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| Der Radiologe 10·99 Freies Thema 882 D. Dinter 1 · W. Koelfen 2 · M.C. Freund 3 · B. Schmidt 1 · K.W. Neff 1 · M. Georgi 1 1 Institut für Klinische Radiologie, Universitätsklinikum Mannheim 2 Pädiatrische Klinik, Elisabeth-Krankenhaus, Rheydt 3 Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Innsbruck Kernspintomographische Verlaufskontrolle bei Kindern nach Schädel-Hirn-Trauma hat sich in der aktuellen Literatur das diagnostische Konzept angepaßt [3]. Es besteht bei einem leichten bis mittelschweren SHT seltener eine in- itiale Bewußtlosigkeit; allerdings kommt es bei Kleinkindern häufig zu verzöger- tem Auftreten von Erbrechen, Schläf- rigkeit und/oder Erregungszuständen. Epidurale Hämatome sind im Kindesal- ter häufig schmal, aber flächenhaft aus- gedehnt, da die Dura mater außer im Bereich der Kranznaht noch nicht fest an der Tabula interna anhaftet. Die Blu- tungen sind oft an atypischer Stelle – frontal oder okzipital – lokalisiert [23]. Bei etwa einem Drittel der kindlichen Traumapatienten findet man epidurale Blutungen ohne Kalottenfraktur. Auch bei intrakraniellen Blutungen zeigen sich Unterschiede. So fanden sich bei Kindern [22] seltener ausgedehnte Kontusionen als bei Erwachsenen (30% vs. 40–50%). Insgesamt entwickeln sich bei Kin- dern durch die Prädisposition zur ze- rebralen Hyperämie und der daraus folgenden intrakraniellen Drucksteige- rung häufiger als bei Erwachsenen nicht primär auf das Traumaereignis zurück- zuführende Hirnschädigungen [9]. Die Einführung der Computerto- mographie (CT) und der Kernspinto- mographie (MRT) in den klinischen Unfälle mit Beteiligung von Kindern sind häufig, dabei sind Schädel-Hirn- Traumen (SHT) unter den erlittenen Verletzungen führend.Amerikanischen Studien zufolge [8] erleiden 200–300 von 100.000 Kindern jährlich trauma- tische Schädel-Hirn-Verletzungen und werden in Krankenhäusern stationär aufgenommen, die Letalität liegt bei ca. 6%. Schwere Schädel-Hirn-Traumen finden sich bei etwa 5–10% der statio- när aufgenommenen Patienten, wobei diese schweren Verletzungen oftmals zu neurologischen Residualzuständen führen [5]. Mittelschwere Schädel-Hirn- Traumen erleiden weitere 5–10% der Kinder; bei den verbleibenden 80–90% der stationären Patienten werden leich- te SHT diagnostiziert [19]. Bei Kindern ergeben sich auf- grund verschiedener Faktoren Beson- derheiten in der Pathophysiologie, den Symptomen und Folgen von Schädel- Hirn-Verletzungen. Dementsprechend Freies Thema Radiologe 1999 · 39:882–888 © Springer-Verlag 1999 Zusammenfassung Fragestellung: Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden die Befunde initial durchge- führter Computertomographien bei Kindern mit schwerem SHT mit den Ergebnissen einer MR-Nachuntersuchung korreliert und zusätzlich eine Evaluation der Häufigkeit und Lokalisation ausschließlich kernspin- tomographisch nachweisbarer Läsionen durchgeführt. Methodik: 70 Kinder mit initial nach SHT durchgeführtem und pathologischem CT wurden im Rahmen eines Follow-up im zeit- lichen Abstand von durchschnittlich 3 Jahren kernspintomographisch nachuntersucht. Ergebnisse: Bei 71% der nachuntersuchten Kinder konnten pathologische MRT-Befunde erhoben werden. 43% der Kinder mit einer subduralen Blutung wiesen kortikal, der ehemaligen Blutung anliegende, Paren- chymläsionen auf, dagegen zeigten alle 15 Kinder mit Epiduralhämatom an der Stelle der ehemaligen Blutung einen unauf- fälligen Befund. Alle Kontusionen waren im Follow-up als umschriebene Substanzde- fekte nachweisbar.Allerdings wiesen 44% der Kinder Parenchymläsionen auf,die initial und retrospektiv computertomographisch nicht nachweisbar waren. Alle 16 im Corpus callosum gelegenen Herde ware nur mit Hilfe der MRT nachzuweisen. Schlußfolgerung: Zusammengefaßt zeigt die vorliegende Studie die deutlich höhere Sensitivität der Kernspintomographie für nichthämorrhagische Hirnparenchymläsionen und Läsionen im Sinne von „diffusen axo- nalen Verletzungen“ gegenüber der Compu- tertomographie. Bei Kindern mit erlittenem SHT sollte im Verlauf eine kernspintomogra- phische Abklärung durchgeführt werden, vor Dr. D. Dinter Institut für Klinische Radiologie, Klinikum Mannheim gGmbH, Universitätsklinikum, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg,Theodor-Kutzer-Ufer 1–3, D-68135 Mannheim e-mail:[email protected]& / f n - b l o c k : & b d y : allem bei posttraumatischen neurologischen Auffälligkeiten, die nicht mit Hilfe der initialen computertomographischen Unter- suchung erklärt werden können. Schlüsselwörter Schädel-Hirn-Trauma · Magnetresonanz- tomographie · Nachuntersuchung · Pädiatrie · Corpus callosum

