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Klimaökologisches Fachgutachten für den Bebauungsplan Nr. 163 Am Schützenplatz in Lüneburg Gutachterliche Stellungnahme zum Einfluss der beabsichtigten Nutzungsänderung auf das Schutzgut Klima Auftraggeber: Hansestadt Lüneburg Fachbereich Stadtplanung Neue Sülze 35 21335 Lüneburg GEO-NET Umweltconsulting GmbH Große Pfahlstraße 5a 3 0 1 61 Hannover Tel. (0511) 3887200 FAX (0511) 3887201 www.geo-net.de Hannover, November 2018

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Klimaökologisches Fachgutachten für den Bebauungsplan Nr. 163 Am Schützenplatz in Lüneburg

Gutachterliche Stellungnahme zum Einfluss der beabsichtigten Nutzungsänderung auf das Schutzgut Klima

Auftraggeber:

Hansestadt Lüneburg

Fachbereich Stadtplanung

Neue Sülze 35

21335 Lüneburg

GEO-NET Umweltconsulting GmbH

Große Pfahlstraße 5a 3 0 1 61 Hannover

Tel. (0511) 3887200 FAX (0511) 3887201

www.geo-net.de

Hannover, November 2018

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. 1

1. Einleitung und Methode ................................................................................................ 2

2. Stadtklimatische Situation ............................................................................................. 3

2.1 Lufttemperatur zum Zeitpunkt 04 Uhr morgens ............................................................................. 3

2.2 Kaltluftströmungsfeld und Kaltluftvolumenstrom zum Zeitpunkt 04 Uhr morgens ......................................................................................................................................... 5

2.3 Thermische Belastung am Tage (Physiologisch Äquivalente Temparatur) ................................... 7

2.4 Planungshinweiskarte Stadtklima .................................................................................................. 9

3. Auswirkungen und Bewertung der geplanten Baumaßnahmen ...................................... 11

4. Maßnahmen zur Verbesserung der bioklimatischen Situation im

Plangebiet Am Schützenplatz ....................................................................................... 12

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Bebauungsplan Nr. 163, Vorentwurf Stand 11. 10. 2017 (Quelle: Hansestadt Lüneburg Oktober 2018; Luftbild: Bing Aerial) ............................................................................... 2

Abb. 2: Nächtliches Temperaturfeld zum Zeitpunkt 4:00 Uhr morgens (2 m über Grund in °C) .................................................................................................................................................. 4

Abb. 3: Prinzipskizze Kaltluftvolumenstrom ....................................................................................................... 5

Abb. 4: Kaltluftvolumenstrom und bodennahes Kaltluftströmungsfeld zum Zeitpunkt 04 Uhr morgens .................................................................................................................................. 6

Abb. 5:Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) zum Zeitpunkt 14 Uhr .................................................... 8

Abb. 6: Planungshinweiskarte Stadtklima im Umfeld des Bebauungsplans Nr. 163 Am Schützenplatz (blau umrandet) für die Tagsituation ...................................................................... 9

Abb. 7: Planungshinweiskarte Stadtklima im Umfeld des Bebauungsplans Nr. 163 Am Schützenplatz (blau umrandet) für die Nachtsituation ................................................................. 10

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1. Einleitung und Methode

Die Änderung des Bebauungsplans Nr. 163 „Am Schützenplatz“ sieht eine Umnutzung des aktuell von

Gewerbenutzung eingenommenen Areals vor. Vor dem Hintergrund, dem Bedarf an zusätzlichem

Wohnraum in Lüneburg nachzukommen, sollen hier auf dem Gelände der ehemaligen Lucia Strickwaren-

fabrik mehrere Gebäude mit Mischnutzung realisiert werden. Es sind Wohnungen, Einzelhandelsmärkte

und ein Hotel geplant. Der Gebäudebestand in der westlichen Hälfte des Plangebietes soll bestehen

bleiben. Die dortigen Hallen sind bis zu 37 Meter hoch. Die Gebäude der östlichen Hälfte sollen durch

30 bis 50 Meter hohe Neubauten ersetzt werden. Dementsprechend wird der aktuell hohe Versiege-

lungsgrad wenig verändert. Das höchste Gebäude wird sieben bis acht Geschosse haben und befindet

sich in der Mitte des südwestlichen Viertels des Plangebietes sein (Abb. 1). Auf allen Dächern soll Dach-

begrünung angelegt werden. Auf den Stellflächen im südöstlichen Viertel des Plangebietes ist pro 6

Stellplätze ein großkroniger Laubbaum festgeschrieben. Die GRZ soll in der westlichen Hälfte 0,8 betra-

gen, und im Östlichen Teil zwischen 0,4 und 0,8.

