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entschieden. ideenreich. zielorientiert. KATHOLISCHE FRAUENGEMEINSCHAFT DEUTSCHLANDS Diözesanverband Münster e.V. Adventshilfe 2009 Liebe kfd Frauen! Warten An der Bushaltestelle. Auf den Briefträger. Im Wartezimmer >> Ich warte …<< >> Na warte! << Jemanden warten lassen. Jemanden erwarten. Es nicht mehr erwarten können. Nichts mehr erwarten. Advent heißt: Leben in Wartestellung. Warten lohnt – denn er ist da! nach Werner Schaube, aus: Hans Löffler/ Matthias Simon, Auszeit, Freiburg 2003 Mit Adventsgedanken, einem Gottesdienst, einer besinnli- chen Zeit, sowie Texten und Geschichten zur Auswahl wün- schen wir Ihnen einen guten Weg durch die Adventszeit Cilli Leenders-van Eickels und Claudia Tolle Advent – Gedanken 1. „Bitte warten“, so lautete die Ansage, als ich die Störungsstelle der Telefonge- sellschaft anrief. „Bitte warten.“ Während ich also der Auffor- derung der digitalen Stimme nachkam und abwartete, was passierte, hatte ich Zeit mich beim Warten zu beobachten. Erstaunt, vielleicht sogar er- schreckt, registrierte ich, welche Ungeduld ich beim Warten entwickelte. Bereits nach wenigen Minuten haderte ich mit meiner Situation, empörte mich über die mangeln- de Kundenfreundlichkeit und die Zumutung, mich so lange in der Warteschleife zu halten. Schnell machte sich die Frage breit: „Was bringt dieses Warten? Vermutlich wird dir ein geschickt geschul- ter Mitarbeiter gleich erklären, dass die Störung zurzeit nicht zu beheben ist, er deine Meldung aber gern zu den Akten nimmt …“ Mit jeder Minute wurde ich ungehaltener. Dass sich nach zehn Minuten wirklich ein sehr freundlicher Mitarbeiter meldete, mir für den nächsten Tag einen Kunden- dienst zusicherte, der dann auch tatsächlich den Fehler behob, sei nur am Rande erwähnt. Viel nachdenklicher hat mich gemacht, dass warten, warten müssen, abwarten … einen so negativen Beigeschmack hat. „I like Genuss sofort“, so lautet der Slogan, der unsere Zeit prägt. Unmittelbare Bedürfnisbefriedi- gung ist angesagt. Wer wartet, vertut kostbare Lebenszeit. Wer wartet muss sich die Frage gefal- len lassen, ob es nichts Wichtige- res zu tun gäbe. Gehört aber das Warten, nicht zum Christsein dazu? Christen sind doch Warte-Menschen, die darauf hoffen, dass Gott in ihr Leben kommt, an ihrer Ge- genwart Anteil nimmt und die Bild von Sigmunda May

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entschieden. ideenreich. zielorientiert.

KATHOLISCHEFRAUENGEMEINSCHAFTDEUTSCHLANDSDiözesanverband Münster e.V.Adventshilfe 2009

Liebe kfd Frauen!

Warten

An der Bushaltestelle. Auf den Briefträger.Im Wartezimmer…>> Ich warte …<<>> Na warte! <<

Jemanden warten lassen.Jemanden erwarten.Es nicht mehr erwarten können.Nichts mehr erwarten.…

Advent heißt:Leben in Wartestellung. Warten lohnt – denn er ist da!

nach Werner Schaube, aus: Hans Löffl er/Matthias Simon, Auszeit, Freiburg 2003

Mit Adventsgedanken, einem Gottesdienst, einer besinnli-chen Zeit, sowie Texten und Geschichten zur Auswahl wün-schen wir Ihnen einen guten Weg durch die Adventszeit

Cilli Leenders-van Eickels und Claudia Tolle

Advent – Gedanken1. „Bitte warten“,

so lautete die Ansage, als ich die Störungsstelle der Telefonge-sellschaft anrief. „Bitte warten.“

Während ich also der Auffor-derung der digitalen Stimme nachkam und abwartete, was passierte, hatte ich Zeit mich beim Warten zu beobachten.

Erstaunt, vielleicht sogar er-schreckt, registrierte ich, welche Ungeduld ich beim Warten entwickelte.

Bereits nach wenigen Minuten haderte ich mit meiner Situation, empörte mich über die mangeln-de Kundenfreundlichkeit und die

Zumutung, mich so lange in der Warteschleife zu halten. Schnell machte sich die Frage breit: „Was bringt dieses Warten? Vermutlich wird dir ein geschickt geschul-ter Mitarbeiter gleich erklären, dass die Störung zurzeit nicht zu beheben ist, er deine Meldung aber gern zu den Akten nimmt …“ Mit jeder Minute wurde ich ungehaltener.

Dass sich nach zehn Minuten wirklich ein sehr freundlicher Mitarbeiter meldete, mir für den nächsten Tag einen Kunden-dienst zusicherte, der dann auch tatsächlich den Fehler behob, sei nur am Rande erwähnt.

Viel nachdenklicher hat mich gemacht, dass warten, warten müssen, abwarten … einen so negativen Beigeschmack hat.

„I like Genuss sofort“, so lautet der Slogan, der unsere Zeit prägt. Unmittelbare Bedürfnisbefriedi-gung ist angesagt. Wer wartet, vertut kostbare Lebenszeit. Wer wartet muss sich die Frage gefal-len lassen, ob es nichts Wichtige-res zu tun gäbe.

Gehört aber das Warten, nicht zum Christsein dazu? Christen sind doch Warte-Menschen, die darauf hoffen, dass Gott in ihr Leben kommt, an ihrer Ge-genwart Anteil nimmt und die

Bild von Sigmunda May

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Adventshilfe 2009 | Seite 2

Geschichte zu einem guten Ziel führt. Christinnen und Christen sind Warte-Menschen, die ahnen und hoffen, dass es mehr als alles gibt, die sehnsüchtig danach Ausschau halten, und die darauf vertrauen, dass Gott JAHWE ist, der ICH-BIN-DA. Sie blicken erwartungsvoll und zuversichtlich in die Zukunft, weil sie seiner Zusage Glauben schenken.

