2
© Springer-Verlag 2010 wobl Rechtsprechung/MRG 167 2010, Heft 6 Juni jetzt doch akzeptiert (Iby aaO; vgl in diesem Sinn wohl auch 1 Ob 787/52 = MietSlg 2222; 3 Ob 571/91 = MietSlg 43.246 = wobl 1992/62 [Hanel]). Da die Kl, die lediglich irrtümlich – ein Irrtum schadet dem Vermieter nicht grundsätzlich (vgl 3 Ob 571/91) – von der Berechtigung der Bekl ausgingen, das Mietver- hältnis um ein Jahr verlängern zu können, bereits vor dem 4. 8. 2006 klar zum Ausdruck gebracht hatten, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses abzulehnen, und auch danach der Bekl nicht Mietzins, sondern lediglich Benüt- zungsentgelt vorschrieben, kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, die Kl hätten in weiterer Folge die stillschweigende Verlängerung des Vertrags „jetzt doch“ akzeptiert. 1.4. Das mit 4. 8. 2006 befristete Mietverhältnis zwi- schen den Parteien wurde somit nicht gem § 1114 ABGB stillschweigend erneuert. 2. (. . .) 3. Somit endete das Mietverhältnis zwischen den Par- teien – auch nach dem Rechtsstandpunkt der Bekl – am 4. 8. 2006; es wurde jedoch weder ausdrücklich noch still- schweigend erneuert. Die Räumungsklage ist daher be- rechtigt, weshalb die Entscheidung des ErstG wieder herzustellen war. (. . .) 75. Keine stillschweigende Erneuerung trotz Zuwar- tens mit der Räumungsklage DOI 10.1007/s00719-009-1334-2 § 1114, § 1115 ABGB; § 29 Abs 3 MRG; § 569 ZPO: Grundsätzlich kann auch ein anderer als der im § 569 ZPO beschriebene Vorgang, mit dem ein Vertragsteil sei- nen Willen, den Vertrag nicht ohne weiteres fortzusetzen, unzweifelhaft und rechtzeitig vor Eintritt der Verlänge- rung zum Ausdruck bringt, die stillschweigende Ver- tragsverlängerung ausschließen. So hindert bei eindeuti- ger fristgerechter Ablehnung einer Vertragsverlängerung auch ein längeres Zuwarten mit der Räumungsklage die stillschweigende Vertragsverlängerung selbst dann, wenn rechtsirrtümlich weiterhin Mietzins vorgeschrie- ben wird, oder wenn – trotz Räumungsaufschubs um ein halbes Jahr – aus dem Gesamtverhalten des Bestandge- bers erkennbar ist, dass ihm nicht an einer Verlängerung gelegen ist. OGH 26. 5. 2009, 1 Ob 223/08p (LGZ Wien 40 R 156/08z; BG Fünfhaus 12 C 779/07x) Die Kl schloss als Fruchtgenussberechtigte mit der Tochter der Bekl am 28. 11. 2003 einen Mietvertrag über ein Gastronomielokal im EG sowie Räumlichkeiten im ersten, zweiten und dritten KG eines Hauses mit einer Nutzfläche von insgesamt etwa 500 m 2 , befristet mit 30. 6. 2006. Am 1. 7. 2004 trat die Bekl in den Mietvertrag ein, die Tochter schied aus. Bereits vor, aber auch nach dem 30. 6. 2006 gab es zwischen den Streitteilen Gesprä- che über die Weitervermietung des Bestandobjekts. Ein neuer Mietvertrag sollte jedenfalls andere Bedingungen enthalten als der bis zum 30. 6. 2006 geltende. Insb sollte das gesamte Haus Gegenstand eines allfälligen Vertrags sein. Die Verhandlungen führten allerdings zu keinem Ergebnis, weshalb die Vermieterin rund ein halbes Jahr nach Auslaufen des Mietvertrags den Hausverwalter mit der „Klärung der Angelegenheit“ betraute. Dieser er- stellte, nachdem er mit der Tochter der Bekl die Details eines neuen Mietvertrags – im Einverständnis mit der Bekl – ausgehandelt hatte, einen Vertragsentwurf. Den- noch kam es am 7. April 2007 nicht zum Abschluss eines neuen Vertrags und wurden darauf folgende Gesprächs- versuche der Bekl von der Kl abgelehnt, die letztlich am 4. Juli 2007 die vorliegende