Im Verlauf der Planungen wurden unter Berücksichtigung von Hinweisen aus der Stadtklimaanalyse

(GEO-NET 2018) bereits klimaökologische Funktionszusammenhänge berücksichtigt, so dass die nun zu

beurteilende Variante als Kompromiss zwischen stadtklimatischen Belangen und städtebaulichen Anfor-

derungen gilt.

Im Folgenden wird auf Grundlage der Daten aus der gesamtstädtischen Stadtklimaanalyse (GEO-NET

2018) eine Einschätzung zur bioklimatischen Situation sowie zu den planungsbedingten Auswirkungen

auf das Schutzgut Klima abgeleitet. Anschließend werden Hinweise zu möglichen Maßnahmen gegeben,

die der sommerlichen Erwärmung entgegenwirken.

Abb. 1: Bebauungsplan Nr. 163, Vorentwurf Stand 11. 10. 2017 (Quelle: Hansestadt Lüneburg Oktober 2018; Luftbild: Bing Aerial)

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2. Stadtklimatische Situation

Ausgangspunkt für die Ermittlung der klimatischen Zusammenhänge ist eine austauscharme, sommerli-

che Hochdruckwetterlage, die häufig mit einer überdurchschnittlich hohen Wärmebelastung in den

Siedlungsräumen sowie lufthygienischen Belastungen einhergeht. Während bei einer windstarken

„Normallage“ der Siedlungsraum gut durchlüftet wird und eine Überwärmung kaum gegeben ist, stellt

die windschwache Hochdruckwetterlage mit wolkenlosem Himmel im Sommer eine „Worst Case“-

Betrachtung dar. Unter diesen Rahmenbedingungen können nächtliche Kalt- und Frischluftströmungen

aus innerstädtischen Grün- und Brachflächen zum Abbau einer Wärmebelastung in den überwärmten

Siedlungsflächen beitragen. Die folgenden Informationen wurden der angesprochenen Stadtklimaanaly-

se Lüneburg entnommen.

2.1 Lufttemperatur zum Zeitpunkt 04 Uhr morgens

Ein erholsamer Schlaf ist nur bei günstigen thermischen Bedingungen möglich, weshalb der Belastungs-

situation in den Nachtstunden eine besondere Bedeutung zukommt. Da die klimatischen Verhältnisse

der Wohnungen in der Nacht im Wesentlichen nur durch den Luftwechsel modifiziert werden können,

ist die Temperatur der Außenluft der entscheidende Faktor bei der Bewertung der thermophysiologi-

schen Belastung. Entsprechend spiegelt die Beurteilung des Humanbioklimas weniger die thermische

Beanspruchung des Menschen im Freien wider, als vielmehr die positive Beeinflussbarkeit des nächtli-

chen Innenraumklimas. Die bodennahe Lufttemperatur zum Zeitpunkt 04 Uhr morgens zeigt Abb. 2.

Das Planareal selber weist mit seiner großen Bebauungsdichte und hohem Versiegelungsgrad Werte um

19 – 20 °C auf. In den umliegenden Wohnvierteln in Blockrandbebauung sowie den gelegenen Einzel-

und Reihenhausquartieren sorgt eine gute Durchgrünung für vergleichsweise niedrigere Temperaturen

um 16 - 19 °C bzw. 16 – 18 °C. Die südlich gelegenen Gewerbegebiete erwärmen sich nachts auf bis zu

20 °C. Einzig der Kernbereich der Altstadt (in der Abbildung ganz rechts im Bild) zeigt höhere Temperatu-

ren als das Planareal selber (über 20 °C). Insgesamt gesehen spiegeln sich Versiegelungsgrad und Be-

bauungsdichte der einzelnen Blockflächen deutlich im nächtlichen Temperaturfeld wider. Die im Plan-

gebiet bzw. im näheren Umfeld vorliegende nächtliche Wärmebelastung ist als sehr hoch einzuordnen

(vgl. GEO-NET 2018).

