vermögensmehrung

Nicht jede bewußte Vermögenszuwendung stellt eine Leistung an den Zuwendungsempfängerdar, denn die Zuwendung kann eine Leistung an einen Dritten sein (Dreipersonenverhältnis). DieBestimmung der Zweckrichtung der Leistung erfordert eine Bezugnahme auf einRechtsgrundverhältnis. Die ständige Rechtsprechung des BGH dazu lautet: DerBereicherungsausgleich vollzieht sich immer in dem Verhältnis zwischen dem Leistenden unddem Leistungsempfänger im Rechtssinne, es kommt daher nicht darauf an, wer an wen in reintatsächlicher Hinsicht „geleistet“ hat (BGHZ 48, 70, 73). Ob eine Leistung vorliegt, bestimmtsich aus der Perspektive des Zuwendungsempfängers (Lehre vom Empfängerhorizont, vgl.BGHZ 36, 30; 40, 272; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 687; Larenz/Canaris, SchuldR II/21994, § 70 III 3 c, S. 220).

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B. Die Wertungskriterien von Canaris (1. Festschrift für Larenz, S. 799 – 865; WM1980, 355 – 371)

I. Einwendungserhalt

Jeder Partei eines fehlgeschlagenen Kausalverhältnisses müssen ihre jeweiligen Einwendungengegen den anderen Teil erhalten bleiben.

II. Schutz vor Einwendungen Dritter

Keine Partei darf mit Einwendungen belastet werden, die aus dem Verhältnis zwischen demanderen Teil und Dritten herrühren.

III. Gerechte Verteilung des Insolvenzrisikos

Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit einer Partei soll nur ihr Vertragspartner zu tragen haben undnicht ein Dritter, der mangels Auswahl keine Risikoeinschätzung vornehmen konnte.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 33//22

Anmerkung:

In der Regel führen beide Lösungsansätze – der begriffliche Ansatz der Rechtsprechung und dieWertungskriterien von Canaris – zu demselben Ergebnis. Der BGH hat in der EntscheidungNJW 1983, 1578 (1579) den Wertungsgesichtspunkten den Vorrang vor der bloßen Anwendungdes Leistungsbegriffs eingeräumt (Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und derRisikoverteilung), weil ihm – zu Recht – die Ableitung aus dem Leistungsbegriff allein nichtimmer überzeugend erscheint.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 3/2)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– LLeeiissttuunnggsskkeettttee ((FFaallllbbeeiissppiieell)) KKaarrtteeiikkaarrttee 44

(Giesen, Jura 1995, 169, 173)

§ 433 Abs. 1 BGB § 433 Abs. 1 BGB

A x B C§ 929 S. 1 BGB § 929 S. 1 BGB

1. 2. 3.

LK-Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

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Fallösung (Kurzsubsumtion) – A gegen B aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

I. Hat B etwas erlangt durch eine Leistung des A?

1. B hat Eigentum (nach § 929 S. 1 BGB) und Besitz (§ 854 Abs. 1 BGB) andem veräußerten Gegenstand erlangt.

2. Durch Leistung des A? (+), Übereignung aufgrund des vermeintlichwirksamen Kaufvertrags

3. Aber: Jetzt ist C Eigentümer und Besitzer der Sache.4. § 818 Abs. 1 BGB (Surrogat) ist nicht anwendbar; B muß daher nicht

seinen Kaufpreisanspruch gegen C an A abtreten. Begründung: § 818 Abs.1 BGB bezieht sich nicht auf die sogenannten rechtsgeschäftlichenSurrogate des Erlangten.

II. Gemäß § 818 Abs. 2 BGB richtet sich der Anspruch des A gegen B nur aufWertersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlangten.

Merke: Leistungskondiktionsansprüche kommen innerhalb sogenannter Leistungskettenausschließlich zwischen den Parteien des jeweiligen Kaufvertrages in Betracht.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– DDuurrcchhlliieeffeerruunngg ((FFaallllbbeeiissppiieell)) KKaarrtteeiikkaarrttee 55//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 173)

LK-Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

§ 433 Abs. 1 BGBX

A B§ 929 S. 1 BGB

1.

Lieferung an C auf

Grund der Weisung des B C2.

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Fallösung (Kurzsubsumtion) – A gegen B aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

I. Hat B etwas (ein vermögenswertes Etwas) erlangt?

T.v.A.: B hat die Befreiung aus seiner kaufvertraglichen Pflicht aus § 433 Abs. 1BGB gegenüber C erlangt.

T.v.A.: B hat die Sache, genauer: das Eigentum an der Sache nach § 929 S. 1BGB erlangt – doppelter Geheißpersonenerwerb, in dem dieDurchlieferung nur eine Abwicklungserleichterung darstellt; ansonstenwie in der Leistungskette

II. Durch Leistung des A?

1. Durchlieferung – doppelter Geheißpersonenerwerb

Die dingliche Einigung über den Eigentumswechsel zwischen A und B sowie zwischen Bund C vollzieht sich stillschweigend beim Abschluß des Kaufvertrages zwischen den

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KKaarrtteeiikkaarrttee 55//22

jeweiligen Parteien; für die Übergabe der Sache genügt es, daß A auf Geheiß seinesVertragspartners B an C ausliefert.

2. Die Rückabwicklung erfolgt im jeweils betroffenen Vertragsverhältnis.

Folgerung: Wie in der Leistungskette hat A gegen B lediglich einen Anspruch aufWertersatz gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 818 Abs. 2 BGB. Ein Durchgriff von A aufC erfolgt nicht!

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 5/2)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– DDooppppeellmmaannggeell KKaarrtteeiikkaarrttee 66//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 173 f.)

§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB? h.M. (+) „Kondiktion der Kondiktion“

§ 433 Abs. 1 BGBX

A B§ 929 S. 1 BGB

1. X

kein Durchgriff!

C2.

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I. Doppelmangel

Es liegt ein Doppelmangel in den Leistungsverhältnissen A / B und B / C vor: kein Durchgriffvon A auf C, sondern „Kondiktion übers Dreieck“ – nur so ist jeder der Beteiligtenausschließlich den Einwendungen seines Vertragspartners ausgesetzt und der Grundsatz derSubsidiarität der Nichtleistungskondiktion gewahrt.

II. Problem: Was hat B eigentlich (von A) erlangt?

1. BGH und h.M. Literatur:

B hat den Kondiktionsanspruch gegen den Endkäufer C erlangt. DerKondiktionsanspruch des A gegen den Erstkäufer B richtet sich auf Abtretung desKondiktionsanspruches von B gegen C, sogenannte „Kondiktion der Kondiktion“, BGHZIP 1989, 1180 (1184).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 66//22

2. T.v.A.:

B hat die Kaufsache selbst erlangt (vgl. Durchlieferungsfall Meinung 2), so die Literatur(siehe Larenz/Canaris, SchuldR II/2 1994, § 70 II 2 b, S. 205; Medicus, BR, 19. Aufl.2002 RN 670, 673).

Argumentation: Bei der Durchlieferung wird der B für eine „juristische (logische)Sekunde“ Eigentümer der Kaufsache. In anderen Fällen ist er so zu behandeln, als ob erden Leistungsgegenstand selbst erlangt hätte. Im Falle der Weiterveräußerung derKaufsache ist gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. § 818 Abs. 3 BGB greiftnicht, wenn der Kondiktionsanspruch des B gegen den C wertlos ist, weil B eine bewußteVermögensdisposition getroffen und sich dem Insolvenzrisiko des C ausgesetzt hat.Aufgrund der Anwendung der §§ 404 ff. BGB muß der Bereicherungsgläubiger dieEinwendungen und das Insolvenzrisiko einer Person tragen, mit der er nicht kontrahierthat.

Nach dieser Lösung schuldet also der Leistungsempfänger von vornherein Wertersatzgemäß § 818 Abs. 2 BGB.

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III. Die bereicherungsrechtliche Lösung in den Fällen des Doppelmangels

1. Die Literatur

Die Literatur votiert in den Doppelmangel-Fällen grundsätzlich für die Lösung über die„Kondiktion der Kondiktion“ (Kondiktion übers Dreieck). Eine Direktkondiktion sei nur zubefürworten, wenn der Dritte nicht schutzwürdig ist, d.h. wenn er entweder selbst noch keineGegenleistung erbracht hat oder wenn er sonstwie unentgeltlich erworben hat (vgl. §§ 816 I 2,822 BGB; BGHZ 88, 232); ausführlich dazu Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 812 RN 63 – 65m.w.N.

2. BGHZ 48, 70

In der Entscheidung BGHZ 48, 70 erfolgte – in Abweichung zur Rechtsprechung desReichsgerichts und der früheren Rechtsprechung des BGH – hier erstmals eine Annäherung anLiteratur und deren Auffassung von der „Kondiktion der Kondiktion“. Der Leitsatz dieserEntscheidung lautet:

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KKaarrtteeiikkaarrttee 66//33

„Ein »Doppelmangel in der Bereicherungskette«, der nach der bisherigen Rechtsprechung desReichsgerichts und des Bundesgerichtshofs (Urteil IV ZR 202/53 vom 25. März 1954) einen»Durchgriff« gerechtfertigt hätte, liegt nicht vor, wenn der letzte der Bereicherungskette seinemVormann auf Grund Vertrages zur Rückgewähr der empfangenen Leistung verpflichtet ist.“

Aus den Gründen, S. 71 f.:

„1. In der Tat handelt es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Während dasReichsgericht (u. a. RGZ 86,343; JW 1932,835) und der Bundesgerichtshof (Urt. IV ZR 202/53v. 25. März 1954) den »Durchgriff« bei einem »Doppelmangel in der Bereicherungskette« bisherfür zulässig gehalten haben, sind gegen diese Auffassung in neuerer Zeit von verschiedenenSeiten Bedenken erhoben worden (z.B. von Caemmerer, JZ 1962, 385, 388 f; Esser, Schuldrecht,2. Aufl. , 48,72 § 190,4; ders., Fälle und Lösungen zum Schuldrecht, 1963, S. 131; vgl. auchStaudinger, BGB, 11. Aufl. , § 812, Rz 8c b; RGRK-BGB § 812, Anm. 50; Larenz, Schuldrecht7. Aufl. , II. Teil, § 62 II b). Beachtlich erscheint vor allem die Erwägung, daß man beiZulassung des Durchgriffs sowohl dem letzten Glied einer (dreigliedrigen) Bereicherungsketteseine Einwendungen, Aufrechnungsmöglichkeiten und Gegenrechte gegen seinen Vormann (das

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Zwischenglied der Kette), als auch diesem Zwischenmann seine Einwendungen,Aufrechnungsmöglichkeiten und Gegenrechte gegen den ersten der Bereicherungsketteabschneiden könnte. Eine solche Lage könnte nach den Behauptungen der Beklagten hier inBetracht kommen; denn der Gesellschaft sollen danach gegen L. Forderungen zustehen, mitdenen sie aufgerechnet haben soll.

Abschließend braucht diese grundsätzliche Rechtsfrage jedoch im vorliegenden Fall nichtentschieden zu werden. Denn es liegt hier kein Doppelmangel in einer Bereicherungskette vor,wie auch das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat.“

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– DDiiee AAnnwweeiissuunnggsspprroobblleemmaattiikk KKaarrtteeiikkaarrttee 77//11((GGrruunnddllaaggeenn))

I. Begriff der Anweisung

1. Anweisung an eine Bank (Hauptfall)

Der Schuldner kann sich zur Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit eines Dritten bedienen, inder Praxis ist das zumeist eine Bank. Der Begriff der Anweisung ist dabei regelmäßig nicht imSinne der § 783 BGB zu verstehen, sondern meist „untechnisch“ gemeint. In den Fällen derEinschaltung einer Bank besteht die Anweisung regelmäßig in einem Überweisungsauftrag, derAusstellung eines Schecks oder der Ermächtigung eines Dritten, eine bestimmte Geldsumme perLastschrift abzubuchen (Einziehungsermächtigung, § 185 Abs. 1 BGB analog). In diesen Fällenliegt die Anweisung an die Bank faktisch darin, daß der Kontoinhaber der Belastung seinesKontos nicht innerhalb von sechs Wochen widerspricht (stillschweigende Anweisung).

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2. Sonstige Fälle

Die nachfolgenden Grundsätze über die Behandlung von „Anweisungsfällen“ finden unteranderem auch dann Anwendung, wenn der Leistungsweg bei der Lieferung von Sachen ausKosten- und Zeitgründen verkürzt werden soll („Direktlieferung“, „Durchlieferung“). Sie geltenhingegen nicht, wenn der Versicherungsnehmer seinem Versicherer einen Versicherungsfallmeldet, weil der Versicherer den Angaben des Versicherten nicht bedingungslos folgen muß,sondern ihm eine eigene Prüfungspflicht vor der Zahlung an den Gläubiger obliegt. Dies alleswird hier noch gesondert behandelt.

II. Bestimmung der Person des Leistungserbringers

Bei Zweifeln über die Person des Leistenden ist der objektive Empfängerhorizont maßgeblich(BGHZ 40, 278; LG Bonn, NJW 1991, 1360, 1361). Dazu Giesen, Jura 1995, 234, 236:

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KKaarrtteeiikkaarrttee 77//22

„Fraglich ist nun, da Zuwendender und Zuwendungsempfänger unterschiedliche Vorstellungenüber die Person des Leistenden hatten, wessen Sichtweise [recte: Sehweise] entscheidend seinsoll. Teilweise wird die Willensrichtung des Zuwendenden für ausschlaggebend gehalten(Canaris, 1. Festschrift für Larenz, S. 799, 826 f.). Dem steht allerdings entgegen, daß es für denZuwendenden eher als für den Empfänger möglich ist, etwaige Mißverständnisse durcheindeutiges Verhalten auszuräumen. Davon abgesehen entspricht es auch der (wenigstens)rechtsgeschäftsähnlichen Natur der Zweckbestimmung, die für die Willenserklärung geltendenRegeln auf sie zu übertragen. Daher ist entscheidend, als wessen Leistung sich die Zuwendungbei objektiver Betrachtungsweise aus Sicht des Empfängers darstellt (BGH a.a.O., Wieling, JZ1977, 291, 292 ff.).“

Nach der Literatur ist dies aus den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu folgern, §§ 133, 157BGB entsprechend. Ausführlich dazu Gursky, 20 Probleme aus dem BGB Bereicherungsrecht, 4.Auflage 1997, 1. Problem, S. 1 ff.

Für die Lehre vom Empfängerhorizont tritt (inzwischen) ein Larenz/Canaris, SchuldR II/2 1994,§ 70 III 3 c, S. 220; a.A. Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 687 f., der sich gegen BGHZ 36, 30und BGHZ 40, 272 wendet.

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II. Die Grundsätze des BGH zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung imMehrpersonenverhältnis

Die Rückabwicklung erfolgt im jeweiligen Leistungsverhältnis (BGHZ 40, 278; BGHZ 56, 240):

1. Die Bank leistet (im Deckungsverhältnis) an ihren Auftraggeber, den Anweisenden.

2. Der Anweisende leistet (im Valutaverhältnis) an den Zuwendungsempfänger. EtwaigeFehler sind in demjenigen Verhältnis abzuwickeln, in dem sie auftreten. Es verbietet sichnach der Rechtsprechung jede schematische Lösung. Maßgebend sind danachZurechnungs- und Vertrauensschutzgesichtspunkte. Dabei kommt es wertungsmäßighäufig darauf an, ob der Empfänger der Leistung gutgläubig war, ob der Erwerb einentgeltlicher war und ob die Anweisung dem Anweisenden auch zurechenbar war.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 77//33

III. Die Rückabwicklung in den „Anweisungsfällen“ insbesondere

Die Abwicklung in den Anweisungsfällen ist besonders problematisch. Nach derRechtsprechung gelten die folgenden Grundsätze:

1. Die Bank leistet an ihren Auftraggeber, den Anweisenden (im Deckungsverhältnis). Siewird aufgrund des bestehenden Girovertrages (§§ 676 f n.F. BGB) tätig, um ihreVerpflichtung zur Befolgung der erteilten Weisungen (§ 665 BGB) zu erfüllen.

2. Der Anweisende leistet an den Zuwendungsempfänger (im Valutaverhältnis), wobei dieBank als Erfüllungsbote oder „Zahlstelle“ fungiert.

Etwaige Fehler sind jeweils in dem Verhältnis abzuwickeln, in dem sie auftreten, soweitZurechenbarkeits- und Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegenstehen. In diebereicherungsrechtliche Beurteilung fließen Wertungselemente ein: Ist der Empfänger derZuwendung nicht schutzwürdig, ist es interessengerecht, ihn einer Direktkondiktion desZuwendenden auszusetzen, auch wenn in diesem Verhältnis keine Leistungsbeziehung besteht.

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Soweit der Empfänger die Leistung unentgeltlich erlangt hat, ist eine solche Direktkondiktionausnahmsweise zulässig, denn aus §§ 816 Abs. 1 S. 2, 822 BGB ergibt sich, daß derjenige, dereine Leistung unentgeltlich erhält, bereicherungsrechtlich betrachtet als nicht schutzwürdigangesehen wird (BGHZ 88, 232; Flume, NJW 1984, 464; Gottwald, JuS 1984, 841).

3. Keine Leistung des Anweisenden durch die Zahlung seiner Bank an den Dritten (denZuwendungsempfänger) liegt vor, wenn

a) die Anweisung von vornherein fehlt (BGH, WM 1990, 1280; NJW 1994, 2357);

b) wenn der Anweisende geschäftsunfähig ist (BGH, NJW 1989, 1281);

c) wenn der Empfänger das Fehlen der Anweisung kennt;

d) wenn der Empfänger die Zuwendung unentgeltlich erlangt hat;

e) bei zwei- und mehrfacher Überweisung, wenn der Empfänger von dem Versehenüberzeugt sein mußte (BGH, NJW 1987, 185: Überweisung des zehnfachenBetrages)

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KKaarrtteeiikkaarrttee 77//44

f) bei Zahlung aufgrund eines gefälschten Überweisungsantrags (Unterfall derfehlenden Anweisung – Bankkunde hat Zahlung nicht veranlaßt, so daß die Bankdas Fälschungsrisiko trägt; BGH, WM 1990, 1280; NJW 1984, 2357;Soergel/Mühl, 12. Aufl. 1988, § 812 RN 73; Staudinger/Lorenz, 13. Bearb. 1994 /Neubearb. 1999, § 812 RN 51; MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 812 RN 45 ff., 74;Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1988, RN 436).

Folge: Der Anweisende hat keinen Anspruch aus Leistungskondiktion. Die Bank hateinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB – Direktkondiktion. DerDirektanspruch der Bank gegen den Empfänger ergibt sich daraus, daß dieZahlung dem Anweisenden nicht als Leistung zugerechnet werden kann. In dengenannten Fällen ist der Anweisende schutzwürdiger als der Empfänger derZuwendung (Wertungsgesichtspunkte!).

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4. Beachte aber BGHZ 147, 269 (zum Problem des Bereicherungsausgleichs beitäuschungsbedingtem Irrtum der den Darlehensbetrag anweisungsgemäß auf das Kontoeines Dritten überweisenden darlehensgewährenden Bank über die Abrufberechtigungdes anweisenden Darlehensnehmers) mit dem folgenden 1. Leitsatz:

„Beim Vorliegen einer wirksamen Anweisung eines Darlehensnehmers an diedarlehensgewährende Bank zur Überweisung des Darlehensbetrages auf das Konto einesDritten vollzieht sich der Bereicherungsausgleich im Sinne des § 812 BGB grundsätzlichauch dann innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses, wenn sich die Bank bei derAusführung der Anweisung über die entsprechende Berechtigung zum Abruf derKreditmittel infolge einer Täuschungshandlung des Anweisenden irrt.“

Merke:

Allen denjenigen Fällen, in denen die Bank einen Direktkondiktionsanspruch gegen denZuwendungsempfänger hat, ist gemeinsam, daß der Anweisende schutzwürdiger ist als derEmpfänger der Zuwendung. Literatur und Rechtsprechung haben sich bei der Beurteilung derAnweisungsfälle weitgehend angenähert.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 77//55

5. Wird die Anweisung widerrufen, ist die Zahlung der Bank dem Anweisenden als Leistungzuzurechnen. Er hat in diesen Fällen einen Leistungskondiktionsanspruch gegen denZuwendungsempfänger. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Empfänger der Bereicherunggutgläubig von einer wirksamen Anweisung ausging (BGHZ 61, 289; 89, 376 –Gutgläubigkeit entscheidend).

Zu den Fällen der widerrufenen Anweisung und des Widerrufs eines Schecks vgl. Medicus, BR,19. Aufl. 2002 RN 676; Loewenheim/Winkler, JuS 1982, 910, 912 f. � Die Bank kann insolchen Fällen nicht gegen den Zuwendungsempfänger im Wege der Nichtleistungskondiktion(§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB) vorgehen.

Merke: Ein Anspruch des Anweisenden gegen den Empfänger aus Leistungskondiktionkommt hauptsächlich bei einem Widerruf der Anweisung (durch denAnweisenden) in Betracht.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 7/5)

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KKaarrtteeiikkaarrttee 77//66

IV. Die Behandlung der Zahlung aufgrund eines gefälschten Überweisungsauftragsoder eines nicht unterschriebenen, gefälschten oder vom vollmachtlosen Vertreterunterzeichneten Schecks

Ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich ist in diesen Fällen mangels Zurechenbarkeit derunwirksamen Anweisungserklärung ausschließlich im Verhältnis zwischen der Bank und demZahlungsempfänger vorzunehmen. Die Zahlung ist als ein Unterfall der von Anfang anfehlenden Anweisung anzusehen. Der Bereicherungsanspruch gegen den Zahlungsempfängersteht deshalb der angewiesenen Bank zu, nicht aber deren Kunden. Dem Bankkunden kann dieZahlung nicht als eigene Leistung zugerechnet werden, weil er die Zahlung nicht veranlaßt hat.Die Bank trägt damit letztlich das Fälschungsrisiko. Sie muß sich um die Rückerlangung desBetrages beim Zuwendungsempfänger bemühen. Der Ausgleich findet im Wege derNichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB) statt (so ausdrücklich BGHZ 147, 145Gründe bei II 2 a; BGHZ 158, 1 = NJW 2004, 1315 [1316]). Der auf eine wirksame Anweisungdes Schuldners vertrauende Zuwendungsempfänger wird durch § 818 Abs. 3 BGB von denrechtlichen Folgen einer Direktkondiktion der Bank hinreichend geschützt (BGHZ 147, 145;BGHZ 152, 306).

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Dazu BGHZ 66, 362 (vom Aussteller nicht unterschriebener Scheck); BGH, WM 1990, 1280(gefälschter Überweisungsauftrag); BGHZ 111, 382 = NJW 1990, 3194 (Geschäftsunfähigkeitdes Überweisenden); BGH, WM 1994, 1420 (verfälschter Überweisungsauftrag); BGHZ 147,145 = NJW 2001, 954 (nur vom gesamtvertretungsberechtigten, d.h. vollmachtlosen Vertreterdes Kontoinhabers unterzeichneter Scheck); BGHZ 158, 1 = NJW 2004, 1315 (Scheck, der voneinem Mitarbeiter einer juristischen Person ausgestellt worden ist, dessen Kontovollmacht voneinem geschäftsunfähigen Vertreter der juristischen Person erteilt wurde und der deshalb nichtigist); BGH, NJW 2005, 3213 = WM 2005, 1564 (eine Überweisungsbank, die einenÜberweisungsauftrag verfälscht, indem sie das vom Auftraggeber angegebene Empfängerkontodurch ein anderes ersetzt, erlangt durch die Ausführung des verfälschten Auftrags einenunmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Zahlungsempfänger).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 77//77

V. Zu alledem zusammenfassend Canaris, in: Larenz/Canaris, SchuldR II/2, 1994, § 70IV 3 f, S. 232 f.:

„Sofern nach den im Vorstehenden entwickelten Regeln ein Bereicherungsanspruch der Bankgegen den Zuwendungsempfänger abzulehnen ist, hat diese die Rückgriffskondiktion gegen denAnweisenden [Leistungskondiktion]. Dies … trifft ihn aber nicht unzumutbar, da ihm derZahlungsvorgang bei dieser Fallkonstellation zurechenbar ist.

Bestand die Schuld im Valutaverhältnis, so erlischt sie, weil die Tilgungsbestimmung wirksamist – zumindest nach Rechtsscheinsregeln [§§ 170 ff. BGB]; der Anweisende ist also um dieBefreiung von seiner Verbindlichkeit bereichert und insoweit der Bank ausgleichspflichtig, sodaß es bei der Kontobelastung bleibt.

Bestand die Schuld dagegen nicht, hat die Bank gegen den Anweisenden nur die Kondiktion derKondiktion und darf also sein Konto nicht belasten. Dieses Ergebnis ist nicht unbillig. In denWiderrufsfällen gilt das schon deshalb, weil die Bank die Verantwortung für die Mißachtung desWiderrufs trägt; in den übrigen Fällen wird sie entweder den Mangel meist ebenfalls selbsterkennen können und daher mitzuverantworten haben oder sich außer auf die

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Rückgriffskondiktion auf – insoweit stärkere – Schadensersatzansprüche aus § 122 BGB,Schutzpflichtverletzung und dgl. stützen können …“

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– AAnnwweeiissuunnggssffäällllee KKaarrtteeiikkaarrttee 88//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 174)

Valutaverhältnis

§ 433 Abs. 2 BGBX € 5.000

S GSchuldner = Scheckübergabe Gläubiger =

Deckungs- Anweisender Leistung Anweisungs-verhältnis empfänger (tats.

Leistung Zuwendung,Zahlung tats. Leistung)€ 5.000

BHausbank des S = Angewiesener

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Beachte: Der Begriff der Anweisung ist nicht identisch mit dem Anweisungsbegriff des§ 783 BGB. Es handelt sich um einen untechnischen Begriff, der die mündlicheLeistungsanweisung (Fall der Durchlieferung) ebenso erfaßt wie den Scheck oderden Überweisungsauftrag.

A. Der Kaufvertrag zwischen S und G ist unwirksam (Unwirksamkeit im Valutaverhältnis)

I. Kondiktion B gegen G und Kondiktion S gegen B gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?NEIN!

Die Bank verfolgt keinen Leistungszweck im Verhältnis zu G, auch wenn sie dessenVermögen rein tatsächlich vermehrt hat. Vielmehr folgte die Bank der (wirksamen)Anweisung des S. Damit hat S an G – unter Zuhilfenahme der Bank – geleistet.

II. Ergebnisse:

1. Kondiktion S gegen G gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 818 Abs. 2 BGB i.H.v.€ 5.000 (+)

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KKaarrtteeiikkaarrttee 88//22

2. B hat gegen G keinerlei Kondiktionsansprüche. Grund: Subsidiarität derNichtleistungskondiktion.

3. Jede Partei trägt nur das Insolvenzrisiko des jeweiligen Vertragspartners, undniemand ist den Einwendungen Dritter ausgesetzt.

Merke:

Der Anweisende S leistet an den Anweisungsempfänger G, und der Angewiesene B leistetan den Anweisenden S.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 8/2)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– AAnnwweeiissuunnggssffäällllee KKaarrtteeiikkaarrttee 99//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 175; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 676)

Valutaverhältnis BGHZ 61, 289§ 433 Abs. 2 BGB

S G1. Scheckübergabe keine Kenntnis

bei EinlösungDeckungs- 2. Sperrungverhältnis X des Schecks

3. Zahlung von DM 80.000,–nach Vorlage des Schecks

B?

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A. Kondiktion B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

Nach BGH (–):

I. Hat G etwas erlangt? (+), 80.000,– DM

II. Durch Leistung der B? (–)

Begründung: Der Widerruf des S ändert nichts daran, daß sich die Zweckrichtungder Leistung der B nach wie vor auf S bezog. B verfolgte keinen eigenenLeistungszweck im Verhältnis zu G.

B. Kondiktion B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion,NLK)?

Im Fall (–), wenn G das Geld durch Leistung des S erlangt hat – Subsidiarität derNichtleistungskondiktion

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KKaarrtteeiikkaarrttee 99//22

I. Eine Leistung von S an G erscheint zweifelhaft, weil S nach der Sperrung desSchecks nicht mehr leisten wollte und weil nach Artt. 29, 32 Abs. 1 ScheckG dieAuszahlung nicht hätte stattfinden dürfen.

II. ABER: S hat mit der Übergabe des Schecks an G eine Leistungsbestimmunggetroffen. G hatte keine Kenntnis von der Sperrung des Schecks bei dessenEinlösung. Aus dem Empfängerhorizont des G liegt eine Leistung des S vor. DerWiderruf betrifft dagegen allein das Verhältnis zwischen S und B. Folge: DieLeistung des S an G sperrt die Nichtleistungskondiktion im Verhältnis zwischenB und G.

III. G kann das Geld behalten, wenn es ihm von S geschuldet wurde. Die B kann vonihm nichts fordern, weil G die Nichtbeachtung des Widerrufs nichts angeht. DerStreit darüber ist zwischen S und B zu entscheiden. Ebenso wie BGHZ 61, 289entschied BGHZ 89, 376; dazu Canaris, JZ 1984, 627.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 9/2)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– AAnnwweeiissuunnggssffäällllee KKaarrtteeiikkaarrttee 1100//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 175; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 676)

Valutaverhältnis BGHZ 87, 393§ 433 Abs. 2 BGB

S G1. Scheckübergabe volle Kenntnis

Deckungs- 2. Sperrung des Widerrufsverhältnis des Schecks durch S bei

X Einlösung

3. Zahlung nach Vorlage des Schecks

B ?

