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K. Zeiler, E. Auff, L. Deecke (Hg.) Klinische Neurologie I Grundlagen für Human- und Zahnmediziner 2. Auflage

Klinische Neurologie I · Univ.-Prof. Dr. Christian Wöber 1 Univ.-Prof. Dr. Karl Zeiler1 Univ.-Prof. DDr. Josef Zeitlhofer1 1 Klinische Abteilung Klinische Neurologie, Universitätsklinik

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K. Zeiler, E. Auff, L. Deecke (Hg.)

Klinische Neurologie IGrundlagen für Human- und Zahnmediziner

2. Auflage

Das Werk enthält die wesentlichen Lehr- und Lerninhalte desneuen „Wiener Medizin-Curriculums“, mit denen Studenten derMedizin im II. Studienabschnitt konfrontiert werden. InhaltlicheSchwerpunkte sind die Beschreibung der wichtigsten neurologi-schen und neuropsychologischen Symptome und Syndrome, dieDarstellung der klinischen Symptomatik bei Läsionen der Hirn-nerven, der Nervenwurzeln, der Plexus und der peripheren Nervensowie die Liquordiagnostik und die technischen Zusatzunter-suchungen im Rahmen der Neurologie.

www.facultas.at

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ISBN 13: 978-3-85076-751-4ISBN 10: 3-85076-751-5

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K. Zeiler, E. Auff, L. Deecke (Hg.)

Klinische Neurologie IGrundlagen für Human- und Zahnmediziner

2. Auflage

Das Werk enthält die wesentlichen Lehr- und Lerninhalte desneuen „Wiener Medizin-Curriculums“, mit denen Studenten derMedizin im II. Studienabschnitt konfrontiert werden. InhaltlicheSchwerpunkte sind die Beschreibung der wichtigsten neurologi-schen und neuropsychologischen Symptome und Syndrome, dieDarstellung der klinischen Symptomatik bei Läsionen der Hirn-nerven, der Nervenwurzeln, der Plexus und der peripheren Nervensowie die Liquordiagnostik und die technischen Zusatzunter-suchungen im Rahmen der Neurologie.

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ISBN 13: 978-3-85076-751-4ISBN 10: 3-85076-751-5

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K. Zeiler, E. Auff, L. Deecke (Hg.)

Klinische Neurologie IGrundlagen für Human- und Zahnmediziner

2. Auflage

Das Werk enthält die wesentlichen Lehr- und Lerninhalte desneuen „Wiener Medizin-Curriculums“, mit denen Studenten derMedizin im II. Studienabschnitt konfrontiert werden. InhaltlicheSchwerpunkte sind die Beschreibung der wichtigsten neurologi-schen und neuropsychologischen Symptome und Syndrome, dieDarstellung der klinischen Symptomatik bei Läsionen der Hirn-nerven, der Nervenwurzeln, der Plexus und der peripheren Nervensowie die Liquordiagnostik und die technischen Zusatzunter-suchungen im Rahmen der Neurologie.

www.facultas.at

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I

ISBN 13: 978-3-85076-751-4ISBN 10: 3-85076-751-5

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K. Zeiler, E. Auff, L. Deecke (Hrsg.)

Klinische Neurologie I

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Karl Zeiler, Eduard Auff, Lüder Deecke (Hrsg.)

Klinische Neurologie IGrundlagen für Human- und Zahnmediziner

2., überarb. Auflage

unter Mitarbeit von:

Susanne AsenbaumChristoph BaumgartnerElisabeth FertlHarald KolleggerReinhold MallekJoachim MalyDaniela PrayerFrank UhlChristian WöberJosef Zeitlhofer

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Herausgeber:Univ.-Prof. Dr. Karl Zeiler1

Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff2

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Lüder Deecke1

Autoren:Univ.-Prof. DDr. Susanne Asenbaum1, 4

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Christoph Baumgartner1

Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Fertl2

Univ.-Prof. Dr. Harald Kollegger1

Univ.-Prof. Dr. Reinhold Mallek3

Ass.-Prof. Dr. Joachim Maly1

Univ.-Prof. Dr. Daniela Prayer3

Univ.-Prof. Dr. Frank Uhl1

Univ.-Prof. Dr. Christian Wöber1

Univ.-Prof. Dr. Karl Zeiler1

Univ.-Prof. DDr. Josef Zeitlhofer1

1 Klinische Abteilung Klinische Neurologie, Universitätsklinik für Neurologie, Wien2 Klinische Abteilung Neurologische Rehabilitation, Universitätsklinik für Neurologie, Wien3 Abteilung Neuroradiologie, Universitätsklinik für Radiologie, Wien4 Universitätsklinik für Nuklearmedizin, Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

2. Auflage 2006Copyright © 2000 Facultas-Universitätsverlag, Berggasse 5, A-1090 WienFacultas UniversitätsverlagAlle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitungsowie der Übersetzung sind vorbehalten.Satz und Druck: Facultas Verlags- und Buchhandels AGPrinted in AustriaISBN 3-85076-751-5

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, e-ISBN 978-3-99030-097-8 (pdf)

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Vorwort

In der vorliegenden 2. Auflage des Lehrbuches „Klinische Neurologie I“ sind diewesentlichen Lehr- und Lerninhalte des „Wiener Medizin-Curriculums“ enthal-ten, die den Studenten der Medizin im II. Studienabschnitt vermittelt werden. In-haltliche Schwerpunkte sind die Beschreibung der wichtigsten neurologischenund neuropsychologischen Symptome und Syndrome, die Darstellung der klini-schen Symptomatik bei Läsionen der Hirnnerven, der Nervenwurzeln, der Ple-xus und der peripheren Nerven sowie die Liquordiagnostik und die technischenZusatzuntersuchungen im Rahmen der Neurologie.

Diejenigen Lehr- und Lerninhalte, die den Studenten der Humanmedizin im III. Studienabschnitt vermittelt werden, beziehen sich auf die wichtigsten neuro-logischen Krankheitsbilder, über die ein Arzt für Allgemeinmedizin Bescheidwissen muss. Die wesentlichen Grundlagen sind im Lehrbuch „Klinische Neu-rologie II“ enthalten. Im vorliegenden Lehrbuch erfolgen daher auch Querver-weise auf Inhalte, die den III. Studienabschnitt betreffen und im II. Band desLehrbuches präsentiert werden.

Dem Facultas Universitätsverlag, insbesondere Frau Dr. Sigrid Neulinger, möch-ten wir für die ausgezeichnete und effektive Zusammenarbeit unseren Dank aus-sprechen.

Wien, im Frühjahr 2006 Die Herausgeber

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Inhaltsverzeichnis

1 Neurologische Symptome und Syndrome ............................................ 131.1 Bewusstseinsstörungen .................................................................. 131.2 Störungen der Willkürmotorik ....................................................... 16

1.2.1 Trophik ........................................................................... 171.2.2 Tonus der Muskulatur ........................................................ 181.2.3 Positionsversuche .............................................................. 201.2.4 Grobe Kraft ........................................................................ 211.2.5 Feinmotorik ........................................................................ 221.2.6 Physiologische Reflexe ...................................................... 221.2.7 Pathologische Reflexe, „Pyramidenbahnzeichen“ ............ 281.2.8 Faszikulationen .................................................................. 301.2.9 Charakteristika zentraler und peripherer Lähmungen ....... 301.2.10 Typische Verteilungsmuster von Störungen der Motorik .. 31

1.3 Extrapyramidale Funktionsstörungen ............................................ 331.4 Unwillkürliche Bewegungen .......................................................... 34

1.4.1 Tremor ........................................................................... 341.4.2 Athetotische Bewegungen ................................................. 371.4.3 Choreatische Bewegungen ................................................ 381.4.4 Ballistische Bewegungen ................................................... 381.4.5 Dystone Bewegungen ........................................................ 391.4.6 Myoklonien ........................................................................ 391.4.7 Faszikulationen, Fibrillationen, Myokymien .................... 41

1.5 Kleinhirnfunktionsstörungen .......................................................... 421.5.1 Tonus der Muskulatur ........................................................ 421.5.2 Vorhalteversuch der Arme ................................................. 431.5.3 Diadochokinese .................................................................. 431.5.4 Feinmotorik ........................................................................ 431.5.5 Finger-Nase-Versuch (FNV), Knie-Hacken-Versuch

(KHV) ................................................................................ 441.5.6 Barany-Zeigeversuch ......................................................... 461.5.7 Schriftprobe ....................................................................... 461.5.8 Rebound-Phänomen ........................................................... 461.5.9 Sitzen, Steh- und Gehversuche .......................................... 471.5.10 Sprechen ............................................................................ 471.5.11 Blickfolgebewegungen ...................................................... 471.5.12 Optokinetischer Nystagmus, andere Nystagmen ............... 481.5.13 Vestibulo-okulärer Reflex (VOR) ...................................... 481.5.14 Klinische Symptomatik in Abhängigkeit von der

