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Kaustische Resektion der trachomatSsen Tarsalbindehaut. Voll Dozent Dr. b. v. Liebermann, Chefarzt der Augenabteilung des s~gdtischen .St. Xochus"-ZentrMkrankenhauses in Budapest. Mit 1 Textabbildung. In einem Vortr~g fiber die Behandlung des Trachoms, geh~lten in der XII. Jahresversammlung der Ungarisehen Ophthalmologisohen Gesellsehaft im Mai 19201), babe ich meine Atfffassung fiber die Bindehaut- und Bindehautknorpelexcisionsverfahren dargetan und einen neuen Typus der Bindehautresektion angedeutet2). Da das dort Gesagte den Ausgangspunkt zu den folgenden Ausfiihrungen bildet, mSge es in Kfirze wiederholt werden. Ioh bin, im Gegens~tz zu dem Standpunkt, demzufotge die {J-ber- gangsfalte der am schwersten erkrankte und der Heilung am wenigsten zug~ngliehe Herd des Tr~chomprozesses sei, zu der t~erzeugung gelangt, dal~ eben die lJbergangsfalten, und seien sie noch so sehwer erkrankt, gleichviel ob granul~r oder papill~r-hypertrophiseh, dutch sorgfMtige medikamentSs-mechanisehe Beh~ndlung, insbesondere dureh genfigend h~ufig wiederholte Abrasion und Expression in fast alien ]~allen in verh~ltnism~l~ig kurzer Zeit der Heilung zugeffihrt werden kSnnen, wodnrch die Indikation zur Excision der ~bergangsfMten en*fallen muB. Hingegen konnte ich beobachten, d~l~ neben vielen TrachomfMlen, in denen such die Tarsalbindehaut sich solcher konser- vativen Behandtung gut zug~nglich zeigt, immer wieder Fglle vor- kommen, wo die TarsMbindehaut, besonders die obere, hartna~kig ranh nnd verdiekt bleibt, zu einer ZeiL d~ die Uberg~ngsfMte bereits geheilt oder nahezu geheilt ist; ferner ]~M[e, die fast ~nsgeheilt zur tteimbehundlung entla~sen, ~nstatt derselben abet vernaehlgssigt werden, naeh X~oehen oder ~on~ten mit Rezidiven erscheinen, deren vorzfig]ichste LokMisation wiederum die Tars~lbindehan~ abgibt, viel weniger die ~ergangsfMten. Derartige ~Mle zeigen auch auf- fallend oft P~nnuseruptionen, die parallel mi~ der Erkrankung der TarsMbindehaut gehen, bzw. die bis zur Beseitigung der le~zteren bestehen b]eiben. Es sind dies jene F~lle, die nach der bisherigen Auf- 1) Zeitschr. f. ~rztl. Fortbild. 1921, It. 4, S. 99. 2) Ebenda, ILl. 5, S. 132.

Kaustische Resektion der trachomatösen Tarsalbindehaut

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Page 1: Kaustische Resektion der trachomatösen Tarsalbindehaut

Kaustische Resektion der trachomatSsen Tarsalbindehaut.

Voll

Dozent Dr. b. v. Liebermann, Chefarzt der Augenabteilung des s~gdtischen .St. Xochus"-ZentrMkrankenhauses in Budapest.

Mit 1 Tex tabb i ldung .

In einem Vortr~g fiber die Behandlung des Trachoms, geh~lten in der XII. Jahresversammlung der Ungarisehen Ophthalmologisohen Gesellsehaft im Mai 19201), babe ich meine Atfffassung fiber die Bindehaut- und Bindehautknorpelexcisionsverfahren dargetan und einen neuen Typus der Bindehautresektion angedeutet2). Da das dort Gesagte den Ausgangspunkt zu den folgenden Ausfiihrungen bildet, mSge es in Kfirze wiederholt werden.