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A. Kondiktion B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

Nach BGH (–), genau wie im Fall BGHZ 61, 289. Die B hat auch hier nur an S und nichtan G geleistet. B verfolgte keinen eigenen Leistungszweck im Verhältnis zu G.

B. Kondiktion B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB?

Nach BGH jetzt (+), anders als im Ausgangsfall (!):

I. Die Nichtleistungskondiktion B gegen G wäre ausgeschlossen, wenn S an Ggeleistet hätte. Das ist hier im Ergebnis nicht der Fall, weil G die Sperrung desSchecks durch S bekannt war. Daher kann dem S die Auszahlung nicht alsLeistung zugerechnet werden; aus Sicht des Zuwendungsempfängers G(Empfängerhorizont!) liegt also keine Leistung des S vor.

II. Ergebnis damit: B kann gegen G aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB (NLK)vorgehen – Durchgriff der Bank, Direktkondiktion (+).

III. Die wertungsmäßige Begründung von Giesen a.a.O. lautet:

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1100//22

1. G kann sich wegen seiner Bösgläubigkeit nicht auf Vertrauensschutzberufen (die Lehre vom Empfängerhorizont beruht aufVertrauensschutzaspekten).

2. Der Anweisende S hat alles ihm Mögliche getan, um der Auszahlungentgegenzuwirken, so daß es der Bank zumutbar ist, sich mit demAnweisungsempfänger G auseinanderzusetzen (a.A. Canaris, WM 1980,354, 366).

C. Ergänzung von Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 676 a.E.:

Ein Direktkondiktion der Bank beim Empfänger wird schließlich in Analogie zu den§§ 816 Abs. 1 S. 2, 822 BGB auch dann zugelassen, „wenn der Empfänger nach der mitdem Anweisenden im Valutaverhältnis getroffenen Regelung die Leistung unentgeltlicherhalten hat und in der Person des Anweisenden die Voraussetzungen der §§ 818 IV, 819BGB nicht vorliegen.“ (BGHZ 88, 232, 237; dazu Lieb, JZ 1983, 960 ff.; W. Lorenz, JZ

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1984, 190 f.; Gottwald, JuS 1984, 841). Auch in diesen Fällen liegt die Lösung in derNichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– AAnnwweeiissuunnggssffäällllee KKaarrtteeiikkaarrttee 1111//11

FFäällllee ddeess ggäännzzlliicchheenn FFeehhlleennss eeiinneerr wwiirrkkssaammeenn AAnnwweeiissuunngg((nnuurr vveerrmmeeiinnttlliicchh wwiirrkkssaammee AAnnwweeiissuunngg))

(Giesen, Jura 1995, 169, 175 f.; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 677)

Valutaverhältnis

S G

Deckungs-verhältnis

?

B

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I. BGHZ 66, 362: Einlösung eines vom Aussteller nichtunterschriebenen Schecks

II. BGHZ 66, 372: Überweisung auf das Konto des falschenEmpfängers

III. BGHZ 67, 375: Wechseleinlösung nach Konkurseröffnung über dasVermögen des zahlungspflichtigen Kunden

IV. BGH, NJW 1987, 185: irrtümliche Überweisung des zehnfachen Betrages

V. BGH, NJW 1988, 1391: versehentliche Doppelüberweisung

VI. BGH, WM 1990, 1280: gefälschter Überweisungsauftrag

VII. BGHZ 111, 382: geschäftsunfähiger Anweisender

VIII. BGHZ 152, 306 = NJW 2003, 582: Zahlung kraft nicht zurechenbarer Scheinanweisungdes vermeintlichen Darlehensnehmers

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Lösung des Fallbeispiels:

A. Kondiktion B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

B verfolgte gegenüber dem Empfänger G keinen eigenen Zweck, daher leistete sie nicht. Bwollte nur die vermeintliche Anweisung ihres Kunden S ausführen.

B. Kondiktion B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB?

I. Es fehlt an einer vorrangigen Leistungsbeziehung zwischen S und G, weil S dieÜberweisung zugunsten des G nicht veranlaßt hat und G die Zuwendung aus seiner Sichtauch nicht als Leistung des S verstehen konnte (die Bösgläubigkeit ist im Fall derÜberweisung auf das falsche Konto gegeben).

II. Fraglich ist, von wem die Bank hier kondizieren kann.

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1. Grundsatz: Die Rückabwicklung erfolgt innerhalb des jeweiligenLeistungsverhältnisses, also findet eine Kondiktion zwischen B und S statt, einFall der sogenannten „Kondiktion der Kondiktion“ .

2. Einschränkung: Allerdings bedarf es der Berücksichtigung wertenderGesichtspunkte. Ausschlaggebend ist dabei, daß der Bankkunde S die Auszahlungdes Geldes an den Zuwendungsempfänger G in keiner Weise veranlaßt hat unddaher seinerseits schutzbedürftig ist. Auf der anderen Seite fehlt es auf Seiten desZuwendungsempfängers G (in den Fällen I – VI) an einem schützenswertenVertrauen. Des weiteren besteht ein berechtigtes Interesse der Bank, ihren Fehlermöglichst schnell und wirkungsvoll ungeschehen zu machen.

3. Ergebnis: B kann von G im Wege der Direktkondiktion (Durchgriff)vorgehen, § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB.

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C. Problem

Ist die Kenntnis des Empfängers vom Mangel der Anweisung entscheidend bzw. sind die Fälleder mangelhaften Anweisungen und diejenigen der gänzlich fehlenden Anweisungenunterschiedlich zu behandeln?

Dazu BGHZ 111, 382 – „Anweisung“ eines Geschäftsunfähigen. Lösung des BGH: B kanngegen G aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB vorgehen (Direktkondiktion, Durchgriff). ImEinzelnen:

I. B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB (–), s.o.

II. B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB (+)

1. Es fehlt an einer vorrangigen Leistungsbeziehung zwischen S und G.

a) Vom Empfängerhorizont betrachtet lag zwar eine Leistung des S an G vor.

b) Der BGH verneint a.a.O. gleichwohl eine Leistungsbeziehung zwischen S und G.Entscheidend für diese Bewertung ist der Mangel der Geschäftsfähigkeit bei dem

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Anweisenden S. Dieser Mangel hat nicht nur die Unwirksamkeit der Anweisung, sondernauch die Unwirksamkeit der Zweck- oder Tilgungsbestimmung zur Folge. Bei derletzteren handelt es sich wenigstens um eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, so daßes analog § 105 Abs. 1 BGB an einer wirksamen Zweckbestimmung und somit an einerdem S zurechenbaren Leistung fehlt.

c) Ebensowenig ist die B als Rechtsscheinsbotin des S anzusehen, denn infolge derGeschäftsunfähigkeit des S ist diesem ein entsprechender Rechtsschein nichtzurechenbar.

2. Ergebnis: B kann von G die Rückzahlung verlangen. Es findet wegen derbesonderen Schutzbedürftigkeit des geschäftsunfähigen Anweisenden keineRückabwicklung im fehlerhaften Deckungsverhältnis zwischen B und S statt. DerVertrauensschutz des Empfängers G muß also dem Schutz des Geschäftsunfähigen Sweichen. Dem G bleibt allenfalls der Entreicherungseinwand des § 818 Abs. 3 BGB.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– AAnnwweeiissuunnggssffäällllee KKaarrtteeiikkaarrttee 1122//11

(Zusammenfassung von Giesen, Jura 1995, 169, 176)

Merke:

I. Der Bereicherungsausgleich vollzieht sich auch in den Anweisungsfällen grundsätzlichim fehlerhaften Leistungsverhältnis (Deckungs- oder Valutaverhältnis).

II. Bei einem fehlerhaften Deckungsverhältnis ist dennoch ausnahmsweise der Durchgriffdes Angewiesenen gegen den Zuwendungsempfänger zugelassen, wenn

1. entweder letzterer die Zuwendung nicht als Leistung des Anweisenden auffassenkonnte oder

2. eine Leistung des Anweisenden an den Zuwendungsempfänger wegen derGeschäftsunfähigkeit des ersteren ausscheidet.

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Die einschlägige Anspruchsgrundlage (im Verhältnis zwischen B und G) ist in diesenFällen § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB (Nichtleistungskondiktion); vgl. BGH, NJW 1989,1792; BGHZ 147, 145 = NJW 2001, 1855; BGHZ 152, 306 = NJW 2003, 582.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1122//22

Zusammenfassend zu der Ausnahme einer Direktkondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.BGB in den Fällen der vermeintlichen Anweisung (bei Fehlen der Anweisung) BGHZ 152, 306= NJW 2003, 582 = ZIP 2003, 69 = DB 2003, 199 = BB 2003, 390 = WM 2003, 14 = JuS2003, 499:

„1. Das Landgericht hat zu Recht einen Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen denBeklagten bejaht. Der Bereicherungsausgleich ist jedoch nicht im Wege der Leistungskondiktion(§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), sondern der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1Alt. 2 BGB) vorzunehmen.a) In den Fällen der Leistung kraft Anweisung vollzieht sich der Bereicherungsausgleichgrundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses, also zum einen zwischen demAnweisenden und dem Angewiesenen im sogenannten Deckungsverhältnis und zum anderenzwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger im sogenannten Valutaverhältnis.Nach dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff bewirkt der Angewiesene, der von ihmgetroffenen, allseits richtig verstandenen Zweckbestimmung entsprechend, mit seinerZuwendung an den Anweisungsempfänger zunächst eine eigene Leistung an den Anweisendenund zugleich eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger (st. Rspr., siehe

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BGHZ 40, 272, 276; 61, 289, 291; 66, 362, 363; 66, 372, 374; 67, 75, 77; 87, 393, 395; 88, 232,234; 102, 152, 157; 147, 145, 149 ff.; 147, 269, 273).b) Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. So entspricht es gefestigter Rechtsprechungdes Bundesgerichtshofs, daß dem Angewiesenen jedenfalls dann ein unmittelbarerBereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger als Nichtleistungskondiktion gemäߧ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zusteht, wenn dem Anweisungsempfänger das Fehlen einerAnweisung und damit einer Tilgungsbestimmung bei Empfang des Leistungsgegenstandesbekannt ist (vgl. BGHZ 66, 362, 364 f.; 66, 372, 374 f.; 67, 75, 78; 87, 393, 397 f.; 147, 269,274). Aber auch in den Fällen, in denen der Zahlungsempfänger das Fehlen einer wirksamenAnweisung im Zeitpunkt der Zuwendung nicht kannte, steht dem vermeintlich Angewiesenenein unmittelbarer bereicherungsrechtlicher Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zu(BGHZ 111, 382, 386 f.; Senat BGHZ 147, 145, 151 m.w.Nachw.; vgl. auch BGHZ 147, 269,274). Denn ohne eine gültige Anweisung kann die Zahlung dem – vermeintlich – Anweisendennicht als seine Leistung zugerechnet werden. Eine andere Betrachtungsweise ließe – wie dasLandgericht zutreffend ausgeführt hat – den in der Rechtsscheinslehre allgemein anerkanntenGrundsatz außer acht, daß der gutgläubige Vertragsgegner nur dann geschützt werden kann,wenn der andere Vertragsteil den Rechtsschein in zurechenbarer Weise hervorgerufen hat.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1122//33

Der sogenannte Empfängerhorizont des Zahlungsempfängers vermag deshalb die fehlendeTilgungs- und Zweckbestimmung des – vermeintlich – Anweisenden auch dann nicht zuersetzen, wenn dieser den gezahlten Betrag dem Zuwendungsempfänger tatsächlich in vollemUmfang schuldete. Außerdem wird der auf eine wirksame Anweisung und Tilgungsbestimmungvertrauende Zahlungsempfänger durch die in § 818 Abs. 3 BGB normierten Regeln über denWegfall der Bereicherung vor den rechtlichen Folgen einer Direktkondiktion des Angewiesenenim allgemeinen hinreichend geschützt (Senat BGHZ 147, 145, 151 m.w.Nachw.). DieseGrundsätze kommen auch hier zum Tragen.c) Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte die Klägerin mit der Überweisung von3.529.194,55 DM an den Beklagten ihren vermeintlich mit der Stadt P. geschlossenenDarlehensvertrag erfüllen und den Kassenkredit auf eine angebliche Weisung der Stadt P. an denvermeintlich empfangsberechtigten Beklagten auszahlen, also eine Leistung an die Stadt P.erbringen. Es handelt sich daher um den Fall einer Zahlung ohne bereicherungsrechtlicheAnweisung, so daß die Klägerin als vermeintlich Angewiesene einen unmittelbaren Anspruchaus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) gegen den Beklagten hat. Aufdessen Sicht als Zahlungsempfänger kommt es mangels einer Tilgungsbestimmung der Stadt P.als vermeintlicher Schuldnerin und Anweisenden von vornherein nicht an. Erst eine tatsächlichgetroffene Tilgungsbestimmung schafft die Grundlage für eine Auslegung aus dem Blickwinkel

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eines vernünftigen Zahlungsempfängers, wenn über die Person des Leistenden unterschiedlicheAnsichten bestehen. Die bloßen Vorstellungen des Beklagten als Zahlungsempfänger reichenallein nicht aus, ein Leistungsverhältnis oder einen Rechtsgrund zu begründen. Auf den durch K.geschaffenen Rechtsschein einer Leistung der Stadt P. kann sich der Beklagte nicht berufen.Weder der Kläger noch die Stadt P. haben diesen Rechtsschein in zurechenbarer Weiseveranlaßt.aa) Der Einwand der Revision, die Klägerin habe als Dritte im Sinne des § 267 Abs. 1 BGBgeleistet, um die Stadt P., wenn auch nicht von einer Darlehensschuld, so aber doch von demdem Beklagten zustehenden bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch zu befreien, ist mitden Feststellungen des Landgerichts unvereinbar. Danach wollte die Klägerin eine eigeneVerbindlichkeit aus einem vermeintlichen Darlehensvertrag mit der Stadt P. erfüllen. Es fehltdaher der erforderliche Wille, eine fremde Schuld gemäß § 267 Abs. 1 BGB zu tilgen (vgl.BGHZ 75, 299, 303; 137, 89, 95). Daß es nach dieser Vorschrift nicht auf die innere Vorstellungdes Dritten ankommt, sondern darauf, wie der Zahlungsempfänger sein Verhaltenvernünftigerweise verstehen durfte (st. Rspr., siehe z.B. BGHZ 72, 246, 248 f.; 137, 89, 95;BGH, Urteil vom 26. September 1994 – II ZR 166/93, WM 1994, 2286), rechtfertigt keineandere rechtliche Beurteilung. Angesichts des bei der Überweisung angegebenenVerwendungszwecks ,Ablösung Stadt P.‘ spricht nichts dafür, daß der Beklagte die Klägerinzum Zeitpunkt der Zuwendung für eine Dritte im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB und nicht für einevon der Stadt P. Angewiesene gehalten hat bzw. halten durfte. (…)“

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– AAnnwweeiissuunnggssffäällllee KKaarrtteeiikkaarrttee 1133

DDiiee ssooggeennaannnnttee aannggeennoommmmeennee AAnnwweeiissuunngg((AAnnwweeiissuunngg iimm tteecchhnniisscchheenn SSiinnnn ddeerr §§§§ 778833,, 778844 BBGGBB))

(Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 679)

S G eigener An-spruch gg. B

§§ 783, 784 ?BGB Xschriftliche ZahlungAnnahme

?B

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Problem: B schuldet sowohl S als auch G. Mit der Zahlung an G will B beideVerbindlichkeiten erfüllen. Sie will an S und an G „leisten“. Wer ist also in denFällen des „Handelns im Doppelinteresse“ der Leistungsempfänger und damitder Kondiktionsschuldner?

I. Kondiktionsschuldner der Bank B kann regelmäßig nur S sein und nicht G.Begründung: Die Annahme der Anweisung durch B gemäß § 784 BGB soll die Stellungdes G verbessern, indem sie G einen eigenen Anspruch gegen B verschafft. Dadurch darfaber auch bereicherungsrechtlich betrachtet die Stellung des G nicht verschlechtertwerden. G braucht also nach der Annahme weiterhin nur mit S abzurechnen und nichtmit B, wobei er diesem seine Einreden aus dem Verhältnis mit S entgegenhalten könnte.

Ebenso Larenz/Canaris, SchuldR II/2 1994, § 70 V 2 a, S. 240 f.; MüKo/Lieb, 3. Aufl.1997, § 812 RN 43; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 485 f.

II. Ergebnis also: B gegen S aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB (+)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– ZZeessssiioonn KKaarrtteeiikkaarrttee 1144//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 176 f.; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 685a)

Versicherter Valutaverhältnis WarenlieferantGläubiger SiAbtr., § 398 BGB Zessionar

S GS hat den Brand VersAnspr. besteht inam Haus gelegt, Wahrheit nicht Zahlung ohne Rechtsgrund,Haus ist zerstört § 61 VVG

BerAnspr. ?(+) BerAnspr. ?

Deckungs- Anzeige derverhältnis Abtretung

BBGHZ 105, 365 = NJW 1989, 900

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A. Anspruch B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

I. Etwas erlangt?

G hat die Versicherungssumme erlangt.

II. Durch Leistung der B?

Dafür spricht, daß durch die Abtretung der Zessionar als Gläubiger der Forderung an dieStelle des Zedenten tritt, § 398 S. 2 BGB. Dementsprechend geht die M.m. (Medicus,BR, 19. Aufl. 2002 RN 685a und andere) davon aus, daß Schuldner derLeistungskondiktion immer der Zessionar (Neugläubiger) sei. Anders allerdings derBGH a.a.O. und die h.M., wonach sich die Leistung auf das Schuldverhältnis zumZedenten bezieht. Für diese Ansicht spricht die Parallele zu den Anweisungsfällen: ImValutaverhältnis zwischen G und S bestand die Forderung bis zur Auszahlung derVersicherungssumme weiter (die Abtretung erfolgte erfüllungshalber), der Zedent S hatsich der Versicherung B zur Tilgung seiner Schuld gegenüber dem Zessionar G bedient.Also: Leistung von S an G und Leistung von B an S. Damit scheidet einBereicherungsanspruch von B gegen G nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB aus.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1144//22

III. Ergebnis

1. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß in Zessionsfällen der Schuldner bei seinemVertragspartner, dem Zedenten, zu kondizieren hat. Dafür spricht im Hinblick aufWertungsgesichtspunkte

• daß allein die Lösung der h.M. jedem Beteiligten nur das Insolvenzrisiko des jeweiligenVertragspartners zuordnet;

• der Versicherungsnehmer auch nach der Abtretung zur Beitragszahlung an denVersicherer verpflichtet bleibt;

• daß es sich lediglich um eine Sicherungsabtretung gehandelt hat, so daß die Banklediglich vorübergehend Gläubigerin geworden ist;

• daß im Unterschied zu den Fällen des Vertrags zugunsten Dritter in den Abtretungsfällenkein eigenes (originäres) Forderungsrecht des Dritten (wie dort aus § 328 BGB) besteht.

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2. Beachte aber die wichtige Ausnahme in BGH, NJW 1989, 161: Unter besonderenUmständen kann die Leistungskondiktion gegen den Zessionar (G) gerichtet werden;dies gilt insbesondere, wenn die Auszahlung die Folge eines besonderen Drängens desZessionars ist, da in diesem Fall (ausnahmsweise) eine zweckbestimmte Leistung derVersicherung an den Zessionar vorliegt (vgl. zu diesem Problem Giesen, Jura 1995, 169,177; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 685a und Grundwissen 5. Aufl. 2002 RN 393; vgl.auch BGH, NJW 1993, 1578 zur LK der Kaskoversicherung gegen den Leasingnehmeraus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB, wenn der Leasingnehmer das versicherte Fahrzeughat stehen lassen und der Leasinggeber im Wege der Sicherungsabtretung vorübergehenddie Gläubigerstellung erhalten hat).

Medicus a.a.O. hält eine Unterscheidung nach der Intensität des Zahlungsverlangens für unrichtig. Wegen§ 398 S. 2 BGB trete der Zessionar an die Stelle des Zedenten, so daß es gar nicht um ein Drei-, sondernum ein Zweipersonenverhältnis gehe.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1144//33IV. Nachweise

1. Nachweise für die h.M.

BGHZ 105, 365, 368 ff.; BGH, NJW 1993, 1578, 1579; OLG Hamm, NJW-RR 1992,1804; Kohler, WM 1989, 1629, 1636; Lieb, Jura 1990, 359, 360 f.; Lorenz, AcP 191(1991), 279, 309 ff.; Schlechtriem, JZ 1993, 24, 29.

2. Nachweise für die M.m.

Bayer, JuS 1990, 883, 887 ff.; Dörner, NJW 1990, 473, 475; Koch, VersR 1989, 891,892; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 685a; Schubert, JZ 1989, 371.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 14/3)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– LLeeiissttuunngg aauuff ffrreemmddee SScchhuulldd KKaarrtteeiikkaarrttee 1155//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 177; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 684 f.)

Mieter 1. § 535 BGB Vermieter

S G2. Zahlung des Mietzinses, § 362 BGB

Deckungs-verhältnis§ 516 BGB 3. Zahlung des Mietzinses für S,

§ 267 BGBDirektkondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1,1. Alt. BGB

B ?Dritter

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I. B gegen G auf Rückzahlung des Geldes, § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

1. Hat G etwas erlangt? (+), Geld

2. Durch Leistung des B? Hier ist die Zweckrichtung problematisch.

a) T.v.A.

In den Fällen der Drittleistung ist eine Parallele zu den Anweisungsfällen zuziehen. Der Dritte B ist als „verlängerter Arm“ des Schuldners S anzusehen. EinLeistungsverhältnis besteht nur zwischen dem (Schein-) Schuldner S und dem(Schein-) Gläubiger G (im Valutaverhältnis) einerseits und zwischen dem DrittenB und dem (Schein-) Schuldner S andererseits. Folge: Wegen des Vorrangs derLeistungskondiktion kann B nicht von G kondizieren.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1155//22

Argumentation: Der Dritte B verfolgt mit seiner Zahlung allein einen Zweckgegenüber S und nicht gegenüber G. B will mit seiner Zahlung dasValutaverhältnis zwischen S und G gestalten. Es ist zweckmäßig, dieRückabwickung des Valutaverhältnisses zwischen den jeweiligen Parteien dieses(vermeintlichen) Schuldverhältnisses stattfinden zu lassen. G muß also allein mitS abrechnen, und er kann dem S gegebenenfalls die Einwendungen aus demMietverhältnis entgegenhalten.

So Eike Schmidt, JZ 1971, 601, 606 f.; Wieling, JuS 1978, 801, 803 ff.; Köndgen,Festschrift für Esser, S. 55, 67 f.; Jauernig/Schlechtriem, 10. Aufl. 2002, § 812RN 71

b) H.M. und BGH (BGHZ 113, 62, 65 f.; BGH, WM 1967, 283)

Es liegt eine Leistung von B an G vor. Zwischen den gemäß § 267 BGBDrittleistenden und einem Angewiesenen besteht ein entscheidender Unterschied:Der Angewiesene hat der Weisung des Anweisenden Folge zu leisten. Er ist

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hinsichtlich der Auszahlung lediglich dessen Werkzeug. Die entscheidendeZweckbestimmung der Leistung geht vom Anweisenden aus und wird vomAngewiesenen nur vermittelt. Anders dagegen in den Fällen der Drittleistung(jedenfalls in der Grundkonstellation): Hier entscheidet der Dritte unabhängigvom Willen des (Schein-) Schuldners über seine Zahlung; er trifft eine eigeneZweck- und Tilgungsbestimmung und überbringt nicht lediglich eine fremde. EinAnspruch gegen den (Schein-) Schuldner S kommt nicht in Betracht, da diesernichts erlangt hat (er wird von keiner Verbindlichkeit befreit). Im übrigen stelltdie Inanspruchnahme des Gläubigers G für diesen keine unzumutbare Belastungdar: G nicht schutzwürdig, denn er hat etwas erlangt, womit er ohnehin nichtrechnen konnte (der Schuldner S hat ja gezahlt, so daß gemäß § 362 BGBErfüllung eingetreten ist). Daher ist grundsätzlich der Dritte selbst als Leistenderanzusehen. B kann daher von G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB direktkondizieren.

So Esser/Weyers, SchuldR BT II/2, 8. Aufl. 2000, § 48 III 4b, S. 59; Emmerich,Schuldrecht BT, 9. Aufl. 1999, § 16 RN 77; MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 812 RN108; Staudinger/Lorenz, 13. Bearb. 1994 / Neubearb. 1999, § 812 RN 43; Lorenz,JuS 1968, 441, 445 ff.; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 685 (mit etwas andererArgumentation); Erman/H.P. Westermann, 10. Aufl. 2000, § 812 RN 28.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1155//33

Merke:

In den Anweisungsfällen handelt die angewiesene Bank als „verlängerter Arm“ oder„Werkzeug“ des Schuldners, so daß eine Direktkondiktion gegenüber dem Gläubiger nicht inBetracht kommt. In den Fällen der Leistung auf fremde Schuld trifft der Dritte hingegen –unabhängig vom Schuldner – eine eigene Leistungs- oder Tilgungsbestimmung, d.h. er ist hiergerade kein „Werkzeug“ des Schuldners. Dies rechtfertigt die Direktkondiktion beim Gläubiger.

Die Konstellation „Anweisungsfall“ und „Drittleistungsfall“ fungieren als Grundkonstellationen,denen die anderen Fälle lösungsmäßig zuzuordnen sind, d.h. sie fallen entweder in das eine oderdas andere Grundmuster.

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II. Allgemeine Ausführung zu den Fällen der Drittleistung gemäß § 267 BGB

1. Wenn durch die Zahlung des Dritten die Forderung kraft Gesetzes auf ihn übergeht (z.B. nach§§ 268 Abs. 3, 426 Abs. 2, 774 Abs. 1, 1143 Abs. 1 BGB), so erlangt der wirkliche Schuldnernichts, denn er wird letztlich von der Verbindlichkeit nicht befreit.

2. Die Leistung des Dritten ist nur wirksam, wenn er mit Fremdtilgungswillen handelt, welcheraus der Sicht des Empfängers zu bestimmen ist.

a) Die erste Fallgruppe ist die der Zahlung auf eine fremde Schuld. Hierfür gelten die folgendengrundsätzlichen Aussagen:

aa) Wenn die Schuld besteht, so erlischt sie durch die Fremdzahlung gemäß §§ 267, 362 BGB.Der Dritte kann sich nur an den Schuldner halten. Bestand diesem gegenüber keineVerpflichtung des Dritten zur Zahlung an den Gläubiger, kommt gegenüber dem Schuldner einAusgleich aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht (§§ 683, 670 BGB). Bei berechtigterGoA besteht ein Rechtsgrund für die gemachten Aufwendungen, so daß die Voraussetzungen des§ 812 BGB nicht erfüllt sind. Ansonsten sind die §§ 684, 812 BGB bzw. § 812 BGB direkt (LK)maßgebend. (Einzelheiten der Abgrenzung sind in der Rechtsprechung leider etwas unklar.)

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1155//44

Vgl. dazu BGH, NJW 1996, 336:

Der Kläger hatte die Kaufpreisschuld des Beklagten zum Erwerb eines Hausgrundstücks beim Verkäufersowie diesbezügliche Darlehensschulden beglichen. Der Senat für Landwirtschaftssachen prüft alsAnspruchsgrundlage § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB (wegen der begründeten Erwartung des Klägers, zumErbe des Landwirtschaftsbetriebes seines Vaters eingesetzt zu werden) und stellt fest, daß er durch seineLeistungen Schulden des Beklagten getilgt habe, diese also erloschen seien. Die Bereicherung desBeklagten bestehe darin, seiner Schulden ledig zu sein. Habe der Kläger durch die von ihm erbrachtenZahlungen den Beklagten von einer Verbindlichkeit befreit (vgl. auch § 267 BGB), so bestehe diedadurch bewirkte Bereicherung (Wegfall der Schuld) unverändert fort; in diesen Fällen komme deshalbeine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BGHZ 56, 317,322; BGH, WM 1971, 1202, 1204; BGH, NJW 1985, 2700 …). Nicht das Grundstück sei Gegenstand derBereicherung, sondern die Befreiung von der Kaufpreis- und Darlehensschuld.

Dementsprechend lautet der Leitsatz – den man sich schon jetzt merken sollte – wie folgt:

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„Hat jemand ohne Rechtsgrund die Schulden eines anderen getilgt, so kann der Schuldner gegenden Bereicherungsanspruch grundsätzlich nicht einwenden, er sei nicht mehr bereichert (§ 818Abs. 3 BGB).“

War der erloschene Anspruch des Gläubigers aber einredebehaftet (z.B. verjährt), so entsprichtdie Leistung des Dritten regelmäßig nicht dem Interesse des Schuldners. Einem möglichenBereicherungsanspruch kann er analog §§ 404 ff. BGB die vormals gegen den Gläubigerbestehenden Einreden entgegensetzen (MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 812 RN 105 f.). Argument:Der Gläubiger eines Bereicherungsrückgriffs darf nicht besser stehen als der Gläubiger einesZessionsrückgriffs, gegenüber dem der Gläubiger eines Bereicherungsrückgriffs privilegiertwerden soll (vgl. § 268 Abs. 3 i.V.m. § 267 BGB).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1155//55

bb) Besteht die Schuld nicht, dann hat der Dritte einen direkten Anspruch aufLeistungskondiktion gegen den Scheingläubiger (BGH, WM 1967, 283; Staudinger/Lorenz, 13.Bearb. 1994 / Neubearb. 1999, § 812 RN 43). Argumente: Es fehlt an einem hinreichendenZurechnungsgrund für eine Leistung des Anweisenden an den Scheingläubiger. DerScheingläubiger ist nicht schutzbedürftig, weil er etwas erlangt hat, womit er ohnehin nichtrechnen durfte.