Kernspintomographische Verlaufskontrolle bei Kindern nach Schädel-Hirn-Trauma

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Page 1: Kernspintomographische Verlaufskontrolle bei Kindern nach Schädel-Hirn-Trauma

| Der Radiologe 10·99

Freies Thema

882

D. Dinter1 · W. Koelfen2 · M.C. Freund3 · B. Schmidt1 · K.W. Neff1 · M. Georgi1

1 Institut für Klinische Radiologie, Universitätsklinikum Mannheim2 Pädiatrische Klinik, Elisabeth-Krankenhaus, Rheydt3 Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Innsbruck

KernspintomographischeVerlaufskontrolle bei Kindernnach Schädel-Hirn-Trauma

hat sich in der aktuellen Literatur dasdiagnostische Konzept angepaßt [3].

Es besteht bei einem leichten bismittelschweren SHT seltener eine in-itiale Bewußtlosigkeit; allerdings kommtes bei Kleinkindern häufig zu verzöger-tem Auftreten von Erbrechen, Schläf-rigkeit und/oder Erregungszuständen.Epidurale Hämatome sind im Kindesal-ter häufig schmal, aber flächenhaft aus-gedehnt, da die Dura mater außer imBereich der Kranznaht noch nicht festan der Tabula interna anhaftet. Die Blu-tungen sind oft an atypischer Stelle –frontal oder okzipital – lokalisiert [23].Bei etwa einem Drittel der kindlichenTraumapatienten findet man epiduraleBlutungen ohne Kalottenfraktur. Auchbei intrakraniellen Blutungen zeigensich Unterschiede. So fanden sich beiKindern [22] seltener ausgedehnteKontusionen als bei Erwachsenen (30%vs. 40–50%).

Insgesamt entwickeln sich bei Kin-dern durch die Prädisposition zur ze-rebralen Hyperämie und der darausfolgenden intrakraniellen Drucksteige-rung häufiger als bei Erwachsenen nichtprimär auf das Traumaereignis zurück-zuführende Hirnschädigungen [9].

Die Einführung der Computerto-mographie (CT) und der Kernspinto-mographie (MRT) in den klinischen

Unfälle mit Beteiligung von Kindernsind häufig, dabei sind Schädel-Hirn-Traumen (SHT) unter den erlittenenVerletzungen führend. AmerikanischenStudien zufolge [8] erleiden 200–300von 100.000 Kindern jährlich trauma-tische Schädel-Hirn-Verletzungen undwerden in Krankenhäusern stationäraufgenommen, die Letalität liegt bei ca.6%. Schwere Schädel-Hirn-Traumenfinden sich bei etwa 5–10% der statio-när aufgenommenen Patienten, wobeidiese schweren Verletzungen oftmalszu neurologischen Residualzuständenführen [5]. Mittelschwere Schädel-Hirn-Traumen erleiden weitere 5–10% derKinder; bei den verbleibenden 80–90%der stationären Patienten werden leich-te SHT diagnostiziert [19].

Bei Kindern ergeben sich auf-grund verschiedener Faktoren Beson-derheiten in der Pathophysiologie, denSymptomen und Folgen von Schädel-Hirn-Verletzungen. Dementsprechend

Freies ThemaRadiologe1999 · 39:882–888 © Springer-Verlag 1999

Zusammenfassung

Fragestellung: Im Rahmen einer prospektiven

Studie wurden die Befunde initial durchge-

führter Computertomographien bei Kindern

mit schwerem SHT mit den Ergebnissen

einer MR-Nachuntersuchung korreliert und

zusätzlich eine Evaluation der Häufigkeit

und Lokalisation ausschließlich kernspin-

tomographisch nachweisbarer Läsionen

durchgeführt.

Methodik: 70 Kinder mit initial nach SHT

durchgeführtem und pathologischem CT

wurden im Rahmen eines Follow-up im zeit-

lichen Abstand von durchschnittlich 3 Jahren

kernspintomographisch nachuntersucht.

Ergebnisse: Bei 71% der nachuntersuchten

Kinder konnten pathologische MRT-Befunde

erhoben werden. 43% der Kinder mit einer

subduralen Blutung wiesen kortikal, der

ehemaligen Blutung anliegende, Paren-

chymläsionen auf, dagegen zeigten alle

15 Kinder mit Epiduralhämatom an der

Stelle der ehemaligen Blutung einen unauf-

fälligen Befund. Alle Kontusionen waren im

Follow-up als umschriebene Substanzde-

fekte nachweisbar. Allerdings wiesen 44%

der Kinder Parenchymläsionen auf, die initial

und retrospektiv computertomographisch

nicht nachweisbar waren. Alle 16 im Corpus

callosum gelegenen Herde ware nur mit

Hilfe der MRT nachzuweisen.