Lokalisation der Läsion ..................................................... 481.5.15 Ursachen von Kleinhirnfunktionsstörungen ...................... 49

1.6 Augenmotilitätsstörungen .............................................................. 49

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1.7 Nystagmus, Schwindel ................................................................... 581.8 Funktionsstörungen bei den Steh- und Gehversuchen ................... 671.9 Sensibilitätsstörungen .................................................................... 701.10 Vegetative Funktionsstörungen ...................................................... 77

1.10.1 Pupillenfunktionsstörungen ............................................... 781.10.2 Ptose ........................................................................... 851.10.3 Schweißsekretionsstörungen .............................................. 861.10.4 Blasenfunktionsstörungen .................................................. 88

1.11 Meningismus, Nervendehnungsphänomene .................................. 911.12 Primitivreflexe, „Frontalzeichen“ .................................................. 941.13 Symptome und Syndrome bei umschriebenen kortikalen

Läsionen im Großhirnbereich ........................................................ 951.13.1 Kortikale Läsionen im Bereich des Frontallappens .......... 961.13.2 Kortikale Läsionen im Bereich des Parietallappens .......... 981.13.3 Kortikale Läsionen im Bereich des Temporallappens ....... 981.13.4 Kortikale Läsionen im Bereich des Okzipitallappens ....... 99

1.14 Dezerebrations-Syndrome ............................................................ 1001.14.1 Mittelhirn-Syndrom ......................................................... 1011.14.2 Bulbärhirn-Syndrom ........................................................ 102 1.14.3 Apallisches Syndrom ....................................................... 1031.14.4 Hirntod ............................................................................. 104

1.15 Funktionsstörungen im Bereich des Rückenmarks ...................... 106

2 Neuropsychologische Symptome und Syndrome ............................... 1152.1 Störungen der Aufmerksamkeit .................................................... 1162.2 Störungen der Sprachfunktionen (Aphasien) ............................... 118

2.2.1 Broca-Aphasie (motorische Aphasie) .............................. 1212.2.2 Wernicke-Aphasie (sensorische Aphasie) ....................... 1212.2.3 Amnestische Aphasie (Anomie) ...................................... 1222.2.4 Globalaphasie (expressiv-rezeptive Aphasie) .................. 1232.2.5 Transkortikale Aphasien (sensorische Form,

motorische Form) ............................................................ 1232.2.6 Leitungsaphasie ............................................................... 123

2.3 Störungen des Gedächtnisses und des Lernens ........................... 1232.3.1 Transitorische Globalamnesie (TGA,

amnestische Episode) ...................................................... 1252.3.2 Amnestisches Syndrom (Globalamnesie) ........................ 126

2.4 Störungen der Wahrnehmung ....................................................... 1262.4.1 Visuelle Agnosien ............................................................ 1272.4.2 Akustische Agnosien ....................................................... 1282.4.3 Somatosensorische Agnosien .......................................... 128

2.5 Störungen des Planens und Handelns .......................................... 1292.5.1 Frontalhirnsyndrom (synonym: Dysexekutives

Syndrom) ......................................................................... 129

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2.5.1.1 Minus-Variante (frontokonvexes Organisches Psychosyndrom) ............................................. 130

2.5.1.2 Plus-Variante (frontobasales Organisches Psychosyndrom) ............................................. 130

2.5.2 Apraxie ............................................................................ 1302.5.2.1 Ideomotorische Apraxie .................................. 1312.5.2.2 Ideatorische Apraxie ....................................... 1312.5.2.3 Gesichtsapraxie (bukkofaziale Apraxie) ......... 1322.5.2.4 Sprechapraxie ................................................. 132

2.6 Demenz ........................................................................................ 132

3 Hirnnerven-Läsionen ........................................................................... 1363.1 N. olfactorius (N. I) ...................................................................... 1363.2 N. opticus (N. II) ......................................................................... 1383.3 N. oculomotorius (N. III) ............................................................. 146 3.4 N. trochlearis (N. IV) ................................................................... 1513.5 N. trigeminus (N. V) .................................................................... 1533.6 N. abducens (N. VI) ..................................................................... 1583.7 N. facialis (N. VII) ....................................................................... 1593.8 N. stato-acusticus (N. vestibulo-cochlearis) (N. VIII) ................. 1673.9 N. glossopharyngeus (N. IX) ....................................................... 1753.10 N. vagus (N. X) ............................................................................ 1793.11 N. accessorius (N. XI) .................................................................. 1823.12 N. hypoglossus (N. XII) ............................................................... 1843.13 Läsionen mehrerer Hirnnerven .................................................... 186

4 Läsionen einzelner Nervenwurzeln, der Plexus und einzelnerperipherer Nerven ................................................................................ 1944.1 Läsionen einzelner Nervenwurzeln .............................................. 194

4.1.1 Monoradikuläre Läsionen ................................................ 1944.1.2 Läsionen der Cauda equina ............................................. 1994.1.3 Pseudoradikuläre Syndrome ............................................ 200

4.2 Plexus-Läsionen ........................................................................... 2014.2.1 Läsionen des Plexus brachialis ........................................ 2024.2.2 Läsionen des Plexus lumbosacralis ................................. 207

4.3 Läsionen einzelner peripherer Nerven ......................................... 2104.3.1 Grundlegende Aspekte umschriebener peripherer

Nervenläsionen ................................................................. 2104.3.2 Periphere Nerven aus dem Plexus cervicobrachialis ....... 210

4.3.2.1 N. accessorius ................................................. 2174.3.2.2 N. phrenicus .................................................... 2174.3.2.3 N. dorsalis scapulae ........................................ 2174.3.2.4 N. suprascapularis ........................................... 2184.3.2.5 N. subscapularis .............................................. 219

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4.3.2.6 N. thoracicus longus ....................................... 2194.3.2.7 N. thoracodorsalis ........................................... 2194.3.2.8 Nn. pectorales (medialis et lateralis) .............. 2204.3.2.9 N. subclavius .................................................. 2204.3.2.10 N. axillaris ...................................................... 2204.3.2.11 N. musculocutaneus ........................................ 2214.3.2.12 N. radialis ........................................................ 2224.3.2.13 N. medianus .................................................... 2254.3.2.14 N. ulnaris ........................................................ 2294.3.2.15 N. cutaneus brachii medialis .......................... 2324.3.2.16 N. cutaneus antebrachii medialis .................... 232

4.3.3 Periphere Nerven aus dem Plexus lumbosacralis ............ 2324.3.3.1 N. iliohypogastricus ........................................ 2324.3.3.2 N. ilioinguinalis .............................................. 2334.3.3.3 N. genitofemoralis .......................................... 2334.3.3.4 N. cutaneus femoris lateralis .......................... 2344.3.3.5 N. femoralis .................................................... 2354.3.3.6 N. obturatorius ................................................ 2374.3.3.7 N. glutaeus superior ........................................ 2384.3.3.8 N. glutaeus inferior ......................................... 2384.3.3.9 N. ischiadicus (Hauptstamm) ......................... 2394.3.3.10 N. peronaeus communis ................................. 2404.3.3.11 N. tibialis ........................................................ 2424.3.3.12 N. suralis ......................................................... 2454.3.3.13 Tibialis anterior-Syndrom ............................... 2454.3.3.14 Äste aus dem Plexus sacralis .......................... 2464.3.3.15 N. cutaneus femoris posterior ......................... 2464.3.3.16 N. pudendus .................................................... 246

5 Liquordiagnostik, technische Zusatzuntersuchungen ...................... 2485.1 Liquordiagnostik ......................................................................... 2485.2 Elektroenzephalographie .............................................................. 2555.3 Elektroneurographie ..................................................................... 2625.4 Elektromyographie ....................................................................... 2675.5 Evozierte Potentiale ..................................................................... 274

5.5.1 Visuell evozierte Potentiale (VEP) .................................. 2755.5.2 Akustisch evozierte Potentiale (AEP) ............................. 2765.5.3 Somatosensibel evozierte Potentiale (SSEP) .................. 2785.5.4 Motorisch evozierte Potentiale (MEP) ............................ 280

5.6 Ultraschall-Untersuchung der kraniozervikalen Arterien ............ 2815.6.1 Untersuchung der extrakraniellen Arterien ..................... 2815.6.2 Untersuchung der intrakraniellen Arterien ...................... 284

5.7 Neuroradiologie ............................................................................ 2865.7.1 Neuroradiologische Untersuchungen (kranialer Bereich) . 286