Räumungsklage einbrachte. Diese stützte sich auf § 1115 ABGB, weil die Kl nicht be- reit sei, das Bestandverhältnis mit der Bekl fortzusetzen, sowie auf den Auflösungsgrund des wesentlich nachteili- gen Gebrauchs des Bestandobjekts iSd § 1118 ABGB, weil ihr die Bekl den ungehinderten Zugang zu der im Obergeschoss befindlichen Wohnung verwehre. Die Bekl wendete insb ein, dass auf das Mietverhältnis die Bestimmungen des MRG anzuwenden seien und dass mangels unverzüglicher Klagsführung das Bestandver- hältnis auf unbestimmte Zeit verlängert worden sei. Schließlich sei im Mai 2007 der Bestandvertrag mündlich „auf zehn Jahre“ verlängert und auf das gesamte Haus erweitert worden. Das ErstG gab dem Räumungsbegehren statt. (. . .) Das BerufungsG änderte diese Entscheidung iS einer Klagsabweisung ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei. (. . .) Die Revision der Kl ist zulässig und berechtigt. Sowohl für dem MRG als auch für dem ABGB unterliegende Be- standverträge besteht die Möglichkeit einer stillschwei- genden Erneuerung von Zeitmietverträgen. Aus den Entscheidungsgründen des OGH: In der im Beurteilungszeitraum maßgeblichen Fassung sah § 29 Abs 3 MRG eine Verlängerung des Bestandver- hältnisses auf unbestimmte Zeit vor. Bestandverträge, die nicht dem MRG unterliegen, können dagegen zwar nach § 1114 ABGB stillschweigend erneuert werden, bei Miete mit monatlicher Zinszahlung aber nach der Jud zu § 1115 Satz 2 zweiter Halbsatz ABGB lediglich auf einen Monat (RIS-Justiz RS0020812; RS0020864; 1 Ob 629/93; 8 Ob 542/92). Der gegenteiligen Ansicht von Binder (in Schwimann 3 § 1115 ABGB Rz 3 mwN), die allerdings auch nur zu einer halbjährigen und nicht zu einer unbe- fristeten Verlängerung führen würde, ist die Jud nicht gefolgt. Nach § 569 ZPO sind Bestandverträge, welche durch den Ablauf der Zeit erlöschen, ohne dass es einer Auf- kündigung bedarf, dadurch, dass der Bestandnehmer fortfährt, den Bestandgegenstand zu gebrauchen und oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabei bewen- den lässt, dann als stillschweigend erneuert anzusehen, wenn binnen 14 Tagen nach Ablauf der Bestandzeit we- der vom Bestandgeber eine Klage auf Zurückstellung, noch vom Bestandnehmer auf Zurücknahme des Be- standgegenstands erhoben wird. Nach § 1114 Satz 3 ABGB geschieht die stillschweigende Erneuerung – so- fern im Bestandvertrag keine Aufkündigung bedungen worden ist – dadurch, dass der Bestandnehmer nach Ab- lauf der Bestandzeit fortfährt, den Bestandgegenstand zu gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabei bewenden lässt. Trotz des Begriffs „Erneuerung“ handelt es sich um eine Verlängerung, also die Fortset- zung des alten Vertrags, wie sich aus § 1115 Satz 1 ABGB ergibt (Iby in Fasching/Konecny IV/1 2 § 569 ZPO Rz 2 ff). Zur Widerlegung der Rechtsvermutung des § 569 ZPO bzw § 1114 Satz 3 ABGB genügt nach der Rsp jedenfalls jede im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Endter- min stehende eindeutige Ablehnung der Vertragsverlän- gerung (Iby aaO Rz 7; vgl Vonkilch in Hausmann/Von- kilch, WohnR § 29 MRG Rz 55). Grundsätzlich kann auch ein anderer als der im § 569 ZPO beschriebene Vorgang, mit dem ein Vertragsteil seinen Willen, den Vertrag nicht ohne weiteres fortzusetzen, unzweifelhaft und rechtzeitig vor Eintritt der Verlängerung zum Ausdruck bringt, die stillschweigende Vertragsverlängerung ausschließen. So hindert nach der Jud bei eindeutiger fristgerechter Ab-

