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Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil

Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster … · 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort und Dank 7 Einleitung 9 Charlotte Bretscher 1. Das Kloster Muri: Gründung und Reform

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Katalog der mittelalterlichen Handschriften

der Klöster Muri und Hermetschwil

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Urs Graf Verlag Dietikon-Zürich

Katalog der mittelalterlichenHandschriften der KlösterMuri und Hermetschwil

Charlotte Bretscher-GisigerRudolf Gamper

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Alle Rechte vorbehalten© Copyright by Urs Graf Verlag GmbH, Dietikon-Zürich, 2005

Fotografien: Fotostudio Müller, AarauDruck: Druckerei Cavelti AG, Gossau

ISBN 3-85951-244-7

Dieses Werk wurde publiziert mit Unterstützung

– des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung,– des Klosters St. Martin, Hermetschwil– des Benediktinerkollegiums Sarnen

UmschlagInitialen Verkündigung an Maria und Martin von Tours. Sarnen, Cod. membr. 6, 85ra und 242va.

FrontispizStifterbild des Abtes Johannes Feierabend im Pontifikale von 1508. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurF 3, 1v.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort und Dank 7

Einleitung 9

Charlotte Bretscher 1. Das Kloster Muri: Gründung und Reform 9 2. Bücherverzeichnisse, Skriptorium 13 3. Die Klöster Muri und Hermetschwil im Spätmittelalter 22

Rudolf Gamper 4. Katholische Reform und Barockzeit 36 5. Klosteraufhebung und Exil (19. Jahrhundert) 50 6. Die Handschriften des Klosters Muri im 20. Jahrhundert 59

Anmerkungen 63

Abgekürzt zitierte Literatur 77

Katalog 81

Staatsarchiv des AA/4530; AA/4533; AA/4947; Dep. 0011 Q 1 82Kantons Aargau StAAG Einbandfragmente 1–3 88 Aargauer Mb 1550 92Kantonsbibliothek MsBN 47 93 MsMur 2 95 MsMurF 2 – 3; MsMurF 5 – 8; MsMurF 14; MsMurF 31a; MsMurF 84 – 85 96 MsMurFm 4 – 6; MsMurFm 9 114 MsMurQ 1 – 2; MsMurQ 4 – 7; MsMurQ 11 – 12 121

Benediktinerkollegium Pergamenthandschriften 144Sarnen Cod. membr. 1 – 20; Cod. membr. 24 – 51; Cod. membr. 53 – 65; Cod. membr. 68 – 69; Cod. membr. 75; Cod. membr. 83; Cod. membr. 85

Papierhandschriften 262 Cod. chart. 13; Cod. chart. 26 – 28; Cod. chart. 39; Cod. chart. 57 – 58; Cod. chart. 68; Cod. chart. 82; Cod. chart. 84; Cod. chart. 103; Cod. chart. 105; Cod. chart. 121; Cod. chart. 124 – 125; Cod. chart. 139 – 140; Cod. chart. 149 – 152; Cod. chart. 155 – 156; Cod. chart. 159; Cod. chart. 161; Cod. chart. 169 – 170; Cod. chart. 191 – 197; Cod. chart. 207 – 211; Cod. chart. 214 – 216; Cod. chart. 498; Cod. chart. 504; Cod. chart. 518; Cod. chart. 528; Cod. chart. 536; A.5a.1

Fragmente 362 Fragm. I. 1 – 10

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6 Anhang 369 Litaneien, Kalendare, Festkalender und nekrologische Notizen 370

Bücher- und Handschriftenverzeichnisse 396 Bücherverzeichnis des Klosters Hermetschwil von 1697 396 Handschriftenverzeichnis des Klosters Muri von 1744 409 Handschriftenverzeichnis des Klosters Muri von 1790 411

Register der Verfasser, Namen, Orte und Sachen 415 Register der Initien 430 Register der deutschen Gebetsinitien 439 Verzeichnis der Verse und Sprüche nach Walther 458 Signaturenkonkordanzen 459

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7Habent sua fata libelli – Bücher haben ihr eigenes Geschick, nicht nur in ihrem Entstehen, sondern auch in ihrem Beste-hen. Geschrieben, erworben, gelesen, gehütet oder veräus-sert, wertvolle Geschenke ebenso wie begehrte Beute, acht-los misshandelt und dann wieder liebevoll restauriert – das alles und noch mehr kann Büchern widerfahren, macht ihr Geschick aus, das als Geschichte rekonstruiert und erzählt werden kann. Die Handschriften, die einmal zum Bestand der Klosterbiblio-theken von Muri und Hermetschwil gehörten, sind in den letzten Jahren im Rahmen des Projektes der «Katalogisierung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften der Schweiz» neu beschrieben, in ihrem je eigenen Geschick erforscht worden. Der vorliegende Katalog macht uns den Ertrag dieser mühevollen Arbeit zugänglich. Dazu bietet uns die Einleitung einen Einblick in die eng verschränkte Biblio-theksgeschichte von Muri und Hermetschwil. Das Kloster Muri, als Gründungdatum gilt 1027, war nach der Annahme der Reform von St. Blasien 1082 ein Doppelkloster, dessen Frauengemeinschaft aber in der ersten Hälfte des 13. Jahr-hunderts nach Hermetschwil verlegt wurde. Durch die Auf-hebung der Klöster im Aargau von 1841 sind weitere Orte mit dem Schicksal der Handschriften- und Buchbestände aus den Bibliotheken von Muri und Hermetschwil verbunden: Sarnen, Gries bei Bozen, Habsthal und Aarau.

Es ist das Verdienst des vorliegenden Bandes, in der Form des Katalogs wieder zu vereinen, was die wechselvolle Geschich-te von Muri und Hermetschwil nach 1841 auseinander ge-rissen hat. Dafür gebührt allen, die dieses Projekt initiiert und ermöglicht haben, aufrichtiger Dank: Prof. Dr. Martin Steinmann, der als Präsident des Kuratoriums «Katalogi-sierung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hand-schriften der Schweiz» der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) an uns mit dem Vorschlag herangetreten ist, die Handschriften aus der Biblio-thek von Muri, die sich in unserem Benediktiner kollegium in Sarnen befinden, zu katalogisieren. Der Regierung des Kantons Aargau, die auf den Vorschlag hin grosszügig be-reit war, sich für die Handschriften aus der Bibliothek von Muri, die sich heute in der Kantonsbibliothek in Aarau und im Staatsarchiv Aargau befinden, dem Projekt anzuschlies-sen. Dem Nationalfonds und der Josef Müller Stiftung Muri für die Beiträge zur Finanzierung des Projekts. Vor allem aber Frau Charlotte Bretscher und Herrn Rudolf Gamper, die uns über die Arbeit an den Handschriften hinaus zu Freunden geworden sind.

Abt Benno Malfèr OSBAbt von Muri-Gries

Vorwort und Dank

Ausgehend von der Katalogisierung der Handschriften, die sich heute im Benediktinerkollegium in Sarnen befinden, wurden in einem Anschlussprojekt die Handschriften bear-beitet, die in der Aargauer Kantonsbibliothek und im Staats-archiv Aargau aufbewahrt werden. Im vorliegenden Katalog sind nun rund 150 Handschriften der Klöster Muri und Her-metschwil vom 12. bis zum frühen 16. Jahrhundert, welche historisch eine Einheit bilden, für die Forschung zum ersten Mal als Ganzes überschaubar geworden. Initiiert von Prof. Dr. Martin Steinmann im Rahmen der «Ka-talogisierung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Hand-schriften der Schweiz» der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften wurden die Forschungs-arbeiten von Abt Benno Malfèr OSB, Abt von Muri-Gries,

von Anfang an unterstützt. Für die Förderung des Anschluss-projekts im Aargau danken wir dem Regierungsrat des Kan-tons Aargau.Wir danken insbesondere Dr. Charlotte Bretscher und Dr. Rudolf Gamper, dem erfahrenen Expertenteam, für die kenntnisreiche und sorgfältige Bearbeitung der Handschrif-ten und die Erarbeitung der Bibliotheksgeschichte der Klös-ter von Muri und Hermetschwil. Unser spezieller Dank gilt Prof. Dr. Martin Steinmann, Präsident des Kuratoriums «Katalogisierung der mittelalterlichen und frühneuzeitli-chen Handschriften der Schweiz», für die wissenschaftliche Betreuung der Arbeit.Eine Reihe von Fachleuten begleitete mit vielfältigem Rat die Arbeit: Dr. Romain Jurot unterstützte mit seiner fachlichen

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Vorwort und Dank

Kompetenz die Bearbeitenden bei der Beschreibung liturgi-scher Handschriften, Pater Adelhelm Rast (†), Archivar des Benediktinerkollegiums in Sarnen, vermittelte die Grundla-gen der Murenser Bibliotheksgeschichte, Pater Beda Szukics, Bibliothekar des Benediktinerkollegiums in Sarnen, suchte Quellen und Dokumente zur Murenser und Hermetschwiler Bibliotheksgeschichte und war ein offener Gesprächspartner für Fragen des benediktinischen Mönchtums und der benedik-tinischen Lebensweise. Für fachliche Auskünfte standen Prof. Dr. Peter Ochsenbein (†), St.Gallen; Hans Rindlisbacher, So-lothurn; Christian Sieber, Adliswil; Prof. Dr. Peter Stotz, Zü-rich, und Dr. Konrad Wanner, Luzern, zur Verfügung. Wichtig für das Gelingen war ebenso die grosse Gastfreund-schaft der Patres vom Benediktinerkollegium in Sarnen und die freundliche Aufnahme im Kloster Hermetschwil durch die Äbtissin Angelika Streule. Der Bibliothekarin Schwester Adelheid Moser ist zu danken für den Zutritt zur wertvollen Klosterbibliothek in Hermetschwil. Für die Bearbeitung der Handschriften aus der Kantonsbi-bliothek und dem Staatsarchiv konnten Charlotte Bretscher und Rudolf Gamper auf die Unterstützung durch die Mitar-beitenden des Staatsarchivs zählen, insbesondere auf Martin Lüdi und Marcel Giger. Zu danken ist schliesslich Werner Dönni, Handschriftenbibliothekar der Aargauer Kantons-bibliothek, für die umsichtige Koordination und Unterstüt-zung des Projekts und Dr. Piroska Máthé, wissenschaftliche Archivarin des Staatsarchivs, für die Hilfe bei der Erarbeitung der Bibliotheksgeschichte von Muri und Hermetschwil.

Ermöglicht wurde die umfassende Bearbeitung durch Bei-träge des Schweizerischen Nationalfonds, der Josef Müller Stiftung Muri und durch den Kanton Aargau. Das vorliegende Werk beschreibt die Handschriften, stellt sie in einen historischen Gesamtzusammenhang und verweist auf die besonderen Schätze dieser Bestände. Dazu zählen un-ter anderem die frühen Zeugnisse der Ausstattung der Klös-ter Muri und Hermetschwil mit liturgischen Büchern, die illuminierten Psalter, das berühmte ‚Gebetbuch der Königin Agnes’ mit der Mariensequenz, das Kapiteloffiziumsbuch von Hermetschwil mit Necrologium und Benediktinerregel, alle aus dem 12. Jahrhundert. Weitere Kostbarkeiten sind die lei-der nur fragmentarisch erhaltene Handschrift des Osterspiels von Muri aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und die älteste Überlieferung der ‚Acta Murensia’, der Gründungsgeschichte des Klosters Muri, vom Ende des 14. Jahrhunderts.Wir hoffen, dass es gelingen möge, mit dieser Publikation das Forschungsinteresse für die Kloster- und Bibliotheksge-schichte anzuregen.

Aarau, Mai 2005

Dr. Ruth Wüst Andrea VoellminKantonsbibliothekarin Staatsarchivarin

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Einleitung

1.1 Gründung

Das Kloster Muri im aargauischen Freiamt wurde im 11. Jahrhundert gegründet. Zusammen mit der etwa in der glei-chen Zeit errichteten Habsburg im so genannten Eigenamt im nördlichen Aargau am Zusammenfluss von Aare und Reuss bildete das Kloster mit seinem umliegenden Gebiet ein Zentrum habsburgischen Besitzes. Über die Gründungs- und Frühgeschichte des Klosters berichten die ‚Acta Muren-sia’ und das ‚Testament von Bischof Werner’.Die ‚Acta Murensia’ wurden wohl auf Grund verschiedener bereits vorliegender Schriftstücke um 1160 verfasst und glie-dern sich in der heute vorliegenden Fassung in drei Teile: eine einleitende Genealogie der habsburgischen Gründer-familie bis in die Zeit König Rudolfs I., den Bericht über die Gründungs- und Reformgeschichte des Klosters bis zum Jahr 1114 und einen Güterbeschrieb. Die im Kloster Muri bewahrte Abschrift stammt aus dem 14. Jahrhundert und liegt heute im Staatsarchiv des Kantons Aargau.1 Frühere Textzeugen fehlen.Nach den ‚Acta’ hatte sich Kanzelin von Altenburg, ein habs-burgischer Ahnherr, die Curtis (Hof) und die Kirche von Muri, Besitz einer Sippe von Kleingrundbesitzern, mit Ge-walt angeeignet. Nach dem Tod Kanzelins versuchten die rechtmässigen Erben wieder zu ihren Besitzungen zu gelan-gen, doch Radbot, der Sohn des Kanzelin, vertrieb sie. In den ‚Acta’ werden diese Ereignisse kommentiert: Zunächst halten sie fest, dass Gott auch das Schlechte zum Guten zu nutzen vermag und dass er «alles anordnet und verfügt, wie er will und durch wen er will und wann er will.» Daher mag es sein, dass der gewaltsame Besitzerwechsel sich folgendermassen er-klären lässt: Die Erben der ursprünglichen Landbesitzer wa-ren arm und einflusslos und hätten dem Ort Muri auch mit bestem Willen nie zu grösserer Bedeutung verholfen, wäh-rend dies den neuen (habsburgischen) Eigentümern möglich war, sofern sie es nur wollten.2 Radbot übergab Muri seiner Gattin Ita von Lothringen als Morgengabe. Als Ita von der unrechtmässigen Herkunft des Besitzes erfahren hatte, ver-traute sie sich ihrem Bruder Werner, Bischof von Strassburg, an und äusserte den Wunsch, in Muri ein Kloster zu errich-ten. Mit seiner Unterstützung gelang es, den widerstreben-den Radbot von diesem Plan zu überzeugen, und um 1027 wurde das Kloster Muri gestiftet.3

Dieser narrativen Fassung der Gründungsgeschichte steht die Darstellung im ‚Testament von Bischof Werner’ entgegen – ei-

ner Urkunde, die heute ebenfalls im Staatsarchiv des Kantons Aargau liegt (StAAG U.24/001).4 Bischof Werner verfügt in diesem Schriftstück die Gründung eines dem heiligen Mar-tin geweihten Klosters auf seinem persönlichen Eigentum; er bezeichnet sich im ‚Testament’ selbst als Habsburger und Erbauer der Habsburg. Abgefasst ist das Schriftstück nach Werners eigenen Anga-ben im Jahr 1027, ein Jahr vor seinem Tod in Konstantino-pel. Die Forschung hat jedoch nachweisen können, dass das Schriftstück keinesfalls zur angegebenen Zeit verfasst wurde; sie datiert es in den Zeitraum um 1090 bis vor 1130.5 Das ‚Testament’ ist demnach zwischen zwanzig und siebzig Jah-re älter als die heute vorliegende Fassung der ‚Acta’. Diese nehmen denn auch indirekt Bezug auf das ‚Testament’, oder zumindest auf eine Variante der Gründungsgeschichte, die

1. Das Kloster Muri: Gründung und Reform

Die Habsburg, Stammsitz und namengebende Burg der Gründer­sippe des Klosters Muri, erbaut im 11. Jahrhundert. Wandmalerei im ‚Schweizerzimmer’ des Klosters Muri­Gries im Südtirol.

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10 in Werner den Stifter sieht, wenn sie schreiben: «Wenn aber ein anderes Schriftstück berichtet, dass Bischof Werner allein der Stifter sei, das geschah deshalb, weil es klugen Leuten besser schien. Sie waren der Ansicht, dass er unter den drei beteiligten Personen [Ita, Radbot und Werner] die mäch-tigste gewesen sei und daher die Stiftung umso eindeutiger und gültiger, als wenn man sagen würde, Muri sei von einer Frau gegründet.»6

Die ‚Acta Murensia’ und das ‚Testament von Bischof Wer-ner’ zeigen offensichtliche Unterschiede: In den ‚Acta’ ist Bischof Werner ein Bruder der Ita und somit ein Angehöri-ger des lothringischen Herzogsgeschlechts – während er im ‚Testament’ zum Geschlecht der Habsburger gehört, ja so-gar der Erbauer der namengebenden Burg ist. Offen bleibt auch die Frage, wie und wann der Ort Muri in den Besitz der Habsburger gelangte. Beide Darstellungen stimmen aber darin überein, dass das Kloster Muri als habsburgisches Ei-genkloster gegründet wurde. Das Kloster bildete zusammen mit der Habsburg ein Zentrum der habsburgischen Grafen-sippe, welche, zunächst im Oberelsass und Klettgau fassbar, ihren Einfluss und Besitz in das schweizerische Mittelland ausdehnte. Ähnliche Gründungen eines Hausklosters durch Grafenfamilien im Raum der heutigen Nordostschweiz las-sen sich auch bei den Nellenburgern (Kloster Allerheiligen in Schaffhausen) und bei den Lenzburgern (Stift Beromüns-ter) beobachten. Nachdem er bei der Gründung eher zögerlich gewesen war, übernahm Graf Radbot nach den ‚Acta’ in der Folge tatkräf-tig den Aufbau seines Klosters. Er erbat sich von Abt Em-bricho von Einsiedeln eine Delegation von Mönchen für die Neugründung. So entstand am Ort unter der Leitung von Propst Reginbold (ca. 1032–1055)7 eine erste monastische Gemeinschaft als Propstei des Klosters Einsiedeln. Regin-bold liess Gebäude errichten, erwarb Paramente sowie Re-liquien und beschaffte Bücher oder liess solche schreiben. Auf Reginbold folgte Propst Burkard (1055–1065)8, in des-sen Amtszeit die Weihe der Klosterkirche am 11. Oktober 1064 vollzogen wurde. Nach dem Tod von Abt Hermann von Einsiedeln fürchtete Graf Werner, der Sohn Radbots, dass von Einsiedeln her unter einem neuen Abt vermehrt in Muri eingegriffen würde. Deshalb wurde auf sein Betreiben Burkard 1065 von den Murenser Mönchen zum ersten Abt des Klosters gewählt. Knapp vierzig Jahre nach seiner Grün-dung hatte sich Muri damit aus der Abhängigkeit vom Klos-

ter Einsiedeln gelöst; es blieb jedoch weiterhin Eigenkloster, in welchem die habsburgischen Eigenkirchenherren die Be-stellung der Klosterführung bestimmten.

1.2 Reform

Auf den ersten Murenser Abt Burkard (1065–1073) folgten in der Leitung des Klosters die Administratoren Wenelo (bis 1075)9 und Ulrich (1075–1081)10. Ulrichs ungenügende Amtsführung, so schildern es die ‚Acta’, bildete den Anstoss zu einer neuen Entwicklung in der Geschichte des Klosters Muri: die Reform durch St. Blasien. Die ‚Acta’ berichten, dass die St. Blasianer ihre frühere Gewohnheit (consuetudo), die ihnen von Einsiedeln überkommen war, ablegten und dieje-nige der Reformabtei Fruttuaria in Norditalien annahmen. Graf Werner war angetan von den Berichten aus St. Blasi-en, die des Lobes voll waren. Er verglich sie mit den Zustän-den, wie er sie in Muri vor Augen hatte und überlegte, wie er auch hier die neue Gewohnheit einführen könnte.11 Er wandte sich an Abt Giselbert von St. Blasien und ersuchte ihn um die Entsendung von Mönchen, welche die Murenser im Sinne der Reform anzuleiten vermöchten und zur stren-geren Einhaltung der Benediktinerregel bewegen könnten. Als erste Massnahme aber liess Werner die Äbte Wilhelm von Hirsau und Siegfried von Allerheiligen in Schaffhausen als ‚Gutachter’ nach Muri kommen, prominente Vertreter der Reform. Die beiden Äbte empfahlen ihm «um seines See-lenheils willen» die Freilassung des Klosters, das heisst den Verzicht auf seine eigenkirchlichen Rechte, sowie eine strikte Trennung des herrschaftlichen vom klösterlichen Bereich.12 Sie setzten auch eine ‚Carta libertatis’, eine Freilassungsur-kunde, für Muri auf. Dieses Schriftstück soll nach den An-gaben der ‚Acta’ in leicht abgeänderter Form noch erhalten sein, ist heute aber verloren. 1082 entliess der habsburgische Klosterherr Graf Werner das Kloster in einem feierlichen Akt aus seiner Herrschaft und übergab es als Priorat an St. Bla-sien – unter vollständigem Verzicht auf die Vogteirechte für sich und seine Familie.Rupert13, einer der drei zur Durchführung der Reform von St. Blasien nach Muri gesandten Mönche, wurde zum Prior gewählt. Als Rupert nach St. Blasien zurückkehrte, entstand ein Konflikt zwischen dem St. Blasianer Abt Giselbert und dem Murenser Konvent: Nach Abt Giselberts Verständnis war die Einsetzung der Klosterleitung allein sein Recht, da Muri

Einleitung

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11St. Blasien als Priorat unterstellt war. Die Mönche von Muri argumentierten jedoch dahin gehend, dass das Kloster, weil es frei sei, einen Abt haben müsse. Im Einverständnis mit Graf Werner wählte der Murenser Konvent 1085 Luitfrid14 aus St. Blasien zum Abt.15 Die auf das von St. Blasien abhängige Priorat Muri zugeschnittene ‚Carta libertatis’ von 1082 ent-sprach den veränderten Gegebenheiten nicht mehr: Die Ab-tei Muri bedurfte einer anderen Form der Bestätigung ihrer Freiheit. Diese wurde durch die ‚traditio Romana’, die Über-gabe an den heiligen Petrus in Rom, gewährleistet, die in den ‚Acta’ durch eine sonst nicht überlieferte Kardinals urkunde belegt wird.16 Die vollständige Lösung des Klosters Muri von der habsburgischen Stifterfamilie und ihren Verzicht auf die Vogtei, wie sie noch in der ,Carta libertatis’ festgelegt worden war, wurde 1086 in eine Bindung der freien Vogtwahl an den Kreis der Erben aus der Stifterfamilie geändert. In der Fol-ge erlangte Abt Ulrich (1109–1119)17, der erste Abt, der aus

dem Murenser Konvent selbst stammt, 1114 einen Bestäti-gungsbrief der Freiheit durch Kaiser Heinrich V. Mit der Ab-schrift dieses kaiserlichen Diploms endet der erzählende Part der ‚Acta’, der den Weg der Abtei Muri vom habsburgischen Eigenkloster zum freien Dynastenkloster schildert.

1.3 Doppelkloster

Als das Kloster Muri 1082 von St. Blasianer Mönchen refor-miert wurde, entsandte nach dem Bericht der ‚Acta’ Abt Gisel-bert von St. Blasien zunächst vier Mönche, nämlich Rupert, Oprecht, Heinrad und Rifrid, dann aber auch fratres exteriores (‚äussere Brüder’, Laienbrüder, Konversen) zusammen mit

Im Kalendar des Psalters Cod. membr. 20 aus dem 12. Jahrhundert finden sich sowohl für Mönche wie auch für Nonnen nekrologische Einträge. Sarnen, Cod. membr. 20, 2v/3r.

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12 sorores (‚Schwestern’, Nonnen) nach Muri.18 Der Konvent von Muri wurde nach dem Muster der benediktinischen Kloster-reform des 11. und 12. Jahrhunderts, wie sie im süddeutschen Raum von den Klöstern Hirsau und St. Blasien vertreten wurde, personell grundsätzlich verändert: Der Mönchsge-meinschaft wurden Laienbrüder und Frauen angegliedert.19 Während die Bindung von Laienbrüdern an ein Kloster eine Institution war, die insbesondere bei den Zisterziensern eine grosse und langwährende Zukunft hatte, war die Bildung von so genannten Doppelklöstern, die einen Nonnen- und einen Mönchskonvent in einer Klostergemeinschaft vereinten, mit wenigen Ausnahmen von relativ kurzer Lebensdauer. Den-noch ist das Doppelkloster im süd alemannischen Raum nach den Arbeiten von Elsanne Gilomen-Schenkel in der genann-ten Zeit ein verbreitetes Phänomen: Von siebzehn Neugrün-dungen oder Reformierungen von Klöstern sind zwölf als Doppelklöster nachweisbar, die längeren oder kürzeren Be-stand hatten.20 Die Begründung eines gemeinsamen klösterlichen Lebens von fratres et sorores findet nach den ‚Acta’ ein Beispiel im Leben der heiligen Väter,21 wohl der frühchristlichen Wüs-tenväter, die eine derartige Gemeinschaft aus Liebe zu Gott vorgelebt hatten. Es ist berechtigt, hier einen Hinweis auf die im Mittelalter verbreitete Sammlung der ‚Vitas patrum’ zu sehen, eine Sammlung von Lebensberichten von früh-christlichen Eremiten und Klostergründern. Zu diesen zählt auch derjenige des ägyptischen Eremiten Pachomius, der um 320/325 das Kloster Tabennisi gründete. Unter seiner Leitung entstand mit der Zeit ein Klosterverband von neun Männer- und zwei Frauenklöstern. Die von Pachomius ver-fasste älteste christliche Klosterregel ordnet auch das Verhält-nis zwischen den Männer- und Frauenklöstern. Die Frau-enklöster stehen unter der Leitung von seniores, älteren, in der Askese erfahrenen Mönchen. Der Kontakt zwischen der Kommunität der Männer und derjenigen der Frauen wird ausschliesslich durch den Vorsteher des Männerklosters und die erwähnten Seniores vermittelt.22

Während also die ‚Acta’ in der Institution des Doppelkon-ventes die Wiederaufnahme eines frühchristlichen Vorbildes sehen, verweist das bischöfliche konstanzische Kloster Peters-hausen in seiner Chronik auf das Beispiel der urchristlichen Gemeinschaft der Jünger Christi mit den frommen Frauen und schliesst daraus: «Es ist daher nach diesem Beispiel nicht zu tadeln, sondern eher zu loben, wenn Klosterfrauen in den

Klöstern der Diener Gottes Aufnahme finden, damit beide Ge-schlechter am gleichen Ort, wenn auch voneinander getrennt, zum Heil geführt werden.»23 Die Bildung eines Doppelkon-ventes lässt in den Augen seiner Verteidiger eine christliche Tra-dition wieder aufleben und ist in dieser fest begründet.Organisatorisch wird für Muri festgelegt, dass die Wohn-stätten der Frauen und ihre Lebensweise von derjenigen der Mönche getrennt sein müssen und dass die Frauen spirituell und rechtlich unter der Kontrolle und Autorität des Abtes und des Priors stehen.24 Nicht ausdrücklich genannt, aber in zeitgenössischen Quellen immer wieder thematisiert, ist die Forderung nach einer strengeren Handhabung der Klausur bei den Frauen, da die von der Benediktinerregel vorgeschrie-bene für die ‚Bräute Christi’ nicht ausreicht.25 Diese, wenn auch nur umrisshaft erkennbare Ordnung für den Nonnen-konvent entspricht dem Streben der reformklösterlichen Be-wegung, Frauen in die benediktinische Regel einzubinden, da eine eigenständige Klosterregel für weibliche Religiosen fehlt.26 Die Urkunde für das Kloster Fahr von 113027, in der Lütolf von Regensberg das Grundstück Fahr dem Kloster Einsiedeln übergibt, spricht denn auch davon, dass dort ein Kloster für fromme Frauen «nach der Regel (des heiligen Be-nedikts) und der Ordnung der Nonnen, die in den Klöstern Muri und Berau28 Gott dienen», errichtet werden soll.

In einem Gebet des ‚Cusarius’ aus Muri (spätes 12. Jahrhundert) bitten die Angehörigen des Doppelklosters Gott um seinen Schutz für ‚seine Diener und Dienerinnen’. Sarnen, Cod. membr. 18, 131v.

Einleitung

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13Die Kommunität der Frauen in Muri tritt in den Quellen nicht häufig zu Tage, doch berichten die ‚Acta’ im Zusam-menhang von Güterschenkungen von Klostereintritten von Frauen.29 Daneben werden in Muri in nekrologischen Ein-trägen30 des 12. Jahrhunderts Mönche (fratres nostre congre­gationis) und Nonnen (sorores nostre congregationis) gleicher-massen verzeichnet;31 fassbar aber wird der Doppelkonvent auch in Gebeten, so beispielsweise im Cursarius Cod. membr. 18 aus dem späten 12. Jahrhundert, der wie das Kapiteloffizi-umsbuch zunächst im Doppelkloster Muri im Gebrauch war, später dann in das Nonnenkloster Hermetschwil gelangte:«Tu domine, qui hanc congregationem ad glorificandum nomen tuum sanctum in hoc loco adunare permisisti, da nobis famulis et famulabus tuis adiutorium tuum de celis, ne paciamur detrimentum animarum nostrarum et ne des hanc congregationem in dispersionem propter nomen tuum magnum32 – Du Herr, der du dieser Gemeinschaft erlaubt

Auf das Verzeichnis der Kirchenschätze folgt in den ‚Acta Murensia’ die Liste der Bücher (‚Breviculus’). Ihr Beginn ist durch die rote Mar­ginalie ‚Item de libris’ markiert. Staatsarchiv Aargau, AA/4947, 17r.

hast, sich an diesem Ort zu sammeln zum Ruhm deines hei-ligen Namens, schenke uns, deinen Dienern und Dienerin-nen deine himmlische Hilfe, gib, dass wir keinen Schaden nehmen an unseren Seelen, lass diese Gemeinschaft nicht verderben wegen deines mächtigen Namens.»

2. Bücherverzeichnisse, Skriptorium

2.1 Bücherverzeichnisse

In den ‚Acta’ finden sich, neben drei kleineren Aufzählun-gen33 und der isolierten Erwähnung einzelner liturgischer Bücher,34 zwei Bücherlisten. Die eine verzeichnet die Bücher-anschaffungen von Propst Reginbold (ca. 1032–1055).35 Sie ist eingefügt in den Bericht über die Massnahmen, die der Einsiedler Propst zur Einrichtung des Klosters traf und ist nicht als eigentlicher Bibliothekskatalog zu werten. Erwähnt werden insgesamt rund 24 Bände, die zu einem grossen Teil von zwei namentlich genannten Mönchen, Nokerus und Heinricus, in Muri geschrieben worden waren. Je ein Buch erwarb Reginbold von St. Gallen und von der Reichenau, aus Einsiedeln stammten drei Bücher: Neben zwei für die Ord-nung der Liturgie wichtigen Werken kommt das grundlegen-de Buch des Klosters, die Benediktinerregel (liber regule) aus Einsiedeln, dem Stammkloster der ersten Mönche in Muri. Die zweite, umfangreichere Liste, als breviculus bezeichnet,36 findet sich im Teil des Güterbeschriebs, unmittelbar nach ei-nem umfangreichen Verzeichnis der Kirchengeräte und um-fasst rund 120–140 Bände. Sie erhebt zwar grundsätzlich den Anspruch, sämtliche Bücher, die sich um die Mitte des 12. Jahrhunderts im Kloster befinden, aufzulisten, doch am Ende der Aufzählung fügt der Autor an, dass es noch eine Rei-he von sehr nützlichen Kleinwerken gebe, die bewahrt und in einen besseren Zustand gebracht werden müssen, dass er aber im Rahmen seiner Arbeit diese nicht einzeln beschrei-ben könne.37 In beiden Fällen wird eine genaue Angabe der Anzahl der einzelnen Bände dadurch erschwert, dass der Be-griff ‚Buch’ (liber) im Latein sowohl ein einzelnes Werk als auch einen ganzen Band (auch volumen genannt) bezeichnen kann, doch werden im ‚Breviculus’ die einzelnen Einheiten mehr oder weniger eindeutig voneinander abgehoben.In der nachstehenden Tabelle werden die von Reginbold an-geschafften Bücher Einträgen im ‚Breviculus’ zugeordnet, wobei die Identifikation beim Psalter und den liturgischen Büchern unsicher bleiben muss:

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14 Bücheranschaffungen von Propst Reginbold(Acta Murensia 5, S. 23f.)

[Reginboldus] ... fecit ... libros scribi, qui hic notati sunt

Genesim cum prophetis,

librum regum cum Job et Thobia et Judith et Hester et Machabeorum et paralippomenon et Esdra,

sermones sancti Augustini et actus apostolorum et apocalipsim et epistolas Pauli et epistolas canonicas,

duos libros omeliarum,

exposicionem sancti Augustini super ewangelia Johannis,

vitam sancti Pauli, Antonii, Hylarionis, Malchi et quatuor libros dyalogo-rum sancti Gregorii cum vita sancti Meginradi,

vitam sancti Uodalrici, translacionem sancti Benedicti; invencionem sancti Stephani; Sebastiani, Augustini,

vitam sancti Silvestri, Gregorii minorem, Mauricii; tractatus sancti Au-gustini super epistolam Johannis, sancti Martini, Brictii, Galli, Othma-ri, Verene, Nicolai, Goaris, Victoris et Ursi, Felicis et Regule, Pelagii cum sermone in assumptionem sancte Marie,

psalterium cum non integris versibus,

missales libros tres,

antiphonarium,

partem de graduali,

sequencinarios quatuor

Hos libros scripserunt pene omnes Nokerus et Heinricus.

Acquisivit ... Reginboldus de cella sancti Galli

librum sapientie

et de Augia

martirilogium cum libro beati Effrem.

Lectionarius autem vetustus

et cursarius antiquior

et liber regule

venerunt de cella sancti Meginradi.

Breviculus(Acta Murensia 17, S. 51ff.)

Libros autem, qui hic sunt, subsequens breviculus pandit ...

In uno quippe libro sunt quinque libri Moysi et Josue, liber Judith et Ruth. Deinde prophete, id est Ysayas, Jheremias, Ezechiel, Daniel et libri duo-decim prophetarum.

In alio autem libro sunt quatuor libri regum et Job et Thobias et Judith et Hester et duo libri Machabeorum et paralipomenon et Esdras ...

Item in alio libro sunt sermones sancti Augustini et alia quedam, et actus apostolorum et apocalipsis, epistole Pauli et VII canonice epistole ...

Item omeliarum liber maior. Item [omeliarum liber] minor.

Item Augustinus super Johannem.

Item in alio libro continentur vita sancti Pauli, primi heremite, Antonii, Hilarionis, Malchi et alia: Dialogus sancti Gregorii, vita sancti Meginra-di et alia.

Item in alio volumine sunt vita sancti Uodalrici; translatio sancti Bene-dicti; inventio sancti Stephani; vita sancti Sebastiani, Augustini, Januarii, Cristoferi, Basilii, Praxedis, vita sancti Eucharii, Paulini.

Item in alio libro sunt vita sancti Silvestri, Gregorii minor, Mauricii et alia quedam; tractatus sancti Augustini in epistolam Johannis; sermo in exal-tatione sancte crucis; vita sancti Martini, Briccii, Galli, Othmari, Verene, Nicolai, Goaris, Victoris et Ursi, Felicis et Regule, Pelagii; sermones in as-sumpsione et in nativitate sancte Marie

... et XIII psalteria ...

Sunt eciam hic missales libri V.

... et tres anthiphonarii ...

... et quatuor gradualia ...