Ioh bin, im Gegens~tz zu dem Standpunkt, demzufotge die {J-ber- gangsfalte der am schwersten erkrankte und der Heilung am wenigsten zug~ngliehe Herd des Tr~chomprozesses sei, zu der t~erzeugung gelangt, dal~ eben die lJbergangsfalten, und seien sie noch so sehwer erkrankt, gleichviel ob granul~r oder papill~r-hypertrophiseh, dutch sorgfMtige medikamentSs-mechanisehe Beh~ndlung, insbesondere dureh genfigend h~ufig wiederholte Abrasion und Expression in fast alien ]~allen in verh~ltnism~l~ig kurzer Zeit der Heilung zugeffihrt werden kSnnen, wodnrch die Indikation zur Excision der ~bergangsfMten en*fallen muB. Hingegen konnte ich beobachten, d~l~ neben vielen TrachomfMlen, in denen such die Tarsalbindehaut sich solcher konser- vativen Behandtung gut zug~nglich zeigt, immer wieder Fglle vor- kommen, wo die TarsMbindehaut, besonders die obere, hartna~kig ranh nnd verdiekt bleibt, zu einer ZeiL d~ die Uberg~ngsfMte bereits geheilt oder nahezu geheilt ist; ferner ]~M[e, die fast ~nsgeheilt zur tteimbehundlung entla~sen, ~nstatt derselben abet vernaehlgssigt werden, naeh X~oehen oder ~on~ten mit Rezidiven erscheinen, deren vorzfig]ichste LokMisation wiederum die Tars~lbindehan~ abgibt, viel weniger die ~ergangsfMten. Derartige ~Mle zeigen auch auf- fallend oft P~nnuseruptionen, die parallel mi~ der Erkrankung der TarsMbindehaut gehen, bzw. die bis zur Beseitigung der le~zteren bestehen b]eiben. Es sind dies jene F~lle, die nach der bisherigen Auf-

1) Zeitschr. f. ~rztl. Fortbild. 1921, It. 4, S. 99. 2) Ebenda, ILl. 5, S. 132.

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fassnng die Indikation zur Heisrath-Knhntschen kombinierten Excision, d. h. Bindehaut- und Knorpelexcision gcgeben haben.

Aus der obigen t~berlegung, bzw. der oben mitgeteilten Erfahrung beziiglich des VerhMtens der L~bergangsfalte folgt aber natnrgem~t~, dab das Mitnehmen der oberen Ubergangsfalte bei der kombinierten Excision ~berfifissig ist. Ich bin iiberzeugt, dab die ganze l~?bergangs- falte, so wie es in der urspri~ngliehen Beschreibung a.ngegeben ist, mit Abgrcnzung derselben under Grenze zwischen ~bergangsfalte und Augapfelbindehaut, sicherlich nicht immer mit dem Knorpel zusam- men ausgeschnitten wird; oft wird die Abgrenzung vielteicht nut um weniges fiber dem konvexen Tarsusrand erfolgen; wohl abet wird ein groBer Tell oder die ganze ]~bergangsfalte geopfert worden, wenn ein Versuch zur Heilung derselben gar nieht erst gemacht wird. Es bliebe also Ms kombinierte Excision der eben erw~hnte sehonendere Typus der Operation, mit ganz vorne tiegendem Abgrenznngsschnitt, der die Ubergangs~Mte erh~lt und eben diese zur Deckung der Knorpelexcisions- wunde verwendet. Der Knorpel abet wird geopfert bzw. ein mehr oder weniger groBer Teil desselben.

Es ist nicht zu bezweffeln, dab es F~lle gibt, wo nach strengster Priifung die Notwendigkeit zur Excision eines Teiles, d. h. der oberen H~lfte bis zwei Dri~tcl des Knorpels, mit dem entsprechenden Binde- hautteil zusammen, besteht. Sieherlich abet sind jene F~lle viel h~ufiger, wo diese 1N-otwendigkeit nur scheinbar besteht, wo man n~mlich das oben geschilderte hartn~ckig-unheilbare VerhMten der TarsMbindehau~ auf eine tiefgreifende sehwere traehomatSse Erkrankung des Tarsus- knorpels zuri]ekzufiihren geneigt ist oder zum mindesten keine ~Sglich- keit hat, sich yon dem Bestehen einer solchen zu iiberzeugen nnd andererseits aueh kein Mittel sieht, bei Abwesenheit einer solchen Tarsnserkrankung den nnheilbar kranken Bindehautteil ohne Mitnahme des Xnorpels zu entfemen. Man tat dies wohl anch oft in dem an sick ganz bereehtigten BewuBtsein, dub durch Belassen des unheilbar kranken Bindehantteiles in der Folge eben auch der Knorpel schwer in Mitleidenschaft gezogen und schlieBlich einer narbigen Schrumpfung verfallen wfirde, die dann dock die Ausseh~lung desselben erforderte, wenigstens solange man nichts Besseres Ms die AussehMung machen konnte. Die Berechtigung dieser Art yon Bindehaut-Knorpelexcision muBte also ftir solche Fglle bislang zweifellos zugegeben werden.