Schlußfolgerung: Zusammengefaßt zeigt

die vorliegende Studie die deutlich höhere

Sensitivität der Kernspintomographie für

nichthämorrhagische Hirnparenchymläsionen

und Läsionen im Sinne von „diffusen axo-

nalen Verletzungen“ gegenüber der Compu-

tertomographie. Bei Kindern mit erlittenem

SHT sollte im Verlauf eine kernspintomogra-

phische Abklärung durchgeführt werden, vor

Dr. D. DinterInstitut für Klinische Radiologie,

Klinikum Mannheim gGmbH,Universitätsklinikum,

Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der

Universität Heidelberg,Theodor-Kutzer-Ufer 1–3,

D-68135 Mannheim

e-mail: [email protected]&/fn-block:&bdy:

allem bei posttraumatischen neurologischen

Auffälligkeiten, die nicht mit Hilfe der

initialen computertomographischen Unter-

suchung erklärt werden können.

Schlüsselwörter

Schädel-Hirn-Trauma · Magnetresonanz-

tomographie · Nachuntersuchung · Pädiatrie ·

Corpus callosum

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Der Radiologe 10·99 | 883

D. Dinter · W. Koelfen · M.C. Freund

B. Schmidt · K.W. Neff · M. Georgi

Long-term follow up MRI in childrenwith severe head injury

Summary

Purpose: A prospective study was initiated

for the correlation of the findings in the

initial cranial CT with the long-term follow-up

MRI in children with severe head injury.

Another aim was the evaluation of frequency

and location of lesions, found only in MRI.

Methods: 70 children with severe head

injury and initially performed pathological

CCT were followed up (mean time 3 years)

by MRI.

Results: 71% of the children had a patho-

logical MRI. In 43% of the children with

subdural bleeding could be found paren-

chymal lesions in the underlying cortex. All

15 children with epidural bleeding had un-

suspicious findings at the former hematoma.

All of the contusions were found as paren-

chymal residual lesions.44% of the children

had evidence of parenchymal lesions in the

follow-up MRI initially and retrospectively

not revealable.16 lesions in the corpus

callosum were only revealed by MRI.

Conclusion: This study shows the higher

sensitivity of magnetic resonance imaging in

non-hemorrhagic parenchymal lesions and

in ”diffuse axonal injury“.A MRI-examination

is recommended in children with severe

head injury, especially in patients with

normal CCT and posttraumatic neurological

deficits.

Key words

Magnetic resonance imaging ·

Severe head injury · Follow-up · Pediatric ·

Corpus callosum

itialen CT-Untersuchung mit demErgebnis der MRT-Nachuntersuchungkorrelieren lassen, welche Läsionen zu-sätzlich zu den in der initialen CT ge-fundenen ausschließlich kernspinto-mographisch nachweisbar waren undwelche CT-Befunde bei den Patien-ten mit ausschließlich kernspinto-mographisch nachweisbaren Läsionenvorlagen.

Material und Methodik

70 Kinder (49 Jungen, 21 Mädchen) imAlter zwischen 6 und 15 Jahren, die unterder Verdachts- oder Einweisungsdia-gnose „Schädel-Hirn-Trauma“ compu-tertomographisch untersucht wurden,erhielten in einem Zeitraum zwischen13 Monaten und 8,4 Jahren (Median3,1±2,5 Jahre) nach initialem Traumaer-eignis eine Follow-up-MRT-Untersu-chung. Die initialen CT-Untersuchun-gen erfolgten mit axialen Schichten undeiner Schichtdicke von 5 mm (GeneralElectrics, Milwaukee: „GE 8880“ bzw.„Pace 1“). Die Einteilung der computer-

Alltag hat die Befunderhebung und Ab-schätzung des Schweregrades der intra-kraniellen Verletzungen deutlich ver-bessert. Der Vergleich der diagnosti-schen Aussagekraft beider Tomogra-phiearten bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma wurde seit Mitte der 80erJahre von einer größeren Anzahlverschiedener Autoren durchgeführt.Kernspintomographische Follow-up-Untersuchungen waren eher selten Ge-genstand wissenschaftlicher Untersu-chungen, wobei Kinder als Untersu-chungsgruppe nur bei wenigen Autorenevaluiert wurden [2, 7, 13, 17, 18].

Bei der vorliegenden Studie wurdeim Rahmen einer MR-Nachuntersu-chung evaluiert, ob zusätzliche intraze-rebrale Läsionen nach erlittenem Schä-del-Hirn-Trauma mit Hilfe der Kern-spintomographie nachweisbar sind.Dazu wurden die Befunde der initialenComputertomographie der kernspin-tomographischen Nachuntersuchunggegenübergestellt und bewertet. ImEinzelnen wurde untersucht, ob sichdie pathologischen Befunde in der in-

Radiologe1999 · 39:882–888 © Springer-Verlag 1999

Abb. 1 m Verteilung der Befunde der 61 Kinder mit pathologischem CT-Befund und kernspintomo-graphischer Nachuntersuchung. SH subdurales Hämatom, EH epidurales Hämatom, ICB intrazerebraleKontusionsherde (hämorrhagisch/nichthämorrhagisch), VEB Ventrikeleinbruchsblutung, SABtraumatische Subarachnoidalblutung. Durch Kombinationsverletzungen fanden sich mehr Befunde,als der Gesamtzahl der Patienten entspricht

Page 3: Kernspintomographische Verlaufskontrolle bei Kindern nach Schädel-Hirn-Trauma

| Der Radiologe 10·99

Freies Thema

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tomographisch nachweisbaren Verlet-zungen erfolgte in:

a) Schädelfraktur,b) Epiduralhämatom,c) Subduralhämatom,d) Intrazerebrale Kontusionsherde (hä-

morrhagisch/ nichthämorrhagisch),e) Ventrikeleinbruchsblutung undf) Traumatische Subarachnoidalblu-

tung.