Die Adventszeit ist in beson-derer Weise Wartezeit. Wir sind eingeladen, unseren Alltag zu entschleunigen, zur Ruhe zu kommen und Ausschau zu hal-ten. Die Texte dieser Adventshilfe mögen dazu Anregungen und Hilfestellungen geben. Vielleicht gelingt es uns in dieser Zeit, kla-rer zu sehen, worauf wir warten und was wir erhoffen.

Cilli Leenders-van Eickels.

2. „Meine und deine Erwartungen….“

In diesen Tagen der Vorbe-reitung der Adventshilfe, im „Schwanger gehen“ mit dem Warten, erzählt mir eine Frau folgendes Erleben: In Gesprächen mit ihrem Mann und in der Be-gegnung mit seinen Mitarbeitern hat sie mitbekommen, wie ihr Mann ständig versucht den Er-wartungen seiner Kollegen in der Firma gerecht zu werden. Wenn einer ruft, dann springt er und versucht die unterschiedlichen Er-wartungen zu erfüllen. Er wartet rücksichtsvoll auf die Weitergabe eines Ordners, um nicht in ein Telefongespräch hineinzuplatzen und wird dann dafür angeraunzt, wo der Ordner denn bliebe. Er nimmt Rücksicht, wenn andere, trotz noch anstehender Arbeit, pünktlich Schluss machen, er stellt seine Anliegen und sein Zeitkontingent zurück…….

Seine eigenen Erwartungen

spielen für seine Gegenüber keine Rolle… Und er bringt sich und seine Erwartungen nicht zur Sprache, wehrt sich nicht, sagt zu allem Ja und Amen….. Das geht soweit, dass er immer total geschafft ist und fast keine Kraft mehr hat, sich für einen Urlaub auszuklinken.

Die vermeintlichen Erwartungen der anderen haben ihn überrollt…..,die anderen wissen genau, was sie von ihm erwarten können und nutzen das redlich aus.

Lange kann das so nicht wei-tergehen, ob dann irgendwann einmal eine Bombe platzt, ein Zusammenbruch kommt?

Warum fällt es uns so schwer, den Anderen und ihren Erwar-tungen ein wirkliches Gegenüber zu sein? Warum gehen wir dage-gen nicht an? Warum geben wir so schnell auf, ziehen uns zurück, leiden im Stillen, erdulden vieles? Wir gehen in die Opferrolle, wir werden gelebt…. und trauen uns nicht das zu tun, das auszuspre-chen, was wir möchten.

Liegt es daran, dass wir schon zu viele negative Erfahrungen haben, enttäuschte Erwartungen, zurückgewiesene Erwartungen? Haben wir unsere eigenen Er-wartungen drangegeben? Haben wir gelernt, dass es „einfacher“ ist, den Erwartungen anderer zu entsprechen?

Doch das muss nicht so blei-ben, daran können wir arbeiten, da können wir noch dazuler-nen und wie die amerikanische Familientherapeutin Virginia Satir sagt, in eine größere Freiheit hineinwachsen:

Die Freiheit, das auszuspre-chen, was ich wirklich fühle und denke, und nicht das, was von mir erwartet wird.

Einfach ist das nicht.

Das braucht Mut, weil ich meist erst lernen muss, mich meiner Gedanken und Gefühle nicht zu schämen.

Das braucht Ehrlichkeit, weil ich mich nicht mit den Erwartungen anderer herausreden kann, weil ich zu dem stehen muss, was ist.

Das braucht Fingerspitzenge-fühl, wenn ich mich anderen mit meinen Erwartungen zumute. Das braucht die rechten Worte, den richtigen Zeitpunkt.

Wenn ich mich nicht traue, und wenn ich meine Erwartungen zu-rückhalte, fehlt dem/der anderen etwas, bleibt es bei unausgespro-chenen Erwartungen… der/die anderen soll riechen, wie es mir geht….

Doch unsere Erwartungen kön-nen wir ja nicht einfach abstellen oder ausblenden. Sie haben die Ei-genschaft vor sich hinzugären, wie im Inneren eines Vulkans. Was sich hier zusammenbraut kann, mit der Zeit immer explosiver werden oder wie ein riesige, unüberwindbare Hürde erscheinen…

Doch nur in einem Austausch von gegenseitigen Erwartungen, im Wissen umeinander, können bereichernde und beglückende Beziehungen gelingen. Das ist nicht immer Honigschlecken, da kann es auch mal ganz schön zur Sache gehen….

Doch Erwartungen, meine und deine, sie dürfen sein, ihnen gebührt Respekt und Aufmerk-samkeit.

Gott hat uns damit ausgestat-tet. Er hat uns diese Sehnsucht nach einem glücklichen, erfüll-tem Leben ins Herz gelegt. Mit ihm, vor ihm und vor anderen dürfen wir mutig, erwartungsvoll sein.

So können wir uns in diesem Advent einander und Gott zumu-ten und in eine größere Freiheit hineinwachsen.

Claudia Tolle

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Seite 3 | Adventshilfe 2009

Adventlicher Wortgottesdienst zum Holzschnitt von Walter Habdank „In Erwartung“ Zum Einzug:

Lied: GL 105 „O Heiland reiß die Himmel auf“

Begrüßung und Allgemeine Begrüßung mit KreuzzeichenEröffnung: -variabel- je nach Situation

Einführung: Der Advent, die etwas andere Zeit, hat begonnen. In der Stadt ist das deutlich sichtbar:* Bäume mit Lichtern sind aufgestellt* in den Geschäften hört man Weihnachtsmusik* Adventskränze und grüne Zweige schmücken

Geschäfte und Wohnungen* der Nikolaus weist als Vorbote auf Weihnachten

hin …Der Advent verändert unsere Umgebung und was

verändert er bei uns selbst?