... et X sequencinarii ...

Item in alio libro sunt parabole Salomonis, ecclesiastes, cantica cantico-rum, liber sapiencie, liber Jesu, filii Syrach.

Item martirilogium, et liber Effrem in volumine.

... et duo leccionarii ...

Sunt eciam duo cursinarii ...

Item liber regule.

Einleitung

Page 15: Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster … · 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort und Dank 7 Einleitung 9 Charlotte Bretscher 1. Das Kloster Muri: Gründung und Reform

15Kennzeichnend für die Abfassungszeit der ‚Acta’ um 1160, also lange nach der Ablösung von Einsiedeln, sind die Be-zeichnungen für zwei von Reginbold beschaffte liturgische Werke: Der Lectionarius wie auch der Cursarius, beide aus Einsiedeln, werden als vetustus beziehungsweise antiquior be-zeichnet – als ‚alt’ also, einer anderen (liturgischen) Zeit an-gehörend. Insgesamt sind, so ist anzunehmen, alle Bücher, die das Kloster dem Eifer des Propstes Reginbold verdank-te, 1082 an das reformierte Kloster übergegangen, in einem feierlichen Akt, den die ‚Acta’ so schildern: Bei der Überga-be des Klosters an Abt Giselbert von St. Blasien «befahl Graf Werner, sämtliche Bücher und allen Zierat des Klosters vor dem Altar auf eine Decke zu legen.»38

Die Bücher, welche um die Mitte des 12. Jahrhunderts im Kloster Muri vorhanden waren, verzeichnet der ,Breviculus’, der in folgende Sparten geordnet ist:– biblische Texte, Altes und Neues Testament (ca. 6 Bände)– Viten (10 Bände)– Homilien und Werke der Kirchenväter und -schriftsteller

(ca. 24 Bände)– Martyrologien und Regel (3 Bände)– liturgische Werke (Missale, Lektionare, Evangeliar, Gradu-

ale, Antiphonare, Sequentiare, Nokturnale, Cursarii, Bene-diktionale, Poenitentiale) und Psalter (ca. 52 Bände)

– Ordines, Consuetudines (3 Bände)– biblische Texte mit Glossen (4 Bände)– Literatur zu den Artes liberales, antike und spätantike Au-

toren (ca. 24 Bände)Zum Vergleich mit der Murenser Bücherliste kommen aus dem Gebiet der Diözese Konstanz für diese Zeit zwei von ih-rer Anlage her ähnliche Bücherverzeichnisse in Frage, näm-lich dasjenige des Klosters Allerheiligen in Schaffhausen (um 1100)39 und dasjenige des Klosters Beinwil im heutigen Kan-ton Solothurn (um 1200)40. Allerheiligen wie Beinwil sind als Eigenklöster gegründet und haben wie Muri im Zug der gregorianischen Reformbewegung die Freiheit erlangt, die drei Klöster entsprechen sich also auch in ihrer historischen Entwicklung.41 Als weitere Liste kann das Schatzverzeichnis (thesaurus) des Klosters Pfäfers von 1155 beigezogen wer-den,42 hier mit der Einschränkung, dass es sich bei Pfäfers um ein bereits im 8. Jahrhundert gegründetes, also ein weit-aus älteres Kloster handelt. Zunächst zur Organisation: Der Murenser ‚Breviculus’ ord-net als einzige Bücherliste die Reihe der Viten direkt hinter

den biblischen Büchern ein. Das Kloster Allerheiligen folgt der Reihenfolge des Katalogs der Bibliothek von Cluny und führt unmittelbar hinter den Bibeln die Werke der Kirchen-väter auf, in der Beinwiler Liste sind die Viten hinter die Kirchenväter und theologischen Schriftsteller gestellt. Sehr ungewöhnlich setzt die Pfäferser Liste mit III libri Augustini super Johannem vor den biblischen Büchern ein. Im inhaltlichen Vergleich zwischen Muri und Allerheiligen fällt auf, dass die im Schaffhauser Kloster dominierende Stel-lung der Werke des Augustinus in Muri nicht derart ausge-prägt ist,43 zugleich aber auch, dass in Muri die Anzahl der Werke kirchlicher Autoren insgesamt nicht sehr gross ist: Vertreten sind Gregor der Grosse (Dialogi; Homilia super Ezechielem; Moralia in Iob), Hieronymus (Super epistolam ad Hebraeos; Expositio super psalterium), Beda Venerabilis (Expositio super VII epistolas [canonicas]; Expositio super actus apostolorum; Expositio super apocalipsim), Ambrosius (De principio [= Exameron]), Augustinus (Super Iohannem; Expositio super primam partem psalterii, super secundam, super tertiam [= Enarrationes in psalmos]; De verbis domini; De verbis apostolorum; De sermone domini in monte habi-to; De penitentia; Epistola ad comitem; Sermones; Tracta-tus in epistolam Iohannis), Isidor von Sevilla (Super V libros Moysi; Etymologiae [magnus Ysyderus]; Sententiarum liber; Synonima [de conplanctu hominis et ratione ei reddita]), Ps.-Cyprian (De XII abusivis seculi), Caesarius von Arles44 (Homilien) und Paterius (vermutlich Auszüge aus dem Werk Gregors des Grossen).Das jüngste identifizierbare45 Werk des ‚Breviculus’ ist der in einem Sammelband enthaltene ‚Micrologus’46 des Bernold von Konstanz. Bernold war an der Domschule von Konstanz erzogen worden, trat kurz nach 1084 in das Kloster St. Blasi-en ein und verbrachte die Jahre von 1092 bis 1100 in Schaff-hausen.47 Bekannt ist vor allem seine Chronik, die seine Be-geisterung für die Klosterreformbewegung erkennen lässt.48 Der ‚Micrologus de ecclesiasticis observationibus’ (auch ‚De divinis officiis’ und ‚Ordo Romanus’ genannt), ein Werk über die Liturgie, das sich streng am römischen Ritus orientiert, hatte von allen seinen Schriften im Mittelalter die grösste Verbreitung (ca. 40 Handschriften des 12.–15. Jahrhunderts erhalten oder bezeugt).49 Es fällt auf, dass in Muri mit Ausnahme des erwähnten ‚Mi-crologus’ unter den kirchlichen Schriftstellern ‚moderne’ Au-toren fehlen, sein Bestand gleicht demjenigen des Pfäferser

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Schatzverzeichnisses. Das Kloster Beinwil hingegen verfüg-te nach seiner Bücherliste gegen Ende des 12. Jahrhunderts über eine beträchtliche Anzahl von Werken von Gelehrten der Zeit, z. B. Honorius Augustodunensis (1. Hälfte 12. Jahrhundert), Rupert von Deutz († 1129/30), Hugo von St. Victor († 1141), Abaelard († 1142), Richard von St. Victor († 1173), Wilhelm von Conches († 1154). Durch die Reihe von Texten zu den Artes liberales belegt die Bücherliste des Klosters Muri aus dem 12. Jahrhundert ein klosterinternes Schulleben sowie eine gewisse Offenheit gegenüber antiken Autoren. Neben Martianus Capella, den christlichen Autoren Prudentius, Sedulius, Arator, Prosper und Maximian, den Grammatikern Priscian und Donat, den Disticha Catonis, den Fabeldichtern Aesop und Avi-an finden sich Ovid mit seinen Briefen und Statius mit der Achilleis vertreten, auch Sallust ist erwähnt, jedoch ohne Nennung des Werkes; ‚modernstes’ Werk ist das mittellatei-nische Versepos ‚Waltharius’50 (Anfang des 9. bis Mitte des 10. Jahrhunderts verfasst). Während in der Bücherliste des Klosters Allerheiligen solche Titel fehlen, findet sich in der-jenigen von Beinwil eine weitaus reichere Auswahl sowohl an Werken wie Autoren, ergänzt durch eine Reihe medizini-scher Texte und Übersetzungen aristotelischer Schriften. Das Schatzverzeichnis von Pfäfers verzeichnet einen ähnlichen

Kanon von Autoren wie Muri, zusätzlich aber auch aristote-lische Schriften; hier fehlen auffallenderweise die Schriften zur Musik, die im ‚Breviculus’ von Muri durch vier Autoren vertreten sind: Hucbald von St. Amand († 930[?]), Wilhelm von Hirsau († 1091), Bern von Reichenau († 1048) und Otto (nicht identifiziert).51 Im Vergleich mit den Bücherlisten von Allerheiligen und Beinwil sowie dem Schatzverzeichnis von Pfäfers, die insge-samt den Zeitraum von etwa einem Jahrhundert umspannen, scheint der Bücherbestand von Muri nach seinem ‚Breviculus’ eher den Typus der herkömmlichen, den alten bewährten Au-toren zugeneigten Klosterbibliotheken zu vertreten. Bemer-kenswert ist jedoch einerseits die eigenwillige Organisation der Murenser Bücherliste, die als einzige die Vitenliteratur unmittelbar hinter die biblischen Bücher einordnet und in-haltlich, Ausdruck der reformerischen Gesinnung des Klos-ters, die je mit einem Werk vertretenen Autoren Bernold von Konstanz und Wilhelm von Hirsau, die beide der benedikti-nischen Reform des 11. und 12. Jahrhunderts angehörten.

2.2 Skriptorium

Ob von den im ,Breviculus’ von der Mitte des 12. Jahr-hunderts aufgeführten Handschriften einzelne heute noch erhalten sind, ist nicht schlüssig zu beantworten, teilwei-se auch deshalb, weil es sich bei den in Frage kommenden Exemplaren um liturgische Texte handelt, die in der Liste ohne spezielle Kennzeichnung aufgeführt werden. Neben den Sarner Fragmenten I. 5 (zwei Doppelblätter aus den ‚Moralia in Iob’ Gregors des Grossen, 8.–9. Jahrhundert) und I. 3 (ein Doppelblatt aus dem ‚Sententiarum liber’ des Isidor von Sevilla, 9.–10. Jahrhundert) sowie Einbandfrag-menten aus dem Staatsarchiv und der Kantonsbibliothek in Aarau (StAAG Einbandfragmente 2 und 3), die vielleicht je aus einem im ,Breviculus’ aufgeführten Antiphonar und Lektio nar stammen, sind möglicherweise folgende Hand-schriften des 11. und 12. Jahrhunderts verzeichnet: aus Sar-nen ein Sakramentar und Lektionar (Cod. membr. 13) und drei Psalter (Cod. membr. 19, 20 und 42),52 aus der Aargau-er Kantonsbibliothek eine Handschrift mit Evangelienkom-mentaren (MsMurF 8), vielleicht die im ,Breviculus’ aufge-führte Expositio super quatuor ewangelistas53, und aus dem Staats archiv des Kantons Aargau Teile des Kapiteloffiziums-buches aus dem Kloster Hermetschwil (AA/4530), das ein

Unter den im ‚Breviculus’ aufgeführten Büchern findet sich ein Exem­plar der ‚Moralia in Iob’ Gregors des Grossen, von dem möglicher­weise noch zwei Doppelblätter erhalten sind. Sarnen, Fragm. I. 5, 3r.

Einleitung

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17Necrologium und ein Martyrologium enthält, die wohl dem aliud martirilogium et nomina defunctorum54 des ,Breviculus’ entsprechen.Stellt sich nun die Frage, ob diese Handschriften auch das Werk des Murenser Skriptoriums waren, so fallen die Sarner Fragmente auf Grund ihrer frühen Entstehungszeit nicht in Betracht und die Einbandfragmente aus dem Staatsarchiv und der Kantonsbibliothek haben zu wenig Aussagekraft. Grund-sätzlich ist festzuhalten, dass der ‚Breviculus’ keine Aussa-ge über die Herkunft der verzeichneten Bücher macht: Die Frage nach Büchern, die in einem Murenser Skriptorium ge-schrieben wurden, ist mit der Identifikation von bestimmten Handschriften mit Einträgen im ‚Breviculus’ nicht beantwor-

tet, sondern diese bestätigen ausschliesslich die Tatsache, dass sich das Buch um die Mitte des 12. Jahrhunderts im Kloster Muri befand. Bei den wenigen in Frage kommenden Exem-plaren fehlen gemeinsame äussere Merkmale des Stils, einer signifikanten Schrift, eines kennzeichnenden Buchschmucks. So können allein aus dem Inhalt Indizien gewonnen wer-den, die eine Zuordnung gestatten: Dazu gehören bestimmte Feste im Heiligen- und Festkalender, wobei für Muri allein die Kirchweihe am 11. Oktober aussagekräftig ist, weil der Klosterpatron Martin sich allgemeiner und grosser Beliebt-heit erfreut, sich demnach aus der Feier seines Festes keine Lokalisierung gewinnen lässt. Ein weiteres Argument für die Existenz und die Tätigkeit eines Murenser Skriptoriums lässt sich in Hinweisen auf das Bestehen eines Doppelklosters fin-den, in Handschriften also, in denen Nonnen (sorores) er-wähnt werden oder als handelnde Personen erschlossen wer-den können, sofern sie aus den Bibliotheken von Muri oder

Der Evangelienkommentar, eine Handschrift aus dem 12. Jahr­hundert, gehört möglicherweise zu den im ‚Breviculus’ genannten Büchern. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurF 8, 55v/56r.

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18 von Hermetschwil stammen und einer Zuweisung zum alten Bibliotheksgut dieser Klöster nichts entgegen steht.Solche Kennzeichen fehlen im Sakramentar und Lektionar Cod. membr. 13, im Psalter Cod. membr. 42 und in der Handschrift mit den Evangelienkommentaren (MsMurF 8). Für den Psalter Cod. membr. 20 lässt sich dank seiner Ein-träge im Kalendar Murenser Herkunft55 reklamieren, ver-zeichnet er doch zum 11. Oktober die Dedicatio Murensis ecclesie und zum 31. Dezember den Todestag des Abtes Liut-frid († 1096), nicht in der Form des nekrologischen Eintrags, der den Nominativ verwendet, vielmehr in derjenigen von Heiligenfesten (Liutfridi abbatis), bei welchen der Genitiv in Anwendung kommt. Dies ist wohl Ausdruck der grossen Verehrung, die der zweite Abt von Muri in seinem Kloster genoss.56 Auch der Psalter Cod. membr. 19 weist einen Ein-trag Dedicatio Murensis monasterii zum 11. Oktober auf, doch

wurde das Kalendar nicht von gleicher Hand geschrieben wie der Text der Psalmen, die Handschrift kann also nur zum Teil sicher dem Murenser Skriptorium zugeteilt werden.Als weiteres inhaltliches Kriterium für eine Murenser Her-kunft dienen Hinweise auf das im späten 11. und 12. Jahr-hundert in Muri bestehende Doppelkloster, zunächst in der Form der nekrologischen Einträge mit der Verzeichnung des Todestages von männlichen und weiblichen Klosterangehöri-gen, wie sie sich im Necrologium57 des Kapiteloffiziumsbu-ches von Hermetschwil (AA/4530) finden, aber auch in den Kalendaren der Psalter Cod. membr. 19 und 20. Im Falle des Kapiteloffiziumsbuches darf nach der Datierung davon aus-gegangen werden, dass auch der Teil der Benediktinerregel58 in Muri geschrieben worden ist und mit dem im ‚Breviculus’ verzeichneten Martyrologium59 und Necrologium zu einem Buch zusammen gebunden wurde.

Der Psalter Cod. membr. 20 aus dem 12. Jahrhundert gehört zu den Handschriften, die in Muri geschrieben worden sind, vgl. Abbildung oben, S. 11. Sarnen, Cod. membr. 20, 7r.

Das Necrologium im Kapiteloffiziumsbuch aus Hermetschwil wurde wohl 1120/30 im Doppelkloster Muri angelegt. Staatsarchiv Aargau, AA/4530, S. 20.

Einleitung

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19Neben den nekrologischen Einträgen erlauben auch in den Handschriften erhaltene Gebete für den Doppelkonvent die Zuweisung an ein Murenser Skriptorium: Der Minia-turenzyklus Cod. membr. 83 ist zwar nicht im ‚Breviculus’ zu situieren, stammt aber möglicherweise aus einer der dort aufgeführten liturgischen Handschriften. Die acht Perga-mentblätter mit Miniaturen aus den Evangelien (Verkündi-gung an Maria, Heimsuchung, Reise nach Bethlehem, Ge-burt Christi, Verkündigung an die Hirten, Befragung des Herodes durch die Heiligen Drei Könige, Anbetung der Heiligen Drei Könige, Darbringung im Tempel, Taufe im Jordan, Abendmahl, Kreuzigung mit Maria und Johannes, Himmelfahrt Christi, Aus giessung des heiligen Geistes, Welt-gericht) könnten einem Psalter vorangestellt gewesen sein. Ob die Miniaturen das Werk eines in Muri arbeitenden Il-luminators sind, muss offen bleiben. Die auf der Rückseite des letzten Blattes geschriebene Reihe von Gebeten für die verstorbenen Brüder und Schwestern des eigenen Konventes

lassen jedoch zumindest Raum für solche Erwägungen, wie das folgende Beispiel zeigt:«Deus veniae largitor et humane salutis amator quaesimus [statt quaesumus] clementiam tuam, ut nostrae congregatio­nis fratres et sorores qui ex hoc seculo transierunt beata Maria semper virgine intercedente cum omnibus sanctis tuis a[d] perpetua[e] beatitudinis consortium pervenire concedas. – Gott, Spender der Gnade und liebender Förderer des Heils der Men schen, wir flehen deine Gnade an, dass du den Brü­dern und Schwes tern unseres Klosters60, die aus dieser Welt ge-schieden sind, indes sich die ewige Jungfrau Maria mit all deinen Heiligen für sie verwenden, gestattest, Teil zu haben an der ewigen Glückseligkeit.»

Doppelblatt aus dem Miniaturenzyklus aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts: links Verkündigung an Maria, rechts Heimsuchung. Die Blätter waren ehemals in einen Codex eingebunden. Sarnen, Cod. membr. 83, 1v/2r.

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20

Auf der Rückseite des letzten Blattes des Miniaturenzyklus sind eine Reihe von Gebeten für verstorbene männliche und weibliche Klos­terangehörige eingetragen. Sarnen, Cod. membr. 83, 8v.

Im Liber ordinarius (spätes 12. / frühes 13. Jahrhundert) finden sich liturgische Anweisungen für Frauen, z. B. linke Spalte: «Sint et alie due ante altare verse ad chorum …». Sarnen, Cod. membr. 11, 57r.

Die bisher erwähnten Handschriften, für welche eine Ent-stehung in Muri reklamiert werden konnte, standen alle im Zusammenhang mit dem ‚Breviculus’, dem Bücherverzeich-nis aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Wenn wir den zeitli-chen Horizont noch etwas erweitern und bis zum Ende des zwölften und Beginn des 13. Jahrhunderts gehen, gehört auch der bereits erwähnte Cursarius Cod. membr. 1861 zu den im Murenser Skriptorium entstandenen Handschriften, denn auch hier finden sich entsprechende Gebete.62 Der Liber ordinarius Cod. membr. 11, zeitlich ungefähr gleich wie der Cursarius anzusetzen, verzeichnet die Kirchweihe auf den 11. Oktober, ist also ebenfalls in Muri geschrieben. Für die beiden letzten erwähnten Handschriften gilt noch eine Besonderheit: Gewisse Formulierungen weisen darauf hin, dass sie für die Nonnen des Doppelkonventes bestimmt sind. So ist beispielsweise das Sündenbekenntnis im Cursa-

rius von einer Schwester aus formuliert63 und im Liber ordi-narius sind liturgische Anweisungen für weibliche Personen enthalten.64 Bemerkenswert und vielleicht rares schriftliches Zeugnis eines gemeinsamen Offiziums von Mönchen und Nonnen könnte die wechselnde Verwendung von weibli-chen und männlichen grammatischen Genera im Totenoffi-zium des Cursarius sein, wo auf das Responsorium «Libera me domine de morte …» zunächst zwei Versus von Frauen gesprochen werden («… in regnum tuum suscipe me, quam precioso sanguine dignatus es redimere; Quid ego misserima quid dicam vel quid faciam …»), dann in einem Versus ein männlicher Sprecher auftritt («Tremefactus sum ego et timeo cum discussio venerit …»), und schliesslich nach dem Versus «Dies illa, dies ire …» ein vielleicht gemeinsamer Versus von Frauen und Männer folgt: «Ne intres in iudicium cum ser-vis et ancillis tuis domine … – Fälle nicht dein Urteil, Herr,

Einleitung

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21über deine Knechte und Mägde …»65 In einem der anschlies-senden Gebete werden wiederum explizit «die Brüder und Schwestern unseres Klosters» erwähnt.66

Totengedenken wie Totenoffizium bilden ein zentrales ver-bindendes Element zwischen dem Männer- und dem Frau-enkonvent. Dies lässt sich auch aus Zusätzen erkennen, die im Doppelkloster Admont den dort sonst gepflegten Hirsau-er Gewohnheiten beigefügt wurden: Am Vortag von Aller-heiligen wird aller verstorbenen Brüder und Schwestern des Klosters gedacht – omnium loci nostri fratrum defunctorum et sororum.67 Beim Tod einer Schwester werden, ungeachtet der Zeit, alle Glocken geläutet, der Konvent versammelt sich in der Kapelle und singt für die Verstorbene die Psalmen. Anschliessend wird die Tote in einer feierlichen Prozession durch die Mönche vom ‚Kloster der Nonnen’ eingeholt und zur Kirche getragen.68

Als Fazit der voranstehenden Erwägungen können folgende Aussagen zu erhaltenen Handschriften des Skriptoriums von Muri gemacht werden: Von den im ‚Breviculus’ für die Mitte des 12. Jahrhunderts genannten Werken ist wohl die ein Mar-

tyrologium und ein Necrologium umfassende Handschrift im Kapiteloffiziumsbuch von Hermetschwil (AA/4530) ent-halten und durch eine ebenfalls in Muri geschriebene Be-nediktinerregel ergänzt. Von fünf weiteren, möglicherweise ebenfalls im ‚Breviculus’ aufgeführten Handschriften, näm-lich dem Sakramentar und Lektionar (Cod. membr. 13), den Evangelienkommentaren (MsMurF 8) und drei Psaltern (Cod. membr. 19, 20 und 42) können auf Grund inhaltlicher Kriterien nur der Psalter Cod. membr. 20 und das Kalendar des Psalters Cod. membr. 19 sicher als in Muri entstandene Handschriften bezeichnet werden.Zu diesen mit den Angaben im ‚Breviculus’ mehr oder we-niger sicher in Verbindung zu bringenden Handschriften treten drei weitere, die dem Murenser Skriptorium des 12. bis beginnenden 13. Jahrhunderts zugeordnet werden kön-nen: der Cursarius Cod. membr. 18 und der Liber ordinarius

Das Totenoffizium im Cursarius enthält in der neumierten Partie nach dem Responsorium ‚Libera me’ von Frauen und von Männern gesungene ‚Versus’. Sarnen, Cod. membr. 18, 123r und 123v.

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22 Cod. membr. 11 sowie, mit Einschränkungen, der Miniatu-renzyklus Cod. membr. 83, die alle Hinweise auf das in dieser Zeit in Muri bestehende Doppelkloster aufweisen.

3. Die Klöster Muri und Hermetschwil

im Spätmittelalter

3.1 Kloster Muri

Die Zeit von 1200 bis 1500 war für das Kloster Muri von zwei markanten Einschnitten geprägt, der eine, ganz zu Be-ginn der genannten Periode, veränderte das innere Leben des Klosters, während der zweite, spätere, das politische Umfeld betraf: Zunächst wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahr-hunderts der Nonnenkonvent des Klosters Muri nach Her-metschwil verlegt – Muri war von da an ausschliesslich ein Mönchskloster. Es mag sein, dass die erstmalige Verwendung

eines Siegels durch Abt Arnold (Abt seit 1223) mittelbar in Zusammenhang mit der inneren Neupositionierung steht;69 Abt Arnolds Regierungszeit darf auf Grund der im Sakra-mentar Cod. membr. 13 aufgenommenen Papsturkunde mindestens bis zum Jahr 1233 angenommen werden.70 Die zweite grundlegende Veränderung bahnte sich im späten 14. Jahrhundert mit dem Sempacherkrieg an und gipfelte 1415 in der Eroberung des Aargaus durch die Eidgenossen: Die Vogtei Muris lag von da an nicht mehr in den Händen der habsburgischen Gründerfamilie, sondern in denjenigen der eidgenössischen Orte.71 Am 16. Oktober 1431 wurden die eidgenössischen Orte Zürich, Luzern, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus Schutzmächte Muris.72 Einen besonderen

Das Kloster Muri und die Pfarrkirche St. Goar, Ansicht der barocken Anlage. Wandmalerei im ‚Schweizerzimmer’ des Klosters Muri­Gries im Südtirol.

Einleitung

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23Schirmbrief Uris erhielt das Kloster erst 1549, nachdem die-ser Ort 1532 in die Regierung der Freien Ämter eingetreten war.73 Trotz dieses Wandels in den politischen Verhältnissen sicherten die deutschen Könige aus dem Haus Österreich dem Kloster noch 1439 (Albrecht II.)74 und 1442 (Friedrich III.)75 ihren Schirm zu, Zeichen dafür, dass das Haus Öster-reich noch lange an eine mögliche Restituierung seiner Herr-schaft im Aargau glaubte.Über die Grösse und die soziale Zusammensetzung des Kon-vents von Muri für die Zeit vom beginnenden 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts lassen sich nur ungenaue Anga-ben machen. Im 13. Jahrhundert gehörten dem Kloster nach den Auszählungen im Necrologium von Hermetschwil ins-gesamt rund 60 Mönche an; bei einer kritischen Auswertung der Angaben in der ‚Geschichte der Benedictiner Abtei Muri-Gries’ von Martin Kiem76 lassen sich für das 14. Jahrhundert noch knapp 30, für das 15. Jahrhundert rund 40 Mönche ausmachen. Die Zahl der Konventualen sank und erreichte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts einen Tiefstand: Die Äbte Hermann Hirzel (1465–1480) und Johannes Ha-genauer (1480–1500) wurden jeweils nur aus je fünf wäh-lenden Konventualen erkoren.77 Vom späten 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts sind für rund 70 Konventualen Vor- und Nachnamen überliefert; für diese ist damit der Versuch einer ständischen Zuord-nung möglich: 24 von ihnen konnten mit einiger Sicherheit dienstadligen Familien zugewiesen werden, hauptsächlich sol-chen aus dem aargauischen, dazu einigen aus dem zürcherisch-thurgauischen und nur zwei aus dem luzernischen Raum.Seit Beginn des 14. Jahrhunderts finden sich unter den Kon-ventualen solche, die aus aargauischen Kleinstädten78 stam-men, während Zürcher oder Winterthurer erst in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eintreten, und in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts zählen auch ein Luzerner, ein Zu-ger und ein Schwyzer zum Konvent. Insgesamt ist für rund 25 Konventualen eine stadtbürgerliche Herkunft anzuneh-men. Nachweislich grossbäuerlicher Herkunft sind nur drei Konventualen: Burkart von Biberstein79 und Johannes von Sarmenstorf80, beide in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Kloster Muri, sowie Abt Konrad Brunner (1380–1410)81. Für rund 15 Mönche reichen die vorliegenden Angaben für eine ständische Zuordnung nicht aus, doch auf Grund ihrer Namen gehören sie eher dem städtisch-bäuerlichen Umfeld an. Insgesamt scheinen also in Muri seit der Mitte des 14.

Jahrhunderts die Konventualen zunehmend aus stadtbürger-lichen und grossbäuerlichen Familien zu stammen, mit einem geografischen Schwerpunkt im aargauischen Raum. Damit entspricht die Tendenz der ständischen Zusammensetzung des Konvents derjenigen, die sich aus Untersuchungen über die Lehenträger nach dem Verzeichnis der habsburgischen Lehen vom Hoftag von Zofingen 1361 ergab, wo im Aargau einem Fünftel adligen vier Fünftel nichtadlige Leheninhaber gegenüberstanden.82

Im genannten Zeitraum zwischen dem Beginn des 13. und dem Ende des 15. Jahrhunderts veränderte sich die klöster-liche Lebensweise in Muri: Anstelle der früheren vita com­munis, dem gemeinsamen Leben der Mönche, erhielten die Konventsherren, die auch über Privateigentum verfügten, ihren Lebensunterhalt in der Form von Pfründen, die zum Teil auch aus Pfarreien bestanden. Solche hat sich das Klos-ter Muri vom 13. bis 15. Jahrhundert in vermehrtem Masse und bisweilen mit intensiven Bemühungen gesichert: 1242 kam das Kloster in den Besitz der Pfarrei Muri, als Chor-herr Albrecht V. von Habsburg gegenüber Abt Rüdiger und dem Konvent auf Ansprüche an dieser Pfarrei verzichtete.83 1244 bestätigte der Bischof von Konstanz dem Kloster das Eigentum an der Pfarreikirche.84 1326 erfolgte die Inkor-poration der Pfarrkirche Eggenwil85 und 1328 diejenige der Pfarrkirche Bünzen86 (erst unter Abt Konrad [1343–1359] realisiert)87. Zum Ausgleich für die Schäden im Sempacher-krieg erhielt das Kloster 1399 von Herzog Leopold IV. von Österreich Kirche und Kirchenlehen zu Villmergen88 (unter Abt Georg Russinger 1425 erneute Schenkung durch König Sigmund)89, sowie Kirchenlehen, Kirche und Altäre zu Sur-see90 (Inkorporation 21. August 1405)91 und 1403 noch die Kirche Lunkhofen92 (Inkorporation 19. Februar 1414)93. Schliesslich inkorporierte 1485 der Konstanzer Bischof Otto IV. von Sonnenberg noch die Kirchensätze von Wohlen und Boswil.94 Um die Verwendung der inkorporierten Pfarreien kam es auch zu Auseinandersetzungen zwischen Konvent und Abt: Abt Konrad Brunner wollte beispielsweise den Ertrag der einverleibten Pfarrei Sursee zur Wiederherstellung des Klosters verwenden, das im Sempacherkrieg Schaden gelitten hatte. Diesen Plänen widersetzten sich die Konventsherren, worauf der Abt an ein weltliches Gericht gelangte. Graf Hans von Habsburg, Herre ze Louffemberg, und die Ritter Heinrich Gessler und Hermann von Rinach verfügten daraufhin am 17. Januar 1402, dass der Abt während der nächsten sieben

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24 Jahre «als verr er kan oder mag, buwen soll mit hüsern, stu-ben und andern gemachen, als es vor kriegen gewesen ist»; er soll dabei aber allen Priestern und denen, «so kappen an-tragent»95, zur alten Pfründe noch zwei Malter Korn und ein Malter Hafer geben.96 Abt Georg Russinger (1410–1439[?]), der erste Abt, der sein Familienwappen im Siegel führte,97 suchte im reformerischen Gedanken des Konstanzer Konzils die Verpflichtung zum ge-meinsamen Leben der Mönche durchzusetzen, stiess aber auf erbitterten Widerstand des Konvents. Dieser führte unter an-derem am 24. November 1418 zu einem Spruch der eidge-nössischen Boten: Die Klosterherren sollen dem Abt als ihrem Oberen in geistlichen Belangen gehorsam sein. Bis zum Mai nächsten Jahres soll der Abt ‚das Refenter und das Dormen-ter’ (den Speise- und den Schlafsaal) hergestellt haben, dann sollen die Klosterherren alle «ze Refenter und ze Dormenter gan und das halten und tun nach geistlicher Zucht als billich ist»; keiner soll sich ohne Erlaubnis des Abtes aus dem Klos-ter entfernen. Der Abt soll den Klosterherren ihre Pfründen geben; sie ihrerseits beauftragen einen aus ihrer Mitte mit der Besorgung des gemeinsamen ‚Tischs’. Was jährlich über den ‚Tisch’ von ihren Pfründen übrig bleibt, das soll ihnen der Abt jeweils auf Neujahr zur Verfügung stellen. Wenn es nun im vorliegenden Jahr wegen des Hagelschlags dem Abt nicht zuzumuten ist, den Klosterherren ihre Pfründen vollständig auszuhändigen, so soll er das Fehlende im kommenden Jahr ergänzen. Und bei alledem sollen Abt und Konvent in geistli-cher Zucht freundlich und tugendsam miteinander leben.98

Die innere Entwicklung hin zum Pfründensystem, die zu ei-ner weitgehenden Auflösung des gemeinsamen Lebens des Konventes führte, wurde im Fall des Klosters Muri noch durch äussere Faktoren gefördert: Die Klosterbauten wurden im 14. Jahrhundert wiederholt beschädigt. Bereits um 1300 unter Abt Rudolf von Bossikon soll das Kloster durch einen gewaltigen Brand stark gelitten haben, bei dem ein grosser Teil des Archivs und der Bibliothek zerstört wurde.99 In der Folge scheinen Fehden, die «in diesem Gebiet häufig ausbrechen», in den zwanziger Jahren des 14. Jahrhunderts, sowie auch die starke Beanspruchung des Klosters als Station für habsburgi-sche Dienstleute die wirtschaftliche Kraft des Klosters zu er-schöpfen.100 Nach einer weiteren Brandkatastrophe, der die Holzkonstruktionen des Klosters zum Opfer fielen, so will es die Klostertradition,101 verkaufte Abt Heinrich von Tegerfel-den 1363 dem späteren Abt Konrad Brunner (1380–1410) als

jungem Konventualen einen dem Kloster Muri gehörenden Rebberg in Thalwil um 60 Florentiner Gulden.102 In der vor-läufigen Inkorporation der Kirche von Sursee am 16. Novem-ber 1400 wird vermerkt, dass das Kloster durch die Verwüs-tungen und Brandschatzungen der Feinde Herzog Leopolds, also im Sempacherkrieg 1386, derart beschädigt sei, dass selbst der Abt über keine ausreichende Unterkunft mehr verfüge.103 Diese Situation scheint sich bis 1414 wieder verbessert zu ha-ben; damals verfügte der Abt in Muri wieder über ein eigenes Haus104 und 1440 wird auch eine stuba conventus erwähnt, ein Versammlungsraum der Konventualen.105 Dass jedoch

Das Brevier Cod. membr. 25 aus der zweiten Hälfte des 13. Jahr­hunderts wurde möglicherweise in Muri geschrieben. Unter den Nachträgen findet sich ein Eintrag zur Jahrzeit von König Albrecht. Sarnen, Cod. membr. 25, 1r.