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5.7.1.1 Nativ-Röntgen-Aufnahmen des Schädels ....... 2865.7.1.2 Kraniale Computer-Tomographie (CCT) und

Magnetresonanztomographie (MRT) ............. 2965.7.1.3 Zerebrale Angiographie .................................. 294

5.7.2 Neuroradiologische Untersuchungen (spinaler Bereich) . 2985.7.2.1 Nativ-Röntgen-Aufnahmen der Wirbelsäule .. 2985.7.2.2 Spinale Computer-Tomographie (CT)

und Magnetresonanztomographie (MRT) ...... 2995.7.2.3 Myelographie .................................................. 3025.7.2.4 Spinale Angiographie ..................................... 302

5.8 Neuronuklearmedizin ................................................................... 3035.8.1 Single-Photon-Emissions-Computer-Tomographie

(SPECT) ......................................................................... 304 5.8.2 Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ..................... 307

5.9 Psychologische Testverfahren in der Neuropsychologie ............. 3095.9.1 Neuropsychologische Diagnostik .................................... 3105.9.2 Psychophysiologische Diagnostik ................................... 3115.9.3 Objektive Leistungsdiagnostik ........................................ 3115.9.4 Subjektive psychometrische Persönlichkeitsdiagnostik .. 3135.9.5 Projektive Persönlichkeitsdiagnostik ............................... 314

Literatur ...................................................................................................... 315

Sachregister ................................................................................................. 317

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1 Neurologische Symptome und Syndrome

K. Zeiler, Ch. Wöber

1.1 Bewusstseinsstörungen

Bewusstseinsstörungen können durch Läsionen in verschiedenen Abschnitten des Gehirnsverursacht werden. Voraussetzung für ein ungestörtes Bewusstsein ist die Funktionsfähig-keit aller dieser beteiligten Strukturen. Eine wesentliche Rolle kommt dem aufsteigendenretikulären aktivierenden System (ARAS) in der Formatio reticularis im Hirnstamm zu. Vondort ziehen bilateral relevante Verbindungen über den Thalamus zum Kortex. Bewusst-seinsstörungen können demnach durch Hirnstamm-Läsionen verursacht werden, aberauch z. B. durch beidseitige Läsionen im Bereich des Thalamus, des subkortikalen Mark-lagers und/oder des Kortex.

Quantitative Bewusstseinsstörungen

Quantitative Bewusstseinsstörungen (Störungen des Bewusstseinsniveaus) müs-sen von qualitativen Bewusstseinsstörungen (Störungen des Bewusstseinsin-halts) abgegrenzt werden, wenn auch bei ein und demselben Patienten quantita-tive und qualitative Bewusstseinsstörungen nebeneinander vorliegen können.Bei Patienten mit quantitativen Bewusstseinsstörungen liegt meistens eine Ein-schränkung des Wachbewusstseins und der Reaktionsfähigkeit vor, also eine„Bewusstseinsverminderung“ (im Schlaf physiologisch). Entsprechend demGrad der Beeinträchtigung werden mindestens drei Symptomenkomplexe unter-schieden: Somnolenz, Sopor und Koma. Die Grenzen zwischen diesen Begrif-fen sind allerdings nicht ganz einheitlich definiert.

Somnolenz. Somnolente Patienten wirken müde, lethargisch und schläfrig. ZuBeginn der Untersuchung werden sie oft schlafend angetroffen, sie reagieren al-lerdings auf Ansprache und sind relativ leicht weckbar. Auf Schmerzreize erfolgteine prompte und gezielte Abwehr. Es bestehen keine Orientierungsstörungen,Fragen werden korrekt beantwortet, einfache Aufforderungen werden befolgt.Die Reaktionen laufen allerdings meistens etwas verzögert und verlangsamt ab.Wenn man den Kontakt mit einem somnolenten Patienten abbricht, schläft ermeistens bald wieder ein.

Sopor. Soporöse Patienten schlafen oder befinden sich in einem schlafähnlichenZustand, es kommt zu keinen spontanen Äußerungen. Sie sind nur durch An-sprechen mit lauter Stimme, evtl. sogar nur durch das Setzen mechanischer Rei-ze weckbar. Die Reaktion auf Schmerzreize erfolgt verzögert, im Allgemeinen

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aber gerichtet. Häufig bestehen Orientierungsstörungen. Aufforderungen werdenentweder gar nicht oder deutlich verzögert und meistens unvollständig befolgt.Wenn man den Kontakt mit einem soporösen Patienten abbricht, schläft er raschwieder ein.

Koma. Komatöse Patienten sind bewusstlos und nicht erweckbar, die Augensind geschlossen. Die Patienten reagieren nicht auf akustische Reize. In ober-flächlichen Komastadien kommt es noch zu Abwehrreaktionen auf starkeSchmerzreize (im oberflächlichsten Stadium noch weitgehend gezielt, im etwastieferen Koma ungezielt), eventuell zu groben Massenbewegungen auf der Sei-te des Schmerzreizes. In tieferen Komastadien kann man über Schmerzreize nurnoch Beuge- und Strecksynergien auslösen bzw. letztlich keine Reaktion mehrerreichen.

Manche Autoren verwenden statt der dreistufigen eine vierstufige Skala, indemsie eine minimale Beeinträchtigung des Wachbewusstseins als „Benommenheit“bezeichnen. Ein benommener Patient wäre demnach nicht ganz bewusstseins-klar, aber auch nicht dermaßen beeinträchtigt, dass man ihn als somnolent be-zeichnen müsste.

Qualitative Bewusstseinstörungen

Bei Patienten mit qualitativen Bewusstseinstörungen liegen Störungen des Be-wusstseinsinhalts bzw. der Bewusstheit vor. Sie manifestieren sich im Rahmenverschiedener psychiatrischer Erkrankungen, können aber auch im Zusammen-hang mit Erkrankungen des Gehirns auftreten. Beispiele sind Verwirrtheitszu-stände oder delirante Bilder.

Verwirrtheit. Bei verwirrten Patienten liegen Orientierungsstörungen vor, ins-besondere betreffend Ort, Zeit und/oder Situation, seltener betreffend die eigenePerson. Zusätzlich können quantitative Bewusstseinstörungen bestehen, beson-ders bei organisch begründbaren Störungen. Meistens sind Wahrnehmungs-,Merkfähigkeits- und Denkstörungen zu beobachten, das Denken wie auch dasHandeln laufen inkohärent ab. Üblicherweise liegen auch Störungen des An-triebs vor, es kann zu Erregungszuständen kommen.

Delir. Auch bei deliranten Patienten liegen Bewusstseinsveränderungen vor. DiePatienten weisen Orientierungsstörungen auf, sind psychomotorisch unruhigund meistens agitiert. Optische Halluzinationen stehen oft im Vordergrund. BeiPatienten, deren Delir durch eine organische Gehirnerkrankung verursacht wird,können vegetative Funktionsstörungen fehlen.

K. Zeiler, Ch. Wöber14

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Ursachen von Bewusstseinstörungen

Primäre Erkrankungen bzw. Funktionsstörungen des Gehirns. Zahlreicheintrakraniell gelegene Prozesse bzw. Funktionsstörungen können mit quantitati-ven Bewusstseinstörungen (Somnolenz, Sopor, Koma) einhergehen (Tabelle 1.1).

Neurologische Symptome und Syndrome 15

Tab. 1.1: Intrakranielle Ursachen von Bewusstseinstörungen

• Schädelhirntraumen und deren Folgen (epidurale, subdurale, intrazerebrale Häma-tome, Kontusionsherde, Hirnödem, primäre Hirnstammläsionen)

• zerebrovaskuläre Erkrankungen (ischämische Infarkte, intrazerebrale Hämatome,Sinus- und Hirnvenen-Thrombosen, Subarachnoidealblutungen)

• entzündliche Erkrankungen (Meningitiden, Enzephalitiden, epidurale, subduraleoder intrazerebrale Empyeme bzw. Abszesse)

• Tumoren (primäre intrakranielle Tumoren, Metastasen, Meningeosis neoplastica)• Verschlusshydrozephalus• epileptische Anfälle

Primär extrazerebrale Erkrankungen. Eine Reihe extrazerebral gelegener Ur-sachen kann zu sekundären Gehirnfunktionsstörungen führen, wie z. B. metabo-lische Störungen, eine Sepsis, Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit generalisierterHypoxämie oder Intoxikationen.