„Wachet auf!“, so singen wir im Adventslied und „Seid wachsam!“, lesen wir in den biblischen Texten des Advents.

Wachsam sein – das ist die Botschaft des Advent. Aber warum? Was erwarten wir? Worauf warten wir?

Wer wach wird, der reibt sich die Augen und schaut genau hin.

Wer wach wird, der überprüft den eigenen Standort und entscheidet, ob der eingeschlagene Weg noch der Richtige ist.

Wer wach ist, der ist erwartungsvoll auf Sendung, ist ansprechbar für Gottes Wort.

Manchmal ist es nötig, sich den Wecker zu stellen, um sich erinnern zu lassen, um nicht den Zeitpunkt zu verschlafen, auf den es ankommt.

3. „Was erwarten Sie?“ (es gilt die Perspektive des gesprochenen Wortes)

– so lautete die Frage von zwei Schülerinnen, die in der Innen-stadt Interviews durchführten.

„Was erwarten Sie?“ – „Wofür oder Wovon?“ – lautete meine Gegenfrage.

Doch die beiden wiederholten stereotyp ihre Ausgangsfrage: „Was erwarten Sie?“

Was erwarte ich denn eigentlich?Was ist es wert darauf zu warten?

Zwei Szenen kommen mir in den Sinn:

Sonntag, Schalke Arena: Seit langem ein ausverkauftes Stadion; Stau auf allen Zufahrts-wegen; Fahnen und Schals in den Vereinsfarben fl attern im Wind; erwartungsfrohe Fußballfans aus der ganzen Republik treffen sich, schmettern ihre Fangesänge,

zelebrieren ihre Fahnenrituale.Was sie erwarten, liegt auf

der Hand: Der Sieg der eigenen Mannschaft muss her. Mit einem Sieg ist man dem Meistertitel näher. Als Fan will man seinen Teil dazu beitragen, um dann am Ende auch mit der Mannschaft feiern zu können.

Szenenwechsel:Israel etwas mehr als 2000

Jahre zuvor: Hirten auf den Feldern hören die Botschaft der Engel von der Geburt Jesu im Stall von Bethlehem. Sie lassen alles stehen und liegen und eilen zum Stall, um das Kind zu sehen, den lang ersehnten Messias, mit dem sie so viele Hoffnungen verbinden.

Was die Hirten erwarten, liegt ebenfalls auf der Hand: Jesus ist ihr Hoffnungsträger. Er soll die Fremdherrschaft der Römer beenden und die Sehn-süchte der Menschen erfüllen. Er wird als Erlöser und Retter, als Friedensfürst, als Licht, das die Dunkelheit ein für alle mal vertreibt, gefeiert.

Noch heute, 2000 Jahre da-nach, kommen Christen zusam-men, um sich an dieses Ereignis zu erinnern. Es ist ruhiger ge-worden seit damals, aber immer noch kommen sie zusammen, weil seine Geschichte sie bewegt.

Jesus Menschenfreundlich-keit, seine Zugewandtheit, sein Erzählen vom Reich Gottes lässt sie nicht mehr los.

Was die Christen erwarten?

In Erinnerung an ihn singen sie: „Wir erwarten einen neuen Himmel, wir erwarten eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt!“

Das ist es ihnen wert, zu warten; dafür setzen sie sich ein; deshalb entzünden sie Lichter und singen Adventslieder. Aus dieser Hoffnung heraus gestalten sie ihre Gegenwart.

Und Sie? Was erwarten Sie?

Cilli Leenders-van Eickels

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Adventshilfe 2009 | Seite 4

Genau das will der Advent sein: Ein Wecker, der uns erinnert, dass wir noch nicht am Ziel sind; ein Wecker, der uns aufschreckt aus der Routine und zu Wachsamkeit ruft; der uns Ausschau halten lässt nach dem, wofür es sich lohnt, ungeduldig zu warten.

Bedenken wir: Die Adventszeit ist für uns da – und nicht umgekehrt!

So bitten wir zu Beginn den Herrn um sein Erbarmen:

Kyrie: Lied: GL 848 „Meine engen Grenzen“ Tagesgebet:

Gott, du Stimme, die uns ruft:Mach uns hellhörig und erwartungsvoll,damit wir deinen Anruf wahrnehmen.Du sprichst uns jeden Tag neu an,wendest dich uns zuin den Menschen,die uns ermutigen und fördern;in den Menschen,die uns zur Seite stehen und uns trösten;in den Menschen,die uns tragen und ertragen;in den Menschen,die uns zur Menschwerdung verhelfen.

Du nimmst uns in Anspruch,willst durch uns Mensch werden –hier und jetzt.Du rufst uns anin den Menschen, die auf unsere Zuwendung und Zärtlichkeit hoffen;in den Menschen, die unseren Trost brauchen;in den Menschen, die von uns Hoffnung und Ermutigung erwarten.

Gott, du Stimme, die uns ruft:Mach uns hellhörig und erwartungsvoll,damit deine Menschwerdung mitten in unserem Leben geschieht. Amen.

Evangelium: Aus dem Heiligen Evangelium

nach Lukas Lk 3, 15fDas Volk war voll Erwartung und alle überlegten

im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei.

Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: „Ich

taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“

ODER

Aus dem Heiligen Evangelium nach Markus Mk 13,33-37

In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen. Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er wachsam zu sein. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend an-treffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!“

Zwischengesang: Lied: GL 110,1 „Wachet auf,

ruft uns die Stimme“

Bildmeditation: zu Walter Habdank „In Erwartung“

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Seite 5 | Adventshilfe 2009

„Advent“ – das heißt für mich: Ich darf noch et-was erwarten. Dieses Leben ist und kann nicht alles sein. Es kommt noch mehr.

„In Erwartung“ – so heißt das Bild, das Sie alle in Händen halten.

Da sind Menschen auf einem Gerüst hoch über der Stadt. Angeschlagen und gezeichnet sind sie. Sie halten sich mühsam fest. Sie sind dem Wind ausge-setzt, wirken schutzlos und harren dennoch aus auf dem Turm, der wahrlich kein Zufl uchtsort ist.