Jedoch bin ich auch in dieser Beziehnng zu einer wesentlich anderen Anffassung gelangt, und zwar durch jene Erfahrnngen, die ich gelegent- lich der Ausfiihrung der Tarsoplastik nach v. Blas kovics [Knorpel- umkehrung~)] gemacht habe. Ich besehr~inkte die Indikation zu dieser

1) Siehe v. Blaskovics, Kiln. Monatsbl. f. Augenheilk. 1918, Nov., und v. Liebermann, Klin. Monatsb]. f. Augenheilk. 1918, Dez.

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Operation nicht ~uf die vollstandig ausgeheilten narbig gesehrumpften Falle, d. h. jene, die ehemals die Indikation zur einfachen Tarsusaus- schalung abgaben, sondern wa.ndte sie auch in Fallen an, wo neben ausgesprochener narbiger Knorpelschrurapfung mit beginnendem Narbenentropium noch eine nicht abgeklungene Tarsalbindehaut- erkrankung vorhanden war, yon dem Gedanken ausgehend, dab dadurch sehr wohl die kombinierte Excision ersetzt werden kSnnte, zu der in solehen Fallen eine doppelte Indikation bestehen wiirde: Beseitigung des erkrankten Tarsus nebst Bindehaut und Korrektion des Entro- pintos. Ieh sagte mir, die Operation masse in solchen Fallen aufter der meehanisch-korrel~tiven Wirkung auch eine Heilwirkung haben: die erkrankte konkave Tarsusoberflaehe kommt ja nach vorne, an die PratarsMfaseie zlt liegen, wo zur Propagation des Trachomprozesses kein Boden vorh~nden ist and wo im Gegenteil eine reiehliehe frisehe VaseularJsation erfolgt, w~hrend andererseits die zur Deckung der nach rfickw~trts gekehrten Knorpetoberfl~ehe herabgezogene L~bergangs - bindehaut, falls sie noeh nicht vollkommen ausgeheilt sein sollte (fast vollkommen muB sie es sein, sonst kunn an ein Lospr~parieren und Herab- ziehen nicht gedacht werden) ihrerseits nunmehr auch auf eine gesunde Knorpelftache ~ngeheilt wird, was in Anbetracht der flaehenfSrmigen narbigen Anheftung ebenfalis keinen gfinstigen Boden air Traehom- rezidive bieten darfte.

Diese Erw~rtungen haben sich vollauf best~tJgt. Ieh verffige fiber eine Anzaifl derartige operierter, dauernd geheflter ]3~Mle. Es ist dies also eine Tarsoplastik mi~ Resektion der Tarsalbindehaut. Sie ist nieht wesentlich versehieden yon dem Typus der Operation, den v. B l a s - k o v i e s 1) far jene F~lle vorsieht, wo das AblSsen der Bindehaut yore Knorpel im Bereieh der :Narbenlinie ohne Zerreil~en, d. h. in ihrem ganzen Zusammenhange schwierig oder unmSglich ist. Er rat in solehen F~llen, den fraglichen Bindehautteil zwischen zwei Sehnitten abzugren- zen und mit Messer oder Schere stfickweise zu entfernen; als Ersatz fiir den so ausfallenden sehmalen Streifen dient die um weniges hervor- gezogene ~-bergangsfalte. In alten, glatt vernarbten F~llen handelt, es sich dabei immer nut nm den Bereich jener typisehen geknickten lX~rbenlinie fiber dem IAdrand, nicht um den ganzen T~rsalteil der ]3indeh~ut. Anders in jenen noeh nicht ganz abgeldungenen F~llen, yon welchen bier die Rede ist. Der infiltrierte Tarsatteit der Bindehaut lal~t sich in der ablichen ~Veise, mit ~Yiesser oder Schere k~um irgendwie yore Knorpel ~blSsen, er halter daselbst g~nz lest und ist andererseits bi~chig und zerreil~lieh. Man kann selbst kleine Stiickchen nicht leicht ~btragen, d~ sie sich aueh mit der feinsten Pinzette k~um f~ssen tassen. Trotzdem operierte ich anf~ngs einige F~lle mit dieser, sehr milhsamen

1) 1. c., S. 582.