Diagnostische Maßnahmen

Eine akut aufgetretene Bewusstseinstörung erfordert unverzügliches strukturier-tes Handeln, insbesondere bei fehlenden anamnestischen und außenanamnesti-schen Angaben.Nach Überprüfung und Sicherung der Vitalparameter (Atmung, Puls, Blutdruck)werden umgehend ein EKG abgeleitet, die Körpertemperatur bestimmt und einBlutzuckerstreifen-Schnelltest (Hypo-, Hyperglykämie?) durchgeführt. Zugleichwird Blut abgenommen, um die wichtigsten Laborwerte (arterielle Blutgasana-lyse, Elektrolyte und Osmolalität, Blutbild, Blutgerinnung, Blutzucker, Leber-und Nierenfunktionsproben, Kreatin-Kinase, Schilddrüsenfunktionswerte, Blut-kulturen, toxikologisches Screening) zu bestimmen. Ergänzend erfolgt auch eineHarnanalyse.Bei Verdacht auf eine Intoxikation mit Benzodiazepinen bzw. mit Opiaten kön-nen die jeweiligen spezifischen Antagonisten Flumazenil (Anexate®) bzw. Nalo-xon (Narcanti®) intravenös verabreicht werden. Der therapeutische Effekt istmeistens zeitlich begrenzt, eine prompte Reaktion ist aber (ex iuvantibus) dia-gnostisch verwertbar.Im Hinblick auf mögliche primäre oder sekundäre Läsionen im Bereich des Zen-tralnervensystems muss umgehend eine kraniale CT- und/oder MRT-Unter-

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suchung veranlasst werden. Falls der Verdacht auf eine entzündliche Ursachedes Zustandsbildes besteht, ist im Anschluss daran sofort eine Lumbalpunktionzur Liquordiagnostik durchzuführen. Bei Verdacht auf Subarachnoidealblutungmuss ebenfalls sofort eine Lumbalpunktion erfolgen, es sei denn, die Diagnosewurde bereits mittels CT-Untersuchung gesichert; in diesem Fall wird – ohneLumbalpunktion – gewöhnlich umgehend eine konventionelle zerebrale Angio-graphie durchgeführt. Zum Nachweis eines allfälligen arteriellen Gefäßver-schlusses eignen sich die Sonographie, die MR-Angiographie (MRA) und dieCT-Angiographie (CTA). Bei Verdacht auf eine Thrombose der A. basilaris soll-te zunächst eine MRA oder eine CTA veranlasst werden, bei Nichtverfügbarkeitbzw. bei nicht konklusivem Ergebnis ggf. eine konventionelle zerebrale Angio-graphie. Auch bei Verdacht auf das Vorliegen einer Sinus- oder Hirnvenen-Thrombose muss umgehend eine neuroradiologische Diagnostik erfolgen. DemEEG kommt im Zusammenhang mit zerebralen Anfallsleiden, mit bestimmtenentzündlichen Erkrankungen (z. B. Herpes simplex Typ 1 – Meningoenzephali-tis) sowie mit metabolischen Störungen und Intoxikationen eine wesentliche dia-gnostische Rolle zu.

1.2 Störungen der Willkürmotorik

Zentrales motorisches Neuron. Die Ganglienzellen befinden sich im Bereich der fronta-len Hirnrinde im primären motorischen Kortex (Area 4), im lateral gelegenen prämotori-schen Kortex (Area 6) und im medial gelegenen supplementär-motorischen Kortex (Area6), der vor allem der Organisation der Bewegungsplanung dient. In diesen Rindenfeldernsind die Körperregionen entsprechend ihrer funktionellen Bedeutung und nicht entspre-chend ihrer Größe angeordnet und gewichtet. Die Fasern für das Gesicht entspringen naheder Fissura Sylvii, jene für das Bein an der Mantelkante (motorischer Homunculus). Dieje-nigen Fasern, die aus dem primären motorischen Kortex (vordere Zentralwindung) stam-men, dienen vor allem der Versorgung der kontralateralen distalen Extremitätenmuskulatur,während die proximale und die axial gelegene Muskulatur über retikulospinale Bahnen bi-lateral versorgt wird.Die efferenten Fasern des zentralen motorischen Neurons (Pyramidenbahn) verlaufendurch das subkortikale Marklager und über die Capsula interna zu den jeweiligen kontrala-teral gelegenen Kernen der motorischen Hirnnerven (Tractus corticonuclearis) bzw. alsTractus corticospinalis über Mittelhirn und Pons weiter zum Rückenmark. Der überwiegen-de Teil (etwa 90%) der zuletzt genannten Fasern kreuzt in Höhe der unteren Medulla oblon-gata und zieht als Tractus corticospinalis lateralis nach kaudal zu den Vorderhorn-Gangli-enzellen im Rückenmark. Die übrigen 10% der Fasern verlaufen ungekreuzt als Tractuscorticospinalis anterior nach kaudal.

Peripheres motorisches Neuron. Die Ganglienzellen der peripheren motorischen Neuro-ne liegen im Bereich der Hirnnervenkerne bzw. im Vorderhorn des Rückenmarks (motori-sche Vorderhorn-Ganglienzellen). Von letzteren verlaufen die Fasern des peripheren Neu-rons über die Vorderwurzeln, ggf. die Plexus sowie über die motorischen oder gemischtmotorisch-sensiblen peripheren Nerven bis zur motorischen Endplatte. Das periphere Neu-ron wird zusammen mit den von ihm versorgten Muskelfasern als motorische Einheit be-zeichnet.

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Die klinische Beurteilung von Störungen der Willkürmotorik erfordert die Be-rücksichtigung verschiedener Parameter (Tabelle 1.2).

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Tab. 1.2: Klinische Prüfung zur Erfassung von Störungen der Willkürmotorik

• Trophik• Tonus der Muskulatur• Positionsversuche• grobe Kraft• Feinmotorik• Eigenreflexe• Fremdreflexe• pathologische Reflexe• Faszikulationen

1.2.1 Trophik

Klinische Prüfung

Im Falle von Paresen ist zunächst die Muskulatur im Hinblick auf das möglicheVorliegen von Atrophien zu untersuchen. Ferner sind die Haut und die Haut-anhangsgebilde (Haare, Nägel) in Bezug auf allfällige trophische Störungen zuinspizieren. Schließlich ist auch auf allfällige vegetative Funktionsstörungen(betreffend Schweißsekretion, Piloarrektion, Vasomotorik) zu achten.

Störungen der Trophik

Zentrale Lähmungen. Im Falle einer Läsion zentraler motorischer Neuroneentwickeln sich meistens keine wesentlichen Atrophien im Bereich der pareti-schen Muskulatur.

Periphere Lähmungen. Bei Läsionen der peripheren motorischen Neurone imBereich einer einzelnen Nervenwurzel sind ebenfalls keine wesentlichen Mus-kelatrophien zu erwarten. Dagegen entstehen bei Läsionen peripherer motori-scher oder gemischt motorisch-sensibler Nerven innerhalb weniger Wochendeutliche Atrophien in der vom jeweiligen Nerven versorgten Muskulatur. Der-artige umschriebene Atrophien müssen allerdings von generalisierten Atrophienim höheren Lebensalter, bei Inaktivität, im Zusammenhang mit einer Kachexieoder im Rahmen von Erkrankungen der motorischen Vorderhorn-Ganglienzellenabgegrenzt werden. Bei Muskelatrophien, die schwerpunktmäßig nur in be-stimmten Körperabschnitten auftreten, sind differentialdiagnostisch auch Myo-pathien in Erwägung zu ziehen. In Zweifelsfällen muss eine EMG-Untersu-

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chung durchgeführt werden, um eine allfällige neurogene oder myogene Läsionals Ursache der Muskelatrophie nachzuweisen.Läsionen peripherer Nerven gehen jedoch auch mit trophischen Störungen derHaut (Ausbildung einer dünnen, pergamentartigen Haut, verzögerte Wundhei-lung, Begünstigung der Entstehung von Ulzerationen) und der Hautanhangsge-bilde wie Haare und Nägel (Wachstumsstörungen, erhöhte Brüchigkeit) einher.Weitere mögliche Folgen sind destruktive Schäden im Bereich der Gelenke.Läsionen sympathischer Fasern, die die peripheren gemischten (und sensiblen)Nerven begleiten, führen zu Störungen der Schweißsekretion und der Piloarrek-tion, evtl. auch zu einer Störung der Vasomotorik.

1.2.2 Tonus der Muskulatur

Der Tonus der Muskulatur (der Dehnungswiderstand des entspannten Muskels)wird durch mehrere übergeordnete Systeme beeinflusst und geregelt, u. a. durchdas motorische System (Pyramidenbahn), das extrapyramidal-motorische Sys-tem, das Kleinhirn und durch im Rückenmark gelegene Strukturen. Entspre-chend können Veränderungen im Sinne eines herabgesetzten bzw. gesteigertenTonus der Muskulatur durch Funktionsstörungen verschiedenster Systeme ver-ursacht werden.

