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Kompensation von LS bei Kindern mit überwundenen USES, die phonologische Ebene betreffen Carola D. Schnitzler, MSc (GB) Universität Potsdam Humanwissenschaftliche Fakultät Profilbereich Bildungswissenschaften Grundschulpädagogik Deutsch ISES VIII in München, 22.11.2014 7. Sym p o sio n „Gedacht – Gelernt“ von Logopädie Austria in Salzburg, 07.03.2015

Kompensation von LS bei Kindern mit überwundenen … · LS-Risiko bei phonologischen Aussprachestörungen D Carola Schnitzler 3 Universität Potsdam • Bei deutschsprachigen Kindern

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Kompensation von LS

bei Kindern mit überwundenen

USES, die phonologische Ebene

betreffen

Carola D. Schnitzler, MSc (GB)

Universität Potsdam

Humanwissenschaftliche Fakultät

Profilbereich Bildungswissenschaften

Grundschulpädagogik Deutsch

ISES VIII in Münc hen, 22.11.2014

7. Symposion „ Gedac ht – Gelernt“ von Logopäd ie

Austria in Sa lzburg , 07.03.2015

LS-Risiko bei im Vorschulalter

überwundenen phonologischen

Aussprachestörungen

2 Carola Schnitzler Universität Potsdam

• Den Ausgangspunkt für LS bilden in den meisten Fällen vorschulische USES (Muter, 2003).

• USES, die die phonologische Ebene betreffen, also phonologische Aussprachestörungen, können als frühe Anzeichen potenzieller LS verstanden werden (Larrivée & Catts, 1999).

LS-Risiko bei phonologischen

Aussprachestörungen D

3 Carola Schnitzler Universität Potsdam

• Bei deutschsprachigen Kindern mit im Vorschulalter überwundenen phonologischen Aussprachestörungen lassen sich tendenziell häufiger Leseschwierigkeiten (LS) beobachten als in der Vergleichsgruppe:

• bei primären phonologischen Aussprachestörungen mit zusätzlichen USES auf nicht-phonologischen Ebenen (Aussprache+, N = 16): 44 %

• bei isolierten phonologischen Aussprachestörungen (Aussprache, N = 32): 34 %

• in der Vergleichsgruppe (Vergleich, N = 48): 17 %

Schnitzler (im Druck)

Modifikation des LRS-Risikos =>

Variabilität des LR-Lernerfolgs

4 Carola Schnitzler Universität Potsdam

Interaktion

Sprach-fähigkeiten

Inter-vention

Kompen-sation

LR-Lernerfolg

LRS

RS

kLRS

vorschul.

phAS

LRS-Risiko

Snowling, Gallagher & Frith (2003), Muter (2003)

Fazilitierende Effekte: leichtere

Worterkennung (Lesen)

5 Carola Schnitzler Universität Potsdam

• Wortüberlegenheitseffekt: • Bekannte Wörter werden leichter erkannt als unbekannte

Wörter: • Häufige Realwörter > wortunähnliche Pseudowörter;

• Indikator für einen strukturierten, phonlogisch fundierten Sichtwortschatz bzw. direktes Worterkennen beim Lesen.

• Kontexteffekt: • Wörter werden leichter erkannt, wenn sie aufgrund des

Kontextes vorhergesagt werden können: • Wörter im Text > nicht zusammenhängende Wörter in einer Liste;

• Indikator für eine erfolgreiche Worterkennung unabhängig vom alphabetischen, lautorientierten Erlesen.

Methoden:

Probanden-/Vergleichsgruppen

6 Carola Schnitzler Universität Potsdam

Aussprache+ (N = 16)

Aussprache (N = 32)

Vergleich (N = 48)

Alter

8;2 (1;2)

8;3 (1;0)

Schulstufe 1/2/3/4

6/7/3/0

15/12/2/3

21/19/5/3

Jungen/Mädchen

11/5

22/10

33/15

Verzög./kons. Stör./ inkons. Stör.

5/6/5

10/22/0

n. spez.

Methoden:

Verfahren

7 Carola Schnitzler Universität Potsdam

Salzburger Lese- und Rechtschreibtest, SLRT (Landerl, Wimmer & Moser 2006)

• Lesetest (SLT):

• Lautes Lesen (schnell und möglichst ohne Fehler) • Häufige Wörter

• Text

• Wortunähnliche Pseudowörter

• Auswertung: • Lesegenauigkeit (Wortfehler/Abschnitt)

• Lesegeschwindigkeit (Sekunden/Wort)

Wortüberlegenheitseffekte:

Häufige Wörter vs.