So verschieden die zerfurchten Gesichter sind, eines verbindet sie:

Sie schauen gespannt nach etwas aus. Voll Erwar-tung blicken sie über die Stadt und über sich selbst hinaus. Gebannt ist der Blick, alle machen große Augen. Neben den Spuren des Dunkels leuchtet Erwartung in ihren Augen. Sie wissen noch nicht, was sie erwartet, aber sie halten hoffnungsvoll Ausschau.

Einer nimmt ein Fernglas zu Hilfe, ein anderer deutet mit dem Finger nach vorne. Sie sind ge-spannt wie eine Sehne, sehnsüchtig.

Ist jemand in Sicht? – Ist etwas in Sicht? – Ist nichts in Sicht? –

Ich möchte uns alle einladen, auch auf diesen Turm zu steigen, von dem man alles überblicken kann, von dem man aber auch nach vorne, in die Ferne schauen kann. Schauen wir also ein wenig herab auf den Ort, wo wir leben. Blicken wir aber auch miteinander ein Stück nach vorn, in die Ferne! Dazu möchte ich gern ein paar Fragen und Anre-gungen anbieten:

Die Impulsfragen ruhig und mit kurzen Pausen vortragen:• Wie geht es mir zurzeit da, wo ich lebe?• Welche Erfahrungen der letzen Zeit geben mir

Zuversicht? • Welche Begebenheiten aus der letzten Zeit

machen mich unsicher?• Wer sind die Menschen, die ich an meiner Seite

spüre und die mir Mut machen?• Mit wem zusammen halte ich Ausschau?• Welche Wünsche, Träume oder Ängste habe ich

für meine Zukunft?

Instrumentalmusik zur Einzelbesinnung

WartenAuf den neuen MorgenAuf das LichtAm Ende des TunnelsNach langer Nacht

WartenAuf BesserungAuf HeilungAuf ZuwendungAuf VersöhnungWarten

Mit SpannungUnd SorgeDen BlickVoller HoffnungUnd SehnsuchtErwarten

(Autor unbekannt)

„Richtet euch auf und erhebt euer Haupt, denn es nahet eure Erlösung“ – so heißt es in einem alten Adventsruf der Kirche. Ein Aufruf, der zur Wachsamkeit mahnt.

Advent, das ist die Zeit, Ausschau zu halten. Got-tes Retter will kommen.

Wenn er kommt, dann haben wir gute Aussich-ten. Es braucht gute, wache Augen, Augen des Glaubens, um sein Kommen nicht zu übersehen. Es braucht gute Ohren, Ohren des Herzens, um seine Stimme nicht zu überhören.

Eine solche Wachsamkeit, eine erwartungsvolle Offenheit für Neues und Unerwartetes zu entwi-ckeln, dazu lädt die Adventszeit uns ein.

Lied: GL 106 „Kündet allen in der Not“

Litanei: Guter Gott,

dein Sohn hat uns Menschen gezeigt, wie du bist. Du nimmst uns an, so wie wir sind und du traust uns zu, dass wir selbst miteinander so umgehen, wie Jesus es uns vorgelebt hat.

Du machst uns Mut, dass wir auf diesem Weg weitergehen und versprichst uns, dass du mitgehst. Wir halten Ausschau nach dir und warten auf Zeichen deiner Nähe. Öffne uns die Augen für die vielen Zeichen, in denen du schon jetzt gegenwär-tig bist.

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Adventshilfe 2009 | Seite 6

So beten wir für dich unsere Litanei:Gott,Wenn die Vögel singen – hören wir dich.Wenn ein Mensch weint – hören wir dich.Wenn in der Kirche keiner spricht – hören wir dich.Wenn die Autobremsen quietschen – hören wir dich.Wenn der Regen auf die Straße fällt – hören wir dich.Wenn wir miteinander lachen – hören wir dich.Wenn wir einander trösten – hören wir dich.Wenn die Großen die Kleinen verteidigen – hören wir dich.Wenn die Menschen freundlich sind – hören wir dich.Wenn die Glocken läuten – hören wir dich.Wenn die Nacht kommt – hören wir dich.Wenn die Stadt eingeschlafen ist – hören wir dich.Wenn müde Füße über das Pfl aster gehen – hören wir dich.

Wenn der Morgen kommt – sehen wir dich.Wenn der Regen über die Fenster rinnt – sehen wir dich.Wenn wir in deinen Büchern lesen – sehen wir dich.Wenn Menschen sich umarmen – sehen wir dich.Wenn ein Bettler auf einer Bank schläft – sehen wir dich.Wenn ein Auto am Zebrastreifen bremst – sehen wir dich.

Dass ich niemanden verletze – hilf mir doch.Dass ich den anderen ernst nehme – hilf mir doch.Dass ich andere unterstütze – hilf mir doch.Dass ich die Schwachen schütze – hilf mir doch.Dass ich weniger neidisch bin – hilf mir doch.Dass ich durchhalte – hilf mir doch.Dass ich beim Aufstehen manchmal freundlich bin – hilf mir doch.Dass ich weniger feige bin – hilf mir doch.Dass ich mit dem Verstand arbeiten lerne – hilf mir doch.Dass ich meine Talente einsetze – hilf mir doch.Dass ich mich nicht von jedem anschreien lasse – hilf mir doch.Dass ich nicht sofort zurück schreie – hilf mir doch.Dass ich das Geld achte – hilf mir doch.Dass ich mich aber nicht darin verliebe – hilf mir doch.Dass ich etwas verleihen kann – hilf mir doch.Dass ich mich richtig freuen kann – hilf mir doch.Dass ich an dich glaube – hilf mir doch.Amen.

Vater Unser:

Segen:

Zum Auszug: Lied: kfd Liederbuch Nr. 18 „Menschen auf dem

Weg durch die dunkle Nacht“

Cilli Leenders-van Eickels

Advent ist eine ausgewiesene Wartezeit, ein „in Erwartung sein“ auf das, was wir an Weih-nachten feiern.