Klinische Prüfung

Zur Prüfung des Tonus der Muskulatur wird der liegende Patient aufgefordert, sichzu entspannen, keine aktiven Bewegungen durchzuführen und den passiven Be-wegungen, die der Untersucher an den Extremitäten vornimmt, möglichst keinenWiderstand entgegenzusetzen. Der Untersucher bewegt dann die Gelenke der einzelnen Extremitäten und prüft den muskulären Widerstand. Dabei solltengrundsätzlich Bewegungen durchgeführt werden, die für den Patienten unerwartetkommen und nicht vorauszuahnen sind. Dies erreicht der Untersucher durch eineÄnderung des Tempos, der Richtung der Bewegung und/oder dadurch, dass er dieBewegung in zwei Gelenken gleichzeitig prüft (z. B. durch Beugen bzw. Streckenim Ellbogen mit zusätzlicher Supination oder Pronation und gleichzeitiges Beugenbzw. Strecken im Handgelenk mit zusätzlicher Ulnar- bzw. Radialduktion). BeimGesunden ist ein gleichmäßiger minimaler muskulärer Widerstand zu spüren.

Spastisch gesteigerter Tonus

Bei der klinischen Prüfung zeigt sich besonders zu Beginn der passiven Bewe-gung ein – von der Geschwindigkeit abhängiger – erhöhter Widerstand der Mus-kulatur. Je höher das Tempo der Bewegung, desto deutlicher ist der Widerstand

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infolge der Spastik spürbar. Im weiteren Bewegungsablauf lässt der Widerstandentweder allmählich oder aber ganz plötzlich nach. Im zuletzt genannten Fallkann die initial nur mühsam erreichte Bewegung schließlich ganz rasch zu Endegeführt werden („Taschenmesser-Phänomen“). Eine spastische Tonussteige-rung geht im Allgemeinen mit gesteigert auslösbaren Eigenreflexen und patho-logischen Reflexen („positiven Pyramidenzeichen“) einher.

Die Ursache einer spastischen Tonussteigerung ist eine Läsion des zentralenmotorischen Neurons (der Pyramidenbahn). Die Spastizität entwickelt sichmeistens in den ersten wenigen Tagen nach dem auslösenden Ereignis. Unilate-rale zentrale Läsionen führen üblicherweise zu einer spastischen Tonuserhöhungim Bereich der kontralateralen Extremitäten, wobei an der oberen Extremität derTonus der Beugemuskulatur und an der unteren Extremität der Tonus der Streck-muskulatur überwiegt. Beidseitige Läsionen im Bereich des Gehirns oder desHalsmarks verursachen eine spastische Tonussteigerung an allen vier Extremitä-ten („Tetraspastik“), beidseitige Läsionen im Bereich des Brustmarks (in denSegmenten D1-D10) eine spastische Tonussteigerung in den Beinen („Paraspa-stik“). Bei Läsionen unterhalb des Segments D10 entwickelt sich trotz Affektiondes zentralen Neurons keine spastische Tonussteigerung („pseudoschlaffer“ To-nus, s. u.).

Plastisch gesteigerter Tonus (Rigor)

Bei der klinischen Prüfung findet man einen zähen, wachsartigen, plastisch er-höhten Widerstand der Muskulatur, der im gesamten Ablauf der passiven Bewe-gung etwa konstant bleibt. Dieser Widerstand ist bei langsamen passiven Bewe-gungen am besten wahrzunehmen. In manchen Fällen kommt es zu einemwiederholten, plötzlichen, ruckartigen, „sakkadierten“ Nachlassen und Wieder-auftreten des Widerstandes, als ob immer wieder Zahnräder einrasten würden(„Zahnrad-Phänomen“). Betroffen sind nicht nur die Extremitäten, sondernauch die axiale Muskulatur, z. B. die Nackenmuskulatur. Beim „Head-drop-ping-Test“ (der Kopf des auf dem Rücken liegenden Patienten wird vom Unter-sucher von der Unterlage hochgehoben) wird die Kopfhaltung so lange beibe-halten („imaginäres Kopfkissen“), bis der Kopf allmählich auf die Unterlagezurücksinkt.

Als Ursachen eines Rigors kommen in erster Linie Erkrankungen des extrapy-ramidal-motorischen Systems in Frage.

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Schlaffer Tonus

Die klinische Prüfung ergibt einen herabgesetzten oder völlig fehlenden mus-kulären Widerstand gegen eine passive Bewegung. Die Eigenreflexe sind abge-schwächt bzw. nicht auslösbar, es finden sich keine pathologischen Reflexe(„Pyramidenzeichen“).

Die häufigste Ursache eines herabgesetzten, „schlaffen“ Tonus ist eine Läsiondes peripheren motorischen Neurons im Rahmen von Erkrankungen der Vorder-horn-Ganglienzellen des Rückenmarks, der Nervenwurzeln, der Plexus oder derperipherer Nerven. Differentialdiagnostisch sind jedoch auch ipsilateral gelege-ne Kleinhirn-Läsionen und Erkrankungen des extrapyramidal-motorischen Sys-tems (hyperkinetisch-hypotone Syndrome, z. B. Chorea Huntington) in Erwä-gung zu ziehen.

Pseudoschlaffer Tonus

Bei der klinischen Prüfung ist ein pseudoschlaffer Tonus von einem schlaffenTonus nicht zu unterscheiden, es findet sich ein fehlender muskulärer Wider-stand gegen eine passive Bewegung. Die Eigenreflexe sind abgeschwächt bzw.nicht auslösbar, allerdings sind pathologische Reflexe („Pyramidenzeichen“)nachweisbar.

Ursache eines pseudoschlaffen Tonus ist eine pseudoschlaffe Lähmung, die inden ersten Tagen bis Wochen nach der akuten Manifestation einer zerebralenoder spinalen Läsion, bei sehr umschriebenen Läsionen im Bereich der Pyrami-denbahn sowie bei sehr weit kaudal gelegenen Läsionen im Bereich des Rücken-marks beobachtet werden kann (vgl. 1.2.9 Charakteristika zentraler und peri-pherer Lähmungen).

1.2.3 Positionsversuche

Klinische Prüfung

Falls der Verdacht auf eine zentrale Parese besteht, wird der Vorhalteversuch derArme durchgeführt. Der Patient steht zunächst mit offenen Augen, die Füße pa-rallel aneinandergestellt, die Arme in Supinationshaltung horizontal vorge-streckt, wobei sich die ulnaren Handkanten nicht berühren dürfen. Dann wirdder Patient aufgefordert, die Augen zu schließen und die Position unverändertbeizubehalten.

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Zur Durchführung des Beinhalteversuchs liegt der Patient in Rückenlage, dieArme sind an den Körper angelegt. Dann wird er gebeten, die Beine so anzuhe-ben, dass sie im Hüftgelenk und im Kniegelenk etwa 90° gebeugt sind. DiesePosition ist beizubehalten, ohne dass die Beine einander berühren. Die Augensind geschlossen zu halten. Alternativ wird der in Bauchlage liegende Patient ge-beten, die Unterschenkel etwa 45° von der Unterlage anzuheben und in dieserPosition einige Sekunden lang zu halten.

Pathologische Muster bei den Positionsversuchen

Im Falle einer (latenten) zentralen Parese kommt es beim Vorhalteversuch derArme zu einem Absinken des kontralateralen Armes, zu einer geringgradigenBeugung im Ellbogengelenk, zu einer Pronation, zu einer Beugung im Hand-gelenk und zu einer Beugung der Finger. Die Haltung der Hand bzw. der Fingererinnert an einen Löffel, man spricht daher von einer „Spoonbildung“ („Spoo-ning“). Ein ähnliches Muster kann allerdings auch bei einer ipsilateralen Klein-hirnfunktionsstörung beobachtet werden, wobei die Arme dann eventuell etwaszur Seite der Läsion abweichen. Manche Patienten überkompensieren, sodassder Arm beim Positionsversuch sogar ansteigen kann (vgl. 1.5.2 Vorhalteversuchder Arme). Letztlich können auch periphere Lähmungen zu einem Absinken des(ipsilateralen) Armes beim Vorhalteversuch führen. Bei Patienten mit einer My-asthenia gravis kann es u. U. zu einem Absinken beider Arme kommen.Im Falle einer (latenten) zentralen Parese kommt es beim Beinhalteversuch zueinem allmählichen Absinken des kontralateralen Beins. Bei peripheren Läh-mungen kann das (ipsilaterale) Bein evtl. ebenfalls absinken.Bei der Beurteilung der Positionsversuche sind allfällige primäre Haltungs-anomalien (z. B. nach Frakturen, schmerzbedingt, etc.) zu berücksichtigen.