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Teehnik. Da aber dieser Weg nicht gut gangbar schien, grill ich zum Galvanokauter und zerstSrte damit den ganzen fraglichen Bindehaut- teiI, der vorher zwisehen zwei Sehnitten abgegrenzt war und entfernte den Brennsehorf sofort mi~tels scharfen LSffelchens ( M e y h S f e r s Chalazionl6ffe[). Es resultiert so eine voUkommen glatte Knorpel- fl~che ohne jede Verletzung, die viel seh6ner ist, Ms die mfihselig mit Messer und Sehere blo~gelegte. Das Einlegen der F~den, LoslSsen der U~bergangsfalte, Freimachen und Umkehren des Tarsus erfolgt sodann in der yon v. B l a s k o v i e s vorgeschriebenen Weise, wobei ieh lieber in der yon mir a. a. O. mitgeteitten ;Reihenfolge vorgehe.

Naehdem ieh die Knorpelumkehrung mit Bindehautresektion einige Male ausgef~hrt hatte, kam ieh auf den Gedanken, diese Art der Bindehautresektion aueh allein anzuwenden, in F~llen, we der tarsale Bindehautteil jeder ~Behandlung trotzt oder bald rezidiviert, we aber noeh keine tiefgreifende Knorpelerkrankung anzunehmen ist, die ihrerseits in dem oben angedeuteten Sinne eine Indikation zur Knorpelumkehrung oder Knorpetexeision geben wilde, oder we eine Entscheidung dessen, ob aneh die letztere vorgenommen werden sell, besser erst naeh erfolgtem Blof~legen der inneren Tarsusoberfl~ehe ge*roffen werden kann. Die ersten Versuehe hierzu hat te ieh noeh vor Anwendung des Kauters mit Erfolg ausgefiihrt.

So entwiekelte sieh das Verfahren, dab ich ,,kanstisehe Bindehaut- resektion" (oder kurz Kauterresektion oder Ka~lterexcision) nennen m5chte und dessen Ansfiihrung sieh folgendermal~en gestaltet:

1. Jodanstrich der Lider. Injektion yon 2proz. NovocainlSsung mit Adrenalinzusatz, "con der t t au t aus, den ganzen konvexen Tarsusrand entlang, etwa 2--3 ecru.

Einlegen yon 3 Fixierfaden, wie ieh sie zu v. B t a s k o v i e s ' Tarsoplastik a. a. O. empfahl und die ieh seitdem bei alien TarsM- bindehaut- und Tarsusoperationen anwende. Es hat sieh als vorteilhaft erwiesen, die Fgden nicht nur einfach yon innen nach aui3en durehzu- filhren, sondern etwa 2 mm yore ersten Durehstieh entfernt ebenso zuriick, so dab beide Fadenenden an der Bindehautoberflgehe, 1 mm fiber der hinteren Lidkante hervortreten und eine horizontale Sehlinge ant die tIautoberflgehe zu liegen kommt. Es leuehtet ein, da6 die so eingelegten und naeh oben gespannten Faden einer Einw~irtskriimmung des Lidrandes entgegenwirken, was bei der Tarsoplastik noch viel wichtiger ist, ats bei dieser Operation. Aueh empfehle ich anstatt der urspriinglieh angewandten Lidplatte mit nur einer Sehranbe am oberen Ende ein neues ]Viodell mit drei Klemmschrauben ftir die einzelnen Fadenpaare; die beiden seitIiehen Sehrauben sind an den beiden l~liigeln der T-fSrmig gestalteten Lidplatte angebraeht. I)iese Anordnung hat zwei Vorteile: einmal ~4rd dad~lrch eine geringe Einkniekung des

v. Graefes Archiv fiir Ophthalmologie. Bd. 105. 35

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inneren und i~ul3eren Lidrandendes unmSgtich gemacht, wie sie bei konvergentem t~adenverlauf nach einer einzigcn Klemmschranbe in der Mitre, manchmM unvermeidlioh und stSrend ist, zweitens is~ es angenehm, jedes Fadenpaar unabh~ngig voneinander spannen nnd befestigen zu kSnnen, die Ektropionierung ist so die denkbar roll- kommensteI). Fiir die Fixierfiiden sollen feinste Seide (Nr. 0) und

feinste Nadeln verwendet werden, um die Biutgefgl?e des Lidrandes nicht mit gro- ben Nadeln zu verletzen.