Während im Rahmen der Anweisungsfälle bei Leistung durch den Angewiesenen die Tilgungsbestimmung, daß dieLeistung die zwischen Gläubiger und Schuldner bestehende Forderung zum Erlöschen bringen soll, vomanweisenden Schuldner ausgeht, trifft sie hier der zahlende Dritte. Dieser leistet folglich selbst.

Eine Abwicklung übers Dreieck (Dritter � Abweisender sowie Anweisender �Scheingläubiger) kommt in Betracht, wenn der wahre Schuldner den Dritten zurechenbar zurZahlung veranlaßt hat, weil dann letztlich eine Parallele zu den Anweisungsfällen besteht.

b) Die zweite Fallgruppe ist die der irrtümlichen Zahlung auf eine fremde Schuld. In diesenFällen glaubt der Zahlende, eine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger zu erfüllen

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(Fall der doppelten Tilgungsbestimmung). Der Dritte hat einen Anspruch ausLeistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB) gegen den Gläubiger, denn die Leistung istnicht nur Leistung auf fremde, sondern auch auf eigene Schuld. Ist der Gläubiger insolvent, sokommt nach herrschender, aber umstrittener Rechtsprechung eine nachträgliche Änderungder Tilgungsbestimmung in Betracht. Dadurch wird die Leistung nachträglich als für den wahrenSchuldner erbracht behandelt, so daß wiederum die Leistungskondiktion (Direktkondiktion)gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB einschlägig ist.

Daneben kommt in solchen Fallkonstellationen auch die Rückgriffskondiktion nach § 812 Abs. 1S. 1, 2. Alt. BGB in Betracht. Vgl. dazu BGHZ 113, 62 (Leistungskondiktion) und BGH, NJW1986, 2700 (Rückgriffskondiktion) sowie Giesen, Jura 1995, 169, 177 zu BGHZ 113, 62 undJura 1995, 234, 240 zur nachträglichen Änderung der Tilgungsbestimmung und derRückgriffskondiktion.

Worin besteht der Unterschied zwischen beiden Konstellationen?

1. Leistung auf fremde Schuld: (Direkt-) Kondiktion des Dritten gegen den Scheingläubiger;

2. Rückgriffskondiktion: Kondiktion des Dritten gegen den wahren Schuldner.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– LLeeiissttuunngg aauuff ffrreemmddee SScchhuulldd KKaarrtteeiikkaarrttee 1166//11SSoonnddeerrffaallll BBGGHHZZ 111133,, 6622 –– FFaallll ddeerr ssoogg.. „„vveerraannllaaßßtteenn““ DDrriittttlleeiissttuunngg ((SScchheeiinnzzeessssiioonn))

(Giesen, Jura 1995, 169, 177 f.; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 685)

Valutaverhältnis

Versicherungsnehmer SE-Forderung Gläubiger ZessionarX § 398 BGB

S G ( Z)Legalzession Im Originalfall: Vierpersonenverhältnis

Deckungs-verhältnisWeiterleitung Zahlung (Folge: Legalzession auf B)

Direktkondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB

B ?Berufshaftpflichtversicherer

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In diesem Fall stellte sich im Nachhinein heraus, daß die Schadensersatzforderung G gegen Snicht bestanden hat. Kondiktion im Verhältnis B gegen S oder im Verhältnis S gegen G?

A. B gegen S auf Rückzahlung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB?

I. Hat G etwas erlangt? (+), Eigentum am Geld

II. Durch Leistung der B?

Diese Voraussetzung ist fraglich, weil B zur Zahlung an G durch dieEinschätzung des S veranlaßt wurde, die „Forderung des G bestehe zu Recht“:

1. T.v.A.

Wegen der Verwandtschaft dieser Fallkonstellation zu den Anweisungsfällenerfolgt die Kondiktion nicht im Verhältnis zwischen B und G, sondern zwischenS und G (Fehler im Valutaverhältnis).

So Canaris, NJW 1992, 868 – 873.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1166//22

2. BGH a.a.O. und h.M.

Die Kondiktion erfolgt im Verhältnis zwischen B und G. Eine Gleichstellungdieser Konstellation mit den Anweisungsfällen findet nicht statt, weil B eineselbständige Prüfungspflicht bezüglich der Haftung und der Deckung hat undinsoweit nicht an die Einschätzung von S als Versicherungsnehmer gebunden ist.Es besteht also gerade kein Weisungsverhältnis. Es liegt vielmehr ein Fall des§ 267 BGB vor. Daher Kondiktion B gegen G gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.BGB (+).

So BGHZ 113, 62, 68 f.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 16/2)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– LLeeiissttuunngg aauuff ffrreemmddee SScchhuulldd KKaarrtteeiikkaarrttee 1177//11

SScchheeiinnzzaahhlluunngg –– BBGGHH,, NNJJWW 11999911,, 991199

I. Leistung bei Zahlung auf fremde Schuld

„Nach der rechtsfehlerfrei getroffenen und unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichtswollte der Kläger durch die Zahlung eine Haftpflichtschuld des früheren Zweitbeklagtengegenüber der W-GmbH erfüllen. Zu dieser Freistellung seines Versicherungsnehmers glaubte ersich aufgrund des fehlerfreien Deckungsverhältnisses (Versicherungsvertrag mit denArchitekten) verpflichtet. Damit leistete er – wie Haftpflichtversicherer bei Zahlung an denGläubiger regelmäßig – nicht auf eigene Schuld, sondern auf die Schuld desVersicherungsnehmers. Eine Leistung des Haftpflichtversicherers auf eigene Schuld kommt nurausnahmsweise in Betracht, so gemäß Pflichtversicherungsgesetz oder nach einem denVersicherer selbst verpflichtenden Vergleich. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Dasbedeutet aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, daß der Kläger auf Anweisungdes früheren Zweitbeklagten gezahlt hat. Dieser hatte ihm nur mitgeteilt, daß er von demBeklagten auf Schadenersatz in Anspruch genommen werde, also den Versicherungsfallgemeldet, und die Ansicht geäußert, das Verlangen sei berechtigt. Darin liegt keine Anweisung,nicht einmal im weiteren Sinne eine Weisung. Eine solche steht dem Versicherungsnehmer auch

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nicht zu, und der Haftpflichtversicherer würde sie nicht zu befolgen brauchen. Vielmehr prüftder Versicherer, ehe er eine Zahlung an den Gläubiger leistet, außer dem Versicherungsvertrag(Deckungsverhältnis) auch die Berechtigung der Forderung des Gläubigers gegen denVersicherungsnehmer. Erst wenn diese Prüfung des Valutaverhältnisses zu dem Ergebnis führt,daß dem Gläubiger die erhobene Forderung zusteht, zahlt der Versicherer auf die Schuld seinesVersicherungsnehmers.“

II. Die Zweckbestimmung im Fall der Zahlung durch den Dritten

Weil es an einer Anweisung fehlt, vollzieht sich die bereicherungsrechtliche Rückabwicklungnicht nach den für die Anweisungsfälle entwickelten Regeln, sondern nach denen, die für dieandersartige Fallgruppe der Drittzahlung (Leistung eines Dritten) gelten. Während bei Leistungdurch einen Angewiesenen die Tilgungsbestimmung, daß die Leistung die zwischen Gläubigerund Schuldner bestehende Forderung zum Erlöschen bringen soll, vom anweisenden Schuldnerausgeht, trifft sie hier der zahlende Dritte. Damit leistet er selbst.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1177//22

III. Leistung des Haftpflichtversicherers (eigene Tilgungsbestimmung des Versicherers)

Eine Drittzahlung, vom Gesetz in § 267 BGB geregelt, liegt auch dann vor, wenn derjenige, derauf eine fremde Verbindlichkeit leistet, dem Schuldner dazu verpflichtet zu sein glaubt(MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, 812 RN 100). Auch dann wird – wie hier durch denHaftpflichtversicherer – solvendi causa auf eine Valutaschuld geleistet. DerHaftpflichtversicherer tilgt durch die Zahlung an den Gläubiger, wenn auch in Erfüllung seinerFreistellungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer (Deckungsverhältnis), regelmäßig einefremde Schuld, nämlich die Haftpflichtschuld seines Versicherungsnehmers gegenüber demGläubiger. Dabei handelt es sich um einen der praktisch bedeutsamsten Fälle der Drittzahlungauf fremde Schuld.

IV. Der Ausgleich im Fall der Drittzahlung (Direktkondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1,1. Alt. BGB)

Für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung in Fällen der Drittzahlung gilt nach heute ganzüberwiegend vertretener Auffassung der Grundsatz, daß der Zahlende direkt vom

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Scheingläubiger kondizieren kann, wenn die zu tilgende Verbindlichkeit nicht bestand. Dies giltjedenfalls unter der – hier vorliegenden – Voraussetzung, daß der vermeintliche Schuldner denZahlenden nicht oder nicht zurechenbar zu der Leistung veranlaßt hat. Dieser Beurteilung folgtder Senat. Wer auf fremde Schuld leistet, kann direkt vom Empfänger kondizieren, wenn undsoweit die Schuld nicht besteht. Bei einer nicht auf einer Weisung des vermeintlichen Schuldnersberuhenden Leistung ist kein hinreichender Zurechnungsgrund dafür ersichtlich, diesen statt desZahlenden als Leistenden anzusehen. Daher besteht keine Veranlassung, ihn in dieRückabwicklung einzubeziehen. Hätte der Kläger also auf eine nicht bestehendeSchadenersatzforderung der W-GmbH an diese geleistet, könnte er von ihr – direkt –kondizieren.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– VVeerrttrraagg zzuugguunnsstteenn DDrriitttteerr KKaarrtteeiikkaarrttee 1188//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 178; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 680 ff.)Bank

Versprechensempfänger = Versprechender= Gläubiger Deckungsverhältnis = Schuldner

A B

Valutaverhält-nis „Zuwendungsverhältnis“

§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt BGB

?

Dritter C

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A. Der unechte Vertrag zugunsten Dritter

Beim unechten Vertrag zugunsten Dritter steht dem Dritten C kein eigener Anspruchgegen die versprechende Bank B zu. Dieser Fall entspricht der Situation in denAnweisungsfällen. Es gelten dieselben bereicherungsrechtlichen Grundsätze (BGHZ 58,184, 187; 72, 246, 251). Kondiziert wird daher im jeweils fehlerhaften Rechtsverhältnis.Der Dritte C braucht nur dann herauszugeben, wenn das Valutaverhältnis mangelhaft ist,und der Versprechende B kann sich allein an den Versprechensempfänger A halten,sofern das Deckungsverhältnis fehlerhaft ist. Anderes gilt aber dann, wenn dieVoraussetzungen des § 822 BGB vorliegen.

B. Der echte Vertrag zugunsten Dritter

I. In den Fällen des echten Vertrages zugunsten Dritter ist sowohl derVersprechensempfänger A als auch der Dritte C forderungsberechtigt (§§ 328 Abs. 1,335 BGB). Die Zahlung der Versprechenden B weist damit einen Bezug zu zweiGrundverhältnissen auf – Fall der „Leistung im Doppelinteresse“. Wer istKondiktionsschuldner, der Versprechensempfänger A oder der Dritte C?

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1188//22

II. Die Zuerkennung eines eigenen Anspruchs an den Dritten C soll die Rechtsstellungdesselben stärken. Daher darf der Dritte C grundsätzlich nicht mit einer Kondiktion desVersprechenden belastet werden. Der Dritte C braucht regelmäßig nur mit demVersprechensempfänger A abzurechnen. Daher erfolgt grundsätzlich eine Gleichstellungdieses Falles mit der Lösung in den Fällen des unechten Vertrags zugunsten Dritter, d.h.es finden die Grundsätze über die Lösung der Anweisungsfälle Anwendung.

So BGHZ 58, 184, 187; BGHZ 72, 246, 251; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 681; EikeSchmidt, JZ 1971, 601, 606; F. Peters, AcP 173 (1973), 71 – 92.

III. Ausnahmen von diesen Grundsätzen

1. Eine Ausnahme hiervon liegt vor, wenn der Dritte ausschließlich anspruchsberechtigtist (Verzicht auf § 335 BGB) oder wenn der Vertrag zugunsten des Dritten zu dessenVersorgung verwendet wird (vgl. § 330 BGB). Das gilt insbesondere fürLebensversicherungen, die häufig Versorgungscharakter zugunsten eines nahenAngehörigen haben. Vielfach werden die Voraussetzungen des § 822 BGB erfüllt sein:

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Der Versprechensempfänger ist durch die Leistung des Versprechenden nicht bereichert,weil er sie ohne Entgelt an den Dritten geleistet hat. Dann erfolgt die Kondiktionzwischen dem Versprechenden und dem Dritten (B gegen C) gemäß § 822 BGB, vgl.Medicus BR, 19. Aufl. 2002 RN 682.

2. Es kann vorkommen, daß das Verhältnis zwischen dem Versprechenden und demDritten gegenüber dem Verhältnis zwischen Versprechendem undVersprechensempfänger unselbständig ist. Dann kann der Versprechende direkt bei dem– gleichsam nur akzessorisch berechtigten – Dritten kondizieren, so beispielsweise imFall BGHZ 58, 184. Dort lag ein besonderer wirtschaftlicher Schwerpunkt imRechtsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Drittbegünstigten, welcherausnahmsweise eine Kondiktion in diesem Verhältnis zuließ (so BGH, a.a.O.).

Dazu Giesen, Jura 1995, 169, 178; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 683 m.w.N.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 1188//33

3. Eine weitere Ausnahme liegt vor, wenn abweichend von der Regel des § 335 BGB einalleiniges Forderungsrecht des Dritten vereinbart worden ist.

Merke:

Beim echten Vertrag zugunsten Dritter ist Empfänger der Leistung des Versprechenden, wer inengerer Verbindung zu dem mit dieser Leistung verfolgten Zweck steht (h.M., vgl. Medicus, BR,19. Aufl. 2002 RN 683). Kondiktionsschuldner ist grundsätzlich der Versprechensempfänger,nicht der Dritte (Argument: besonderer Schutz durch Zuerkennung eines eigenen Anspruchs).

– – – –

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Ergänzungen:

Daneben gibt es weitere Fälle, in denen die Rechtsprechung eine Direktkondiktion beimZuwendungsempfänger zugelassen hat. Beispielsweise BGH, NJW 1982, 173 (Lohnpfändungbeim Arbeitnehmer gemäß §§ 829 ff. ZPO; der Arbeitgeber übersieht die Pfändungsfreigrenzender §§ 850 ff. ZPO): Bei einer irrtümlichen Zuvielzahlung des Drittschuldners steht ihm nachh.M. ein Direktanspruch gegen den Vollstreckungsgläubiger zu, da diesem die Interessenlagedes Dritten bekannt ist und er damit rechnen muß, im Falle der Überzahlung in Anspruchgenommen zu werden. Weiteres Beispiel: BGH, NJW 2002, 2871: Leistet der Drittschuldner anden Vollstreckungsgläubiger, weil er irrtümlich davon ausgeht, daß die gepfändete und zurEinziehung überwiesene Forderung besteht, kann er den gezahlten Betrag vomVollstreckungsgläubiger kondizieren (im Anschluß an BGHZ 82, 28).

– – – –

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 22,, 11.. AAlltt.. BBGGBB –– CCoonnddiiccttiioo oobb ccaauussaamm ffiinniittaamm KKaarrtteeiikkaarrttee 1199

I. Etwas erlangt

= jeder vermögenswerte Vorteil

II. Durch Leistung

= jede bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens

III. Rechtsgrund hat ursprünglich bestanden und ist später weggefallen

1. auflösende Bedingung, § 158 Abs. 2 BGB

2. Befristung, §§ 163, 158 Abs. 2 BGB

3. Vertragsaufhebung, § 311 BGB n.F. (§ 305 BGB a.F.)

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4. NICHT aber: die Anfechtung, wegen der in § 142 Abs. 1 BGB angeordneten Ex-tunc-Wirkung. Nach h.M. findet hier § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB Anwendung.Nach a.A. ist § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB erfüllt, wenn der Rechtsgrundursprünglich einmal bestanden hat. Dieser Streit hat kaum praktische Relevanz,wenn man von der Frage der Anwendbarkeit des § 814 BGB einmal absieht.Letzgenannte Vorschrift gilt für § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB, nicht jedoch für §812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB (Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 814 RN 2; BGHZ111, 125, 130; Begründung: Im Zeitpunkt der Leistung hat ein Rechtsgrund fürdie Erfüllung der Verbindlichkeit bestanden).

Vgl. zu dieser Streitfrage Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 812 RN 77; MüKo/Lieb, 3.Aufl. 1997, § 812 RN 148, die beide der – wohl vorzugswürdigen –Minderheitsauffassung folgen.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 22,, 22.. AAlltt.. BBGGBB –– CCoonnddiiccttiioo oobb rreemm KKaarrtteeiikkaarrttee 2200//11

== CCoonnddiiccttiioo ccaauussaa ddaattaa ccaauussaa nnoonn sseeccuuttaa

I. Etwas erlangt

= jeder vermögenswerte Vorteil

II. Durch Leistung

= jede bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens

III. Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolges

1. Der Sinn dieser Kondiktion lag im römischen Recht in folgendem: Es sollte eineRückforderungsmöglichkeit für eine Leistung geschaffen werden, die in Erwartung einer nicht

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einklagbaren Gegenleistung erbracht wurde, d.h. wenn für das Klagebegehren keine derabschließend katalogisierten actiones zur Verfügung stand.

2. Als der mit der Leistung bezweckte Erfolg ist diese nicht erzwingbare Gegenleistunganzusehen.

3. Erforderlich ist eine tatsächliche Einigung über den bezweckten Erfolg. Zwischen derLeistung und dem erwarteten Erfolg muß eine Verknüpfung derart bestehen, daß die Leistungvon der Zweckerreichung abhängig gemacht wird (KG, MDR 1984, 492). Die Einigung kannauch dadurch herbeigeführt werden, daß der den Zweck erkennende Empfänger die Leistungwiderspruchslos entgegennimmt (BGHZ 115, 263; BGHZ 44, 321, 323). Hierfür ist eine Abredeerforderlich. Die Einigung darf nicht die Qualität einer vertraglichen Abrede erlangen, da einesolche selbständig einklagbar wäre (BGH, NJW 1992, 2690).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2200//22

4. Zu dieser Vorschrift Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 691:

„a) Leistung ohne Verpflichtung

Entweder man beschränkt die condictio ob rem überhaupt auf die Fälle, in denen dieLeistung nicht auf eine Verpflichtung hin erfolgt. Dann muß der Leistende ja etwasanderes beabsichtigen als die Erfüllung. Als solche anderen Zwecke kommen in Betrachtdie Begründung eines Rechtsverhältnisses (etwa Barkauf, Handschenkung), das Erlangeneiner nicht geschuldeten Gegenleistung (z.B. einer Erbeinsetzung, die eine Dienstleistungvergüten soll) oder überhaupt ein nicht geschuldetes Verhalten des Empfängers (z.B. einebestimmte Verwendung des überlassenen Geldes, eine Eheschließung: OLG Stuttgart,NJW 1977, 1779 f.).

b) Leistung zu einem Erfolg jenseits der Erfüllung

Oder aber man erstreckt die condictio ob rem auch auf Leistungen, mit denen eineVerbindlichkeit erfüllt werden sollte und erfüllt worden ist. Dann muß der bezweckte

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Erfolg, dessen Nichteintritt die Kondiktion begründet, ein über die Erfüllunghinausgehender sein.“

Die Rechtsprechung hält letzteres für ausreichend, vgl. BGH, NJW 1984, 233 zurVerfehlung des Schenkungszwecks.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2200//33

5. Der Problemfall der Kombination von Vertrag und Nebenzweck

Die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB ist für den Fallumstritten, daß der angestrebte Erfolg neben eine vertragliche Verpflichtung tritt(Beispiel: Verkauf eines Grundstücks, bei dem die Parteien außervertraglich davonausgehen, daß das Grundstück für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll –etwa den Bau eines Kindergartens –, wozu es dann aber nicht kommt).

a) T.v.A. Literatur

Die Vorschrift ist nicht einschlägig, da jedenfalls ein rechtlicher Grund in Form eineswirksamen Vertrages vorhanden ist. Maßgeblich für die rechtliche Einordnung des Fallesist danach allein der vertraglich vereinbarte Hauptzweck, nicht jedoch sonstige von denParteien vereinbarte Nebenzwecke oder Motive. Eine mögliche Rückabwicklungderartiger Verträge bemißt sich daher ausschließlich nach den Grundsätzen über denWegfall der Geschäftsgrundlage (jetzt § 313 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 BGB).

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So Staudinger/Lorenz, 13. Bearb. 1994 / Neubearb. 1999, § 812 RN 105.

b) BGH und h.M.

Nach der herrschenden Meinung ist § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB nicht anwendbar,wenn ein gewisser Umstand zwischen beiden Parteien zur Geschäftsgrundlage gewordenist.

(Fortsetzung auf der folgenden Karteikarte)

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2200//44

Begründung:

Die Rückabwicklung des gestörten Schuldverhältnisses über das Institut des Wegfalls derGeschäftsgrundlage ist wesentlich flexibler als das Bereicherungsrecht, da dieMöglichkeit besteht, den Vertrag an die veränderten Umstände anzupassen oder eineabgestufte Rückabwicklung durchzuführen, während über § 812 BGB nur eine totaleRückabwicklung der erbrachten Leistungen möglich ist. Eine Ausnahme macht der BGH,wenn mit der Leistung ein über die Gegenleistung hinausgehender Erfolg nach der derzwischen den Parteien getroffenen tatsächlichen Einigung als Zweckvereinbarunghinzutreten sollte, dieser Erfolg aber nicht eintritt. Voraussetzung ist, daß sich beideParteien über den „sonstigen Zweck“ ausdrücklich geeinigt haben. Ein beiderseitigesMotiv, wie es für die Geschäftsgrundlage ausreichend ist, genügt dafür nicht (BGH,NJW-RR 1986, 945; NJW-RR 1990, 827).

So BGH, NJW 1975, 776; NJW 1977, 950; NJW 1992, 2690; Soergel/Mühl, 12. Aufl.1988, § 812 RN 206; Joost, JZ 1985, 10, 13.

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Im innerfamiliären Bereich – etwa bei der Mitarbeit des Ehegatten im gemeinsamenBetrieb, bei der Errichtung eines gemeinsamen Familienheims usw. wird nach derScheidung nach h.M. § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB durch die Regeln über denZugewinnausgleich als leges speciales verdrängt (BGHZ 47, 157; BGH, NJW 1994,2545).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2200//55

6. Der Problemfall der Erbringung von Arbeitsleistungen gegen geringes Entgelt inder Erwartung späterer Erbeinsetzung

Problematisch ist weiter der Fall Erbringung einer Arbeitsleistung gegen (objektiv) vielzu geringes Entgelt in der Erwartung einer späteren Erbeinsetzung.

a) Nach der Literatur (Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 692) greifen in diesen Fällen§§ 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB bezüglich des nicht vom Entgeltabgedeckten Teiles.

Argument: Es liege insoweit eine Leistung vor, die nicht auf eine eigene oder fremdeVerpflichtung hin erbracht worden sei.

b) Nach der Rechtsprechung des BAG und des BGH erfolgt die Lösung über § 612BGB (was nach der früheren Rechtslage die Folge der kurzen Verjährung nach § 196Abs. 1 Nr. 8 BGB nach sich zog, vgl. Giesen, Jura 1995, 169, 179 mit FN 95). DerLeistende habe einen Anspruch auf die gewöhnliche (taxmäßige) Vergütung aufgrundeines „faktischen Vertrages“. Die vertragliche Regelung des § 612 BGB schließe die

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Anwendbarkeit des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB aus, weil eine erzwingbareGegenleistung vorliege.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2200//66

IV. Rechtsprechung zum Anwendungsbereich der condictio ob rem

1. BGHZ 44, 321

Erbringung einer einmaligen Leistung in der erkennbaren Erwartung, derLeistungsempfänger werde den Leistenden zum Erben einsetzen;

2. BGH, NJW 1976, 239

Erfaßt sind weiter Vorschußleistungen, die in Erwartung einer künftigen, dann ab er dochnicht zur Entstehung gelangenden Verpflichtung erbracht werden (Palandt/Sprau, 62.Aufl. 2003, § 812 BGB RN 89), insbesondere die Vorleistung auf einen von beidenVertragsparteien wegen § 313 S. 1 BGB a.F. (§ 311 b Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) alsschwebend unwirksam erkannten Grundstückskaufvertrag.

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3. BGH, VersR 1990, 538

Ebenso erfaßt ist der Fall der Bestellung einer Grundschuld und Unterwerfung unter diesofortige Zwangsvollstreckung mit dem Ziel, eine Strafanzeige zu vermeiden, die dannspäter doch gestellt wird.

4. BGH, NJW 2001, 3118

Bereicherungsansprüche des Mieters (aus §§ 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB)wegen der Bebauung eines fremden Grundstücks in der berechtigten Erwartung desspäteren Eigentumserwerbs (condictio ob rem) werden auch nach der Beendigung desMietverhältnisses nicht durch §§ 994 ff. BGB ausgeschlossen.

Vgl. dazu auch BGHZ 10, 171; BGHZ 44, 321; BGHZ 108, 256; BGH, NJW 1996, 52.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2200//77

Merke:

I. Vorrang der WGG-Grundsätze vor dem Bereicherungsrecht

Die Grundsätze zum Fehlen bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage (jetzt §§ 313 Abs. 2, 3, 241Abs. 2, 280 BGB) gehen als vertragliche Regelung der condictio ob rem vor und schließen dieseaus (BGH, NJW 1992, 2690; die Literatur ist insoweit zum Teil kritisch eingestellt). Einerestriktive Handhabung des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB ist daher angezeigt.

II. Vornahme der Abgrenzung zwischen WGG und § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB:

1. Die WGG-Grundsätze greifen bereits bei einem beiderseitig übereinstimmendenMotiv ein, d.h. es ist keine tatsächliche (ausdrückliche) Einigung oder Abredeüber diesen Umstand nötig.

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2. Liegt eine tatsächliche Einigung über einen sonstigen Zweck vor, greift dieVorschrift des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB ein.

3. In den WGG-Fällen liegen die jeweiligen Umstände, die zum Wegfall derGeschäftsgrundlage führen, außerhalb der Einflußsphären der Parteien („höhereGewalt“).

III. Zur Abgrenzung von Motivirrtum und § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB

In den Fällen des Motivirrtums geht es um einseitige Fehlvorstellungen einer derbeteiligten Parteien; § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB greift dann nicht.

Zum Ganzen Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 812 RN 86 – 92; Medicus, BR, 19. Aufl.2002 RN 691 – 693.

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ZZuurr AAbbggrreennzzuunngg zzwwiisscchheenn §§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 22,, 11.. AAlltt.. BBGGBB uunndd KKaarrtteeiikkaarrttee 2211§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 22,, 22.. AAlltt.. BBGGBB

A. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB

I. Leistungszweck

Der Leistungszweck besteht bei dieser Norm in der Erfüllung einer Verbindlichkeit(Leistung solvendi causa).

II. Problem

Kann bei § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB über den Tilgungszweck hinaus ein „sonstigerZweck“ berücksichtigt werden? Dazu BGH, NJW 1990, 1789: Rechtsgrund der Leistungwar ein Leihvertrag, der zunächst fortbestand. Darüber hinaus war der Zweck derRenovierungsarbeiten des Leistenden die Erlangung eines lebenslangen Wohnrechts.Dieses Ziel ist als „sonstiger Zweck“ zu qualifizieren, da aus dem Leihvertrag keineVerpflichtung zur Leistungserbringung – den Renovierungsarbeiten – hergeleitet werden

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konnte. Der Rechtsgrund Leihvertrag fiel mit dem Abschluß eines neuen Mietvertragesweg, so daß der BGH den Kondiktionsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGBbejahte.

B. Stellungnahme

Diese Entscheidung stellt wohl eine nicht verallgemeinerungsfähige Einzelfallentscheidung dar.Näher liegt die Anwendung des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB. Möglicherweise war nachMeinung des BGH diese Norm deshalb nicht einschlägig, weil die Zweckerreichung bereits mitErrichtung des Familienheims erfolgt war. Im übrigen gibt es nach der Rechtsprechung des BGHkeine weiteren Bereicherungsansprüche in innerfamiliären Beziehungen.

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§§ 881133 AAbbss.. 11 SS.. 11 BBGGBB KKaarrtteeiikkaarrttee 2222//11

–– LLeeiissttuunngg aauuff eeiinnee eeiinnrreeddeebbeehhaafftteettee FFoorrddeerruunngg

§ 813 Abs. 1 BGB enthält eine den § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB ergänzende Sondervorschriftzur Bereicherung wegen Leistung auf eine nicht bestehende Schuld (condctio indebiti). § 813Abs. 2 BGB enthält dagegen einen Ausschlußtatbestand.

I. Bereicherungsschuldner hat etwas erlangt

S.o.

II. Durch Leistung

S.o.