Wie die Menschen damals auf den Messias warteten, auf einen, der sie erlöst aus den Verstrickun-gen ihres Lebens, so warten wir Menschen auch heute. Warten hat für die Menschen damals wie heute ganz unterschiedliche Facetten.

Unserem eigenen Warten möchten wir mit diesem Impuls auf die Spur kommen.

Unsere Warte-Zeiten heute…Wir warten, beim Arzt, an der

Kasse, auf den Urlaub, auf einen Anruf.

Wir warten darauf, dass etwas anders wird im Leben…..

Für Viele sind Warte-Zeiten ver-geudete, verplemperte, überfl üs-sige Zeiten.

Wir sitzen die Zeit ab, wie wenn es eine Strafe wäre.

In dieser Zeit hätten wir etwas anderes tun, die Zeit sinnvoll nutzen oder die vertane Zeit für etwas anderes „Wichtigeres“ einsparen können.

Warten lernen fordert uns heraus.

Schon als Kind erinnere ich mich an meine Ungeduld im Warten und dazu die Worte meiner Oma, die mir auf meine Fragen und mein Warten auf ein Geschenk immer so antwortete: „Ein goldenes Nixle (Nichts), ein silbernes Warteweile und ein Schächtelchen, wo man es hineintut……..“

Eine kleine Weile oder lange warten, wir alle kennen das. Ob warten sich lohnt ist ungewiss, ob am Ende dabei etwas Golde-nes oder nur eine leere Schachtel herauskommt, bleibt offen.

Besinnungs-Zeit: Nicht einfach nur warten …, bereit sein, einverstanden sein…..

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Seite 7 | Adventshilfe 2009

GesprächsimpulsWie ergeht es uns beim War-

ten, wie reagieren wir, welche Situationen fallen uns dazu ein?

Sie sind nun eingeladen zu zweit / zu dritt darüber in Aus-tausch zu kommen und einander ihre Erfahrungen mitzuteilen (ca. 5 -10 Min)

Kurze Rückmeldungen ins Ple-num: Was ist uns aufgefallen an unserem Warten?

Lied kfd Liederbuch Nr. 120

„Ausgang und Eingang“ oderkfd Liederbuch Nr. 24

„Zeige uns den Weg“

Wie warten?Mit welcher Haltung?Auf welche Hoffnung hin?

Wenn wir warten, können wir das ungeduldig, geduldig, sehn-süchtig, freudig, leidend, erge-ben, zweifelnd, voller Spannung, verlangend, ganz in Erwartung tun…

Wir können uns ärgern, sind genervt oder regen uns auf über die, die uns warten lassen.

Beim Warten vergeht noch Zeit, da steht noch etwas aus, da bleibt etwas offen.

Warten verlangt von uns einen langen Atem, durchhalten, dran-bleiben, hoffen, nicht aufgeben.

Einzelbesinnung

Sich Zeit nehmen, warten können, davon ist auch in der Erzählung des kleinen Prinzen von St. Exupery die Rede.

Da geht es ums Warten, ums Geduldig sein bei der Sorge um eine Rose, beim sich Vertraut – machen mit einem Fuchs, man muss warten bis es Zeit ist, dass die Sonne untergeht, um dann den Sonnenuntergang zu genie-ßen je nach Wetter ist er ja nicht zu jeder Zeit zur Verfügung.

Mit dem folgendem Bild und den Fragen wollen wir uns unserem eigenem Warten und unseren Erwartungen stellen – dazu meditative Musik

Jede Frau bekommt dieses Blatt mit dem Bild und den Fragen

Auszugsweise heißt es Im Kleinen Prinzen von St. Exupery:Lange Zeit hast du……. nichts anderes gehabt als die Lieblichkeit der Sonnenuntergänge. Das erfuhr ich am Morgen…. als du mir sagtest: »Ich liebe Sonnenuntergänge sehr. Komm, lass uns einen Sonnenuntergang anschauen..« »Da muss man noch warten...« »Worauf denn warten?« »Warten, bis die Sonne untergeht.« Du hast zuerst ein sehr erstauntes Gesicht gemacht und dann über dich selber gelacht.

Meine Erwartungen……- nach Enttäuschungen?- nach Leiden und Trauer?- nach Misserfolgen?

Warte, erwarte ich mir noch etwas?Habe ich aufgehört zu warten?

Was sind meine Sonnenuntergänge……?Das Warten - auf bessere Zeiten?- auf die Überwindung einer Krise?- auf eine Veränderung der Lage?- auf Zuwendung?- auf Versöhnung?

Von wem ich erwarte ich etwas?Von mir selbst?Von Menschen?Von Gott?

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Adventshilfe 2009 | Seite 8

Realistische ErwartungenBeim Warten sind wir sind

immer wieder in Gefahr, mit den damit verbundenen Erwartun-gen, zu viel von uns selbst und von anderen zu erwarten.

Wir überfordern uns und an-dere, wenn wir unsere Erwartun-gen zu hoch stecken oder beim Warten zu ungeduldig sind. Wir brauchen Raum und Zeit. Wir können uns selbst und andere nicht zu Veränderungen oder zu unserem Glück zwingen. Warten können in rechter, angemessener Weise ist eine große Kunst. War-ten nötigt uns ein Offen-Sein, ein Mich Bereit Halten ab.....