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25die Krypta, doch wohl der Klosterkirche, 1452 als gewohn-ter und gebräuchlicher Kapitelsaal diente (in monasterio Mure … et ibidem in cripta loco videlicet capitulari eiusdem mona­sterii solito et consueto)106, zeugt auch für diese Zeit noch von prekären Verhältnissen. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts scheint sich der bauliche Zustand des Klosters wenig verbes-sert zu haben, denn in den Inkorporationsurkunden für die Kirchen von Wohlen und Boswil von 1485 wird berichtet, dass Kloster wie Kirche sich weiterhin in deplorablem Zu-stand befänden.107 Ein wirtschaftlicher Niedergang schliess-lich, der Verlust von Gütern teils durch Verkauf veranlasste in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Päpste Johannes XXIII.108 und Eugen IV.109 den Abt von Rüti mit der Wieder-herstellung des Klosterbesitzes zu beauftragen (sog. Bulle ‚Ea que de bonis’), wobei im Erlass von Johannes XXIII. sowohl dem jetzigen wie auch dem früheren Abt und Konvent die Auflassung von Zehnten, Zinsen, Gütern und Besitzungen zum Schaden des Klosters angelastet wird.110

Brände, kriegerische Ereignisse, wirtschaftlicher Niedergang, aber nicht zuletzt auch veränderte Lebensgewohnheiten hat-ten ihre Auswirkungen auf die Murenser Büchersammlung. Pater Leodegar Mayer erstellte 1744 einen ersten Murenser Bücherkatalog, der auch ein Verzeichnis der zu seiner Zeit im Kloster befindlichen Handschriften enthält. Nach einer Ab-schrift der Bücherliste der ‚Acta Murensia’ aus dem 12. Jahr-hundert, dem Breviculus, schreibt er als Einleitung zu seinem eigenen Verzeichnis, dass viele im ‚Breviculus’ aufgeführte Handschriften durch die Gewalt (iniuria) der Verhältnisse, der Kriege und der Flammen und durch die Nachlässigkeit (incuria) der Vorsteher des Klosters wie auch der Verantwort-lichen für die Bücherei verloren gegangen seien.111

Bücher gingen verloren, verdarben, wurden vermutlich auch verkauft oder weggegeben, so dass beinahe der ganze alte Be-stand, wie ihn der ‚Breviculus’ für das 12. Jahrhundert be-schrieb, heute nicht mehr existiert, aber auch neuere Bücher aus der Zeit zwischen dem Beginn des 13. und dem Ende des 15. Jahrhunderts sind nur spärlich vorhanden: Eine kontinu-ierliche Tätigkeit des Murenser Skriptoriums ist für diese Zeit nicht nachweisbar. Zwar entstand das Brevier Cod. membr. 25 aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vielleicht in Muri und das Missale für die Kapelle Wallenschwil (Cod. membr. 12) wurde 1333 auf Geheiss von Abt Heinrich von Schönenwerd möglicherweise in Muri geschrieben, doch ein-zig ein Werk dieser Zeit wird unumstritten als Arbeit eines

Murenser Konventualen betrachtet: die Abschrift der ‚Acta Murensia’ (AA/4947), die aus der Zeit des Abbatiates von Konrad Brunner, also 1380–1410 datiert. Die breit angeleg-ten Güterverzeichnisse der ‚Acta’ könnten zusammen mit dem etwa gleichzeitigen Murenser Urbar AA/5002112 den Versuch bilden, durch Brand und Krieg beeinträchtigte Bestände des Murenser Archivs wieder zu erneuern. ‚Acta’ und Urbar bil-deten dann gleichsam die materielle Grundlage für die Ur-kunde über die Kastvogteiverhältnisse von Herzog Friedrich IV. von Österreich vom 3. Oktober 1406, die ausdrücklich auf «die brief, freyheit und stiftpucher, die dasselb closter ze

Kanonbild im Missale für die Kapelle von Wallenschwil, die dem heiligen Laurentius geweiht ist. Der Murenser Abt Heinrich von Schönenwerd liess die Handschrift im Jahr 1333 schreiben. Sarnen, Cod. membr. 12, 5v.

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26 Mure hat» hinweisen.113 Eine ähnliche herrschaftlich-recht-liche Zielrichtung hat ein vermutlich im Umfeld von Muri entstandener Briefsteller aus der zweiten Hälfte des 15. Jahr-hunderts, der einen südwestdeutschen, vermutlich im Gebiet der Stadt Rottweil geschriebenen Briefsteller (MsMurQ 11) ergänzt: Er enthält neben Musterbriefen in Erbangelegenhei-ten, für einen Pferdekauf, für Kauf und Abzahlung, für den Verkauf eines Hofes durch ein Kloster, zum Schuldenwesen, zur Verpfründung und zum Lehenwesen auch einen Bet-telbrief für den Wiederaufbau einer Kapelle, ein Schreiben des Abtes Ulrich Maier von Muri (1439–1465), einen Brief des Abtes von Trub, Dietrich von Brandis (1418–1443) an Abt Georg Russinger (1410–1439 [?]) sowie einen von Abt

Hermann Hirzel (1465–1480) ausgestellten Lehenbrief. Der ergänzende Murenser Teil, von verschiedenen Händen ein-getragen, kann jedoch in seiner unsystematischen Art auch als Benutzerspur in einem Buch verstanden werden, welches durch Kauf oder Schenkung nach Muri gelangt war. Eine sol-che nachträgliche Anpassung einer Handschrift fremder Her-kunft für den eigenen Gebrauch darf auch bei dem Sakramen-tar Cod. membr. 13 aus dem 11.–12. Jahrhundert vermutet werden, das sich nach der Urkundenkopie114 sicher seit dem 13. Jahrhundert in Muri befand, aber auch bei dem Brevier MsMurQ 7 aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, das in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wahrscheinlich in Muri durch ein Martinsoffizium115 ergänzt wurde.

Briefsteller (zweite Hälfte 15. Jahrhundert): Schreiben des Abtes Ulrich Maier an einen Vogt, darunter Schreiben an einen Abt wegen einer Erbsache. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurQ 11, 82v.

Beginn des Martinsoffiziums, das in der zweiten Hälfte des 15. Jahr­hunderts in einem südwestdeutschen monastischen Brevier nach­getragen wurde. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurQ 7, XXVIIIr.

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273.2 Kloster Hermetschwil

Seit der Reform in den 80er-Jahren des 11. Jahrhunderts war das Kloster Muri ein Doppelkloster; es bestand aus einem Männer- und einem Frauenkonvent unter der Leitung des Abtes des Männerkonventes. Die beiden Konvente umfass-ten gegen Ende des 12. Jahrhunderts je ungefähr die gleiche Zahl von Religiosen; aus der anfänglich nur geringen Zahl der Frauen, die dem Mönchskonvent angegliedert war, war eine ansehnliche Gemeinschaft erwachsen.116 Eine neue Auszäh-lung der Einträge im Necrologium von Hermetschwil zeigt das allmähliche Anwachsen derjenigen für Nonnen, die in der Periode von 1140 bis 1200 zahlenmässig noch etwas geringer waren als diejenigen für Mönche, ein Verhältnis, das sich in der Periode von 1200 bis 1260 in etwa gleichem Masse zu Gunsten von Einträgen für Nonnen verändert.117

Im Verlauf des 12. Jahrhunderts wurde die dem reformeri-schen Impetus entstammende Institution der Doppelkon-

vente vielerorts wieder aufgegeben, wobei zum Teil theo-logische Argumente, zum Teil wohl auch wirtschaftliche Momente wie Versorgungsengpässe diese Entwicklung för-derten.118 In Muri löste sich der Frauenkonvent in der ers-ten Hälfte des 13. Jahrhunderts aus dem Doppelkloster und bildete eine eigene Klostergemeinschaft in Hermetschwil. In der Tradition der Klöster Muri und Hermetschwil wird das Abbatiat Anselms (belegt bis 1189) als Zeitraum, respekti-ve das Jahr 1200 für die Trennung der Konvente angenom-men, mit einem wesentlichen Unterschied: Während in Muri die Ansicht vertreten wird, dass die Frauen nach etwas mehr als 100 Jahren nach Hermetschwil verlegt wurden,119 wird in Hermetschwil die Trennung der Konvente zwar auf

Das Kloster Hermetschwil an der Reuss, Ansicht der barocken Anla­ge. Wandmalerei im ‚Schweizerzimmer’ des Klosters Muri­Gries im Südtirol.

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28 den gleichen Zeitraum gelegt, doch die Existenz des Dop-pelkonventes in Muri auf 172 Jahre ausgedehnt, also bereits seit der Gründung im Jahr 1027 und nicht erst in der Fol-ge der Reform von 1082.120 Es fehlen Nachrichten, die den Zeitpunkt der Trennung genauer bestimmbar machen,121 gleichfalls fehlen Angaben darüber, welche Motive dieser zu Grunde lagen. Denkbar ist ein allmählicher Prozess der Trennung, der im Frauenkonvent von Muri durch die or-ganisatorische Einsetzung einer Meisterin (magistra) ihren Anfang nahm und schliesslich in der räumlichen Trennung des Männer- und Frauenkonventes endete. Als erste Meis-terinnen von Hermetschwil sind im Necrologium von Her-metschwil Mahthilt, Gerdrudis und Gisela genannt, ihre Einträge sind paläographisch in die erste Hälfte des 13. Jahr-hunderts zu datieren.122 Dem Frauenkonvent in Hermetschwil lag nicht etwa eine neue Stiftung zu Grunde, sondern faktisch handelte es sich nur um eine Dislokation innerhalb des bestehenden Besitzes; für Hermetschwil als Stätte des Frauenkonvents sprach, dass es ausserhalb des Amtes Muri die einzige geschlossene Herr-schaft war.123 Am 29. Februar 1244 bestätigte der Bischof von Konstanz dem Abt von Muri den Besitz der Kirche in Her-metschwil. In der gleichen Urkunde wird auch festgehalten, dass es weiterhin Aufgabe des jeweiligen Abtes von Muri ist, die Nonnen von Hermetschwil in geistlichen und weltlichen Belangen gemäss der Regel des Benediktinerordens zu leiten und zu lenken.124 Somit ist spätestens 1244 eine definitive Trennung der Konvente und die Existenz des Klosters Her-metschwil anzusetzen.125 Organisatorisch hatte sich gegen-über der Zeit des Doppelklosters nichts geändert, weiterhin behielt der Abt von Muri die Leitung, während dem Muren-ser Propst die Führung der Hermetschwiler Klosterwirtschaft übertragen wurde. Nach dem Brand des Klosters Muri im Jahr 1300 erlangten die Meisterinnen von Hermetschwil in wirtschaftlichen Belangen eine gewisse Unabhängigkeit, sie mussten aber weiterhin dem Konvent und Abt von Muri Re-chenschaft über ihr Tun ablegen.126 Nachdem Muri zwischen 1310 und 1315 seinen Besitz nach dem Ausscheiden der Hermetschwiler Herrschaft verzeichnete,127 hat auch Her-metschwil seinen Besitz in einem ersten Urbar verzeichnet, ein nicht unproblematisches Unterfangen, das auch auf Wi-derstand der Lehenleute stiess. Unterstützung erhielten die Hermetschwilerinnen durch den Propst von Allerheiligen in Freiburg im Breisgau, der von Papst Clemens V. beauftragt

wurde, für die Restituierung der dem Kloster entfremdeten Güter zu sorgen.128 Das innere Leben des Klosters Hermetschwil regelten 1265 von Bischof Eberhard von Konstanz erlassene Statuten,129 die nun die Aufgabe der die Benediktinerregel ergänzenden Ord-nung (ordo) für die Frauen in der Zeit des Doppelkonventes übernehmen, welche die Stiftungsurkunde für das Kloster Fahr von 1130130 als Vorbild anführte: Unter anderem sollen die Hermetschwilerinnen ihre Mahlzeiten gemeinsam einneh-men, ohne Hast und Lärm, in Dankbarkeit zu Gott für das Vorgesetzte.131 Gleichfalls gemeinsam soll ihnen das Dormi-torium, der Schlafraum, sein, wo einer jeden ein eigenes Bett zur Verfügung stehe.132 Wert gelegt wird auch auf regelmässige Arbeit, wobei angemerkt wird, dass die Schwestern dabei nicht überanstrengt werden sollen, insbesondere da sie Anstrengun-gen dieser Art seit vielen Jahren nicht mehr gewohnt seien.133

Spaziergänge durch die Gärten innerhalb der (Kloster-)Mau-ern sind gestattet, doch hat die Tür zur Strasse, durch die nur Besucher geistlichen Standes sowie Verwandte mit Erlaubnis der Meisterin eintreten dürfen, dann geschlossen zu bleiben.134 Bei fortgesetzten Verstössen gegen die Statuten trotz Ermah-nung der Meisterin geht eine Schwester ihres Anteils an der Präbende, ihrer Pfrund, verlustig, wird vom Bischof exkom-muniziert und von der Gemeinschaft ausgeschlossen.135

Die Hermetschwilerinnen verfügten also bereits in der zwei-ten Hälfte des 13. Jahrhunderts über Pfründen, Einkünfte aus dem Klostergut zur eigenen Verwaltung und Nutzung. Ergänzt wurde das Einkommen der einzelnen Chorfrauen durch von ihren Herkunftsfamilien geleisteten Renten in Na-turalien und Geld, so genannten Leibgedingen. Pfrund und Leibgeding ermöglichten zusammen ein recht angenehmes Leben und manche der Frauen verfügte auch über persönli-ches Gesinde, wie sich aus dem Eintrag im Jahrzeitbuch von Hermetschwil zeigt: «Her Walther von Gachnang, frow Anna sin wirtin [Ehefrau], frow Margareta ir tochter, closterfrow zu disem gotzhus und Mechthild ir jungfrow.»136

Dieser Lebensstil entspricht auch der ständischen Zugehö-rigkeit der Hermetschwilerinnen: Im 13. Jahrhundert sind die Frauen aus dienstadligen Geschlechtern stark vertreten, insbesondere aus dem Aargau und dem Zürich- und Thur-gau. Seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts finden sich unter den Konventualinnen vermehrt auch Frauen aus zum Teil ratsfähigen Familien aargauischer Kleinstädte wie Brugg und Lenzburg, und mit der Meisterin Elisabeth von Stegen die

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29erste Frau aus grossbäuerlichen Kreisen. Eventuell ist auch die Ende des 14., Anfang des 15. Jahrhunderts in Hermetschwil als Konventsfrau lebende Anna Brunner diesen Kreisen zu-zurechnen, wenn sie denn eine Verwandte des Abtes Konrad Brunner von Muri war, der im gleichen Zeitraum regierte. Zwischen den Konventen von Muri und Hermetschwil waren verwandtschaftliche Bindungen nicht selten, beispielsweise zwischen Adelheid von Remingen (Ende 13. Jahrhundert) und Abt Heinrich von Remingen (1261–1283), zwischen den Konventualinnen Anna und Katharina von Schönen-werd (Anfang 14. Jahrhundert) und Abt Heinrich von Schö-nenwerd (1310–1333[?]), zwischen der Meisterin Elisabeth von Mülinen (1343–1357) und den Konventualen Rudolf und Ulrich von Mülinen (beide im 14. Jahrhundert), zwi-schen Elisabeth von Rotenburg (Anfang 14. Jahrhundert) und Heinrich von Rotenburg (Mitte 14. Jahrhundert). Auch die Meisterinnen Elena und Elisabeth von Seengen (beide 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts), die Konventsfrau Margarete

von Seengen und Otto von Seengen (2. Hälfte des 14. Jahr-hunderts) gehörten einer Familie an, ebenso Margarete Gess-ler und Heinrich Gessler (beide 1. Hälfte des 14. Jahrhun-derts) sowie Rudolf Gessler (14. Jahrhundert). Gemeinsame familiäre Herkunft verband Meisterin Anna von Eschenz (1379) und Guotfrid von Eschenz (14. Jahrhundert) sowie vermutlich Margarete Hagnauer (1. Hälfte des 15. Jahrhun-derts) und Abt Johannes Hagnauer (1480–1500) aus Zürich, aber auch Meisterin Anna Gon (1489–1491) aus Zürich und Heinrich Gon (Mitte des 15. Jahrhunderts). Möglicherweise gehörten Verena Buesinger (1. Hälfte des 14. Jahrhunderts), Propst Ulrich Businger (2. Hälfte des 14. Jahrhunderts) so-wie der Prior Hartmann Bussinger (1. Hälfte des 15. Jahr-

Das ‚Comes’ genannte Lektionar, zweite Hälfte des 12. / Anfang des 13. Jahrhunderts, gehört wohl zu den Handschriften, die von den Nonnen aus dem Doppelkloster Muri nach Hermetschwil verbracht wurden. Sarnen, Cod. membr. 6, 1v/2r.

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30 hunderts) der kleinadligen Familie Businger an, die zum Teil ins Zürcher, zum Teil ins Badener Burgrecht aufgenommen wurde.137 Mit den Murensern Friedrich (1. Hälfte des 15. Jahrhunderts) und Heinrich zum Thor (Mitte des 15. Jahr-hunderts) hingegen sind die Hermetschwilerinnen Engel und Margaret zum Thor (1. Hälfte des 15. Jahrhunderts) verwandt.Geografisch gesehen war bis zum Ende des 14. Jahrhunderts der Aargau hauptsächliches Herkunftsgebiet sowohl bei den Frauen aus dienstadligen wie auch aus städtischen Famili-en. Anfangs des 15. Jahrhunderts setzt der Zuzug von Frau-en aus bürgerlichen Geschlechtern aus Zürich und Winter-thur ein.Annemarie Dubler zählt für die Zeit von 1300 bis zur Re-formation insgesamt 72 Frauen, deren Vor- und Nachnamen bekannt sind, davon gehörten 41 dem niederen Dienstadel an, 26 kamen aus stadtbürgerlichen, zum Teil geadelten Fa-milien, und 5 stammten aus grossbäuerlichen Familien. In der Zeit vom 14. bis 16. Jahrhundert zählte der Konvent nie mehr als 6 bis 8 Frauen, bedingt unter anderem auch durch die wirtschaftliche Kraft des Klosters Hermetschwil, die nur eine beschränkte Anzahl von Pfründenbezügerinnen erlaub-te, da das Kloster seinen ursprünglichen Grund- und Güter-besitz nur wenig zu vergrössern vermochte.138 Auch wenn die Hermetschwilerinnen mit dem Beginn des 14. Jahrhunderts in der Wirtschaftsführung eine gewisse Selb-ständigkeit erlangt hatten, blieben sie weiterhin der Aufsicht des Abtes von Muri unterstellt. Abt Georg Russinger (1410–1439[?]) hat, wie einem Schreiben des Bischofs von Konstanz vom 10. August 1428 zu entnehmen ist, die geistliche Obhut über die Frauen von Hermetschwil, die dem Abt von Muri im 13. Jahrhundert vom Bischof von Konstanz übertragen worden war, wieder in die Hände des Bischofs zurückgege-ben und zwar «von wegen etlicher gwüßer übertretungen unzüchtigs lebens halben derselbigen.» Der Bischof fordert jedoch Abt Georg auf, diese Aufgabe weiterhin zu versehen: «Derohalben wir ein gut vertruwen zu diner reinen andacht und zu diner erkanntnus clösterliches lebens gefasset, vor-derent an dich mit ermanung und legent dir ußdruckenlich uff …, das du die burde der abgelegten und resignierten sorg

Die Initiale zu Beginn der Lesungen zum 6. Dezember zeigt den hei­ligen Nikolaus im Bischofsornat; Nikolaus war Patron des Klosters Hermetschwil. Sarnen, Cod. membr. 6, 7ra.

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31vorgemelter geistlichen frouwen, nach vermög bischofflicher satzungen und ordnungen seliger gedechtnus Eberhards … die regierung und verwaltung derselbigen frowen also zusa-men fassest und widerumb annemist.»139 Am 16. Oktober des gleichen Jahres wendet sich der Konstanzer Bischof auch an Meisterin und Konvent von Hermetschwil und ermahnt sie, sich des verdächtigen Umgangs mit Priestern und Laien zu enthalten und gestreng nach den von Bischof Eberhard erlassenen Statuten zu leben.140 Die Einhaltung der Klausur, in Frauenklöstern eine zentrale monastische Forderung, führ-te in Hermetschwil insbesondere im 15. Jahrhundert immer wieder zu Interventionen kirchlicher wie weltlicher Instan-zen. Die Meisterinnen von Hermetschwil und ihr Konvent haben im Bereich der Klosterwirtschaft im gleichen Jahr-hundert Beachtliches geleistet und sich ebenso intensiv wie erfolgreich mit der Verwaltung des Grund- und Güterbesit-zes befasst;141 dies verlangte jedoch auch einen regen Kon-takt der Frauen mit den Amtsträgern und Lehenleuten und war mit den Forderungen nach einer strengen Klausur nur schwer zu vereinbaren.142

Bei ihrer Verlegung von Muri nach Hermetschwil haben die Frauen des ehemaligen Doppelkonventes eine Reihe von Handschriften in ihr neues Kloster verbracht, unter diesen sicherlich Teile des Kapiteloffiziumsbuchs von Hermetschwil (AA/4530), das erst im 17. Jahrhundert, als das Buch mit einem neuen Einband versehen wurde,143 die heutige Ord-nung der Texte erhielt. Die im 13. Jahrhundert als Necrolo-gium angelegten S. 25–46 des heutigen Codex wurden im 14. und 15. Jahrhundert in Hermetschwil zur Verzeichnung von Jahrzeiten und Zinsen verwendet; auf S. 42f. findet sich auch eine Notiz des 15. Jahrhunderts zum ehemaligen Dop-pelkonvent: «Das man mug eigenlich wissen dz ze Mure klos-ter frowen syent gewesen sol man merken in einem brief fin-det man in dem kasten und facht der brief also an: Wir die meisterin und co[n]vent gemeinlich der frowen des gotzhus ze Mure …» Der so genannte ‚Comes’ (Cod. membr. 6, zwei-te Hälfte des 12. / Anfang des 13. Jahrhunderts), ein Lek-tionar, gehört ebenfalls zu den frühen Buchbeständen von Hermetschwil, sofern man dem Eintrag des 17. Jahrhunderts 1v Glauben schenkt: «Diß ist ein Chor Buoch wie zu alt und

Der heilige Mauritius als Ritter mit Kettenpanzer, Waffenrock und Topfhelm, Lanze und Schild; Initiale zu Beginn der Lesungen zum 22. September. Sarnen, Cod. membr. 6, 213rb.

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32 ersten Zeiten uff dem buldt [Pult] gebrucht und die leserin daruß die lectiones, capitula, etc. darruß gelesen». Fragmente wohl dieser Handschrift wurden in Hermetschwil vom 17. bis 19. Jahrhundert für das Einbinden von Archivalien ver-wendet.144 Weiter befanden sich im 17. Jahrhundert nach den Angaben des Hermetschwiler Bücherverzeichnisses von 1697 die beiden Psalter Cod. membr. 19 und 20 aus dem 12. Jahrhundert in Hermetschwil, doch ist nicht klar, ob sie sozusagen zur Grundausstattung der Hermetschwilerinnen gezählt werden dürfen, oder zu einem späteren Zeitpunkt von Muri in ihr Kloster gelangten.

Das Brevier Cod. chart. 150 wurde von Heinrich Schlosser, Leut­priester in Zufikon geschrieben. Er vollendete sein Werk am Vormit­tag des 4. Augusts 1491. Sarnen, Cod. chart. 150, 494v.

Von den spätmittelalterlichen liturgischen Handschriften in Hermetschwil sind vor allem zwei zu erwähnen:Das Rituale Cod. membr. 15 aus dem 15. Jahrhundert weist durch seine Benutzerspuren und durch Textergänzungen aus dem 15. und 16. Jahrhundert auf seinen Gebrauch im Kloster Hermetschwil hin: Das Buch war für ein Männer-kloster mit Martinspatrozinium, möglicherweise für Muri geschrieben. In Hermetschwil wurden gewisse Segnungen so verändert, dass sie sich für eine Gemeinschaft von Frau-en eigneten; so wurde beispielsweise die Wendung «Er hat deine Söhne gesegnet» (benedixit filios tuos) in «Er hat dei-

Die Marginalien ‚stuba’ wurden im Kloster Hermetschwil bei den Segnungen für die Klosterräumlichkeiten im Rituale aus dem 15. Jahrhundert hinzugefügt. Sarnen, Cod. membr. 15, 46v.

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33ne Töchter gesegnet» (benedixit filias tuas) korrigiert. Diese Korrekturen erfolgten in dem Teil über die Segnungen der Klosterräumlichkeiten, der auch durch die Spuren von Ker-zentropfen beweist, dass er von den Hermetschwilerinnen in-tensiv benutzt wurde.145 Zu den Räumen des Klosters selbst sind nur zwei Marginalien beigefügt: Die Überschrift ‚In ca-pitulo’ (Im Kapitelsaal) wurde durch stuba, die nachgetrage-ne Überschrift ‚Ubi infirmi iacent’ (Wo die Kranken liegen) durch chust (Ofen) ergänzt146 – zum baulichen Zustand des Klosters Hermetschwil insgesamt ist hier jedoch keine Nach-richt zu gewinnen.Das Brevier (zit buch) Cod. chart. 150, im Jahr 1491 von «Heinrico Schlosser in der selben zit lütpriester ze Zufficon»147 geschrieben, enthält ein Hermetschwiler Kalendar, es ver-zeichnet die Kirchweihe am 27. August (Kilchwiche disß g. h.). Der Codex wurde, so vermerkt es eine Hermetschwiler Schrei-berin auf Ir, vom Murenser Abt Hieronymus Frey (1564–1585)148 bei seinen Besuchen in Hermetschwil verwendet, sie habe das persönlich 1584 und 1585 gesehen; daher hätten die Frauen es denn auch deß herren buoch genannt.Im 15. Jahrhundert entstand in Hermetschwil allmählich eine kleine Büchersammlung mit erbaulich-didaktischen Texten: Die Meisterin Agnes Trüllery (1429–1460)149 war eine tatkräftige Frau, die insbesondere auch in wirtschaftli-chen Belangen erfolgreich wirkte. Unter anderem klärte sie mit dem Abt von Muri die Besitzverhältnisse in Aristau und liess sich vom eidgenössischen Landvogt die alten Rechte ih-res Klosters bestätigen.150 Ordnend und klärend wirkte auch das ihrer Zeit angehörende Jahrzeitbuch von Hermetschwil (AA/4533), das zwar nicht in Hermetschwil angelegt, dort aber bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts in Gebrauch war. 1456 schrieb Jakob Strub die Handschrift Cod. chart. 169 mit dem so genannten St. Georgener Prediger, eine Samm-lung von unterschiedlich gestalteten Texten, teils Predigten, teils Traktaten, die für die Lesungen in einem Nonnenklos-ter bestimmt ist und der cura monialium, der Seelsorge der Nonnen, dient. Strub widmet seine Abschrift «der erwirdigen gaistlich frowen frow Angnesen Trullerein Maisterin ze Her-manschwil, miner aller liebsten frowen und lieben basen».151 Im Bücherverzeichnis von Hermetschwil 1697 finden sich eine Reihe von inhaltlich vergleichbaren Handschriften aus dem 15. Jahrhundert, wie die deutschen ‚Vitas patrum’ (Le-ben der Väter, Cod. chart. 57 von 1451), das Plenar Cod. chart. 27 (um 1400), in dem auf die jeweils lateinischen Initi-

en eine deutsche Predigt folgt, und, mit gewissen Einschrän-kungen bei der Identifikation, die ebenfalls deutsche ‚Histo-ria trium regum’ (Geschichte der Heiligen Drei Könige) des Johannes von Hildesheim, doch bleibt ungewiss, wann diese Werke in die Hermetschwiler Bibliothek gelangt sind. Im di-daktisch-kirchenrechtlich ausgerichteten ‚Belial’ (Cod. chart. 13 von 1461), gleichfalls in deutscher Sprache und im Her-metschwiler Bücherverzeichnis 1697 als «Beleall der rechten No I» aufgeführt, finden sich jedoch Hinweise darauf, dass sich die Handschrift bereits im 15./16. Jahrhundert in den Freien Ämtern befand.

Das Jahrzeitbuch des Klosters Hermetschwil wurde um 1700 mit Namen aus dem Necrologium von Hermetschwil ergänzt. Staats­archiv Aargau, AA/4533, 11r.

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34 Zwei Meisterinnen von Hermetschwil, Veronika von Hett-lingen (1498–1507) und Anna Segesser von Brunegg (1513–1521)152 sind im Plenar Cod. chart. 28 (um 1420) vermutlich als Besitzerinnen eingetragen. Die Handschrift, eine Schen-kung von 1430 des Priesters und Kirchherrn von Zufikon, Götz Vasnacht,153 enthält deutsche Epistel- und Evangelienle-sungen, an die sich eine deutsche Fassung der Vita des heiligen Benedikt anschliesst. Der Codex ist beschädigt, es fehlen La-gen, einzelne Blätter sind herausgeschnitten, andere herausge-rissen. Der Zustand der Handschrift ist den Hermetschwile-rinnen nicht verborgen geblieben, schrieb doch eine Hand

des 17. Jahrhunderts auf ein in den vorderen Spiegel geklebtes Blatt «Mann vermeint diß buch sye in dem abfahl also ver-schniten und verderbt worden.» Die Meisterin Veronika von Hettlingen ist auch Besitzerin des deutschen Evangelistars, das 1432 in Winterthur von Johannes Molitor geschrieben worden war (Cod. chart. 84), sowie des Gebetbuches Cod. chart. 191, das neben Gebeten einen Auszug aus dem Eucha-ristietraktat des Franziskaners Marquard von Lindau enthält. Dieser Text erscheint in dieser und ähnlicher Form, bald etwas länger, bald gekürzt, auffallend häufig in den Gebetbüchern des 15. Jahrhunderts aus Muri und Hermetschwil.154

Der Schreiber Jakob Strub aus Aarau, Kaplan in Schänis, widmet seine Handschrift mit dem St. Georgener Prediger seiner ‚lieben Base’ Agnes Trüllery. Sarnen, Cod. chart. 169, 278v.

1454 schrieb die spätere Meisterin Sophie Schwarzmurer die Hand­schrift mit dem erbaulichen Werk Ottos von Passau ‚Die vierund­zwanzig Alten’. Staatsarchiv Aargau, Dep. 0011 Q 1, 279v.

Einleitung

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35Eine eigene Schreibtätigkeit lässt sich für Hermetschwil im 13. Jahrhundert nicht nachweisen. Zu Beginn des 14. Jahr-hunderts setzt zwar mit der wirtschaftlichen Eigenständigkeit der Frauen die Niederschrift von Urbaren ein: nach 1312 das so genannte Urbar I (AA/4531)155, dann diejenigen von 1382, 1426 und 1457 (AA/4532). Ob diese die Klosterwirt-schaft betreffenden Dokumente auch von den Frauen selbst geschrieben wurden, müsste im Einzelfall geklärt werden und liesse sich nur dann nachweisen, wenn sich die Schreiberin im betreffenden Dokument selbst nennen würde, denn pa-läographische Merkmale von männlichen oder weiblichen Schriften bleiben spekulativ. Zu den Hermetschwiler Be-ständen gehören jedoch zwei Handschriften, von denen die Schreiberinnen bekannt sind: Die Meisterin Sophie Schwarzmurer (1463–1486)156 aus dem angesehenen Zürcher Ratsherrengeschlecht der Schwarzmu-rer schrieb 1454, also noch als Chorfrau, den Codex Dep.

0011 Q 1 mit dem Werk ‚Die vierundzwanzig Alten’ von Otto von Passau. Sie nennt sich im Kolophon, datiert ihr Werk und weist darauf hin, dass das Buch auf ihre Kosten fertig gemacht wurde, also mit einem Einband versehen. Abschliessend verfügt sie, dass nach ihrem Tod das Buch in das Eigentum der Frauen von Hermetschwil übergehen soll: «Hie hat dis buch ein end, got uns den ewigen v[r]id send. Crastina Ambrosii [= 5. April] anno mccccliiii und ist dis buch durch die ersamen und geistlichen frowen fro Sophy-en Swartzmurerin closterfrow ze Hermanschwil geschriben und gemachet und ist in irem kosten volb[rach]t und wenn si nit me in leben ist, darvor got lang sy, so sol es gemeinen

Die vielfach beschädigte und zerschnittene Handschrift Sarnen, Cod. chart. 28 war ein Geschenk des Priesters und Kirchenherrn in Zufikon Götz Vasnacht, der sie 1430 ‚minen fröwen von Hermants­wil’ übergab und verfügte, dass sie nicht verkauft werden dürfe.

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36 frowen ze Hermanschwil beliben, die sond ouch gott für si bitten.»157 Die zweite namentlich bekannte Schreiberin ist Barbara Grünenbächin unbekannter Herkunft und nicht als Hermetschwiler Chorfrau belegt,158 sie schrieb 1495 einen Passionstraktat (Cod. chart. 124) und bittet im Kolophon um ein Ave Maria.Das Spätmittelalter war in den Klöstern Muri und Her-metschwil geprägt durch das Pfründensystem, das die ein-zelnen Konventualen und Konventualinnen direkt an den Einnahmen des Klosters beteiligte und ihnen einen persön-lichen Anteil an diesen sicherte; ergänzt wurden die klös-

terlichen Pfründen durch private Einkünfte. Wie weit diese Entwicklung eine Antwort auf das veränderte wirtschaftliche Umfeld war, kann hier nicht untersucht werden, sie brach-te es jedoch mit sich, dass kollektive klösterliche Aufgaben, wie beispielsweise das Führen einer Schule, die kontinuierli-che Arbeit eines Skriptoriums oder die Pflege und Vergrös-serung des Bücherbestandes in den Hintergrund traten. Dies schon auf Grund einer geringen Personaldecke, waren doch die spätmittelalterlichen Konvente klein, entsprechend der Anzahl der zur Verfügung stehenden Pfründen. Muri wurde zudem gebeutelt von Bränden und Kriegswirren, von denen Hermetschwil, wie es scheint, verschont geblieben ist. Da-her mochte sich in Hermetschwil eine kleine Büchersamm-lung halten, die auch um einige wenige neue Codices erwei-tert wurde, während in Muri hauptsächlich der Verlust alter Buchbestände zu beklagen ist.

4. Katholische Reform und Barockzeit

4.1 Kloster Muri

In der Zeit um 1500 setzte im Kloster Muri ein lang andau-ernder Aufschwung ein, der dazu führte, dass Muri im 17. und 18. Jahrhundert zu einem der führenden Schweizer Be-nediktinerklöster wurde. Bereits unter Abt Johannes Hag-nauer (1480–1500)159 konnte sich das Kloster zusätzliche Einkünfte sichern; die Zahl der Konventualen verdoppel-te sich von fünf auf zehn. Abt Johannes Feierabend (1500–1508)160 erlangte von Papst Julius II. die Verleihung der Pon-tifikalien für sich und für seine Nachfolger. Abt Laurentius von Heidegg (1508–1549)161 pflegte als humanistisch aufge-schlossener Prälat in den ersten Regierungsjahren enge Bezie-hungen zur gehobenen Gesellschaft der Stadt Zürich.Die Bibliothek profitierte nicht von diesem Aufschwung. Das Pfründensystem brachte es mit sich, dass die Konven-tualen ihre Bücher als privaten Besitz behandelten und sie verschenkten, verkauften oder vererbten. In den Inkunabeln, die durch den Katalog von Inge Dahm gut erschlossen sind, finden sich nur wenige Besitzeinträge von Konventualen vor der Mitte des 16. Jahrhunderts,162 ein weiterer Besitzeintrag steht in der Handschrift MsMurF 8, einem Evangelienkom-mentar aus dem 12. Jahrhundert: Der Prior Georg Fleckli ver-machte den Band, der möglicherweise zur hochmittelalterli-

Barbara Grünbächin schrieb 1494 die Handschrift mit einem Passionstraktat, eine Zusammenstellung aus den vier Evangelien, dem apokryphen Evangelium von Jacobus und Ps.­Aselm von Canterbury. Sarnen, Cod. chart. 124, 141v.

