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Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns 1/2015 Spürfuchs ABC kompakt Weltweit erlangte vor allem eine Varian- te des Radpanzers Fuchs Berühmtheit: der zur Aufklärung atomarer, biologi- scher und chemischer Kampfstoffe ausge- legte „ABC-Spürfuchs“ (siehe Seiten 10 + 11). Foto: PM Images oho Düsseldorf/Rom. Ein wichtiger Schritt für die Sicherheit in der inter- nationalen Luftfahrt: Das von Rhein- metall entwickelte Fremdkörperde- tektionssystem DEB-RA kann nun im Rahmen des Airport Improvement Programs der US-Bundesluftfahrtbe- hörde FAA beschafft werden. Die FAA hat kürzlich eine Sondergenehmigung zur Beschaffung des derzeit welt- weit fortschrittlichsten Systems zur Entdeckung von Fremdkörpern und Trümmerteilen auf Flughafenanlagen erteilt. Luigi Magliocchi, Geschäfts- führer der Rheinmetall Defence Italia: „Dies gibt uns die Möglichkeit, unser weltweit führendes Fremdkörper-De- tektionssystem jetzt auf dem großen US-Markt anzubieten.“ jpw Düssedorf/Stafford. Rheinme- tall hat jetzt einen Millionenauftrag von den US-Streitkräften erhalten. Das US-Marineministerium gab be- kannt, drei Rahmenverträge für mo- derne Infanterie- und Nebelmunition im Gesamtwert von 127,8 Millionen US-Dollar (95,7 Mio. ) an die Ameri- can Rheinmetall Munitions, Inc. (ARM) zu vergeben; ARM ist eine Tochterfir- ma des Düsseldorfer Wehrtechnik- unternehmens Rheinmetall Defence mit Sitz in Stafford (US-Bundesstaat Virginia). Die drei Rahmenverträge unterteilen sich in einen für 40mm- Tag/Nacht-Übungsmunition und zwei für 66mm-Granaten für fahrzeugge- stützte Nebelmittelwurfanlagen. Bei allen handelt es sich um fünfjährige Rahmenverträge, die Flexibilität in Bezug auf Liefermengen und -zeit- räume aufweisen und bis ins Haus- haltsjahr 2019 laufen. Im Juni 2014 hatte die ARM im Vorgriff auf einen der Rahmenverträge bereits Bestel- lungen im Wert von 26,2 Millionen US-Dollar (19,1 Mio. ) erhalten. Wei- tere 6,8 Millionen US-Dollar (5,0 Mio. ) Auftragswert entfallen nun auf eine Bestellung von 66mm-Nebel- granaten, die vor kurzem erfolgt ist. Damit beträgt der aktuelle Auftrags- eingang aus den Rahmenverträgen 33 Millionen US-Dollar (24,2 Mio. EUR). Rheinmetall ist sowohl bei den Nebelmitteln als auch bei der 40mm- Munition einer der weltweit führen- den Anbieter. In beiden Bereichen deckt das Unternehmen das gesamte Spektrum ab und beliefert Streit- und Sicherheitskräfte weltweit mit Kom- ponenten und Systemen. „Klare Kante“: Mit der Berufung eines Ombuds- mannes setzt Rheinmetall eindeutige Akzente im Hinblick auf die Aufklärung und die Bekämp- fung von Korruption im geschäftlichen Alltag. Ein Leben ohne die Sucht Schon heute wird im Rheinmetall-Konzern viel getan, um Mitarbeiter vor einer Suchterkrankung zu bewahren, sie in der Sucht zu begleiten sowie bei der Reintegra- tion in die Arbeitswelt zu unterstützen. Wie dies ge- schieht, zeigt „Das Profil“ auf den Seiten 17 bis 20. Der Südpol wartet noch... In der Antarktis war er zwar noch nicht, doch den Rest der Welt kennt Johann Szopa von der KSPG- Division Motorservice praktisch wie seine Westen- tasche: Weit über 100 Tage im Jahr ist der 57-Jährige dienstlich unterwegs, wie er auf „Profil“-Seite 9 erzählt. Kompetenter Partner für wertvolle Hinweise Rheinmetall bestellt Rechtsanwalt als Ombudsmann Meilenstein in Spanien 75 Millionen AGR-Ventile rds Düsseldorf. Kompetente Anlaufstelle: Der Rheinmetall-Konzern hat den in Frankfurt am Main ansässigen Rechtsanwalt Dr. Rainer Buchert zum Ombudsmann bestellt. Buchert, der diesbezüglich bereits seit länge- rem international renommierte Firmen wie Volkswagen, Lufthansa, Diehl, Rewe und Bertelsmann betreut, steht allen Mitarbeitern und