Davon ist in der folgenden Erzählung die Rede:

Das Adventsgesicht der Christen

„Bitte warten Sie hier!“ sagte ich zu dem Blinden und ließ ihn an einer verkehrsgeschützten Ecke des Großstadtbahnhofs allein. Ich wollte ihm das Ge-wühl ersparen auf dem Wege zum Schalter, zur Auskunft, zur Fahrplantafel und zur Post. Zurückkehrend sah ich ihn schon von weitem stehen, während die Menschen an ihm vorbeihetz-ten, ein Kind ihn anstarrte, ein Gepäckkarren einen Bogen um ihn fuhr und ein Zeitungsver-käufer nach einem irrtümlichen und vergeblichen Angebot fast scheu wieder von ihm wegging. Er stand ganz still, der Blinde, und auch ich musste ein paar Augenblicke stehen bleiben. Ich musste sein Gesicht ansehen. Die Schritte um ihn her und die un-bekannten Stimmen und all die Geräusche eines lebhaften Ver-kehrs, die schienen für ihn keine Bedeutung zu haben. Er wartete. Es war ein ganz geduldiges, vertrauendes und gesammeltes Warten. Es war kein Zweifel

auf dem Gesicht, dass ich etwa nicht wiederkommen könnte. Es war ein wunderbarer Schein der Vorfreude darin; er würde bestimmt wieder bei der Hand genommen werden. Ich kam nur langsam los vom Augenblick dieses eindrucksvoll wartenden Gesichtes mit den geschlosse-nen Lidern; dann wusste ich auf einmal: „So müsste eigentlich das Adventsgesicht der Christen aussehen!“ Manfred Frigger aus dem Buch: „Siehe kommen wird der Her“, Schwabenverlag, Wolfgang Tripp (Hrsg.)

Lied kfd Liederbuch Nr. 14

„Jetzt ist die Zeit“

In der adventlichen Vesper im Gotteslob (126) bekommen wir vor dem Magnifi kat den Impuls:„Richtet euch auf und erhebt euer Haupt, denn es nahet eure Erlösung.“

Hier wird uns der angekündigt, der uns hilft einen Schritt weiter zu gehen, Dinge und Menschen in einem anderen Licht sehen, einer der uns Perspektiven auf-zeigt.

Ob wir dazu unseren Kopf erheben, ob wir dabei ein Ad-ventsgesicht haben, wie in der Geschichte gerade, geduldig, vertrauend, ganz gesammelt und konzentriert….?

Umgekehrt kann ich mir vor-stellen, dass Gott selbst solch ein „Adventsgesicht“ hat.

Ein Gesicht ganz wach und auf-merksam, das geduldig wartet, hört, schaut, ganz in Erwartung ist.

Ein Gesicht, das nicht müde wird auf mich, auf uns Menschen zu warten.

Oder so wie Bonhoeffer es einmal formuliert hat:

Niemand besitzt Gott so,dass er nicht mehr auf ihn warten müsste.

Und doch kann niemandauf Gott warten,der nicht wüsste,dass Gott schon längst auf ihn gewartet hat.

(Dietrich Bonhoeffer) Aus: Wolfgang Bader, Türen zum Advent, München, 2. Aufl age, 2002,

In den Beziehungsgeschichten zwischen Mensch und Gott, Mensch und Mensch, Mensch und Natur….. hat das War-ten und die Erwartung einen festen Platz.

Diese Zeiten gilt es zu gestal-ten, denn von Nichts kommt nichts - Beziehungen bedürfen der Pfl ege und des Kontaktes um einander Raum geben.

Der Advent lädt uns ein, unsere Wartezeiten mit Leben zu erfül-len.

Lied

kfd Liederbuch Nr. 181 „Gott gab uns Atem“

SegenswunschBitten wir Gott um seinen Se-

gen, damit wir wach sind mit all unseren Sinnen

Herr, segne meine Hände,dass sie behutsam seien,dass sie halten können, ohne zu Fesseln zu werden,dass sie geben können ohne Berechnung,dass ihnen innewohne die Kraft, zu trösten und zu segnen.

Herr, segne meine Augen,dass sie Bedürftigkeit wahrnehmen,dass sie das Unscheinbare nicht übersehen,

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Seite 9 | Adventshilfe 2009

dass sie hindurchschauen durch das Vordergründige,dass andere sich wohl fühlen können unter meinem Blick.

Herr, segne meine Ohren,dass sie deine Stimme zu erhorchen vermögen,dass sie hellhörig seien für die Stimmen der Not,dass sie verschlossen seien für den Lärm und das Geschwätz,dass sie das Unbequeme nicht überhören.

Herr, segne meinen Mund,dass er dich bezeuge,dass nichts von ihm ausgehe, was verletzt und zerstört,dass er heilende Worte spreche,dass er Anvertrautes bewahre.

Herr, segne mein Herz,dass es Wohnstatt sei deinem Geist,dass es Wärme schenken und bergen kann,dass es reich sei an Verzeihung, dass es Leid und Freude teilen kann.Lass mich verfügbar sein, mein Gott,mit allem, was ich habe und bin.

Sabine Naegeli

Claudia Tolle

Weitere Texte zur Auswahl1. Dreikönigsspiel im Advent von Willi Fährmann

Vorspiel:Balthasar (B): Ich schau in langen Nächten empor zum Himmelszelt und denk die Sterne brächten Hoffnung in diese Welt.

Kaspar (K): Ich seh die Finsternisse und zittere dabei, ob nur das Ungewisse oder ob Hoffnung sei.

Melchior (M): Ich starr in Dunkelheiten. Es glitzern kalt die Stern. Ob ich zu meinen Zeiten erkenne Gott, den Herrn?

Spielszene (Teleskope am Fenster. Drei Personen stehen, einander zugewandt)

M: „Ich geb’s auf. So viele Stunden jede Nacht starre ich durch das Glas. Warten. Warten. Und was kommt dabei heraus?“

K: „Rote, entzündete Augen. Und am Morgen kommst du kaum aus den Federn, so müde bist du noch.“

B: „Aber es steht doch in den Schriften geschrieben. Die alten Schriftrollen lassen keinen Zweifel. Ein Stern wird aufgehen am Himmel. Und dann …“

K: „Ja, ja. Wir wissen es ja. Und dann. Und dann. Und wann wird das sein?