Keine stillschweigende Erneuerung trotz Zuwartens mit der Räumungsklage

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Page 1: Keine stillschweigende Erneuerung trotz Zuwartens mit der Räumungsklage

© Springer-Verlag 2010

woblRechtsprechung/MRG 1672010, Heft 6

Juni

jetzt doch akzeptiert (Iby aaO; vgl in diesem Sinn wohlauch 1 Ob 787/52 = MietSlg 2222; 3 Ob 571/91 = MietSlg43.246 = wobl 1992/62 [Hanel]).

Da die Kl, die lediglich irrtümlich – ein Irrtum schadetdem Vermieter nicht grundsätzlich (vgl 3 Ob 571/91) –von der Berechtigung der Bekl ausgingen, das Mietver-hältnis um ein Jahr verlängern zu können, bereits vordem 4. 8. 2006 klar zum Ausdruck gebracht hatten, eineFortsetzung des Mietverhältnisses abzulehnen, und auchdanach der Bekl nicht Mietzins, sondern lediglich Benüt-zungsentgelt vorschrieben, kann im vorliegenden Fallnicht angenommen werden, die Kl hätten in weitererFolge die stillschweigende Verlängerung des Vertrags„jetzt doch“ akzeptiert.

1.4. Das mit 4. 8. 2006 befristete Mietverhältnis zwi-schen den Parteien wurde somit nicht gem § 1114 ABGBstillschweigend erneuert.

2. (. . .)3. Somit endete das Mietverhältnis zwischen den Par-

teien – auch nach dem Rechtsstandpunkt der Bekl – am4. 8. 2006; es wurde jedoch weder ausdrücklich noch still-schweigend erneuert. Die Räumungsklage ist daher be-rechtigt, weshalb die Entscheidung des ErstG wiederherzustellen war.

(. . .)

75.Keine stillschweigende Erneuerung trotz Zuwar-tens mit der Räumungsklage

DOI 10.1007/s00719-009-1334-2

§ 1114, § 1115 ABGB; § 29 Abs 3 MRG; § 569 ZPO:Grundsätzlich kann auch ein anderer als der im § 569

ZPO beschriebene Vorgang, mit dem ein Vertragsteil sei-nen Willen, den Vertrag nicht ohne weiteres fortzusetzen,unzweifelhaft und rechtzeitig vor Eintritt der Verlänge-rung zum Ausdruck bringt, die stillschweigende Ver-tragsverlängerung ausschließen. So hindert bei eindeuti-ger fristgerechter Ablehnung einer Vertragsverlängerungauch ein längeres Zuwarten mit der Räumungsklagedie stillschweigende Vertragsverlängerung selbst dann,wenn rechtsirrtümlich weiterhin Mietzins vorgeschrie-ben wird, oder wenn – trotz Räumungsaufschubs um einhalbes Jahr – aus dem Gesamtverhalten des Bestandge-bers erkennbar ist, dass ihm nicht an einer Verlängerunggelegen ist.OGH 26. 5. 2009, 1 Ob 223/08p (LGZ Wien 40 R 156/08z; BG Fünfhaus 12 C779/07x)

Die Kl schloss als Fruchtgenussberechtigte mit derTochter der Bekl am 28. 11. 2003 einen Mietvertrag überein Gastronomielokal im EG sowie Räumlichkeiten imersten, zweiten und dritten KG eines Hauses mit einerNutzfläche von insgesamt etwa 500 m2, befristet mit30. 6. 2006. Am 1. 7. 2004 trat die Bekl in den Mietvertragein, die Tochter schied aus. Bereits vor, aber auch nachdem 30. 6. 2006 gab es zwischen den Streitteilen Gesprä-che über die Weitervermietung des Bestandobjekts. Einneuer Mietvertrag sollte jedenfalls andere Bedingungenenthalten als der bis zum 30. 6. 2006 geltende. Insb solltedas gesamte Haus Gegenstand eines allfälligen Vertragssein. Die Verhandlungen führten allerdings zu keinemErgebnis, weshalb die Vermieterin rund ein halbes Jahrnach Auslaufen des Mietvertrags den Hausverwalter mitder „Klärung der Angelegenheit“ betraute. Dieser er-stellte, nachdem er mit der Tochter der Bekl die Detailseines neuen Mietvertrags – im Einverständnis mit derBekl – ausgehandelt hatte, einen Vertragsentwurf. Den-noch kam es am 7. April 2007 nicht zum Abschluss eines