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chen Klosterbibliothek gehört hatte, dem Murenser Pfarrer Johannes Schornegg. Dieser trug den Besitzerwechsel in die Handschrift ein: «Liber iste successit mihi in hereditatem per venerabilem priorem Jeorgum Fläcklin in cenobio Murensi 1530. Joannes Schornegk.»163 Von einem Bibliotheksraum haben sich für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts bisher keine Spuren finden lassen. Dies bedeutet nicht, dass im Kloster keine mittelalterlichen Hand-schriften vorhanden waren. Die liturgischen Handschriften hatten ihren Platz in der Sakristei, die historischen vermutlich im Archiv. Für die historischen Handschriften zeigte als erster Forscher Jakob Mennel,164 Hofhistoriograph Kaiser Maximi-lians, grosses Interesse. Bei seinen Forschungen nach den Vor-fahren des Kaisers besuchte er Muri und benutzte ein altes, heute verlorenes Necrologium, die ‚Acta Murensia’ und das «Cronicon antiquissimi monasterii S. Martini in Mury»,165 mit dem er die Weltchronik Cod. membr. 10 meinte, die auf dem letzten Blatt Notizen zur Geschichte des Klosters Muri aus dem 14. und 15. Jahrhundert enthielt.166 Aus der Weltchronik kannte er die Übertragung des Bischofsitzes von Windisch nach Konstanz,167 aus den ‚Acta’ die Genealogie der Habsburger von Kanzelin, den er irrtümlich «Banczelin» nannte, bis zu König Rudolf I.168 Aegidius Tschudi besuchte das Archiv des Klosters in der 1530er-Jahren, benutzte eben-falls die Weltchronik und die ‚Acta Murensia’, liess diese ko-

pieren, vermittelte den Text an die Historiker am Oberrhein und in Zürich169 und verfasste in enger, teilweise wörtlicher Anlehnung an die ‚Acta Murensia’ eine Klosterchronik mit dem Titel ‚Gesta ac fundatio Murensis coenobii’.170

Liturgische Bücher wurden im 16. Jahrhundert weiterhin auf Pergament geschrieben. Abt Johannes Feierabend liess sich,

Die Notizen aus dem 14. Jahrhundert im Chronicon Murense (um 1175) berichten von der Übertragung des Bischofsitzes von Windisch nach Konstanz unter König Dagobert. Sarnen, Cod. membr. 10, 29v.

Besitzvermerk des Johannes Schornegg im Evangelienkommentar aus dem 12. Jahrhundert, der möglicherweise aus der hochmittel­alterlichen Klosterbibliothek stammt. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurF 8, 207v.

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38 nachdem er 1507 das Recht erworben hatte, die Pontifikalien, Gewänder und Insignien des Bischofs, zu tragen, ein Ponti-fikale mit liturgischen Texten für das bischöfliche Hochamt und andere Feiern herstellen (MsMurF 3). Historisierte Ini-tialen, dekorierte Ränder und die Eingangsseite mit Stifter-bild zeigen den gestiegenen Anspruch an die Buchausstattung nach der Rangerhöhung. Der Schreiber des Pontifikales, Jer-ge Schenk, arbeitete einige Jahre später auch für den Nach-folger Johann Feierabends, Abt Laurentius von Heidegg, für den er 1513 ein handliches Brevier schrieb und in gleicher Weise ausschmückte (Cod. membr. 44). Die Reformation unterbrach die erfolgreiche Entwicklung für einige Jahre. Zwei Mönche traten aus dem Konvent aus. Abt Laurentius von Heidegg verteidigte mit acht Konventualen den alten Glauben und die Interessen des Klosters mit diplo-matischem Geschick. Im Zweiten Kappeler Krieg lag das Klos-ter mitten im Kriegsgebiet; der Abt floh vor den anrückenden Berner Truppen nach Luzern. Die Berner besetzten am 16. Oktober 1531 das Kloster und verwüsteten die Einrichtung, besonders die gesamte Ausstattung der Kirche: die Altäre, die Bilder, die Glasfenster und die liturgischen Bücher. Nach der Klostertradition zerstörten die Berner Truppen die meisten Chorbücher, indem sie diese mit den Schwertern durch stachen oder zerfetzten; das Jahrzeitbuch verbrannten sie.171 Nach dem Sieg der Innerschweizer bei Kappel kehrte der Abt nach Muri zurück, erneuerte die Ausstattung der Kirche und den Kreuz-gang. Die Neuweihe der Altäre wurde am alten Kirchweihtag, dem 11. Oktober 1532, und am folgenden Tag vorgenom-men.172 1532 kaufte der Abt von der Abtei Säckingen ein zwei-bändiges Graduale aus dem Ende des 15. oder dem Anfang des 16. Jahrhunderts mit einem reichen Repertoire an Hymnen, darunter einige selten überlieferte (MsMurFm 4 und 5). Die grossen Fleuronné-Initialen zu Beginn der beiden Bände liess er übermalen und mit der Inful und dem Abtstab, mit seinem Wappen und demjenigen des Klosters versehen. 1535/36 löste ein neues, dreibändiges, eigens für Muri hergestelltes Graduale das gekaufte ab. Abt Laurentius von Heidegg verpflichtete für

Erste Seite des Pontifikales des Abtes Johannes Feierabend von 1508 mit den Benediktionen zur Weihnachtszeit. Aargauer Kantons­bibliothek, MsMurF 3, 1r.

Abt Laurentius von Heidegg kaufte 1532 das Graduale für das Kloster Muri; auf die erste Seite liess er eine neue Initiale malen. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurFm 4, 1r.

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39den Buchschmuck einen namentlich nicht bekannten eigen-willigen Buchmaler – Alfred Schmid nannte ihn ‚Meister des Laurenz von Heidegg’173 –, der das Abtwappen in den ersten Initialen sowie die grossen Zierinitialen malte, von denen ei-nige figurierte Innenbilder aufweisen. Abt Johann Christoph von Grüth (1549–1564)174 gab zwei Jahre nach seiner Wahl ein zusätzliches Chorbuch in Auf-trag.175 Dazu stellte er Claudio Rofferio ein, einen Schreiber und Buchmaler aus dem Aostatal, den er anschliessend mit weiteren Arbeiten betraute. Für ein von ihm erworbenes fran-zösisches Stundenbuch mit Miniaturen (Cod. membr. 34) liess der Abt auf einem eingesetzten Einzelblatt sein Wappen und das Spruchband «Iohannes Christoforus Gruth dei gra-tia abbas in Muri, 1551» durch Rofferio gestalten.176 Danach

stellte dieser ein Stundenbuch für den persönlichen Gebrauch des Abtes her.177 Ebenfalls dem persönlichen Gebrauch dien-te ein Murenser Kalendar aus dem späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert (MsMurQ 2), in das von Grüth die wich-tigsten Daten seiner geistlichen Laufbahn eintrug: Kloster-eintritt, Profess, Primiz, Abtwahl usw. Auch die zwei nach-folgenden Äbte notierten die wichtigsten Stationen ihres monastischen Werdegangs im Kalendar. Ein Psalter mit Auf-zeichnungen Johann Christoph von Grüths über wichtige Personen der Frühgeschichte des Klosters und ihre Gräber ist

Livre d’heures aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Das Blatt mit den Wappen liess Abt Johann Christoph von Grüth 1551 als neuer Besitzer einsetzen. Sarnen, Cod. membr. 34, 20v/21r.

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40 verschollen.178 1553 erwarb der Abt eine Handschrift mit den Sermones des Jacobus de Voragine (MsMurF 5), 1563 eine repräsentative Bilderhandschrift des Speculum humanae salvationis (Cod. membr. 8), liess sie neu einbinden und auf dem Vorderdeckel seine Initialen anbringen. Diese Erwer-bung diente wohl weniger der Erbauung als der künstleri-schen Ausstattung des Klosters, die Johann Christoph von Grüth auch durch die von ihm angeregten Stiftungen von Glasgemälden im Kreuzgang förderte.179

Seit Anfang des 16. Jahrhunderts ist in Muri eine kleine Klosterschule bezeugt; 1599 zählte sie 10 Schüler. Einzelne Schüler blieben als Mönche im Kloster.180 Seit der Mitte des Jahrhunderts kennt man einige Namen aus Notizen in ihren Büchern, 181 z. B. Rudolf Gwicht, später Abt von Engelberg, der ein handschriftliches Missale von 1483 mit einem franzis-

kanischen Kalendar (MsMurQ 6) besass, in das er seinen Ein-tritt ins Kloster im Jahr 1549 notierte. Für die Schule und den Konvent richtete Abt Hieronymus Frey (1564–1584)182 nach dem Bericht des Klosterchronisten Anselm Weissenbach die Bibliothek neu ein.183 Private Bücher von Konventualen gin-gen in den Besitz des Klosters über, z. B. eine Inkunabel, die Leodegar Brandenberg (†1570) gehört hatte: «Pertinet nunc coenobio Mury 1571.»184 Auch Abt Hieronymus Frey über-trug seine Bücher dem Kloster; bekannt sind 23 mit seinem Besitzvermerk versehene Bände.185 Nach der Reformation wurde das Kloster Muri «zum Haupt-

Das Speculum humanae salvationis stellt in Bild und Text heilsge­schichtliche Bezüge zwischen dem Neuen und dem Alten Testament her. Sarnen, Cod. membr. 8, 22va–23rb.

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41pfeiler für die katholische Religionspolitik der Inneren Orte im Untertanengebiet der Freien Ämter».186 Es förderte die Rekatholisierung und war eine verlässliche Stütze in diesem Gebiet, das an die Untertanengebiete der reformierten Ber-ner und Zürcher grenzte. Die Inneren Orte unterstützten die Einrichtung einer geordneten Verwaltung und die Erneue-rung der Urbare in der Regierungszeit von Abt Hieronymus Frey, was die wirtschaftliche Grundlage des Klosters festigte. Gegen eine Schmälerung ihres Anteils an den Einkünften des Klosters wie auch gegen die Einführung der Klausur setzten sich die Konventualen lange erfolgreich zur Wehr;187 die Tag-satzung musste sich mehrfach mit Klagen über «Zuchtlosig-keit … und üppiges Leben» der Konventualen befassen.188 Abt Johann Jodok Singisen (1596–1644)189 schaffte die persönlichen Einkünfte der Konventualen ab, führte den

gemeinsamen Tisch ein und setzte die Klausur durch. Bald herrschte «ein wohlgeordnetes Klosterleben nach den Vor-schriften des Trienter Konzils, und es entstand ein wachsen-der, einsatzfähiger Reformkonvent,»190 der bis 1650 auf 28 Mitglieder anstieg. Die Mönche stammten mehrheitlich aus dem kleinstädtischen Bürgertum oder dem Patriziat der ka-tholischen Orte. Singisen legte Wert auf eine gute Ausbil-dung, baute die Klosterschule aus; bis 1629 schickte er 23 Mönche zum Studium an die Hochschule in Dillingen.191 Auch die Bibliothek wurde ausgebaut. Sie erhielt 1609 über der Vorhalle der Kirche einen neuen Raum.192 Der Kalli-graph und Buchmaler Johann Kaspar Winterlin bildete den Bau 1617 in einer Initiale ab.193 Die Fenster auf der West- und der Nordseite lassen einen hellen Bibliotheksraum ver-muten. Der Abt kaufte neben Neuerscheinungen auch alte

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42 Bücher;194 er richtete eine Klosterbuchbinderei ein, in der man neu geschnittene Einbandstempel verwendete: Einzel-stempel mit den Wappen des Abtes, des Konvents oder beider zusammen, mit Benedikt, Martin oder Maria und eine Stem-pelrolle mit vier Wappen, der gezackten Mauer des Klosters und der gekrönten Schlange des Konvents sowie dem steigen-den Löwen des Stiftergeschlechts der Habsburger und dem Bindenschild der österreichischen Herzöge.195 Einige mittel-alterliche Handschriften erhielten neue Einbände mit diesen Stempeln (Cod. membr. 17, MsMurFm 4 und 5). Abt Johann Jodok Singisen vergrösserte die Handschriften-

sammlung beträchtlich. Ein ‚Martinellus’, eine Sammlung von Berichten über das Leben und Wirken des Klosterpa-trons Martin von Tours (Cod. membr. 17 aus dem 14. Jahr-hundert), trägt ein Supralibros mit dem Wappen des Abtes; ein ursprünglich für ein Benediktinerinnenkloster zusam-mengestelltes Kapiteloffiziumsbuch (11. bis 13. Jahrhun-dert) mit ganzseitigen Miniaturen von Maria und Benedikt

Die Initiale zur Kirchweihe im Antiphonar von 1617 zeigt die Klos­teranlage mit der neu errichteten Bibliothek über der Vorhalle der Kirche. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurFm 2, 125r.

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43wurde in Muri neu eingebunden;196 eine Pariser Bibel aus dem 13. Jahrhundert (Cod. membr. 16) und ein auf 1469 datiertes Brevier (Cod. chart. 149) sind um 1630 erstmals bezeugt.197 Weitere Erwerbungen fallen wahrscheinlich in seine Regierungszeit.198 Das Interesse an den Inhalten der mittelalterlichen Handschriften war aber gering. Einzig die ‚Acta Murensia’ (AA/4947) fanden als Quelle für die aus po-litischen Gründen umstrittene Genealogie der Habsburger grosse Beachtung. Der französische Universalgelehrte Ni-colas-Claude Fabri de Peiresc beschaffte sich von verschie-denen Gewährsleuten Abschriften und gab den Text unter dem Titel ‚Origines Murensis Monasterii’ 1618 heraus.199 Zahlreiche Nachdrucke belegen das grosse Interesse an die-ser historischen Quelle.200 Das Kloster pflegte seinerseits das Andenken an die Stifterfamilie. Der Kalligraph, Zeichner und Buchmaler Johann Kaspar Winterlin versah den Kup-ferstich mit der Darstellung der Klosteranlage von 1615 mit der Überschrift: «Monasterium Muri, quod fundatum est a Rathboto comite de Habsburg, et Ita de Lotharingia eius coniuge anno M.XXVI.»201 Als die Konventualen Augustin Stöcklin und Dominikus Tschudi, die später als Äbte den Klöstern von Disentis und von Muri vorstanden, um 1630 das Archiv ordneten, richteten sie ihr Augenmerk besonders auf die Quellen zur Geschichte des Hauses Habsburg. Au-gustin Stöcklin legte grosse Kollektaneen an mit Exzerpten aus Dokumenten, mittelalterlichen Handschriften, Grab-inschriften, Wappenmalereien und anderen Quellen;202 sie dienten ihm als Grundlage für ein neues Totenbuch, in wel-chem er die Äbte und Mönche von Muri, die Meisterinnen von Hermetschwil und die Wohltäter des Klosters verzeich-nete.203 Die Habsburger wurden – soweit bekannt – mit ihrer Begräbnisstätte aufgeführt. Abt Dominikus Tschudi (1644–1654)204 publizierte 1651 die Abhandlung ‚Origo et genealogia gloriosissimorum comitum de Habsburg’, in der er neben den ‚Acta Murensia’ auch das ‚Chronicon Murense’ (Cod. membr. 10) benutzte.205

Die zwei Jahrhunderte von Abt Johann Jodok Singisen bis zur Französischen Revolution bilden die eigentliche Blüte-zeit des Klosters. Muri gehörte 1602 zu den Gründern der

Die Bibel mit dem gesamten Text des Alten und Neuen Testaments wurde 1276 in der Pariser Werkstatt des Johannes Grusch herge­stellt. Um 1630 gehörte sie dem Kloster Muri. Sarnen, Cod. membr. 16, 193v.

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44 hatten; im 18. Jahrhundert fand die Ausbildung vorwiegend in Muri statt, was zu einem bewussten Ausbau der vor allem theologisch, aber auch juristisch und historisch ausgerichte-ten Bibliothek führte. 1683 bereiste der Benediktiner Jean Mabillon im Auftrag des französischen Ministers Jean-Baptiste Colbert Deutsch-land und die Schweiz, um in Archiven und Bibliotheken nach Quellen zur Kirchengeschichte und zur Geschichte Frankreichs zu suchen. Im Kloster Muri studierte er die ‚Acta Murensia’, das ‚Chronicon Murense’ («codex pervetustus», Cod. membr. 10) und das hochmittelalterliche, für ein Be-nediktinerinnenkloster zusammengestellte Kapiteloffiziums-buch.208 Spätere Besucher (Augustin Calmet, 1748; Martin

Das Kloster Muri erwarb die Herrschaft Glatt im Neckartal 1706. Das Missale der Kirche Glatt (zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts) wurde vor 1790 nach Muri gebracht. Sarnen, Cod. membr. 7, 60v.

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Schweizerischen Benediktinerkongregation.206 Die klöster-liche Ökonomie erwirtschaftete Überschüsse; mit der Hilfe der katholischen Orte kaufte das Kloster mehrere Thurgauer Herrschaften. 1701 wurde Abt Placidus Zurlauben (1684–1723)207 von Kaiser Leopold I. zum Reichsfürsten erhoben, worauf das Kloster im Südwesten Deutschlands zwischen Rottweil und Freudenstadt weitere Herrschaften erwarb. Die aus dem Mittelalter stammenden Klostergebäude wur-den in Etappen durch barocke Neubauten ersetzt. Der Kon-vent zählte 40 bis 50 Konventualen, die fast ausnahmslos die Klosterschule besucht und anschliessend die Ausbildung in Philosophie und Theologie an der Jesuitenuniversität in Dil-lingen an der Donau oder im eigenen Kloster abgeschlossen

Das Gedicht auf König Rudolf von Habsburg wurde im frühen 14. Jahrhundert in das Chronicon Murense eingetragen. Dominikus Tschudi gab es 1651 im Druck heraus. Sarnen, Cod. membr. 10, 9v.

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45Gerbert, 1760;209 Giuseppe Garampi, 1762;210 Philippe André Grandidier, 1784211) liessen sich die gleichen Hand-schriften zeigen, wobei die ‚Acta Murensia’ die stärkste Be-achtung fanden. Augustin Calmet beschrieb ausserdem das Sakramentar Cod. membr. 13 und eine gedruckte Bibel mit angeblich von Zwingli stammenden Marginalien,212 Frido-lin Kopp, von 1751–1757 Abt von Muri,213 veröffentlichte 1750 Gelegenheitsgedichte Konrads von Mure und Rudolfs von Liebegg über die Könige Rudolf I. und Albrecht I. von Habsburg aus Cod. membr. 10,214 Martin Gerbert edierte 1777 und 1779 das Necrologium und die Professformeln aus dem Kapiteloffiziumsbuch.215 Eine Übersicht über den gesamten Bestand der Klosterbibliothek gab Leodegar May-er in seinem zweibändigen ‚Catalogus alphabeticus librorum bibliothecae Murensis’ von 1742 und 1744, einem Arbeitsin-strument für Schule und Studium. Mayer erschloss den nach Fachgebieten geordneten Bestand der Druckschriften in ei-nem Standort-, einem Autoren- und einem Titelkatalog.216

Die Handschriften waren separat aufgestellt und wurden in der Einleitung in einem Kurzkatalog aufgelistet; Mayer be-schränkte sich bei den meisten Handschriften auf die Nen-nung des Autors oder des Werktitels.Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde ein Neubau der Klos-tergebäude in klassizistischem Stil mit einer grosszügigen Bi-bliothek geplant, 1788/89 begann man mit dem Bau.217 1790 untersuchte ein Konventuale die liturgischen Handschriften, ordnete sie und beschrieb sie auf einem losen Blatt. Die Be-schreibungen sind genauer als jene Leodegar Mayers von 1744 und geben zusätzlich zum Autor oder Werktitel Anga-ben über den Beschreibstoff, das Format, die Grösse oder den Umfang, den Schreiber sowie ein Initium oder andere Kenn-zeichen, nach denen sich die Handschriften identifizieren

Das Missale speciale vom Anfang des 15. Jahrhunderts wurde im Schwesternhaus Grünwald bei Jona am Zürichsee verwendet. Es ge­langte vor 1744 ins Kloster Muri. Sarnen, Cod. membr. 31, 40v/41r.

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46 lassen. Jeder Band ist mit einer Laufnummer versehen. Neu verzeichnet werden zwei Missale (Cod. membr. 7 und Cod. chart. 26), ein Brevier aus Italien (Cod. membr. 45), ein Stun-denbuch für ein franziskanisches Frauenkloster im bayeri-schen Sprachraum (Cod. membr. 64), eine Handschrift mit Offizien (Cod. membr. 59), eine weitere mit den vier Evan-gelien (Cod. chart. 82) sowie das deutsche Gebetbuch aus dem 12. Jahrhundert mit der berühmten Mariensequenz aus Muri (Cod. membr. 69). Nach dem Titel «Manuscripta quae asservantur in bibliotheca Murensi 1790» war ein vollständi-ges kommentiertes Handschriftenverzeichnis beabsichtigt; das erhaltene Blatt bricht mit der 49. Handschrift ab. Wäh-rend die gedruckten Bücher noch vor dem Ausbruch der hel-vetischen Revolution 1798 in die neuen Bibliotheksräume

überführt werden konnten, blieben die Handschriften in Schränken ausserhalb der Bibliothek aufgestellt.

4.2 Kloster Hermetschwil

Das Frauenkloster Hermetschwil überwand die wirtschaft-lichen und organisatorischen Schwierigkeiten des ausgehen-den Mittelalters langsamer als das Männerkloster Muri. In den Jahrzehnten vor der Reformation fehlte eine geordnete Wirtschaftsführung, Verkäufe einträglicher Einkünfte zeigen finanzielle Engpässe an.218 In der Reformationszeit fand die neue Lehre bei der Bevölkerung von Hermetschwil und bei der Mehrheit des kleinen Konvents Gehör, vier Konventu-alinnen traten aus, zwei blieben im Kloster zurück und ver-teidigten die monastische Lebensform. Der Sieg der Altgläu-bigen bei Kappel im Oktober 1531 und die nachfolgende Rekatholisierung der Freien Ämter bewahrten das Kloster vor der Auflösung. Erst 1542 ist eine dritte Konventualin be-zeugt; in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte der Konvent wieder fünf bis sieben Mitglieder.219 In der Reformationszeit änderte sich die Herkunft der Kon-ventualinnen. Früher hatten Frauen aus adligen und patri-zischen Familien der Ostschweizer Städte im Kloster domi-niert; nachdem diese Gebiete die Reformation angenommen hatten, traten Töchter aus regierenden und einflussreichen Familien der Inneren Orte, allen voran Luzerns, sowie der Städte Baden und Bremgarten und aus wohlhabenden Bau-ernfamilien der Freien Ämter ins Kloster Hermetschwil ein. Das hohe Eintrittsgeld brachte es mit sich, dass der Konvent reichen Frauen vorbehalten blieb und ärmere nur Laien-schwestern werden konnten. Die letzte Meisterin aus einer Zürcher Familie war Meliora von Grüth, die Schwester des Murenser Abtes Johann Chris-toph von Grüth. Ihr Vater, Stadtschreiber in Zürich und An-hänger des alten Glaubens, war Zwingli entgegen getreten und darauf mit seiner Familie nach Rapperswil emigriert. Fast alle Geschwister Melioras und Johann Christophs hatten die geistliche Laufbahn eingeschlagen: Eine der Schwestern war Äbtissin von Tänikon (Hinterthurgau), eine andere Kloster-frau in Frauenthal (Kanton Zug), ein Bruder Chorherr in Kreuzlingen und ein weiterer Mönch in Wettingen.220 Meli-ora von Grüth wurde vier Jahre nach der Abtwahl ihres Bru-ders Meisterin von Hermetschwil und leitete das Kloster von 1553 bis 1599.221 In ihrer langen Regierungszeit festigte sie

Das um 1490 für den Berner Patrizier Thomas Schöni und seine Gattin Jeanne d’Arbignon hergestellte Livre d’heures Sarnen, Cod. membr. 35 erhielt im späten 16. Jahrhundert einen neuen Einband.

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47die klösterliche Wirtschaft, verteidigte die alten lehenherrli-chen Rechte und vergrösserte den Eigenbetrieb, den sie selbst leitete und überwachte. Diese wirtschaftlichen Aktivitäten vertrugen sich schlecht mit der Durchsetzung der Klausur, die nach dem Konzil von Trient mit immer mehr Nachdruck gefordert wurde, weshalb Meisterin Meliora die Einführung der Klausur bis zu ihrem Tod verhinderte.222

Aus dem Mittelalter blieben in Hermetschwil mehr Hand-schriften erhalten als in Muri;223 in der frühen Neuzeit wur-de die Handschriftensammlung beträchtlich erweitert. Me-liora von Grüth liess sich nach ihrer Wahl zur Meisterin von Claudio Rofferio, der kurz zuvor für ihren Bruder gearbeitet hatte, zwei Bände mit den wichtigsten Offizien und Hym-nen abschreiben und ausschmücken; 1557 erhielt er den

Die Figur der Veronika mit den Schweisstuch ist eine Kopie eines Kupferstichs von Martin Schongauer. Die Wappen sind diejenigen der Familien Schöni und d’Arbignon. Sarnen, Cod. membr. 35, 73v.

Eine Initiale im Marienoffizium des Livre d’heures ist mit einem ungewöhnlichen Bildmotiv gestaltet: Sie enthält sieben Kürbisse an feinen Stielen mit runden Blättchen. Sarnen, Cod. membr. 35, 27r.

Page 48: Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster … · 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort und Dank 7 Einleitung 9 Charlotte Bretscher 1. Das Kloster Muri: Gründung und Reform

48 Auftrag für einen weiteren Band.224 In der Regierungszeit Meliora von Grüths erwarben auch die Konventualinnen liturgische Handschriften und Drucke sowie Gebetbücher. Jede besass ein pergamentenes Stundenbuch (‚Curs’) und ein Brevier, die meisten zusätzliche Psalter und Gebetbücher, in die sie ihre Namen eintrugen; einzelne wurden vererbt oder verschenkt und tragen mehrere Besitzeinträge.225 Die meis-ten Handschriften waren bis zur Reformation in den Städten Zürich, Schaffhausen und Basel in dominikanischen, bene-diktinischen und franziskanischen Klöstern verwendet wor-den. Die Priorin Meliora Muheim († 1630) legte eine klei-ne Sammlung von Handschriften und frühen Drucken an. Die Besitzeinträge zeigen, dass für sie nicht nur der Inhalt zählte, sondern auch die Erinnerung und das Andenken an frühere Besitzer und Besitzerinnen. So notierte sie in einem Sammelband aus einem gedruckten lateinischen ‚Hortulus

animae’ und einem handschriftlichen Anhang mit deutschen Gebeten, den sie von ihrer Tante erhalten hatte: «Anno 1582 ward ich Meliora Muchheimin von Uri von minen elltern in das gottßhus Münsterlingen gethan, daselbst hat mich glert miner muoter seligen schwester, frow Magdalena Franckin. In anno 1584 kam ich wider da dennen in dz gottshus Her-matschwyl, da bin ich noch. So lang gott will. Anno 1609» (A.5a.1). An ihren Vater erinnerte sie der erste Teil des ‚Com-pendium theologicae veritatis’ von Hugo Ripelin, verbunden mit einer Sammlung von vorwiegend geistlichen Meisterlie-dern: «Das buoch gehört Meliora Mucheim des convents in Hermetiswil, schenckte mirs min hertzlieber vatter Niclaus Mucheim landschriber zu Ury in anno 1589, war[d] im zu Müllhusen mit einem drunck.»226 Eine alte Handschrift mit Heinrich Seuses ‚Büchlein der ewigen Weisheit’ fand sie in Zürich bei einem Buchbinder: «Das büechlin ist Meliora

Der Psalter aus dem 14. Jahrhundert wurde bis zur Reformation im Zisterzienserinnenkloster Selnau bei Zürich gebraucht. Sarnen, Cod. membr. 40, 7r.

Der Marienpsalter, ein Rosenkranzgebet, 1515 im Basler Klarissen­kloster Gnadenthal geschrieben, diente im 17. Jahrhundert einer Gebetsgemeinschaft in Hermetschwil. Sarnen, Cod. membr. 65, 4r.

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49Muchheimin zu Hermotzwyle. Kaufft ichs von einem buoch-binder Zürich. Umb ein guoten guldin: Anno 1598» (MsBN 47). In einem mit aussergewöhnlich sorgfältigem Fleuronné gestalteten Marienpsalter ergänzte wahrscheinlich Meliora Muheim «die ordnung und meinung der bruoderschafft und schwösterschafft dises heiligen psalters», eine Anweisung für allmonatliche Gebete (Cod. membr. 65); ein deutsches Ge-betbuch ist von ihrer Hand geschrieben.227

Nach dem Tod der Meisterin Meliora von Grüth 1599 gelang es dem Abt von Muri, Johann Jodok Singisen, die Reform-anweisungen des Konzils von Trient auch in Hermetschwil durchzusetzen. Das Pfründensystem mit individuellen Bezü-gen wurde in den Statuten von 1603 abgeschafft, im Zentrum stand nun das auf der individuellen Besitzlosigkeit aufbau-ende gemeinsame Klosterleben. Auch der individuelle Bü-cherbesitz wurde aufgehoben, wie es die Benediktinerregel vorschreibt; Besitzeinträge von Konventualinnen hören im dritten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts auf.228 Die streng geregelte Lebensweise erhöhte das Ansehen des Klosters, senkte die Lebenshaltungskosten und ermöglichte

dadurch die Vergrösserung des Konvents auf das Drei- bis Vierfache. In den Jahren 1623–1625 liess die Meisterin Maria Küng (1615–1644)229 das den Anforderungen der Klausur angepasste neue Konventsgebäude erbauen. 1636 erhob der Papst auf Ersuchen von Maria Küng die Vorsteherin des Her-metschwiler Konvents in den Rang der Äbtissin, was den Abt von Muri veranlasste, seine Leitungs- und Kontrollbefugnis-se über das Frauenkloster ausdrücklich bestätigen zu lassen. Dank einer Reihe tüchtiger Äbtissinnen und dem Festhal-ten an der Reform bewahrte das Kloster seine wirtschaftliche Stärke und religiöse Ausstrahlung. Am Ende des 17. Jahrhun-derts verband die Äbtissin Anna Brunner (1688–1697)230 die Verteidigung alter Rechte mit historischen Studien. Sie erstellte eine neue Offnung mit den bereinigten Rechten in den Gerichts- und Grundherrschaften.231

Auch die Bibliothek wurde unter der Regierung von Anna

Die Priorin Meliora Muheim kaufte 1598 das ‚Büchlein der ewigen Weisheit’ des Dominikaners Heinrich Seuse bei einem Buchbinder in Zürich. Aargauer Kantonsbibliothek, MsBN 47, 5v/6r.

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50 Brunner neu geordnet und verzeichnet im «Register aller büo-cher so in der biblioteckh auff behalten werden. Auch deren so die gnädige Frauw behaltet. Anno 1697, 23. Februar.» In der Bibliothek standen rund 450 Bücher, die in drei Schrän-ken («genterlin») aufbewahrt wurden. Der erste Schrank ent-hielt Bibeln, Psalter, Breviere und andere liturgische Bücher, Offenbarungen weiblicher Heiliger, Predigtsammlungen so-wie Texte und Auslegungen der Benediktinerregel. Im zwei-ten Schrank standen Beichtbücher, Chroniken und Landes-beschreibungen, eine grosse Zahl von Heiligenleben, Bücher über Maria, die Rosenkranzbruderschaften, das Leiden Christi

und weitere erbauliche Schriften. Der dritte Schrank enthielt die «Religionsbücher» mit katechetischer und anderer lehrhaf-ter Literatur sowie Gebetbücher und einige lateinische Bände verschiedenen Inhalts. Die Papierhandschriften standen zwi-schen den Drucken, gelegentlich gekennzeichnet als «in alter schrifft» oder «geschriben». 34 Pergamenthandschriften wur-den vom übrigen Bestand getrennt und von der Äbtissin ver-wahrt. Die Katalogeinträge sind so kurz, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Handschriften identifiziert werden kann. Für das 18. Jahrhundert und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts fehlen Nachrichten über die Bibliothek in Hermetschwil.

5. Klosteraufhebung und Exil (19. Jahrhundert)

5.1 Das Ende der Fürstabtei Muri

Die Besetzung der Schweiz durch französische Truppen in den ersten Monaten des Jahres 1798 machte der äbtischen Herrschaft ein Ende, das Gebiet des Klosters wurden in den neu geschaffenen helvetischen Kanton Baden eingegliedert. Aarau wurde für kurze Zeit zur Hauptstadt der Helvetischen Republik; die helvetische Zentralregierung führte eine anti-klerikale Politik, übernahm die Kontrolle über die Klöster, konfiszierte ihre Vermögen und zog sie zur Deckung der Staatsausgaben bei. Am 8. September 1798 visitierte eine von der Regierung eingesetzte Kommission die Bibliotheken der grossen Män-nerkonvente Wettingen, Muri, St. Urban und Rheinau. Der Rapport stellte der Bibliothek von Muri ein gutes Zeugnis aus und lobte die inhaltliche Breite der wissenschaftlichen Literatur, stellte aber Verluste fest.232 Wegen des Neubaus der Bibliothek waren die zwei Manuskriptschränke in einer ehemaligen Zelle aufgestellt. Der eine Schrank enthielt «alte Gebettbücher und ähnliche Piecen, die aufs höchste [höchs-tens] wegen ihrer schönen Schrift merkwürdig sind,» der an-dere Helvetica aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert. Nur diese erachtete die Kommission für wichtig und erstellte eine vollständige Liste der 39 schweizergeschichtlichen Kodizes, während sie den mittelalterlichen Handschriften keine Be-achtung schenkte.233

Nach dem Rückzug der französischen Truppen und der Neuordnung der Schweiz durch die Mediationsakte vom 19. Februar 1803 erhielten die Aargauer Klöster ihre Ver-mögen zurück; der neu geschaffene Kanton Aargau behielt

Das Bücherverzeichnis des Klosters Hermetschwil von 1697 hält die Aufstellung der Bücher in der Bibliothek fest; Handschriften und Drucke waren in ihr nicht getrennt. Bibliothek des Klosters Her­metschwil.

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51sich aber die Aufsicht über die Klöster vor und verpflichtete die Konvente zu Beiträgen an die Schul- und Armenlasten. Diese Beiträge verlangte der Kanton auch nach der Restau-ration von 1815. Die Bauarbeiten an der neuen, repräsenta-tiven Bibliothek im Muri wurden nach der Revolutionszeit fortgesetzt und 1824 abgeschlossen; der Bibliotheksaal wurde mit Schränken, einer Galerie und Wendeltreppen ausgestat-tet.234 Die kleine Klosterschule wurde zwar ausgebaut, An-stösse zur Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung der Mönche scheiterten aber am Misstrauen gegen den «Revo-lutions-Krebs», wie ein Murenser Mönch die Auswirkungen der Aufklärung nannte.235

Die Handschriftenforschung erhielt durch die Gründung der ‚Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde’ als Herausgeberin der ‚Monumenta Germaniae Historica’ 1819 neue Impulse.236 Nach dem Erscheinen der Statuten traten Abt Ambrosius Bloch (1816–1838),237 der Statthalter sowie der Bibliothekar von Muri der neuen Gesellschaft bei.238 Zur Sichtung der Quellen unternahmen Mitarbeiter der Gesellschaft ausgedehnte Bibliotheksreisen; in der Schweiz erforschten Karl Georg Dümge und Franz Joseph Mone im Spätsommer 1819 die Handschriftensammlungen der gros-sen Bibliotheken. In Muri waren Dümge und Mone beein-druckt von der reichen Ausstattung der Bibliothek. «Diese gehört in jeder Hinsicht zu den prächtigsten und nach St. Gallen bietet es ihr [sic] wohl keine in der Schweiz an Zahl

und Werthe historischen Handschriften.»239 Sie beschrieben das ‚Chronicon Murense’, die ‚Acta Murensia’ und das Ne-crologium von Niedermünster im Kapiteloffiziumsbuch.240 Wenige Jahre später fand der Germanist Eberhard Gottlieb Graff auf einer Bibliotheksreise durch die Schweiz die alt-deutschen Gebete und die Mariensequenz «Ave vil liehtu maris stella …» in Cod. membr. 69 und publizierte sie 1827 in seinen ‚Diutiska’. Die Mariensequenz fand grosse Beach-tung. Heinrich Hoffmann verzeichnete sie 1830 in seinen ‚Fundgruben für Geschichte deutscher Sprache und Littera-tur’; Karl Lachmann untersuchte ihre lyrische Form und be-zeichnete die Mariensequenz als ältesten Leich in deutscher Sprache, der die Herleitung der Leiche aus der geistlichen Poesie in lateinischer Sprache erlaube; Wilhelm Wackerna-gel bearbeitete die Handschrift 1833 für eine neue Edition in seinem ‚Altdeutschen Lesebuch’.241 Von der angeblichen Besitzerin Königin Agnes von Ungarn berichtet keine dieser Arbeiten; erst 1843, als das kleine Gebetbüchlein nach der Klosteraufhebung verschollen war, beklagte Friedrich Hur-ter den Verlust der «Preciuncula der Königin Agnes in Kö-nigsfelden».242 Nach der Regeneration von 1830/31 verschärfte die Regie-rung die Kontrolle über die Klöster. 1832 erhöhte sie die Beiträge an die Schul- und Armenlasten schrittweise, 1834 verfügte sie eine staatliche Inventarisierung der Klosterver-mögen, zu denen auch die Bibliothek gehörte. Nach der Ein-

Das kleine Gebetbuch aus dem 12. Jahrhundert, das älteste in deutscher Sprache, ist für eine adlige Frau geschrieben. Es wurde im 19. Jahrhundert mit der Königin Agnes, die im Kloster Königsfelden gelebt hatte, in Verbindung gebracht. Sarnen, Cod. membr. 69, 8v/9r.