Wortunähnliche Pseudowörter

8 Carola Schnitzler Universität Potsdam

Fehler Zeit

Aussprache+ (N = 12)

W = -1,69* p < 0,05

r = -0,49 (M)

W = -3,10*** p < 0,001

r = -0,88 (L)

Aussprache (N = 29)

W = -0,93 p = 0,18, n.s. r = -0,17 (S)

W = -4,22*** p < 0,001

r = -0,78 (L)

Vergleich (N = 48)

W = -7,59*** p < 0,001

r = -0,60 (L)

W = -6,03*** p < 0,001

r = -0,87 (L)

Diskussion:

Wortüberlegenheitseffekte

9 Carola Schnitzler Universität Potsdam

• Wortüberlegenheitseffekte hins. Lesegenauigkeit bestanden nicht in der Aussprache-Gruppe:

• Bekannte orthographische Wortformen werden schneller gelesen als unbekannte, aber nicht genauer.

• => Alphabetische Strategie mit GPK-Problemen

• Wortüberlegenheitseffekte waren in der Aussprache+-Gruppe zu beobachten:

• Bekannte orthographische Wortformen werden genauer und schneller gelesen als unbekannte.

• => Direktes, lexikalisches Lesen?

• Kinder in der Aussprache+-Gruppe zeigten tendenziell mehr Lexikalisierungen beim Lesen von Pseudowörtern als Kinder in der Aussprache-Gruppe.

• => Eher direktes, logographisches Lesen in der Aussprache+-Gruppe!

Kontexteffekte:

Text vs. Häufige Wörter

10 Carola Schnitzler Universität Potsdam

Fehler Zeit

Aussprache+ W = -1,58 p < 0,06, n.s. r = -0,45 (M)

W = -1,78* p < 0,05

r = -0,51 (L)

Aussprache W = -3,53*** p = 0,001

r = -0,65 (L)

W = -3,80*** p < 0,001

r = -0,70 (L)

Vergleich W = -2,58** p < 0,01

r = -0,37 (M)

W = -4,09*** p < 0,001

r = -0,59 (L)

Diskussion: Kontexteffekte

11 Carola Schnitzler Universität Potsdam

• Kontexteffekte bestanden bei Kindern in der Aussprache-Gruppe:

• Wörter werden im Kontext genauer und flüssiger gelesen, (problematische) alphabetische Strategie beeinträchtigt hier weniger die Lesegenauigkeit;

• => erfolgreiche Kompensation?

• Kontexteffekte hinsichtlich Lesegenauigkeit bestanden nicht bei Kindern in der Aussprache+-Gruppe:

• Wörter werden im Kontext zwar flüssiger gelesen, aber nicht genauer; • => keine Kompensation:?

• Kinder der Aussprache-Gruppe unterscheiden sich nicht signifikant von der Vergleichsgruppe hinsichtlich der Lesegenauigkeit beim Textlesen. => Kompensation

• Kinder der Aussprache+-Gruppe erreichen beim Textlesen signifikant schlechtere schulaltersspezifische Leistungen hinsichtlich der Lesegenauigkeit als die Vergleichsgruppe. => Kompensation

Fazit: Lesestrategien in den

Gruppen

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• Aussprache+ => eher logographisches Worterkennen mit visuellen und phonologischen Hinweisreizen: • alphabetische Strategie unzureichend erworben, +phonologisches Defizit phonologisch basierte LS; • Nutzung einer kompensatorischen Ratelesestrategie,

bedingt erfolgreiche Kompensation der LS.

• Aussprache => eher alphabetisches, lautorientiertes Erlesen – wenn auch mit GPK-Fehlern: • alphabetische Strategie verzögert bzw. eingeschränkt

erworben, kein phonologisches Defizit; • Nutzung des Kontextes, erfolgreiche Kompensation der LS:

• Ressourcen auf den nicht-phonologischen sprachlichen Ebenen (Semantik, Syntax) werden für den weiteren Erwerb des Lesens genutzt (cf. Snowling et al., 2000).

Erweitertes trianguläres Modell

(Bishop & Snowling, 2004)

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Semantik

Phonologie Orthographie

Semantik

Diskurs Grammatik

KONTEXT

Aussprache+

Aussprache

Diagnostik Phonologische Sprachverarbeitungsfähigkeiten Lesefertigkeiten: alphabetische Strategie

PhB PhB

AS => LogoS AS => AS+Kontext

Maßnahmen Prävention Intervention

Prävention Förderung

PhB (Phonem-Ebene)

Spezifische Maßnahmen: Erwerb und Anwenden des alphabetischen, lautorientierten Erlesens => Basis für die Entwicklung der Worterkennungs-fähigkeiten

Unspezifische Leseförderung: Leseangebote => Weiterentwicklung der Worterkennungs-fähigkeiten

Fazit: Praxis

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Schlusswort

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„Most reading problems […] have their origins in pre-school spoken language deficits…

…means that early identification, intervention and even prevention have now become real possibilities.“

Valerie Muter (2003, 114)

[email protected]

Zugehörige Publikationen:

Schnitzler, C. (2014): LRS bei Kindern mit überwundenen phonologischen Aussprachestörungen. Logos 22 (4), 254-264.

Schnitzler, C. D. (im Druck): Schriftsprache und phonologische Verarbeitung bei Grundschulkindern mit im Vorschulalter überwundenen phonologischen

Aussprachestörungen. Sprache-Stimme-Gehör 39(1).

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