neuen Vertrags und wurden darauf folgende Gesprächs-versuche der Bekl von der Kl abgelehnt, die letztlich am4. Juli 2007 die vorliegende Räumungsklage einbrachte.Diese stützte sich auf § 1115 ABGB, weil die Kl nicht be-reit sei, das Bestandverhältnis mit der Bekl fortzusetzen,sowie auf den Auflösungsgrund des wesentlich nachteili-gen Gebrauchs des Bestandobjekts iSd § 1118 ABGB,weil ihr die Bekl den ungehinderten Zugang zu der imObergeschoss befindlichen Wohnung verwehre.

Die Bekl wendete insb ein, dass auf das Mietverhältnisdie Bestimmungen des MRG anzuwenden seien und dassmangels unverzüglicher Klagsführung das Bestandver-hältnis auf unbestimmte Zeit verlängert worden sei.Schließlich sei im Mai 2007 der Bestandvertrag mündlich„auf zehn Jahre“ verlängert und auf das gesamte Hauserweitert worden.

Das ErstG gab dem Räumungsbegehren statt. (. . .)Das BerufungsG änderte diese Entscheidung iS einer

Klagsabweisung ab und sprach aus, dass die Revisionnicht zulässig sei. (. . .)

Die Revision der Kl ist zulässig und berechtigt. Sowohlfür dem MRG als auch für dem ABGB unterliegende Be-standverträge besteht die Möglichkeit einer stillschwei-genden Erneuerung von Zeitmietverträgen.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH:In der im Beurteilungszeitraum maßgeblichen Fassung

sah § 29 Abs 3 MRG eine Verlängerung des Bestandver-hältnisses auf unbestimmte Zeit vor. Bestandverträge,die nicht dem MRG unterliegen, können dagegen zwarnach § 1114 ABGB stillschweigend erneuert werden, beiMiete mit monatlicher Zinszahlung aber nach der Jud zu§ 1115 Satz 2 zweiter Halbsatz ABGB lediglich auf einenMonat (RIS-Justiz RS0020812; RS0020864; 1 Ob 629/93;8 Ob 542/92). Der gegenteiligen Ansicht von Binder (inSchwimann3 § 1115 ABGB Rz 3 mwN), die allerdingsauch nur zu einer halbjährigen und nicht zu einer unbe-fristeten Verlängerung führen würde, ist die Jud nichtgefolgt.

Nach § 569 ZPO sind Bestandverträge, welche durchden Ablauf der Zeit erlöschen, ohne dass es einer Auf-kündigung bedarf, dadurch, dass der Bestandnehmerfortfährt, den Bestandgegenstand zu gebrauchen undoder zu benützen, und der Bestandgeber es dabei bewen-den lässt, dann als stillschweigend erneuert anzusehen,wenn binnen 14 Tagen nach Ablauf der Bestandzeit we-der vom Bestandgeber eine Klage auf Zurückstellung,noch vom Bestandnehmer auf Zurücknahme des Be-standgegenstands erhoben wird. Nach § 1114 Satz 3ABGB geschieht die stillschweigende Erneuerung – so-fern im Bestandvertrag keine Aufkündigung bedungenworden ist – dadurch, dass der Bestandnehmer nach Ab-lauf der Bestandzeit fortfährt, den Bestandgegenstand zugebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber esdabei bewenden lässt. Trotz des Begriffs „Erneuerung“handelt es sich um eine Verlängerung, also die Fortset-zung des alten Vertrags, wie sich aus § 1115 Satz 1 ABGBergibt (Iby in Fasching/Konecny IV/12 § 569 ZPO Rz 2ff).Zur Widerlegung der Rechtsvermutung des § 569 ZPObzw § 1114 Satz 3 ABGB genügt nach der Rsp jedenfallsjede im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Endter-min stehende eindeutige Ablehnung der Vertragsverlän-gerung (Iby aaO Rz 7; vgl Vonkilch in Hausmann/Von-kilch, WohnR § 29 MRG Rz 55). Grundsätzlich kann auchein anderer als der im § 569 ZPO beschriebene Vorgang,mit dem ein Vertragsteil seinen Willen, den Vertrag nichtohne weiteres fortzusetzen, unzweifelhaft und rechtzeitigvor Eintritt der Verlängerung zum Ausdruck bringt, diestillschweigende Vertragsverlängerung ausschließen. Sohindert nach der Jud bei eindeutiger fristgerechter Ab-