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richtung der neuen Bibliothek waren die Bücher nach Sach-gebieten neu aufgestellt worden, ein Katalog als Ersatz für denjenigen Leodegar Mayers von 1744 war in Arbeit, steckte aber noch in den Anfängen.243 So konnten die kantonalen Kommissäre im Inventar des Klostervermögens keine genau-en Bestandeszahlen der Bibliothek angeben. Man schätzte de-ren Umfang auf ca. 11000 Bände. Die Handschriften waren «in den Schränken, noch ohne Ordnung, zusammengestellt oder gelegt. Außer alten Mißalen und Breviarien auf Per-gament befinden sich darunter schätzbare handschriftliche Werke zur Schweizergeschichte.»244 Im November 1835 setzte die aus Liberalen und Radikalen zusammengesetzte Aargauer Regierung eine Reihe von Mass-nahmen in Kraft, mit denen die staatliche Kontrolle über die römisch-katholische Kirche ausgeweitet wurde. Den Klös-tern entzog man die Verfügungsgewalt über das Vermögen, setzte eine staatliche Verwaltung ein und untersagte die Auf-nahme von Novizen. Das Freiamt, wo man fürchtete, auf Widerstand zu stossen, wurde Ende 1835 vorübergehend militärisch besetzt. Die Klöster protestierten gegen die Ein-schränkungen und riefen die eidgenössische Tagsatzung an, weil das geltende Recht verletzt worden sei, womit die Aar-gauer Klosterfrage zu einem zentralen Punkt in der gesamt-schweizerischen Auseinandersetzung zwischen den liberalen bzw. radikalen Kantonen einerseits und der römisch-katho-lischen Kirche und den konservativen Kantonen anderseits wurde.245

Die Bibliothek blieb dem Kloster Muri 1835 zusammen mit der Münzsammlung, dem Naturalienkabinett, den Geräten für den Kult sowie dem Land innerhalb der Klostermauern zum Gebrauch überlassen, die von den Mönchen geführte Schule dagegen wurde geschlossen.246 Die historische For-schung war von den Einschränkungen nicht betroffen; die

Klosterbibliothek blieb neben der Kantonsbibliothek die wichtigste Studienbibliothek im Aargau. Die neu erschiene-nen Bände der ‚Monumenta’ wurden laufend angeschafft. Die Bibliothek lieh auch gedruckte Quellenwerke an aar-gauische Forscher aus247 und erwarb den handschriftlichen Nachlass des bekannten Sprachforschers Leonz Füglistaler.248 1837 suchte der deutsche Historiker Georg Heinrich Pertz das Kloster auf und untersuchte das sog. ‚Chronicon Muren-se’ (Cod. membr. 10) für die Edition in der Reihe der ‚Mo-numenta Germaniae Historica’.249 Seit den späten 1830er-Jahren befasste sich der Arzt und Historiker Hermann von Liebenau intensiv mit der Geschichte des Klosters Muri; er wurde zu einem verlässlichen Freund des Abtes Adalbert Regli (1838–1881)250 und des Klosters.251 1840 durchsuch-te der weitgereiste philologisch und historisch interessierte Buchhändler Theodor Oehler (1810–1843) die Klosterbi-bliothek.252 Er entdeckte in den Einbanddeckeln eines Bi-beldruckes von 1466 Fragmente des mittelhochdeutschen ‚Osterspiels von Muri’, das zum berühmtesten Text aus der Murenser Bibliothek werden sollte. Er löste das Spiegelblatt, das die Fragmente verdeckte, ab und «brachte dadurch ein Bruchstück eines deutschen gereimten Drama’s zu Tage, des-sen Wichtigkeit ihm nicht entging.»253 Zum Dank für die zu-vorkommende Aufnahme und die Gastfreundschaft schenkte er dem Abt zwei kleine Pergamenthandschriften mit Werken Anselms von Canterbury und Bonaventuras, die er in Lon-don gekauft hatte (Cod. membr. 32 und 39).254

5.2 Aufhebung des Klosters Muri und Exil

Anfang 1841 überstürzten sich die politischen Ereignisse. Eine neue Staatsverfassung wurde eingeführt. Im Freiamt regte sich Widerstand. Als die Regierung um Unruhen vor-

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Zwischen den deutschen Gebeten und der lateini­schen ‚Passio Margaretae’ stehen zwei Federzeich­nungen: eine Frau mit Nimbus und erhobenen Händen und eine Kreuzigungsdarstellung mit Maria und Johannes. Sarnen, Cod. membr. 69, 44v/45r.

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53zubeugen die Verhaftung der regionalen politischen Führer anordnete, kam es am 10. Januar zum Volksaufstand. Ein militärisches Aufgebot unterdrückte die Erhebung zwei Tage später. Die Regierung beschuldigte die Klöster, allen voran das Kloster Muri, die Erhebung angestiftet zu haben, warf ihnen Fortschrittsfeindlichkeit vor und forderte die soforti-ge Aufhebung aller Klöster. Das Parlament stimmte am 13. Januar der Aufhebung mit grosser Mehrheit zu und erklärte die Klostervermögen zum Staatsgut.255 In Muri liess die Re-gierung die Klosterkirche sowie die Bibliothek, das Archiv, das Naturalienkabinett und die Kunstkammer sofort versie-geln. Am 25. Januar eröffnete der Vertreter der Regierung dem Abt, der Konvent müsse das Kloster innerhalb von zwei

Tagen verlassen. Die Konventualen durften nur die persönli-che Habe mitnehmen, die sie in ihren Zellen hatten. Sie fan-den vorübergehend bei Verwandten und in anderen Klöstern Zuflucht; Abt Adalbert Regli reiste auf der Suche nach einer Bleibe für die Klostergemeinschaft durch die Innerschweiz und besuchte auch Hermann von Liebenau.256 Ende Febru-ar mietete er ein grosses Landhaus am Zugersee, wo sich der Konvent in der Hoffnung auf eine baldige Rückkehr nach Muri wieder vereinte. Eine kleine Gruppe von Mönchen un-ter Leitung von Abt Adalbert Regli liess sich in Sarnen nieder und übernahm im Herbst 1841 die kantonale Lateinschule, das spätere Kollegium.257

Trotz der Vorsichtsmassnahmen der Regierung gelang es dem Konvent, einen Teil der Handschriften dem Zugriff des Kan-tons Aargau zu entziehen. Die Einzelheiten sind nicht mehr rekonstruierbar, da die Spuren später verwischt wurden. So weiss man nicht, wie viele Handschriften die Mönche als persönliche Habe mit sich wegtrugen.258 1842 schlich sich Leodegar Kretz, Konventuale von Muri und Frühmesser in Boswil,259 in die verschlossene Bibliothek, wobei er auf die Hilfe von Joseph Weibel zählen konnte; dieser führte im Auftrag des Kantons die Klosterapotheke und hatte Zu-gang zu den Konventsgebäuden.260 Kretz nahm zahlreiche Handschriften mit, was dem Verwalter nicht entging, wofür er aber keine Beweise vorlegen konnte.261 Der künstlerisch begabte Zeichner und Hinterglasmaler Leodegar Kretz hat-te dem Konvent bereits über 100 Gemälde und Skulpturen gesichert, indem er sie als persönlichen Besitz deklariert und mit seiner eigenen beträchtlichen Sammlung alter Kunstwer-ke vermischt hatte.262 Die Handschriften wurden zu dem mit dem Abt befreundeten Hermann von Liebenau nach Luzern geschickt.263 Hermann von Liebenau bemühte sich auch um die Rettung der Kunstschätze und versuchte vergeblich, die Glasscheiben aus dem Murenser Kreuzgang von der Aargau-er Regierung zu kaufen.264

Bereits im Herbst 1841 bemerkte die Regierung das Fehlen von Handschriften, als sie Georg Heinrich Pertz die Erlaub-nis gegeben hatte, das ‚Chronicon Murense’ für die Ausga-be in den ‚Monumenta Germaniae Historica’ auszuwerten, die Handschrift aber nicht auffindbar war.265 Pertz erhielt später das ‚Chronicon Murense’ unter grösster Geheimhal-tung von Hermann von Liebenau zur Bearbeitung.266 Ende 1842 berichtete der kantonale Schulrat der Regierung, er habe gehört, dass «einige höchst werthvolle, ja unersetzliche

Kurz vor der Aufhebung erhielt das Kloster 1840 eine in London gekaufte Handschrift mit dem ‚Breviloquium’ des Bonaventura aus dem 14. Jahrhundert als Geschenk. Sarnen, Cod. membr. 39, 7r.

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54 Werke und Manuscripte aus derselben [Bibliothek] spurlos verschwunden seien.» Die Regierung liess sofort neue Schlös-ser anbringen und die Überwachung der Besucher verschär-fen.267 Auch die katholische Publizistik griff das Thema auf. Friedrich Hurter beschuldigte in einem anonymen Pamphlet die einquartierten Truppen, leichtfertig Bücher weggetragen und die wertvollsten Manuskripte aus der Bibliothek entwen-det zu haben.268 Nach den späteren Katalogen269 lässt sich feststellen, dass der Konvent mindestens 150 Handschriften, darunter etwa 25 mittelalterliche,270 ins Exil mitnahm. Er si-cherte sich die meisten historisch interessanten und die für die Textüberlieferung wichtigen Handschriften. Der Kanton Aargau übernahm rund 250 Handschriften, darunter 22 mit-telalterliche,271 sowie den grössten Teil des Archivs.Von 1841 bis Mitte 1843 kämpften die Aargauer Klosterkon-vente zusammen mit den konservativen Kantonsregierun-gen und mit Unterstützung von Österreich und Frankreich um ihren Fortbestand und um ihre historischen Rechte. Die eidgenössische Tagsatzung stellte sich zuerst gegen die radi-kal-liberale Aargauer Regierung, gab sich aber nach langen Auseinandersetzungen im August 1843 mit der Wiederher-stellung der Frauenklöster zufrieden; für die Mönche bestand keine Hoffnung auf Rückkehr nach Muri. Der österreichi-sche Kaiser nahm sich der aus dem früheren habsburgischen Hauskloster vertriebenen Mönche an und stellte ihnen das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift Gries bei Bozen zur Verfügung. Der Konvent siedelte 1845 nach Gries über, be-hielt aber die Niederlassung in Sarnen bei, so dass die enge Verbindung mit der Schweiz aufrecht erhalten blieb.272

Bis zur Überführung nach Gries blieb mindestens ein Teil der Handschriften bei Hermann von Liebenau. Vermutlich wurden in dieser Zeit die eingeklebten Exlibris des Klosters Muri aus der Mitte des 18. Jahrhunderts aus den Handschrif-ten herausgelöst. Bis in die 1870er-Jahre blieb es ein gut ge-hütetes Geheimnis, welche Handschriften sich im Besitz des Konvents befanden.273 Für die Edition in Johann Friedrich Boehmers ‚Geschichtsquellen Deutschlands’ (1853) schnitt Hermann von Liebenau die zwei Lagen mit dem Necrologi-um von Niedermünster aus der Handschrift heraus und stell-te sie Boehmer zur Verfügung.274 Die Handschrift blieb im Besitz Liebenaus.275 Nach seinem Tod 1874 stand sie ohne das herausgetrennte Necrologium in Leipzig zum Verkauf und kam an die Königliche Bibliothek in Berlin. Das Nec-rologium ging an Hermanns Sohn Theodor von Liebenau,

Staatsarchivar in Luzern, der es ins Luzerner Archiv brach-te und notierte: «Dieses Necrologium von Niedermünster zu Regensburg bleibt vorläufig hier deponiert, bis die Frage entschieden ist, ob der Staat Aargau als Rechtsnachfolger des Klosters Muri oder das Stift Gries bei Botzen hierauf beße-res Recht besitze.»276 Die übrigen Handschriften aus Muri wurden nach Gries verbracht, zusammen mit wenigen Hand-schriften, die aus dem Augustiner-Chorherrenstift Gries stammten, in die Bibliothek eingereiht und mit Signaturen versehen, aber nicht katalogisiert.

5.3 Aargauer Kantonsbibliothek

In Muri führte die Aargauer Regierung eine straffe Verwal-tung ein. Mitte 1842, eineinhalb Jahre nach der Aufhebung des Klosters, erhielt der Bremgartner Jurist und Grossrat Pla-cidus Weissenbach, ein überzeugter Anhänger des Radikalis-mus, den Auftrag, das Archiv zu ordnen.277 Aus dieser Arbeit ging die erste systematische Edition der historischen Quellen von Muri hervor. Zusammen mit dem Kantonsbibliothekar Heinrich Kurz begann Weissenbach 1846 mit der Publika-tion der ‚Beiträge zur Geschichte und Literatur, vorzüglich aus den Archiven und Bibliotheken des Kantons Aargau’. Das anspruchsvolle Programm der Zeitschrift sah eine um-fassende aargauische Quellenkunde, die Edition der wichtig-sten Quellen und ihre Auswertung in historischen Beiträgen vor. 278 In den ersten Heften publizierte Weissenbach unter dem Titel ‚Urkunden über das Haus Habsburg, gesammelt in den aargauischen Archiven’ 95 Urkunden aus dem Archiv des Klosters Muri, etwa die Hälfte im Volltext mit ausführ-lichen Anmerkungen, die andere Hälfte als Regesten. Nach einem Jahr stellte die Zeitschrift das Erscheinen ein.Während das Archiv in Muri verblieb, wurden die Bücher der ehemaligen Klosterbibliothek nach und nach in die Kan-tonsbibliothek in Aarau verbracht, zuerst ausgewählte Werke, Ende August 1845 die Manuskripte, Inkunabeln sowie die üb-rigen seltenen und kostbaren Werke, im Dezember 1845 die historischen Werke, 1846 der Rest.279 Kantonsbibliothekar Heinrich Kurz, der den Umzug der Bibliothek leitete, meinte 1846 zu den Klosterbibliotheken von Muri und Wettingen: «Zwar waren dieselben an sich weder an Bändezahl noch an Gehalt so bedeutend, als man es nach dem Reichthum und dem langen Bestand der aufgehobenen Klöster billiger Weise hätte erwarten sollen,» doch hätten einige Äbte die Bibliothe-

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55ken stark gefördert. «So findet sich in der That sehr viel Gutes …»280 Die Handschriftensammlung beurteilte der Kantons-bibliothekar zurückhaltend: Sie sei «weder bändereich, noch von grossem inneren Werth. Es finden sich zwar manche sehr interessante und wichtige Manuscripte, aber im Ganzen doch keine eigentlichen Schätze, keine Handschriften, welche den Ruhm einer Bibliothek begründen, und sie zum Zielpunk-te gelehrter Reisen machen; von Handschriften griechischer oder römischer Klassiker, altdeutscher Gedichte, historischer Werke etc. ist keine Rede.» So hielt er «ausser den zum Theil prächtigen Missalien, Brevieren usw.» nur zwei mittelalter-liche Handschriften der Erwähnung wert: «Jacobus de Vo-ragine, Sermones – eine sehr schöne Pergamenthandschrift» und «Expositio S. Hieronymi in quatuor Evangelistas – sehr schöne Pergamenthandschrift».281 Die ehemaligen Kloster -bibliotheken von Muri und von Wettingen wurden im Gross-ratsgebäude in Aarau als separate Bestände aufgestellt, bilde-ten aber einen integralen Teil der Kantonsbibliothek, so dass Dubletten von Druckwerken ausgeschieden und veräussert wurden.282 In den 1850er-Jahren wurden die Druckschrif-ten der Kantonsbibliothek katalogisiert. Daran sollte sich ein «vollständiges Verzeichniß der sämmtlichen Handschriften der Kantonsbibliothek»283 anschliessen; dieser 1857 geplante Katalog konnte aber nicht realisiert werden. Im Bestand der mittelalterlichen Muri-Handschriften gab es nur geringe Ver-änderungen: 1858 versetzte die Regierung die ‚Acta Murensia’ (AA/4947) vom Archiv in Muri in die Kantonsbibliothek in Aarau, 1886 wurde der Band dem Staatsarchiv zugeteilt. Die heute gültigen Signaturen der Handschriften stammen aus den 1880er-Jahren.284 Die wissenschaftliche Auswertung der mittelalterlichen Handschriften setzte gleichzeitig mit der Publikation der Ur-kunden durch Placidus Weissenbach 1846 ein. In den ‚Beiträ-gen’ edierte Karl Reinhard Oehler285 die von seinem Bruder entdeckten Fragmente des Osterspiels von Muri (MurF 31a). Die vier Pergamentstreifen waren inzwischen vom Holz des Einbandes abgelöst worden, allerdings – wie Oehler meinte – ohne die nötige Sorgfalt: «Ein grosser Theil der Buchstaben ist, vom Pergament abgerissen, mit dem Leime auf dem Holze sitzen geblieben.» Als Chemiker setzte Oehler Schwefelwas-serstoff-Ammoniak ein, um die Schriftzüge besser lesen zu können.286 Oehler lokalisierte die Fragmente nach der Spra-che wie nach den erwähnten Geldsorten nach Obersachsen. 1863 veröffentlichte Karl Bartsch eine verbesserte Edition,

Das mittelhochdeutsche ‚Osterspiel von Muri’ steht auf einer nur unvollständig erhaltenen Theaterrolle. Er wurde in den Einband­deckeln einer lateinischen Bibel in der Bibliothek des Klosters Muri gefunden. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurF 31a.

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56 wobei er die gleichen Chemikalien einsetzte wie Oehler, was die momentane Lesbarkeit verbesserte, die Schrift aber auf Dauer stark verblassen liess. Nach Bartschs linguistischen Untersuchungen stammte der Dichter wie auch die beiden Schreiber aus der Schweiz.287 Jakob Bächtold ging in seiner 1892 abgeschlossenen Literaturgeschichte von der Annahme aus, die Osterspiele seien bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts «vornehmlich in Klöstern zu Hause» gewesen, liess es aber offen, ob das im Kloster Muri gefundene Fragment auch dort entstanden sei.288 Während Jahrzehnten blieb das Osterspiel die einzige mittel-alterliche Murenser Handschrift der Aargauer Kantonsbibli-othek, die in der Wissenschaft Beachtung fand. 1876 bearbei-tete Martin Kiem die ‚Acta Murensia’ (AA/4947) und edierte sie zusammen mit dem Necrologium von Hermetschwil aus dem 12./13. Jh. (AA/4530). In den 1880er-Jahren erforschte Jakob Werner die liturgischen Handschriften aus den Klös-tern Muri und Wettingen und publizierte daraus zahlreiche Hymnen.289 1888 und 1892 bildete die in Aarau herausge-gebene kunstgewerbliche Reihe ‚Völkerschau’ je eine Initi-ale aus einem Murenser Antiphonar ab.290 Eine breite Er-forschung der Murenser Handschriften aus dem Mittelalter setzte erst in den 1950er-Jahren ein.

5.4 Aufhebung des Klosters Hermetschwil

Im Aargauer Klosterstreit hob das Kantonsparlament am 13. Januar 1841 zusammen mit dem Männerkloster Muri auch das Frauenkloster Hermetschwil auf. Die Nonnen mussten Ende Januar das Kloster verlassen; sie fanden bei den Be-nediktinerinnen in Sarnen Zuflucht. Die Vermögenswerte, aber auch Möbel und Gerätschaften im Wohntrakt und in den einzelnen Zimmern des Klosters Hermetschwil wurden detailliert verzeichnet.291 Das Inventar führt keine Bücher auf. Möglicherweise wurde die kleine Bibliothek ausserhalb des Klosters in Sicherheit gebracht. Zweieinhalb Jahre nach der Ausweisung der Nonnen beschloss die eidgenössische Tagsatzung, die Aargauer Frauenklöster wieder herzustel-len, und der Konvent kehrte im Dezember 1843 nach Her-metschwil zurück.Im Mai 1852 besuchte Domdekan Karl Johann Greith, der spätere Bischof von St.Gallen, das Kloster Hermetschwil – möglicherweise nicht zum ersten Mal. 292 Er beschäftigte sich mit Gebet- und Erbauungsbüchern sowie mit Texten

der Mystik des späten Mittelalters, sammelte deutschspra-chige Handschriften mit unpublizierten Texten, vorwiegend aus Frauenklöstern und nahm die Handschriften für seine Studien nach St.Gallen.293 In Hermetschwil erhielt er zwei Inkunabeln und drei oder vier Handschriften: Hugo Ripe-lins ‚Compendium theologicae veritatis’ in einer deutschen Übersetzung,294 an das sich eine Liedersammlung anschliesst, die als ‚Donaueschinger Liederhandschrift’ bekannt wurde295 und eine deutsche Benediktinerregel.296 Die erste Hand-schrift trägt einen Besitzeintrag von Meliora Muheim, bei-de sind im Bücherverzeichnis von 1697 aufgeführt.297 Karl Greith gab diese zwei Handschriften an Joseph von Lassberg weiter. Mit dem Verkauf von Lassbergs Handschriftensamm-lung gelangten sie 1853 in die Hofbibliothek der Fürsten von Fürstenberg; heute stehen sie in der Badischen Landesbibli-othek in Karlsruhe (Cod. Don. 120 und 420).298 Eine oder zwei weitere Handschriften, ein Band mit Predigten und Unterweisungen aus dem 14. Jahrhundert sowie ein Gebet-buch von 1564 blieben in St.Gallen,299 zwei Inkunabeln aus Hermetschwil wurden nach dem Tod Greiths dem Benedik-tinerkollegium Sarnen übergeben.300 Im Sommer 1864 kam Martin Kiem, Konventuale von Muri-Gries, nach Hermetschwil, um die jährlichen Exerzitien zu halten. Er stammte aus Algund (Lagundo) bei Meran, hatte seine Profess 1849 in Gries abgelegt, unterrichtete seit 1852 verschiedene Fächer am Kollegium in Sarnen und betrieb historische Forschungen, hauptsächlich über die Geschichte des Klosters Muri.301 Er liess sich die handschriftlichen Chro-niken Muris aus der frühen Neuzeit von Gries nach Sarnen senden, begann, Quellen aus dem Mittelalter zusammen zu tragen und nahm Kontakt auf mit dem Luzerner Geschichts-forscher Hermann von Liebenau, der ihm auf Grund seiner langjährigen Erfahrung Anleitung im Umgang mit Quellen und zur Konzeption der Klostergeschichte von Muri gab.302 Bei seinem Aufenthalt in Hermetschwil 1864 suchte er in der Bibliothek nach weiteren Quellen. Er stiess auf drei Psalter aus dem 12. und 13. Jahrhundert (Cod. membr. 19, 20 und 37) und ein Plenar aus der Zeit um 1400 (Cod. chart. 27), lieh sie aus und sandte sie zur Prüfung an Hermann von Liebenau nach Luzern. Dieser erstellte für Kiem präzise Beschreibun-gen, wobei ihn bei den Psaltern vor allem die nekrologischen Notizen in den Kalendaren interessierten.303 Kiem sammelte in den folgenden Jahren für seine Arbeit weitere Quellen, leg-te eine grosse Abschriftensammlung an und holte 1869 «mit

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57Erlaubnis der gnädigen Frau»304 rund 150 Handschriften305 aus Hermetschwil nach Sarnen, «sicherheitshalber und zu meinem historischen Gebrauche».306 Davon durfte die Öf-fentlichkeit, vor allem aber die Regierung in Aarau, nichts erfahren.307 Für den klosterinternen Gebrauch standen die Handschriften zur Verfügung.308

Tatsächlich war das weitere Bestehen des Frauenklosters in diesen Jahren stark gefährdet. Die Aufnahme von Novizinnen erforderte eine staatliche Bewilligung, die im Kulturkampf kaum mehr zu erhalten war.309 1876 wurde das Kloster Her-metschwil zum zweiten Mal aufgehoben. Die Äbtissin erwarb 1878 das Grundstück mitsamt Gebäuden; die Nonnen konn-ten im Konventsgebäude verbleiben. 1892 übersiedelte der Konvent nach Habsthal bei Sigmaringen; drei Konventua-linnen blieben in Hermetschwil und führten die monastische Niederlassung als Priorat weiter. Das Klosterarchiv wurde nach der Aufhebung ins Staatsarchiv nach Aarau verbracht, die Bibliothek blieb – ohne die nach Sarnen verlegten Hand-schriften – in Hermetschwil bestehen.

5.5 Handschriften in Sarnen und Gries

Die Arbeit von Martin Kiem in den 1860er- und 1870er-Jahren hatte es mit sich gebracht, dass viele Handschriften von Gries nach Sarnen geschickt worden waren. Stolz schrieb Kiem 1875: «Die von Muri geretteten Schriften habe ich grösstenteils hier in Sarnen.»310 Er erhielt zusätzlich aus Buch-einbänden abgelöste Fragmente und Handschriften, von de-nen einige aus dem Mittelalter stammen: ein spätmittelal-terliches Würzburger Brevier als Geschenk des Apothekers Joseph Weibel (Cod. membr. 14), ein Gebetbuch aus dem frühen 16. Jahrhundert (Cod. chart. 215), ein Antiphonar-fragment des 12. Jahrhunderts aus dem Archiv von Sachseln (Fragm. I. 7) und ein Schwabenspiegelfragment des 14. Jahr-hunderts (Fragm. I. 10).

Das alte Kollegium in Sarnen, in welchem die Mönche aus Muri nach 1841 die kantonale Lateinschule von Obwalden einrichteten. Wandmalerei im ‚Schweizerzimmer’ des Klosters Muri­Gries im Südtirol.

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58 1878 nahm Kiem den Auftrag an, für die Schweizerische Ge-schichtsforschende Gesellschaft die ‚Acta Murensia’ in den ‚Quellen zur Schweizer Geschichte’ zu edieren. Die Aargau-er Regierung lieh ihm die massgebliche Handschrift, die da-mals zur Kantonsbibliothek gehörte (heute AA/4947), und das Necrologium von Hermetschwil aus dem Staatsarchiv (AA/4530) nach Sarnen aus.311 Die Quellenedition erschien 1883.312 Die Geschichte des Klosters Muri, an der Kiem während Jahrzehnten gearbeitet hatte, kam 1888 und 1891 in zwei Bänden heraus. Sie beruht auf umfassender Quel-lenkenntnis, ist aber wegen der gelegentlich unkritischen Auswertung der Quellen für die Bibliotheksgeschichte nicht immer zuverlässig.313

Während Kiem für seine Arbeit möglichst viele Handschrif-ten in Sarnen zur Hand haben wollte, drängten der Abt und der Bibliothekar immer wieder, sie ins Kloster nach Gries zu schicken. 1876 schrieb Kiem dem Abt: «Bin ich einmal fer-tig, alles, meine ganze Sammlung, über 100 Mss., die ich in der Schweiz sammelte, kommt nach Gries.»314 In den 100 Handschriften waren Geschenke, Erwerbungen und mögli-cherweise die Kollektaneen mit Quellenabschriften inbegrif-fen, wahrscheinlich auch Handschriften aus Hermetschwil, die Kiem als «in seinem eigenen Besitz befindlich» bezeich-nete.315 Die versprochene Rücksendung der Handschriften begann 1877;316 als Kiem 1881 nach Gries zurückkehrte, blieben keine Handschriften in Sarnen zurück.Die Pergament- und Papierhandschriften wurden in Gries durch eine fortlaufende Zählung signiert, die bei den Perga-menthandschriften von 1 bis 72 reichte, bei den Papierhand-schriften, in denen mittelalterliche und neuzeitliche Bände gemischt waren, von 1 bis mindestens 239.317 Dieser Zählung wurde eine zweite Zahl vorangestellt, die den Kasten oder das Gestell bezeichnete, in dem die Handschrift aufgestellt war, bei den Pergamenthandschriften 5 bis 7, bei den Papierhand-schriften 2, 8 und 10. Die Signaturen (Cod. 5.1 usw.) wurden in der Regel in den vorderen Spiegel eingeschrieben. Ein Ka-talog nach dieser Signaturenreihe ist nicht bekannt.Mit der Ankunft der Handschriften in Gries erwachte das wis-senschaftliche Interesse an ihrer Erforschung. 1877 bat Bern-hard Lierheimer, der Bibliothekar des Klosters, den Münchner Oberbibliothekar Föringer um Auskunft über den Schreiber einer der schönsten Muri-Handschriften, des reich bebilder-ten Speculum humanae salvationis (Cod. membr. 8).318 Seit den 1880er-Jahren beschäftigten sich Konventualen und aus-

wärtige Forscher mit den Handschriften und verwendeten sie für Editionen von mittelhochdeutschen Texten,319 von Hymnen und anderen lateinischen Dichtungen,320 von Ne-krologen,321 aber auch für Untersuchungen der Buchmale-rei.322 Nachdem Martin Kiem 1894 das Amt des Bibliothe-kars übernommen hatte, stellte er die Handschriften grob nach Formaten geordnet neu auf. Die Pergamenthandschrif-ten (Cod. membr.) bezeichnete er mit roten Signaturen von 1 bis 84, die Papierhandschriften (Cod. chart.) mit schwar-zen Signaturen von 1 bis 504. Um 1900 verfasste Kiem einen Kurzkatalog, in dem er für jede Handschrift Autor, Werk titel, Datierung und Umfang festhielt, vereinzelt ergänzt durch Hinweise auf den Schreiber bzw. die Schreiberin, auf die Vor-besitzer der Handschrift oder auf eine Edition.323 Die Her-kunft einer Handschrift aus dem Kloster Hermetschwil ist nur in wenigen Fällen notiert, so dass die Benutzer der Biblio-thek oft annahmen, die Handschriften stammten aus Muri. Der Wiener Kunsthistoriker Hermann Julius Hermann, der den Katalog der illuminierten Handschriften in Tirol bear-beitete, schrieb 1905 im Vorwort: «Die gegenwärtig im Be-nediktinerstift Gries bei Bozen aufbewahrten Handschriften stammen durchgehends aus dem 1027 gegründeten, 1841 aufgehobenen Stammkloster Muri in der Schweiz (Kanton Aargau), woher die Mönche im Jahre 1845 nach Gries über-siedelten.»324 In den Beschreibungen differenzierte er und notierte zu Cod. membr. 11: «Die Handschrift stammt aus dem Benediktinerinnenstift Hermetschwyl (Kanton Aar-gau), befand sich dann, wie zahlreiche Handschriften des Nonnenstiftes, in Muri und kam von dort nach Gries,» gab aber nur bei einem kleinen Teil der mittelalterlichen Her-metschwiler Handschriften die Herkunft an.325 Hermanns Katalog, der erste Handschriftenkatalog von Muri, der im Druck erschien, verzeichnet mit 34 Kodizes knapp einen Drittel des mittelalterlichen Bestandes. Er gibt einen guten Einblick in den Handschriftenbestand in Muri-Gries, erweist sich aber bei den Datierungen und Lokalisierungen vielfach als unzuverlässig. Im einleitenden Abschnitt wies Hermann auf Cod. membr. 69, das so genannte Gebetbuch der Köni-gin Agnes hin. Er lobte es als «Handschrift von besonderem historischen Interesse», die der Gemahlin des Königs Andreas III. von Ungarn, «einer Tochter des Kaisers [sic] Albrecht I. aus dem Hause Habsburg» gehört habe,326 und betonte da-mit die besondere Verbundenheit des Kaiserhauses mit dem Kloster Muri-Gries.

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596. Die Handschriften des Klosters Muri im 20. Jahrhundert

Der Ausgang des Ersten Weltkriegs veränderte das politische Umfeld des Klosters Muri-Gries. Die Dynastie der Habsbur-ger, die das Kloster immer wieder beschützt und gefördert hatte, verschwand von der politischen Bühne. Das Südtirol, die neue Heimat des Konvents, wurde vom Land Tirol abge-trennt und Italien zugeschlagen. Nach der Machtübernahme der Faschisten 1922 förderte die Regierung die Italianisierung des Südtirols durch die Assimilierung der deutschen Südtiro-ler und die Förderung der Zuwanderung von Italienern nach Südtirol. Das Kloster Muri-Gries bewahrte die deutsche Tra-dition und kam deshalb immer wieder in Konflikt mit der politischen Führung.327

Die Pergamenthandschriften und ein Teil der Papierhand-schriften wurden am Ende des Ersten Weltkriegs in Etappen nach Sarnen überführt.328 Nach der mündlichen Klostertra-dition wurden sie vor Kriegsende nach Innsbruck in Sicher-heit gebracht und nach der Abtrennung des Südtirols nach Sarnen verschickt. In den frühen 1920er-Jahren benutzte Robert Durrer Cod. membr. 37 in Sarnen.329 1926/27 hielt Emmanuel Scherer in einem Brief an Berthold Röllin in Gries fest: «Hier in Sarnen sind nun sämtliche Pergamenthand-schriften, ausgenommen 1, 2, 3, die fehlen und von denen niemand weiss, wo sie sind; ich vermute, dass P. Ildefons sel. sie mit dem Bd. II der Annalen von Weissenbach und einigen anderen fehlenden versteckte. Sie sind für uns wahrschein-lich verloren, wenn sie nicht der Zufall an das Licht bringt. Sodann ist eine Auswahl von Papierhandschriften hier, ferner einige Frühdrucke etc.» In dieser Zeit erschienen Emmanuel Scherer auch die übrigen Handschriften nicht sicher vor dem Zugriff der faschistischen Regierung. Er empfahl, diese nun ebenfalls nach Sarnen zu schickten, und gab genaue Anwei-sungen, wie die Signaturschilder entfernt werden können: «Entfernen Sie von allen noch in Gries befindlichen Hand-schriften den Schild mit der Nummer (man legt ein stark angefeuchtetes Löschpapierstück darauf, dann lässt sich der Schild nach kurzer Zeit leicht wegnehmen); ferner beseitigen Sie die Nummern und Signaturen auf der Innenseite, durch sorgfältiges Radieren ev. mit dem Federmesser; nach Entfer-nung der Signaturen könnte man auch ein altes oder neues Exlibris über die Rasuren kleben. Wenn die Nummerierung weg ist, sieht niemand die Lücken in der Reihe, und so kann man die wertvolleren Papierhandschriften bergen; sehr vieles ist ja fast wertlos.»330

Nur wenige Forscher wussten, dass sich die Murenser Hand-schriften in Sarnen befanden. Der in Weggis lebende Theo-loge und Mystikforscher Otto Karrer kannte Cod. membr. 69 und beschrieb ihn 1927/1928 in einem kurzen Aufsatz in der ‚Schweizerischen Rundschau’ unter dem Titel ‚Das älteste deutsche Gebetbuch und deutsche Marienlied – Ein Kleinod der Schweiz’. Er nannte die Handschrift «eine der kulturgeschichtlich wertvollsten Handschriften des ehema-ligen Klosters Muri, die seit den Wirren des aargauischen Klostersturms als verschollen galt, aber sich in Privatbesitz erhalten hat.»331 In der Abhandlung über ‚Das Göttliche in der Seele bei Meister Eckhart’ von 1928 zitierte Karrer

Der dem so genannten Engelberger Meister zugeschriebene Psalter gehört zu den ersten kunstgeschichtlich erforschten Handschriften aus dem Kloster Hermetschwil. Sarnen, Cod. membr. 37, 41r.