Geschäfts- partnern der Düsseldorfer Unternehmensgruppe seit 1. Januar 2015 als externe Anlaufstelle zur Klärung möglicher Compliance-Verstöße zur Verfügung. Dieses Hinweisgebersystem ist damit ein integraler Bestand- teil der bei Rheinmetall bereits seit längerem arbeitenden Compliance- Organisation, die in jüngster Zeit sowohl auf Konzernebene als auch in den Tochtergesellschaften der beiden Unternehmensbereiche Defence und Automotive erheblich ausgebaut und personell verstärkt worden ist. In zahlreichen international enga- gierten Unternehmen in Deutschland gehört ein firmeninternes Hinweisge- bersystem heute zum betrieblichen Alltag (z.B. Daimler, BASF, Deutsche Bank, Allianz, Volkswagen); diese so genannten Whistleblowing-Systeme, bei denen oftmals externe Rechtsan- wälte als Ansprechpartner zur Ver- fügung stehen, bieten Mitarbeitern (und Geschäftspartnern) eine fachlich kompetente und anonymisierte Mög- lichkeit, auf Unregelmäßigkeiten oder Missstände im Unternehmen hinzu- weisen. Der Begriff Whistleblowing selbst wurde allgemein im Zusammen- hang mit dem „Sarbanes-Oxley-Act“ bekannt; dieses US-Bundesgesetz trat 2002 als Reaktion auf damalige Bilanzskandale (Enron, Worldcom) in Kraft. Es verpflichtet an der US-Börse gelistete Unternehmen zur Einrichtung eines internen Verfahrens, über das Mitarbeiter Verstöße gegen Verhal- tensvorschriften melden können; dazu zählen zum Beispiel Straftatbestän- de wie Betrugs- und Wirtschaftsprü- fungsdelikte, Korruption sowie Insi- dergeschäfte. Auch im Rheinmetall-Konzern ist das Hinweisgebersystem mittlerwei- le ein fester Bestandteil des internen Compliance Management Systems (CMS), wie Michael Salzmann, Chief Compliance Officer der Rheinmetall AG, erläutert: „Dieses System ist ein wichtiger systematischer Ansatz zur Aufdeckung von Korruption, Betrug, Untreue oder kartellrechtlichen Ver- stößen innerhalb des Konzerns. Es ist Teil unseres Risikomanagements und erlaubt die frühzeitige Kenntnis von Fehlverhalten sowie die konsequente Einleitung und Umsetzung notwen- diger Maßnahmen und Schritte zum Schutz des Unternehmens. Der von uns in diesem Kontext beauftrag- te Ombudsmann – der Frankfurter Rechtsanwalt Dr. Rainer Buchert – dient Rheinmetall-Mitarbeitern dabei als unabhängiger Ansprechpartner.“ Großauftrag Genehmigt msc Abadiano. Das 75-millionste Abgasrückführventil (AGR-Ventil) lief kürzlich bei der baskischen Pierburg S.A. (Abadiano) aus der Produktions- straße; das Werk der Pierburg GmbH in Spanien gilt als Leitwerk für AGR- Ventile. Seit 1994 werden jedes Jahr durchschnittlich etwa fünf Millionen der Ventile für Otto- und Dieselmo- toren hergestellt. Technisch gesehen übernehmen Abgasrückführventile die Regelung der Rückführung von Abgas in den Motor. Grundlage für den Erfolg des schadstoffmindernden Bauteils waren vor allem die weltweit immer strenger werdenden Abgasvor- schriften. Pkw mit Dieselmotoren ab der Euro 1-Abgasnorm verfügen über ein System zur Abgasrückführung, bei Autos ab Euro 3 ist sie Pflicht. Bei Fahrzeugen der Abgasstufen Euro 4 werden zunehmend Systeme mit gekühlter Abgasrückführung erfor- derlich, und bei Euro 6 kommt neben hoch gekühlter AGR zusätzlich Nieder- druck-Abgasrückführung dazu. Das neuste Modell eines AGR-Ventils ist eine besonders kompakte, gewichts- sparende Variante und seit letztem Jahr bei einem großen deutschen OEM in Serie. Standortchef Javier Egurrola freut sich über diesen Meilenstein: „Auf diesen Produktionsrekord sind wir stolz. Wir haben in der Geschich- te des Abgasrückführventils immer wieder auf die steigenden Qualitäts- ansprüche des Marktes reagiert und sind mit den immer höheren Anforde- rungen an die Umweltrichtlinien regel- recht gewachsen.“ (Fortsetzung auf Seite 2)