Zusätzlich erfolgte eine Klassifizierungder Blutungen in Ausdehnung, Größeund Lokalisation.

Die MRT-Nachuntersuchung erfolg-te an einem „Magnetom SP 63“ (SiemensAG, Erlangen, Feldstärke 1,5 Tesla, Gradi-entenstärke 10 mT/m) unter Verwen-dung einer zirkular polarisierten Kopf-spule. Die in allen Fällen ohne Kontrast-mittel durchgeführten Untersuchungenfolgten einem standardisierten Protokollunter Verwendung folgender Sequenzen:

1. Sagittale FLASH 2D-Sequenz (400/18/15°/2) als Localizer,

2. Transversale T2-SE-Sequenz (2.000–2.600/15–90/90°/1) mit 5 mm Schicht-dicke,

3. Koronare FLASH-2D-Sequenz (750/18/15°/2) mit 5 mm Schichtdicke,

4. Transversale T1-SE-Sequenz (480–680/15/2) mit 5 mm Schichtdickesowie

5. 3D-MPRAGE-Sequenz (10/4/10°/2)mit einer Schichtdicke von 1,25 mm(jeweilsTR/TE/Flipwinkel/Anzahlder Akquisitionen).

Die MRT-Untersuchungen wurden voneinem in der Neuroradiologie erfahre-nen Radiologen ohne Kenntnis der Ver-letzungen in der initialen Computerto-mographie befundet. Bei Nachweisbar-keit von pathologischen Befunden wur-den diese eingeteilt in

a) nur kortikal oder subkortikal gele-gene Parenchymdefekte,

b) Zeichen der „Diffusen axonalenVerletzung“ (Läsionen im Markla-ger, Hirnstamm, Corpus callosum,Thalamus und Basalganglien),

c) Veränderungen im Liquorsystem(erweiterte Ventrikelräume/ erwei-terte Subarachnoidalräume).

Zusätzlich wurde die Anzahl der Läsio-nen dokumentiert.

mographischen Follow-up insgesamt113 Tramafolgen nachgewiesen werden.Dabei traten durch Kombinationsver-letzungen mehr auffällige Befunde auf,als der Gesamtzahl der Patienten ent-sprach.

MR-Befunde bei isoliertenSchädelfrakturen im initialen CT

Bei 11 der 70 Kinder (16%) konntencomputertomographisch nach demUnfall Schädelfrakturen (10mal Kalot-ten- und 1mal eine Impressionsfrak-tur) ohne zusätzliche extra- oder in-trazerebrale Verletzungen nachgewie-sen werden. Bei der kernspintomo-graphischen Nachuntersuchung fan-den sich bei diesen Patienten folgendeBefunde: 5 Kinder, einschließlichdes Kindes mit Impressionsfraktur,wiesen unauffällige MRT-Untersu-chungen auf. 5 Kinder wiesen kleine(<0,5 cm), umschriebene Parenchym-defekte auf. Diese waren in 2 Fällen inunmittelbarer Umgebung der ehema-ligen Fraktur und in den restlichen 3Fällen an anderer Stelle des Gehirnslokalisiert. Ein Kind mit einer in derCT links parietal gelegenen Kalotten-fraktur wies in der Nachuntersuchungeinen erweiterten vorderen Anteil deslinken Seitenventrikels ohne darüberhinausgehende, umschriebene Paren-chymdefekte auf.

Ergebnisse

61 der 70 Kinder wiesen insgesamt 110Verletzungen in den initialen CT-Un-tersuchungen auf, bei 9 Kindern wa-ren sowohl die initialen als auch dieKontroll-CT-Untersuchungen im Rah-men des stationären Aufenthaltes un-auffällig. Aufgrund der Schwere deszugrundeliegenden Traumas erfolgtebei diesen Kindern jedoch ebenfallseine kernspintomographische Nach-untersuchung. Sechs der 9 Kinderwiesen unauffällige MRT-Befundeauf, bei 3 Kindern fanden sich kleinesubkortikale Parenchymdefekte. DieCT-Befunde sind in der Abb. 1 aufge-führt.

20 der 70 nachuntersuchten Kin-der (29%) wiesen bei der kernspin-tomographischen Nachuntersuchungeinen unauffälligen Befund auf. Iminitialen CT fanden sich bei 6 die-ser 20 Kinder unauffällige Untersu-chungen (die MRT-Nachuntersuchungwurde aufgrund persistierender neu-rologischer Auffälligkeiten durchge-führt); bei 7 Kindern lagen epiduraleBlutungen vor, bei 5 Kindern isolierteKalottenfrakturen und bei jeweilseinem Kind eine subdurale Blutungbzw. eine isolierte Ventrikeleinbruchs-blutung.