2. Abgrenzen des zu rese- zierenden Bindehautteiles dutch zwei N[esserschnitte,

• die nur die Bindeh~nt durch- trennen; vorne soil das Flesser h6ehstens oberfli~chlich in den Tarsus eindringen, um eine seharfe Schnittlinie zu erzielen, hinten @ben) ist besonders darauf zu aehten, dab rmr die Bindehaut selbst durchtrennt wird, anderen- falls isC ein glattes Losl6sen dcr~bergangsfalte erschwert. Die Abgrenzung des zu ent- fernenden tlindehautteiles richter, sich je nach dem I~Mt ; typisch ist.: vorne 1 - - 11/2 m m yore Lidr~nd, d.h. knapp an den Fixierfgden vorbei, hinten @ben) am kon- vexen Tarsusrand entlang.

3. Einlegen yon drei Fadenpaaren (Seide Nr. 0)

in den oberen Bindehautwundrand, in der Art, ,~ie sie v. B t a s k o vi c s zur Kuhntschen kombinierten Excision empfiehlt~), d. h. Einstich yon der Wundfl~che ~us, Zurackstich yon der Epithelfli~che nach der Wund- fl~che; oder doppelt armierte t~gden, mit jeder Nadcl Durchstich yon der Epithel- nach der Wundfli~che, ctwa 11/2 m m voneinander entfernt.

1) Bezugsquetle der hier beschriebenen Lidpl~tte: ,,MONE", medizinisehe Instrumentenfabrik, ~Bud~pest.

2) Zeitsehr. f. Augenheilk. 15, 391.

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Ein Fadenpaar in der Mitte, je eines ganz seitlich, da beim Beenden der Operation noch zwei nachtragliche Nghte zwischen die drei ersten eingelegt werden. Die Enden der drei Fadenpaare werden in kleine federnd gekrenzte Klemmen gefal3t, um Verwickeln der Fiiden and Abgleiten der Nadeln zu verhindern.

4. Die drei Fadenpaare werden mit der linken Hand gefal3t, leicht nach unten gespannt and yon den Nah{sgellen ausgehend die ~Binde- hang mit kleinsten Sehlggen einer spitzigen gekriimmten Schere los- gelSst. Am Wnndrand entlang mul~ man sehr behutsam vorgehen, nm den Miillerschen Muskel and au[len die Trgnendri~se nicht zu ver- tegzen; diese Gebilde lgl3t man jeweiIs an der Stelle, we man mit der Scherenspitze arbeitet, mit einem feinen Doppelhgkehen vom Assistenten anhaken und naeh oben spannen. Welter oben geht das AblSsen ganz leicht. Itierbei ist es yon Vorteil, die Lidplatte zeitweilig zu entfernen, ohne abet die Fixierfgden aus den Klemmen zu nehmen, sondern man lgl3t einfach das Lid mittels der ~'ixierfgden nach oben ziehen. Wie weit man mit Los- 15sen der Bindehaut nach hinten dringen soil, richter sich danach, wie nmfangreieh die Ubergangsfalte ist. In den meisten Fgllen geniigt es, die hintere Grenze derselben zu erreichen. Auf die Angapfelbinde- hant i~berzugehen, wie bei der kombiniergen Excision, ist nur selgen erforderlieh. Wghrend dieser 3lanipulation wird das Unterlid mittels Desmarres-Lidhalters veto Assisgengen herabgezogen, was aueh w~i.hrend der iibrigen Phasen der Operation oft angenehm ist.