Kompetenter Partner Meilenstein in Spanien - … · hat kürzlich eine Sondergenehmigung zur Beschaffung des derzeit welt- ... Tag/Nacht-Übungsmunition und zwei für 66mm-Granaten

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Page 1: Kompetenter Partner Meilenstein in Spanien - … · hat kürzlich eine Sondergenehmigung zur Beschaffung des derzeit welt- ... Tag/Nacht-Übungsmunition und zwei für 66mm-Granaten

1/2012

Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns

1/2015

Spürfuchs ABC kompaktWeltweit erlangte vor allem eine Varian-te des Radpanzers Fuchs Berühmtheit:

der zur Aufklärung atomarer, biologi-scher und chemischer Kampfstoffe ausge-

legte „ABC-Spürfuchs“ (siehe Seiten 10 + 11).

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oho Düsseldorf/Rom. Ein wichtiger Schritt für die Sicherheit in der inter-nationalen Luftfahrt: Das von Rhein-metall entwickelte Fremdkörperde-tektionssystem DEB-RA kann nun im Rahmen des Airport Improvement Programs der US-Bundesluftfahrtbe-hörde FAA beschafft werden. Die FAA hat kürzlich eine Sondergenehmigung

zur Beschaffung des derzeit welt-weit fortschrittlichsten Systems zur Entdeckung von Fremdkörpern und Trümmerteilen auf Flughafenanlagen erteilt. Luigi Magliocchi, Geschäfts-führer der Rheinmetall Defence Italia: „Dies gibt uns die Möglichkeit, unser weltweit führendes Fremdkörper-De-tektionssystem jetzt auf dem großen US-Markt anzubieten.“

jpw Düssedorf/Stafford. Rheinme-tall hat jetzt einen Millionenauftrag von den US-Streitkräften erhalten. Das US-Marineministerium gab be-kannt, drei Rahmenverträge für mo-derne Infanterie- und Nebelmunition im Gesamtwert von 127,8 Millionen US-Dollar (95,7 Mio. €) an die Ameri-can Rheinmetall Munitions, Inc. (ARM)

zu vergeben; ARM ist eine Tochterfi r-ma des Düsseldorfer Wehrtechnik-unternehmens Rheinmetall Defence mit Sitz in Stafford (US-Bundesstaat Virginia). Die drei Rahmenverträge unterteilen sich in einen für 40mm-Tag/Nacht-Übungsmunition und zwei für 66mm-Granaten für fahrzeugge-stützte Nebelmittelwurfanlagen. Bei allen handelt es sich um fünfjährige

Rahmenverträge, die Flexibilität in Bezug auf Liefermengen und -zeit-räume aufweisen und bis ins Haus-haltsjahr 2019 laufen. Im Juni 2014 hatte die ARM im Vorgriff auf einen der Rahmenverträge bereits Bestel-lungen im Wert von 26,2 Millionen US-Dollar (19,1 Mio. €) erhalten. Wei-tere 6,8 Millionen US-Dollar (5,0 Mio. €) Auftragswert entfallen nun auf eine Bestellung von 66mm-Nebel-granaten, die vor kurzem erfolgt ist. Damit beträgt der aktuelle Auftrags-eingang aus den Rahmenverträgen 33 Millionen US-Dollar (24,2 Mio. EUR). Rheinmetall ist sowohl bei den Nebelmitteln als auch bei der 40mm-Munition einer der weltweit führen-den Anbieter. In beiden Bereichen deckt das Unternehmen das gesamte Spektrum ab und beliefert Streit- und Sicherheitskräfte weltweit mit Kom-ponenten und Systemen.

„Klare Kante“: Mit der Berufung eines Ombuds-mannes setzt Rheinmetall eindeutige Akzente im Hinblick auf die Aufklärung und die Bekämp-fung von Korruption im geschäftlichen Alltag.

Ein Leben ohne die SuchtSchon heute wird im Rheinmetall-Konzern viel getan, um Mitarbeiter vor einer Suchterkrankung zu bewahren, sie in der Sucht zu begleiten sowie bei der Reintegra-tion in die Arbeitswelt zu unterstützen. Wie dies ge-schieht, zeigt „Das Profi l“ auf den Seiten 17 bis 20.

Der Südpol wartet noch...In der Antarktis war er zwar noch nicht, doch den Rest der Welt kennt Johann Szopa von der KSPG-Division Motorservice praktisch wie seine Westen-

tasche: Weit über 100 Tage im Jahr ist der 57-Jährige dienstlich unterwegs, wie er auf „Profi l“-Seite 9 erzählt.

Kompetenter Partnerfür wertvolle HinweiseRheinmetall bestellt Rechtsanwalt als Ombudsmann

Meilensteinin Spanien75 Millionen AGR-Ventile

rds Düsseldorf. Kompetente Anlaufstelle: Der Rheinmetall-Konzern hat den in Frankfurt am Main ansässigen Rechtsanwalt Dr. Rainer Buchert zum Ombudsmann bestellt. Buchert, der diesbezüglich bereits seit länge-rem international renommierte Firmen wie Volkswagen, Lufthansa, Diehl, Rewe und Bertelsmann betreut, steht allen Mitarbeitern und Geschäfts-partnern der Düsseldorfer Unternehmensgruppe seit 1. Januar 2015 als externe Anlaufstelle zur Klärung möglicher Compliance-Verstöße zur Verfügung. Dieses Hinweisgebersystem ist damit ein integraler Bestand-teil der bei Rheinmetall bereits seit längerem arbeitenden Compliance-Organisation, die in jüngster Zeit sowohl auf Konzernebene als auch in den Tochtergesellschaften der beiden Unternehmensbereiche Defence und Automotive erheblich ausgebaut und personell verstärkt worden ist.