1.2.4 Grobe Kraft

Klinische Prüfung

Bei der Prüfung der groben Kraft ist vor allem auf Seitenunterschiede sowie aufauffallende Unterschiede der Kraft innerhalb einer Extremität zu achten. Der Pa-tient wird aufgefordert, einzelne Muskelgruppen zu innervieren, die Prüfung derKraft erfolgt jeweils gegen den Widerstand des Untersuchers. Es sollten immernur Funktionen geprüft werden, die ein einzelnes Gelenk betreffen.Die Graduierung motorischer Ausfälle wird im Allgemeinen gemäß der vomBritish Medical Research Council empfohlenen Skala vorgenommen (Tabel-le 1.3).

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Beeinträchtigung der groben Kraft

Im Falle einer Lähmung liegt ein Kraftdefizit vor. Bei nur unvollständigen Lähmungen im Bereich umschriebener Körperabschnitte spricht man von einer„Parese“, bei vollständigen (kompletten) Lähmungen von einer „Plegie“. EineLähmung im Bereich einer einzigen Extremität wird als „Monoparese“/„Mo-noplegie“, eine Lähmung im Bereich des Armes und des Beins der gleichen Sei-te als „Hemiparese“/„Hemiplegie“, eine Lähmung im Bereich beider Beine als„Paraparese“/„Paraplegie“ und eine Lähmung aller vier Extremitäten als „Te-traparese“/„Tetraplegie“ („Quadruparese“/„Quadruplegie“) bezeichnet.

1.2.5 Feinmotorik

Klinische Prüfung

Der Patient wird aufgefordert, die Finger beidseits rasch zu bewegen („Klavierzu spielen“). Alternativ wird geprüft, ob der Patient imstande ist, rasch und pro-blemlos mit dem Daumen die Fingerspitzen der anderen Finger (vom II. bis zumV. Finger) nacheinander abzutasten.

Beeinträchtigung der Feinmotorik

Beeinträchtigungen der Feinmotorik treten im Rahmen zentraler wie auch peri-pherer Lähmungen auf, desgleichen bei Kleinhirnfunktionsstörungen und beiextrapyramidalen Funktionsstörungen.

1.2.6 Physiologische Reflexe

Beim gesunden erwachsenen Menschen sind zahlreiche Reflexe auslösbar, diesomit als physiologische Reflexe gelten dürfen. Andere Reflexe sind nur dannauszulösen, wenn sich Funktionsstörungen wichtiger Systeme bzw. Erkrankun-

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Tab. 1.3: Graduierung motorischer Ausfälle

Kraftgrad (KG) 0: keine MuskelaktivitätKG 1: sichtbare Kontraktionen ohne BewegungseffektKG 2: Bewegung des Extremitätenabschnitts nur unter Ausschaltung der Schwer-

kraft möglichKG 3: Bewegung gegen die Schwerkraft möglichKG 4: Bewegung gegen mäßigen Widerstand möglichKG 5: unauffällige Kraftverhältnisse

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gen manifestiert haben, sie werden daher als pathologische Reflexe bezeichnet.Dabei handelt es sich in erster Linie um Reflexe, die im Zusammenhang mit Lä-sionen des zentralen motorischen Neurons (Pyramidenbahn) auftreten (vgl. 1.2.7Pathologische Reflexe, „Pyramidenbahnzeichen“). Letztlich ist auch noch eineGruppe von Reflexen zu erwähnen, die beim Neugeborenen bzw. beim Kleinst-kind physiologischerweise vorhanden sind, beim gesunden Erwachsenen aberunterdrückt und damit nicht auslösbar sind. Im Zusammenhang mit diffusen,insbesondere auch frontalen Läsionen sind derartige Reflexe auch im Erwachse-nenalter nachweisbar (vgl. 1.12 Primitivreflexe, „Frontalzeichen“).

Grundsätzlich werden Eigen- und Fremdreflexe unterschieden.

Eigenreflexe (Muskeleigenreflexe) sind dadurch gekennzeichnet, dass das gereizte Or-gan und das Erfolgsorgan identisch sind (der Muskel). Ausgelöst wird der Eigenreflex durcheinen Schlag mit dem Reflexhammer auf die Sehne des Muskels (bzw. ausnahmsweise aufden Knochen, an dem der Muskel ansetzt). Dadurch kommt es zu einer kurzen, abruptenDehnung der Sehne und des Muskels und damit zu einer Reizung der Dehnungsre-zeptoren. Diese Information wird über sensible Nervenfasern (afferenter Schenkel des Re-flexbogens) umgehend an das Rückenmark weitergeleitet. Dort erfolgt mono- oder oligo-segmental eine Weitergabe der Information an die entsprechenden motorischen Vorder-horn-Ganglienzellen. Diese geben umgehend Impulse an das periphere motorische Neuron(efferenter Schenkel des Reflexbogens) ab, die über die motorischen Endplatten an denentsprechenden Muskel weitergeleitet werden. Endergebnis ist eine reflektorische Kontrak-tion des Muskels. Analog erfolgt die Reizleitung beim Masseter-Reflex, dem einzigen Ei-genreflex im Hirnnerven-Bereich, über entsprechende Schaltstellen im Hirnstamm und denmotorischen Trigeminus-Kernen. Bei wiederholter Prüfung kommt es zu keiner Ermüdung.Die Eigenreflexe werden über pyramidale und extrapyramidale Einflüsse moduliert. Vonzentral her wird primär ein hemmender Einfluss ausgeübt. Bei Läsionen des zentralen mo-torischen Neurons (Pyramidenbahn) kommt es daher zu einer Steigerung der Eigenreflexe.Dagegen führen Läsionen des peripheren motorischen Neurons zu einer Abschwächungoder zu einem Ausfall der Eigenreflexe.

Fremdreflexe sind dadurch ausgezeichnet, dass das gereizte Organ (meistens taktile Rezeptoren in der Haut) und das Erfolgsorgan (quergestreifter oder glatter Muskel) nichtidentisch sind. Nach Eintreffen der Information über den afferenten Schenkel des Reflex-bogens (sensible periphere Nervenfasern) im Rückenmark (bzw. im Falle von Hirnstamm-Reflexen an den zentralen Schaltstellen im Gehirn) werden dort polysynaptisch mehrerebenachbarte Segmente bzw. Regionen involviert, die Reizantwort erfolgt auf dem Weg überden efferenten Schenkel des Reflexbogens. Das Ausmaß der Reaktion steht in direkter Be-ziehung zur Reizstärke. Bei wiederholter Prüfung kommt es zur Ermüdung des Reflexes.Auch die Fremdreflexe werden über absteigende motorische Bahnen von zentral her be-einflusst, allerdings im Sinne einer Bahnung (Förderung). Bei Läsionen des zentralen mo-torischen Neurons (Pyramidenbahn) kommt es daher – ebenso wie bei Läsionen des peri-pheren Neurons – zu einer Abschwächung bzw. zu einem Ausfall.

Grundlagen der Beurteilung

Es gibt große interindividuelle Unterschiede in Bezug auf die Lebhaftigkeit derReflexe (das Ausmaß der Antworten auf entsprechende Reize). So sind z. B. dieMuskeleigenreflexe bei manchen Menschen kaum oder gar nicht auslösbar, ohne

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dass dem pathologische Bedeutung zukommen muss. Auch zwischen dem Re-flexverhalten an den oberen Extremitäten und jenem an den unteren Extremitä-ten können im physiologischen Rahmen erhebliche Unterschiede bestehen. Eineeindeutige Seitendifferenz der Reflexantworten ist als pathologisch zu bewerten,desgleichen z. B. ein einzelner eindeutig abgeschwächt oder nicht auslösbarerReflex bei ansonsten durchschnittlich lebhaftem Reflexverhalten.Die Ergebnisse der Reflexprüfung können nicht nur durch eine inadäquate Un-tersuchungstechnik, sondern auch durch eine mangelnde Entspannung des Pati-enten verfälscht werden. Um dies zu umgehen, müssen manchmal Tricks zur An-wendung kommen, mit Hilfe derer der Patient abgelenkt wird. So kann man z. B.den Patienten auffordern, bewusst die Zähne aufeinander zu beißen, den Kopf imNacken zu heben oder die verschränkten Hände auseinander zu ziehen (Jendras-sik-Handgriff). Alternativ kann man den Patienten veranlassen, eine Plantarflexi-on des Fußes vorzunehmen. Solche Maßnahmen werden – wie auch eine verba-le Ablenkung – unter dem Begriff „Bahnungsmanöver“ zusammengefasst.Die Beurteilung der Reflexe erfolgt semiquantitativ, wobei eine subjektive Be-wertung des Untersuchers mit einfließt. Der verwendeten Nomenklatur kommtdamit wesentliche Bedeutung zu (Tabelle 1.4).