Page 2: Keine stillschweigende Erneuerung trotz Zuwartens mit der Räumungsklage

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wobl168 Rechtsprechung/MRG – WEG 2010, Heft 6

Juni

lehnung einer Vertragsverlängerung auch ein längeresZuwarten mit der Räumungsklage die stillschweigendeVertragsverlängerung selbst dann, wenn rechtsirrtüm-lich weiterhin Mietzins vorgeschrieben wird, oder wenn –trotz Räumungsaufschubs um ein halbes Jahr – aus demGesamtverhalten des Bestandgebers erkennbar ist, dassihm nicht an einer Verlängerung gelegen ist (VonkilchaaO Rz 54 mwN). Verhandlungen über eine Vertragsver-längerung reichen zur Verhinderung einer stillschwei-genden Verlängerung dann aus, wenn bei ihrem Schei-tern innerhalb angemessener Frist eine Räumungsklagefolgt (MietSlg 51.758 = immolex 1999, 325; VonkilchaaO). Auch wenn hier die Räumungsklage erst mehr alsein Jahr nach Ablauf der vereinbarten Bestanddauer undetwa drei Monate nach dem Scheitern der Unterzeich-nung des Vertragsentwurfs erfolgte, ist – entgegen derAnsicht des BerufungsG – dennoch nicht von einer still-schweigenden Vertragsverlängerung auszugehen: DieVerlängerung des Bestandvertrags in der ursprünglichenForm – also ohne die über dem Lokal befindliche Woh-nung – wurde nämlich nach den Feststellungen zwischenden Streitteilen nie in Aussicht genommen, sondern nurüber einen neuen Mietvertrag über das gesamte Hausverhandelt. Damit war aber eindeutig klar, dass eine Ver-längerung des Bestandvertrags in seiner bestandenen (al-ten) Form von Vermieterseite jedenfalls abgelehnt wirdund das Zuwarten mit der Räumungsklage nur darinseine Ursache fand, dass eine Lösung hinsichtlich allfäl-liger Anmietung des gesamten Hauses gesucht wurde.Damit hat es die Bestandgeberin aber nicht iSd gesetzli-chen Bestimmungen „dabei bewenden lassen“, weshalbvon einer stillschweigenden Verlängerung des ursprüng-lichen Bestandvertrags nicht ausgegangen werden kann.Die Bekl benützt den Bestandgegenstand titellos.

Es ist daher die Entscheidung des ErstG wiederherzu-stellen, ohne dass auf die weiters aufgeworfenen Frageneingegangen werden müsste.

(. . .)

WEG76.

Zur Qualifikation eines Verbindungswegs als „not-wendig“ allgemeiner Teil der Liegenschaft, dernicht Gegenstand einer gerichtlichen Benützungs-regelung sein kann

DOI 10.1007/s00719-010-1506-0

§ 2 Abs 4, § 17 Abs 2 WEG 2002:Einer Verbindungsfläche zwischen allgemeinen Teilen

der Liegenschaft ist schon nach ihrer baulichen Anord-nung die Zweckbestimmung eines Weges zuzumessen,was einer ausschließlichen Benützung entgegensteht,selbst wenn über öffentliche Verkehrsflächen eine Er-reichbarkeit der in Frage stehenden allgemeinen Teileder Liegenschaft möglich wäre.OGH 11. 2. 2010, 5 Ob 201/09h (LG Feldkirch 1 R 198/09i; BG Bregenz18 Msch 4/09s)

Der ASt und sämtliche AG sind Mit- und Wohnungs-eigentümer der Liegenschaft EZ X Grundbuch Y, auf derdie Häuser W-Straße 2 und W-Straße 4 errichtet sind.Mit den Miteigentumsanteilen des ASt an dieser Liegen-schaft ist das WE an GR 27, LR 28, GR 2 und W 6 verbun-den. Er betreibt im EG des Objekts W-Straße 2 ein Cafe-Restaurant. Dem gesamten Geschäftslokalbereich samtWintergarten ist eine 2,15 m breite, ca 17m lange Flächevorgelagert, die von einem Eingang zu den Wohnungen