In zahlreichen international enga-gierten Unternehmen in Deutschland gehört ein fi rmeninternes Hinweisge-bersystem heute zum betrieblichen Alltag (z.B. Daimler, BASF, Deutsche Bank, Allianz, Volkswagen); diese so genannten Whistleblowing-Systeme, bei denen oftmals externe Rechtsan-wälte als Ansprechpartner zur Ver-fügung stehen, bieten Mitarbeitern (und Geschäftspartnern) eine fachlich kompetente und anonymisierte Mög-lichkeit, auf Unregelmäßigkeiten oder Missstände im Unternehmen hinzu-weisen. Der Begriff Whistleblowing selbst wurde allgemein im Zusammen-hang mit dem „Sarbanes-Oxley-Act“ bekannt; dieses US-Bundesgesetz trat 2002 als Reaktion auf damalige Bilanzskandale (Enron, Worldcom) in Kraft. Es verpfl ichtet an der US-Börse gelistete Unternehmen zur Einrichtung eines internen Verfahrens, über das Mitarbeiter Verstöße gegen Verhal-tensvorschriften melden können; dazu zählen zum Beispiel Straftatbestän-

de wie Betrugs- und Wirtschaftsprü-fungsdelikte, Korruption sowie Insi-dergeschäfte.

Auch im Rheinmetall-Konzern ist das Hinweisgebersystem mittlerwei-le ein fester Bestandteil des internen Compliance Management Systems (CMS), wie Michael Salzmann, Chief Compliance Offi cer der Rheinmetall AG, erläutert: „Dieses System ist ein wichtiger systematischer Ansatz zur Aufdeckung von Korruption, Betrug, Untreue oder kartellrechtlichen Ver-stößen innerhalb des Konzerns. Es ist Teil unseres Risikomanagements und erlaubt die frühzeitige Kenntnis von Fehlverhalten sowie die konsequente Einleitung und Umsetzung notwen-diger Maßnahmen und Schritte zum Schutz des Unternehmens. Der von uns in diesem Kontext beauftrag-te Ombudsmann – der Frankfurter Rechtsanwalt Dr. Rainer Buchert – dient Rheinmetall-Mitarbeitern dabei als unabhängiger Ansprechpartner.“

Großauftrag Genehmigt

msc Abadiano. Das 75-millionste Abgasrückführventil (AGR-Ventil) lief kürzlich bei der baskischen Pierburg S.A. (Abadiano) aus der Produktions-straße; das Werk der Pierburg GmbH in Spanien gilt als Leitwerk für AGR-Ventile. Seit 1994 werden jedes Jahr durchschnittlich etwa fünf Millionen der Ventile für Otto- und Dieselmo-toren hergestellt. Technisch gesehen übernehmen Abgasrückführventile die Regelung der Rückführung von Abgas in den Motor. Grundlage für den Erfolg des schadstoffmindernden Bauteils waren vor allem die weltweit immer strenger werdenden Abgasvor-schriften. Pkw mit Dieselmotoren ab der Euro 1-Abgasnorm verfügen über ein System zur Abgasrückführung, bei Autos ab Euro 3 ist sie Pfl icht. Bei Fahrzeugen der Abgasstufen Euro 4 werden zunehmend Systeme mit gekühlter Abgasrückführung erfor-derlich, und bei Euro 6 kommt neben hoch gekühlter AGR zusätzlich Nieder-druck-Abgasrückführung dazu. Das neuste Modell eines AGR-Ventils ist eine besonders kompakte, gewichts-sparende Variante und seit letztem Jahr bei einem großen deutschen OEM in Serie. Standortchef Javier Egurrola freut sich über diesen Meilenstein: „Auf diesen Produktionsrekord sind wir stolz. Wir haben in der Geschich-te des Abgasrückführventils immer wieder auf die steigenden Qualitäts-ansprüche des Marktes reagiert und sind mit den immer höheren Anforde-rungen an die Umweltrichtlinien regel-recht gewachsen.“ (Fortsetzung auf Seite 2)

Page 2: Kompetenter Partner Meilenstein in Spanien - … · hat kürzlich eine Sondergenehmigung zur Beschaffung des derzeit welt- ... Tag/Nacht-Übungsmunition und zwei für 66mm-Granaten

Mit anderen Worten: Mit der Beru-fung eines Ombudsmannes markiert der Düsseldorfer Konzern eindeutig Position und zieht eine „klare Kante“ im Hinblick auf die Aufklärung und die Bekämpfung von Korruption im geschäftlichen Alltag.

Mit dem Hinweisgebersystem als eine klassische Säule einer funktio-nierenden Compliance-Organisation dokumentiert der Düsseldorfer Kon-zern gleichzeitig mehr als deutlich, dass die stringente Einhaltung von Recht und Gesetz bei allen geschäft-lichen Aktivitäten weltweit absolute Priorität hat. Vorstandschef Armin Papperger: „Rheinmetall muss für saubere Geschäfte stehen. Nicht ge-setzes-konforme Geschäftspraktiken können wir im Konzern keinesfalls dulden, weder bei Defence noch bei Automotive. Daher haben wir, nach-dem es erste Hinweise auf unzulässi-ge Zahlungen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit in Griechen-land gab, alles daran gesetzt, eine zügige und lückenlose Aufklärung

herbeizuführen – und zwar in engster Kooperation mit den Ermittlungsbe-hörden. Dieses unmissverständliche Durchgreifen ermöglicht es uns, un-seren Kunden im In- und Ausland klar und eindeutig zu vermitteln, welch hohen Stellenwert die Einhaltung von Recht und Gesetz für unsere weltweit rund 21 000 Mitarbeiter hat. Wir sind auf das Vertrauen unserer Investoren und Aktionäre ebenso angewiesen wie auf das Vertrauen der Banken, unserer Abnehmer und Zulieferer so-wie natürlich auch unserer Ansprech-partner in Politik, Militär und Verwal-tung. Es darf keinen Zweifel daran geben, dass bei Rheinmetall sauber gearbeitet wird.“

Um recht- bzw. gesetzlich unzuläs-siges Verhalten einzelner Mitarbeiter in Zukunft möglichst auszuschließen, hat Rheinmetall neben der Bestellung des Ombudsmannes in jüngster Zeit eine Reihe weiterer Maßnahmen um-gesetzt, die die strikte Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen im geschäftlichen Alltag unterstützen.