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Tab. 1.4: Nomenklatur im Zusammenhang mit der Beurteilung der Auslösbarkeit vonReflexen

Normvarianten pathologische Befundeklonisch

sehr lebhaft subklonischlebhaft deutlich gesteigerteher lebhaft gesteigertmittellebhafteher schwach abgeschwächtschwach deutlich abgeschwächtsehr schwach fehlend

Es kann also vorkommen, dass ein und derselbe Reflex bei ein und demselbenPatienten von einem Untersucher als „eher lebhaft“ und von einem anderen Un-tersucher als „gesteigert“ bezeichnet wird, je nachdem, ob das Reflexverhaltenals Normvariante (im Rahmen der altersentsprechenden Normbreite) oder alspathologisches Reflexverhalten aufgefasst wird. Subklonisch gesteigerte Refle-xe (mehrere Muskelkontraktionen als Antwort auf einen einzigen Reiz) entspre-chen meistens, aber nicht obligatorisch, einem pathologischen Reflexverhalten.Gleiches gilt für deutlich erweiterte reflexogene Zonen (das Areal, von dem derReflex auslösbar ist, ist deutlich vergrößert). Klonisch gesteigerte Reflexe (zahl-reiche Muskelkontraktionen als Folge eines einzelnen Reizes) sind immer als

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pathologisch aufzufassen, vor allem dann, wenn es sich um einen nicht er-schöpfbaren Klonus handelt.

Eigenreflexe

Im Folgenden werden die wichtigsten spinalen Eigenreflexe angeführt. DerMasseter-Reflex wird an anderer Stelle (vgl. 3 Hirnnerven-Läsionen) abgehan-delt. Die Bezeichnung der Eigenreflexe richtet sich entweder nach der Lokalisa-tion der Auslösung oder nach dem im Reflexbogen integrierten Muskel.

Bizepssehnenreflex (BSR; M. biceps brachii-Reflex). Die Prüfung erfolgt amsitzenden oder liegenden Patienten, dessen Arm sich im Ellbogengelenk in Mit-telstellung zwischen maximaler Beugung und maximaler Streckung befindet,der Unterarm in Pronationsstellung bzw. in Mittelstellung zwischen Supinationund Phonation. Der Reflex wird durch einen Schlag auf den eigenen Daumenausgelöst, der auf der Sehne des M. biceps brachii liegt. Der Reflexbogen be-zieht die Wurzeln C5 und C6 sowie den N. musculocutaneus mit ein. Die Ant-wort auf den Reiz besteht in einer Beugung im Ellbogengelenk.

Radiusperiostreflex (RPR; M. brachioradialis-Reflex). Bei unveränderterHaltung des Patienten wird der Reflex durch einen Schlag auf einen der eigenenFinger ausgelöst, der dem distalen Drittel des Radius des Patienten aufliegt. DerReflexbogen bezieht ebenfalls die Wurzeln C5 und C6 mit ein. Die Antwort aufden Reiz besteht in einer Beugung im Ellbogengelenk.

Trizepssehnenreflex (TSR; M. triceps brachii-Reflex). Bei unveränderterHaltung des Patienten wird der Reflex durch einen Schlag auf die Sehne des M.triceps brachii knapp oberhalb des Olekranon ausgelöst. Alternativ kann der Un-tersucher den Unterarm des Patienten auf seinen eigenen Unterarm legen undden Schlag auf die Sehne des M. triceps brachii führen. Manche Untersucherhalten den Oberarm des Patienten in Abduktionsstellung fest, sodass der Unter-arm des Patienten passiv nach unten hängt, und lösen dann der Reflex durch ei-nen Schlag auf die Sehne des M. triceps brachii aus. Der Reflexbogen bezieht inerster Linie die Segmente C7 und C8 sowie den N. radialis mit ein. Die Antwortauf den Reiz besteht in einer Streckung im Ellbogengelenk.

Knips-Reflex. Der Patient hält dem Untersucher seine entspannt nach untenhängende Hand in Pronationsstellung entgegen. Der Untersucher hält das End-glied des III. Fingers des Patienten zwischen dem eigenen II. und III. Finger festund gleitet mit dem eigenen Daumennagel unter Ausübung von Druck raschüber den Nagel des III. Fingers des Patienten (von proximal nach distal). Die

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Antwort auf den Reiz besteht in einer Beugebewegung der Finger I–V und in einer Adduktion des Daumens.Bei den meisten klinisch Gesunden ist kein Knips-Reflex auslösbar. Aber auchein „positiver Knips“ ist nicht als Pyramidenzeichen zu werten. Besonders beijungen, schlanken, gesunden Frauen ist ein Knips-Reflex relativ oft nachweis-bar. Andererseits ist z. B. bei älteren, adipösen Männern ein „positiver Knips“eher nicht zu erwarten. Entscheidend für die Bewertung eines „positiven Knips“sind die allgemeine Reflex-Erregbarkeit, eine allfällige Seitendifferenz sowiedas allfällige Vorhandensein von Pyramidenzeichen (vgl. 1.2.7 PathologischeReflexe, „Pyramidenbahnzeichen“).

Trömner-Reflex. Der Patient hält dem Untersucher die Hand wie bei der Prüfungdes Knips-Reflexes entgegen. Der Untersucher bringt die Hand des Patienten ineine mäßiggradige Dorsalextensions-Stellung und schlägt mit den eigenen vola-ren Fingerkuppen II–V gegen die volaren Fingerkuppen II–V des Patienten. DerReflexbogen zieht in erster Linie die Segmente C7 und C8 mit ein. Die Antwortauf den Reiz besteht in einer Beugung der Fingerendglieder I–V.Bei den meisten klinisch Gesunden ist der Trömner-Reflex nicht auslösbar. Aberauch ein allfällig „positiver Trömner“ ist nicht als Pyramidenzeichen zu werten.

Patellarsehnenreflex (PSR; M. quadriceps femoris-Reflex). Die Prüfung er-folgt meistens beim entspannt am Rücken liegenden Patienten, der die Arme ne-ben seinen Körper gelegt hat. Der Untersucher hebt eines der Beine des Patien-ten im Knie an, sodass dieses Bein im Hüftgelenk etwa 30° gebeugt und imKniegelenk ebenfalls gebeugt ist, die Ferse des Patienten liegt auf der Unterlageauf. Alternativ kann der Untersucher auch – zum besseren Seitenvergleich – bei-de Beine des Patienten gleichzeitig in der beschriebenen Lage halten. Der Re-flex wird durch einen Schlag auf die Patellarsehne ausgelöst. Der Reflexbogenbezieht in erster Linie die Wurzeln L3 und L4 sowie den N. femoralis mit ein.Die Antwort auf den Reiz besteht in einer Streckung im Kniegelenk.Zur Prüfung, ob ein Patellarsehnen-Klonus vorliegt, umfasst der Untersucherbeim Patienten in entspannter Rückenlage die Patella mit den Fingern von rechtsund links, schiebt die Patella ruckartig nach distal und hält sie dort fest. Im Falle eines Klonus kommt es zu rhythmischen Kontraktionen des M. quadriceps femoris und zu rhythmischen Auf- und Abbewegungen der Patella.

Achillessehnenreflex (ASR; M. triceps surae-Reflex). Auch der ASR wirdmeistens beim entspannt am Rücken liegenden Patienten, der die Arme nebenseinen Körper gelegt hat, geprüft. Der Untersucher legt den Unterschenkel desBeins, an dem die Prüfung vorgenommen werden soll, schräg über den Unter-schenkel des anderen Beins. Dann bringt der Untersucher durch Druck auf die

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Fußsohle das Sprunggelenk in eine Mittelstellung zwischen Dorsalextension undPlantarflexion (etwa 90°) und hält den Vorfuß in dieser Position vorsichtig fest.Der Reflex wird mit dem in der anderen Hand befindlichen Reflexhammer durcheinen Schlag auf die Achillessehne ausgelöst. Alternativ kann der Reflex auchbeim entspannt knienden Patienten geprüft werden. Der Reflexbogen bezieht inerster Linie die Wurzel S1 und den N. tibialis mit ein. Die Antwort auf den Reizbesteht in einer Plantarflexion des Vorfußes.Zur Prüfung, ob ein Achillessehnen-Klonus (Fuß-Klonus) vorliegt, drückt derUntersucher ruckartig auf die Fußsohle des Patienten und hält diesen Druckdann ununterbrochen aufrecht. Im Falle eines Klonus kommt es zu rhythmischenKontraktionen im Bereich des M. triceps surae und zu rhythmischen Plantarfle-xions- und Dorsalextensions-Bewegungen des Vorfußes.