5. Die Lidplatte wird wieder eingesetzt and mit stark rotgliihendem flachem Galvanokauter die abgegrenzte Tarsalbindehaut verschofft. Ein Benzin-Thermokauter ist weniger zu empfehlen, da der abgerundete Brenner desselben kein so genaues Behandeln der t~ander gestatten wi~rde, auch kSnnte unerwanschte Tiefen~drkung erfolgen, w~hrend ein Galvanokauterbrenner aus dfinnem Platinbleeh bei jeder Berahrung stark abgeki~hlt wird, so sehr, dal~ man zuweilen auch 2 bis 3 real die- selbe Stelle aberfahren kann, um die ganze Dieke der Bindehaut dureh- zubrennen; anch kann man mit dem scharfen Rande des Brenners dicht an den Fixierfgden des Lidrandes vorbeigehen, ohne dieselben zu verbrennen. Nach erfolgter Verschorfung wird mit einem kleinen scharfen L5ffel der ganze Sehorf abgeschabt, wobei gent~gend Druek anzuwenden ist. Sollten an einzelnen Stellen noeh ungenfigend ver- sehorfte Reste sich zeigen, so werden sie abermals mit dem Kauter iibergangen und noehmals abgekratzt. Es mug eine ganz reine, glatte Fl~tehe resultieren, die keinerlei Ahnlichkeit mit einer Brandwunde hat. Fails ausnahmsweise die obere Abgrenznng des zu beseitigenden Bindehantteiles sieh etwas fiber den Tarsusrand erstrecken sollte, so ist in diesem Bereieh das Abkratzen des Schorfes nicht mehr so gut

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m6glich, wie fiber dem Knorpel, hier mug mit feiner Pinzette nnd Sehere behutsam abgetragen werden.

6. Nun werden die Nadeln der 3 Fadenpaare, ghnlich wie bei v. B l a s k o v i c s ' Modifikation der kombinierten Excision, durch den Knorpel naeh der Hautoberflgche durchgestochen, etwa 1 mm yore Wundrand des Lidrandes entfernt (da der ~Vundrand der a nzun~henden Bindehaut die F~den urn etwa 1 mm fiberragt). Die Lidp!atte bleibt auch hierbei noeh liegen und ist nieht im Wege, die Nadeln gleiten fiber sie nach rome. ~Venn alle 3 Fadenpaare durchgeffihrt sind und richtig liegen, werden noeh 2 weitere Fadenpaare, je eines zwisehen mittlerem und ~uBerem und zwischen mittlerem und innerem Faden- paar eingelegt (in der Abbildung dutch je 2 Punkte aagedeutet), um nirgends eine klaffende Wunde zu lassen, hierauf die Lidpl~tte mit den Fixierf~den entfernt, indem je ein Fexlen der 3 Paare knapp am Aust.ritt aus dem Lidrand durehsehnitten und der andere Faden herausgezogen wird (Seide Nr. 0 gleitet leicht durch beide Stichkana.le). Die 5 Faden- paare, die nun etwa 2 mm fiber dem Lidrand hautseitig hervortreten, werden fiber einem gemeinsamen dfinnen Gazer6llehen oder fiber Glasperlen unter m~Biger Spannung geknotet. Ich bevorzuge Gaze- r611chen, da Glasperlen manchmal kleine Druckgeschw~re verursachen. Verband, der behufs Reinigen des Auges t~glich gewechselt ~ird. Ent- fernen der N~hte am 6.--8. Tag.

Falls es im voraus nicht sicher zu entscheiden war, ob der Knorpel gesund gemlg ist, um unberfihrt belassen zu werden, so Mrd dies naeh dem Kauterisieren und Abkratzen entschieden. Es kann alsdann eine pa.rtielle Knorpelexeision des konvexen Randes, Ns zur halben Breite des Knorpels, oder eine Knorpelumkehrung in Frage kommen. wie es sich aus dem eingangs ent~icketten Geda.nkengang ergibt. Falls eine Knorpelexeision vorgenommen wird, so ist sie in dJeser Ausffihrung insofern vorteilhafter, wie nach der fr~heren Teehnik, da trotz Belassens eines breiten Knorpelstreifens, etwa der H~lfte oder mehr, die kranke Tarsalbindehaut doch in der ganzen Breite entfernt ist. Das Fixieren der hervorgezogenen Ubergangsbindehaut erfolgt aueh bier an der Fl~ehe des belassenen Knorpelteiles. Falls Knorpelumkehrung vorteil- halter erseheint, so wird sie in der bekannten Weise zu Ende geffihrb.