Michael Salzmann: „Das Unterneh-men hat die Compliance-Organisati-on sowohl auf Konzernebene als auch in den Tochtergesellschaften beider Sparten deutlich gestärkt und per-sonell ausgebaut. Wir haben darüber hinaus die Compliance-Intensität in beiden Sparten des Konzerns erheb-lich verstärkt, unter anderem durch ein striktes Regelwerk mit standar-disierten Prozessen und Richtlinien (z. B. zu den Themen Zuwendungen, Kartellrecht, Wettbewerbsschutz, Umgang mit Beratern im In- und Aus-land, Nutzung Social Media), durch die Verschärfung von Berichts- und Dokumentationspfl ichten, durch die Einbeziehung des Compliance-Berei-ches in die Angebotsabgabe, durch strenge Vertragspartnerüberprüfun-gen sowie – last but not least – durch gezielte ‚Awareness‘-Schulung von Mitarbeitern, um sie für die vielfälti-gen Facetten und Konsequenzen der Compliance-Thematik intensiv zu sensibilisieren.“

Das anonymisierte Verfahren beim Rheinmetall-Hinweisgebersystem –

und damit die Möglichkeit für die Mit-arbeiter, sich im Hinblick auf Person und Persönlichkeit nicht im eigenen Unternehmen offenbaren zu müssen – stellt für den 45-jährigen Chief Com-pliance Offi cer von Rheinmetall einen wichtigen Schritt dar, Verstöße gegen Recht und Gesetz einerseits sowie das konzerninterne Regelwerk ande-rerseits festzustellen und sie diszipli-narisch bzw. juristisch aufzuarbeiten. Noch einmal Michael Salzmann: „Dr. Rainer Buchert ist externer Straf-rechtsanwalt und steht unseren Mit-arbeitern praktisch rund um die Uhr als Ansprechpartner für Verdachtsfäl-le zur Verfügung: Im Bedarfsfall kön-nen sie sich vertraulich an ihn wenden oder sich auch persönlich offenba-ren. In jedem Fall wird der Hinweisge-ber uns gegenüber anonym bleiben; dafür steht die anwaltliche Schweige-pfl icht des Ombudsmannes.“ (Lesen Sie auch das Interview mit Rheinmetall-Ombuds-mann Dr. Rainer Buchert auf dieser Seite sowie den Bei-trag zu dieser Gesamtthematik „Trade Compliance Guide-line setzt strikte Wegmarken“ mit KSPG-Expertin Anke Schumm auf der gegenüberliegenden „Profi l“-Seite 3.)

Herausgeber: Rheinmetall AGVerantwortlich: Peter RückerChefredaktion: Rolf D. SchneiderAnschrift: Redaktion „Das Profil“Postfach 104261, 40033 Dü[email protected]

Satz: Strack + Storch KGGladbacher Straße 1540219 DüsseldorfDruck: Druck & Medienservice SchürfeldStolper Straße 8a, D-47269 Duisburg

Drucktermin dieser Ausgabe: 25. Februar 2015Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten.

Profil: Was genau ist ein Ombuds-mann, und was sind seine Aufgaben?

Buchert: Der Ombudsmann ist ein externer Rechtsanwalt, der Hinweise auf einen Verdacht von Straftaten oder ähnlich schweren Unregelmäßigkei-ten vertraulich entgegennimmt. Durch Weitergabe solcher Hinweise an den Compliance Offi cer des Unternehmens wird dieses in die Lage versetzt, Unre-gelmäßigkeiten nachzugehen, sie auf-zudecken und zu sanktionieren.

Profil: Warum wird es immer wich-tiger, dass ein Unternehmen einen Ombudsmann zur Aufklärung bzw. Be-kämpfung von Korruption hat?

Buchert: Hinweisgebersysteme wie der Ombudsmann sind heute als we-sentlicher Bestandteil eines funktio-nierenden Compliance-Management-Systems „state of the art“. Damit wird

der Möglichkeit Rechnung getragen, frühzeitig vertrauliche Hinweise über möglicherweise korruptes Verhalten oder andere Straftaten zum Nachteil des Unternehmens zu erlangen.

Profil: Wenn ein Mitarbeiter den Verdacht hat, dass in seinem dienstli-chen Umfeld verdächtige Vorgänge ab-laufen, kann er sich doch auch an eine Vertrauensperson bzw. vertrauliche Instanz im eigenen Hause wenden.

Buchert: Natürlich gibt es weiterhin diesen Weg. Viele Hinweisgeber haben indes Angst vor Repressalien, wenn sie sich zum Beispiel an Vorgesetzte oder interne Stellen im eigenen Unterneh-men wenden. Dann ist der Ombuds-mann genau der richtige Ansprech-partner.