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2.2 Kaltluftströmungsfeld und Kaltluftvolumenstrom zum Zeitpunkt 04 Uhr morgens

Den lokalen thermischen Windsystemen kommt eine besondere Bedeutung beim Abbau von Wärme-

und Schadstoffbelastungen größerer Siedlungsräume zu. Weil die potenzielle Ausgleichsleistung einer

Grünfläche als Kaltluftentstehungsgebiet nicht allein aus der Geschwindigkeit der Kaltluftströmung re-

sultiert, sondern zu einem wesentlichen Teil durch ihre Mächtigkeit (d.h. durch die Höhe der Kaltluft-

schicht) mitbestimmt wird, wird zur Beurteilung der kli-

matischen Ausgangssituation mit dem Kaltluftvolumen-

strom ein weiterer Parameter herangezogen (Abb. 3). Un-

ter dem Begriff Kaltluftvolumenstrom versteht man,

vereinfacht ausgedrückt, das Produkt aus der Fließge-

schwindigkeit der Kaltluft, ihrer vertikalen Ausdehnung

(Schichthöhe) und der horizontalen Ausdehnung des

durchflossenen Querschnitts (Durchflussbreite). Er be-

schreibt somit diejenige Menge an Kaltluft in der Einheit

m³, die in jeder Sekunde durch den Querschnitt bei-

spielsweise eines Hanges oder einer Leitbahn fließt. Da

die Modellergebnisse nicht die Durchströmung eines na-

türlichen Querschnitts widerspiegeln, sondern den Strö-

mungsdurchgang der gleichbleibenden Rasterzellenbreite, ist der resultierende Parameter streng ge-

nommen nicht als Volumenstrom, sondern als rasterbasierte Volumenstromdichte aufzufassen. Dies

kann man so veranschaulichen, indem man sich ein quer zur Luftströmung hängendes Netz vorstellt, das

ausgehend von der Obergrenze der Kaltluftschicht bis hinab auf die Erdoberfläche reicht. Bestimmt man

nun die Menge der pro Sekunde durch das Netz strömenden Luft, erhält man den rasterbasierten Kalt-

luftvolumenstrom. Der Volumenstrom ist ein Maß für den Zustrom von Kaltluft und bestimmt somit,

neben der Strömungsgeschwindigkeit, die Größenordnung des Durchlüftungspotenzials.

Die Pfeilsignatur in Abb. 4 stellt die Strömungsrichtung im bodennahen Bereich in 2 m über Grund für

den Istzustand dar. Der Kaltluftvolumenstrom wird über eine Flächenfarbe dargestellt. In Ergänzung zur

bodennahen Windgeschwindigkeit repräsentiert dieser das über den bodennahen Bereich hinausgehen-

de transportierte Volumen an Kaltluft. Die Klimasimulation zeigt, dass sich bis zum Zeitpunkt 04 Uhr

morgens – ausgehend von den Freiflächen des Umlandes im Norden und Süden sowie entlang der

Ilmenau-Auen und Bahngleise – ein klimatisch wirksamer Luftaustausch ausgebildet hat. Angetrieben

durch den Temperaturunterschied zwischen kühlen Grünflächen und wärmeren Siedlungsarealen strömt

die Kaltluft in das Stadtgebiet ein Das Planareal befindet sich am Rande des Einwirkbereichs der Kaltluft

und profitiert kaum vom nächtlichen Temperaturausgleich. Hier sind nur sehr geringe Werte für den

Kaltluftvolumenstrom zu beobachten, denn vor allem der Zustrom von der südwestlich gelegenen Kalt-

luftleitbahn dringt nicht in die Bebauung ein.

Abb. 3: Prinzipskizze Kaltluftvolumenstrom

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Abb.

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2.3 Thermische Belastung am Tage (Physiologisch Äquivalente Temparatur)

Meteorologische Parameter wirken nicht unabhängig voneinander, sondern in biometeorologischen

Wirkungskomplexen auf das Wohlbefinden des Menschen ein. Zur Bewertung werden Indizes verwen-

det (Kenngrößen), die Aussagen zur Lufttemperatur und Luftfeuchte, zur Windgeschwindigkeit sowie zu

kurz- und langwelligen Strahlungsflüssen kombinieren. Wärmehaushaltsmodelle berechnen den Wär-

meaustausch einer „Norm-Person“ mit seiner Umgebung und können so die Wärmebelastung eines

Menschen abschätzen. In der vorliegenden Arbeit wird zur Bewertung der Tagsituation der humanbi-

oklimatische Index PET um 14:00 Uhr herangezogen (Physiologisch Äquivalente Temperatur; vgl. Höppe

und Mayer 1987). Gegenüber vergleichbaren Indizes hat dieser den Vorteil, aufgrund der °C-Einheit auch

von Nichtfachleuten besser nachvollzogen werden zu können. Darüber hinaus handelt es sich bei der