Wann wird dieser Tag - >>und dann<< endlich kommen? Wann, wann …?“

B: „… sagte der Nachtwächter und legte sich auf’s Ohr. Genau in jener Nacht kamen die Diebe und brachen ein.“

M: „Also ich, ich mache heute früher Schluss. Ob ich morgen Abend überhaupt komme, das weiß ich noch nicht. Meine Frau will schon lange unsere Freunde einladen. Ich denke, ich werde ge-hen.“

B: „Es ist noch nicht sehr spät. Lasst es uns noch einmal versuchen.“K: „Von mir aus. Auf mich wartet sowieso keiner.“B: „Komm, Melchior, mach weiter mit. Die Zeit hat sich erfüllt. Nach

allem, was wir wissen, kann es nicht mehr lange dauern.“M: „Das hast du schon vor Jahren gesagt.“B: „Der Messias wird kommen. Er wird erscheinen. Ich glaube fest

daran.“M: „Auch das sagst du uns schon jahrelang, Balthasar. Aber ich bin

es leid. Ich will nicht länger darauf warten. Andere machen sich eine vergnügte Zeit, gehen aus, hören Musik, tanzen, feiern. Und wir hocken Nacht für Nacht vor dem Teleskop und starren in die Ferne. Meine Nachbarn nennen mich schon den Sternengucker,

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Adventshilfe 2009 | Seite 10

2. Die Geschichte vom weißen Band am Apfelbaum

Einmal saß ich bei einer Bahn-fahrt neben einem jungen Mann, dem sichtlich etwas Schweres auf dem Herzen lastete. Schließlich rückte er dann auch damit her-aus, dass er ein entlassener Sträf-ling und jetzt auf der Fahrt nach Hause sei. Seine Verurteilung hat-te Schande über seine Angehöri-gen gebracht, sie hatten ihn nie im Gefängnis besucht und auch nur ganz selten geschrieben. Er hoffte aber trotzdem, dass sie ihm verziehen hatten. Um es ihnen aber leichter zu machen, hatte er ihnen in einem Brief vorgeschlagen, sie sollten ihm ein Zeichen geben, an dem er, wenn der Zug an der kleinen Farm vor der Stadt vorbeifuhr, sofort erkennen könne, wie sie zu ihm stünden. Hatten die Seinen ihm verziehen, so sollten sie in dem Apfelbaum an der Strecke ein weißes Band anbringen. Wenn sie ihn aber nicht wieder daheim haben wollten, sollten sie gar nichts tun. Dann werde er im Zug bleiben und weiterfahren, weit weg, Gott weiß, wohin.

Als der Zug sich seiner Va-terstadt näherte, wurde seine Spannung so groß, dass er es nicht über sich brachte, aus dem Fenster zu schauen. Ein ande-rer Fahrgast tauschte den Platz mit ihm und versprach, auf den Apfelbaum zu achten. Gleich darauf legte der dem jungen Exsträfl ing die Hand auf den Arm. „Da ist er“, fl üsterte er, und Tränen standen ihm plötzlich in den Augen, „alles in Ordnung. Der ganze Baum ist voller weißer Bänder.“ In diesem Augenblick schwand alle Bitternis, die ein Leben vergiftet hatte. „Mir war“, sagte der Mann später, „als hätt‘ ich ein Wunder miterlebt. Und vielleicht war‘s auch eines.“

John Kord Lagemann

den Hans-guck-in-die-Luft. Die eigenen Kinder beginnen über mich zu lachen. Ich bin mit der Sache fertig. Ich kann nicht mehr. Ich mache Schluss.“

K: „Aber Balthasar könnte recht haben. Nimm einmal nur für einen Augenblick an, er könnte Recht haben.“

M: „Das ist es ja, was mich fast krank macht.“K: „Du schaust nicht für dich allein nach vorn. Du versuchst nicht für

dich allein, die Dunkelheiten zu durchdringen. Für deine Frau tust du das, für deine Kinder, für die Nachbarn auch. Woher sollen es die Menschen denn erfahren, Melchior, wenn der Messias wirklich kommt? Wenn der Tag endlich gekommen ist, an dem ER in unse-re Welt kommt?“

M: „Also gut, ich bleib für heute. Ich versuch es noch mal. Euch zulie-be.“

B: (ist inzwischen zum Teleskop gegangen, tritt erschrocken zurück, stammelt): „Ich sehe was. Ich hab etwas im Glas. Etwas Unmögli-ches. Ich, ich …“(Alle stürzen zu ihren Teleskopen.)

B: „Da, über dem Horizont. Genau im Osten.“M: „Ein neuer Stern.“K: „Einen leuchtenden Schweif zieht er hinter sich her.“M: „Strahlendes Licht.“K: „Die Nacht wird hell.“B: „Das Zeichen! Endlich das versprochene Zeichen.“ (Sie blicken

auf, fallen sich in die Arme.)M: „Morgen brechen wir auf. Der Stern wird uns den Weg zeigen.“K: „Aber du wolltest morgen mit deiner Frau und deinen Freunden

zusammen sein.“M: „Das ist wichtig. Aber was wir hoffen, was wir erwarten, das ist

wichtiger.“B: „Und du, Kaspar, du gehst doch auch mit uns?“K: „Sicher. Auf mich wartet sowieso keiner.“B: „Doch. Jetzt wartet einer auf dich. Ganz gewiss wartet ER auf uns

alle.“

Nachspiel:Melchior: Ein Stern ist aufgegangen, sein Licht durchstrahlt die Nacht. Das Heil hat angefangen. Hat Hoffnung uns gebracht.

Balthasar: Gefesselt und gefangen war’n wir in unsrer Zeit. Der Stern ist aufgegangen hat endlich uns befreit.

Kaspar: Wir folgen seinen Wegen, uns führt sein heller Schein. Der Herr kommt uns entgegen, will unser Bruder sein.

aus: Willi Fährmann, Und leuchtet wie die Sonne, Geschichten für jeden Tag, vom Martinsabend bis Dreikönige, Würzburg 1986

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3. Das andere FestIch habeauf das Licht gewartet

aber vielleichtist das Wartenschon das Licht

ich habeauf die Erfüllung gewartet

aber vielleichtist die Sehnsuchtschon die Erfüllung

ich habeauf die Freude gewartet

aber vielleichtwaren die Tränenschon Zeichen des Lebens

ich habeauf Gott gewartet

und ein Kindkommt auf die Welt

Andrea Schwarz

4. Advent erwartenEinlass

Lass ihn herein, meine Seele,deinen Herrn.Heiß ihn willkommenin allem, was dich ausmacht.Lass ihn Platz nehmenin jeder unruhigen Ecke.Gib ihm zu essenvon deinem Lebenshunger.Sei ihm nahe,denn er ist schon da.Meine Seele,mach auf,schnell,er klopft!