Profil: Als Rheinmetall-Ombudsmann fungieren Sie auch für außenstehende „Whistleblower“ als Ansprechpartner.

Buchert: Natürlich: Auch Außenste-hende – zum Beispiel Geschäftspart-ner – können sich mit vertraulichen Hinweisen auf mögliche wirtschafts-kriminelle Handlungen bei Rheinmetall an mich wenden.

Profil: Wie gewährleisten Sie Ver-traulichkeit?

Buchert: Als Rechtsanwalt unter-liege ich der anwaltlichen Verschwie-genheitspfl icht und habe ein Zeugnis-verweigerungsrecht. Dadurch kann ich die Identität eines Hinweisgebers zuverlässig schützen. Nur mit dessen ausdrücklicher Zustimmung gebe ich Hinweise an das Unternehmen weiter. Dies geschieht regelmäßig durch ano-nymisierte Berichte.

Profil: Der Name des Hinweisgebers wird also auf keinen Fall genannt?

Buchert: Genau! Außerdem hat die Rheinmetall AG vertraglich unwiderruf-lich auf die Herausgabe von Hinweis-geberdaten verzichtet.

Profil: Was sind Verstöße, die man Ihnen melden kann?

Buchert: Es geht primär um Ver-dachtsfälle von Korruption, anderen wirtschaftskriminellen Handlungen oder ähnlich schwerwiegenden Un-regelmäßigkeiten, durch die das Un-ternehmen geschädigt wird. Melden kann man also zum Beispiel auch Verdachtsfälle von Betrug, Untreue oder Diebstahl. Der Ombudsmann ist aber kein Schlichter für Streitfälle und auch kein Kummerkasten; daher ist er auch nicht der richtige Adressat für Beschwerden.

Profil: Bewegt sich der Hinweisge-ber bei Meldungen an Sie nicht immer auch auf dem schmalen Grat zwischen Zivilcourage und Denunzierung? Gibt es Erfahrungen, dass das System auch als Plattform für gezieltes Denunzi-antentum – sagen wir es vorsichtig – „missbraucht“ wird? Öffnet man da nicht „Tür und Tor“ an der falschen Stelle?

Buchert: Nein, auf keinen Fall! Si-cherlich gehört Zivilcourage auch dazu, aber mit Denunzieren hat es wirklich nichts zu tun, wenn auf einen begründeten Verdacht von Korruption, Betrug, Untreue oder andere Strafta-ten hingewiesen wird. Vielmehr liegt es im Interesse des Unternehmens und aller ehrlichen Mitarbeiter, dass kriminelle Machenschaften Einzelner unterbunden, aufgeklärt und Schäden

abgewendet werden. Ich hatte in den vergangenen Jahren im Übrigen noch keinen einzigen Fall, bei dem ein Hin-weis eindeutig denunziatorischer Art war.

Profil: Rheinmetall ist international tätig, von den gut 80 Unternehmens-standorten befi ndet sich der größere Teil im Ausland. Greifen Sie auch Hin-weise aus diesen internationalen Ein-heiten auf?

Buchert: Selbstverständlich! Man kann sich auf allen Kommunikations-wegen in Deutsch oder Englisch an mich wenden. Die meisten Hinweise aus dem Ausland erreichen mich per E-Mail, also unter [email protected].

Profil: Was sollten Hinweisgeber aus dem Rheinmetall-Konzern noch wissen?

Buchert: Wichtig erscheint mir nochmals der Hinweis darauf, dass der Ombudsmann die weiterhin be-stehenden internen Meldewege – z. B. zum Vorgesetzten, an den Compliance-Verantwortlichen, den Revisionsleiter oder den Betriebsrat – nicht ersetzt, sondern nur ergänzt. Auch sollte jeder wissen, dass ihm keine Kosten ent-stehen, wenn er sich an den Ombuds-mann wendet und auf verdächtige In-dizien oder Umstände hinweist; diese trägt das Unternehmen.

Profil: Wo kann man sich noch de-taillierter informieren?

Buchert: Weitere Antworten auf typische Fragen von Hinweisgebern fi nden sich auf meiner homepage www.dr-buchert.de.