PET um eine Größe, die sich in der Fachwelt zu einer Art „Quasi-Standard“ entwickelt hat, sodass sich

die vorliegenden Ergebnisse für Lüneburg mit denen anderer Städte vergleichen lassen. Wie die übrigen

humanbiometeorologischen Indizes bezieht sich die PET auf außenklimatische Bedingungen und zeigt

eine starke Abhängigkeit von der Strahlungstemperatur (Kuttler 1999). Mit Blick auf die Wärmebelas-

tung ist sie damit vor allem für die Bewertung des Aufenthalts im Freien am Tage sinnvoll einsetzbar.

Für die PET existiert in der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 9 eine absolute Bewertungsskala, die das thermi-

sche Empfinden und die physiologische Belastungsstufen quantifizieren (z.B. Starke Wärmebelastung ab

PET 35 °C; Tabelle 1, VDI 2004).

Tabelle 1: Schwellenwerte für den Bewertungsindex PET während der Tagesstunden (nach VDI 2004).

PET Thermisches Empfinden Physiologische Belastungsstufe

4 °C Sehr kalt Extreme Kältebelastung

8 °C Kalt Starke Kältebelastung

13 °C Kühl Mäßige Kältebelastung

18 °C Leicht kühl Schwäche Kältebelastung

20 °C Behaglich Keine Wärmebelastung

23 °C Leicht warm Schwache Wärmebelastung

29 °C Warm Mäßige Wärmebelastung

35 °C Heiß Starke Wärmebelastung

41 °C Sehr heiß Extreme Wärmebelastung

Abbildung 5 (folgende Seite) zeigt die räumliche Verteilung in der Umgebung des Untersuchungsgebie-

tes. Im Vergleich zur Lufttemperatur weist die PET eine höhere Spannbreite im Untersuchungsgebiet

auf. PET-Werte ≤ 23 °C (keine Wärmebelastung) stellen eine Ausnahme dar und sind einzig über größe-

ren Gewässern zu finden, die tagsüber eine kühlende Wirkung auf ihre direkte Umgebung haben. Die

Wohnquartiere am Siedlungsrand sind mit PET Werten um höchstens 35 °C im Bereich mäßiger Wärme-

belastung. Das Planareal weist Werte von über 40 °C auf und grenzt daher an eine extreme Wärmebe-

lastung.

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2.4 Planungshinweiskarte Stadtklima

Die Planungshinweiskarte bewertet die Stadtstrukturen hinsichtlich ihrer Bedeutung im klimatischen

Wirkungsgefüge und gibt Auskunft über die Empfindlichkeit gegenüber Nutzungsänderungen, aus denen

sich klimatisch begründete Anforderungen und Maßnahmen für die räumliche Planung ableiten lassen.

Die Belastungssituation geht im Wesentlichen mit Bebauungsdichte und Versiegelungsgrad einher, kann

kleinräumig aber noch durch den Einfluss von Grünflächen und lokalem Einwirken von Kaltluft variieren.

Im Rahmen der Stadtklimaanalyse Lüneburg ist für die Tag- und die Nachtsituation jeweils eine Pla-

nungshinweiskarte erstellt worden (GEO-NET 2018). In Anlehnung an die VDI-Richtlinien 3785, Blatt 1

bzw. 3787, Blatt 1 erfolgte eine Bewertung der bioklimatischen Belastung in Siedlungsflächen als Wir-

kungsraum bzw. der Bedeutung von Grünflächen als Ausgleichsraum (VDI 2008, VDI 2015).Die Siedlungs-

flächen sind hinsichtlich ihrer humanbioklimatischen Situation in 5 Klassen unterteilt worden. Abb. 6

zeigt einen Ausschnitt aus der Planungshinweiskarte der gesamtstädtischen Klimaanalyse (GEO-NET

2018) für die Tag-Situation.