Bei 50 der 70 nachuntersuchtenKinder (71%) konnten im kernspinto-

Abb.2a, b m Patient D.S.: Schädel-Hirn-Trauma im Alter von 7,9 Jahren mit ausgedehntem, ca. 4,5×4 cmgroßem links temporo-parietal gelegenen epiduralem Hämatom im Initial-CT (a), neurochirurgischtherapiert. (b) Im Follow-up-MRT im Alter von 13,1 Jahren (5,2 Jahre nach SHT) an der Stelle derehemaligen Blutung unauffällige Parenchymverhältnisse bei regelrechtem neuropsychologischemBefund

Page 4: Kernspintomographische Verlaufskontrolle bei Kindern nach Schädel-Hirn-Trauma

Der Radiologe 10·99 | 885

MR-Befunde bei epiduralemHämatom im initialen CT

Bei 13 der 70 nachuntersuchten Kinder(19%) zeigte sich bei der CT-Untersu-chung nach dem Trauma ein epidura-les Hämatom. Die kernspintomogra-phische Nachuntersuchung ergab inAbhängigkeit der Kombination mitzusätzlichen intrazerebralen Verlet-zungen folgende Befunde: Alle 10 Kin-der mit isoliert vorliegenden epidura-len Hämatomen wiesen an der Stel-le der ehemaligen Blutung unauffälli-ge kortikale MRT-Befunde auf. Bei 3Kindern konnten dennoch kortikaleParenchymdefekte nachgewiesen wer-den. Diese waren der Stelle der ehe-maligen Blutung im Sinne von „Contrecoup“-Verletzungen entgegengesetztkortikal lokalisiert. Die 3 Kinder mitzusätzlichem intrazerebralem Kontu-sionsherd zeigten in allen Fällen ander Stelle der ehemaligen Kontusionumschriebene Parenchymdefekte. AlsErgebnis konnte damit gezeigt wer-den, daß bei allen Kindern mit epidu-ralen Hämatomen, ob operativ oderkonservativ behandelt, ein unauffälli-ger Befund am angrenzenden Kortexnachweisbar war.

Ein exemplarischer Patientenfallwird in Abb. 2 dargestellt.

8 Kinder (38%) zeigten eine Kombinati-on mit einem Kontusionsherd.

In Abhängigkeit von den beschrie-benen Kombinationen fanden sich inder MR-Untersuchung folgende Befun-de: 10 der 13 Kinder (77%) ohne compu-tertomographisch nach dem Traumanachweisbare intraaxiale Verletzungenwiesen umschriebene Parenchymde-fekte auf, davon in 5 Fällen im Corpuscallosum. Nur bei einem Kind fand sichkernspintomographisch 2,1 Jahre nacherlittenem SHT ein vollkommen unauf-fälliger Befund. Initial hatte computer-tomographisch dabei ein ca. 1 cm brei-tes subdurales Hämatom links parietalvorgelegen.

Alle 8 Kinder mit kombinierter sub-duraler Blutung und intrazerebralemKontusionsherd wiesen Parenchymde-fekte auf.Diese waren jeweils an der Stel-le der ehemaligen Kontusion lokalisiert,in 5 Fällen lag jedoch zusätzlich ein korti-kaler Parenchymdefekt unter der ehe-maligen subduralen Blutung vor.

Als Ergebnis folgte daraus: Von ins-gesamt 21 Kindern mit einem subduralenHämatom bei der initialen Computerto-mographie fand sich nur in einem Fallbei der kernspintomographischen Fol-low-up-Untersuchung ein unauffälligerBefund. In 43% der Fälle (9 von 21 Kin-dern) konnten unmittelbar kortikal derehemaligen Blutung umschriebene Par-enchymdefekte nachgewiesen werden.

MR-Befunde bei subduralemHämatom im initialen CT

21 der 70 nachuntersuchten Kinder(30%) wiesen in der CT-Untersuchungnach dem Schädel-Hirn-Trauma einsubdurales Hämatom auf. Bei 13 der 21Patienten (62%) war computertomo-graphisch keine begleitende intrazere-brale Verletzung nachweisbar gewesen,

Abb. 3a, b m Patient D.K.: Schädel-Hirn-Trauma durch Sturz vom Wickeltisch im Alter von 0,5 Jahren.a Im Initial -CT schmales rechts fronto-parietales subdurales Hämatom sowie traumatischeSubarachnoidalblutung. b Bei der kernspintomographischen Nachuntersuchung im Alter 1,2 Jahren(0,7 Jahre nach SHT) deutliches subdurales Hygrom rechts fronto-parietal sowie noch nachweis-bare Kontusionsareale rechts okzipital

Abb. 4a, b m Patientin R.T.: Schädel-Hirn-Trauma im Alter von 10,3 Jahren. a Im Initial-CT ausgeprägtekortikale, z.T. hämorrhagische Kontusionen linkshemisphärisch. b Bei der Follow-up MRT-Untersuchung deutliche residuale Parenchymläsionen im Bereich der ehemaligen Kontusionenbei insgesamt nur gering unterdurchschnittlicher neuropsychologischer Untersuchung

Page 5: Kernspintomographische Verlaufskontrolle bei Kindern nach Schädel-Hirn-Trauma

Diskussion

Mit der Einführung der Kernspintomo-graphie in die klinische Diagnostik abca. 1983 bestand die Möglichkeit, Pati-enten mit SHT – wenn nicht akut, dannim zeitlichen Verlauf – sowohl mit Hilfeder CT als auch der MRT zu unter-suchen.