Verlauf und Komplikationen: Etwa die Hhtfte der Falle zeigt nicht die geringste Re~ktion. In der anderen Hglfte besteht ein leichtes 0dem, das selten etwas sehmerzhaft ist,, wa,hrend 2--3 Tagen. In solchen F~llen ist miil3ig feuehter Dunstverband yon Vorteil. Ganz selten kom- men geringIfigige Fadeneiterungen vor, die keine StSrung des Hell- vorganges verursaehen. Ebenso vereinzelt sah ieh vorfibergehend eine etwas st~rkere geizung der pannSsen Hornhaut, auch nur 1--2 Tage lang, w~hrend im Mlgemeinen ein rapides Sehwinden des Pannus

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und eventueller Infiltrate desselben sehon in den ersten Tagela zu beob- achten ist. Ein aueh nur teilweises Nichtanheilen der Bin, dehaut an den Knorpel ist mir niemMs vorgekommen.

Das Ergebnis der Operation ist eine vollkommen glatte Bindehaut- oberfli~ehe, die einige Wochen nactl dem Eingriff fiberhaupt keine Spur mehr des Trachomprozesses erkennen l~Bt, es seien denn im inneren Lidwinkel oder an der nieht operierten nnteren Tarsal- und Ubergangsbindehaut charakteristisehe Traehomnarben siehtbar. Die Operationsnarbe selbst ist znmeist eine feine, seharf gezogene Linie. Zuweilen kann sie einen etwas hervorspringenden Wulst bilden, was abet unbedingt duret~ einen Fehler vertu;saeht ist: entweder wurde die Bindehaut am Sehnittrand nieht dfinn genug gelSst, d. h. etwas yon dem darunter befindliehen Gewebe mitgenommen, oder die Knorpet- durehstiehnghte wurden ganz dicht im vorderen Wundrand durehge- ffihrt, wodureh der hervorgeng, hte Bindehautrand denselben um etwa 1 mm fiberragen mul~te. Diesem kleinen Fehler ist naehtrgglieh leicht abzuhelfen, indem man das Fi~ltehen unter Coeainangsthesie mit dem Kupferstift oder unter Novoeaininfiltration mit dem Galvanokauter beseitigt.

Besonders hervorzuheben ist in Fallen mit Pannus -- und um solehe handelt es sieh fast immer - - das rasehe Sehwinden desselben: ein Beweis fiir die I~ichtigkeit der Auffassung, daf~ der Hauptherd tier Krankheit in diesem Stadium eben der hiermit beseitigte Bindehaut- teil ist. Ieh spraeh bisher immer yon der oberen TarsMbindehaut; an der unteren ist die Notwend~gkeit zu dem Eingriff viel seltener vorhanden, doeh kann derselbe aueh hier ebenso ausgeffihrt werden, vorausgesetzt., dab geniigend Bindehant in der ~'bergangsfalte vorhanden ist. Es handelt sieh bier fibrigens immer nur um die AussehMtnng eines sehr schmMen Streifens.

Was die durch die Operation gesetzte Verkfirznng des Gesamt- umf~nges der Bindehaut anbelangt, so ist dieselbe nngleieh geringer als bei der kombinierten Excision; yon dieser ~berlegung gingen wir ja aus. Aber sie ist aueh praktiseh fast gleich Null zu setzen, denn es handelt sieh urn die Beseitigung jenes Bindehautteiles, der in all diesen t~Ilen sparer dutch narbige Sehrumpfung zugrunde gehen wfirde und aus dessen Sehrumpfung zuletzt jene eharakteristisehe gekniekte Narbe entsteht. (Diese Beleuehtung des Nutzens meiner Operation verdanke ieh einer mttndliehen Mitteilung yon Prof. v. B l a s k o v i e s . ) Nur dag dieser Vorgang dutch die Operation reehtzeitig erfolgt, bevor der TarsusknorpeI zu stark in Nitleidensehaft gezogen nnd die Hornhant dutch fortbestehenden oder rezidivierenden Pannus getrfibt ist.

SehlieBlieh wiire Ms ~4ehtigster Punkt die Frage des Dauererfolges, d. h. des Vorkommens oder Ausbleibens yon t~ezidiven zu er6rtern.