Abb. 6: Planungshinweiskarte Stadtklima im Umfeld des Bebauungsplans Nr. 163 Am Schützenplatz (hellblau umrandet) für die Tagsituation

Das Plangebiet ist in Abb. 6 mit einem blauen Umriss gekennzeichnet. Es zeigt sich, dass dieses in einem

bioklimatisch ungünstigen Siedlungsraum liegt. Grund sind der hohe Versiegelungsgrad, die dichte Bau-

masse und die fehlende Kühlung durch Grün (Verdunstungskühle sowie Schatten). Einzig die Verschat-

tung durch die hohen Gebäude fallen positiv ins Gewicht. Hier sind im Vergleich mit weniger belasteten

Siedlungsräumen Maßnahmen zur Verbesserung der thermischen Situation notwendig und es besteht

ein hoher Bedarf an Anpassungsmaßnahmen wie zusätzlicher Begrünung sowie Entsiegelung (vgl. GEO-

NET 2018). Abb. 7 zeigt einen Ausschnitt aus der Planungshinweiskarte der gesamtstädtischen Klimaan-

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alyse (GEO-NET 2018) für die Nacht-Situation. Das blau umrandete Plangebiet liegt im Bereich einer sehr

ungünstigen bioklimatischen Situation. Dies bedeutet eine sehr hohe Empfindlichkeit gegenüber Nut-

zungsintensivierung / Bebauung. Maßnahmen zur Verbesserung der thermischen Situation sind not-

wendig und prioritär, vor allem durch Entsiegelung, Verschattung, Erhöhung des Vegetationsanteils.

Abb. 7: Planungshinweiskarte Stadtklima im Umfeld des Bebauungsplans Nr. 163 Am Schützenplatz (blau umrandet) für die Nachtsituation

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3. Auswirkungen und Bewertung der geplanten Baumaßnahmen

Die Analyse der vorliegenden Informationen zeigt, dass es sich bei der Vorhabenfläche im Bebauungs-

plan Nr. 163 „Am Schützenplatz“ um ein Quartier mit ungünstiger bis sehr ungünstiger bioklimatischer

Situation handelt, das Maßnahmen zur Verbesserung der thermischen Situation bedarf. Die Empfind-

lichkeit gegenüber baulicher Verdichtung ist sehr hoch.

Im Gebiet des vorliegenden Bebauungsplans Nr. 163 entsteht lediglich in der östlichen Hälfte zusätzliche

Baumasse – durch den Ersatz der bestehenden Gebäude durch höhere Bauten von bis zu 50 m über

NHN (welches einer Gesamthöhe von maximal 25 bis 30 Meter entspricht). Andererseits verringert sich

die Baudichte durch den im zentralen Bereich der östlichen Hälfte geplanten Freiraum für Stellplätze, in

welchem vereinzelt großkronige Laubbäume vorgeschrieben sind. Wenn auch nicht mit der Entstehung

von zusätzlicher nächtlicher Kaltluft gerechnet werden kann, ist davon auszugehen, dass sich durch die-

sen zusätzlichen Freiraum sowie die festgesetzten Begrünungsmaßnahmen grundsätzlich eine geringfü-

gige Verbesserung der bioklimatischen Situation ergibt. Der Freiraum sorgt nachts für eine bessere

Durchlüftung (und damit Abkühlung) der umliegenden Gebäude, und die Bepflanzung von Stellplätzen

sowie die vorgeschriebene Dachbegrünung bewirkt tagsüber Verdunstungskühle sowie Verschattung.

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4. Maßnahmen zur Verbesserung der bioklimatischen Situation im Plangebiet Am Schüt-

zenplatz

Grundsätzlich ist im Städtebau eine Innenverdichtung dem flächenmäßigen Wachstum in den Außen-

raum vorzuziehen. Durch eine verstärkte Innennutzung kann die freie Landschaft (und damit auch deren

klimatische Ausgleichsfunktion) erhalten und entlastet werden. Eine bauliche Verdichtung im Kernbe-

reich der Städte muss andererseits aber auch den Erhalt und Ausbau der Grünstrukturen sicherstellen,

um ein gesundes Wohn- und Aufenthaltsklima für den Menschen zu gewährleisten. Unter diesem As-

pekt der „Doppelten Innenentwicklung“ (Bundesamt für Naturschutz 2017) sollten im Planverfahren

zum vorliegenden Bebauungsplan Am Schützenplatz Maßnahmen zur Reduktion der sommerlichen Hit-

zebelastung realisiert werden.

Entsiegelung

Wege, Plätze, Parkplätze und Randbereiche der Fahrradwege sollten möglichst wenig versiegelt werden,

um die Oberflächentemperaturen zu reduzieren.