Kernspintomographische Nachun-tersuchungen, die bei Kindern als Pati-entengruppe durchgeführt wurden, fin-den sich in der Literatur selten.

Unvollständig sind bisher die Un-tersuchungen bei Patienten mit SHT ineinem größeren Zeitabstand nach demTrauma, wobei die Durchführung derMRT im Rahmen eines Follow-up min-destens 3 Monate nach dem Traumaer-eignis sinnvoll ist [24]. Dabei kann amehesten neben den fokalen Läsionenam Ort der Gewalteinwirkung und denDefekten im Bereich der Kontusions-herde sowie der extrazerebralen Blu-tungen auch eine eventuell eingetreteneErweiterung der Ventrikelräume er-kannt werden.

„Diffuse axonale Verletzungen“

Die Traumafolge „diffuse axonale Ver-letzung“ (DAV) [5, 21] stellt traumabe-dingte axonale Verletzungen vor alleman der Grenzfläche der weißen Sub-stanz dar, die durch die bei Unfällenhervorgerufenen Akzelerationsvorgän-ge im Zerebrum entstehen. DAV entste-hen pathomechanisch durch eine aufdas Hirnparenchym einwirkende Rota-tionsbeschleunigung, die zu Abscher-vorgängen und damit zur Unterbre-chung axonaler Verbindungen sowieder sie versorgenden kapillären Blutge-fäße führt. Ursache dafür sind oftmalsAuto- oder Motorradunfälle, bei deneneine abrupte Abbremsung aus hoherGeschwindigkeit stattfindet. DAV tretenmit zunehmender Traumaschwere be-vorzugt nacheinander in 3 Parenchym-regionen auf: in der weißen Substanz,im Corpus callosum und in den dorso-lateralen Anteilen der oberen Hirn-stammregion [5]. Bei noch größererTraumaschwere sind DAV zusätzlich imBereich der Basalganglien lokalisiert[25]. Nach Parizel [21] sind CT-diagno-stisch allenfalls punktförmige Einblu-tungen nachweisbar, wobei die wahreAusdehnung der DAV mittels MRTwesentlich besser visualisiert werden

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Freies Thema

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Ein exemplarischer Patientenfallwird in Abb. 3 dargestellt.

MR-Befunde der Patienten mitintraaxialen Blutungen im initialen CT

27 der 70 kernspintomographisch nach-untersuchten Kinder (39%) wiesen inden CT-Untersuchungen nach dem SHTintraaxiale Verletzungen auf. Darunterfanden sich bei 24 Kindern intrazerebra-le Kontusionen. Bei 9 Kindern lagen Ven-trikeleinbruchsblutungen vor, davon in 2Fällen isoliert. Bei 3 Kindern zeigten sichtraumatische Subarachnoidalblutungen,die immer mit einer anderen intraaxia-len Traumafolge kombiniert auftraten.

Es konnten in der MR-Nachunter-suchung folgende Befunde erhobenwerden: Die 24 Kinder mit intrazere-bralen Kontusionen wiesen in allen Fäl-len an der Stelle der ehemaligen Läsi-on größenidentische Parenchymdefek-te auf. Das Kind mit kombinierter trau-matischer Subarachnoidal- und Ventri-keleinbruchsblutung zeigte zusätzlichzu erweiterten Subarachnoidalräumeneine kleine Corpus-callosum-Läsion.Eines der beiden Kinder mit isolierterVentrikeleinbruchsblutung wies in derkernspintomographischen Nachunter-suchung erweiterte innere Liquorräu-me ohne aktuelle Dekompensations-zeichen auf. Das andere Kind zeigte3,1 Jahre nach SHT bei der MRT-Unter-suchung einen unauffäligen Befund.

Ein exemplarischer Patientenfallist in Abb. 4 dargestellt.

Kernspintomographischnachweisbare Parenchymdefekte

Bei 45 Kindern fanden sich insgesamt79 umschriebene Läsionen, wobei 24der 45 Kinder (53%) an der Stelle derkernspintomographisch erkennbarenParenchymdefekte auf den posttrau-matischen CT-Untersuchungen intra-zerebrale Kontusionsherde aufwiesen.

Bei 21 Kindern konnten jedochbei der kernspintomographischenNachuntersuchung insgesamt 39 Par-enchymläsionen ohne initial CT-diagnostisch darstellbaren Kontusi-onsherd nachgewiesen werden. Unterdiesen 39 Parenchymdefekten warenalle 16 nachgewiesenen Balkenläsio-nen bei 14 Kindern. Dabei zeigte einKind Parenchymdefekte im Genu etSplenium corporis callosi. Ein weite-res Kind hatte Läsionen im Truncus-und Spleniumbereich. Nur bei ei-nem Kind konnte ein isolierter Paren-chymdefekt im Truncus nachgewiesenwerden. Hingegen ließen sich bei 11Kindern isolierte Läsionen im Spleni-umbereich belegen.

12 der 39 Parenchymdefekte warenkortikal, 7 im paraventrikulären Mark-lager, zwei im Bereich der Basalgangli-en, eine im Hirnstammbereich sowieeine in einer Kleinhirnhemisphäre lo-kalisiert.