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III. Ohne Rechtsgrund (wegen dauernder Einrede gegen die Forderung)

§ 813 BGB ist eine ergänzende Sondervorschrift zu § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. DieVermögensmehrung ist ohne Rechtsgrund erfolgt, wenn der mit der Vermögensmehrungverfolgte Zweck verfehlt wird. Dies gilt nach § 813 Abs. 1 S. 1 BGB auch dann, wenn zwar eineVerbindlichkeit besteht, der hieraus abgeleitete Anspruch des anderen Teils aber dauerndeinredebehaftet ist. Der Zweck, einen durchsetzbaren Anspruch zu befriedigen, wird hierverfehlt. Wirtschaftlich betrachtet wird eine Nichtschuld getilgt.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2222//22

1. Einreden nach § 813 Abs. 1 BGB

a) Erfaßt sind nur echte Einreden, nicht aber Einwendungen.

b) Die echte Einrede muß eine dauernde / peremptorische sein, z.B. §§ 821; 853; 2083; 2345;1973, 1975, 1990 BGB.

c) Von diesen dauernden Einreden ist kraft Gesetzes die Einrede der Verjährung ausgenommen,§ 813 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 214 Abs. 2 BGB: Der Bereicherungsanspruch ist also ausgeschlossenbei freiwilliger Leistung auf eine verjährte Forderung in Unkenntnis der Verjährung, Ausnahmebei Zahlung auf erstes Anfordern (Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 813 RN 4).

d) Bei Anfechtbarkeit greift § 813 Abs. 1 S. 1 BGB gleichfalls nicht ein, da trotz § 142 Abs. 2BGB (Kenntnis des Anfechtungsrechts) bis zur Erklärung der Anfechtung durch den Empfängereine wirksame Verpflichtung bestand (Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 813 RN 4; RGZ 151,361, 376).

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e) Die Rückforderung ist ferner ausgeschlossen bei der Erfüllung von unvollkommenenVerbindlichkeiten, z.B. §§ 656, 762 ff. (Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 813 RN 4).

f) Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 74, 292; 144, 93) war § 813 Abs. 1 S. 2BGB analog auch auf § 478 BGB a.F. anwendbar (Fallkonstellation: Der Käufer einermangelhaften Sache zahlt nach rechtzeitiger Mängelanzeige, nach Eintritt der Verjährung kanner den gezahlten Betrag nicht zurückverlangen). Argument: Andernfalls wäre die im Interessedes Rechtsverkehrs schnelle Abwicklung von Kaufverträgen nachhaltig gestört. Nach derVerjährung des Gewährleistungsanspruchs soll kein Vermögensausgleich mehr stattfinden. –Durch die Schuldrechtsreform ist § 478 BGB a.F. durch § 438 Abs. 4 BGB ersetzt worden.Danach gilt folgendes: Hat der Käufer den Kaufpreis voll oder teilweise bezahlt, kann er ihnnicht zurückfordern (§§ 438 Abs. 4 S. 1, 2; 218 Abs. 2; 214 Abs. 2 S. 1 BGB). Hat er noch nichtoder nur zum Teil bezahlt, kann er die Zahlung ganz oder hinsichtlich des offenen Restsverweigern, dann aber mit der Folge des Rücktrittsrechts des Verkäufers, § 438 Abs. 4 S. 3 BGB(Palandt/Putzo, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, Ergänzungsband zur 62. Aufl.2003, § 438 RN 19).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2222//33

2. Betagte Verbindlichkeit nach § 813 Abs. 2 BGB

Betagte Verbindlichkeit ist gleichbedeutend mit „noch nicht fällige Forderung“.

IV. Keine rechtshindernden Einwendungen

§§ 814, 817 S. 2 BGB gelten analog. � § 813 Abs. 1 S. 1 BGB (–) bei Kenntnis der Einrede(§ 814, 1. Alt. BGB analog).

V. Rechtsfolge

Rückforderungsanspruch bezüglich des zum Zwecke der Erfüllung Geleisteten.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 22/3)

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§§ 881177 SSaattzz 11 BBGGBB –– CCoonnddiiccttiioo oobb ttuurrppeemm vveell iinniiuussttaamm ccaauussaamm KKaarrtteeiikkaarrttee 2233//11

(Giesen, Jura 1995, 169, 180; Medicus, BR 19. Aufl. 2002 RN 694 f.; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, 13.Aufl. 1994, § 68 I 6, S. 157 f.)

A. Voraussetzungen

I. Etwas erlangt

= jeder vermögenswerte Vorteil

II. Durch Leistung

= bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens

III. Zweck der Leistung war derart bestimmt, daß der Empfänger durch die Annahmegegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB)verstoßen hat

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IV. Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist verhältnismäßig gering:

1. In der Regel ist in den Fällen der sittenwidrigen Leistungsannahme auch dasKausalgeschäft nichtig, so daß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB eingreift (condictioindebiti).

2. § 817 S. 1 BGB greift aber dann ein, wenn andere Leistungskondiktionsansprüche durch§ 814 BGB oder § 815 BGB ausgeschlossen sind.

3. Die Vorschrift greift ein, wenn das Grundgeschäft gültig ist, weil der Gesetz- oderSittenverstoß allein durch den Empfänger der Leistung für die §§ 134, 138 BGB nichtgenügt. Praktische Anwendungsfälle des § 817 S. 1 BGB sind die Erpressung nach§§ 253, 255 StGB sowie die einfache Beamtenbestechung (Vorteilsannahme gemäߧ 331 StGB, bei der sich nur der den Vorteil annehmende Beamte strafbar macht;insoweit a.A. Canaris, a.a.O.). In diesen Fällen bleibt nach h.M. der zugrundeliegendeSchenkungsvertrag wirksam.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2233//22

B. Problem: Subjektiver Tatbestand bei § 817 S. 1 BGB?

I. T.v.A.

Ein objektiver Gesetzes- oder Sittenverstoß ist ausreichend. Argument: Die ratio legisder Norm besteht in der Verhinderung der Aufrechterhaltung einer unrechtmäßigenGüterzuordnung.

II. BGH und h.M.

1. Der Empfänger der Leistung muß die positive Kenntnis von dem Gesetzesverstoßbzw. das Bewußtsein haben, sittenwidrig zu handeln (BGHZ 50, 90, 92; BGH,NJW 1980, 452; BGH, NJW-RR 1992, 1110; BGH, NJW 1996, 1157; BGH,NJW 2000, 1560, 1562); ein leichtfertiges Sichverschließen vor dem Verbot bzw.der Sittenwidrigkeit des Handelns reicht aus (BGH, NJW 1989, 3217).

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2. Nicht erforderlich ist das Bewußtsein der Vertragsnichtigkeit oder einleichtfertiges Sichverschließen vor der Rechtsfolge (= Nichtigkeit des Vertrages)des Verstoßes (BGH, NJW 1993, 2108). Nach Auffassung von BGHZ 50, 90 istnicht ausreichend das bloße Kennenmüssen des Verbots, selbst grobfahrlässigesHandeln gegen ein gesetzliches Verbot soll nicht ausreichen („Wissen undWollen“), a.A. Soergel/Mühl, 12. Aufl. 1988, § 817 RN 31, 35.

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SSoonnddeerrpprroobblleemm:: UUnnbbeennaannnnttee ZZuuwweenndduunnggeenn uunntteerr EEhheeggaatttteenn KKaarrtteeiikkaarrttee 2244//11

Beispiel: Die F wendet für Renovierungsarbeiten an einem Haus, das M allein gehört,€ 30.000 auf. Die Ehe zwischen F und M wird kurz darauf geschieden.Ausgleichsansprüche der F gegen M?

A. § 488 Abs. 1 BGB – (Geld-) Darlehen (–)

F und M haben keine Rückzahlungsvereinbarung getroffen.

B. §§ 705 ff. BGB – Ausgleich zwischen Gesellschaftern eine GbR?

Die Ehe ist an sich keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Eine Ehegatteninnengesellschaft liegterst dann vor, wenn der Gesellschaftszweck über die Ehe hinausgeht (Firma,Immobilieninvestitionen, Haus zur Vermietung und sonstige Renditeobjekte). DasFamilienwohnheim, das von den Eheleuten gemeinsam bewohnt wird, gehört nicht dazu.

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C. §§ 530, 531, 812 BGB – schenkungsrechtlicher Ausgleich?

Das Schenkungsrecht ist grundsätzlich nicht anwendbar, da keine unentgeltliche Zuwendungvorliegt, sondern eine unbenannte Zuwendung, die als „Gegenleistung“ des Ehegatten zuqualifizieren ist. Es liegt regelmäßig auch kein „grober Undank“ vor, wenn die Ehe in die Brüchegeht. Ausnahme in den Fällen der anlaßbedingten Schenkung möglich.

D. Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§§ 313 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2,280 Abs. 1 BGB)?

Nach Auffassung des BGH sind die Grundsätze des WGG nur bei Gütertrennung anwendbar, dain diesen Fällen kein Zugewinnausgleich über § 1378 BGB erfolgt. Im gesetzlichen Güterstandder Zugewinngemeinschaft verdrängen die Vorschriften über den Zugewinnausgleichregelmäßig die WGG-Grundsätze. Ausnahme: Die Anwendung des § 1378 BGB (und der ausdieser Bestimmung resultierende hälftige Ersatz) stellt eine „schlechthin unangemessene undunzumutbare“ Benachteiligung eines Ehegatten dar. Beispiel: Ehe von sehr kurzer Dauer (unterzwei Jahren), vgl. BGH, NJW 1989, 1921; BGH, NJW 1993, 386, BGH, NJW 1994; BGH, NJW1995, 3383.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2244//22

E. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB (–)

Es besteht keine Verbindlichkeit zwischen F und M.

F. § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB

Die Vorschrift greift nicht ein, weil der gemeinsame Zweck (Schaffung bzw. Erhaltung desFamilienwohnheims) erreicht wurde.

Folge: Im Beispielsfall erfolgt der Ausgleich nur über § 1378 BGB.

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G. In den „Überkreuzfällen“ (Schwiegereltern gegen Schwiegerkinder) im Falle vonSchenkungen anläßlich der Ehe gibt es zwei Lösungswege: OLG Oldenburg, NJW 1994, 1539löst über WGG in Höhe der Hälfte der geleisteten Zuwendung, weil die Ehe angeblichGeschäftsgrundlage dieser Zuwendung gewesen sei. OLG Köln, NJW 1994, 1540 geht denWeg über § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB, weil der Fortbestand der Ehe als sonstiger Zweck zuqualifizieren sei. Beide Entscheidungen sind angreifbar.

– – – –

Beachte: Bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gibt es nicht einmal denZugewinnausgleich. Es gilt der Grundsatz: „Wer hat, der zahlt, und bekommtnichts zurück.“

Zum bereicherungsrechtlichen Ausgleich nach Ende einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, wenn ein Partner (zuSicherungszwecken) ein abstraktes Schuldanerkenntnis abgegeben hat, vgl. BGH, NJW-RR 1999, 573: Dasabstrakte Schuldanerkenntnis enthält grundsätzlich nur eine zusätzliche Forderung des Gläubigers, der gemäߧ§ 812 Abs. 2, 821 BGB die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung entgegengehalten werden kann, falls diegesicherte Schuld nicht oder nicht mehr besteht.

– – – –

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2244//33

Beachte ferner BGHZ 142, 300 zu § 822 BGB mit folgenden bemerkenswerten Aussagen:

„Ob der Empfänger das Erlangte seinem Ehegatten als Drittem unentgeltlich zugewandt hat, istim Verhältnis zum Gl. nicht nach Gesichtspunkten des ehelichen Güterrechts zu beurteilen. VomMerkmal der Unentgeltlichkeit i.S.d. § 822 BGB sind sowohl unentgeltliche Zuwendungen i.S.d.Schenkungsrechts als auch in Regelfall sonstige, objektiv unentgeltliche »unbenannte«Zuwendungen erfaßt.“

Diese wichtige Entscheidung wird bestätigt durch BGH, NJW-RR 2001, 6.

Merke:

1. Die unbenannte Zuwendung ist für den Gläubiger eine unentgeltliche im Sinne des § 822BGB.

2. Das eheliche Güterrecht spielt für § 822 BGB keine Rolle – Behandlung wie eineSchenkung.

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§ 822 BGBKläger Beklagte /(Landkreis) i.V.m. § 90 BSHG Ehefrau

(Forderungsübergang) (+)

4. 1989 ff. unbenannte 3. 1988 / 89Erbringung von Zuwendungen 188.000,– DMSozialhilfeleistungen (Hausbau / Kauf(Heimkosten) einer Einliegerwohnung)

Schwiegermutter 2. 188.000,– DM Sohn /des Beklagten Ehemann

§ 516 BGB1. 1985240.000,–§§ 433, 873, 925 BGB

BGHZ 142, 300X

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§§§§ 881144,, 881155,, 881177 SSaattzz 22 BBGGBB –– KKoonnddiikkttiioonnssssppeerrrreenn KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//11

A. § 814 BGB

§ 814 BGB gilt (direkt) nur für den Fall des § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Die Norm enthältzwei verschiedene Fallgruppen:

I. Leistung in Kenntnis der Nichtschuld

1. Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung. Nichtausreichend ist die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichenVerpflichtung ergibt. Der Leistende muß vielmehr auch wissen, daß er nach derRechtslage nichts schuldet (BGH, NJW 1991, 919). Kennenmüssen genügt nicht, auchdann nicht, wenn die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht.

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Zur Wissenszurechnung des Vertreters vgl. BGH, NJW 1999, 26, Leitsatz:

„Wird im Wege der Leistungskondiktion eine Leistung zurückgefordert, die durch einenVertreter erbracht worden ist, so ist grundsätzlich dessen Kenntnis dafür maßgeblich, obdie Kondiktion nach § 814 BGB ausgeschlossen ist. Handelte der Vertreter auf Weisung,so ist auf das Wissen der Person abzustellen, die die Weisung erteilt hat.“

2. § 814 BGB ist nicht einschlägig, wenn die Leistung ausdrücklich unter Vorbehalt erfolgte(BGHZ 88, 278, 282), denn durch den Vorbehalt gibt der Leistende zu erkennen, daß ernicht ohne Rücksicht auf eine etwaige Verbindlichkeit zu zahlen bereit ist.

3. § 814 BGB greift nicht ein, wenn die Leistung zwar in Kenntnis der Formungültigkeitdes Rechtsgeschäfts erfolgt, aber in der beiderseitigen Erwartung, das Rechtsgeschäftwerde vollzogen und der Formmangel damit geheilt (BGH, NJW 1999, 2892, 2893; NJW1980, 451).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//22

II. Sittliche oder Anstandspflicht

§ 814 Halbsatz 2 BGB betrifft den Fall, daß der Leistende irrtümlich glaubte, zur Leistungverpflichtet zu sein, obwohl die Verbindlichkeit objektiv nicht bestand. DerBereicherungsanspruch ist trotz des fehlenden Rechtsgrunds ausgeschlossen, wenn die Leistungobjektiv einer sittlichen oder Anstandspflicht entsprach. Unerheblich ist, ob sich der Leistendedieses Umstands bewußt war. Hat er von vornherein in der Absicht geleistet, nur eine solchePflicht zu erfüllen, greift schon § 814 Halbsatz 1 BGB ein.

Beispiele: Gewährung von Unterhalt an Verwandte, denen gegenüber keineUnterhaltspflichten bestehen; Gewährung üblicher Trinkgelder;

Gegenbeispiel: Unterhaltsgewährung in der irrtümlichen Annahme, der Erzeuger einesnichtehelichen Kindes zu sein

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 25/2)

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B. 815 BGB

§ 815 BGB ist ausschließlich auf die condictio ob rem gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGBanwendbar. Die Vorschrift des § 815 BGB erfaßt zwei Fallgruppen:

I. Unmöglichkeit des Erfolgseintritts (§ 815, 1. Alt. BGB)

1. Die Rückforderung des Geleisteten ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs austatsächlichen oder rechtlichen Gründen von Anfang an dauernd unmöglich war und derLeistende dies gewußt hat (RGZ 116, 336). Es ist insoweit die positive Kenntnis desLeistenden erforderlich, d.h. bloße Zweifel an der Möglichkeit des Erfolgseintrittsgenügen nicht.

2. § 815 BGB ist unanwendbar, wenn in der Annahme geleistet wurde, daß die zur Zeit derLeistung bestehende Unmöglichkeit des Erfolgseintritts später behoben wird; ebenso,wenn die Unmöglichkeit später eintritt, auch wenn der Leistende damit gerechnet hat.

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II. Verhinderung des Erfolgseintritts wider Treu und Glauben (§ 815, 2. Alt. BGB)

Insoweit stellt § 815 BGB eine Ausprägung von Treu und Glauben dar (§ 242 BGB),vergleichbar § 162 BGB. Es genügt, daß der Leistende ohne zwingenden Grund eineHandlung vornimmt, die bewußtermaßen dazu geeignet ist, den Erfolg zu verhindern.Nicht erforderlich ist die Absicht des Leistenden, den Erfolg zu verhindern. Die Begriffe„Treu und Glauben“ sind wie in § 242 BGB zu verstehen.

Zu dieser Vorschrift vgl. BGH, NJW 1999, 2892, Leitsatz:

„Die Rückforderung des Grundstückspreises ist nicht bereits deswegen ausgeschlossen,weil die fehlgeschlagene Erwartung hinsichtlich einer bestimmten Bebaubarkeit desGrundstücks und der damit einhergehenden Finanzierungsmöglichkeit zum Anlaßgenommen wurde, sich von dem formungültigen Vertrag loszusagen.“

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//44

Aus den Gründen, a.a.O. S. 2893:

„… Grundsätzlich können sich die Parteien eines formnichtigen Kaufvertrags auf dessenNichtigkeit berufen und den gezahlten Kaufpreis zurückfordern, ohne sich dadurch demVorwurf des treuwidrigen Handelns auszusetzen (BGH, WM 1983, 1340 [1342] …). ImHinblick auf die in § 313 S. 2 BGB enthaltene Regelung sind an das Vorliegen einesVerstoßes gegen Treu und Glauben i.S. von § 815 Alt. 2 BGB strenge Anforderungen zustellen … Denn die in § 313 S. 2 BGB angeordnete Voraussetzung einer Heilung desFormmangels darf nicht auf dem Umweg über § 815 BGB einseitig zu Lasten desleistenden Vertragsteils herabgesetzt werden …“

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 25/4)

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C. § 817 Satz 2 BGB

I. Wortlaut

1. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die Rückforderung des Geleisteten ausgeschlossen,wenn sowohl der Leistungsempfänger als auch der Leistende selbst gegen die gutenSitten verstoßen haben. � Der Kläger kann sich zur Anspruchsbegründung nicht auf seineigenes unlauteres Verhalten berufen. Bei zweiseitigen Rechtsgeschäften handelt derVorleistende auf eigenes Risiko, da er wegen der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts wederErfüllung verlangen noch seine eigene Leistung zurückfordern kann.

2. Leistung im Sinne der Vorschrift sind nur solche Zuwendungen, die nach dem nichtigenVertragsverhältnis endgültig in das Vermögen des Empfängers übergehen sollten (BGH,NJW-RR 1994, 192; NJW-RR 1995, 130).

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II. Korrekturen des Wortlauts

1. Erste Korrektur

§ 817 S. 2 BGB gilt auch dann, wenn nur dem Leistenden (und nicht zugleich auch demLeistungsempfänger) ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt. Argument: Der Empfängerdarf bei rechtlich einwandfreiem Verhalten nicht schlechter stehen als bei makelhaftem.

2. Zweite Korrektur

§ 817 S. 2 BGB schließt nicht nur die Kondiktion nach § 817 S. 1 BGB aus, sondern auch dieübrigen Leistungskondiktionsansprüche nach § 812 BGB. Argumente: § 817 S. 2 BGB enthältein allgemeines Rechtsprinzip. Das Bereicherungsrecht soll einheitlich ausgelegt werden. Wennein Vertrag in den Fällen des Gesetzes- oder Sittenverstoßes nach den §§ 134, 138 BGB nichtigist, steht neben dem Anspruch aus § 817 S. 1 BGB regelmäßig der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S.1, 1. Alt. BGB. Wollte man den Ausschlußtatbestand des § 817 S. 2 BGB lediglich auf denAnspruch aus § 817 S. 1 BGB beschränken, liefe Satz 2 der Vorschrift praktisch leer (BGHZ 35,103, 107).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//66

3. Praktisches Beispiel zu § 817 S. 2 BGB

BGH, NJW 1997, 2314:

In dem Fall ging es um ein Gewinnspiel, das nach dem „Schneeballprinzip“ darauf angelegt war,daß die große Masse der Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muß, und das deshalb wegenVerstoßes gegen die guten Sitten nichtig war (§ 138 Abs. 1 BGB). Das Berufungsgericht hattewegen Sittenwidrigkeit des Spielvertrages einen Bereicherungsanspruch des Klägers aus §§ 812Abs. 1 S. 1, 138 BGB bejaht. Dieser scheitere weder an § 762 BGB noch an § 817 Abs. 2 BGB.Diese Beurteilung hielt der revisionsrechtlichen Prüfung durch den BGH stand.

Zu § 817 S. 2 BGB führt der BGH a.a.O. aus:

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„Die Revision bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie geltend macht, der vom Berufungsgerichtbejahte Bereicherungsanspruch müsse an § 817 S. 2 BGB scheitern. Dabei kann dahinstehen, obdie Voraussetzungen dieser Vorschrift schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Kläger durch dieZahlung der ,Einstiegsbeträge‘ nicht gegen die guten Sitten verstoßen hat. Selbst wenn man dasdeshalb bejahen wollte, weil er nur durch diese Zahlungen den Zugang zu dem anstößigenSpielsystem erhielt, so kann jedenfalls auch nach Auffassung des Senats nicht festgestelltwerden, daß der Kläger sich einer solchen möglichen Sittenwidrigkeit auch bewußt gewesen ist,auch nicht, daß er sich dieser Einsicht leichtfertig verschlossen hat (vgl. hierzu BGHZ 50, 90, 92;75, 299, 305 …). Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob die Hilfserwägung desBerufungsgerichts zutrefft, auch für den Fall, daß man die Unkenntnis eines Teilnehmers alsbesondere Leichtfertigkeit annehmen müßte, sei ein Rückzahlungsanspruch nach Treu undGlauben nicht ausgeschlossen. Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts istder Kläger über die Risiken und Verlustgefahren weitgehend im Unklaren gelassen worden, sodaß er die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit nicht erkennen konnte. Durch eine Reihe vonverschleiernden Regeln – wie z.B. ,Dynamikeinstiege‘ und ,Sicherheitsfond‘ – wurde dasSpielsystem bewußt undurchsichtig gestaltet und die Kenntnis der Teilnehmer von denZusammenhängen erschwert.“

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//77

III. Besonderheiten des Leistungsbegriffs bei § 817 S. 2 BGB

Voraussetzung der Leistung nach § 817 S. 2 BGB ist, daß der Vermögensvorteil endgültig in dasVermögen des Leistungsempfängers übergegangen ist und dort auch verbleiben soll. Daher ist§ 817 S. 2 BGB nicht einschlägig, wenn die Leistung nur zu einem vorübergehenden Zweckerbracht wurde und sie ihrer Natur nach zurückgewährt werden muß:

– BGHSt 19, 205: Bestellung einer Grundschuld zu Sicherungszwecken;

– LG München, MDR 1977, 228: Darlehensgewährung an einen Bordellinhaber;

– BGH, NJW 1983, 1420: sittenwidriger Teilzahlungskredit,

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oder wenn der Empfänger wirtschaftlich nicht endgültig in dem Genuß der Leistung verbleibensoll

– Kautions- und Treuhandzahlungen (vgl. Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 817 RN 17;zum Wucherdarlehen unten).

Für den Paradefall des sittenwidrigen Darlehens bedeutet das folgendes: Beim Darlehen soll derDarlehensnehmer das Kapital vereinbarungsgemäß nicht endgültig, sondern nur vorübergehend zurNutzung erhalten. Sittenwidrige Leistung im Sinne des § 817 S. 2 BGB ist nicht die Überlassung derDarlehenssumme als solche, sondern deren zeitweilige Nutzung durch den Darlehensnehmer. DerAnspruchsausschluß gemäß § 817 S. 2 BGB bezieht sich daher nur auf die entgeltliche Überlassung derDarlehenssumme für einen bestimmten Zeitraum (BGH, NJW 1995, 1152; NJW 1993, 2108;Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 812 RN 23). Der Kreditgeber ist verpflichtet, dem Darlehensnehmer dievereinbarte Darlehenssumme für die (rechtsunwirksam) vereinbarte Zeit zu überlassen. Danach kann erdie Rückzahlung der Darlehensvaluta verlangen (BGH, a.a.O.). Weitere Einzelheiten dazu sogleich.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//88

IV. Der entscheidende Zeitpunkt

Maßgebender Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung ist allein der Zeitpunkt der Leistung.Weder eine spätere sittenwidrige Abrede noch die spätere Verletzung einer Verbotsnorm stehendem Rückforderungsanspruch entgegen. Bei konkurrierenden Beweggründen – sittenwidrigenwie sittlich einwandfreien – ist ein Bereicherungsanspruch des Kondiktionsgläubigers nichtausgeschlossen, wenn die Leistungserbringung durch die sittlich einwandfreien Motivehinreichend gerechtfertigt ist. Bei mehreren Leistungen, die in einem Vertrag vereinbart wurden,ist der Rückforderungsausschluß für jede Leistung gesondert zu prüfen; § 139 BGB ist nicht zuprüfen.

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V. Das Vorsatzerfordernis

1. Erforderlich ist die positive Kenntnis von dem Gesetzesverstoß bzw. das Bewußtsein,sittenwidrig zu handeln (BGHZ 50, 90).

2. Leichtfertiges Handeln steht dem vorsätzlichen Gesetzes- oder Sittenverstoß gleich, d.h.die grobfahrlässige Unkenntnis und das leichtfertige Sichverschließen in Bezug auf dasVerbot bzw. die Sittenwidrigkeit des Handelns reichen aus (BGH, NJW 1983, 1420;1989, 3217).

Beachte: Die Beweislast des Bereicherungsschuldners führt häufig zum Scheitern desAnspruchs.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//99

VI. Einzelfälle zzuu §§ 881177 SS.. 22 BBGGBB

(Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 817 RN 23 – 25)

1. Wucherisches sittenwidriges Darlehen

a) Dem Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB steht § 817 S. 2 BGB trotzNichtigkeit des Darlehensvertrages nicht entgegen, weil dem Darlehensnehmer nicht endgültigdie Substanz, sondern nur die zeitweilige Nutzung des Kapitals überlassen ist. Das Darlehen istin der vereinbarten zeitlichen Folge zurückzuzahlen, eine Berufung des Darlehensnehmers aufWegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB hinsichtlich des Darlehenskapitals istausgeschlossen (BGH, WM 1999, 724). Vielmehr ist das Darlehen in der vereinbarten zeitlichenFolge zurückzuzahlen (BGHZ 99, 333, 338).

b) Es besteht kein Zinsanspruch des Darlehensgebers nach §§ 818 Abs. 1, 2 BGB bis zurFälligkeit der einzelnen Rückzahlungsraten, da einem solchen Bereicherungsanspruch desAusschluß nach § 817 S. 2 BGB entgegensteht (BGHZ 99, 333, 338; BGH, NJW 1989, 3217).

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Ein Anspruch auf einen angemessenen Zins besteht nicht, weil der Wucherer sonst risikolosarbeiten könnte (BGH, NJW 1995, 1152; Giesen, Jura 1995, 169, 181; a.A. Medicus, BR, 19.Aufl. 2002 RN 700 – § 817 S. 2 BGB habe keinen Strafcharakter).

c) Dieselben Grundsätze zur Anwendbarkeit des § 817 S. 2 BGB gelten aber auch dann, wenndas Darlehen nicht wucherisch, sondern nach § 138 Abs. 1 BGB (BGH, NJW 1983, 1420; BGH,NJW 1995, 1152) oder gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot(BGH, WM 1989, 1983; BGH, NJW 1993, 2108) nichtig ist.

Beachte: Der Anwendungsbereich des § 817 S. 2 BGB muß allerdings dann teleologischreduziert werden, wenn der Schutzzweck des Verbotsgesetzes eineLeistungsrückabwicklung fordert:

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//1100

2. Sittenwidrige Bordellpacht / sittenwidriger Bordellkauf

a) BGHZ 41, 341, 343 sah in dem Fall eines sittenwidrigen Bordellpachtvertrages von derAnwendung des § 817 S. 2 BGB ab, da ansonsten das mißbilligte Pachtverhältnis legalisiertworden wäre, und weil § 138 BGB Vorrang vor § 817 S. 2 BGB haben müsse. Da die Beklagtenach § 2 des Pachtvertrages das Haus als Bordell benutzen und nutzen wollte, sei der Zweck derLeistung der Klägerin in der Tat so bestimmt gewesen, daß diese durch die Leistung gegen dieSittenordnung verstoßen habe.

Gänzlich ungeklärt sind die Auswirkungen der Legalisierung der Prostitution durch den Deutschen Gesetzgeber imJahr 2002 auf den hier diskutierten bereicherungsrechtlichen Fall (wie auch auf das übrige Schuldrecht). Wenn dieProstitution nicht mehr als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB gilt, muß dies zwangsläufig auchAuswirkungen auf die Fälle der Bordellpacht haben, jedenfalls insoweit, als man die Sittenwidrigkeit nicht mehr mitsittlich-moralischen Erwägungen in Bezug auf die Prostitutionsausübung begründen kann. Es bleiben freilichdiejenigen Fälle übrig, in denen der Pachtzins wucherisch hoch ist und aus diesem Umstand § 138 Abs. 1 oder 2BGB bejaht werden kann.