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60 die Meister-Eckhart-Handschrift Cod. chart. 170, auch sie «in Privatbesitz».332 Offenbar wollte man den Standort der Handschriften nicht öffentlich bekannt machen.333 Im na-hen Kloster Engelberg schrieb Ephrem Omlin in den frühen 1930er-Jahren eine Dissertation über die sankt-gallischen Tonare und wertete die liturgischen Handschriften der alten Benediktinerabteien aus; von den in Sarnen liegenden Mu-renser Handschriften erfuhr er erst mehrere Jahre nach dem Abschluss seiner Arbeit.334 1938 ordnete der Bibliothekar Bruno Wilhelm die Hand-schriften und schrieb einen neuen Katalog.335 Er legte das alte Verzeichnis von Martin Kiem zugrunde, kopierte es mit einigen redaktionellen Änderungen in übersichtlicher Anordnung und erstellte ein Sachregister. Der Nachfolger Wilhelms, Lukas Fuchs, nahm um 1950 eine ausführliche Beschreibung der Pergamenthandschriften in Angriff, die erstmals auch kodikologische Angaben enthielt.336 Er mach-te aber keine Nachforschungen über die Handschriften und ihre Herkunft, gab keine Textnachweise und blieb so bei ei-ner unkritischen Bestandesaufnahme. Er hatte auch nicht mehr alle Handschriften zur Verfügung, denn ein Teil be-fand sich nach seinen Angaben im Katalog wieder in Gries. Lukas Fuchs starb 1952, bevor die Arbeit abgeschlossen war. Sein Nachfolger, Rupert Amschwand, arbeitete mit dem äl-teren Katalog von Bruno Wilhelm und fügte am Ende neu eingereihte oder neu erworbene Handschriften an. Die Neu-katalogisierung der Handschriften wurde nicht weiter vor-angetrieben. Seit Bruno Wilhelm die Handschriften geordnet hatte, stan-den sie der Forschung wieder zur Verfügung. Geeignete Ar-beitsplätze gab es allerdings nicht, so dass die Handschriften häufig zur Benutzung ausgeliehen wurden. Josef Quint, der Herausgeber der Werke des Mystikers Meister Eckhart, wur-de durch Otto Karrer auf die Predigten Meister Eckharts in Cod. membr. 170 aufmerksam. Er fuhr 1940 nach Sarnen und fotografierte die Handschrift, wobei er einige Seiten übersah. Der Bibliothekar konnte ihm aber die fehlenden Seiten nicht nachliefern.337 1943 benutzte Ferdinand Gü-terbock die Sarner Handschriften für seine Engelberger Stu-dien. Er lieh Cod. membr. 37, den Psalter des Engelberger Meisters, für seine Arbeit nach Engelberg aus.338 Kurt Ruh konnte 1949 zwei Handschriften zu Hause bearbeiten. Für Josef Quint kopierte er die Predigten Meister Eckharts in Cod. membr. 170 und identifizierte die deutschen Predig-

ten von Cod. chart. 169 als jene des St. Georgener Predi-gers. Er publizierte seine Ergebnisse 1950 in der Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte – die erste Publikati-on über eine Handschrift des Kloster Muri-Gries seit dem Ersten Weltkrieg.339

In den 1950er-Jahren verfasste Albert Bruckner die grundle-gende Untersuchung über die mittelalterlichen Handschrif-ten der aargauischen Gotteshäuser. Für die Bearbeitung liess Bruckner sich die wichtigsten Sarner Handschriften nach Basel senden.340 Auch spätere Benutzer konnten, wenn sie die Kosten für Transport und Versicherung übernahmen, die Handschriften in den Bibliotheken und Archiven von Aarau,

Beginn einer Predigt von Meister Eckhart in der Predigtsammlung, die durch den Theologen und Mystikforscher Otto Karrer bekannt wurde. Sarnen, Cod. chart. 170, 47v.

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61Basel, Engelberg, Freiburg im Üchtland, Luzern, Schaffhau-sen und Zürich einsehen,341 was die Beachtung des Sarner Bestandes in der Forschung begünstigte und sich in zahl-reichen Publikationen niederschlug. Seit den 1960er-Jah-ren stellte das Benediktinerkollegium auch mittelalterliche Handschriften für historische Ausstellungen in Aarau, Bern, Lenzburg und Muri, in Köln, Stuttgart, Marburg und Eisen-ach zur Verfügung. Die Beschäftigung mit den Handschrif-ten führte den Sarner Bibliothekar Rupert Amschwand 1966 dazu, einen Aufsatz über die Bibliotheksgeschichte von Muri zu veröffentlichen und der Pflege der Handschriften stärke-re Beachtung zu schenken.342 In mehreren Tranchen wurden die beschädigten Einbände der Pergamenthandschriften bis 1974 nach dem damaligen Stand der Restaurierungstechnik erneuert.In Aarau waren die Bestände, die aus dem Kloster Muri stammten, in der Kantonsbibliothek und im Staatsarchiv immer zugänglich, wurden aber wenig benutzt. Das grösste Interesse fand das Osterspiel von Muri. Der in Basel lehrende Germanist Friedrich Ranke untersuchte den Band, aus dem die Fragmente der Theaterrolle herausgelöst worden waren, erneut und stiess auf weitere, kleine Fragmente. Er edierte das Osterspiel 1944 mit den zusätzlichen Textfunden, wobei er auch auf die Frage einging, woher das Spiel stamme. Vorsich-tig argumentierte er, nach dem Dialekt müsse es «auf heuti-gem Schweizerboden» entstanden sein; eine genauere Loka-lisierung sei aber kaum möglich, «sodass also der sprachliche Befund der durch den Fundort der Handschrift nahegelegten Vermutung, sie [die Handschrift] sei im Kloster Muri oder wenigstens irgendwo im Aargau geschrieben worden, zum mindesten nicht widerstreitet.»343 Ein Versuch von Alban Stöckli, mit Dialektformen die Herkunft aus dem Freiamt zu beweisen, fand keine Zustimmung.344 Durch die Katalo-gisierung der Inkunabeln wurde bekannt, dass die Bibel, aus der die Fragmente herausgelöst worden waren, im frühen 16. Jahrhundert einem Zürcher Chorherrn gehört hatte, was zu-sammen mit der anspruchsvollen Inszenierung und der lite-rarischen Qualität des Stücks die Forschung bewog, die Ent-stehung in städtischem Umfeld anzunehmen.345 1967 wurde die Theaterrolle als Faksimile ediert.346

Im Jahr 1950 entwarfen Leo Cunibert Mohlberg, Benedik-tiner von Maria Laach, und der aargauische Staatsarchivar Nold Halder den Plan, die Handschriften des Klosters Muri durch einen Katalog zu erschliessen. Mohlberg verbrachte

seine Ferien jeweils in der Schweiz, um die mittelalterlichen Handschriften der Zentralbibliothek Zürich zu katalogisie-ren.347 Er schlug für die Aufgabe in Aarau seinen Schüler Alfons Schönherr vor, mit dem er das Interesse an der Litur-giegeschichte und die Leidenschaft für das Pendeln (Radiäs-thesie) teilte.348 Schönherr, der als Staatsarchivar in Bozen einige Aufsätze über Liturgiefragmente aus Südtirol veröf-fentlicht hatte,349 war bereit, während der Ferien in Aarau die Murenser Handschriften zu bearbeiten und dabei den Kata-log der Zentralbibliothek Zürich zum Vorbild zu nehmen. Die Auftraggeber erwarteten etwa zehn Beschreibungen pro Monat. Die Arbeit begann im August 1951. Während ei-nes Monats bearbeitete Schönherr die ersten Handschriften und verfasste einen Artikel für das Zofinger Tagblatt, um den Nutzen der Katalogisierung zu demonstrieren.350 Im folgen-den Sommer setzte Schönherr die Katalogisierung fort, 1953 folgte eine Teilzeitanstellung.351 Schönherr sah für alle Handschriften, für die mittelalter-lichen wie für die neuzeitlichen, neue Signaturen in Form des Numerus currens vor, trug die Signaturen aber nicht in die Handschriften ein. Die neuen Signaturen blieben bis ca. 1970 in Gebrauch. Schönherrs Handschriftenbeschreibun-gen sind nicht ausgearbeitet; die kodikologische und die in-haltliche Beschreibung zeigen deutliche Spuren der Eile.352 Schönherr bearbeitete in der kurzen Zeit rund 230 Hand-schriften und Einbandfragmente. Bei den Einbandfragmen-ten ging er von der Annahme aus, sie stammten in der Regel aus Murenser Handschriften, und er interpretierte sie – aus heutiger Sicht voreilig – als verschollene Handschriften des Klosters Muri. 1954 fehlten nur noch wenige Beschreibungen. Schönherr markierte in seinem Manuskript Fett- und Kursivdruck, leg-te eine Signaturenkonkordanz an und bereitete die Register vor.353 Der Katalog der Murenser Handschriften wurde aber nicht gedruckt. Mohlberg und Schönherr zerstritten sich, nachdem Mohlberg ein negatives Urteil über Schönherrs Katalog abgegeben hatte, was Schönherrs Ruf als Hand-schriftenbearbeiter aber nicht schadete.354 Schönherr liess die Arbeit am Murenser Katalog ruhen; am Ziel der späte-ren Publikation des Katalogs hielt er selbst ebenso wie die Bibliotheksleitung fest und gewährte andern Forschern kei-nen Einblick in seine Katalogisate.355 In den folgenden Jah-ren verwertete er diese für einige Artikel in Tageszeitungen und Zeitschriften.356 1954 begann er mit der Bearbeitung

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62 der Handschriften des Klosters Wettingen und arbeitete da-neben in Solothurn am Katalog der mittelalterlichen Hand-schriften der dortigen Zentralbibliothek.In dieser Zeit bereitete Albert Bruckner den siebten Band der ‚Scriptoria medii aevi Helvetica’, der die aargauischen Got-teshäuser behandelt, vor.357 Darin nahm Muri den ersten Platz ein. Bruckner arbeitete nach dem Katalog von Schön-herr, ohne ihn zu zitieren, verwendete in der Regel Schön-herrs neue Signaturen, in den Abbildungen gelegentlich die alten.358 Er überprüfte und korrigierte die Katalogisate und gab in den Anmerkungen kurze Beschreibungen der wich-tigsten Handschriften. Die neuen Signaturen, die nie in die Handschriften eingetragen oder auf Signaturschildern fest-gehalten wurden, kamen in den 1970er-Jahren wieder ausser Gebrauch; seither zitiert man wieder nach den alten Signatu-ren, so dass der Benutzer der ‚Scriptoria’ nur mit Hilfe einer Konkordanz feststellen kann, welche Handschrift jeweils ge-meint ist.359 Bruckner fand in den aufbewahrten Klosterar-chiven, die zum Staatsarchiv gehören, Dutzende von weiteren Fragmenten, «die in vielen Fällen gewiss altes Bibliotheksgut des betreffenden Gotteshauses bildeten.»360 Bruckner bear-beitete auch die in Sarnen befindlichen Handschriften aus dem Kloster Muri und beschrieb sie in gleicher Weise wie die in Aarau liegenden, gab einen Überblick über den gesamten Bestand der ehemaligen Klosterbibliothek, verglich ihn mit den erhaltenen Bücherverzeichnissen und verfasste die erste fundierte Bibliotheksgeschichte von Muri. Darin beschrieb er die Blütezeit im Hochmittelalter, den Niedergang im Spät-mittelalter, die Sammeltätigkeit in der frühen Neuzeit und die Makulierung alter Handschriften vom späten 16. bis ins 18. Jahrhundert. Im Sarner Bestand erkannte Bruckner viele aus Hermetschwil stammende Handschriften und schrieb auch die Bibliotheksgeschichte des Frauenklosters. Auch wenn die Forschung einige Zuschreibungen korrigierte, blieb Bruck-ners Arbeit die Grundlage für die weitere Beschäftigung mit den Handschriften aus Muri und Hermetschwil.

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631 AA/4947; Edition: Acta Murensia, hrsg. v. Martin Kiem (Quellen zur Schweizer Geschichte, Bd. 3, 3. Abt., Basel 1883).

2 Acta Murensia 1, S. 18: «… quis scit enim, si super hunc locum talia ideo evenerunt, quia ipsi heredes pauperes fuerunt, nec ab ipsis unquam ad talem gloriam perduceretur, etiam si voluissent; sed in illorum manus datus est, qui hoc perficerent, cum voluissent?»

3 Acta Murensia 1, S. 19f.4 Hrsg. von Martin Kiem (Quellen zur Schweizer Geschichte, Bd. 3,

3. Abt., Basel 1883), S. 107–109.5 Zu den Diskussionen über die lothringische oder habsburgische Her-

kunft Bischof Werners, zu seiner und Gräfin Itas Rolle bei der Klos-tergründung, sowie zur Entstehungsgeschichte der ‚Acta Murensia’ und des Testamentes von Bischof Werner vgl. Bruno Wilhelm, Die ältesten Geschichtsquellen des Klosters Muri im Lichte der neueren Forschung, in: Festgabe zur neunten Jahrhundertfeier des Benedikti-nerstifts Muri-Gries, Sarnen 1927, S. 17–75 [Zusammenstellung der älteren Forschung]; Hermann Jakobs, Der Adel in der Klosterreform von St. Blasien, Köln 1968, S. 41–49; Beda Szukics, Die Anfänge des Klosters Muri, ungedruckte Baccalaureatsarbeit, Rom 1985; Hel-vetia sacra III, 1, 2, S. 896–901 [Jean Jaques Siegrist]; Eduard Hla-witschka, Zur Herkunft und zu den Seitenverwandten des Gegen-königs Rudolf von Rheinfelden, in: Die Salier und das Reich, hrsg. v. Stefan Weinfurter, Sigmaringen 1991, Bd. 1, S. 175–220.

6 Acta Murensia 2, S. 20: «Quod autem alia scriptura narrat, illum solum esse fundatorem huius loci, hoc propterea sapientibus viris visum est melius, quia ipse in hiis tribus personis potior inventus est, ut eo firmior ac validior sententia sit, quam si a femina construc-tum esse diceretur.»

7 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 922.8 Ebenda.9 Ebenda.10 Ebenda, S. 923.11 Acta Murensia 9, S. 31: «Contigit vero interim, ut fratres de cella

sancti Blasii, que antea vocabatur Alba, de fluvio, qui preterfluit, mutarent suam priorem conswetudinem, que ibi docta ab Heremi-tis erat, et se transferrent ad Fructuariensem conswetudinem. Au-diensque comes Wernharius multa inde laudabilia, hinc autem, id est ab isto loco, multa, que sibi displicebant, cogitare cepit, ut et hic faceret illam conswetudinem …»

12 Acta Murensia 10, S. 32: «Placuit eis [Wilhelm von Hirsau und Siegfried von Schaffhausen] satis bene locus iste, reversique ad eun-dem comitem monu[e]runt eum, ut pro salute anime sue dimitteret locum liberum ac rusticos et ministros suos separaret a cella.»

13 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 923.14 Ebenda.15 Acta Murensia 11, S. 34–36.16 Acta Murensia 12, S. 37f.; zu den Ereignissen vgl. Jakobs, Der

Adel in der Klosterreform (wie Anm. 5), S. 49–65.17 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 924.18 Acta Murensia 11, S. 35: «Eo etiam tempore misit [Giselbertus]

hic suos exteriores fratres cum sororibus, de qua conswetudine etiam adhuc assunt.»

19 Urban Küsters, Formen und Modelle religiöser Frauengemein-schaften im Umkreis der Hirsauer Reform des 11. und 12. Jahr-hunderts, in: Hirsau St. Peter und Paul 1091–1991, Teil 2, Stuttgart 1991, S. 195, 207.

20 Elsanne Gilomen-Schenkel, Das Doppelkloster – eine verschwie-gene Institution. Engelberg und andere Beispiele aus dem Umkreis der Helvetia sacra, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 101 (1990), S. 197–211; die-selbe, Engelberg, Interlaken und andere autonome Doppelklöster im Südwesten des Reiches (11.–13. Jh.). Zur Quellenproblematik und zur historiographischen Tradition, in: Doppelklöster und ande-re Formen der Symbiose männlicher und weiblicher Religiosen im Mittelalter, hrsg. v. Kaspar Elm und Michael Parisse, Berlin 1992, S. 115–133. Am längsten Bestand hatte die Institution des Dop-pelklosters in Engelberg, dass erst 1615 durch den Wegzug der Frauen in das Kloster St. Andreas in Sarnen die Form des monastischen Zu-sammenlebens von Mönchen und Nonnen aufgab, Rolf De Kegel, Das Doppelkloster Engelberg – eine vergessene Form monastischen Zusammenlebens, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 111 (2000), S. 347–380.

21 Acta Murensia 20, S. 60.22 Pachomius, Praecepta 143, in: Heinrich Bacht, Das Vermächtnis

des Ursprungs, Würzburg 1983, Bd. 2, S. 113f.23 Die Chronik des Klosters Petershausen, neu herausgegeben und

übersetzt von Otto Feger, Konstanz 1956 (Schwäbische Chroniken der Stauferzeit, Bd. 3), S. 25.

24 Acta Murensia 20, S. 60f.: «De conswetudine autem congregandi feminas, que hic jam multis annis viginti [statt viguit], nobis est exemplum vita sanctorum patrum, qui et ipsi feminas congrega-verunt ob amorem Dei, quarum mansio et vita ita perfecta debet esse separata a monachis, ut nulla inter eas possit esse suspicio, sed a solo abbate et prepositus [statt preposito], qui eis prelati fuerint, earum vita et religio ordinetur.»

25 Idung von Prüfening, Argumentum super quatuor questionibus, ed. Robert Burchard Constantijn Huygens, in: Studi Medievali 13, I (1972), 644f., S. 361: «Illa ergo clausurae custodia, quae ex regula sancti Benedicti habetur, illi quae sponsae Christi debetur, inpar et inferior est. Non enim sanctus Benedictus scripsit regulam illam sacris virginibus, sed monachis tantum …»

26 Küsters, Formen (wie Anm. 19), S. 216–218.27 UB Zürich 1, Nr. 279, S. 163ff.28 Der Frauenkonvent von St. Blasien wurde 1108–1110 nach Berau

verlegt.29 Zum Beispiel Acta Murensia 24, S. 74: «Ibi etiam habemus …

predium Chünze matrone, que ad istum locum ad conversionem secessit cum tribus filialibus suis, id est Berkta, Gepa, Ita»; eben-da 30, S. 94: «Nos autem alacres vendimus alia bona predia, et ob hanc necessitatem accepimus ad conversionem duas sorores, scilicet

Anmerkungen

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64Trütilam et Gutam, ut acquireremus argentum, anno dominice in-carnationis MCXXVIII sub abbate Rözelino.»

30 In den Kalendarien der Psalter Cod. membr. 19 und 20, hauptsäch-lich aber im Necrologium des Kapiteloffiziumsbuches des Klosters Hermetschwil (AA/4530).

31 Zu den Necrologien als Quellen für die Doppelklöster siehe auch Elsanne Gilomen-Schenkel, Frühes Mönchtum und benediktini-sche Klöster des Mittelalters in der Schweiz, Helvetia sacra III, 1, 1, S. 75–78.

32 Cod. membr. 18, 131v.33 Bücheranschaffungen des Propstes Burkard, 11. Jh., Acta Muren-

sia 7, S. 27; Verzeichnis der Bücher in der oberen Pfarrkirche St. Goar, Muri, 12. Jh., Acta Murensia 18, S. 56; Bücherschenkun-gen des Conradus cellerarius, 12. Jh., Acta Murensia 32, S. 97; Paul Lehmann, Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 1, München 1918, S. 210, S. 213 Nr. 41, 43, 44.

34 Acta Murensia 16, S. 50 (Verzeichnis der Kirchengeräte): «Adhuc sunt hic duo plenaria, unum cum auro et lapidibus pretiosis optime factum est, alterum autem cum argento …»

35 Acta Murensia 5, S. 23f.; Paul Lehmann, Mittelalterliche Biblio-thekskataloge, Bd. 1, S. 209f. Nr. 40.

36 Acta Murensia 17, S. 51–55; Paul Lehmann, Mittelalterliche Bibliothekskataloge, Bd. 1, S. 210–212. Zu ‚breviculus’ – kleines Verzeichnis, vgl. Mittellateinisches Wörterbuch, Bd. 1, München 1967, Sp. 1572 mit zwei Belegen, beide aus den ‚Acta Murensia’ stammend (Acta Murensia 17, S. 51: «Libros autem qui hic sunt, subsequens breviculus pandit»; ebenda 23, S. 70: «… quantam sub-stantiam in ipso vico possideamus, breviculus pandit»).

37 Acta Murensia 17, S. 54: «Sunt adhuc hic opuscula libellorum satis utilia, que oportet servare et meliorare et non destruere, quia nos non potuimus ea hic sigillatim describere.»

38 Ebenda 10, S. 34: «Jussit deinde libros et omnem subpellectilem monasterii super tapete ponere ante altare …»

39 Rudolf Gamper, Gaby Knoch-Mund, Marlis Stähli, Die Hand-schriften der Schaffhauser Klöster. Vom Allerheiligenskriptorium zur Ministerialbibliothek, Dietikon-Zürich 1994, S. 17–19.

40 Paul Lehmann, Die Bibliothek des Klosters Beinwil um 1200, in: Erforschung des Mittelalters. Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze von Paul Lehmann, Bd. 2, Stuttgart 1959, S. 156–170; erstmals erschienen in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchenge-schichte 44 (1950), S. 1–16.

41 Allerheiligen: 1049 von Eberhard von Nellenburg gegründet, 1080 von Hirsau reformiert (Helvetia sacra III, 1, 3, S. 1490ff.); Bein-wil: Um die Wende des 11. zum 12. Jh. als Eigenkloster gegründet, 1147 päpstliches Eigenkloster, stand unter hirsauischem Einfluss (Helvetia sacra III, 1, 1, S. 384ff.).

42 Paul Lehmann, Mittelalterliche Bibliothekskataloge, Bd. 1, S. 485f. Nr. 96; Carl Pfaff, Die Bücherverzeichnisse, in: Iso Müller und Carl Pfaff, Thesaurus Fabariensis. Die Reliquien-, Schatz- und Bü-

cherverzeichnisse im Liber Viventium von Pfäfers (St.Galler Kultur und Geschichte 15, 1986), S. 102–112.

43 Zur Bedeutung der Werke des Augustinus: Raymund Kottje, Klos-terbibliotheken und monastische Kultur in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 80 (1969), S. 145–162; einschränkend dazu Felix Heinzer, Buchkultur und Bibliotheksgeschichte Hirsaus, in: Hirsau St. Peter und Paul 1091–1991, Teil 2, Stuttgart 1991, S. 259–296, hier besonders 264f.

44 Alois Schulte, Habsburger Studien I, in: MIÖG 7 (1886), S. 19 erwägt die Identifikation der ‚omelie Cesarii’ mit den Homilien des Caesarius von Heisterbach († nach 1240). Akzeptierte man diese Identifikation, wäre der ‚Breviculus’ entweder erst im 13. Jh. ge-schrieben oder aber im 13. Jh. ergänzt worden.

45 Beispielsweise konnten nicht identifiziert werden: ‚occupationes Hugonis’ (Acta Murensia 17, S. 53: «Item occupationes Hugonis et Augustini epistola ad comitem»).

46 Acta Murensia 17, S. 52: «Item liber miraculorum, et in ipso Roma-nus ordo, qui vocatur micrologus, et versus de sancta Maria Egyptiaca.»

47 Rudolf Gamper, Die Rechts- und Herrschaftsverhältnisse des Aller-heiligenklosters im 11. und 12. Jahrhundert, in: Kurt Bänteli, Ru-dolf Gamper, Peter Lehmann, Das Kloster Allerheiligen in Schaff-hausen, Schaffhausen 1999, S. 129 mit Anm. 1122.

48 Die Chroniken Bertholds von Reichenau und Bernolds von Kon-stanz 1054–1100, hrsg. v. Ian S. Robinson, Hannover 2003.

49 Edition: PL 151, Sp. 978–1022.50 Acta Murensia 17, S. 54: «… duo libri de Walthario …»51 Ebenda 17, S. 54: «… musica Hupaldi, … musica Wilhelmi, musica

Bern, musica Ottonis …»52 Ebenda 17, S. 53f.: «… et duo lectionarii, unus cum lectionibus ha-

bet et ewangelia … et XIII psalteria, duo ex his habent hymnos.»53 Ebenda 17, S. 54.54 Ebenda 17, S. 53.55 Herkunft, d. h. Schriftheimat; im Register unter ‚Provenienz I’.56 Acta Murensia 11, S. 35f.: «Hic fuit secundus abbas istius loci, vir

valde religiosus ac monastice vite institutor probatissimus.»57 AA/4530, S. 1–24; Edition: Kläui, Urkunden Hermetschwil, S.

161–187.58 AA/4530, S. 125–181.59 AA/4530, S. 47–122.60 Zur Verwendung des Begriffes ‚congregatio’ für Kloster, Stift s. Mit-

tellateinisches Wörterbuch, Bd. 2, München 1999, Sp. 1411.61 Oben, S. 20.62 Z. B. Cod. membr. 18, 125r: «Deus venie largitor et humane salutis

amator quesumus clementiam tuam ut nostre congregationis fratres et sorores et omnes debitores nostros qui ex hoc seculo transierunt … ad perpetue beatitudinis consortium pervenire concedas.»

63 Cod. membr. 18, 36r: «Confiteor deo omnipotenti et beate Marie et omnibus sanctis eius et vobis, soror peccavi in cogitatione, in locutione et opere, propterea precor vos orate pro me.»

64 Cod. membr. 11, z. B. 56vb «… veniant due in medio chorum»; 57ra

Anmerkungen

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65«Sint et alie due ante altare verse ad chorum …» 57va «… dicatur a puella …»

65 Cod. membr. 18, 123r–v; in der ganzen Handschrift die einzige neu-mierte Partie.

66 Cod. membr. 18, 125r, s. auch oben, Anm. 62.67 Klaus Arnold, Admont und die monastische Reform, in: Zeit-

schrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 89, Kanonistische Abteilung 58 (1972), Anhang S. 368 [10], vgl. auch [8].

68 Ebenda, S. 369 [21]: «Soror dum obisse nunciatur, indifferenter quodlibet tempus sit, omnia signa pulsantur; et dum expeditus a regulari ordine fuerit, conventus in capellam aggregatur et pro de-functa continuatim solita psalmodia recitatur… Ante priorem mis-sam cum cruce et candelabris et thuribulo ad monasterium sororum procedimus et corpus sepeliendum … levamus et ad nostram eccle-siam deferimus …»

69 Amschwand, Siegel, S. 8f.70 Cod. membr. 13, 185r–v: Papsturkunde für Abt Arnold von Muri

von 1233: Im Auftrag von Papst Gregor IX. zieht Philippus de Alisio 6 Goldmark vom Murenser Abt Arnold für die jährlich zu entrich-tende Abgabe der vergangenen 42 Jahre ein. Abbildung: Bruckner, Scriptoria 7, Taf. 32; in Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 926 wird als letzter Beleg für seine Tätigkeit der 10. 4. 1232 aufgeführt.

71 Bernhard Stettler, Die Eidgenossenschaft im 15. Jahrhundert – die Suche nach einem gemeinsamen Nenner, Zürich 2004, S. 91f., S. 128–136.

72 StAAG U.24/0339.73 StAAG U.24/0689 (25. 6. 1549).74 StAAG U.24/0393 (1. 5. 1439).75 StAAG U.24/0404 (25. 7. 1442).76 Kiem, Muri-Gries, Bd. 1, S. 378–385.77 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 930f.78 Z. B. aus Mellingen, Rheinfelden, Bremgarten, Aarau.79 Walther Merz, Die mittelalterlichen Burganlagen und Wehrbauten

des Kantons Aargau, Bd. 1, Aarau 1905, S. 119.80 Ebenda, S. 476.81 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 929.82 Guy P. Marchal, Sempach 1386, Basel 1986, S. 39–46; Alois Nie-

derstätter, Habsburg und die Eidgenossenschaft im Spätmittelal-ter, in: Schriften des Vereins für die Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 116 (1998), S. 8.

83 StAAG U.24/0012 und U.24/0013 (26. 12. 1242). U.24/0013: UB Zürich 2, Nr. 570, S. 74–76; U.24/0012: Placidus Weissenbach, Urkunden über das Haus Habsburg, in: Kurz/Weissenbach, Nr. 7, S. 14–16 (zu 1243).

84 StAAG U.24/0014 (29. 2. 1244), ed. UB Zürich 2, Nr. 597, S. 103f.

85 StAAG U.24/0060 (23. 7. 1326); Regesta episcoporum Con-stantiensium, Bd. 2, hrsg. v. Alexander Cartellieri, Innsbruck 1894, Nr. 4093, S. 126.

86 StAAG U.24/0062 und U.24/0063 (29. 4. 1328); Römische

Quellen zur Konstanzer Bistumsgeschichte zur Zeit der Päpste in Avignon 1305–1378, bearb. Karl Rieder, Innsbruck 1908, Nr. 813, S. 229; Regest: Anton Largiadèr, Die Papsturkunden der Schweiz von Innozenz III. bis Martin V. ohne Zürich, Bd. 2, Zürich 1970, Nr. 762, S. 37.

87 StAAG U.24/0076 (1. 7. 1346); Regesta episcoporum Constan-tiensium, Bd. 2 (wie Anm. 85), Nr. 4787, S. 207.

88 StAAG U.24/0164 (Vidimus vom 22. 8. 1399); Placidus Weis-senbach, Urkunden über das Haus Habsburg, in: Kurz/Weissen-bach, Nr. 30, S. 289–291.

89 StAAG U.24/0288 (2. 3. 1425).90 StAAG U.24/0165 (9. 10. 1399); Placidus Weissenbach, Urkun-

den über das Haus Habsburg, in: Kurz/Weissenbach, Nr. 31, S. 293f.

91 StAAG U.24/0209 (21. 8. 1405); Regesta episcoporum Con-stantiensium, Bd. 3, hrsg. v. Karl Rieder, Innsbruck 1913, Nr. 7911, S. 139.

92 StAAG U.24/0197 (2. 2. 1403); Placidus Weissenbach, Urkun-den über das Haus Habsburg, in: Kurz/Weissenbach, Nr. 37, S. 304f.

93 StAAG U.24/0253 (19. 2. 1414); Regesta episcoporum Con-stantiensium, Bd. 3 (wie Anm. 91), Nr. 8393, S. 193.

94 StAAG U.24/0542 (Wohlen, 17. 5. 1485) und U.24/0543 (Boswil, 17. 5. 1485).

95 Dazu Kiem, Muri-Gries, S. 190, Anm. 3: «Unter diesen, welche ‚kappen antragent’, sind die Novizen und Kleriker verstanden, die nach abgelegter Profession auf die Priesterweihe warteten.»

96 StAAG U.24/0191; Placidus Weissenbach, Urkunden über das Haus Habsburg, in: Kurz/Weissenbach, Nr. 36, S. 303f.: «Wir graff Hans von Habsburg, Herre ze Louffenberg, Heinrich Gessler und Herman von Reinach, ritter, tun kunt mit diesem gegenwurti-gen brief … daz der vorgenannt Apt Cunrad dis sumers anvachen und daz kloster in diesen siben jaren nechst nach einander künftig vngevarlich, al verr er kan oder mag, buwen sol mit hüsern, stuben und andern gemachen, als es vor kriegen gewesen ist. Darzu sol er allen priestern und dien, so kappen antragent, dieselben siebn jar uss iecklichem jerlichs zu der alten pfrund geben zwoy malter korns und ein malter habern …»

97 Amschwand, Siegel, S. 8f.98 EA 1, Nr. 440, S. 209f. (19. 11. 1418); dazu Germann, KDM Aar-

gau 5, S. 324, Anm. 8, der im ‚Dormenter’ eher einen Schlafstock mit Zellen als einen Schlafsaal sehen möchte.

99 Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen Cod. chart. 309, Anselm Weissenbach, Annales Monasterii Murensis, p. 268: «Die undeci-mo mensis Aprilis anno 1300 monasterium nostrum Murense vora-cissimo incendio est devastatum, quo infortunio plane ignoratur: ut adeo mirum nemini videatur, quod de praecendentibus quibusdam praesulibus tam modica supersunt rerum gestarum monumenta …»; Cod. chart. 312, Anselm Weissenbach, Ecclesiastica Monas-terii Murensis 1027–1688, p. 147: «… monasterium videlicet nos-

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66trum Murense (velut ex vetustissimis paret membranis) anno 1300 die 11 Aprilis miserrimo fuisse devastatum, ut adeo mirum non sit, quod de praecedentibus aliquot abbatibus tam modica habeantur monumenta …»

100 StAAG U.24/0060 (23. 7. 1326): «… propter guerras sepe in illis partibus ingruentes … monasterium adeo est in suis redditibus di-minutum quod ipse … abbas et conventus nequeunt hospitalitatem solitam observare …»; StAAG U.24/0062 und U.24/0063 (29. 4. 1328): «… propter guerras que in illis partibus diutius ingruerurunt ac nimiam susceptionem hospitum quos ex gentibus dilectorum filiorum ducum Austrie et aliorum nobilium cum in medio terre dictorum ducum dictum monasterium consistere dinoscatur …»

101 Anselm Weissenbach, Ecclesiastica (wie Anm. 99), p. 17: «… prae-sertim cum sub id tempus anno nimirum 1300 die 11 Aprilis et item anno 1363 die 8 Martii bis in uno seculo monasterium in-fernis ignibus fuisset devastatum»; p. 153: «Primam Henrici men-tionem habemus in scrinio Tallwil ubi partem aliquam vinearum coemisse fertur anno 1363 quod satis admirari non possum: cum vetusta membrana doceant, hoc ipso anno die vero octava Martii totam stru[ctur]am ligneam monasterii Murensis combustione ig-nis esse devastatam. Et cedo! quo vel auctore vel infortunio? Dicam tibi religiose asceta Murensi, sed ad aurem secretam, id non tam ex infortunio seu incuria quam malevolorum inimicitia contigisse: sub id enim vero temporis cum Helvetiae cantones tyrannidis ab Austri-acis praefectis exercitae pertaesi tanto in Austriacos duces exarserunt odio, ut omnes eorundem fautores (quales in his etiam partibus nonulli fuerunt nobiles) igne gladioque sint depopulati; hos inter asceticii nostri asseclae ac incolae praefatis ducibus seu benefactori-bus seu advocatis summopere, ac merito quidem favebant ut in eam Helvetorum invidiam dilapsi extremas huiusmodi deflagrati coeno-bii miserias experiri patique debuerint: id quod obscuris quidem verbis Leopoldus in instrumento iuris patronatus ac decimarum ecclesiae Surseensis monasterio dotati anno 1399 insinuasse videtur his quidem verbis ex germanico idiomate transsumptis Nos ingentis damni memores, quod honorabile monasterium Mure universim nostri causa perpessum est in bellis contra nostros inobedientes Helvetos etc.»