Ein exemplarischer Patientenfalleines Kindes mit unauffälliger initialerCT-Untersuchung und pathologischemMRT-Follow-up ist in Abb. 5 dargestellt.

Abb. 5a, b m Patient S.G.: Schädel-Hirn-Trauma im Rahmen eines Polytraumas und Initial-CT(a) mit unauffälligem Befund im Alter von 6,6 Jahren. (b) Kernspintomographische Nachuntersuchungim Alter von 13,7 Jahren mit zystischem Parenchymdefekt im Splenium corporis callosi mitHämosiderinablagerungen bei ansonsten unauffälligem MRT-Befund und altersgerechter neuro-psychologischer Untersuchung

Page 6: Kernspintomographische Verlaufskontrolle bei Kindern nach Schädel-Hirn-Trauma

kann. Insbesondere die Verwendungvon „Fluid attenuated inversion recov-ery“ (FLAIR)-Sequenzen, protonenge-wichteten oder T2-gewichteten Sequen-zen dienen zur Darstellung nichthä-morrhagischer Läsionen, während sichältere, eingeblutete Herde besser mittelsGradientenechosequenzen mit langerEchozeit nachweisen lassen.

In der vorliegenden Arbeit waren27 der insgesamt 79 Parenchymdefek-ten im Sinne von DAV klassifizierbar,wobei am häufigsten Corpus-callosum-Läsionen nachweisbar waren. DiesesErgebnis unterstützt die Aussagen vonZimmermann und Bilaniuk [25].

Die Ergebnisse von Gentry et al. [4,5] unterschieden sich von den in der ei-genen Untersuchung gefundenen Ergeb-nissen in der Häufigkeit von Corpus-cal-losum-Läsionen und Läsionen im Be-reich der weißen Substanz. Als Gründedafür können die unterschiedlichen Ar-ten des Unfallgeschehens, differierendeTraumaschweregrade sowie die in derbeschriebenen Arbeit fehlende Be-schränkung auf Kinder als untersuchtePatientengruppe angeführt werden.

Corpus-callosum-Läsionen

Traumatische Corpus-callosum-Verlet-zungen treten als eine Art der diffusenaxonalen Verletzung in Erscheinungund sind Folge einer auf das Hirn-parenchym einwirkenden Rotationsbe-schleunigung, die eine Abscherverlet-zung von axonalen Verbindungen ver-ursacht [5, 6]. Vor der Einführung derComputertomographie konnten Bal-kenläsionen nur autoptisch gesichertwerden [11, 14]. Die Autoren fanden da-bei Läsionen im Balken in einer Häufig-keit zwischen 16% und 39%.

Bei computertomographischen Un-tersuchungen wurden bei weniger als13% der Patienten Corpus-callosum-Läsionen als traumatische Verletzungs-folge nachgewiesen [15]. Die Diskre-panz zwischen der Häufigkeit neuropa-thologisch nachgewiesener und com-putertomographisch dargestellter Bal-kenläsionen wurde vor allem durch diegeringere Sensitivität der Computerto-mographie für nichthämorrhagischeLäsionen erklärt [4].

Als Ergebnis der vorliegenden Stu-die wurden bei 14 von 70 Kindern (20%)Corpus-callosum-Läsionen im Rahmender MRT-Nachuntersuchung nachge-

MRT-Nachuntersuchungsbefundebei extraaxialen Verletzungen iminitialen CT

Bei der eigenen Arbeit zeigten sichdeutliche Unterschiede in den Residuenvon epiduralen im Vergleich zu subdu-ralen Hämatomen. Diese Diskrepanz inder Schwere der Folgen extraaxialerBlutungen liegt einerseits darin begrün-det, daß ein subdurales Hämatom häufi-ger in die direkt darunter liegenden kor-tikalen Gehirnanteile einbluten kann.Weiterhin können Subduralhämatomeauch durch primär kortikale, hämor-rhagische Kontusionsherde entstehen[12]. Unberücksichtigt bleibt dabei eineventuell schwereres Traumaereignisbei Patienten mit subduraler Blutung.

Der in der eigenen Untersuchungermittelte häufige Nachweis von Paren-chymläsionen bei Patienten mit subdu-ralen Hämatomen wurde in der Litera-tur bei MRT-Nachuntersuchungen beieiner vergleichbar großen Patienten-zahl bisher nicht beschrieben. Auchüber das Fehlen von kernspintomo-graphisch nachweisbaren Parenchym-residuen bei Kindern mit epiduralenBlutungen und vergleichbarem Patien-tenkollektiv wurde bisher noch nichtberichtet.

MRT-Nachuntersuchungsbefunde beiintraaxialen initialen CT-Befunden

Traumatische Subarachnoidalblutungen,traumatische Ventrikeleinbruchsblutun-gen und Kontusionen stellen Verlet-zungsmuster dar, die im allgemeinenauf eine größere Gewalteinwirkung aufden Schädel zurückzuführen sind.

Traumatische intrazerebrale Blu-tungen entstehen oftmals durch Zug-und Scherbewegungen des Hirngewe-bes, wodurch intrazerebrale Blutgefäßeeinreißen können. Fremdkörper- oderGefäßverletzungen durch Frakturantei-le stellen eine weitere Entstehungsursa-che dar. Die bevorzugte Lokalisation istder Bereich des Temporalpols und desangrenzenden Frontalhirns [1, 5].