rds Frankfurt am Main/Düsseldorf. Mit der zum 1. Januar 2015 erfolgten Bestellung des Frankfurter Rechtsanwaltes Dr. Rai-ner Buchert als Ombudsmann hat der Rheinmetall-Konzern einen unabhängigen und fachlich versierten Juristen gewonnen, der sich seit rund anderthalb Jahrzehnten mit dieser äußerst sensiblen – und im Zweifelsfall nicht minder heiklen – Thematik beschäftigt. Im Jahre 2000 wurde dem gebürtigen Mörfeldener von der Deutschen Bahn AG das erste große Ombudsmann-Mandat übertragen. Derzeit betreut Buchert (Foto am Fuß der Seite) mehr als 20 namhafte – auch international ausgerich-tete – Unternehmen, darunter der Volkswagen-Konzern, die Deutsche Lufthansa AG inklusive deren Tochter Swiss, mehrere Banken und Finanzdienstleister sowie eine Reihe mittelständischer Unternehmen (z.B. Ferrostaal/Essen). Der passionierte Freizeitpilot war von 1977 bis 1991 in verschiedenen leitenden Funktionen im Bundeskriminalamt in Wiesbaden tätig, zuletzt als Kriminaldirektor. 1991/92 erfolgte die Berufung zum Landeskriminaldirektor und Leiter der Kriminalpolizei des Landes Sachsen-Anhalt; anschließend war er Polizeipräsident von Stadt und Kreis Offenbach. „Das Profi l“ sprach mit Dr. Rainer Buchert, der aktuell unter anderem auch als Dozent an der Frankfurt School of Finance & Management sowie korporatives Mitglied bei Transparency International engagiert ist und dessen ethische Positionierung im hier zitierten Kontext eindeu-tig ist: „Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit und Transparenz sind wichtige Garanten für geschäftlichen Erfolg; dieser wiederum beruht ganz wesentlich auf dem korrekten und ethisch einwandfreien Verhalten aller Mitarbeiter einer Unternehmung.“

Der Hinweisgeber wird geschützt„Profi l“-Interview mit Rheinmetall-Ombudsmann Dr. Rainer Buchert

(Fortsetzung von Seite 1)

Fotos: Ariane Gehlert/M. Kötter (Frankfurt a. M.)

An Dr. Rainer Buchert können sich Mitarbeiter, aber auch Außenstehende (z.B. Geschäftspartner) mit vertraulichen Hinweisen auf mögliche wirtschaftskri-minelle Handlungen bei der Rheinmetall AG wenden. Der Rheinmetall-Ombuds-mann kann wie folgt kontaktiert werden:

Dr. Buchert & Partner Rechtsanwälte / Bleidenstraße 1 / D-60311 Frankfurt am Main / Tel.: +49 (69) 71 03 33 30 oder +49 (6105) 92 13 55 / Fax: +49 (69) 71 03 44 44 / E-Mail: [email protected] / Homepage: www.dr-buchert.de

Dr. Rainer Buchert wird von Rechtsanwältin Dr. Caroline Jacob aus der Kanzlei Dr. Buchert & Partner vertreten.

D E R K O N T A K T Z U M O M B U D S M A N N

Kompetenter Partnerfür wertvolle HinweiseRheinmetall bestellt Rechtsanwalt als Ombudsmann

Mit dem Hinweisgebersystem zeigt Rheinmetall laut Chief Compliance Officer Michael Salzmann „klare Kante“ in puncto Korrutionsbekämpfung.

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kTrade Compliance

KSPG mit außenhandelsrechtlich optimierter Wertschöpfungskette

deln. Mit diesen Abkommen werden gemeinsame Wirtschaftsräume gebildet, in denen Zollfreiheit herrscht oder die Zollsätze zumindest deutlich re-duziert sind.

Profil: Ein konkretes Beispiel? Schumm: Nehmen wir einmal an, dass im Zuge

einer Investitionsentscheidung Produktionskapa-zitäten von Mexiko in die USA verlagert werden sollen. Dann zahlen beispielsweise brasilianische Kunden Drittlandszoll, während Brasilien und Mexiko sich gegenseitig Präferenz gewähren, also für Lieferungen aus einem mexikanischen Produktionswerk kein Einfuhrzoll erhoben wird. Der Kunde wird die infolge der Belieferung aus den USA durch Zölle gestiegenen Kosten sicher-lich nicht übernehmen wollen, sondern sich über den Preis zurückholen, was wiederum den Ertrag des Lieferanten schmälert.

Profil: Welche Bedeutung haben außenhan-delsrechtliche Aspekte für Investitionsentschei-dungen?

Schumm: Diese Aspekte stehen sicherlich nicht an erster Stelle. Aber sie sollten im Vorfeld gründ-lich untersucht werden, etwa wenn es um neue Produktionsstandorte oder Lagerzentren geht. Denn natürlich spielt es eine Rolle, welche Länder ich von dort aus vergünstigt beliefern kann, wel-che einen unkritischen Status haben und in wel-che man, salopp gesagt, nur schwer reinkommt oder gar nicht. Außerdem sollte berücksichtigt werden, dass jedes Land eigene Vorschriften zu Exportkontrolle, Steuern und Zollverfahren hat, die eingehalten werden müssen. Die Organisation der internen Abläufe, die dazu erforderlich sind, können zusätzliche Kosten verursachen.

Profil: Die komplexen nationalen und interna-tionalen Regelwerke erscheinen ja geradezu wie ein Buch mit sieben Siegeln. Wie können Unter-nehmen wie KSPG da durchblicken?

Schumm: Das geht selbstverständlich nicht von Deutschland aus, sondern nur durch einen ständigen Austausch zwischen regionalen Zoll- und Außenwirtschaftsexperten. Denn nur vor Ort lässt sich frühzeitig erkennen, welchen Kurs die Regierungen in Sachen Im- und Exportabwicklung sowie Exportkontrolle einschlagen, und wie Ver-stöße geahndet werden.