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b) RGZ 71, 432 betraf den Fall eines Grundstückskaufs, wobei der Erwerber das Ziel hatte, aufdiesem Grundstück ein Bordell zu errichten. Hier ist zunächst zu beachten, daß die Nichtigkeitdes Grundgeschäfts grundsätzlich nicht das wertneutrale Erfüllungsgeschäft erfaßt, so daß derKäufer durch Auflassung und Eintragung nach §§ 873, 925 BGB Eigentümer des Grundstückswerden konnte. Das Reichsgericht hat den Einwand der allgemeinen Arglist gegenüber derBerufung des Bordellkäufers auf § 817 S. 2 BGB für zulässig erachtet, da es gegen die gutenSitten verstoße, wenn der Käufer zwar die Befreiung von der vertraglichen Verpflichtungbegehre, das unsittlich Erlangte – nämlich das zu Bordellzwecken gekaufte Grundstück – abergleichwohl behalten wolle.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//1111

3. Schwarzarbeiterfälle – Beurteilung streitig

(Giesen, Jura 1995, 169, 181 f.)

a) BGHZ 111, 308 und BGH, NJW 2000, 1560

Der BGH beschränkt den Anwendungsbereich des § 817 S. 2 BGB über § 242 BGB wie folgt:Die vom Schwarzarbeitergesetz beabsichtigte generalpräventive, abschreckende Wirkung könnebereits durch die Pflicht zur Nachzahlung von Steuern und Sozialabgaben erbracht werden. DasGesetz beabsichtige nicht die Bevorzugung eines wirtschaftlich oft stärkeren Bestellersdergestalt, daß dieser die Leistung des Schwarzarbeiters sollte unentgeltlich behalten dürfen.Gäbe es in diesen Fällen die Einschränkung des § 817 S. 2 BGB nicht, würde der (vorleistende)Schwarzarbeiter einseitig das Risiko tragen und der Auftraggeber die Leistung kostenloserhalten.

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b) Die Kritik der Literatur an dieser Rechtsprechung

Die Literatur moniert, daß auch ein wirtschaftlich schwächerer Besteller in Vorleistung tretenkann. Durch § 817 S. 2 BGB werde jeweils der Vorleistende, und keineswegs immer derwirtschaftlich schwächere Beteiligte, benachteiligt. Das Ziel des Schwarzarbeitergesetzes,nämlich die effektive Bekämpfung der Schwarzarbeit, werde durch den BGH verhindert. NachMeinung der Literatur ist § 817 S. 2 BGB daher auf alle nach § 134 BGB nichtigenSchwarzarbeiterverträge anzuwenden.

c) Mögliche Gegenkritik

Für die Lösung des BGH spricht aber, daß § 817 S. 2 BGB keinen einseitigen Strafcharakter hatoder jedenfalls nicht haben soll. Es geht um die Bewährung des Grundsatzes von Treu undGlauben, § 242 BGB.

Der obige Streitstand zeigt, daß es sich bei § 817 S. 2 BGB um eine Vorschrift mit zweifelhaftemGerechtigkeitsgehalt handelt, die offenbar nicht alle denkbaren Fallkonstellationen einem „gerechten“Ergebnis zuzuführen vermag.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2255//1122

4. Zusammenfassung der Fälle, in denen § 817 S. 2 BGB teleologisch reduziert wird

a) Sittenwidriges Darlehen, vgl. BGHZ 83, 293;

b) Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG („Kauf einer Lehrstelle“), vgl. BAG, NJW1983, 783;

c) Schwarzarbeiter-Fälle, vgl. BGHZ 111, 308 = BGH, NJW 1990, 2542;

d) Geschäftsbesorgungsvertrag eines Steuerberaters ist wegen Verstoßes gegen eingesetzliches Verbot nach § 134 BGB unwirksam, BGH, NJW 2000, 1560;

e) NICHT aber beim Kauf eines Doktortitels, vgl. OLG Köln, NJW-RR 1994, 1540= RÜ 1995, 41.

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Merke:

Die Anwendung von § 817 S. 2 BGB kann im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führen. Ausdiesem Grund wird die Vorschrift einschränkend ausgelegt, wenn anderenfalls eine sachgerechteEntscheidung des Einzelfalles nicht möglich ist. Diese einschränkende Auslegung des § 817 S. 2BGB wird vorgenommen, wenn der Schutzzweck des gesetzlichen Verbots die Rückabwicklungnicht verbietet, sondern eher fordert. Ein Anspruchsausschluß nach § 817 S. 2 BGB kann nichtdazu führen, daß ein von der Rechtsordnung nicht gebilligter Zustand legalisiert wird (BGHZ111, 308; Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 817 RN 20).

– – – –

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NNiicchhttlleeiissttuunnggsskkoonnddiikkttiioonneenn –– AAllllggeemmeeiinnee GGrruunnddssäättzzee KKaarrtteeiikkaarrttee 2266//11

(Giesen, Jura 1995, 234 ff.)

I. Es gilt der Grundsatz von der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion(Eingriffskondiktion) bzw. vom Vorrang der Leistungskondiktion (ständige Rspr. desBGH, vgl. BGHZ 40, 272; 56, 228; BGH, WM 1991, 137). Die Eingriffskondiktionkommt nur in Betracht, wenn dem Empfänger die Zuwendung von niemandem geleistetworden ist. Ein Bereicherungsausgleich findet in den Fällen, in denen eineLeistungsbeziehung vorliegt, allein in dem jeweiligen Leistungsverhältnis statt, wobei dievon Canaris entwickelten Wertungsgrundsätze gelten (s.o.). Durch die Subsidiarität derEingriffskondiktion wird also gewährleistet, daß sich der bereicherungsrechtlicheAusgleich an den vertraglichen Leistungsbeziehungen orientiert.

II. Die Nichtleistungskondiktion kann nur dann als subsidiär zurücktreten, wenn einLeistungsgegenstand auch tatsächlich vorhanden ist. Beachte dazu den JungbullenfallBGHZ 55, 176: Dort konnte der Dieb wegen § 935 BGB nicht das Eigentum leisten,sondern nur den Besitz. Der Anspruch aus §§ 951, 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB richtetsich dagegen auf die Eigentumsposition (§ 950 BGB), so daß Leistung und Eingriff nicht

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das gleiche Rechtsobjekt zum Gegenstand hatten. Damit lag kein vorrangigesLeistungsverhältnis vor, so daß der Subsidiaritätsgrundsatz nicht zur Anwendung kam.

III. Die Wertungen der §§ 932 ff. BGB sind bei der Frage der Subsidiarität derNichtleistungskondiktion zu berücksichtigen:

1. Der Jungbullenfall BGHZ 55, 175

§ 951 BGB läßt sich als Rechtsfortwirkung der Vindikation (§ 985 BGB) verstehen. DemAnspruch aus § 985 BGB hätte aber wegen § 935 BGB nichts entgegengestanden, so daßdie Kondiktion nach §§ 951, 812 BGB dementsprechend durchgreifen mußte.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2266//22

2. Die Einbaufälle BGH, VersR 1991, 199; BGHZ 56, 228; BGHZ 36, 30

a) Die Literatur prüft in diesen Fällen, ob – wenn eine rechtsgeschäftliche Veräußerungstatt eines gesetzlichen Eigentumswechsels durch Einbau der Sachen (§ 946 ff. BGB)stattgefunden hätte – ein gutgläubiger Erwerb nach §§ 932 ff. BGB erfolgt wäre. Wäredies zu bejahen, dann ist auch die Eingriffskondiktion gem. §§ 951, 812 BGBausgeschlossen, weil nur dadurch Wertungswidersprüche zur Vindikation vermiedenwerden können: Wäre vor dem Einbau der Sachen mangels gutgläubigen Erwerbs dieVindikation nach § 985 BGB begründet gewesen, muß nun nach dem Einbau dieEingriffskondiktion durchgreifen. Im umgekehrten Fall des hypothetischenGutglaubenserwerbs scheitert die Eingriffskondiktion ebenso wie die Vindikationgescheitert wäre.

b) Der BGH sieht den Einbau der Materialien als einen Teil einer einheitlichen Leistungdes Unternehmers an, so daß der Subsidiaritätsgrundsatz eingreift. Für die Lösung dersogenannten Einbaufälle heißt das konkret: Hat der Eigentümer des Baugrundstückseinen Werkvertrag mit dem Bauunternehmer (Generalunternehmer) geschlossen, findet

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eine Rückabwicklung nur in diesem Verhältnis statt. Der Eigentümer muß vorbereicherungsrechtlichen Ansprüchen des Subunternehmers (dem SU des GU), zu dem ernicht in vertraglichen Beziehungen steht, geschützt werden. Der Subunternehmer muß alsVertragspartner des Generalunternehmers dessen Insolvenzrisiko tragen und kann esnicht auf den Grundstückseigentümer und Besteller (Bauherr) abwälzen. Deshalb mußeine Direktkondiktion des Subunternehmers gegen den Bauherrn am Vorrang derLeistungskondiktion scheitern.

Merkformel für diese Rechtsprechung:

Die Nichtleistungskondiktion ist nicht anwendbar, wenn die Zuwendung durch irgend jemandengeleistet wurde, es sei denn, § 935 BGB greift ein.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2266//33

IV. Der Grundsatz der Subsidiarität dient der Einhaltung von Wertungsgesichtspunkten. DerSubsidiaritätsgrundsatz beruht auf ähnlichen Wertungsgesichtspunkten wie der moderneLeistungsbegriff. Er soll nämlich gewährleisten, daß fehlgeschlagene Leistungengrundsätzlich zwischen den jeweiligen Vertragsparteien rückabgewickelt werden, so daßweder Einwendungen gegen einen Vertragspartner verloren gehen noch EinwendungenDritter in das Vertragsverhältnis einbrechen. Auch soll jeder nur das Risiko der Insolvenzdes jeweiligen Vertragspartners zu tragen haben.

V. Das Wertungsmodell der Literatur wendet sich (wie auch die Lösung des BGH) vonvornherein gegen jede schematische Lösung. Der Bereicherungsausgleich vollzieht sichin den Fällen des gesetzlichen Eigentumserwerbs nach den Wertungen der §§ 185, 816Abs. 1 S. 2, 822, 932, 935 BGB, 366 HGB. Der rechtsgeschäftliche und der gesetzlicheErwerb werden zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen gleichbehandelt. Soweitder Bereicherte nach den Vorschriften über den rechtsgeschäftlichen Erwerb dieZuwendung behalten durfte, muß dies entsprechend beim gesetzlichen Erwerb gelten(Staudinger/Lorenz, 13. Bearb. 1994 / Neubearb. 1999, § 812 RN 61; MüKo/Lieb, 3.Aufl. 1997, § 812 RN 236; Erman/Westermann, 10. Aufl. 2000, § 812 RN 85).

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Argumentativ läßt sich diese Auffassung darauf stützen, daß es in den sogenanntenEinbaufällen häufig vom Zufall abhängt, ob die vom Bauunternehmer beschafftenMaterialien zunächst durch Rechtsgeschäft übereignet und dann eingebaut oder sogleichverarbeitet werden (mit der Folge, daß ein gesetzlicher Erwerb nach §§ 946, 93, 94 BGBstattfindet). Im übrigen läßt sich anführen, daß es nach dem Subsidiaritätsmodell desBGH zu Ungereimtheiten kommt, wenn der Empfänger der Zuwendung bösgläubig waroder wenn die Sache eine abhanden gekommene war (§ 935 BGB). In diesen Fällen istder BGH zu Auflockerungen seines Subsidiaritätsdogmas gezwungen, mit denen er sichder Auffassung der Literatur annähert.

Merkformel für das Wertungsmodell der Literatur:

Im Falle des gutgläubig entgeltlichen Erwerbs darf der Empfänger das Erlangte behalten. ImFalle des unentgeltlichen Erwerbs und bei Bösgläubigkeit muß er die Sache herausgeben.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 22.. AAlltt.. BBGGBB –– DDiiee EEiinnggrriiffffsskkoonnddiikkttiioonn KKaarrtteeiikkaarrttee 2277//11

(Giesen, Jura 1995, 234, 237)

I. Etwas erlangt

= jeder vermögenswerte Vorteil

II. In sonstiger Weise auf Kosten eines anderen

1. In sonstiger Weise

= durch Eingriff, d.h. der Bereicherungsgegenstand wurde nicht durch Leistung erlangt; dabei istunerheblich, ob der Eingriff durch eine Handlung des Bereicherungsschuldners, desBereicherungsgläubigers oder durch sonstige Umstände herbeigeführt wird (BGHZ 107, 117,118).

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2. Auf Kosten

a) M.m.: Rechtswidrigkeitstheorien

Nach der früheren Meinung, die heute in der Minderheit ist, mußte für das Merkmal „aufKosten“ eine rechtswidrige Verhaltensweise des Bereicherungsschuldners vorliegen.

b) H.M.: Lehre vom Zuweisungsgehalt

Nach der heute ganz herrschenden Auffassung ist für das Merkmal „auf Kosten“ erforderlich,daß in den Zuweisungsgehalt eines Rechts oder Rechtsguts eingegriffen wird, dessenwirtschaftliche Verwertung bzw. Nutzung dem Bereicherungsgläubiger vorbehalten ist (BGHZ107, 117, 120).

aa) Dabei kommen vor allem folgende Eingriffe in Betracht:

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2277//22

• Eingriffe in absolute oder beschränkt dingliche Rechte (Eigentum, Pfandrecht,Nießbrauch);

• Eingriffe in Immaterialgüterrechte (Patente, Gebrauchsmuster);

• Eingriffe in das Recht am eigenen Bild (§ 22 KunstUrhG); BGH, NJW 1992, 2084(Blacky Fuchsberger); BGHZ 20, 345 (Paul Dahlke); für das Namensrecht (§ 12 BGB)BGHZ 110, 196 (Boris Becker Superstar); in diesen Fällen wird derBereicherungsanspruch in Höhe einer fiktiven Lizenzgebühr bemessen;

• Für das Warenzeichenrecht (seit 1994: Markenrecht) nach h.M. (+), vgl. BGHZ 99, 244,247; nach M.m. nur Ausschlußrecht ohne Zuweisungsgehalt. Für die h.M. spricht, daßdem Inhaber des Warenzeichenrechts (Markenrechts) in Grenzen die Möglichkeit derobligatorischen Lizenzvergabe zusteht, so daß eine vermögensmäßige Zuweisung derNutzung bzw. Verwertung zu bejahen ist; der Inhalt des Rechts ist demjenigen desRechts am eigenen Bild vergleichbar: beide Rechtspositionen haben einen wirtschaftlich

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verwertbaren Inhalt. Beispielsfall BGH, NJW 1993, 919 – Nutzung desUniversitätsemblems der Universität Heidelberg durch einen unbefugten Dritten.

bb) Dagegen liegt kein Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines Rechts in den folgenden Fällenvor:

• Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb; Begründung: DerWettbewerb und damit auch der Eingriff in Erwerbserwartungen ist systemimmanent.Dem einzelnen Gewerbetreibenden ist eine bestimmte Erwerbschance oder einbestimmter Kundenstamm gerade nicht zugewiesen (Rahmenrecht!);

• Nutzung einer technischen Neuerung, die unter großem Kostenaufwand entwickeltwurde, ohne aber deshalb unter dem Schutz eines gewerblichen Sonderrechts zu stehen,vgl. BGHZ 107, 117, 121 f. – „Forschungskosten“;

• Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (hat als solches keinenZuweisungsgehalt!);

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2277//33

• im Fall der unberechtigten Untervermietung: Der Untermietzins bei nicht berechtigterUntervermietung steht nicht dem Vermieter des Hauptvertrages, sondern dem Mieter zu.Der Zweck des Genehmigungserfordernisses des § 540 Abs. 1 BGB (§ 549 Abs. 1 BGBa.F.) liegt nur darin, dem Vermieter die Möglichkeit zu geben, solche Personen von derNutzung des Wohnraums auszuschließen, von denen Gefahren für die Mietsacheausgehen (h.M.). Die Untervermietung ist deshalb ausschließlich dem Mieterzugewiesen. Aufgrund des Mietvertrages ist allein ihm der Gebrauch der Mietsachegestattet. Es greift weder § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB noch § 816 Abs. 1 S. 1 BGBdirekt oder analog ein.

BGHZ 131, 297 hat hierzu mit Recht festgestellt:

Leitsatz:

„Bei unberechtigter Untervermietung hat der Vermieter keinen gesetzlichen Anspruchauf Zahlung eines Untermietzuschlages oder Herausgabe des von dem Mieter durch dieUntervermietung erzielten Mehrerlöses (im Anschluß an BGH, Urteile vom 20. Mai 1964

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- VIII ZR 235/63, NJW 1964,1853 und vom 8. Januar 1969 - VIII ZR 184/66, WM 1969,298, 300).“

Aus den Gründen, a.a.O. S. 306:

„Aus dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, läßt sich einAnspruch des Eigentümers auf Herausgabe des Untermietzinses ebenfalls nicht herleiten,weil der Mieter den Untermietzins nicht auf Kosten des Vermieters erlangt … DieUntervermietung ist auch dann, wenn sie unberechtigt erfolgt, ein dem Mieterzugewiesenes Geschäft. Dem Vermieter entgehen dadurch keine Verwertungs- oderGebrauchsmöglichkeiten, deren er sich nicht schon durch den Abschluß desHauptmietvertrages entäußert hätte; er selbst könnte die Mietsache einem Dritten garnicht mehr überlassen.“

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2277//44

III. Ohne Rechtsgrund

Hier geht es nicht um die Verfehlung des Zwecks einer Kausalbeziehung wie in den Fällen derLeistungskondiktion. Vielmehr ist in Anlehnung an die Lehre vom Zuweisungsgehalt wie folgtzu bewerten: Ein Verstoß gegen die Güterzuordnung indiziert zugleich die Rechtsgrundlosigkeitder Bereicherung und kann nur ausnahmsweise durch einen Behaltensgrund legitimiert werden.

Beispiele:

• der Käufer, der dem Verkäufer die Sache eigenmächtig entreißt;

• Gutglaubenserwerb gemäß §§ 932 ff. BGB;

• NICHT: gesetzlicher Erwerb nach §§ 946 – 950 BGB, da in diesen Normen keineendgültige Güterzuordnung getroffen wird, so jedenfalls RGZ 130, 69, 73;

• NICHT: in den Fällen der Ersitzung nach § 937 BGB, streitig;

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IV. Rechtsfolge

1. Herausgabe des Erlangten

Rechtsfolge des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB ist die Herausgabe des Erlangten.

2. Lizenzgebühr bei Verletzung von Namens- oder Markenrechten

Besonderheiten ergeben sich bei der Verletzung eines Namens- oder Markenrechts. Daspersönliche Nutzungsrecht am Namen bzw. dasjenige an einer Marke kann durch vertraglicheGestattung einem Dritten eingeräumt werden. da dies jedoch regelmäßig nur gegen Zahlungeiner entsprechenden Lizenzgebühr geschieht, greift der Anspruchsgegner immer dann in dasNamens- oder Markenrecht ein, wenn er unbefugt diese Rechtsposition für sich in Anspruchnimmt, ohne die dafür erforderliche Lizenzgebühr entrichtet zu haben. Der Rechtsinhaber hatgegen den unbefugten Nutzer einen Anspruch auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr aus§§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB, vgl. BGH, NJW 1993, 919 – Nutzung desUniversitätsemblems der Universität Heidelberg durch einen unbefugten Dritten.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2277//55

V. Standardproblem: Die Versteigerung schuldnerfremder Sachen

Für dieses Standardproblem gilt es bei der Fallösung folgendes zu beachten:

1. Der – gut- oder bösgläubige – Ersteigerer erwirbt in der Zwangsversteigerung originärEigentum kraft Hoheitsakts (Zuschlag gem. § 817 Abs. 1 ZPO), wenn die Sache wirksamverstrickt war (= Pfändung der Sache durch Hoheitsakt), sie nach der Versteigerung durch denGerichtsvollzieher an den Erwerber abgeliefert (§ 817 Abs. 2 ZPO) wurde und die wesentlichenVerfahrensvorschriften (Öffentlichkeit, Barzahlung bei Ablieferung, ordnungsgemäßesMindestgebot) eingehalten wurden. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger die Sache imRahmen der Versteigerung selbst erwirbt (§ 817 Abs. 4 ZPO).

� Der ehemalige Eigentümer der Sache hat gegen deren Erwerber keinen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB.

2. Der Zuschlag (§ 817 Abs. 1 ZPO, § 156 BGB) ist Rechtsgrund für den Eigentumserwerb desErsteigerers.

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� Der ehemalige Eigentümer hat gegen den Erwerber auch keinen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2.Alt. BGB.

3. Während der Zwangsvollstreckung sind die §§ 985 ff. BGB nicht anwendbar; der Eigentümerist vielmehr auf die Rechtsbehelfe der ZPO, insbesondere auf die Drittwiderspruchsklage nach§ 771 ZPO, verwiesen.

� Kein Schadensersatzanspruch des ehemaligen Eigentümers gegen den Gläubiger wegen Unmöglichkeit derHerausgabe der gepfändeten Sache oder des erzielten Erlöses aus §§ 989, 990 BGB.

4. Aufgrund der dinglichen Surrogation analog § 1247 S. 2 BGB hat der Eigentümer – zunächst– kraft Gesetzes das Eigentum am Versteigerungserlös erworben. Dieses Eigentum hat er jedochdurch die Auskehrung des Erlöses an den Gläubiger seitens des Gerichtsvollziehers wiederverloren (Eigentumserwerb kraft Hoheitsakts).

� Kein Herausgabeanspruch des ehemaligen Eigentümers gegenüber dem Gläubiger, gerichtet auf die Herausgabeder ausgekehrten Geldscheine.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2277//66

5. Die Versteigerung ist ein Hoheitsakt, kein Rechtsgeschäft. Auch ist der Gerichtsvollzieher alshoheitlich agierendes Vollstreckungsorgan nicht Nichtberechtigter.

� Kein Anspruch des ehemaligen Eigentümers gegen den Gläubiger aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB.

6. Der Gerichtsvollzieher handelt nicht als Vertreter des Eigentümers, sondern er wird hoheitlichtätig, so daß die von ihm vorgenommene Auskehr des Erlöses keine Leistung des Eigentümersdarstellt.

� Kein Anspruch des Eigentümers gegen den Gläubiger aus Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.BGB

7. Eingriffskondiktion des Eigentümers gegen den Gläubiger nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.BGB (+), wenn dieser den Erlös aus der Versteigerung „auf Kosten“ des Eigentümers erlangthat. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn ein wirksames Pfändungspfandrecht bestanden hat.

a) Zur Entstehung des Pfändungspfandrechts gibt es drei Theorien:

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aa) Nach der heute nicht mehr vertretenen privatrechtlichen Theorie (t.v.A.) folgt dasPfändungspfandrecht den privatrechtlichen Regeln der §§ 1204 ff. BGB.

bb) Nach der öffentlich-rechtlichen Theorie (t.v.A.) wird das Pfändungspfandrecht durch Hoheitsaktbegründet. Es entsteht auch an schuldnerfremden Sachen und bei fehlender Forderung sowie beiVerfahrensverstößen. Bei schuldnerfremden Sachen hat der Gläubiger jedoch materiell kein Recht, denErlös behalten zu dürfen. Das ist freilich ein beachtlicher Widerspruch der Theorie in sich.

cc) Nach der gemischt öffentlich-privatrechtlichen Theorie (h.M.) richtet sich (nur) die Verstrickung derSache nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen. Das Pfändungspfandrecht folgt indessen alleinprivatrechtlichen Regeln. Voraussetzungen also: Die Forderung muß bestanden haben, der Schuldner mußEigentümer der Sache gewesen sein, und die Pfändung muß ordnungsgemäß erfolgt sein (Titel, Klausel,Zustellung). Damit entsteht an schuldnerfremden Sachen nach dieser Theorie kein Pfändungspfandrecht.

Ergebnis: Der Eigentümer hat gegen den Gläubiger im Falle der Versteigerung einerschuldnerfremden Sache einen Anspruch auf Herausgabe des Versteigerungserlöses. Hinsichtlichder Vollstreckungskosten ist der Gläubiger jedoch entreichert, § 818 Abs. 3 BGB (BGHZ 32,244; BGHZ 66, 155).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2277//77

Merke:

1. In den Fällen der Versteigerung schuldnerfremder Sachen stehen dem Alteigentümer gegenden Ersteigerer keine Herausgabe- oder Schadensersatzansprüche aus §§ 985, 861, 1007 Abs. 1,1007 Abs. 2, 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB zu.

2. Die Ansprüche des Alteigentümers gegen den Vollstreckungsgläubiger aus §§ 989, 990, 823Abs. 1, 985, 816 Abs. 1 S. 1 BGB scheitern sämtlich. Dagegen greift der Anspruch ausEingriffskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB durch: Der Vollstreckungsgläubiger hatEigentum (und Besitz) am Versteigerungserlös auf Kosten des Eigentümers (Eingriff in denZuweisungsgehalt eines Rechts, hier: Eigentumsverletzung) ohne Rechtsgrund erlangt (es gibtkein Recht zum Behalten des Erlöses bei der Pfändung und Versteigerung schuldnerfremderSachen). Der Erlös abzüglich der Vollstreckungskosten ist daher vom Gläubiger an denehemaligen Eigentümer herauszugeben.

Die Prüfung und das Ergebnis sehen in diesen Fällen immer gleich aus!

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3. Eine Besonderheit besteht bei der Versteigerung eines schuldnerfremden Kraftfahrzeugs.Nach BGHZ 119, 75 (90) handelt der Erwerber grob fahrlässig, wenn er sich nicht anhand desKraftfahrzeugbriefs über das Eigentum des Veräußerers vergewissert. Der Gerichtsvollzeiher istverpflichtet, bei der Pfändung eines Kraftfahrzeugs nach dem darüber ausgestellten Kfz-Brief zusuchen und ihn in Besitz zu nehmen; anderenfalls hat er durch Befragung des Schuldners oderder bei der Vollstreckung anwesenden Personen nach dem Verbleib des Kfz-Briefs zu forschen.Wird in der Versteigerung vor der Aufforderung zum Bieten auf das Fehlen des Kfz-Briefshingewiesen, muß jeder Bietinteressent damit rechnen, daß der Brief sich bei einem Drittenbefindet. Wegen der Zweckbestimmung des Kfz-Briefs und seiner rechtlichen Bedeutung drängtsich dann die Annahme auf, daß ein Dritter und nicht der Schuldner Eigentümer des Fahrzeugsist (BGH a.a.O., S. 91).

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 27/7)

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 22.. AAlltt.. BBGGBB –– DDiiee RRüücckkggrriiffffsskkoonnddiikkttiioonn KKaarrtteeiikkaarrttee 2288//11

Die Rückgriffskondiktion kommt immer dann in Betracht, wenn an jemanden eine Leistungbewirkt wurde, die einen Dritten begünstigt. Sie hat einen sehr beschränktenAnwendungsbereich, zumal sie in Fällen der cessio legis ausscheidet.

I. Leistung auf vermeintlich eigene Schuld

Die Leistung auf vermeintlich eigene Schuld löst regelmäßig nur die Leistungskondiktion (§ 812Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB) des Leistenden gegen den Empfänger aus, nicht aber dieRückgriffskondiktion gegen den wirklichen Schuldner (Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 948).

II. Rückgriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB

1. Fallgruppe: Beabsichtigte Zahlung auf fremde Schuld

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a) Diese Fallgruppe greift selten ein, da der Dritte in der Regel im Auftrag desSchuldners oder in berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag handelt, so daß dieBefreiung des Schuldners von der Verbindlichkeit mit Rechtsgrund erfolgt.

b) Die Ansprüche des Dritten gegen den Schuldner richten sich dann nach § 670 BGBbzw. nach §§ 677, 683, 670 BGB. Häufig wird der zahlende Dritte auch durch eine dieRückgriffskondiktion ausschließende cessio legis (z.B. §§ 268 Abs. 3, 774 Abs. 1, 1143BGB) bzw. durch diese Kondiktionsart ebenfalls ausschließende Abtretungsansprüche(§ 285 Abs. 1 BGB) geschützt. Die Rückgriffskondiktion greift auch dann nicht ein,wenn der Zuwendende kraft Gesetzes einen neuen Anspruch erhält (§§ 677, 683, 670BGB, § 426 BGB).

2. Fallgruppe: irrtümliche Zahlung auf fremde Schuld

In diesen Fällen glaubt der Zahlende irrtümlich, eine eigene Verbindlichkeit zu erfüllen.Sie dazu den Beispielsfall auf der nachfolgenden Karteikarte!

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2288//22

BGH, NJW 1986, 2700Zahlung aufgrund einer vermeintlichen Verpflichtung

Unfall G D(privat) minderjährige Unfallversicherung

Schülerin

§ 1601 BGBUnterhaltspflicht Rückgriffskondiktion,bezüglich der § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB?Heilbehandlung

(D wollte nicht gegen G im Wege der LK

S gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB vorgehen)Vater der G

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Der Fall behandelt das Problem der nachträglichen Änderung der Tilgungsbestimmung.

Zur Lösung:

A. D gegen S aus Leistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB (–), weil Dausschließlich an G geleistet hat.