Der Unterschied zu hämorrhagi-schen Kontusionsherden besteht darin,daß bei diesen die Läsion mit kontusi-oniertem und ödematösem Hirnparen-chym durchsetzt und vermischt ist [5].Allerdings ergeben sich Fälle, bei denensich die Differenzierung schwierig ge-staltet und im wesentlichen aufgrund

wiesen, die CT-diagnostisch initial nichtdarstellbar waren, wodurch die Bedeu-tung sagittaler Schnittführungen beider MRT unterstrichen wird.

In einer kernspintomographischenUntersuchung [4] wurden bei Patientenmit mindestens mittelschwerem Schä-del-Hirn-Trauma in 47,4% der Fälle (37von 78 Patienten) Läsionen im Corpuscallosum nachgewiesen. Kinder alseigenständige Patientengruppe wurdenbislang nur von Mendelsohn et al. [17,18] untersucht. Dabei fanden sichbei 24% der pädiatrischen Patientenmit mittelschwerem bis schwerem SHTin der mindestens 3 Monate nachdem Traumaereignis angefertigten MRTParenchymläsionen im Corpus-callo-sum-Bereich. Diese waren im wesentli-chen im Splenium des Corpus callosumlokalisiert.

Wie erklärt sich die bevorzugteVerletzung hinterer Balkenabschnitte?Neuropathologische Arbeiten [11, 14] le-gen den Schluß nahe, daß die hinterenBalkenabschnitte aufgrund der als Ab-scherspannungen auftretenden Kräftebeim Trauma bevorzugt betroffen sind.Diese zu Abscherungen führendenAkzelerations- und Dezelerationskräftetreten an der Verbindungsstelle des Bal-kens mit dem Septum pellucidum undder Fornix in dem Moment auf, indem die Großhirnhemisphären auf-grund des Traumas etwas verschobenwerden. Dabei verhindert die rigideund im hinteren Anteil breitere Falxcerebri eine Verlagerung der Hemi-sphären über die Mittellinie. Allerdingstreten dabei Zug- und Scherkräfte inder hinteren Balkenregion auf, die zueinem diffusen Untergang axonaler Ver-bindungen führen können. Im vorderenBalkenbereich ist die Falx kürzer underlaubt eine zeitweise Verschiebung derHemisphären über die Mittellinie ohneeinwirkende Abscherkräfte [4, 18].

MRT-Befunde bei polytraumatisiertenKindern mit unauffälligem CCT

In der eigenen Arbeit wurden bei 9 poly-traumatisierten Patienten mit initial un-auffälligem CT-Befund kernspintomo-graphische Nachuntersuchungen durch-geführt. Drei der 9 Patienten wiesen imMRT Parenchymläsionen auf, wobei dieneurologisch-neuropsychologische Un-tersuchung keine pathologischen Auffäl-ligkeiten erbrachte [10].

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der subjektiven Einschätzung des Un-tersuchers erfolgt [16]. Computertomo-graphisch können nur sehr große oderhämorrhagische DAV, wie sie sich nurbei 20% der Patienten darstellen, nach-gewiesen werden [5].

Die kernspintomographische Un-tersuchung ist aufgrund der wesentlichhöheren Sensitivität das diagnostischeVerfahren der Wahl [5, 25]. Dabei zeigensich als Befunde multiple, kleine, tief imParenchym lokalisierte, elliptische Lä-sionen, die den darüberliegenden Kor-tex aussparen [5].

In Übereinstimmung mit anderenArbeiten [5, 6, 25 ] fanden sich in dervorliegenden Arbeit bei allen 24 Kin-dern mit computertomographisch nach-gewiesenen intrazerebralen Kontusions-herden im Rahmen der MRT-Nachun-tersuchung an entsprechender Stelle lo-kalisierte Parenchymdefekte.

Kernspintomographisch nachgewie-sene zusätzliche Parenchymläsionen

Die in der vorliegenden Arbeit bei 31%der Patienten zusätzlich nachweisbarenParenchymdefekte decken sich mit denErgebnissen anderer Studien [13, 17, 18]und zeigen die hohe Sensitivität derMRT für den Nachweis intrazerebralerTraumafolgen. Auch im Vergleich mitder 99mTc-HMPAO-SPECT ist die MRTim Follow-up das sensitivere Verfahren[20].

Fazit

Epidurale Hämatome führten bei dervorliegenden Untersuchung in keinem Fallzu einem direkt kortikal der ehemaligenBlutung anliegenden Parenchymdefekt,während bei 43% der Kinder mit subdura-ler Blutung kortikal lokalisierte Läsionenin der MRT-Nachuntersuchung gefundenwerden konnten.

Alle initial in der CT diagnostiziertenintrazerebralen Kontusionsherde konntenspäter bei der MRT-Nachuntersuchungnachgewiesen werden, wodurch gezeigtwird, daß ein Trauma mit der Rupturkleiner oder größerer Gewebegefäße undder Folge einer parenchymatösen Blutungin jedem Fall auch kernspintomographischnachweisbare Defekte im Hirngewebehinterläßt. Zusätzlich konnten jedoch bei30% der Kinder initial CT-diagnostisch