des Hauses W-Straße 2 zu einem Hof führt, von dem ausman das Objekt W-Straße 4 erreicht. Diese Fläche stelltdie einzige ebenerdige Verbindung zwischen den Gebäu-den W-Straße 2 und W-Straße 4 auf der im gemeinsamenEigentum stehenden Liegenschaft dar. Steht diese Flächenicht zur Verfügung, muss, um von einem Haus zum an-deren zu gelangen, der öffentliche Gehsteig benützt wer-den. Der dadurch zurückzulegende Umweg ist allerdingsäußerst geringfügig und beträgt nach der Planskizzeetwa 4,5m. Der Gehsteig schließt nämlich unmittelbar andie beschriebene Fläche an und ist von dieser nur durchBlumentröge getrennt. Die Gebäude W-Straße 2 undW-Straße 4 verfügen über eine gemeinsame Tiefgarage.Aus dieser ist ein Zugang in beide Häuser möglich. So-wohl der Rechtsvorgänger des ASt als auch er selbsthaben diese Fläche zumindest bis Sommer 2007 als Gast-garten genützt. Sind auf dieser Fläche Tische und Sesselzum Betrieb des Gastgartens aufgestellt, ist ein Durch-gang kaum möglich. Der Rechtsvorgänger des ASt be-nützte die Terrassenfläche zum Betrieb eines Gastgartensaufgrund einer prekaristischen Vereinbarung mit derEigentümergemeinschaft. In einer Eigentümerversamm-lung vom 1. 6. 2005 wurde das Prekarium aufgelöst. Zueiner neuen Vereinbarung mit dem ASt kam es nicht. EinMehrheitsbeschluss der Miteigentümer über eine Geneh-migung der Benützung der Terrasse wurde durch gericht-liche Entscheidung über Begehren der 27. und 28. AGaufgehoben, weil für eine Benützungsregelung gem § 17Abs 1 WEG Schriftlichkeit und Einstimmigkeit erforder-lich ist (vgl GZ 18 Msch 7/08f-23 des BG Bregenz).

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrt derASt gem § 17 Abs 2 WEG eine Benützungsregelung wieaus dem Spruch ersichtlich (es werde gegenüber den Mit-eigentümern der Liegenschaft in EZ X GB Y festgestellt,dass der ASt gegen Leistung eines jährlichen Betrags von400 E an die Miteigentümergemeinschaft berechtigt sei,die in der einen integrierenden Bestandteil des Antrags-schriftsatzes bildenden Planskizze ausgewiesenen ver-fügbaren allgemeinen Teile der Liegenschaft für denBetrieb eines Gastgartens zu nutzen). Überdies erklärteer sich bereit, die Bepflanzung der diese Fläche begren-zenden Blumentröge vorzunehmen und den Winterdienstim gegenständlichen Bereich zu verrichten, was der Ei-gentümergemeinschaft zum Vorteil gereiche. Er sei wirt-schaftlich vom Gastgartenbetrieb abhängig. Die bean-spruchte Fläche sei kein notwendig allgemeiner Teil derLiegenschaft und daher einer Benützungsregelung zu-gänglich. Es sei nur beabsichtigt, sieben Tische aufzu-stellen und diese stirnseitig nicht zu bestuhlen, sodassFußgängern ein Durchgang entlang des Gebäudes zurVerfügung stehe. (. . .)

Ausgehend von dem oben wiedergegebenen Sachver-halt erließ das ErstG die begehrte Benützungsregelung.(. . .)

Einem dagegen von den 27. und 28. AG erhobenen Re-kurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den erst-gerichtlichen Sachbeschluss auf und trug dem ErstG eineneuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.(. . .) Den Rekurs (richtig: Revisionsrekurs – § 64 Abs 1AußStrG) gegen seinen Aufhebungsbeschluss erklärtedas RekursG für zulässig, weil noch keine höchstgericht-liche Rsp zur Frage vorliege, ob Wohnungseigentümerauf öffentliche Verkehrsflächen verwiesen werden kön-nen, wenn durch eine Benützungsregelung die Verbin-dung zwischen verschiedenen Allgemeinflächen unter-brochen sei. (. . .)

Der Revisionsrekurs der 27. und 28. AG ist aus demvom RekursG bezeichneten Grund zulässig. Er ist iSdBegehrens auf Abweisung des verfahrenseinleitendenAntrags auch berechtigt.