B. D gegen S aus Rückgriffskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB?

I. Bewußte Zahlung der D auf fremde Schuld nach § 267 BGB (–). Zwar war der Sder G gegenüber gemäß § 1601 BGB unterhaltspflichtig, aber die D zahlte alsgesetzliche Unfallversicherung nicht auf diese fremde Schuld, sondern auf ihrevermeintlich eigene gesetzliche Verpflichtung.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2288//33

II. ABER: Möglichkeit der nachträglichen Änderung der Tilgungsbestimmung durchD?

1. BGH

Der Gläubiger kann die Zweckrichtung einer von ihm erbrachten Leistungnachträglich ändern. Während die Leistung zunächst – im Zeitpunkt ihrerErbringung – zur Tilgung einer vermeintlich eigenen Schuld diente, soll sie alleindadurch, daß der Gläubiger die Summe von einem anderen als dem Empfänger(zurück-) fordert, nun als eine dem Empfänger gegenüber bestehende Schulddieses Dritten erfolgt betrachtet werden können. Der Gläubiger kann danachumschwenken: von einer Leistungskondiktion wegen Zahlung auf eine nichtbestehende eigene Schuld gegen den Empfänger der Leistung (condictio indebiti,§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB) zu einer Rückgriffskondiktion wegen Zahlung aufeine fremde Schuld gegen den Dritten (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB), vgl.Giesen, Jura 1995, 234, 240; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 951.

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2. Literatur

Die nachträgliche Änderung einer getroffenen Tilgungsbestimmung ist nichtmöglich.

Argumente:

– Es fehlt dafür an einer dogmatischen Grundlage. Es bestehensystematische Bedenken.

– Dem Dritten D darf in der Insolvenz des Gläubigers /Leistungsempfängers G nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, sich zuLasten der übrigen Konkursgläubiger des G durch „Umwidmung“ seinerTilgungsbestimmung einen solventen Schuldner zu verschaffen.

So etwa Erman/H.P. Westermann, 10. Aufl. 2000, § 812 RN 31; Esser/Weyers,SchuldR BT, 8. Aufl. 2000, § 48 III 6, S. 61; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN951 mit weiteren Argumenten; MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 812 RN 76.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2288//44

Beachte aber:

Der BGH stellt die Zulässigkeit der nachträglichen Änderung derTilgungsbestimmung ausdrücklich unter den Vorbehalt von Treu und Glauben(BGH, NJW 1986, 2700, 2701). Die Änderung der Tilgungsbestimmung istdanach gemäß § 242 BGB nicht zulässig, wenn der Dritte lediglich einem vonihm zu tragenden Insolvenzrisiko ausweichen will.

Gegen ein Wahlrecht des Kondiktionsgläubigers für den Regelfall Medicus, BR,19. Aufl. 2002 RN 951; wie der BGH dagegen Larenz/Canaris, SchuldR II/21994, § 69 III 2 c, S. 192 f.

– – – –

Zum Problem des „aufgedrängten Rückgriffs“ vgl. Medicus, BR, 19. Aufl. 2002RN 952 m.w.N.

– – – –

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C. Die Voraussetzungen der Rückgriffskondiktion nach Medicus, BR, 19. Aufl. 2002RN 950

I. Es muß auf fremde Schuld geleistet worden sein.

II. Diese Schuld muß wirklich bestanden haben; sonst kann es ja gleichfalls zu keinerBefreiung kommen.

III. Endlich darf der Rückgriff nicht schon in anderer Weise geregelt sein (z.B. durch § 670BGB oder durch eine Legalzession). Denn dieser Rückgriff aus anderen Vorschriftenbedeutet, daß der Schuldner nur den Gläubiger gewechselt und daher gleichfalls nichtsKondiktionsfähiges erlangt hätte.

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§§ 881122 AAbbss.. 11 SS.. 11,, 22.. AAlltt.. BBGGBB –– DDiiee VVeerrwweenndduunnggsskkoonnddiikkttiioonn KKaarrtteeiikkaarrttee 2299//11

I. Etwas erlangt

= jeder vermögenswerte Vorteil

II. Durch Verwendung eines anderen auf dessen Kosten

Verwendung ist nach dem engen Verwendungsbegriff des BGH jede Aufwendung auf eine Sache,die deren Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung dient, ohne eine grundsätzlicheVeränderung der Sache zu bewirken.

III. Ohne Rechtsgrund

s.o.

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Beachte:

1. Die Verwendungskondiktion scheidet von vornherein aus, wenn die in Rede stehendeVermögensmehrung auf einer Leistung beruht.

2. Sie kommt in Betracht, wenn jemand Aufwendungen (z.B. Arbeitsleistungen,Materialeinbau) zugunsten eines anderen in der irrtümlichen Meinung macht, diesekämen ihm selbst zugute, denn in diesem Fall handelt es sich nicht um eine bewußteVermehrung fremden Vermögens. Denkbar ist die Verwendungskondiktion auch beiversehentlicher Aufwendung eigener Vermögensbestandteile (anstelle fremder) fürfremde Sachen, vgl. OLG Koblenz, NJW 1990, 126: S nimmt Arbeiten am Haus der Gvor, von dem S glaubt, einen Teil beim Tod der G zu erben. Die G hatte aber das Hausbereits zuvor an ihre volljährige Enkelin E übertragen, wovon S nichts wußte. S verlangtvon E Vergütung für Arbeits- und Materialaufwendungen.

3. Die Verwendungskondiktion wird nach Auffassung des BGH durch die §§ 994 – 1003BGB ausgeschlossen, a.A. die Literatur (ausführliche Darstellung dieses Problems beiGiesen, Jura 1995, 234, 241 f.).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 2299//22

4. Insbesondere bei der Verwendungskondiktion stellt sich das Problem der aufgedrängtenBereicherung (Beispiel: A hat irrtümlich den Zaun des B neu gestrichen, B wollte diesenjedoch in den nächsten Tagen ohnehin abreißen. Hier ist zwar objektiv eineWertsteigerung des Zaunes eingetreten, subjektiv ist diese aber für den B wertlos). DiesesProblem wird von der h.M. über eine Subjektivierung des Wertbegriffs in § 818 Abs. 2BGB gelöst. Das bedeutet konkret, daß ausnahmsweise Wertersatz nur nach demsubjektiven Wert des Erlangten für den „Bereicherten“ zu leisten ist. DieVerwendungskondiktion nach § 818 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB zielt nur auf den Betrag dervon dem Empfänger aus dem Erlangten subjektiv tatsächlich erzielbaren Einnahmen.Dies läßt sich zusätzlich mit der Wertung aus § 818 Abs. 3 BGB begründen, der denKondiktionsschuldner von Ansprüchen freistellt, wenn eine Bereicherung in seinemVermögen nicht mehr gegeben ist. Ein Verwendungsersatz kommt deshalb abweichendvon den herkömmlichen Grundsätzen der Bewertung des Wertbegriffs des § 818 Abs. 2BGB wie des gesamten Bereicherungsrechts überhaupt (nämlich dem Grundsatz, das dieobjektive Bereicherung herauszugeben bzw. wertmäßig zu ersetzen ist) dann nicht inBetracht, wenn die objektive Bereicherung subjektiv für den Kondiktionsschuldnerwertlos ist (vgl. MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 812 RN 262; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002RN 899). Soweit es allerdings dem Empfänger der Zuwendung nach Treu und Glauben

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zumutbar ist, die durch die Verwendung herbeigeführte objektive Bereicherung in diesemUmfang für sich zu realisieren, oder wenn die Bereicherung später noch den objektivenWert der Verwendung annimmt, ist der Empfänger der Zuwendung zum Ausgleich inHöhe des objektiven Werts verpflichtet.

– – – –

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§§ 881166 AAbbss.. 11 SS.. 11 BBGGBB –– KKaarrtteeiikkaarrttee 3300//11

WWiirrkkssaammee eennttggeellttlliicchhee VVeerrffüügguunngg eeiinneess NNiicchhttbbeerreecchhttiiggtteenn

Die Vorschrift des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB regelt nach h.M. einen Sonderfall derNichtleistungskondiktion, da die wirksame Verfügung des Nichtberechtigten zu Lasten desBerechtigten einen Eingriff in dessen Rechtsstellung bedeutet.

I. Verfügung

= jedes Rechtsgeschäft, das durch Übertragung, Inhaltsänderung, Belastung oderAufhebung unmittelbar auf ein bestehendes Recht einzuwirken bestimmt ist (nicht: dieBegründung eines Rechts; das Eingehen einer schuldrechtlichen Verpflichtung), kurz:jede rechtsgeschäftliche Zuordnungsänderung.

II. Entgeltlichkeit der Verfügung

Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluß aus § 816 I 2 BGB.

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III. Nichtberechtigung des Verfügenden

= jeder, dem die jeweilige Rechtsinhaberschaft fehlt und der auch nicht durch denEigentümer zu der Verfügung ermächtigte worden ist; kurz: jeder, der ohne Befugnisüber ein Recht verfügt.

Die Rückwirkung der Genehmigung nach §§ 184, 185 Abs. 2 BGB bezieht sich nachh.M. allein auf das Rechtsgeschäft, nicht auf die Stellung des Verfügenden selbst, so daßdieser auch nach erfolgter Genehmigung Nichtberechtigter bleibt (BGHZ 56, 131;MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 816 RN 24).

IV. Wirksamkeit der Verfügung gegenüber dem Berechtigten

Die Verfügung ist wirksam, wenn ein Dritter gutgläubig erwirbt, z.B. nach §§ 929 S. 1,932 BGB, 892 f. BGB, 1207 f. BGB, 2366 BGB, 366 HGB, oder durch nachträglicheGenehmigung aufgrund des § 185 Abs. 2 S. 1 BGB.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3300//22

V. Rechtsfolge

Rechtsfolge ist die Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten. Gemeint ist damit diedem Nichtberechtigten aufgrund des schuldrechtlichen Grundgeschäfts zugeflosseneGegenleistung für die Verfügung.

1. T.v.A.

Herauszugeben ist der objektive Wert.

2. H.M.

Herauszugeben ist die tatsächlich erlangte Gegenleistung. Argument: eineVeräußerung zu einem hohen Preis begünstigt den Berechtigten.

Ein vom Nichtberechtigten möglicherweise gezahlter Kaufpreis kann von diesem nicht alsEntreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden, da § 816 BGB an die

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Stelle des untergegangenen Sachrechts tritt. Der Herausgabepflichtige muß gegebenenfallsRechtsmängelgewährleistungsansprüche gegen seinen Vertragspartner geltend machen.

Beachte:

Der Eigentümer der Sache kann die Voraussetzungen des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nachträglichdurch Genehmigung der Verfügung gemäß § 185 Abs. 2 BGB herbeiführen . Regelmäßig ist dasder Fall, wenn der Anspruch aus § 985 BGB aus tatsächlichen Gründen – z.B. beiUnauffindbarkeit des Gegenstandes oder bei Insolvenz des Dritten – nicht durchsetzbar ist (imübrigen kann wegen §§ 932 Abs. 2, 935 BGB die Verfügung unwirksam sein – ParadebeispielDiebstahl). Eine solche nachträgliche Genehmigung der Verfügung ist auch nach Untergang derSache möglich. Der nichtberechtigt Verfügende wird durch die nachträgliche Genehmigungnicht etwa rückwirkend zum Berechtigten, da diese sich ausschließlich auf die Rechtsfolgen derVerfügung bezieht. Nach der Rechtsprechung liegt die konkludente Genehmigung in derKlageerhebung gegen den nichtberechtigt Verfügenden; nach a.A. ist es dem Eigentümer zugestatten, auf Erlösherausgabe Zug um Zug gegen Erteilung der Genehmigung zu klagen, daansonsten ein vorzeitiger Vindikationsverlust eintritt.

Dazu Giesen, Jura 1995, 234 (242 f.).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3300//33

Problem: Hat der Nichtberechtigte den erhaltenen Erlös auch dann vollständigherauszugeben, wenn dieser den objektiven Wert der Sache übersteigt?

A. T.v.A.

Herauszugeben ist nur der objektive Wert der veräußerten Sache.

• Auch § 818 Abs. 3 BGB begründet nur eine Ersatzpflicht im Hinblick auf den objektiven Wert,so daß ein weitergehender Anspruch einem Grundgedanken des Bereicherungsrechtswiderspräche.

• Der erzielte Mehrerlös ist dem Eigentümer aus dem Substanzwert der Sache nicht „zugewiesen“,sondern gebührt vielmehr dem Nichtberechtigten wegen dessen eigener Geschäftstüchtigkeit.

So Larenz, SchuldR II, 12. Aufl. 1981, S. 565; Soergel/Mühl, 12. Aufl. 1988, § 816 RN 29;Schlechtriem, SchuldR BT, 5. Aufl. 1998 RN 720, Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 723.

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Abwegig Medicus, a.a.O.: Das Erlangte sei lediglich die Befreiung von der Verbindlichkeit undnicht die Gegenleistung.

B. H.M.

Die Herausgabepflicht erstreckt sich auch auf den „Übergewinn“.

• Der Wortlaut des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB spricht für diese Lösung: „Herausgabe des ...Erlangten“.

• Die Gegenmeinung überzeugt schon deshalb nicht, weil die Veräußerung einer Sache und damitauch die Gewinnerzielung nur dem Rechtsinhaber selbst und nicht einem Nichtberechtigtenzustehen kann, der mit anderer Leute Sachen geschäftstüchtig ist.

• Entscheidend für eine Pflicht zur umfassenden Herausgabe einschließlich des Mehrerlöses sprichtschließlich der Umstand, daß im umgekehrten Fall eines Mindererlöses auch nur dieserherauszugeben ist. Trägt aber der Berechtigte das Risiko des Mindererlöses, so darf ihm nicht dieAussicht auf einen etwaigen Mehrerlös genommen werden.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3300//44

So BGHZ 29, 157, 159; BGH, WM 1975, 1179; MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 816 RN 29;Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, 2. Aufl. 1988, S. 121 ff.;Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 816 RN 24; Larenz/Canaris, SchuldR II/2 1994, § 72 I 2 a, S.267 f.

Problem: Anwendbarkeit des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Fälle der unberechtigtenUntervermietung?

Der BGH lehnt das zutreffend ab. Dazu BGHZ 131, 297 (305 f.):

„aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB scheitert bereits daran, daß dieUntervermietung einer Sache keine Verfügung (im Sinne einer Übertragung, Belastung,Änderung oder Aufhebung) über das Eigentum des Vermieters darstellt (so schon RGZ 105, 408,409; 106, 109, 111 f.; vgl. auch Mutter aaO S. 303 f.; Söllner aaO S. 451; Reuter/Martinek aaOS. 309). Zu einer erweiterten, den Abschluß von Nutzungsverträgen einschließenden Auslegungdes Verfügungsbegriffs (wie etwa bei der Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1

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VermögenszuordnungsG, vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 1995 - XII ZR 235/93, ZIP 1995, 1220,1222 mit zust. Anm. Preu EWiR § 8 VZOG 1/95,931) besteht kein Anlaß.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aus, weil derUntermietzins keinen Gegenwert darstellt, den der Mieter anstelle des Eigentümers erzielt.Dieser hätte die bereits an den Mieter vermietete Sache nicht mehr selbst an einen Drittenuntervermieten können (vgl. Neumann-Duesberg aaO S. 730; Reuter/Martinek aaO S. 310).Hinzu kommt, daß der Untermieter dem Vermieter gegenüber kein Recht zum Besitz erlangt, dieUntervermietung also nicht wirksam in dessen Rechtsposition eingreift (vgl. Mutter aaO S. 305;im Ergebnis ebenso Söllner aaO S. 452).“

Die Entscheidung ist grundlegend ausgestaltet und sollte vollständig gelesen werden!

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§§ 881166 AAbbss.. 11 SS.. 22 BBGGBB –– KKaarrtteeiikkaarrttee 3311//11

WWiirrkkssaammee uunneennttggeellttlliicchhee VVeerrffüügguunngg eeiinneess NNiicchhttbbeerreecchhttiiggtteenn

Die Vorschrift gibt dem Berechtigten einen Direktanspruch (Durchgriffskondiktion) gegen denErwerber, der nicht schutzbedürftig ist, weil er kein eigenes Vermögensopfer erbracht hat (vgl.den ähnlichen § 988 BGB). Der Durchgriff ist ausnahmsweise möglich, obwohl der Erwerberdurch eine Leistung (des Nichtberechtigten) erworben hat. § 816 Abs. 1 S. 2 BGB korrigiertgewissermaßen die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb (§§ 932 ff. BGB) auf der Ebenedes Schuldrechts.

I. Verfügung

= jedes Rechtsgeschäft, das durch Übertragung, Inhaltsänderung, Belastung oderAufhebung unmittelbar auf ein bestehendes Recht einzuwirken bestimmt ist (nicht: dieBegründung eines Rechts; das Eingehen einer schuldrechtlichen Verpflichtung), kurz:jede rechtsgeschäftliche Zuordnungsänderung.

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II. Nichtberechtigung des Verfügenden

= jeder, dem die jeweilige Rechtsinhaberschaft fehlt und der auch nicht durch denEigentümer zu der Verfügung ermächtigt worden ist.

III. Wirksamkeit der Verfügung gegenüber dem Berechtigten

� gutgläubiger Erwerb

IV. Unentgeltlichkeit der Verfügung

Zum Problem, ob die Rechtsgrundlosigkeit der Verfügung der Unentgeltlichkeitgleichgestellt werden kann, siehe die nachfolgende Karteikarte.

V. Rechtsfolge

Der Erwerber muß die unentgeltlich erlangte Leistung herausgeben.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3311//22

Standardproblem: Rechtsgrundloser Erwerb = unentgeltlicher Erwerb?

(Giesen, Jura 1995, 234, 243 f.)

Ein Standardstreit liegt in der Frage, ob der rechtsgrundlose Erwerb dem unentgeltlichen imRahmen des § 816 Abs. 1 S. 2 BGB gleichgestellt werden kann.

I. BGH (BGHZ 37, 363; 47, 393): rechtsgrundlos = unentgeltlich

Argument: Die Gewinnchance ist zwar als Entgelt anzusehen, doch ist diese bei einemnach § 134 BGB nichtigen Spielvertrag nicht als Gegenleistung zu berücksichtigen. Daetwaige Gewinne ohnehin hätten zurückgezahlt werden müssen, steht der rechtsgrundloseErwerb dem unentgeltlichen gleich.

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II. H.M. Literatur: Es bleibt bei der Doppelkondiktion.

Argument: Die Lösung des BGH hat zur Folge, daß die dem Erwerber möglicherweisegegen den Nichtberechtigten zustehenden Einwendungen verloren gehen. Aus diesemWertungsgesichtspunkt ist die Analogie zu § 816 Abs. 1 S. 2 BGB abzulehnen.

So Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 816 RN 20; Koppensteiner/Kramer, UngerechtfertigteBereicherung, 2. Aufl. 1988, S. 97 f.; Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, S. 337 – 349;Giesen, a.a.O.

���� Gemäß § 404 BGB bleiben dem Erwerber etwaige Einwendungen bei Inanspruchnahme imWege der Doppelkondiktion erhalten.

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§§ 881166 AAbbss.. 22 BBGGBB –– KKaarrtteeiikkaarrttee 3322//11

DDeemm BBeerreecchhttiiggtteenn ggeeggeennüübbeerr wwiirrkkssaammee LLeeiissttuunngg aann eeiinneenn NNiicchhttbbeerreecchhttiiggtteenn

I. Leistung an einen Nichtberechtigten

Das Merkmal der Nichtberechtigung bezieht sich auf die Inhaberschaft des in Rede stehendenAnspruchs. Unter den Begriff der Leistung an einen Nichtberechtigten fällt z.B. die Leistung aneinen Altgläubiger oder an einen Scheinzessionar.

Der Schuldner des Anspruchstellers muß an den Anspruchsgegner leisten, d.h. dessen Vermögenmehren. Daran fehlt es, wenn der Anspruchsgegner lediglich als Zahlstelle auftritt, d.h. dieZahlung für einen anderen entgegennimmt (wie z.B. die kontoführende Bank).

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II. Wirksamkeit der Leistung gegenüber dem Berechtigten

1. Berechtigter

Berechtigter ist der Anspruchsinhaber bzw. der Einziehungsermächtigte.

2. Wirksamkeit der Verfügung

a) aufgrund gesetzlicher Vorschriften, z.B. §§ 407 ff., 574, 1155

Die Wirksamkeit der Verfügung gegenüber dem Berechtigten folgt jeweilsaus gesetzlichen Schuldnerschutzanordnungen wie den §§ 406 – 413BGB.

b) aufgrund einer Genehmigung (§ 185 Abs. 2 S. 1 BGB), die auch in derKlageerhebung liegen kann

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3322//22

III. Rechtsfolge

Rechtsfolge ist die Herausgabe des Geleisteten.

Beachte:

Die Hauptanwendungsfälle des § 816 Abs. 2 BGB sind die §§ 407 ff. BGB (Zahlung an denAltgläubiger nach Abtretung – insoweit besonders relevant ist die Kollision eines verlängertenEV mit einer Factoring-Zession oder einer kreditsichernden Globalzession, da hierbei dieForderungsinhaberschaft oft zweifelhaft ist – und § 808 Abs. 1 S. 1 BGB (Auszahlung einerBank an den Inhaber eines Sparbuches).

Vgl. zur Kollisionsproblematik die nachfolgende Karteikarte und Giesen, Jura 1995, 234, 244 f.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 32/2)

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§§ 881166 AAbbss.. 22 BBGGBB –– GGrruunnddkkoonnsstteellllaattiioonn KKaarrtteeiikkaarrttee 3322//33

2. Zahlung kein Erlöschen nach § 362 Abs. 1 BGB

gutgläubig S G 1 = Nichtberechtigter§ 433 Abs. 2 BGB (Abtretung bereits erfolgt)

§ 433 Abs. 2 BGB 1. § 398BGB

S gegen G: § 407 Abs. 1 BGB

§ 816 Abs. 2BGB (+)

G 2= nach § 398 S. 2 BGB alleiniger Gläubiger

G 2 kann S nicht in Anspruch nehmen; S kann G 2 seine Zahlung an G 1 gem. § 407 Abs. 1BGB entgegenhalten.

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III. Ergänzungen

Es ist auf den Fall BGH NJW 1995, 1668 hinzuweisen, wo vom IX. Zivilsenat die Vorschrift fürden Fall bejaht worden ist, daß ein Unternehmer, dessen baldige Insolvenz wahrscheinlich ist,sicherungshalber seine gesamten – auch künftigen – Kundenforderungen und damit sein letztespfändbares Vermögen an einen Gläubiger abtritt, ohne daß neue Mittel zugeführt werden. Einesolche Abtretung sei sittenwidrig, wenn sich der Gläubiger mindestens grob fahrlässig über dieErkenntnis der drohenden Insolvenz des Schuldners hingwegsetze. Die Voraussetzungen des§ 816 Abs. 2 BGB seien nach dem Vorbringen des Klägers erfüllt. Die Beklagte habe alsNichtberechtigte gehandelt, als sie die Forderungen des Gemeinschuldners gegen seine Kundeneingezogen habe. Denn die individuell vereinbarte Abtretung sei wegen Sittenwidrigkeit gemäߧ 138 Abs. 1 BGB nichtig gewesen (Gläubigergefährdung, Verleitung zum Vertragsbruch wegenbestimmungsgemäßer Erstreckung der Globalabtretung auf Forderungen, die von einemverlängerten Eigentumsvorbehalt erfaßt werden). Wichtig an diesem Fall sind noch diefolgenden Grundaussagen bei 3.:

„Der Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs. 2 BGB setzt – entgegen dem Verständnis desBerufungsgerichts – nicht voraus, daß der Berechtigte zusätzlich das Fehlen eines Rechtsgrundesdarlegt. Es genügt der Rechtsverlust durch den Eingriff des dinglich Nichtberechtigten.“

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§§ 882222 BBGGBB –– UUnneennttggeellttlliicchhee VVeerrffüügguunngg eeiinneess BBeerreecchhttiiggtteenn KKaarrtteeiikkaarrttee 3333//11

(Giesen, Jura 1995, 234, 245)

§ 822 BGB gibt dem Anspruchsinhaber wie § 816 Abs. 1 S. 2 BGB eine Durchgriffskondiktiongegen den Dritten, wobei hier ein Berechtigter der Verfügende ist. Die Vorschrift gilt nicht fürgesetzliche Erwerbstatbestände (§§ 937, 946 ff. BGB).

I. Verfügung

II. eines Berechtigten

� § 816 Abs. 1 S. 2 BGB

III. Unentgeltlichkeit der Verfügung

Z.B. Schenkung, Vermächtnis, ehebedingte unbenannte Zuwendung.

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IV. Verfügender wäre seinerseits zur Herausgabe der Bereicherung verpflichtetgewesen

Als Ausgangsanspruch gegen den Ersterwerber kommen alle Leistungs- undNichtleistungskondiktionen einschließlich §§ 816, 822 BGB sowie dieRechtsfolgenverweisungen auf das Bereicherungsrecht (vor allem § 528 BGB; die §§ 325Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 3 BGB a.F. sind durch § 326 Abs. 4 BGB dergestalt geändertworden, als nunmehr die Rückabwicklung nach dem Rücktrittsrecht der §§ 346 bis 348und nicht mehr nach dem Bereicherungsrecht erfolgt).

V. Anspruch des Eigentümers gegen den Verfügenden ist gerade infolge derunentgeltlichen Zuwendung des Verfügenden an den Dritten ausgeschlossen (§ 818Abs. 3 BGB)

1. Der Verfügende ist gerade wegen seiner unentgeltlichen Zuwendung an den Dritten i.S.d.§ 818 Abs. 3 BGB entreichert. Die Verpflichtung des Erstempfängers zur Herausgabe derBereicherung muß aus Rechtsgründen erloschen sein (BGH, NJW 1999, 1026, 1028; BGH, NJW1969, 605).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3333//22

2. § 822 BGB ist nach Wortlaut, Enstehungsgeschichte und Regelungszusammenhangunanwendbar, wenn der Anspruch des ursprünglich Berechtigten gegen den Zuwendendenlediglich aus tatsächlichen Gründen nicht durchsetzbar ist; es fehlt insoweit auch an einer Lückefür die analoge Anwendung des § 822 BGB (BGH, NJW 1999, 1026, 1028; BGH, NJW 1969,605).

Vgl. dazu den zweiten Leitsatz von BGH, NJW 1999, 1026:

„Der Senat hält daran fest, daß ein Anspruch nach § 822 BGB gegen den Zweitempfänger nurbesteht, wenn der Erstempfänger aus Rechtsgründen nicht haftet, es also nicht genügt, wenndieser zahlungsunfähig ist (Bestätigung von BGH, NJW 1969, 605).“

� § 822 BGB (–), wenn der Zuwendende gemäß §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB verschärfthaftet. Das gilt selbst dann, wenn der verschärft haftende Zuwendende zahlungsunfähigist.

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� Wer sich vom verschärft haftenden Bereicherungsschuldner etwas schenken läßt, darf dieSache behalten und steht besser da als derjenige, der ein Geschenk vom „Gutgläubigen“erhält und sich dem Anspruch aus § 822 BGB gegenübersieht – so derunmißverständliche Wortlaut des § 822 BGB „ausgeschlossen“.

V. Rechtsfolgen

Herausgabe des Erlangten (von dem Dritten an den Eigentümer).

Beachte dazu BGHZ 158, 63 = NJW 2004, 1314: Ist die Verpflichtung des Beschenkten zurHerausgabe des Geschenks ausgeschlossen, weil er damit eine Sache erworben und dieseseinerseits unentgeltlich einem Dritten zugewendet hat, so haftet der Dritte nicht auf Herausgabeder ihm zugewendeten Sache, sondern auf Wertersatz, kann sich jedoch durch Herausgabe derSache befreien.

Beachte ferner: Nach BGHZ 142, 300 = NJW 2000, 134 und BGH, NJW-RR 2001, 6 sind„unentgeltlich“ im Sinne der Vorschrift des § 822 BGB im Regelfall auch sogenannte„unbenannte Zuwendungen“ im Sinne des ehelichen Güterrechts, wenn der Gläubiger gegen den„beschenkten“ Ehegatten vorgeht („Außenverhältnis“).

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§§§§ 881122 AAbbss.. 11,, 881188 AAbbss.. 11,, 22 –– DDeerr UUmmffaanngg ddeerr BBeerreeiicchheerruunngg KKaarrtteeiikkaarrttee 3344//11

(Giesen, Jura 1995, 281)

A. Herausgabe des Erlangten

Sie richtet sich nach § 812 Abs. 1 BGB, nicht nach § 818 Abs. 1 BGB!

I. Zurückübereignung erlangten Eigentums, §§ 929; 873 Abs. 1 , 925 BGB

II. Zurückabtretung einer erlangten Forderung, § 398 ff. BGB usw.

Problematisch bei der Durchlieferung und im Flugreisefall.

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B. Herausgabe gezogener Nutzungen, § 818 Abs. 1 BGB

I. Nutzungen sind nach § 100 BGB Früchte und Gebrauchsvorteile, allerdings nur die tatsächlichgezogenen Nutzungen und nicht auch diejenigen, die hätten gezogen werden können. Bei einemerlangten Geldbetrag bestehen die Nutzungen in den Zinsen. Die Nutzung muß unmittelbar ausdem Bereicherungsgegenstand folgen. Ist sie die Folge einer persönlichen Leistung, so fällt sienicht unter § 818 Abs. 1 BGB (BGHZ 7, 208, 217: Erträge eines rechtsgrundlos erlangtenFilmtheaters sind Folge der Leistung des Erwerbers und keine Nutzung der Substanz).