Christiane Becker, „Advent erwarten“ aus: „WARTE.Zeit“ Dominik Blum (Hrsg.), Düsseldorf, Verlag Haus Altenberg, 2007, 224 Seiten

5. Die Kunst zu warten … Wie ich es hasse,wenn du mich warten lässt!!!

„Unhöfl ich, ungehobelt, unverschämt …“grummelt es in mir, wenn du nicht pünktlich bist.

„Denkst du vielleicht,ich hätte meine Zeit im Lotto gewonnen …?“„Nicht du allein hast wichtige Termine,meine Termine sind auch wichtig –ich bin auch wichtig!“

Bin ich verletzt,in meiner Eitelkeit gekränkt?Geht es um meinBedürfnis nach Kontrolle?

Ja, ich möchte die Situationkontrollieren können,Einfl uss nehmen,nicht hilfl os ausgeliefert sein.Ja, es geht um Macht!

Ohnmächtig ist, wer warten muss.Machtvoll dagegen, wer warten kann.

Während du mich warten lässt,verliere ich, verdammt noch mal,viel Zeit.

Aber währenddessengewinne ich auch Zeit –Zeit, meine Hilfl osigkeit einzugestehen,meine Ohnmacht,meine Wut,meine Traurigkeit zu spüren.

Der seidene Faden,der Geduldsfaden,der eben noch zu reißen drohte,wird ein starker,ein neuer Faden:der rote Fadendes Loslassens,der Langsamkeit,des Durchatmens.

… der Liebe wegen.

Monika Kilian, „Die Kunst zu warten …“ aus: „WARTE.Zeit“ Dominik Blum (Hrsg.), Düsseldorf, Verlag Haus Altenberg, 2007, 224 Seiten

6. Hoffnung IIWer hofft,ist jung.

Wer könnte atmenohne Hoffnung,

dass auch in ZukunftRosen sich öffnen,

ein Liebeswort die Angst überlebt.

Rose Ausländer in: Im Atemhaus wohnen, Gedichte, Fischerverlag 1988

7. Die Zeit Die Zeit ist mein Freund mein Feind Ich esse ihre Süßfrüchte trinke ihren Wermut

Jede Stunde ist meine Stunde Staunen

Rose Ausländer in: Hinter allen Worten, Gedichte, Fischerverlag 1992

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8. Für mehr als mich Ich bin ein Sucher Eines Weges.Zu allem was mehr ist AlsStoffwechsel Blutkreislauf Nahrungsaufnahme Zellenzerfall. Ich bin ein Sucher Eines WegesDer breiter ist Als ich.Nicht zu schmal. Kein Ein-Mann-Weg: Aber auch keine Staubige, tausendmal Überlaufene Bahn. Ich bin ein Sucher Eines Weges.Sucher eines Weges Für mehrAls mich.

Günter Kunert, Erinnerungen an einen Planeten. © 1962 Carl Hanser Verlag, München-Wien

9. BittenKomm auf uns zu,wenn wir an dir zweifeln und fragen:„Müssen wir auf einen anderen warten?“;uns weigern, Gemeinschaft im Leiden und in der Geduld zu werden;dir nicht zutrauen, dass du alle Einsamkeit und alles Leid austreibst.Mach unsere Herzen weit, dass wir dich erkennen.

Komm auf uns zu,wenn wir durch unsere Erwartungen andere blockieren;zweifeln und meinen, wir hätten nichts mehr zu erwarten:den Schritt nicht wagen über menschliche Gerechtigkeit hinaus.Nimm uns mit auf deinen Weg.

Margot Bickel

10. WartungAls Kind hab ich einmal einem Messnerzugeschaut, wie er in die Ampel,die rubinrote überm Tabernakel,feierlich Öl nachgoss und sie sorgsammit einem neuen Schwimmdocht versah.Ein Gleichnis, das mich noch heute bewegt.Auch das Ewige Licht braucht Wartung:Öl und Docht und den treuen Messner.

Christine Busta in: Inmitten aller Vergänglichkeit, Gedichte, Salzburg 1985

11. Ob Hoffnung ist Manchmal trete ich vor die Türatme aus und ein reibe die AugenHalte Ausschau ob Hoffnung istich beobachte die Luftstelle die Färbung des Windes festbestimme den Stand der Sonneüber meinem Hausprüfe die Verläßlichkeit der Straßewo soll ich es ablesendie Freundlichkeit der Passantenist veränderlichauch die Zeitungsfraubringt keine Gewissheitoder sollte esam eigenen Herzschlag liegenam Zustand des Magen-Darm-Systemsam Kalziumgehalt meiner kleinen Philosophiedie Fenster in der Nachbarschaftgucken verdächtigda denke ich dann an dender noch im Aberglauben den Glauben sahdie heimliche Hand nicht zurückwiesdie sein Gewand berührtenur sein Gewandum zu sehen ob Hoffnung istund greife blind in den Morgen.

Detlev Block

Diese Arbeitshilfe ist für den internen Gebrauch bestimmt.

Herausgeberin: Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands – Diözesanverband Münster e.V.Anschrift: Breul 23, 48143 Münster, Tel.: 0251/495-471, Fax: 0251/495-6101E-Mail: [email protected]

Redaktion: Cilli Leenders-van Eickels, Claudia TolleSekretariat: Lydia Pleger Hinweis auf QuellenWir haben uns bemüht, alle Quellen vollständig zu recherchieren. Es war leider nicht in allen Fällen möglich, die Rechteinhaber zu ermitteln. Für entsprechende Hinweise sind die Herausgeberinnen dankbar. Aufl agenhöhe 1.300