102 StAAG U.24/0096 (4. 12. 1363): «… das wir einhelklich mit gesam-meten capitel und guter vorbetrachtung durch unser gotzhus nutz und notdurft verköft haben und ze rechten libding dem erberen un-serm conventbruder Chunraden Martis selgen Brunners sun ze kouf-fene geben drie jucherten reben in dem banne zu Talwile gelegen …»

103 StAAG U.24/0174: «… monasterium in Mure praedictum per hos-tes illustris quondam principis dilecti filii nostri Leopoldi ducis Aus-trie fuerat conbustum et adeo devastatum, quod ibidem pro persona abbatis vix manserit habitatio sufficiens …»

104 StAAG U.24/0254 (3. 11. 1414): «… in Mure et ibidem in stuba inferiori domus abbatialis abbatis monasterii Murensis …»; Placi-dus Weissenbach, Urkunden über das Haus Habsburg, in: Kurz/Weissenbach, Nr. 47, S. 447f. Ein weiteres Zeugnis für das Abt-haus findet sich in StAAG U.24/0316 (17. 5. 1427): «… in monas-

terio Murensi infra stepta [sic, für septa?] monasterii eiusdem et in stubella minori domus abbacialis ibidem …»

105 StAAG U.24/0394–U.24/0396, alle vom 26. 1. 1440.106 StAAG U.24/0424 (24. 6. 1452).107 StAAG U.24/0542 und U.24/ 0543: «… monasterium ipsorum et

ecclesia eorumque in suis edificiis et structuris adeo defectuosum existat, ipsi monasterium … reedificare et reficere sumptibus et fa-cultatibus suis minime possint …»

108 StAAG U.24/0241 (11. 6. 1412); Regesta episcoporum Con-stantiensium, Bd. 3 (wie Anm. 91), Nr. 8301, S. 183; Largiadèr, Papsturkunden (wie Anm. 86), Bd. 2, Nr. 977, S. 131.

109 StAAG U.24/0369 (7. 3. 1435).110 StAAG U.24/0241 (11. 6. 1412): «… Ad audientiam nostram per-

venit quod tam dilecti filii, abbas et conventus monasterii in Mure … quam predecessores eorum, qui fuerunt pro tempore, decimas, redditus, census, primicias terras, domos, vineas, grangias, nemora, piscinas, prata, pascua, stagna, molendina, villas, legata, pensiones, possessiones, iura, iuriditiones et quendam alia bona … in grava-men ipsorum abbatis ac monasterii lesionem, nonnullis clericis et laicis, aliquibus eorum ad vitam, quibusdam vero ad non modicum tempus et aliis perpetuo ad firmam vel sub censu annuo concesse-runt …»

111 MsMurF 87 (unpagniert): «Tametsi autem plurimi Codices modo recensiti vel temporum, bellorum, flammarum – nam intra unius spatium saeculi bis Monasterium Murense conflagravit – hominum injuria vel praesidum aut custodum rei literariae incuria perierint, non defuerunt tamen suis temporibus monachi qui idem scribendi studium sedulo sunt prosecuti, veluti ex subjecto manuscriptorum syllabo videre est».

112 Die Wasserzeichen des Papiers belegen die zeitliche Nähe der beiden Stücke; Acta Murensia AA/4947: Horn, Piccard II 261 und 267 (1394–1398); Urbar AA/5002: Horn, ähnlich Piccard II 287 und 288 (1397–1399) und Ochsenkopf, Piccard VIII 23 (1399–1405); Teiledition: Quellenwerk zur Entstehung der Eidgenossenschaft, Abt. 2, Bd. 3, bearb. von Paul Kläui, Aarau 1951, S. 335–338.

113 StAAG U.24/0216; Placidus Weissenbach, Urkunden über das Haus Habsburg, in: Kurz/Weissenbach, Nr. 42, S. 312f., hier S. 312.

114 Siehe oben Anm. 70.115 MsMurQ 7, XXVIIIr–XXXIVr.116 Gilomen-Schenkel, Engelberg (wie Anm. 20), S. 127.117 Periode 1140–1200: 94 Mönche / 63 Nonnen; Periode 1200–1260:

117 Mönche / 144 Nonnen.118 De Kegel, Das Doppelkloster Engelberg (wie Anm. 20), S. 350–

355.119 Anselm Weissenbach, Annales (wie Anm. 99), p. 180: «Annus

M.CC. Circa haec tempora sanctimoniales nobiscum centum et ul-tra annos hactenus in laude dei commoratae unanimiter, ex antiqua traditione creduntur in Hermetswile esse translatae …»; vgl. An-selm Weissenbach, Ecclesiastica (wie Anm. 99), p. 140f.: «Sub hoc

Anmerkungen

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67abbate [Anselmo] sanctimoniales hactenus in monasterio nos tro Murensi deo viventes videntur esse translatae in Hermetswil …»

120 Hermetschwiler Sammlerbuch AA/4561, S. 12.121 Annemarie Dubler, in: Helvetia Sacra III, 1, 3, S. 1814, datiert die

‚Versetzung’ des Frauenkonventes auf Ende des 12. Jhs.; die von ihr u. a. durch Kläui vorgenommene Datierung der erstmaligen Nen-nung des ‚cenobium Hermotswilare’ im Kapiteloffiziumsbuch von Hermetschwil (AA/4530), S. 122 (Kläui, Urkunden Hermetschwil Nr. 1, S. 1) auf das Ende des 12. Jhs. lässt sich aus paläographischer Sicht nicht bestätigen.

122 Mahthilt s. n. c. et magistra (9. 3.); Gerdrudis s. n. c. et magistra (16. 3.); Gisela s. n. c. magistra (8. 4.).

123 Dubler, Hermetschwil, S. 74.124 UB Zürich 2, Nr. 597, S. 103: «… ita tamen, quod abbas monas-

terii Murensis, qui pro tempore fuit, collegium monialium eiusdem loci in temporalibus et spiritualibus gubernet secundum regulam ordinis Benedicti.»

125 Vgl. dazu bereits Anselm Weissenbach, Ecclesiastica (wie Anm. 99), p. 358f.: «P. Augustinus Stocklin noster scribit, credibile est translationem monialium ex Muris in Hermetswil esse factam circa annum domini 1200 sub abbate Anselmo vel paulo post idque ex hoc probat coniectura, quod quarta decimarum pars in Stallikon ab antea et adhuc anno 1178 ab Alexandro papa III et iterum anno 1188 a Clemente papa III Murensi coenobio fuerit adiudicata, quae in divisione Hermetsvillanis contingebat. Cum tamen paulo post quippe anno 1244 iam Hermetisvillae habitasse ex infra notandis dignoscentur: adeoque intermedio hoc temporis intervallo Muris excessisse non est dubitandum.»

126 Dubler, Hermetschwil, S. 25, S. 74ff.127 Quellenwerk zur Entstehung der Eidgenossenschaft, Abt. 2, Bd.

3 (wie Anm. 112), S. 315–335.128 Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 17, S. 11f.; deutsche Übertra-

gung des 16. Jhs. im Hermetschwiler Sammlerbuch AA/4561, S. 196.129 Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 5, S. 2f.130 Siehe oben S. 12.131 Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 5, S. 3: «… ad mensam

communem venient omnes sine impetu vel clamore … appositis contente cum modestia verborum et operum aut signorum absque murmuratione qualibet ad benedicendum domino pro donis accep-tis rediture.»

132 Ebenda: «… in dormitorio omnes vos recipere lectis singulis volu-mus …»; vgl. Regula Benedicti XXII, 1: «Singuli per singula lecta dormiant», CSEL 752, S. 84.

133 Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 5, S. 3: «… operari debetis nec inveniri ociose, quod utilitati communi proficere videatur, ad cuius laboris operas sorores per annos plurimos inconsuetas … mo-neri sed compelli non iubemus.» Die Schonung der ‚sorores ad ope-ras inconsuetae’ entspricht Regula Benedicti XLVIII, 24: «Fratribus infirmis aut delicatis talis opera aut ars iniungantur, ut nec otiosi sint nec violenti laboris opprimantur aut effugantur.»

134 Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 5, S. 3: «Liceat vobis intra muros per ortos et pomeria … spaciari, porta clausa, que respicit ad stratam publicam, que nec debet nisi religiosis vel parentibus vestris et aliis personis non suspectis de licentia magistre … apperiri.»

135 Ebenda: «… decernimus, ut si qua vestrum immemor observantie discipline deliquerit … commonita per magistram correctioni de-bite non paruerit … a stipendio prebende suspendatur et a nobis excommunicata per sententiam … nuntietur foras a consortio soro-rum penitus excludenda.»

136 AA/4533, 52r.137 Ferdinand Niederberger, Das Geschlecht Businger zur Zeit der

Entwicklung der alten Eidgenossenschaft, Stans 1963, verzeichnet Hartmann Businger S. 67 in der Genealogie I als Sohn Luitolts Buesinger, Burger von Regensberg, Verena S. 20 und Ulrich S. 24 ohne genealogische Einordung unter den Namensträgern ‚in und von Neu-Regensberg’; siehe auch HLS Bd. 3 (2004), S. 140f.

138 Dubler, Hermetschwil, S. 60; zum Grund- und Güterbesitz S. 74ff.

139 StAAG U.24/0318: «Ob hoc de tue devotionis sinceritate et vite monastice experimento plurimum confidemus teque in pastoralis cure nostre sublevamen exhortando requiremus … ut resumpto onere resignate cure devotarum praedictarum iuxta statuti metro-politici et ordinacionis recolende memorie quondam domini Eber-hardi praedecessoris nostri continentiam regimen et gubernacionem earum sic recolligens et iterato suscipiens …»; zitiert nach der deut-schen Übertragung im Hermetschwiler Sammlerbuch AA/4561, S. 198f.; Regesten: Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 47, S. 32f.; Regesta episcoporum Constantiensium, Bd. 3 (wie Anm. 91), Nr. 9232, S. 292.

140 StAAG U.24/0319: «… Ab omni prespiterorum et laicorum suspec-ta conversacione soli deo cui estis dedicate vacantes vos ex toto iuxta et secundum quodam Eberhardi episcopi Constanciensis predeces-soris nostri pro vobis editi statuti continenciam studeatis, segregare effrenes enim rebelles et inobedientes …»; Regesta episcoporum Constantiensium, Bd. 3 (wie Anm. 91), Nr. 9237, S. 292.

141 Dubler, Hermetschwil, S. 28.142 Dazu z. B. Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 35, S. 22: «Vor

grau ff Hans von Habspurg … erscheinen die erber und geistlich vro Frena von Heidegg, meistrin des gotzhus ze Hemantswile … und mit ir der erwirdig geistlich herre apt Cunrat, apt des gotzhus ze Mure, ir ober …»; Nr. 86, S. 62: «Vor Lucas Zeiner, burger Zui rich und der zitt vogt im Wagental … erscheinen die erwirdigen geistli-chen frowen von Hermanschwil und ein gemein pursami zu Bessen-bui ren und ir lenlui t …»

143 Heute nicht mehr sichtbar auf Grund der Neubindung im 20. Jh. Der alte Einband beschrieben bei Bruckner, Scriptoria 7, S. 77, Anm. 69.

144 StAAG Einbandfragmente 1: AA/4556, 4557, 4619–4621, 4678, 4680, 4681, 4691, 4694, 4699, 4725, 4733, 4767, 4804, 4817, 4826a.

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68145 Cod. membr. 15, 46v–48v.146 Cod. membr. 15, 46v (‚stuba’); 47r (‚chust’). 147 Cod. chart. 150, 494v.148 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 933f.149 Helvetia Sacra III, 1, 3, S. 1832f.150 Kläui, Urkunden Hermetschwil, Nr. 48, S. 33; Nr. 58, S. 40f.151 Cod. chart. 169, 278v.152 Helvetia Sacra III, 1, 3, S. 1833f.153 Schenkungsvermerk Cod. chart. 28, 4v.154 Cod. chart. 191, 72v; Cod. chart. 192, 18r; Cod. chart. 197, 63v;

Cod. chart. 208, 74r; Cod. chart. 209, 7v; Cod. chart. 210, 1r.155 Edition: Dubler, Hermetschwil, Anhang 5, S. 332–335.156 Helvetia Sacra III, 1, 3, S. 1833.157 Dep. 0011 Q 1, 279v.158 Vgl. die Liste der Frauen und Laienschwestern des Klosters Her-

metschwil, Dubler, Hermetschwil, Anhang 3, S. 323–330.159 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 931.160 Ebenda.161 Ebenda, S. 932.162 Dahm, Inkunabelkatalog, Nr. 130 (nur in später Abschrift erhalten)

sowie Nr. 485 und 898 (Schulmeister Jakob Wüest). Nach der Jahr-hundertmitte: Strebel, Muri, S. 134–139.

163 MsMurF 8, 207v. Schornegg war auch Besitzer des Briefstellers MsMurQ 11 und mehrerer Inkunabeln. Dahm, Inkunabelkatalog, Nr. 97, 128(2), 390.

164 Karl Heinz Burmeister, Gerard F. Schmidt, Artikel Mennel (Man-lius), Jakob, in: Verfasserlexikon2 6 (1987), Sp. 389–395.

165 Helvetia Sacra I, 2, S. 236, Anm. 4.166 Die Notizen auf dem letzten Blatt der Weltchronik sind durch einen

Brief des Murenser Konventualen Leodegar Schmid an Beat Fidel Zurlauben von 1786 bezeugt. Hans Herzog, Die Beziehungen des Chronisten Ägidius Tschudi zum Aargau, in: Argovia 19 (1888), S. 75, Anm. 60. Sie waren nicht mehr in der Handschrift, als Pertz 1841/42 die Ausgabe der Chroniken Bertholds und Bernolds vor-bereitete. Dazu unten, S. 53.

167 Helvetia Sacra I, 2, S. 236, Anm. 4.168 Jakob Mennel, Cronica Habspurgensis nuper rigmatice edita (Kon-

stanz 1507), hrsg. v. Peter Albert, Die habsburgische Chronik des Konstanzer Bischofs Heinrich von Klingenberg, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 59 (1905), S. 219f., Verse 319–336; Erich Kleinschmidt, Herrscherdarstellung, Bern/München 1974, S. 269–277; Peter Kathol, Alles Erdreich Ist Habsburg Untertan. Studien zu genealogischen Konzepten Maximilians I. unter beson-derer Berücksichtigung der ‚Fürstlichen Chronik’ Jakob Mennels, in: MIÖG 106 (1998), S. 367.

169 Aegidius Tschudi, Chronicon Helveticum, Hilfsmittel, 1. Teil, hrsg. v. Christian Sieber, Basel 2001 (Quellen zur Schweizer Ge-schichte, NF. VII/H1), S. 69–71.

170 Stiftsbibliothek St.Gallen, Cod. 609, S. 362–407 (mit genealogi-schen Tafeln); vgl. Gottlieb Emanuel von Haller, Bibliothek der

Schweizer Geschichte, Bd. 3, Bern 1786, Nr. 1424.171 Augustin Stöcklin, Miscella historica monasterii Murensis collecta,

Archiv des Benediktinerkollegiums, Cod. chart. 313, S. 365: «Retulit modernus noster domnus abbas sese a maioribus nostris audivisse quod Bernenses copiae sub annum Christi MDXXXI tempore pug-nae Capellesiae dum monasterium hoc invasissens plerosque chori musicos libros partim gladiis transfodisse, partim lacerasse. Librum vero anniversarium continentem memorias et beneficia fundatorum et donatorum huius coenobii igne penitus exussisse.» Die historio-graphische Forschung bestätigt die Angaben Stöcklins zum Necro-logium: Jakob Mennel konnte es 1505/07 noch benützen, während für Tschudi, der in anderen Klöstern stets auch die nekrologischen Aufzeichnungen auswertete, keine Benutzungshinweise gefunden wurden (freundliche Mitteilung von Christian Sieber, Adliswil). Emil Schultz, Reformation und Gegenreformation in den Freien Ämtern, Diss. Basel 1899, S. 95; Alfred Schmid, Die Buchmalerei des XVI. Jahrhunderts in der Schweiz, Olten 1954, S. 108, Anm. 8.

172 Schultz, Reformation (wie Anm. 171), S. 128.173 Schmid, Buchmalerei (wie Anm. 171), S. 42–46.174 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 933.175 MsMurFm 10; Schmid, Buchmalerei (wie Anm. 171), S. 128. 176 Cod. membr. 34, 20v.177 Cod. membr. 22; Schmid, Buchmalerei (wie Anm. 171), S. 68 und

155.178 Notizen zum Psalter: Stöcklin, Miscella (wie Anm. 171), S. 140.179 Bernhard Anderes, Glasmalerei im Kreuzgang Muri, Bern 1974. 180 Strebel, Muri, S. 137f.; Kiem, Muri-Gries, Bd. 2, S. 111–113. 181 Strebel, Muri, S. 133f. und S. 151–154.182 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 933f.183 Anselm Weissenbach berief sich auf Briefe an den Abt, aus denen

man erfahre, dass er mit unermüdlichem Fleiss die Klosterbiblio-thek reorganisiert habe. Nach Strebel, Muri, S. 155.

184 Dahm, Inkunabelkatalog, Nr. 466.185 Strebel, Muri, S. 149f.186 Rupert Amschwand, in: Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 902.187 Rupert Amschwand, in: Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 903.188 Schultz, Reformation (wie Anm. 171), S. 139. 189 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 934–936.190 Rupert Amschwand, in: Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 904.191 Rupert Amschwand, in: Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 906f. und 935.192 Germann, KDM Aargau 5, S. 236; Strebel, Muri, S. 155, Anm.

163.193 MsMurFm 2, 125r; zu Winterlin: Martin Allemann, Ad honorem

Dei … Johann Caspar Winterlin – Buchmaler – 1570/72 bis 1634, (ohne Ort) 2004 (Unsere Heimat. Jahresschrift der historischen Ge-sellschaft Freiamt, 72).

194 Die Inkunabeln sind verzeichnet in: Dahm, Inkunabelkatalog, S. 385 (Register).

195 Wegmann, Exlibris, Nr. 5102, 5105, 5106, 5108, 5134, 5135, 5138–5140, 5143, 5144.

Anmerkungen

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69196 Heute Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. theol. qu. 199 und Staats-

archiv Luzern, FS 93. Herbert Köllner, Eine wiedergefundene Handschrift aus Muri: Berlin Ms. theol. lat. 4° 199, in: Studien zur Buchmalerei und Goldschmiedekunst des Mittelalters, Festschrift Karl Hermann Usener, Marburg an der Lahn 1967, S. 293–326; Gerard Achten, Die theologischen lateinischen Handschriften in Quarto der Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz Berlin. Teil 1, Wiesbaden 1979, S. 129–131; Hartmut Hoffmann, Buch-kunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich, Stuttgart 1986, Textband S. 282 und 291; Andreas Fingernagel, Die illuminierten lateinischen Handschriften deutscher Provenienz der Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz Berlin, 8.–12. Jahr-hundert, Wiesbaden 1991, Nr. 114 mit Abb. 389–391; Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern. Ausstellungka-talog, München 2005, S. 188, Nr. 27.

197 Die Schreiber von Cod. membr. 16 und Cod. chart. 149, Johan-nes Grusch und Benedikt Loher, werden im Totenbuch Augustin Stöcklins von ca. 1630 (AA/4956) unter dem 24. März und dem 31. März zu Unrecht als Konventualen von Muri bezeichnet.

198 MsMurF 7, MsMurF 14 und Mb 1550 mit Besitzeinträgen «Mo-nasterii Murensis» des 17. Jahrhunderts.

199 Frank Hieronymus, Nicolas Claude Fabri de Peiresc und die Origi-nes Murensis Monasterii 1618 oder des Abts Jodocus schlechtes Ge-wissen, in: Für Christoph Vischer, Basel 1973, S. 230–268 (92ff.).

200 Gottlieb Emanuel von Haller, Bibliothek der Schweizer Geschich-te, Bd. 2, Bern 1785, Nr. 1886–1936.

201 Germann, KDM Aargau 5, S. 225 und S. 213.202 Stöcklin, Miscella (wie Anm. 171). Darin sind mehrere mittel-

alterliche Handschriften zitiert, z.B. AA/4533 (S. 113–119 und S. 276), MsMurF 3 (S. 219), Ms MurF 8 (S. 291), Cod. membr. 8 (S. 325), Cod. membr. 12 (S. 288), Cod. membr. 13 (S. 288), Cod. membr. 20 (S. 301).

203 AA/4956. Zur historiographischen Tätigkeit Stöcklins in Muri: Iso Müller, Augustin Stöcklin. Ein Beitrag zum Bündner Barock-humanismus, in: Bündnerisches Monatsblatt 6/7 (1950), S. 188–193.

204 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 936f.205 Dominicus Tschudi, Origo et genealogia gloriosissimorum co-

mitum de Habsburg monasterii Murensis fundatorum, Konstanz 1651.

206 Rudolf Reinhardt, Die Schweizer Benediktiner in der Neuzeit, in: Helvetia Sacra III, 1, 1, S. 116.

207 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 940f.208 Jean Mabillon, Iter Germanicum, in: Veterum analectorum tomus

4, Paris 1685, S. 23–26, Neudruck Hamburg 1717, S. 23–26; von den neuzeitlichen Handschriften erwähnte Mabillon Stöcklins Ne-crologium («notantur etiam Habsburgensis familiae insigniores per-sonae») und dessen Werk ‚De antiquitatibus monasterii Fabarien-sis’ von 1628. Auszüge aus den Reiseberichten sind in Bruckner, Scriptoria 7, S. 75f., Anm. 56 abgedruckt.

209 Der St. Blasianer Konventuale Martin Gerbert erhielt keine Ein-sicht in die ‚Acta Murensia’, von der er gehört hatte, sie seien «schwer zu lesen und voller Abkürzungen (wie es die, so selbige mit Augen gesehen, bezeugen, dann wir konnten solche nicht zu sehen bekommen, so sehr wir auch darum bathen)»; Martin Gerbert, Reisen durch Alemannien, Welschland und Frankreich, Ulm 1767, S. 60, vgl. Martin Gerbert, Iter Alemannicum, St. Blasien 1765, S. 53–66. Die Verweigerung hängt wohl mit dem in der folgenden Anmerkung genannten Gelehrtenstreit um die ‚Acta Murensia’ zu-sammen. Gerberts Angaben über das verlorene alte Necrologium, das alte Konventualen in seinem Jahrhundert noch gesehen hätten, ist wenig glaubwürdig. Zum alten Necrologium von Muri siehe oben, S. 37f. mit Anm. 171.

210 Giuseppe Garampi geht in seinem Diario nur auf das ‚Chronicon Murense’ und die ‚Acta Murensia’ ein und referiert den Streit um Alter und Glaubwürdigkeit der ‚Acta Murensia’ zwischen den Ge-lehrten in den Klöstern St. Blasien und Muri, vgl. Haller, Biblio-thek, Bd. 2 (wie Anm. 200), Nr. 1908–1919. Giuseppe Garampi, Viaggio in Germania, Baviera, Svizzera, Olanda e Francia. Diario del Cardinale Giuseppe Garampi, hrsg. v. Gregorius Palmieri, Roma 1889, S. 80.

211 Philippe André Grandidier, Nouvelles œuvres inédites de Grandi-dier, publiés sous les auspices de la Société industrielle de Mulhouse (par A. M. P. Ingold), Bd. 1, Colmar 1897, S. 182–184.

212 Augustin Calmet, Diarium Helveticum, Einsiedeln 1756, S. 22–27. Der Schenkungseintrag in der Bibel mit den irrtümlich dem Reformator Zwingli († 1531) zugeschriebenen Marginalien lautet: «Domino Huldrico Zuinglio suo Joannes Frisius dono dedit M. D. X (?) L (?)» (RarF 17, a2r, unten). Der Eintrag bezieht sich auf den gleichnamigen Sohn des Reformators, der 1528–1581 lebte.

213 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 942.214 Fridolin Kopp, Vindiciae actorum Murensium, Muri 1750, S. 305–

318.215 Martin Gerbert, Monumenta veteris liturgicae Alemannicae, Bd. 1,

St. Blasien 1777, S. 492–500 und Bd. 2, St. Blasien, 1779, S. 99–104. Gerbert lokalisiert das Necrologium richtig nach Niedermüns-ter, glaubte aber die in den Einträgen zum 22. Juni, zum 16. Oktober und zum 28. Oktober genannten «Ratpoto comes», «Ita com.» und «Weinheri [sic] episcopus» mit den Stiftern des Klosters Muri Graf Radbot, Gräfin Ita und Bischof Werner identifizieren zu dürfen.

216 MsMurF 86 und 87. 217 Germann, KDM Aargau 5, S. 338–343. 218 Dubler, Hermetschwil, S. 29.219 Dubler, Hermetschwil, S. 31–33 und S. 62.220 Dubler, Hermetschwil, S. 62f.221 Helvetia Sacra III, 1, 3, S. 1836.222 Dubler, Hermetschwil, S. 33–35.223 Cod. membr. 9, 11, 15, 18, 19, 20, sowie wahrscheinlich 6 und 42;

Cod. chart. 28, 84, 150, 169, 191, sowie wahrscheinlich Dep. 0011 Q 1, AA/4530, AA/4533.

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70 224 Cod. membr. 23 mit Hymnar und Cantica, Cod. membr. 52 mit Officia varia, beide aus dem Jahr 1553; Cod. membr. 21 mit Officia varia. Schmid, Buchmalerei (wie Anm. 171), S. 154–156, Nr. 64 und Nr. 66f.

225 Cod. membr. 23, dazu Schmid, Buchmalerei (wie Anm. 171), S. 155f., Nr. 66, Cod. membr. 40, 41, 47, 56, 61, Cod. chart. 140, 151, 193, 214, 216. Einige Besitzerinnen von Brevieren waren am Ende des 17. Jahrhunderts noch bekannt und wurden im Bücher-verzeichnis von 1697 verzeichnet. Es handelt sich bei diesen Brevie-ren wahrscheinlich um Drucke.

226 Badische Landesbibliothek, Karlsruhe, Cod. Don. 120, S. 3; Karl August Barack, Die Handschriften der fürstlich-fürstenbergischen Hofbibliothek zu Donaueschingen, Tübingen 1865, S. 123.

227 Engelberg, Stiftsbibliothek, Cod. 423; Benedikt Gottwald, Ca-talogus codicum manu scriptorum qui asservantur in bibliotheca monasterii O.S.B. Engelbergensis, Freiburg i. Br. 1891, S. 258. Ein weiterer Sammelband mit einer Handschrift und Drucken: Dahm, Inkunabelkatalog, Nr. 386; Allemann, Winterlin (wie Anm. 193), S. 77, Nr. 22.

228 Regula Benedicti, XXXIII, 3. Der späteste Eintrag mit dem Namen einer Konventualin in einer mittelalterlichen Handschrift datiert von 1631 (Cod. membr. 65, 148v).

229 Helvetia Sacra III, 1, 3, S. 1837f.230 Ebenda, S. 1839f.231 Dubler, Hermetschwil, S. 37f.232 Johann Caspar Fäsi und Johann Jakob Fäsi, Rapport über den Zu-

stand der Klosterbibliotheken in Wettingen, Muri, St. Urban und Rheinau, 14. September 1798. Basel, Universitätsbibliothek VB C 26,3, S. 3f.; Kopie und Transkription in: StAAG Varia K (Kloster-bibliotheken). Die Verluste wurden Ludwig Hartmann, General-kommissär der Republik für den Einzug der Klostergüter, angelas-tet, sein Name ist im Katalog MsMurF 87 am Anfang am Rand eingetragen. Im Juli 1799 transportierte Hartmann 12 Kisten mit Wertgegenständen nach Aarau; einen Teil zweigte er für sich ab und wurde deswegen später verurteilt. Leo Weber, Die Klostervermö-gen – Anreiz zum aargauischen Klostersturm? in: Memorial Muri 1841, Muri 1991, S. 45.

233 Johann Caspar Fäsi und Johann Jakob Fäsi, Rapport (wie Anm. 232), S. 4f.

234 Germann, KDM Aargau 5, S. 342f. 235 Rupert Amschwand, Abt Adalbert Regli und die Aufhebung des

Klosters Muri, Sarnen 1956 (Beilage zum Jahresbericht des Kollegi-ums Sarnen 1955/56), S. 12–30.

236 Herbert Grundmann, Monumenta Germaniae Historica 1819–1969, München 1979, S. 1f.

237 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 945.238 Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde 1 (1819), S. 141f. 239 Karl Dümge, Franz Mone, Literarische Reise durch einen Theil des

vordern Schwabens und der Schweiz, in: Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde 1 (1819), S. 266.

240 Karl Dümge, Franz Mone, Adnotationes de codicibus manuscriptis historicis et anecdotis in itinere brevi Alemannico repertis, in: Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde 3 (1821), S. 210–212 sowie 4 (1822), S. 289f. und S. 315–318; zur Aargauer Kantons-bibliothek: Übersicht des Briefwechsels, 1820, August, in: Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde 2 (1820), S. 374.

241 Eberhard Gottlieb Graf, Diutiska. Denkmäler deutscher Spra-che und Literatur aus alten Handschriften, Bd. 2, Stuttgart 1827, S. 291–297; Heinrich Hoffmann, Fundgruben für Geschichte deutscher Sprache und Litteratur, Bd. 1, Breslau 1830, S. 294; Karl Lachmann, Über die Leiche der deutschen Dichter des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts, in: Rheinisches Museum für Philo-logie, Geschichte und griechische Philosophie 3 (1829ff.), S. 419–434; Wilhelm Wackernagel, Altdeutsches Lesebuch, Basel 1835, Sp. 203f. Wackernagel exzerpierte die Handschrift «im Jahr 1833 mitten unter dem letzten Waffenlärm der Baslerischen Wirren»: Wilhelm Wackernagel, Altdeutsche Predigten und Gebete aus Handschriften, Basel 1876, S. 285.

242 [Friederich Hurter], Die Katholiken des Aargaus und der Radi-calismus, Schaffhausen 1843, S. 190; zur Verfasserschaft: Konrad Mägis, Die Schaffhauser Schriftsteller von der Reformation bis zur Gegenwart, Schaffhausen 1869, S. 31. Nach Hermann und Theo-dor von Liebenau, Urkundliche Nachweise zu der Lebensgeschich-te der verwittweten Königin Agnes von Ungarn, 1280–1364, in: Argovia 5 (1866), S. 15f. gehörte das Gebetbuch «sehr alter Ueber-lieferung zufolge einst der Königin Agnes von Ungarn».

243 Der Katalog ist nur aus dem Inventar von 1834 bekannt; er wurde offenbar nicht fertiggestellt und ist – soweit bekannt – nicht erhal-ten.

244 Inventarium des löbl. Gotteshauses Muri, 1834, StAAG AA/5754, S. 144–146. Die Schätzung ist zu tief. Alfred Häberle zählte 1966 rund 15000 Bände ohne Handschriften und Inkunabeln. Briefliche Auskunft der Aargauer Kantonsbibliothek an Rupert Amschwand vom 16. August 1966. Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Korrespondenz Bibliothek. Andere Schätzungen: Raeber, «Schrif-ten von Werth» (wie Anm. 258), S. 315.

245 Amschwand, Regli (wie Anm. 235), S. 87–101, 123–141.246 Amschwand, Regli (wie Anm. 235), S. 147–161.247 Notiz im Inventar vom 23. Februar 1841: «An H. Profeßor Aebi in

Aarau unterm 16. Juni 1839: Hergott, Geneal. habsb. tom. 2 und 3, Codex epistolar. Rudolphi I et Gerbert.» StAAG AA/5847, S. 12.

248 Amschwand, Regli (wie Anm. 235), S. 288. Der Nachlass wurde später vom Kantonsbibliothekar Heinrich Kurz sehr hoch einge-schätzt; Heinrich Kurz, Die Aargauische Kantonsbibliothek, in: Kurz/Weissenbach, S. 118.

249 Harry Breslau, Geschichte der MGH, in: Neues Archiv 42 (1921), S. 268, Anm. 1.

250 Helvetia Sacra III, 1, 2, S. 945–947.251 Wenn Hermann von Liebenau im Brief vom 25. März 1863 an

Martin Kiem (Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Nachlass

Anmerkungen

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71Martin Kiem) von seinen 30-jährigen Forschungen über die An-fänge des Klosters Muri schrieb, ist das wohl übertrieben; Liebenau liess sich erst 1837 in Luzern nieder. Sicher verkehrte er seit 1839 in Muri, was aus einem Eintrag in einer Inkunabel hervorgeht, die er als «lützeles Zeichelin genozner Gastfryntschaft» Abt Adalbert Regli schenkte; Dahm, Inkunabelkatalog, Nr. 793.

252 Robert Oehler-Hartmann, Lebensbild von Karl Gottlieb Rein-hard Oehler, Aarau 1956, S. 62–64.

253 Karl Reinhard Oehler, Bruchstücke eines altdeutschen Drama’s, in: Kurz/Weissenbach, S. 223.

254 Amschwand, Regli (wie Anm. 235), S. 191. 255 Amschwand, Regli (wie Anm. 235), S. 229–251; Heinrich Stä-

helin, Geschichte des Kantons Aargau 1830–1885, Baden 1978, S. 88–100; Weber, Klostervermögen (wie Anm. 232), S. 79–90; Othmar Pfyl, Artikel Aargauer Klosterstreit, HLS, Bd. 1 (2002), S. 45.

256 Amschwand, Regli (wie Anm. 235), S. 262.257 Peter Hägler, Die Vertreibung der Murimönche, in: Memorial

Muri 1841, Muri 1991, S. 171–195.258 Judith Raeber, «Schriften von Werth», Vom Schicksal der Kloster-

bibliothek Muri, in: Ulrico Hoepli, 1847–1935, Buchhändler, Ver-leger, Antiquar, Mäzen, hrsg. v. Joseph Jung, Zürich 1997, S. 315. Einige Fälle sind bezeugt: Im Inventar des Kirchenschatzes werden einige Bände aufgezählt, die sich «in der obern Kustorei in einem Kasten» befanden: «1 Pontificale in 3 Bänden, 1 Kanon, 1 Meßbuch, 1 Evangelienbuch, 1 Buch bei den Profeßionen gebraucht (hat der Abt Adalbert mit sich genommen)». Muri. Verificiertes Kloster-In-ventar 1841, StAAG AA/5847, S. 7. Bei den aufgezählten Bänden handelt es sich um Drucke. – Notiz von Rupert Amschwand nach einem Brief vom 1. Dez. 1846 von Pater Jos. an Adalbert Regli: «Pater Augustin rettete die hl. Schrift aus Muri, aus der per multa saecula im Refektorium in Muri vorgelesen wurde und deponierte sie bei Pater Jos. in Wohlen. Dieser schickte sie durch Br. Bernhard 1846 nach Gries.» Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Kor-respondenz Bibliothek.

259 Amschwand, Regli (wie Anm. 235), S. 281–283; Adelhelm Rast, Artikel Kretz, P. Leodegar, in: Österreichisches biographisches Lexi-kon 1815–1950, Bd. 4, Wien 1969, S. 264.