– BGHZ 138, 160, Leitsatz:

„Hat der Bereicherungsschuldner das erlangte Geld zur Tilgung von Schulden verwandt, hat er die dadurchersparten Zinszahlungen entsprechend § 818 Abs. 1 und 2 BGB als Vorteile aus dem Gebrauch des Geldes an denBereicherungsgläubiger herauszugeben.“

– BGH, NJW 2002, 60, 1. Leitsatz:

„Der ,nicht so berechtigte΄ Besitzer kann zur Herausgabe von Nutzungen, die er unter Überschreitung eines ihmgesetzlich zugewiesenen Besitzrechts gezogen hat, unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1S. 1 BGB) verpflichtet sein (Abgrenzung zu … BGHZ 131, 297).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3344//22

– BGH, NJW 1997, 933, 935:

„… Ob und in welchem Umfang die §§ 812, 818 BGB einen Zinsanspruch des Kreditgebers für die Zeitrechtfertigen, in der ihm das Kapital ohne Rechtsgrund vorenthalten wird, ist zwar bisher nicht abschließend geklärt(vgl. BGHZ 104, 337, 343 f m.w.Nachw.). Zu ersetzen sind aber jedenfalls die aus dem Kapital tatsächlichgezogenen Nutzungen (Senatsurteil vom 3. Juli 1991 aaO unter II 2 a; BGHZ 115, 268, 270; BGH, Urteil vom 24.September 1996 - XI ZR 185/94 unter III 2 a, z. Veröffentl. bestimmt). Dabei besteht nach der Rechtsprechung desBundesgerichtshofs (Urteil vom 18. April 1962 - VIII ZR 245/61 = WM 1962, 606 unter 3 b; BGHZ 64, 322, 323;102, 41, 46; Urteil vom 24. September 1996 aaO unter III 2 b) eine Vermutung dafür, daß Nutzungen im Wert dersonst üblicherweise zu zahlenden Zinsen gezogen worden sind, wenn das Kapital – wie etwa bei dessen Einsatz alsBetriebsmittel – in einer Art und Weise verwendet worden ist, die nach der Lebenserfahrung einen bestimmtenwirtschaftlichen Vorteil erwarten läßt.“

– BGH, NJW 1996, 250:

„Im Falle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines nicht zustande gekommenen Kaufvertrages ist derWert der herauszugebenden, durch Gebrauch der Kaufsache gezogenen Nutzungen (BGB § 818 Abs. 1, 2) nichtnach dem üblichen oder einem fiktiven Mietzins für eine gleichartige Sache zu ermitteln, sondern durch Schätzungder zeitanteiligen linearen Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher

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Gesamtnutzungsdauer (Fortentwicklung BGH, 1991-06-26, VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 und BGH, 1995-05-17,VIII ZR 70/94, WM IV 1995, 1145 unter III 2).“

II. Beim wucherischen Darlehen steht dem Darlehensgeber kein Anspruch auf die marktüblichenKreditzinsen aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 1, 2 BGB zu (BGH, NJW 1995, 1152; NJW1993, 2108; Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 817 RN 23). Die Nichtigkeit desDarlehensvertrages darf zugunsten des Darlehensgebers nicht dadurch umgangen werden, daßein Zinsanspruch aus § 818 Abs. 1, 2 BGB hergeleitet wird. Andernfalls bliebe dieSittenwidrigkeit des Darlehensvertrages für den Darlehensgeber praktisch sanktionslos, d.h. derWucherer könnte risikolos arbeiten (h.M.; a.A. Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 700).

BGH, NJW 1995, 1152, Leitsatz:

„Bei Darlehen, die wegen des damit verfolgten Zwecks sittenwidrig sind, ist die Rückforderungdes Darlehenskapitals nur dann ausgeschlossen, wenn die Zweckverfolgung von vornherein miteinem dem Darlehensgeber bekannten Risiko verbunden war, dieses Risiko sich verwirklicht hatund der Darlehensnehmer deswegen nicht mehr bereichert ist.“

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3344//33

C. Herausgabe der Surrogate, § 818 Abs. 1 BGB

I. Damit sind nicht etwa die rechtsgeschäftlichen Surrogate angesprochen, also diejenigen, dieder Bereicherungsschuldner als Gegenleistung für die Veräußerung des ursprünglichenGegenstandes erwirbt. Denn insoweit ist die Wertersatzpflicht des § 818 Abs. 2 BGBabschließend. Vielmehr werden von der Vorschrift Surrogate für die Zerstörung, Beschädigungoder Entziehung des Bereicherungsgegenstandes erfaßt; typischerweise sind das Ansprüche auseinem Versicherungsvertrag oder Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung.

II. „Auf Grund des erlangten Rechts“ ist jeder Erlös der bestimmungsgemäßen (typischen)Rechtsausübung erworben, z.B. der Gewinn aufgrund eines Lotterieloses, die Einziehung einerForderung, der Erlös aus der Verwertung eines Pfandrechts. § 818 Abs. 1 BGB ist damitbegrifflich enger als § 285 Abs. 1 BGB (§ 281 BGB a.F.), der jede Form der wirtschaftlichenVerwertung, also auch den Verkauf durch ein selbständiges Rechtsgeschäft, erfaßt.

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Beachte:

§ 818 Abs. 1 BGB geht § 818 Abs. 2 BGB vor: Im Falle der Erlangung einesSchadensersatzanspruches ist dieser – auch bei wirtschaftlicher Wertlosigkeit – gemäß § 818Abs. 1 BGB abzutreten und nicht etwa Schadensersatz nach § 818 Abs. 2 BGB zu leisten. Diesstellt einen Nachteil für den Kondiktionsgläubiger dar.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3344//44

D. Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB

I. Die Vorschrift des § 818 Abs. 2 BGB greift ein, wenn die Herausgabe des Erlangten seinerNatur nach nicht möglich ist (Dienstleistung, Gebrauchsüberlassung) oder wenn die Herausgabesubjektiv oder objektiv nicht mehr möglich ist (Bereicherungsschuldner hat den Gegenstandveräußert).

II. „Aus einem anderen Grunde“: Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob dieUnmöglichkeit der Herausgabe verschuldet oder unverschuldet ist. Auch die Teilunmöglichkeit(z.B. die Beschädigung des Gegenstandes) wird von § 818 Abs. 2 BGB umfaßt.

III. Die Wertbestimmung hat grundsätzlich objektiv zu erfolgen. Im Unterschied zu § 816 Abs. 1S. 1 BGB ist ein über den objektiven Verkehrswert hinausgehender Gewinn nicht zu ersetzen.

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(unbeschriebene Rückseite der Karteikarte 34/4)

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SSppeezziiaallpprroobblleemm:: FFaallll BBGGHHZZ 111122,, 337766 == JJZZ 11999911,, 887711 –– KKaarrtteeiikkaarrttee 3344//55

RRüücckküübbeerreeiiggnnuunngg eeiinneess dduurrcchh ddeenn gguuttggllääuubbiiggeenn BBeerreeiicchheerruunnggsssscchhuullddnneerr mmiittGGrruunnddppffaannddrreecchhtteenn bbeellaasstteetteenn GGrruunnddssttüücckkss aauuffggrruunndd aannffäänngglliicchheerr NNiicchhttiiggkkeeiitt ddeessKKaauuffvveerrttrraaggeess

I. T.v.A.

Der Kondiktionsschuldner ist zur Beseitigung der Belastung verpflichtet. Argument: Die Lösungdes BGH (Wertersatz) ist dogmatisch verfehlt und unpraktisch. Dogmatisch verfehlt ist dieEntscheidung, weil kein Unvermögen gegeben ist. Unpraktisch ist sie, weil derBereicherungsschuldner im Regelfall nicht über den Geldbetrag verfügt, um demBereicherungsgläubiger Wertersatz zu leisten, damit dieser die Grundschuld ablösen kann.

So Kohler, NJW 1991, 1999, 2000.

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II. BGH, a.a.O.

Der Kondiktionsschuldner ist nicht zur Beseitigung der Grundstücksbelastung verpflichtet, weilder Kondiktionsanspruch sich nur auf die Herausgabe der Bereicherung in Natur richtet; einePflicht zur Beseitigung zwischenzeitlicher Verfügungen besteht nicht. Der Kondiktionsschuldnerist jedoch gemäß § 818 Abs. 2 BGB in Höhe des Nennbetrages der Belastungwertersatzpflichtig. Er kann sich allerdings wegen seiner persönlichen schuldrechtlichenVerbindlichkeit (Darlehen) auf § 818 Abs. 3 BGB, d.h. auf Entreicherung, berufen, solange ihnder Kondiktionsgläubiger von dieser Schuld nicht befreit.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3344//66

III. Die Kritik an BGHZ 112, 376

1. Giesen, Jura 1995, 281, 282

Die Lösung des BGH ist vor allem deshalb nicht ganz unproblematisch, weil sie ohneweitere Begründung von der Anwendbarkeit des § 818 Abs. 2 BGB ausgeht. DieVorschrift setzt nämlich die Unmöglichkeit der Herausgabe desBereicherungsgegenstandes voraus, eine Voraussetzung, die hier nicht – jedenfalls nichtohne weiteres – bejaht werden kann, solange es nicht zur Zwangsversteigerung kommt.

2. Canaris, NJW 1991, 2513 und JA 1992, 272

Mit dem BGH ist davon auszugehen, daß nur das belastete Grundstück zurückübertragenist. Canaris meint jedoch, daß

– die Belastung des Grundstückes einer Nutzung gleichzustellen sei und daher nach§ 818 Abs. 1 BGB die gezogenen Nutzungen herauszugeben seien. Da dies nicht

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möglich sei, müsse dafür Wertersatz geleistet werden. Der Wert der Belastungbestehe darin, daß der Bereicherungsschuldner das Darlehen wegen der Sicherungdurch die Grundschuld zinsgünstiger erhalte und ihm ein neuer Auszahlungskurseingeräumt werde (� Avalprovision der Kreditinstitute).

– Bei den abstrakten Sicherheiten müsse der Bereicherungsschuldner einenRückübertragungsanspruch gegen den Sicherungsgeber abtreten.

Weitere Literatur zu diesem Fall:

– Gursky, 20 Probleme aus dem BGB Bereicherungsrecht, 14. Problem, S. 140 ff.;

– Larenz/Canaris, SchuldR II/2 1994, § 72 III 4, S. 280 – 282.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3344//77

IV. Korrektur dieser Rechtsprechung durch BGH, NJW 2002, 1872

Dieser Fall betraf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags,wobei das Grundstück vor der Eigentumsübertragung zugunsten des Darlehensgebers desKäufers mit einer Sicherungsgrundschuld belastet war. Der BGH räumt dem Aufhebungs- bzw.Übertragungsanspruch den Vorrang vor dem Wertersatzanspruch ein, sofern der Gläubiger zurAblösung der Grundschuld bereit ist.

Die Leitsätze der neuen Entscheidung lauten:

„1. Haftet der Käufer wegen ungerechtfertigter Bereicherung, kann der Käufer, der zugunstendes Darlehensgebers des Käufers das Grundstück vor Eigentumsübertragung mit einerGrundschuld belastet hat, die Aufhebung oder Übertragung der Grundschuld verlangen, wennder Gläubiger zu deren Ablösung bereit ist; ein Anspruch auf Wertersatz besteht (jedenfalls)dann nicht (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 26. Oktober 1990, V ZR 22/89, BGHZ 112, 376).

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2. Reicht die Bereicherung des Käufers (Darlehensvaluta, Zinsersparnis gegenüber anderenKreditformen, Grundstücksnutzungen, Ersatz für Verwendungen u.a.) zur Ablösung derGrundschuld nicht hin, steht der Anspruch des Verkäufers auf deren Aufhebung oderÜbertragung unter dem Vorbehalt der Zahlung des Restes Zug um Zug.“

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§§ 881188 AAbbss.. 33 BBGGBB –– EEnnttrreeiicchheerruunngg KKaarrtteeiikkaarrttee 3355//11

(Giesen, Jura 1995, 281, 282 f.)

I. Der Ausschluß der Kondiktion nach § 818 Abs. 3 BGB

1. Das Telos der Norm

a) § 818 Abs. 3 BGB ist Ausdruck des Gedankens, daß die §§ 812 ff. BGB nichtSchadensersatz, sondern lediglich Rückgewähr tatsächlich noch vorhandenerBereicherungen anordnen. Die Vorschrift gewährt ein Leistungsverweigerungsrecht.

b) Die Voraussetzungen des § 818 Abs. 3 liegen vor, wenn im Vermögen desBereicherungsschulders nichts, weder gegenständlich noch als Ausgleich für den Verlustdes Erlangten (z.B. Verkaufserlös; durch Verbrauch des Gegenstands ersparteAufwendungen) verblieben ist.

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2. Anwendungsbereich

Der Bereicherungsanspruch ist gemäß § 818 Abs. 3 BGB jedenfalls dann ausgeschlossen,wenn sich

aa) weder der Bereicherungsgegenstand

bb) noch dessen Nutzungen oder Surrogate (818 Abs. 1 BGB) bzw.

cc) der Wert (§ 818 Abs. 2 BGB)

im Vermögen des Kondiktionsschuldners befinden.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3355//22

II. Einzelheiten zu den möglichen entreichernd wirkenden Vorgängen

1. Leistung an einen Dritten

§ 818 Abs. 3 BGB ist nicht erfüllt, wenn zu Zwecken des Erwerbs desBereicherungsgegenstandes eine Gegenleistung an einen Dritten erbracht wurde (z.B. derKaufpreis). In Dreispersonenverhältnissen kommt ein Bereicherungsanspruch regelmäßignur dann in Betracht, wenn der Bereicherte gleichzeitig dem dinglichenHerausgabeanspruch des § 985 BGB ausgesetzt ist. Gegen diesen Anspruch kann er sichebenfalls nicht auf Entreicherung berufen (vgl. den Jungbullenfall BGHZ 55, 176). Imübrigen fehlt es an einer Entreicherung, da Gewährleistungsrechte desBereicherungsschuldners gegenüber dem Dritten bestehen (Rechtsmängelhaftung, §§ 433Abs. 1, 435, 437 BGB; früher §§ 440 Abs. 1, 325 BGB a.F.).

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2. Ersparnis von Aufwendungen

Im Fall der Ersparnis von Aufwendungen des Bereicherungsschuldners greift § 818 Abs.3 BGB nicht zu dessen Gunsten ein bei:

a) der Tilgung eigener Schulden mit rechtsgrundlos erlangtem Geld, wenn dierechtsgrundlose Leistung ursächlich für die Schuldentilgung ist; daran fehlt es,wenn der Empfänger seine Schuld unter Einschränkung seines Lebensstandards ingleicher Weise auch ohne die rechtsgrundlose Leistung zurückbezahlt hätte(BGHZ 118, 383, 386);

b) dem Verbrauch einer rechtsgrundlos erlangten Sache;

c) der Benutzung einer rechtsgrundlos erlangten Wohnung.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3355//33

3. Luxusaufwendungen

Dagegen kann sich der Kondiktionsschuldner grundsätzlich auf § 818 Abs. 3 BGBberufen, wenn er sogenannte Luxusaufwendungen gemacht hat. Diese betreffen den Fall,daß der Kondiktionsschuldner den Bereicherungsgegenstand nicht dazu einsetzt, die nachseinem persönlichen Lebensstandard ohnehin notwendigen Kosten bzw.Sonderaufwendungen zu decken, sondern sich einen über seinen üblichen Standardhinausgehenden Luxus leistet.

4. Aufwendungen auf den Bereicherungsgegenstand

Aufwendungen auf den Bereicherungsgegenstand sowie sonstigeVermögensdispositionen (z.B. das Verjährenlassen einer Forderung gegen den wahrenSchuldner), sind – soweit sie im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbsvorgenommen wurden – unstreitig mit dem Bereicherungsgegenstand zu verrechnen undführen insoweit zu einem Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB. § 818 Abs.3 BGB gewährt ein Leistungsverweigerungsrecht bezüglich der Herausgabe des

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Bereicherungsgegenstandes bis zum Ersatz der Aufwendungen, nicht aber eineneigenständigen Aufwendungsersatzanspruch. Deshalb sind die Aufwendungen Zug umZug gegen Herausgabe des Bereicherungsgegenstandes zu ersetzen.

5. Sonstige unfreiwillige Vermögenseinbußen

Streitig ist die Behandlung sonstiger unfreiwilliger Vermögenseinbußen – etwa vonFolgeschäden, die die rechtsgrundlos erlangte Sache im Vermögen desBereicherungsschuldners angerichtet hat.

a) Eine gewichtige t.v.A. der Literatur (Soergel/Mühl, 12. Aufl. 1988, § 818 RN 57;MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 818 RN 68; Staudinger/Lorenz, 13. Bearb. 1994 / Neubearb.1999, § 818 RN 40) erkennt diese sonstigen Vermögenseinbußen desBereicherungsschuldners nicht als Wegfall der Bereicherung an. Begründung: DieVermögenseinbuße sei nicht adäquate Folge der Rechtsgrundlosigkeit und des Vertrauensin die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs, sondern lediglich Folgen der freiwilligenÜbernahme eines Gegenstandes in das eigene Vermögen mit allen damit verbundenenRisiken.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3355//44

Etwas anderes soll nach dieser Auffassung nur gelten, wenn es sich umVermögenseinbußen aufgrund der Mangelhaftigkeit des Bereicherungsgegenstandeshandelt (d.h. Mangelfolgeschäden), weil in diesen Fällen gerade aufgrund derRechtsgrundlosigkeit des Erwerbs die andernfalls einschlägigenGewährleistungsansprüche ausscheiden, so daß zwischen der Rechtsgrundlosigkeit desErwerbs und dem Fehlen eines ansonsten bestehenden Ersatzanspruchs ein adäquaterZusammenhang besteht (MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 818 RN 68; Palandt/Sprau, 62.Aufl. 2003, § 818 RN 44).

b) Die Rechtsprechung des BGH (BGHZ 56, 173, 180) und eine t.v.A. in der Literatur(Larenz, SchuldR II, 12. Aufl. 1981, § 70 II; RGRK/Heimann-Trosien, 12. Aufl. 1989,§ 818 RN 26) sind hingegen der Auffassung, daß auch sonstige Vermögenseinbußen alsWegfall der Bereicherung anzuerkennen seien, da sie zwar nicht eine adäquate Folge derRechtsgrundlosigkeit, wohl aber des Bereicherungsvorganges als solchem seien.

Einzelheiten zum Entreicherungseinwand finden sich in komprimierter Form bei Palandt/Sprau,62. Aufl. 2003, § 818 BGB RN 27 ff.

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III. Details zur Kausalität (anknüpfend an oben II.)

Notwendig für § 818 Abs. 3 BGB und die Entreicherung ist die Kausalität zwischen dembereichernden Vorgang und der Vermögenseinbuße (BGHZ 1, 75, 81; BGHZ 118, 383, 386).Allerdings ist – was aus §§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB folgt – das Ziel des § 818 Abs. 3 BGB,das Vertrauen des gutgläubigen Kondiktionsschuldners auf die Rechtsbeständigkeit seinesErwerbs zu schützen. Demgemäß ist im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB nur diejenige mit derBereicherung kausal verknüpfte Aufwendung von Bedeutung, die der Kondiktionsschuldner imVertrauen auf den Fortbestand des Rechtsgrundes tätigt. Auch ist zu berücksichtigen, welcherPartei nach der objektiven Interessenlage das Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (BGHZ 116,251).

– der an den Dritten gezahlte Kaufpreis (–);

– Zufallsschäden (–);

– Aufwendungen zum Erhalt der Sache (+).

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IV. Problem: Entreicherungseinwand beim sittenwidrigen Darlehensvertrag

Bei einem Darlehensvertrag muß der Schuldner immer mit der Rückzahlung der Valuta rechnen,§§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB (vgl. § 279 BGB a.F.). Es gilt der Grundsatz: „Geld hat man zuhaben.“ Dafür genügt bereits die Kenntnis von der Rückzahlungspflicht. Nicht erforderlich istdie Kenntnis der Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags.

Nach der Streichung des § 279 BGB a.F. bleibt es bei diesem Ergebnis, da es sich bei dem Grundsatz „Geld hat manzu haben“ um einen allgemeinen Grundsatz des Zivilrechts handelt. Die Existenz der Insolvenzordnung ließe sichandernfalls nicht erklären.

V. Problem: Entreicherung bei Schenkungswiderruf – BGHZ 140, 275

Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet:

„Vermögensmindernde Aufwendungen des Beschenkten vor Zugang der Widerrufserklärung aufdas infolge Widerrufs der Schenkung wegen groben Undanks herauszugebende Geschenk sind

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als Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen. Im übrigen kommt eineigenständiger Verwendungsersatzanspruch des Beschenkten nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.BGB unter dem Gesichtspunkt der Verwendungskondiktion in betracht, soweit bei Rückgabe desGeschenks noch eine Wertsteigerung vorhanden ist, die auf den zu ersetzenden Verwendungenberuht.“

Nach dieser Entscheidung wirken sich sämtliche vermögensmindernden Aufwendungen desBeschenkten bereicherungsmindernd im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB aus, also nicht nurnotwendige und nützliche, d.h. wertsteigernde Verwendungen, sondern auch z.B. solcheAufwendungen, die von vornherein keine Wertsteigerung zur Folge hatten sowie solche, die zueiner im Zeitpunkt der Rückgabe wieder entfallenen Wertsteigerung geführt haben (vgl. RG,RGWarn 1919 Nr. 196 und RG, LZ 1924, 86).

Die frühere Rechtsprechung des BGH zum Sonderfall des Schenkungswiderrufs (BGH, NJW1980, 1789; BGH, NJW 1992, 183), wonach nur solche Aufwendungen des Beschenktenbereicherungsmindernd berücksichtigt werden konnten, die zu einer bei Rückgabe desGeschenks noch vorhandenen Wertsteigerung geführt haben, wird vom X. Zivilsenatausdrücklich aufgegeben (vgl. den dritten Leitsatz).

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A. Früher h.L.: Zweikondiktionentheorie

Oertmann, DJZ 1915, 1063

Grundsatz

Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge hat in den §§ 812 ff. BGB keineSonderregelung erfahren, so daß es bei den strengen Folgen des Gesetzes verbleibt.

I. Es bestehen zwei selbständige Bereicherungsansprüche der Vertragspartner.

II. Diese werden durch Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) oder durch Zurückbehaltungsrechte(§ 273 BGB) miteinander verbunden.

III. Das Risiko des Untergangs der Sache trägt der Bereicherungsgläubiger der Sachleistung.Der Bereicherungsgläubiger der Geldleistung kann sich in vollem Umfang auf § 818 Abs.3 BGB berufen.

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IV. Konsequenz:

� In der Regel trägt derjenige, dessen Leistung beim Vertragspartner verschlechtert wurdeoder unterging, bezüglich der von ihm erbrachten Leistung (entgegen derGefahrtragungsregel des § 446 BGB!) das Risiko der Verschlechterung bzw. desUntergangs der Sache.

B. T.v.A. in der Literatur: Modifizierte Zweikondiktionentheorie

Lieb, NJW 1971, 1292; MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 818 RN 94 ff.; Flume, AcP 194 (1994),427; ders., JZ 2002, 321, 324; Canaris, WM 1981, 979

Grundsatz

Ausgangspunkt der Rückabwicklung ist die gesetzliche Regelung in den §§ 812 ff. BGB,derzufolge zwei Kondiktionsansprüche bestehen. Eine Modifizierung wird im Rahmen des§ 818 Abs. 3 BGB vorgenommen.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//22

I. Es gibt zwei selbständige Bereicherungsansprüche der Vertragspartner.

II. Eine Verbindung dieser Ansprüche durch Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) und durchZurückbehaltungsrechte (§ 273 BGB) ist möglich.

III. Eine Modifizierung erfolgt erst im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB. Das Ziel dieserModifizierung besteht darin, die einseitige Belastung des Bereicherungsschuldners derGeldleistung (z.B. Verkäufer), die durch die Saldotheorie hervorgerufen wird, zuverhindern. Das Risiko der Verschlechterung oder des Untergangs der Sache sollvielmehr regelmäßig der Empfänger der Sachleistung tragen. Dem Empfänger derSachleistung (Kondiktionsschuldners) wird die Berufung auf § 818 Abs. 3 BGBverwehrt, wenn

1. T.v.A.:

der Inhaber der Sache den Vermögensgegenstand willentlich und zurechenbar in seinwirtschaftliches Vermögen eingeordnet hat, insbesondere durch Benutzung der Sache;

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So MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 818 RN 94 ff.; Flume, AcP 194 (1994), 427; ders., JZ2002, 321, 324; Canaris, WM 1981, 979.

Die Zurechenbarkeit der Einordnung des Gegenstandes in das wirtschaftliche Vermögen beimMinderjährigen wird von den Vertretern dieser Auffassung verneint, da dieser durch dasBereicherungsrecht nicht schlechter gestellt werden soll als bei vertraglichen Ansprüchen (vgl. §§ 104 ff.BGB). Im Fall der arglistigen Täuschung durch den Verkäufer und im Fall der Mangelhaftigkeit derKaufsache wird die Zurechenbarkeit in der Regel ebenfalls verneint, sofern der Wegfall des erlangtenGegenstandes gerade auf der Mangelhaftigkeit oder auf der arglistigen Täuschung beruht, d.h. dieEinordnung des Bereicherungsgegenstandes in das Vermögen des Bereicherungsschuldners muß durch diearglistige Täuschung bzw. durch die Mangelhaftigkeit der Sache beeinflußt worden sein.

2. T.v.A.:

der Inhaber der Sache einen Sorgfaltsverstoß in eigenen Angelegenheiten begangen hat.An das Verschulden sind dabei geringe Anforderungen zu stellen (entsprechendeAnwendung der §§ 350, 351 BGB a.F.); der Bereicherungsschuldner trägt dabei dieBeweislast für sein fehlendes Verschulden.

So Medicus, BR, 18. Aufl. 1999 RN 228 ff.; Weitnauer, NJW 1970, 638.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//33

a) Gegen diese Auffassung wurde geltend gemacht, daß die §§ 350, 351 BGB a.F.rechtspolitisch sehr umstritten gewesen seien, so daß es vielfach als verfehltangesehen wurde, diese Vorschriften analog auf andere Rechtsverhältnisseanzuwenden.. Medicus, BR 19. Aufl. 2002 RN 227 – 229 schreibt für die Situationnach der Schuldrechtsreform, daß die „bisher mehr oder weniger auf die Parallelezum Rücktrittsrecht gegründete Diskussion wegen dessen Änderung neu zubedenken“ sei.

b) Beachte jetzt § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB n.F. (Entfallen der Wertersatzpflicht desRücktrittsschuldners im Fall des gesetzlichen Rücktrittsrechts, wenn dieVerschlechterung oder der Unterganz beim Berechtigten eingetreten ist, obwohldieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheitenanzuwenden pflegt) und § 346 Abs. 3 S. 2 BGB n.F.: „Eine verbleibendeBereicherung ist herauszugeben.“

Zu der Situation nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform schreiben Lorenz/Riehm,Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, RN 432 f.:

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„Diese Regelung [des § 350 BGB a.F.] (kein Wegfall des Rücktrittsrechts/Wandlungsrechtsbei zufälligem Untergang) ist nun nicht ersatzlos verschwunden, sondern – wenngleich miteingeschränkterem Anwendungsbereich – in § 346 III Nr. 3 aufgegangen. Auch dieseRegelung durchbricht, wenngleich nicht in demselben Maße, bewußt das Synallagma. Für diebereicherungsrechtliche Wertung kommt es daher nunmehr entscheidend darauf an,inwieweit man den Bereicherungsschuldner, der die selbst empfangene Leistung nicht mehrherausgeben kann und auch sonst nicht mehr bereichert ist, wertungsmäßig mit einem nach§ 346 III Nr. 3 privilegierten Rücktrittsberechtigten gleichzustellen hat. Dies wird angesichtsder ratio der Privilegierung des gesetzlich Rücktrittsberechtigten sicherlich nicht generell,sondern nur dann in Betracht zu ziehen sein, wenn der Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrunddem Gläubiger der untergegangenen Leistung – ähnlich wie eine objektive Pflichtverletzung(§ 280) – zurechenbar ist. Ist dies der Fall, wird man wohl diese Wertung weiterhin auch imBereicherungsrecht zu respektieren haben. (…) Bei ,neutralen Rückabwicklungsgründen‘(etwa im Falle des Dissenses) muß freilich auch im Bereicherungsrecht das Zufallsrisikobeim Empfänger liegen. Diese Nichtigkeitsgründe sind wertungsmäßig nicht mit § 346 III Nr.3 vergleichbar. Dies gilt a fortiori für den Fall selbstverursachter Rückabwicklungsgründe(etwa im Falle einer Irrtumsanfechtung).“

� Der Empfänger der Sachleistung trägt nach der modifizierten Zweikondiktionentheorie inder Regel das Verschlechterungs- bzw. Untergangsrisiko.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//44

C. Rechtsprechung und h.M.: Saldotheorie

BGH, NJW 1992, 1037; NJW 1992, 2984; NJW 1994, 2021, std. Rspr.; Palandt/Sprau, 62. Aufl.2003, § 818 RN 48 m.w.N.

Grundsatz:

Im Rahmen von synallagmatischen (gegenseitigen) Verträgen ist die Bereicherung nichtisoliert für jeden Vertragspartner festzustellen, sondern vielmehr wird untersucht, obunter Berücksichtigung der Gegenleistung für eine der Parteien ein Überschuß verbleibt.

I. Nur einem Vertragspartner steht ein Kondiktionsanspruch zu. Das Synallagma desfehlgeschlagenen Vertrages wirkt faktisch fort („faktisches Synallagma“), Leistung undGegenleistung stehen also in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Jeder Vertragspartnerkann nur insoweit etwas zurückverlangen, als er auch selbst die erhaltene Leistungzurückgewähren kann.

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II. Die geschuldeten Hauptleistungen (etwa Kaufsache und Kaufpreis) sowie dieNebenleistungen (Ansprüche auf Verwendungsersatz, Nutzungsersatz, usw.) werdenmiteinander saldiert und zu einem einheitlichen, nur einem Teil zustehenden Anspruchverrechnet. Bei ungleichartigen Leistungen erfolgt eine Verurteilung Zug um Zug (§ 274BGB) durch das zuständige Gericht.