Verschattung von Straßen, Wegen, Plätzen und Stellflächen

Eine intensive Begrünung sowohl des Straßenraumes als auch des geplanten Quartiers mit Bäumen stei-

gert die Aufenthaltsqualität im Freien beträchtlich, da somit große beschattete Bereiche geschaffen

werden. Vor allem Fußgängerwege sowie Fahrradwege bedürfen im Sommer guter Verschattung. Eben-

so sollten Autoabstellplätze sowohl im privaten als auch im öffentlichen Raum durch Bäume und Sträu-

cher beschattet werden. Für die Gestaltung der Parkierungsflächen gibt es viele Möglichkeiten, wie

Pflasterrasen, Rasengittersteine, Schotterrasen.

Erhöhung der Oberflächenalbedo (Reflexion)

Die Beschaffenheit der nicht natürlichen Oberflächen (vor allem Gebäude, Dächer, Straßen) bestimmt

die Wärmeleitfähigkeit ins Gebäude (bzw. in den Boden) sowie die Oberflächentemperatur und damit

die Lufttemperatur im angrenzenden Außenraum. Die Energieumsätze am Erdboden bzw. an den Wän-

den werden u.a. sehr stark von den Reflexionseigenschaften (Albedo) des Untergrunds bestimmt. Insbe-

sondere weiße und helle Oberflächen reflektieren die Sonnenstrahlung stark. Der reflektierte Anteil

trägt damit nicht mehr zur Erwärmung der Oberfläche bei.

Dach- und Fassadenbegrünung

Zu den weiteren effektiven Maßnahmen, die Erwärmung der Gebäude am Tage abzuschwächen, zählen

Dach- und Fassadenbegrünung. Letztere wirkt zweifach positiv auf einen Gebäudebestand ein, da einer-

seits durch die Schattenspende die Wärmeeinstrahlung am Tage reduziert wird und andererseits über

die Verdunstungskälte des Wassers Wärme abgeführt wird. Eine Fassadenbegrünung ist insbesondere

an West- und Südfassaden wirksam, da hier die stärkste Einstrahlung stattfindet. Darüber hinaus min-

dert eine Begrünung die Schallreflexion und damit die Lärmbelastung und kann zu einem gewissen Grad

Stäube und Luftschadstoffe binden. Die Möglichkeiten bei der Realisierung einer Fassadenbegrünung

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werden allerdings entscheidend von der baulichen Ausgangssituation mitbestimmt.

Eine Dachbegrünung wirkt sich bei den im vorliegenden Bebauungsplan mindestens 30 Meter hohen

Gebäuden nicht auf das Bioklima in Bodennähe aus. Die kühlende Wirkung der Bodenauflage und Vege-

tation bezieht sich auf das Innenraumklima der darunterliegenden Räume. Hier ist aber davon auszuge-

hen, dass die vorgeschriebene Mindestdicke des Substrats kaum ausreicht um eine merkliche Wirkung

zu erreichen. Im Falle eines ausreichend mächtigen Substrats können dagegen Schatten spendende

Pflanzen angelegt werden, die tagsüber einen Erholungsraum auf dem Dach bieten können.

GEO-NET Umweltconsulting GmbH

Hannover, den 7. November 2018

Dokumente / Quellen:

Bundesamt für Naturschutz (2017): Doppelte Innenentwicklung – Perspektiven für das urbane Grün, Bonn

GEO-NET (2018): Stadtklimaanalyse Lüneburg. Im Auftrag der Hansestadt Lüneburg. GEO-NET Umwelt-consulting GmbH Hannover, ENTWURF

Hansestadt Lueneburg (2018): Bebauungsplan Nr. 163 „Am Schützenplatz“, Vorentwurf Stand 11.10.2017

Höppe, P. und H. Mayer (1987): Planungsrelevante Bewertung der thermischen Komponente des Stadt-klimas. Landschaft und Stadt 19 (1): S. 22-29.

Kuttler, W. (1999): Human-biometeorologische Bewertung stadtklimatologischer Erkenntnisse für die Planungspraxis. In: Wissenschaftliche Mitteilungen aus dem Institut für Meteorologie der Universität Leipzig und dem Institut für Troposphärenforschung e. V. Leipzig. Band 13.

VDI (2004): VDI-Richtlinie 3787 Blatt 9. Umweltmeteo-rologie. Berücksichtigung von Klima und Lufthygi-ene.

VDI (2008): VDI-Richtlinie 3785 Blatt 1. Umweltmeteo-rologie. Methodik und Ergebnisdarstellung von Untersuchungen zum planungsrelevanten Stadtklima.

VDI (2015): VDI-Richtlinie 3787 Blatt 1. Umweltmeteo-rologie. Klima- und Lufthygienekarten für Städte und Regionen.

Dipl.-Geogr. Elke Hipler