260 Hugo Müller, Die Klosterapotheke in Muri, Muri 1988, S. 41–44. 261 Joseph Weibel, der als tüchtiger Apotheker und treuer Gefolgsmann

des Abtes mit beiden Parteien regelmässig Kontakt pflegte, berich-tete in einem Brief vom 6. Oktober 1842 an Abt Adalbert Regli: «Dieser [der Verwalter] äusserte mir nämlich verflossene Woche den Verdacht, welchen er schon lange hegte, die Bibliothek seie er-schlossen und Bücher entwendet worden. In Verdacht dieses gethan zu haben steht vorzüglich Herr Pater Leodegar. Ich suchte so viel möglich ihm alles in Abrede zu stellen, worauf er erwiderte, es seie reiner bloßer Verdacht und ich möchte ihn niemandem mittheilen, indem er doch keinen sichern Grund habe und niemanden beleidi-gen möchte, auch habe er ihn noch niemandem ausser mir mitge-

theilt. Zuerst nahm ich die Worte wirklich, wie er sie mir zu geben schien, allein ich erfuhr bald, dass anderswo ein warnender Brief gelegt wurde, der Bezug auf dieses hat. Es wird sich nun zeigen, ob etwas folgt. Ich bin nicht sehr erschroken und wenn ich alles auf mich nehmen könnte, so würde es thun, allein der Verwalter bemerkte mir schon, es müsse ein Sachkenner und in der Bibliothek Bekannter darin gewesen sein.» Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Nachlass Joseph Weibel.

262 Germann, KDM Aargau 5, S. 416.263 Notiz von Rupert Amschwand, der sich auf «Kiem, Biographie, S.

140» stützt, im Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Kor-respondenz Bibliothek; Raeber, «Schriften von Werth» (wie Anm. 258), S. 315.

264 Dora Fanny Rittmeyer, Von den Kirchenschätzen der Stifte Muri und Wettingen und ihren Schicksalen, in: Argovia 49 (1938), S. 196.

265 Brief von Prof. Aebi vom 31. Aug. 1841, StAAG AZ A 0013: Spe-zialsammlung betreffend Kantonsbibliothek; StAAG RRB 1841 Sept. 2, Nr. 9; [Hurter], Katholiken (wie Anm. 242), S. 190.

266 In der Einleitung seiner Edition erwähnte Pertz nur den Besuch im Jahr 1837; Breslau, Geschichte (wie Anm. 249), S. 268, Anm. 1. Pertz kopierte nicht den ganzen Text, sondern schrieb offenbar seine Handschriftenkollationen in ein Exemplar der Ausgabe Usser-manns von 1790–1792; Die Chroniken Bertholds von Reichenau und Bernolds von Konstanz 1054–1100, hrsg. v. Ian S. Robinson, Hannover 2003 (MGH SS rer. germ. NS 14), S. 28, Anm. 67.

267 StAAG RRB 1842 Dez. 30, Nr. 27 und 1843 Jan. 19, Nr. 37; We-ber, Klostervermögen (wie Anm. 232), S. 107f. (Zitat ungenau).

268 [Hurter], Katholiken (wie Anm. 242), S. 189f. 269 Martin Kiem, Verzeichnis der Handschriften des Klosters Muri-

Gries im Kollegium Sarnen, um 1900, Bibliothek des Benedikti-nerkollegiums Sarnen, ohne Signatur; Schönherr, Handschriften, Bd. 1.

270 Mittelalterliche Handschriften: Cod. membr. 7, 8, 10, 12, 13, 16, 17, 25, 26, 31, 32, 34, 39, 43–46, 59, 64, 69; Cod. chart. 26, 82, 149, 159; Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. theol. lat. 4° 199, Staats-archiv Luzern, FS 93.

271 Es sind die im Katalog beschriebenen Handschriften der Aargauer Kantonsbibliothek mit den Signaturen MsMur. Kiem, Muri-Gries, Bd. 1, S. 128 zählt 243 Muri-Handschriften in der Aargauer Kan-tonsbibliothek.

272 Hägler, Vertreibung (wie Anm. 257), S. 195–204; Dominikus Löpfe, Artikel Gries bei Bozen, in: Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Österreich und Südtirol, Germania Benedic-tina III/2, St. Ottilien 2001, S. 19–22.

273 Noch 1869 erhielt der Engelberger Mönch Ignaz Odermatt keine Auskunft, als er eine Abschrift, ein Faksimile oder eine Fotografie einer Stelle aus den Engelberger Annalen im ‚Chronicon Murense’ erbat. Pater Ignaz habe, schreibt Martin Kiem, versichert, er wolle «gewiss keinen Missbrauch hievon machen, dass es unserem Kloster

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72 schaden könnte … Allein ich konnte ihm nie Bescheid hierüber geben.» Brief Martin Kiems an Abt Adalbert vom 11. Nov. 1869, Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Briefe und Tagebuch von Martin Kiem, Exzerpte Emmanuel Scherer, Bl. 166.

274 Fontes rerum Germanicarum – Geschichtsquellen Deutsch-lands, hrsg. v. Johann Friedrich Boehmer, Bd. 3, Stuttgart 1853, S. 483–485. Boehmer hatte nach Breslau, Geschichte (wie Anm. 249), S. 268, Anm. 1, bereits 1841/43 die geheime Versendung des ‚Chronicon Murense’ an Pertz vermittelt. In der Einleitung zu den Fontes sagt er, die früher in Muri aufbewahrte Handschrift sei «seit dessen ungerechter durch die übermacht der reformierten cantonshälfte erzwungenen aufhebung» verschollen (S. LXIV). In der Schreibweise der Namen, in denen die Edition Boehmers von jener Gerberts (wie Anm. 215) abweicht, stimmt Boehmer mit der Handschrift überein; demnach arbeitete er mit der Handschrift, verheimlichte aber ihren Aufbewahrungsort. Amschwand, Biblio-theksgeschichte, S. 163.

275 1872 war die Handschrift noch im Besitz Hermann von Liebenaus, von dem sie Friedrich Fiala zur Untersuchung erhielt. Köllner, Muri (wie Anm. 196), S. 294 mit Anm. 33.

276 Staatsarchiv Luzern, FS 93; Köllner, Muri (wie Anm. 196), S. 315, Anm. 34.

277 Eugen Bürgisser, Plazid (I.) Weissenbach 1814–1858, in: Lebens-bilder aus dem Aargau 1803–1953, Argovia 65 (1953), S. 330–332 und S. 334; Weber, Klostervermögen (wie Anm. 232), S. 107.

278 Kurz/Weissenbach, S. IIIf.279 StAAG RBB 1845 Aug. 25, Nr. 39; 1845 Dez. 4, Nr. 10; 1846

März 30, Nr. 15; 1846 Sept. 7, Nr. 12; Weber, Klostervermögen (wie Anm. 232), S. 152.

280 Heinrich Kurz, Die Aargauische Kantonsbibliothek, in: Kurz/Weissenbach, S. 115. Kurz hatte seit Mai 1844 die Erlaubnis, in den Bibliotheken von Muri und Wettingen zu arbeiten. StAAG RRB 1844 Mai 6, Nr. 6.

281 Heinrich Kurz, Die Aargauische Kantonsbibliothek, in: Kurz/Weissenbach, S. 117f.

282 Heinrich Kurz, Katalog der Aargauischen Kantonsbibliothek, Bd. 1, Aarau 1857, Vorwort S. XXXIII, Anm. 2. Die Exlibris des Klos-ters Muri lassen sich in mehr als einem Dutzend Schweizer Biblio-theken nachweisen, viele davon wohl in verkauften Dubletten; Bru-no Wilhelm, Über Exlibris, in: Sarner Kollegi-Chronik 8 (1946), S. 96.

283 Kurz, Katalog (wie Anm. 282), Vorwort S. XLVII. 284 Terminus post quem ist die Benutzung der ‚Acta Murensia’ durch

Martin Kiem in den Jahren 1878 und 1879; damals trugen sie die Signatur Ms. B. M. 1, aq (vgl. Acta Murensia, S. 168f.), die später nicht mehr üblich war. Terminus ante quem ist die Benutzung der Handschriften durch Jakob Werner um 1890, der in seinem Hand-exemplar der Analecta Hymnica die heute gültigen Signaturen no-tierte. Das Handexemplar Werners steht heute in der Bibliothek des Mittellateinischen Seminars der Universität Zürich.

285 Robert Oehler, Karl Reinhard Oehler, in: Biographisches Lexikon des Kantons Aargau 1803–1857, Argovia 68/69 (1958), S. 589f.

286 Karl Reinhard Oehler, Bruchstücke eines altdeutschen Drama’s von einigen alten Pergamentstreifen des Klosters Muri entnommen, in: Kurz/Weissenbach, S. 223–239, Zitat S. 224.

287 Das älteste deutsche Passionsspiel, hrsg. v. Karl Bartsch, in: Ger-mania 8 (1863), S. 273–297. Zur Lesbarkeit der Fragmente nach der Behandlung mit Chemikalien: Schweizerische Schauspiele des sechszehnten Jahrhunderts, hrsg. v. Jakob Bächtold, Bd. 1, Zürich 1890, S. 275.

288 Jakob Bächtold, Geschichte der Deutschen Literatur in der Schweiz, Frauenfeld 1892, S. 206f.

289 Jakob Werner, Hymnologische Beiträge, in: Romanische For-schungen 4 (1891), S. 483–535.

290 Völkerschau. Eine Sammlung von Erzeugnissen des Kunst- und Gewerbefleisses aller Zonen und Zeiten, hrsg. v. der Mittelschwei-zerischen geographisch-kommerziellen Gesellschaft in Aarau, Bd. 1 (1888), Bl. 1; Bd. 2 (1892), Bl. 57.

291 Inventar von 1841 (StAAG AA/4841); Übergabe-Inventarium der Klosterguts-Verwaltung Hermetschwil 1842 (StAAG AA/4843).

292 Notiz von Greith in: Badische Landesbibliothek, Cod. Don. 120, S. 3. und kürzer in St.Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 1908, vorderes Spiegelblatt. Zwei weitere Handschriften Greiths, die wahrschein-lich aus Hermetschwil stammen (Badische Landesbibliothek, Cod. Don. 420 und St.Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 1855) haben keine derartigen Einträge, Greith erwarb sie möglicherweise bei einem früheren Besuch.

293 Arthur Brunhart, Carl Johann Greith (1807–1882), Diss. masch. Freiburg i.Ü. 1981, S. 260f.; Beat Matthias von Scarpatetti, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St.Gallen. Codices 1726–1984, St.Gallen 1983, S. 109*. Martin Kiem schrieb am 18. Mai 1873 (?) an Abt Adalbert Regli, Bischof Greith habe «solche … alte Bücher von Hermetschwil um weniges erlangt». Wie viele Handschriften Greith aus Hermetschwil besass, wusste man bereits in den 1870er-Jahren nicht mehr. Nach der vergeblichen Suche nach dem nicht auffindbaren zweiten Band eines Chorbuches fragte Kiem: «Ob ihn vielleicht Bischof Greith in St.Gallen hat? Wenn ich coraggio hätte, würde ich höflich anfragen.» Brief vom 12. Nov. 1872 oder 1873 von Martin Kiem an Abt Adalbert Regli, Briefe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 176 und 187.

294 Der Text bricht in Buch 2, Kapitel 11 ab. Georg Steer, Hugo Ri-pelin von Strassburg. Zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des ‚Compendium theologicae veritatis’ im deutschen Spätmittelalter, Tübingen 1981, S. 284–286.

295 Barack, Handschriften (wie Anm. 226), Ms. 120, S. 123f.; Armin Schlechter, Donaueschinger Liederhandschrift, in: ‚Unberechen-bare Zinsen’: bewahrtes Kulturerbe. Katalog zur Ausstellung der vom Land Baden-Württemberg erworbenen Handschriften der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek, hrsg. v. Felix Heinzer, 2. Aufl. Stuttgart 1994, S. 106f. (Lit.).

Anmerkungen

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73296 Brief Hermann von Liebenaus an Martin Kiem vom 22. Sept. 1864 nach der Beschreibung des deutschsprachigen Cod. chart. 27: «Soll-te eine Handschrift in lingua vulgari, d. i. deutsch noch aus dem Anfange des XIV. sich finden, so waere ich begierig, solche anzuse-hen. Decan Groth [sic] sel. und s. G. der Bischof v. S. Gallen ha-ben eine Regel s. Benedicts aus dem Anfange des XIV. ausgeführt.» Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Nachlass Martin Kiem. Die Handschrift gelangte von Greith an Lassberg; sie gehört heute zur Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, Cod. Don. 420. Auf 1r steht in verblasster Tinte: «Item ich han gerechnet mit dem Hans … [unlesbar] zu Bremgartenn, und bin im …dig [Anfang unlesbar] viij lib. iiij ß.» Der Ortsname Bremgarten bestätigt die Herkunft der Handschrift aus Hermetschwil, von der im Brief Liebenaus an Kiem die Rede ist. Die Handschrift stammt vermutlich aus dem 15. Jahrhundert.

297 Schenkungseintrag: Barack, Handschriften (wie Anm. 226), S. 123. Im Hermetschwiler Bücherverzeichnis von 1697 steht Cod. Don. 120 unter den Meditationsbüchern: «Erkantnus götlicher dingen der fr. Meliora Muheimin verehrt worden. Anno 1589 No II» (26v), Cod. Don. 420 unter «Regell und uslegung»: «Regell un-sers ordens in alter schrifft No IV» (12r).

298 Volker Schupp, Joseph von Lassberg als Handschriftensammler, in: ‚Unberechenbare Zinsen’ (wie Anm. 295), S. 27f., zu Cod. Don. 120: S. 106f.; Konrad Schmidt, Vier deutsche Benediktinerregeln aus dem späten Mittelalter, Diss. Berlin 1969, S. 76–142 (mit Edi-tion); Franz Simmler, Zur deutschsprachigen handschriftlichen Überlieferung der Regula Benedicti, in: Regulae Benedicti Studia 16 (1987), S. 148f.

299 St.Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 1855 und Cod. 1908, wobei beim Cod. 1855 die Herkunft nicht völlig gesichert ist. Scarpatetti, Handschriften (wie Anm. 293), S. 100f. und S. 178–182.

300 Dahm, Inkunabelkatalog, Nr. 224 und Nr. 599.301 Adelhelm Rast, Artikel Kiem, P. Martin, in: Österreichisches bio-

graphisches Lexikon 1815–1950, Bd. 3, Wien 1965, S. 322f.302 Briefe Martin Kiems an Abt Adalbert vom 25. Dez. 1858, Briefe

und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 48f.; Briefe Hermann von Liebenaus an Martin Kiem 1862 und 1863, Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Nachlass Martin Kiem.

303 6 Briefe Hermann von Liebenaus an Martin Kiem vom 19. Sept. 1864 bis zum 26. Okt. 1864. Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Nachlass Martin Kiem. Liebenau verwendete in seinen Brie-fen für Cod. membr. 19 und 20 die Signaturen, unter denen die Psalter im Hermetschwiler Bücherverzeichnis von 1697 aufgeführt sind. Er erwähnte die Miniaturen und zitierte nekrologische Ein-träge in den Kalendaren; danach können die beiden Handschriften identifiziert werden: «Cod. membr. in Quarto seculi XII medii, sign. No I» mit dem Eintrag «Liutfridi abbatis» zum 31. Dez. ist Cod. membr. 20; über Cod. membr. 19 schrieb Liebenau: «No II ist trotz den 4 picturis doch weniger werth, das Kalendarium abgerechnet, das einen Scolaren saeculi XII und 2 Schulmeister bringt» (unda-

tierte Handschriftenbeschreibung und Brief vom 19. Sept. 1864). In einem späteren Brief vom 9. Jan. 1865 an Martin Kiem stellte Liebenau nach der Prüfung weiterer Handschriften fest: «Ein gut Theil der Bücherei von Mure kam wol schon beim ersten Brande des Gotzhus Mure dahin [nach Hermetschwil] und blieb daselbst …»

304 Brief Martin Kiems an Abt Adalbert vom 11. Nov. 1869; Briefe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 166.

305 Brief Martin Kiems an Abt Adalbert vom 25. Sept. 1872; Briefe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 173.

306 Brief Martin Kiems an Abt Adalbert Regli vom 18. Mai 1873 (?), Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Nachlass Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 186.

307 Zur Begründung erzählt Kiem, Karl Greith habe «früher einmal» in einem Quellenzitat das Kloster Hermetschwil als Quelle angegeben, «und dann durch diese Zitierung das Kloster in Verlegenheit» ge-bracht, «indem von Aarau herauf nachgefragt wurde, ob das Kloster solche Bücher habe». Brief Martin Kiems an Abt Adalbert vom 18. Mai 1873 (?); Briefe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 187. Das Zitat lässt sich bei Greith nicht finden. Möglicher-weise liegt eine Verwechslung vor: Alois Lütolf ediert im Geschichts-freund 22 (1867) das Grosse Gebet der Eidgenossen und nannte als Standort der ältesten Handschrift den «ehrwürdige Frauenconvent, Benedictiner Regel, von Hermetschwil, Kt. Aargau» (S. 97).

308 Kiem schickte für Pater Gerolds Studien über den gregorianischen Choral Chorbücher und Missale mit Neumen aus Hermetschwil und Muri nach Gries. Briefe Martin Kiems an Abt Adalbert vom 12. Nov. 1872 (oder 1873), und 18. Mai 1873 (?), Briefe und Tage-buch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 175f. und 186.

309 Brief Martin Kiems an Abt Adalbert Regli vom 11. Nov. 1869; Brie-fe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 166.

310 Brief Martin Kiems an Friedrich Mone vom 27. Mai 1875; Briefe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 188.

311 Briefe Adolf Lütolds an Martin Kiem vom 10. Mai 1878 bis 9. Jan. 1879; Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Nachlass Kiem.

312 Die ältesten Urkunden von Allerheiligen in Schaffhausen, Rheinau und Muri, 3. Abt.: Das Kloster Muri im Kanton Aargau, hrsg. v. Martin Kiem, Basel 1883 (Quellen zur Schweizer Geschichte, Bd. 3, 3); kurz: Acta Murensia.

313 So nahm Kiem die Verfasserschaft anonymer Werke und die Ab-schriften von Schreibern, von denen man nur den Namen kennt, irrtümlich für das Kloster Muri in Anspruch. Kiem, Muri-Gries, Bd. 1, S. 128–130, 187f.

314 Brief Martin Kiems an Abt Adalbert Regli vom 3. Jan. 1876; Briefe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), Bl. 196.

315 In einer Anmerkung zu den ‚Acta Murensia’ zitiert Kiem das Kalen-dar von Cod. membr. 20, das zweifelsfrei aus Hermetschwil stammt, mit der Bemerkung «im Besitze des Verfassers». Acta Murensia, S. 39, Anm. 3.

316 Eine Liste, die Kiem am 31. Okt. 1877 an Bernhard Lierheimer, seit 1875 Bibliothekar in Gries, sandte, enthält 7 mittelalterliche

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74 Handschriften. Kopie im Archiv des Benediktinerkollegiums Sar-nen, Korrespondenz Bibliothek. Zu Lierheimer: Adelhelm Rast, Artikel Lierheimer, P. Bernhard, in: Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 5, Wien 1972, S. 211.

317 Bei den Pergamenthandschriften erhielten die aus Muri stammen-den in der Regel die tiefen Nummern bis 32, die aus Hermetschwil stammenden die hohen Nummern ab 38, bei den Handschriften mit den Nummern dazwischen ist die Herkunft nicht klar. Drei Ausnahmen: Nr. 5 (Cod. 5.2, heute Cod. membr. 4), Nr. 24 (Cod. 5.24, heute Cod. membr. 68) aus Hermetschwil stehen unter den Murenser Handschriften, Nr. 46 (Cod. 7.46, heute Cod. membr. 44) aus Muri steht unter den Hermetschwiler Handschriften. Bei den überwiegend aus Hermetschwil stammenden Papierhandschrif-ten lässt sich keine entsprechende Verteilung feststellen.

318 Cod. membr. 8, Brief im vorderen Spiegel. Eine weitere schriftliche Auskunft von Föringer ist in Cod. chart. 39 eingeklebt. Lier heimer hatte über ein Jahrzehnt in München gewirkt, bevor er 1872 in Gries die Ordensgelübde ablegte; wahrscheinlich nutzte er alte Kontakte, um kompetente Auskünfte aus München zu erhalten. Vgl. Rast, Lierheimer (wie Anm. 316).

319 Leo Fischer, Ein Fragment aus dem ‚jüngeren Titurel’, in: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und Cistercienser-Orden 5 (1884), S. 163–178 (nach Fragm. I. 8); Paul Piper, Nachträge zur älteren deutschen Literatur von Kürschners deutscher National-Literatur, Stuttgart 1898, S. 318–352 und Elias Steinmeyer, Zum Gebetbuch von Muri, in: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur 24 (1898), S. 323–325; Denkmäler deutscher Prosa des 11. und 12. Jahrhunderts, hrsg. v. Friedrich Wilhelm, München 1914 (alle nach Cod. membr. 69).

320 Martin Kiem berichtet in seinem Tagebuch zum 10. Sept. 1887: «Zwei Jesuiten aus Feldkirch sind hier. P. Guido Maria Dreves als Hymnen- und Sequenzensammler (er schrieb 10 Stück, die ihm ganz neu waren am ersten Tage hier ab) und P. Klerre, Naturhistoriker.» Briefe und Tagebuch von Martin Kiem (wie Anm. 273), S. 425. Dreves wies in den Analecta Hymnica zahlreiche Hymnen in Grie-ser Handschriften nach. 1907 lieh Franz J. Bendel das ‚Chronicon Murense’ (Cod. membr. 10) ins Statthalterei-Archiv nach Innsbruck aus. Franz J. Bendel, Konrad von Mure, in: MIÖG 30 (1909), S. 81, Anm. 1.

321 MGH N Bd. 1, 424, hrsg. v. Franz Ludwig Baumann, 1888.322 Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung, Rahnsche Samm-

lung Nr. 352 (Blatt mit Notizen über Muri-Handschriften in Gries); Robert Durrer, Die Maler- und Schreiberschule von Engelberg, in: ASA NF 3 (1901), S. 152–154, Abb. 103 und 104 (Cod. membr. 37); Jules Lutz und Paul Perdrizet, Speculum humane salvationis, Leipzig 1907, Bd. 1, S. 256, S. 335 (Cod. membr. 8).

323 Handschriftlicher Katalog, Bibliothek des Benediktinerkollegiums Sarnen, ohne Signatur. Die mit Bleistift auf dem Titelschild no-tierte Datierung «ca. 1890» kann präzisiert werden: Kiem schrieb 1897 ein kurzes Memorandum ‚Bibliotheca Griesensis O.S.B. et

eius historia’ über die Grösse der Bibliothek und die Herkunft der wichtigsten Bestände (Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Korrespondenz Bibliothek). Die Katalogisierung der Handschriften war zu dieser Zeit noch nicht abgeschlossen: «Papierhandschriften können, wenn einmal alle, die von der Abtei, von Hermetschwil, Münsterlingen etc. bei einander sind, über 400 gezählt werden.» (S. 6). Eine wenig spätere Notiz ergänzt: «Gries, 16. Juli 1897 wur-den catalogisiert aufgefunden 513» (Pergament und Papier). Her-mann stand der Katalog 1898, als er in Gries arbeitete, offenbar noch nicht zur Verfügung, sonst hätte die Zahl der Handschriften kaum mit «rund hundert» angegeben (Hermann, Handschriften, S. 46).

324 Hermann, Handschriften, S. 46. 325 Hermann, Handschriften, Cod. membr. 11, 30, 36, 40, 56, 63,

64. 326 Hermann, Handschriften, S. 46.327 Löpfe, Gries (wie Anm. 272), S. 25f. 328 Raeber, «Schriften von Werth» (wie Anm. 258), S. 317.329 Durrer, KDM Unterwalden, S. 711: «Auch ein infolge des Welt-

krieges ins Kollegium gekommenes Pergamentmanuskript, ein Chorpsalterium aus der Mitte des XIII. Jahrhunderts, ist damit wohl wieder in sein Ursprungsland zurückgekehrt …»

330 Undatierter Brief von Emmanuel Scherer im Archiv des Benedikti-nerkollegiums Sarnen, Korrespondenz Bibliothek. Scherer erwähnt darin seine Arbeit an «Durrers Buch über die Schweizergarde», das 1927 erschien; er wurde demnach kurz vorher geschrieben, vgl. Raeber, «Schriften von Werth» (wie Anm. 258), S. 318. Scherer weist nur unbestimmt darauf hin, dass die Bände gefährdet seien: «Einige unserer Frühdrucke wie z. B. die Augustinusausgabe ist be-kannt; es ist schwer zu sagen, was zu machen ist. Mit [gestrichen: Bergamo] Como sich einzulassen, möchte ich abraten. Die gros-sen Bände kann man doch nicht transportieren. Von den kleineren könnte wohl noch etwas auf die Seite gebracht werden. Vielleicht ist es am besten, die Entwicklung der Dinge ruhig abzuwarten und je nach den Umständen zu handeln. Etwas muss man sowieso vor-weisen können: es würde ja niemand glauben, dass nichts da war.»

331 Otto Karrer, Das älteste deutsche Gebetbuch und deutsche Mari-enlied – Ein Kleinod der Schweiz, in: Schweizerische Rundschau. Monatsschrift für Geistesleben und Kultur 27 (1927/28), S. 964–969. Cod. membr. 69 war in diesen Jahren in Sarnen, was die in Cod. chart. 507 erhaltene Arbeit von Emmanuel Scherer über diese Handschrift beweist. 1921 hatte Johann Baptist Egger von Sar-nen an Abt Alfons Augner in Gries über den Transport der Hand-schriften geschrieben: «Fatal ist, dass die Sache überall publik ist»; Raeber, «Schriften von Werth» (wie Anm. 258), S. 317. Offenbar ging die Kenntnis des Aufbewahrungsortes der Handschriften nicht über einen kleinen Kreis von Eingeweihten hinaus.

332 Otto Karrer, Das Göttliche in der Seele bei Meister Eckhart, Würzburg 1928, S. 77, Anm. 11.

333 Harry Breslau konnte 1921, als er seine Geschichte der MGH

Anmerkungen

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75schrieb, nicht in Erfahrung bringen, wo das ‚Chronicon Murense’ lag. Breslau, Geschichte (wie Anm. 249), S. 268, Anm. 1.

334 Ephrem Omlin von Engelberg widmet Abt Alphons Maria Augner von Muri-Gries (1913–1938) ein Exemplar seiner Dissertation, die Widmung ist auf den 10. Sept. 1934 datiert; Bibliothek des Be-nediktinerkollegiums Sarnen, B.5f.11. 1938 lieh Rektor Bernhard Kälin Cod. membr. 4 und 11 an Ephrem Omlin für die Choralfor-schung aus. Dort blieben die Handschriften bis 1963, als Rupert Amschwand bei einem Besuch in Engelberg darauf aufmerksam wurde und sie zurücknahm; Notiz von Rupert Amschwand im Handschriftenkatalog Bruno Wilhelms von 1938.

335 Bibliothek des Benediktinerkollegiums Sarnen, ohne Signatur. Die Konkordanz von Cod. chart 1–244 am Ende zeigt, dass die Aufstel-lung der Handschriften nicht der Signaturenreihe folgte.

336 Bibliothek des Benediktinerkollegiums Sarnen, ohne Signatur: aus-führliche Beschreibung von Cod. membr. 5, 7, 8, 9, 12–25, 37, 52, 54, 55, 62, 64, 65, 68, 70 und 76. Der Katalog enthält neben kurzen Beschreibungen der übrigen Pergamenthandschriften Kurz-beschreibungen eines Teils der Papierhandschriften und von 24 In-kunabeln.

337 Josef Quint, Neue Handschriftenfunde zur Überlieferung der deutschen Werke Meister Eckharts und seiner Schule, Stuttgart 1940, S. 205–211.

338 Empfehlungsschreiben von Ignaz Hess vom 3. Oktober 1942 und Brief vom 31. März 1944 an Abt Dominikus Bucher (1938–1945), Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Korrespondenz Bibli-othek; Ferdinand Güterbock, Engelbergs Gründung und erste Blüte 1120–1223, Zürich 1948, S. 106. Das ‚Chronicon Murense’ (Cod. membr. 10) kannte Güterbock nur aus Gerbert, Ussermann und Pertz; es war für ihn ein «heute verschollener Foliant». Güter-bock, Engelbergs Gründung, S. 71.

339 6 Briefe von Kurt Ruh an den Sarner Bibliothekar Lukas Fuchs vom 31. Mai 1949 bis zum 11. August 1950; Archiv des Benedik-tinerkollegiums Sarnen, Korrespondenz Bibliothek. Kurt Ruh, Zur Überlieferung des St. Georgener Predigers: Cod. Sarnen 169 (237), in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 44 (1950), S. 58–65. Im gleichen Jahr machte Paul Lehmann ein Fragment aus Fulda (Fragm. I. 1) bekannt: Paul Lehmann, Mitteilungen aus Handschriften IX, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., 1950, Heft 9, München 1951, S. 7–18.

340 Brief von Albert Bruckner an den Sarner Bibliothekar Rupert Amschwand vom 3. Mai 1954; Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Korrespondenz Bibliothek.

341 Archiv des Benediktinerkollegiums Sarnen, Korrespondenz Biblio-thek.

342 Rupert Amschwand, Zur Bibliotheksgeschichte von Muri, in: Librarium 9 (1966), S. 158–184; auch in: Sarner Kollegi-Chronik 29 (1967), S. 33–70. Zu einer intensiven Beschäftigung mit den Altbeständen der Bibliothek und des Archivs hatten auch die langen

Verhandlungen über die Rückgabe der Bücher an das Kloster bzw. die Bereinigung der Archive des Kantons und des Klosters von 1952 bis 1960 geführt. StAAG A/0124.

343 Das Osterspiel von Muri, hrsg. v. Friedrich Ranke, Aarau 1944, S. 11.

344 Alban Stöckli, Zum Osterspiel von Muri, in: Unsere Heimat 20 (1946), S. 11–17; vgl. die Rezension von Bruno Meier, in: Zeit-schrift für Schweizer Geschichte 27 (1947), S. 262f.

345 Dahm, Inkunabelkatalog, S. 50–53, Nr. 163; Max Wehrli, Arti-kel Osterspiel von Muri, in: Verfasserlexikon2, Bd. 7 (1989), Sp. 120–124.

346 Das Osterspiel von Muri. Faksimiledruck der Fragmente und Re-konstruktion der Pergamentrolle. Text und Kommentar von Fried-rich Ranke, Übersetzung von Max Wehrli, Basel 1967.

347 Leo Cunibert Mohlberg, Mittelalterliche Handschriften, Zürich 1952 (Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich, 1).

348 Candi [Pseudonym für Leo Cunibert Mohlberg], Briefe an Tschü. Anregungen zu radiästhetischen Studien in 35 Briefen. 4. Aufl., Ulm 1959, S. 190–195 und S. 230f. Schönherr erinnert sich im gleichen Band, «wie wir an einem sonnigen Wintermorgen zu An-fang 1942 in den ehrwürdigen Räumen der Bibliotheca Vallicella-na zu Rom beisammen gesessen, wobei Du vor meinen Augen das interessante Misch-Sakramentar aus der Stammburg Tirol, welches ich mir zu diesem Zwecke eigens nach Rom hatte kommen lassen, mit Deinem DM [=Dynamischen Messer] untersucht hast. Deine Datierung (‚1170’) war exakt …», a. a. O., S. 232; RGS (Schweize-risches Mitteilungsblatt über Radiästhesie, Geopathie, Strahlenphy-sik) 3 (1953), S. 118f.

349 Cultura Atesina/Kultur des Etschlandes 1 (1947), S. 82–84 und S. 119–124; 2 (1948), S. 77–80; 3 (1949), S. 78f. und S. 138–141.

350 StAAG A/0136/10.351 Briefe von Cunibert Mohlberg und Alfons Schönherr an Nold

Halder vom 17. August 1950 bis 21. November 1953, StAAG A/0136/10.

352 Man findet kaum Textnachweise, die über eine summarische Be-stimmung des Inhalts hinausgehen; nur in wenigen Katalogisaten sind die Initien im Wortlaut nachgetragen. Die kodikologischen Beschreibungen sind wie diejenigen Mohlbergs im Zürcher Katalog sehr kurz gehalten; sie enthalten weder Bestimmungen der Lagen noch der Wasserzeichen.

353 Alfons Schönherr, Handschriftenkatalog der Aargauischen Kan-tonsbibliothek. Manuskript. Bd. 1: Die Handschriften der Abtei Muri, 1951–1953.

354 Schönherr erhielt weiterhin Aufträge und hielt an der Jahresver-sammlung der ‚Vereinigung Schweizerischer Bibliothekare’ 1958 ei-nen Vortrag über die Handschriftenkatalogisierung. Alfons Schön-herr, Aus der Werkstatt des Solothurner Handschriftenkatalogs, in: Nachrichten VSB 34 (1958), S. 161–167.

355 Strebel, Muri, S. 145, Anm. 97.

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76 356 Die folgenden Artikel von Alfons Schönherr sind in StAAG A/0139/04 gesammelt:

Die mittelalterlichen Liturgie-Handschriften der Abtei Muri, Bozen 1952.

Liturgiegeschichtliches aus der Kantonsbibliothek Aarau, in: Jahr-buch des Standes Aargau 1 (1953), S. 34–49.

Ein Meisterwerk spätmittelalterlicher Buchmalerei in der Aargau-ischen Kantonsbibliothek, in: Aargauer Volksblatt 1954, Nr. 205 vom 4. Sept. (Kulturelle Beilage).

Basler Bücherschicksale, National-Zeitung Basel 1957, Nr. 377 vom 18. Aug. (Sonntagsbeilage).

Johann Kaspar Winterlin (um 1535–1634), in: Jahrbuch des Stan-des Aargau 3 (1957), S. 25–36.

Aus der Aargauischen Kantonsbibliothek, in: Aargauer Tagblatt 1959, Nr. 224 vom 25. Sept.

Schätze der Aargauischen Kantonsbibliothek, in: Librarium 2 (1959), S. 111–118.

Aus der Aargauischen Kantonsbibliothek. Zürcher Handschriften in Aarau, in: Aargauer Volksblatt 1960, Nr. 30 vom 6. Feb. (Erbe und Auftrag).

Zürcher Handschriften im ‚Exil’, in: Neue Zürcher Zeitung 1965 Nr. 3192 vom 1. Aug.

Eine Entdeckung Schönherrs bei der Katalogisierung publizierte Paul Guyer: Gerold Escher, Bilder aus dem alten Zürich, hrsg. v. Paul Guyer, Zürich 1954.

357 Zu den Scriptoria: Albert Bruckner, Scriptoria medii aevi Helve-tica, Bd. 1: Schreibschulen der Diözese Chur, Genf 1935, Vorwort S. 7f.; Martin Steinmann, Zum Gedenken an Albert Bruckner (1904–1985), in: Scriptorium 41 (1987), S. 130–133.

358 Die Verwendung der neuen Signaturen beweist, dass Bruckner sich auf Schönherrs Katalog stützte; von Schönherrs Arbeiten zitier-te Bruckner nur den Aufsatz: Liturgiegeschichtliches aus der Kan-tonsbibliothek Aarau; Bruckner, Scriptoria 7, S. 83, Anm. 5.

359 Eine Konkordanz findet sich unten im Anhang zum Katalogteil. 360 Bruckner, Scriptoria 7, S. 8; die Fragmente sind S. 33–36 und

S. 64f. verzeichnet.

Anmerkungen