III. Die Leistung und die Gegenleistung werden automatisch miteinander verrechnet(„saldiert“), ohne daß eine Aufrechnungserklärung oder die Geltendmachung einesZurückbehaltungsrechts notwendig wäre. Dabei sind alle Vor- und Nachteileeinschließlich der Nutzungen und Verwendungen in die Berechnung einzubeziehen.

IV. Die Unmöglichkeit der Rückgewähr ist gleichzeitig eine Entreicherung des Gläubigersder Sachleistung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB. Deren Wert wird zum Abzugspostenim Rahmen des Bereicherungsanspruchs des Entreicherten.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//55

V. Konsequenz:

� Der Empfänger der Sachleistung (= Bereicherungsgläubiger der Geldleistung, z.B.Käufer) trägt regelmäßig das Risiko der Verschlechterung bzw. des Untergangs derSache. Eine Berufung auf § 818 Abs. 3 BGB ist in diesen Fällen ausgeschlossen. DieSaldotheorie stellt damit eine Einschränkung des § 818 Abs. 3 BGB dar (vgl. Giesen, Jura1995, 281, 284).

D. Ausnahmen von der Saldotheorie (bzw. der modifizierten Zweikondiktionentheorie)

Die Saldo- bzw. die modifizierte Zweikondiktionentheorie gelten jedoch nicht,

1. wenn der Empfänger der Sachleistung in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist(Minderjährigenschutz);

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Beim Erwerb durch einen beschränkt Geschäftsfähigen wird dieser dadurch geschützt, daß er die von ihmerbrachte Leistung (z.B. Kaufpreis) zurückverlangen kann, selbst wenn die von ihm empfangeneSachleistung (z.B. Kaufsache) inzwischen untergegangen ist, vgl. BGH, NJW 1994, 2021. Andernfallswürde er faktisch so gestellt, als wäre der Vertrag wirksam zustandegekommen, so daß die §§ 104 ff. BGBumgangen würden. Dies gilt nicht, wenn der beschränkt Geschäftsfähige – wegen Kenntnis desgesetzlichen Vertreters oder eigener Kenntnis – verschärft haftet. In diesem Fall ist der beschränktGeschäftsfähige nicht mehr schutzwürdig (vgl. Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 818 RN 49).

2. im Falle der arglistigen Täuschung durch den Schuldner der Sachleistung (Arglist);

Bei arglistiger Täuschung des Gläubigers der Sachleistung (Käufer) durch den Schuldner der Sachleistung(Verkäufer) und unverschuldetem Untergang der von ihm empfangenen Sachleistung bleibt sein Anspruchauf Rückgewähr der von ihm erbrachten Leistung (Kaufpreis) bestehen, da der Täuschende nichtschutzwürdig ist und ein Wertungswiderspruch zu den Gewährleistungsregeln des Kaufrechts entstehenwürde. Trifft den Getäuschten bei dem Untergang der von ihm empfangenen Sachleistung ein Verschulden,soll dieses (Mit-) Verschulden nach § 242 BGB (nicht § 254 BGB) Berücksichtigung finden, vgl. BGHZ57, 137, 140. Dies gilt auch nach der Schuldrechtsreform weiter, vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuenSchuldrecht, 2002, RN 432 a.E.: „Der über die Mangelhaftigkeit arglistig getäuschte Käufer, bei welchemdie Kaufsache durch Zufall untergegangen ist, darf im Falle der Anfechtung auch weiterhin keinesfallsschlechter stehen, als im Falle eines Sachmangels. In diesem Fall aber kann der Käufer wie nachbisherigem Recht gem. § 437 Nr. 2, 323, 326 V, 346 I den Kaufpreis zurückverlangen, ohne zum Wertersatzverpflichtet zu sein (§ 346 III Nr. 3).“

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//66

3. wenn die Verschlechterung oder der Untergang der Sache auf einem Sachmangel beruht,für den der Schuldner der Sachleistung nach dem Vertrag einzustehen hat (Sachmangel);

Bei Untergang der Sachleistung infolge eines Sachmangels, für den der Verkäufer im Fall der Wirksamkeitdes Vertrages einzustehen hätte, mit der Folge, daß Gewährleistungsrechte nach § 437 BGB also trotzUntergangs der Kaufsache begründet gewesen wären, soll der Verkäufer auch im Falle der Unwirksamkeitdes Vertrages nicht besser stehen. Begründung: Der Untergang der Sache ist letztlich auf einen Umstandaus seiner Sphäre zurückzuführen, vgl. BGHZ 78, 216.

4. in den Vorleistungsfällen, d.h. wenn es nicht um die Abwicklung von beiderseits bereitserbrachten Leistungen geht (Vorleistung).

Bei der Vorleistung trägt der Vorleistende das volle Risiko des Untergangs der Sache, weil schonbegrifflich eine Saldierung gegenseitiger Ansprüche ausscheidet (Beispiel: Der Verkäufer liefert eineSache aus, bevor er den Kaufpreis erhalten hat. Geht die Ware beim Empfänger unter und stellt sich imAnschluß daran die Unwirksamkeit des Kaufvertrags heraus, so kann der Verkäufer weder die Rückgewährder Kaufsache verlangen noch deren Bezahlung. � Kritik von MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 818 RN 90:

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Der Vorleistende will lediglich das Insolvenzrisiko seines Partners übernehmen, nicht jedoch das Risikoder Beschädigung oder des Untergangs der Sache.

� Nach der Literatur und nach Auffassung des BGH gilt bei Eingreifen einer dieserAusnahmen die strenge Zweikondiktionentheorie (nach BGH allerdings unterBerücksichtigung eines etwaigen Mitverschuldens des Käufers unter Anwendung des§ 242 BGB).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//77

E. Argumente und Kritik zu den verschiedenen Theorien

I. Strenge Zweikondiktionentheorie

Kritik:

Gegen diese Theorie spricht, daß der Verkäufer einer Sache – derBereicherungsgläubiger – (entgegen den Wertungen der §§ 446, 447 BGB a.F.) faktischdie Gegenleistungsgefahr für eine Kaufsache trägt, die sich nicht mehr in seinemHerrschaftsbereich befindet, sondern vielmehr den – möglicherweise gefahrerhöhenden –Dispositionen seines Vertragspartners ausgesetzt ist.

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II. Modifizierte Zweikondiktionentheorie

Kritik:

Nach dieser Theorie trägt der Empfänger grundsätzlich das Verschlechterungs- undUntergangsrisiko in Bezug auf die Sachleistung. Gegen diese Theorie spricht jedoch, daßder Empfänger der Sachleistung auch das Risiko einer zufälligen Verschlechterung bzw.eines zufälligen Untergangs tragen muß. Ein „Verschulden“ des Verkäufers kanngrundsätzlich nicht berücksichtigt werden.

Der Unterschied dieser Theorie zur Saldotheorie besteht darin, daß die Parteien von ihrenGegenrechten (Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB; Zurückbehaltungsrechte nach § 273BGB) Gebrauch machen müssen, während bei der Saldotheorie die Zug-um-Zug-Verpflichtung ohne weiteres besteht.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//88

F. Einzelheiten zu den Ausnahmen von der Saldotheorie

A. Saldotheorie

I. Die Saldotheorie ergibt eine Saldierung wechselseitiger Bereicherungsansprüche. DerWert der Entreicherung wird dabei zum Abzugsposten beim Bereicherungsanspruch desnach § 818 Abs. 3 BGB Entreicherten.

II. Im Ergebnis stellt die Saldotheorie eine Einschränkung des § 818 Abs. 3 BGB dar.

B. Ausnahmen

Die Saldotheorie stellt sich als eine Billigkeitskorrektur des § 818 Abs. 3 BGB dar. Sie mußweichen, wenn übergeordnete Gesichtspunkte die Anwendung der Zweikondiktionentheorieerfordern. Es gelten die nachfolgend aufgeführten Ausnahmen:

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I. Die Saldierung darf niemals zu Lasten eines Minderjährigen oder eines Geschäftsunfähigenzur Anwendung kommen, weil dies zur Folge hätte, daß die durch die §§ 104 – 108 BGBgeschützte Person entgegen den in diesen Vorschriften getroffenen Wertungen vongrundsätzlichem Gehalt faktisch am Vertrag festgehalten werden würde.

II. Die Saldotheorie konnte mit den Wertungen der §§ 350, 351 BGB a.F. in Widerspruchgeraten (Fall des arglistig täuschenden Verkäufers – Sache geht ohne Verschulden des Käufersunter � Wandlung wäre wegen § 350 BGB möglich gewesen � Anfechtung nach § 123 BGBdarf sich für den Käufer nicht nachteilig auswirken � Anwendung derZweikondiktionentheorie). Für einen Fall, in dem den Käufer das Verschulden am Untergang derSache traf, fand BGHZ 57, 177 folgende Lösung: Der arglistig täuschende Verkäufer konntesich wegen §§ 819 Abs. 1, 142 Abs. 2 BGB nicht auf die Saldotheorie berufen. Allerdings kames zu einer Anspruchsminderung gemäß § 242 BGB (venire contra factum proprium) unterAbwägung der Täuschung durch den Verkäufer einerseits und des Verschuldens des Käufers amUntergang der Sache andererseits (§ 254 BGB soll nach Meinung des BGH imBereicherungsrecht nicht gelten).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3366//99

Ablehnend dazu Giesen, Jura 1995, 281, 285 und Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 230 (mitHinweis auf die gleiche Randnummer in der Vorauflage), weil es an einemKausalzusammenhang zwischen der Täuschung und dem Untergang der Sache fehlte (im Fallwar vom Verkäufer eines Kfz eine Falschangabe über den Kilometerstand gemacht worden).

III. Die Saldotheorie ist nach BGHZ 78, 216, 222 ff. unanwendbar, wenn der Untergang desBereicherungsgegenstandes auf einem Sachmangel beruht, für den der Verkäufer beiGültigkeit des Kaufvertrages nach dem Gewährleistungsrecht einzustehen hätte �faktisches Synallagma der kaufrechtlichen Wertungen.

IV. Die Saldotheorie soll nach BGHZ 146, 298 unanwendbar sein zugunsten einer Partei, diedurch ein wucherähnliches und daher nach § 138 Abs. 1 BGB nichtiges Geschäftbenachteiligt worden ist (kritisch dazu Flume, JZ 2002, 321, 324).

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Details zu alledem bei Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 818 BGB RN 48 f.

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§§§§ 881188 AAbbss.. 44,, 881199 AAbbss.. 11,, 882200 BBGGBB –– KKaarrtteeiikkaarrttee 3377//11

DDiiee vveerrsscchhäärrffttee HHaaffttuunngg ddeess KKoonnddiikkttiioonnsssscchhuullddnneerrss

(Giesen, Jura 1995, 281, 285 ff.)

I. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292, 987 – 1003 BGB – Die verschärfte Haftung nach den„allgemeinen Vorschriften“

1. Der Bereicherungsschuldner kann sich nicht mehr auf einen entreicherndenUmstand i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB berufen.

2. Die Haftung richtet sich jedenfalls nach den §§ 291, 292 BGB � Schadensersatznach § 989 BGB (+), wenn den Bereicherungsschuldner an der Zerstörung usw.der Sache ein Verschulden trifft. Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungenüber § 987 Abs. 2 BGB (+). Der Bereicherungsschuldner kann nur noch Ersatz fürnotwendige Verwendungen verlangen, § 994 Abs. 2 BGB (und dies wiederum nurnach Maßgabe der §§ 677 ff. BGB); Geldschulden sind nach §§ 291, 288 Abs. 1BGB ab Rechtshängigkeit mit 5 Prozent p.a. über dem Basiszinssatz zu verzinsen

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(Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 818 RN 52). Für den Zeitraum ab dem 1. 9.2001 ergibt dies einen Zinssatz von 3,62 % + 5 % = 8,62 %.

II. Die Voraussetzungen der Haftungsverschärfung im einzelnen

1. § 818 Abs. 4 BGB – Rechtshängigkeit

Gemäß §§ 261 Abs. 1 , 253 Abs. 1 ZPO tritt die Rechtshängigkeit mit Zustellung derKlageschrift ein. � Der Bereicherungsschuldner muß damit rechnen, daß er zurRückgabe des Erlangten verpflichtet ist; er darf nicht weiter auf die Rechtsbeständigkeitdes Erwerbs vertrauen. Dies gilt nach Meinung des BGH aber nur ab Erhebung derLeistungsklage, nicht auch ab Erhebung der negativen Feststellungsklage. Bei derStellvertretung o.ä. erfolgt eine Zurechnung der Kenntnis des Vertreters beimVertretenen entsprechend § 166 Abs. 1 BGB (vgl. noch BGHZ 83, 293 zur Zurechnungentsprechend § 166 Abs. 1 BGB zwischen Eheleuten).

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3377//22

2. § 819 Abs. 1 BGB – positive Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes

a) Die verschärfte Haftung tritt auch bei Bösgläubigkeit ein. Diese setzt die positiveKenntnis der Tatsachen und der Rechtslage voraus, BGH, NJW 1992, 2417. Die grobfahrlässige Unkenntnis genügt deshalb ebensowenig wie die bloße Kenntnis vonTatsachen, auf denen das Fehlen des Rechtsgrundes beruht; vielmehr ist zusätzlich dieKenntnis der Rechtslage erforderlich. Wenn allerdings eindeutige Tatsachen vorliegen,kann ausnahmsweise auf die Überzeugung eines objektiv Denkenden abgestellt werden,d.h. ausreichend für die Bösgläubigkeit ist dann die Kenntnis der Tatsachen, aus denender Bereicherungsschuldner auf das Fehlen des Rechtsgrundes schießen mußte, soBGHZ 72, 9, 14 für eine irrtümliche Doppelüberweisung und BGH, NJW 1987, 185,187 für den Fall der irrtümlichen Überweisung des zehnfachen Betrages.

b) Bei der Anfechtung genügt nach § 142 Abs. 2 BGB die Kenntnis der Anfechtbarkeit.

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III. Problem: Anwendbarkeit des § 285 Abs. 1 BGB n.F. (281 BGB a.F.)

1. T.v.A.: § 285 Abs. 1 BGB ist unanwendbar.

Aus dem Wortlaut des § 818 Abs. 4 BGB ergibt sich, daß es sich bei der Verweisung nurum diejenigen Vorschriften handeln kann, die ihrerseits an die Rechtshängigkeitanknüpfen.

Vgl. Medicus, JuS 1993, 705, 706 ff.; Koppensteiner/Kramer, UngerechtfertigteBereicherung, 2. Aufl. 1988, 148 ff.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3377//33

2. BGHZ 75, 203 und h.M.: § 285 Abs. 1 BGB ist anwendbar.

Die Wortlautinterpretation der t.v.A. ist nicht zwingend. § 818 Abs. 4 BGB verweistvielmehr auf sämtliche Vorschriften des allgemeinen Teils des Schuldrechts (BGHZ 83,293; BGH, WM 1985, 89; Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 818 RN 52). Aus derBösgläubigkeit des Bereicherungsschuldners bzw. aus der Rechtshängigkeit desKondiktionsanspruchs ergibt sich, daß die Privilegierung des Schuldners durch die§§ 812 ff. BGB entfällt. Entscheidend ist also, daß die normale Haftung des gutgläubigenBereicherungsschuldners, die diesem z.B. gemäß § 818 Abs. 1 und Abs. 2 BGB denrechtsgeschäftlichen Mehrerlös beläßt und ihm in § 818 Abs. 3 BGB denEntreicherungseinwand ermöglicht, ein Privileg darstellt, auf das sich der verschärfthaftende Bereicherungsschuldner sich gerade nicht soll berufen dürfen. § 818 Abs. 4 und§ 819 Abs. 1 BGB bezwecken gerade, dem Bereicherungsschuldner diejenigenVergünstigungen zu nehmen, die ihm durch §§ 812 ff. BGB zur Verfügung gestelltwerden. Der Bereicherungsschuldner soll dem Schuldner aus anderen Rechtsgründengleichgestellt werden.

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IV. Problem: Gibt es eine Garantiehaftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners?

Nach der Entscheidung BGHZ 83, 293 war § 279 BGB a.F. bei Geldschulden anwendbar, so daßeine Garantiehaftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners bestand. Dieser konnte sichnicht darauf berufen, er habe seine finanzielle Leistungsfähigkeit verloren � Folge: Wertersatzbei Inanspruchnahme fremder Dienste ohne Rechtsgrund (+). Streitig war dies, wenn nur einindividualisierter Geldbetrag der Bereicherungsgegenstand war (dazu Giesen, Jura 1995, 281,186 m.w.N.). Durch die Streichung des § 279 BGB a.F. im Wege der Schuldrechtsreform dürftesich an diesem Ergebnis nichts geändert haben, da § 279 BGB ohnehin immer als ein Ausdruckeines allgemeinen Rechtsprinzips verstanden worden ist. Allerdings ist § 276 Abs. 1 S. 1 BGBn.F. nicht einschlägig, da dieser lediglich die Übernahme eines Beschaffungsrisikos, nicht aberden Grundsatz „Geld hat man zu haben“ regelt.

Aus den Materialien zur Schuldrechtsreform (Bericht des Rechtsausschusses zu § 275 Abs. 1n.F. BGB, BT-Dr. 14/7052, S. 183 f., zitiert bei Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S.1076) ergibt sich, daß die alte Rechtslage durch die Streichung des § 279 BGB a.F. nichtverändert werden sollte:

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3377//44

„Geldschuld

Der Entwurf spricht – anders als die Schuldrechtskommission in ihrem Vorschlag zu § 275(Bericht S. 117–121) – die Geldschuld nicht ausdrücklich an. Der Ausschuss hat erwogen, obdieser Vorschlag der eindeutigeren Regelung wegen aufgegriffen werden sollte. Er hat sich imErgebnis gegen eine solche Änderung und dafür entschieden, die Behandlung der Geldschuldweiterhin ungeregelt zu lassen. Das entspricht auch dem Vorschlag der Kommission„Leistungsstörungsrecht“. Eine Formulierung, die sämtliche Arten der Geldschuld und diejeweils unterschiedlichen Auswirkungen von Zahlungshindernissen umfasst, lässt sich ohnegroßen Formulierungsaufwand kaum finden. Hierbei wäre beispielsweise auch zuberücksichtigen, dass eine Befreiung von der Leistung bei Geldschulden nicht schlechthinausgeschlossen ist, sondern nur bei Zahlungsverpflichtungen (vgl. dazu z.B. BGH, VIZ 1999,176, 178). Bei der Pflicht zur Herausgabe von Geld kommt § 275 BGB ausnahmsweise doch zurAnwendung, woran sich nichts ändern sollte. Leistungshindernisse, die mit einem Mangel anfinanziellen Mitteln zusammenhängen, können sich im übrigen nicht nur bei einer Geldschuld,sondern auch bei sonstigen Verpflichtungen ergeben, wenn sich der Schuldner einerGattungssache diese zum Beispiel nicht beschaffen kann, weil ihm das Geld hierfür fehlt. Dassder Schuldner sich auf finanzielles Unvermögen nicht berufen kann, ist auch im geltenden BGB

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nicht geregelt, sondern folgt aus allgemeinen Grundsätzen sowie der Existenz derInsolvenzordnung, die ansonsten überflüssig wäre (vgl. z.B. RGZ 106, 181; BGHZ 63, 139 undBGH, NW 1998, 1278; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Auf., § 279 Rnr. 4; Medicus, AcP 188,501). An dieser Rechtslage will der Entwurf nichts ändern.“

Ebenso Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, RN 177:

„Für Geldsummenschulden wurde keine Sonderregelung geschaffen. Dennoch besteht wie bishereine unbeschränkte Einstandspflicht des Schuldners für finanzielles Unvermögen; es bleibt beidem Grundsatz ,Geld hat man zu haben‘. Die Streitfrage, ob die Geldschuld eine Gattungsschulddarstellt oder nicht, kann dabei weiterhin offenbleiben, weil sich die unbeschränkte Haftung desGeldschuldners auch ohne Einordnung als Gattungsschuld aus den Wertungen der gesamtenRechtsordnung, insbesondere aus der Existenz eines Insolvenzrechts ergibt.“

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3377//55

Problem: Die verschärfte Haftung des Minderjährigen gemäß §§ 818 Abs. 4, 819 Abs.1, 279 BGB a.F. – Flugreisefall BGHZ 55, 128

I. BGH und t.v.A. Literatur

Bei der Leistungskondiktion ist – analog § 166 Abs. 1 BGB – auf die Kenntnis des gesetzlichenVertreters abzustellen. Bei der Eingriffskondiktion (BGH: wenn der Bereicherungsvorgang eineunerlaubte Handlung darstellt) gilt § 828 Abs. 2 BGB analog.

BGHZ 55, 128, 137 – Flugreisefall; OLG Nürnberg, NJW-RR 1989, 1137; Palandt/Sprau, 62.Aufl. 2003, § 819 RN 6; RGRK/Heimann-Trosien, 12. Auf. 1989, § 819 RN 7.

1. Argumente:

Zum Schutz des beschränkt Geschäftsfähigen ist in den Fällen der Leistungskondiktion auf dieKenntnis des gesetzlichen Vertreters abzustellen, da andernfalls eine Verpflichtung des

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beschränkt Geschäftsfähigen über § 819 BGB entstünde, die einer vertraglichen Verpflichtungweitgehend entspräche.

Stellt hingegen das Verhalten des beschränkt Geschäftsfähigen eine unerlaubte Handlung dar, soist die Kenntnis des beschränkt Geschäftsfähigen selbst maßgeblich. In diesen Fällen hat dasGesetz selbst in den Grenzen der §§ 827 – 829 BGB den Schutz der beschränkt Geschäftsfähigenaufgehoben (BGH, a.a.O.).

2. Kritik:

Gegen diese Auffassung spricht, daß erstens aus der Systematik der §§ 812 BGB kein Grund füreine unterschiedliche Behandlung von Leistungs- und Eingriffskondiktion sub specie der Frageder Wissenszurechnung erkennbar wird, vielmehr alles für eine einheitliche Sehweise spricht,zweitens es keinen zwingenden Grund für eine Gleichbehandlung der deliktischen und derbereicherungsrechtlichen Haftung gibt, wie sie die Lösung des BGH im Flugreisefall nahelegtauch drittens, daß die Abgrenzung wischen der Leistungskondiktion und der Eingriffskondiktionschwierig sein, wie gerade der Flugreisefall anschaulich zeigt. Diesbezüglich ist nämlich bisheute kein Einverständnis über die richtige Kondiktionsart erzielt worden.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3377//66

II. H.M. Literatur

Es ist immer auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters abzustellen, §§ 104 ff. BGB.

Argumente:

Neben den oben bei der Kritik an der Rechtsprechung genannten Argumenten läßt sich weiteranführen, daß der Minderjährigenschutz nach §§ 104 ff. BGB umfassend gewährleistet werdensoll, soweit es um ein rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Handeln desMinderjährigen geht. Daraus folgt, daß alle Kondiktionsarten gleichbehandelt werden sollten unddaß es ungerechtfertigt erscheint, die Eingriffskondiktion gegen den Minderjährigen per se nachden Grundsätzen über deliktisches Handeln zu beurteilen (wenn dies auch im Einzelfallgerechtfertigt sein mag) und die §§ 827 ff. BGB anzuwenden. Eine solche schwerwiegendeAushöhlung des Minderjährigenschutzes hätte der Gesetzgeber klar anordnen müssen. Diewertungsmäßige Einordnung des Flugreisefalls (eher Rechtsgeschäft oder eher Delikt?) erscheintim übrigen keineswegs eindeutig.

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Vgl. dazu noch Giesen, Jura 1995, 281, 286 f.; Larenz/Canaris, SchuldR II/2 1994, § 73 II a, S.312; Medicus, BR, 19. Aufl. 2002 RN 176.

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§§ 882211 BBGGBB –– DDiiee BBeerreeiicchheerruunnggsseeiinnrreeddee KKaarrtteeiikkaarrttee 3388

(Giesen, Jura 1995, 281, 287 f.)

I. Die Vorschrift hat folgenden Fall vor Augen: Jemand ist ohne rechtlichen Grund eineVerbindlichkeit eingegangen, derer er sich im Wege des bereicherungsrechtlichenAnspruchs auf Befreiung von einer Verbindlichkeit (vgl. § 812 Abs. 2 BGB) hätteentledigen können.

Beispiel: BGH, NJW 1991, 2140

Die Bank B schrieb im Glauben an eine nicht bestehende Verpflichtung dem Kunden K einenbestimmten Betrag auf dessen Konto gut und zeigte ihm die Gutschrift an. Damit gab B ein –rechtsgrundloses – abstraktes Schuldversprechen i.S. des § 781 BGB ab, das gemäß §§ 812 Abs.1S. 1, 1. Alt., 818 Abs. 2 BGB von B kondiziert werden konnte.

Für den Fall, daß dieser Kondiktionsanspruch bereits verjährt ist (vgl. §§ 194 ff. BGB),kann der Schuldner der Verbindlichkeit – der Bereicherungsgläubiger – die Erfüllunggleichwohl noch verweigern. Gemäß § 821 BGB kann der Schuldner die echte Einredegeltend machen, daß der Gläubiger der Verbindlichkeit durch den gegen ihn gerichteten

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Anspruch ungerechtfertigt bereichert sei. Nach ihrem Wortlaut hat die Vorschrift des§ 821 BGB einen nur schmalen Anwendungsbereich.

II. Die Vorschrift betraf im alten Recht weiter den seltenen Fall, daß derBereicherungsanspruch nach § 195 BGB a.F. verjährt war, der Anspruch aus derVerbindlichkeit aber noch bestand. Dieser Fall lag etwa vor, wenn die Verjährung derrechtsgrundlos zustandegekommenen Forderung in der Weise gehemmt bzw.unterbrochen war, daß sie auch noch nach der Verjährung des Bereicherungsanspruchsgeltend gemacht werden konnte.

III. Im übrigen hat die Vorschrift gegenüber den in den §§ 812, 817 BGB geregelten Fällender Leistungskondiktionen eine Ergänzungsfunktion. § 821 BGB gibt dem Schuldner dieBefugnis, unabhängig vom Eintritt der Verjährung die Erfüllung einer rechtsgrundloseingegangenen Verpflichtung zu verweigern und den Leistungsgegenstand nicht erst nacherfolgter Leistung zurückzufordern (MüKo/Lieb, 3. Aufl. 1997, § 821 RN 3; Brox,SchuldR BT, 26. Aufl. 2001 RN 435). Dieses Ergebnis folgt allerdings bereits aus § 242BGB in seiner Funktion als Verbot widersprüchlichen Verhaltens (dolo facit, qui petit,quod statum redditurus est, MüKo/Lieb, a.a.O.). Daher spielt § 821 BGB letztlich nureine untergeordnete Rolle.

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§§ 995511 AAbbss.. 11 SS.. 11 ii..VV..mm.. §§§§ 881122 ffff.. BBGGBB KKaarrtteeiikkaarrttee 3399//11

–– BBeerreeiicchheerruunnggssaauussgglleeiicchh nnaacchh ggeesseettzzlliicchheemm EEiiggeennttuummssüübbeerrggaanngg

I. Vollständiger Rechtsverlust gemäß §§ 946, 947, 948, 950 BGB

II. Rechtsfolge: Verweisung auf die §§ 812 ff. BGB

Fraglich ist, ob es sich dabei um eine Rechtsgrund- oder um eineRechtsfolgenverweisung handelt.

1. T.v.A.: Rechtsfolgenverweisung

Argument:

Die wesentlichen Merkmale der §§ 812 ff. BGB sind bereits in § 951 BGB enthalten.

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2. BGH und h.M.: Rechtsgrundverweisung

Argument:

Ansonsten könnten eventuell vorrangige Leistungsbeziehungen nicht berücksichtigtwerden.

So BGHZ 41, 159; 55, 176; Palandt/Bassenge, 62. Aufl. 2003, § 951 RN 2 u.a.

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KKaarrtteeiikkaarrttee 3399//22

Fraglich ist weiter, auf welche Kondiktion in § 812 BGB verwiesen wird.

1. H.M. Literatur: Verweisung auf die Nichtleistungskondiktion(Eingriffskondiktion) des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB

Argumente:

Das Wort „erleidet“ deutet auf die Nichtleistungskondiktion hin, nämlich auf einenRechtsverlust wider Willen.

Der Eigentumswechsel nach §§ 946 BGB erfolgt kraft Gesetzes und ist keine Leistung.

So MüKo/Quack, 3. Aufl. 1997, § 951 RN 3; Palandt/Bassenge, 62. Aufl. 2003, § 951RN 2; Staudinger/Gursky, 13. Bearb. 1995, § 951 RN 2 u.a.

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2. BGH und t.v.A. Literatur: Verweisung auf beide Kondiktionsarten des § 812Abs. 1 S. 1 BGB

Argument:

Es kommen je nach Fallgestaltung beide Kondiktionsarten in Betracht. § 951 BGB isteine Rechtsgrundverweisung und § 812 BGB daher vollständig zu prüfen.

So BGHZ 40, 272; BGH, NJW 1989, 2745; Schwab/Prütting, Sachenrecht, 30. Aufl.2002, § 39 I u.a.

� Der Streit ist im Ergebnis irrelevant, wenn ohnehin nur § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGBeingreift. Folgt man der Auffassung der Literatur, ist statt §§ 951 Abs. 1 S. 1, 812 Abs. 1S. 1, 1. Alt. BGB einfach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB direkt zu prüfen.

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