Rossolimo-Reflex. Der Patient befindet sich in entspannter Rückenlage. DerUntersucher schlägt mit den eigenen volaren Fingerkuppen II-V gegen die plan-taren Zehenkuppen II-V des Patienten. Die Antwort auf den Reiz besteht in einer Beugung der Zehenendglieder I-V.Ein „positiver Rossolimo“ ist wie ein „positiver Knips“ nicht als Pyramidenzei-chen zu werten.

Fremdreflexe

Im Folgenden werden nur die wichtigsten spinalen Fremdreflexe angeführt. DieFremdreflexe im Hirnnervenbereich werden an anderer Stelle (vgl. 3 Hirnner-ven-Läsionen) beschrieben.

Bauchhautreflexe (BHR). Die Prüfung erfolgt beim entspannt am Rücken lie-genden Patienten, der die Arme neben seinen Körper gelegt hat. Das Auslösender Reflexe erfolgt z. B. mit Hilfe eines abgebrochenen Stieltupfers, mit dem derUntersucher rasch von lateral nach medial über die Bauchhaut streicht. Die Re-flexe werden üblicherweise rechts und links knapp unterhalb des Rippenbogens(obere Etage), in Nabelhöhe (mittlere Etage) sowie knapp oberhalb des Leisten-bandes (untere Etage) geprüft. Die Reflexbögen beziehen die Wurzeln D6–D12ein, wobei die oberen BHR in erster Linie über die Wurzeln D8, die mittlerenBHR in erster Linie über die Wurzeln D10 und die unteren BHR in erster Linieüber die Wurzeln D12 vermittelt werden. Die Antwort auf den Reiz besteht in ei-ner sichtbaren Kontraktion der Bauchmuskulatur, die im betreffenden Segmentbesonders ausgeprägt ist.Die Aussagekraft der BHR hängt auch von der Körperkonstitution ab. Bei adipö-sen Individuen wie auch bei Personen mit sehr schlaffen Bauchdecken sind dieBHR oft nicht auslösbar, ohne dass dem pathologische Bedeutung zukäme. Eine

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einseitige Abschwächung bzw. ein einseitiges Fehlen der BHR trotz strafferBauchdecken spricht für eine Läsion des ipsilateralen zentralen motorischenNeurons (Pyramidenbahn), eine beidseitige Abschwächung bzw. ein beidseitigesFehlen für eine beidseitige Läsion der Pyramidenbahn (oft bei Multipler Sklero-se). Mit Hilfe der BHR ist es manchmal auch möglich, das Niveau einer allfäl-ligen Querschnittsläsion einzugrenzen.Neben den BHR können auch die Bauchdeckenreflexe (BDR) geprüft werden,die allerdings Eigenreflexen entsprechen. Ein Beklopfen des eigenen, auf dieBauchdecke (Bauchmuskulatur) des Patienten gelegten Fingers mit dem Reflex-hammer führt zu einer reflektorischen Kontraktion der Bauchmuskulatur.

Cremaster-Reflex. Die Prüfung erfolgt beim entspannt am Rücken liegendenPatienten. Das Auslösen des Reflexes erfolgt durch ein kräftiges Bestreichen derHaut an der Innenseite des proximalen Oberschenkels, z. B. mit einem abgebro-chenen Stieltupfer, oder durch Zwicken in eine Hautfalte dieser Region. Der Reflexbogen bezieht die Wurzeln L1 und L2 sowie den R. genitalis des N. geni-tofemoralis mit ein. Als Antwort auf den Reiz kommt es zu einem reflektori-schen Anheben des ipsilateralen Hodens.Ein einseitig abgeschwächter oder fehlender Cremaster-Reflex spricht für eineLäsion des zentralen motorischen Neurons (Pyramidenbahn), sofern periphereUrsachen auszuschließen sind.

Anal-Reflex. Die Prüfung erfolgt beim Patienten in Seitenlage, dessen Beine imHüftgelenk und im Kniegelenk etwas gebeugt sind. Das Auslösen des Reflexeserfolgt durch ein Bestreichen der perianalen Region, z. B. mit einem abgebro-chenen Stieltupfer. Der Reflexbogen bezieht die Segmente S3–S5 sowie den N.pudendus mit ein. Als Antwort auf den Reiz kommt es zu einer sichtbaren Kon-traktion des M. sphincter ani externus.Ein einseitig abgeschwächter oder fehlender Anal-Reflex spricht für eine Läsiondes zentralen motorischen Neurons (Pyramidenbahn), sofern periphere Ursa-chen auszuschließen sind.

1.2.7 Pathologische Reflexe, „Pyramidenbahnzeichen“

Die im Folgenden angeführten wichtigsten „pathologischen Reflexe“ sind beimNeugeborenen bzw. beim Kleinstkind physiologischerweise auslösbar, nichtaber beim gesunden Erwachsenen. Pathologische Reflexe bei Erwachsenen wei-sen auf eine Läsion des zentralen motorischen Neurons (Pyramidenbahn) hin.Sie werden daher auch „Pyramidenbahnzeichen“ bzw. „Pyramidenzeichen“ ge-nannt. Bei den pathologischen Reflexen handelt sich durchwegs um Fremd-reflexe.

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Die Reflexe werden beim entspannt am Rücken liegenden Patienten, der dieArme neben seinen Körper gelegt hat, geprüft. Die Auslösung der jeweiligen Re-flexe erfolgt unterschiedlich, die Antwort auf die Reize ist jedoch immer diegleiche.

Babinski-Reflex. Der Reflex wird durch ein langsames, kräftiges Bestreichender lateralen Fußsohle von der Ferse bis zum Kleinzehenballen und von dortweiter in Richtung Großzehenballen, z. B. mit dem Daumennagel des Unter-suchers oder mit dem zugespitzten Ende des Reflexhammers, ausgelöst. BeimGesunden kommt es zu einer tonischen Plantarflexion aller Zehen („Babinskinegativ“). Bei einer geringgradigen Funktionsstörung im Bereich der Pyrami-denbahn kommt es häufig zum Phänomen der „stummen Sohle“: die physiolo-gische Reaktion bleibt aus, es sind aber auch keine zusätzlichen Reaktionen zubeobachten. Bei deutlicher ausgeprägter Funktionsstörung im Bereich der Pyra-midenbahn kommt es zu einem Spreizen der Zehen („Spreizen bei Babinski-Prüfung“). Bei gravierender Läsion der Pyramidenbahn kann das klassische Babinski-Phänomen ausgelöst werden („Babinski positiv“): es kommt zu einertonischen Dorsalextension der Großzehe, die über den Einfluss des Reizes hin-aus bestehen bleibt, und zusätzlich zu einem deutlichen Spreizen der Zehen.Eine flüchtige, rasch spontan reversible Dorsalextension der Großzehe bei be-sonders empfindlichen Personen ist nicht als pathologisch zu werten.

Oppenheim-Reflex. Um den Reflex auszulösen, legt der Untersucher z. B. dieKnöchel seines II. und III. Fingers unmittelbar unterhalb der Tuberositas tibiaean die vordere Tibiakante des Patienten und bewegt die Fingerknöchel dann un-ter laufender Druckeinwirkung entlang der vorderen Tibiakante nach distal. DieAntworten auf den Reiz entsprechen jenen bei Prüfung des Babinski-Reflexes.Die Reflexprüfung ist für den Patienten schmerzhaft und sollte im Falle von tro-phischen Veränderungen der Haut unterbleiben (Verletzungsgefahr). Geeignet istdiese Form der Reflexprüfung vor allem für Patienten, die das Bestreichen derFußsohle im Rahmen der Babinski-Prüfung nicht tolerieren (starkes Kitzelgefühl).

Neben dem Babinski- und Oppenheim-Reflex sind noch einige weitere patholo-gische Reflexe beschrieben (z. B. Gordon-Reflex, Chaddock-Reflex), die sichdurch unterschiedliche Auslöse-Mechanismen unterscheiden; die Reaktionensind jedoch mit jenen bei Prüfung des Babinski-Reflexes identisch.

Strümpell-Zeichen. Die Prüfung erfolgt, indem der in Rückenlage befindliche Patient ver-sucht, sein Knie gegen den kräftigen Widerstand des Untersuchers nach oben zu drücken.Die Antwort auf den Reiz entspricht jener bei Prüfung des Babinski-Reflexes.Das Strümpell-Zeichen entspricht allerdings keinem pathologischen Reflex und ist auch beigesunden Erwachsenen häufig auslösbar.

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