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Hierzu ist sowohl die ZMal der operier ten F~lle, Ms auch die Beobachtungs- zeit (ein Jahr seit der ersten Operation) noeh nngenfigend. Es wurden bisher 22 Kaute r resek t ionen und 14 solehe mi t Tarsoplast ik kombinier t , yon mir und meinen Assistenz~rzten ausgefiihrt. Die Zahl ist deshatb so gering, well ioh mi t der konserva t iven Behand lung in der iiber-

wiegenden Anza.hl der F~lle gut ~uskomme u n d dementspreehend die Ind ika t i on auch zu diesem Eingriff reeht streng begrenze.

teh will deshMb nur kurz darfber beriehten, was mir bisher an Rezidiven zu Gesieht gekommen ist. Ein ausgesproehenes, haupts~tehlieh papill~res Re- zidiv in der nieht operierten unteren Talsalbindehaut nnd UbergangsfMte, bzw. yon bier ausgehend, mit neuertieher Eruption des (naeh der Operation ge- sehwundenen) Pannus, 2 Monate naeh erfolgter obereh Kauterresektion. (Unten wurde nieht operiert, well hier die Bindeha.ut, konsel-~-ativ behandelt fast ans- geheilL ersehien; der Patient kam we~ler zur empfohlenen weiteren Behandlung, noch zur Kontrolle). Im operierten Bereieh nur ganz vome, medial, ein etwas kSrnig infiltriert, er Streifen, der iibrige Teil der TarsMbindehaut nnd die obere Ubergangsfatte glatt und diinn. - - In 2 weiteren Fallen (eine devon mit Tar- soplastik) geringe papill~re R.auhigkeit in einem kleinen Teil der TarsMbinde- haut, ebenfMls nahe am Lidrand.

Demgegeniiber sei, einstweilen nur Ms Beispiel, der Fall eines Kranken an- gefiihrt, der geradezu ats Testobjekt gelten kann. Hoehgradig angmiseh-tympha- tisches, abgemagertes Individuam, seit mehreren Jahren an Traehom beider Augen leiden& Tytms des Traeboms hauptsgehlieh papitlgr, doeh aueh wiederholt K6rner- eruptionen in allen -0bergangsfMten und an der Tarsalbindehaut. Pannus yon mgBiger Dieke, der beide Hornhgute ganz tiberzieht. Monatelang, tells in SpitM- pflege, *eils ambulant mit Abrasion, Expression, Tusehierung, Sublimatabreibung, KupferMaunstift,-Glasst~behenm~ssage behandelt; die Behandlung war immer yon beMedigendem Erfolg, sowohl was Bindehaut aN Pannus anbelangt, doeh er- sehienen jedesmM naeh Aussetzen der Behandlung bald I~ezidive. Deswegen warde am t. IX. 1920, naehdem die ~bergangsfMten dureh entspreehende Be- handlung in hierzu geeigneten Zustand gebraeht waren, in einer Sitzung die K auter- resektion der oberen und unteren TarsMbindebaut des rechten Auges ausgefiihrt. Es folgte voriibergebend (4--5 Tage l~ng) eine etwas stgrkere Hornhautreizung (einzelne kleine Infiltrate im Palmus), die naeh Dioninbehandlung MsbMd sehwand, yon da~ an hellte sieh der Pannus ra.seh auf und lieg nur ganz geringe Triibungen zuriiek; die Bindehaut wurde fiberM1 vollkommen glatt und diinn und ist es aueh jetzt, ca. ein hMbes Jahr naeh der Operation. Des linke Auge wurde datums, de es dutch konservative Behandlung in viel besseren Zustand gesetzt war, als das rechte vet der Operation, ferner aueh zmn Vergleieh der Er~olge, nieht operiert. Jetzt ist an diesem (dem linken) Auge ein mittelsehweres papill~r-granul~res Binde- hautrezidiv, Pannus der ganzen gornh~ut und entspreehende allgemeine I~eizung vorhanden. Es sell deshalb die Operation nunmehr ~ueh an diesem Auge aus- gefiihrt werden, sobMd die Obergangsfalten geniigend gebessert sind. Ich nenne den Fall desha.lb ,,Testobjekt", weiles 1. ein dutch den Mlgemeinen kSrperliehen Zustand und sehleehte hygienisehe Verh~ltnisse hoehgradig zu Traehom bzw. zur sehweren Heilung derselben disponiertes Indi~dduum ist, 2. weil des reehte Auge vet der Operation das sehleehtere war, 3. weil das ungeheilte linke Auge eine stgndige Reinfektionsquelte ftir das operier~e reehte bedeutete and des tetztere trotzdem bis jetzt rezidivfrei blieb.