Profil: Gibt es dieses Expertenteam bereits?Schumm: Wir bauen es im Zuge der Umsetzung

unserer „Trade Compliance Guideline“ gerade auf. Zurzeit haben fünf Tochtergesellschaften von KSPG einen Außenhandelsbeauftragten. Wie vie-le Beauftragte es künftig sein werden, steht noch nicht endgültig fest. Aber ich gehe davon aus, dass es zumindest an jedem Standort einen ge-ben wird. Nach heutigem Stand wären das dann insgesamt 14 Kollegen.

Profil: Worin bestehen, auf einen kurzen Nen-ner gebracht, Ihre Aufgaben als KSPG-Beauftrag-te für Zoll- und Außenwirtschaft?

Schumm: Zum einen unterstütze ich den Vor-stand in allen Fragen, die dieses Thema betreffen, zum anderen stehe ich den Tochtergesellschaften mit Rat und Tat zur Seite. Darüber hinaus arbeite ich mit den Geschäftsführungen dieser Gesell-schaften zusammen, um die „Trade Compliance Guideline“ mit Leben zu erfüllen. Denn dazu ist weit mehr erforderlich, als lediglich einen Beauf-tragten zu benennen. Vielmehr geht es darum, KSPG-weit eine Außenhandels-Organisation auf-zubauen und dann kontinuierlich weiterzuent-wickeln. Denn nur so können die vielfältigen na-tionalen Anforderungen berücksichtigt und alle relevanten internen Prozesse so weit wie möglich harmonisiert werden.

Profil: Im Bereich der Zoll- und Außenwirt-schaft gibt es ja zahlreiche Fußangeln und Fallstri-cke. Worauf muss besonders geachtet werden?

Schumm: Dreh- und Angelpunkt ist die Wa-reneinreihung. Die wichtigste Regel lautet: Für ein Produkt gibt es nur eine zutreffende Waren-tarifnummer. Aus dieser Nummer, die im Zweifel bei den Zollbehörden mit einer sogenannten ver-bindlichen Zolltarifauskunft erfragt werden kann, resultiert, was mit der jeweiligen Ware zu tun und zu lassen ist. Das reicht von Zollabgaben über Ex-portbeschränkungen bis hin zu Umweltauflagen.

Profil: Welche Konsequenzen hat es, wenn Waren nicht korrekt deklariert wurden?

Schumm: Das hängt von der Art des Verstoßes ab. Bei der Importanmeldung kann eine falsche Wareneinreihung beispielsweise zu niedrigeren Zollsätzen führen. In diesem Fall liegt eine Steu-erhinterziehung vor, die mit einer Nachforderung der Eingangsabgaben und Bußgeldbescheiden geahndet wird. Dagegen können Verstöße gegen Ausfuhrbeschränkungen auch schon mal eine Freiheitsstrafe nach sich ziehen.

Profil: Und wer haftet „im Fall des Falles“?Schumm: Immer der sogenannte Handelnde.

Das heißt, nicht nur Führungskräfte können in das Visier der Behörden geraten, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch die Ebene der Sachbearbeiter. Die Höhe der Strafe hängt von der Qualifikation, der Berufserfahrung und dem Einkommen ab. Stellt sich heraus, dass der Sach-bearbeiter einen persönlichen Vorteil aus dem Verstoß gezogen hat, kann eine Geldbuße von bis zu 25.000 € fällig werden.

Dr. Thomas Oelschlägel

Neckarsulm/Neuenstadt am Kocher. Rund um die Welt haben Staaten komplexe Regelwerke erdacht, die den Im- und Export von Waren und Dienstleistungen steuern. Um sicherzustellen, dass die KSPG AG die Klippen des Außenhandels sicher umschifft, hat Personalvorstand Peter-Sebastian Krause Anfang 2014 eine so genannte Trade Compliance Guideline in Kraft gesetzt. Da-rin werden die Tochtergesellschaften verpfl ichtet, alle außenhandelsrechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen und die dazu erforderlichen or-ganisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Mit Anke Schumm steht ihm eine erfahrene Ex-pertin zur Seite. Die Diplom-Verwaltungswissen-schaftlerin leitet seit 2001 den Bereich Zoll- und Außenwirtschaft der MS Motorservice Internati-onal GmbH, die für das weltweite Ersatzteilge-schäft von KSPG zuständig ist. Nach und nach wurden auch Schwestergesellschaften von ihr beraten, und seit rund drei Jahren ist sie KSPG-weit für das Thema verantwortlich. In einem Ge-spräch mit der Rheinmetall-Konzernzeitung „Das Profi l“ erläutert die gebürtige Düsseldorferin, die auch in der Freizeit mit Hobbys wie Skifahren und Mountainbiking ein hohes Tempo an den Tag legt, wie die Marktposition des Unternehmens durch ein professionelles Management des internatio-nalen Warenverkehrs zusätzlich gestärkt wird.

Profil: Welche Aspekte beinhaltet der Bereich Zoll und Außenwirtschaft?

Schumm: Zunächst einmal die Abwicklung des Im- und Exports. Die Importanmeldung ist eine Steuerklärung, während beim Export die Ausfuhr-kontrolle im Mittelpunkt steht. Dabei geht es vor allem um die „Dual-Use“-Verordnung der Europä-ischen Union (EU), die vorgibt, bei welchen tech-nischen Parametern ein Genehmigungsvorbehalt zu berücksichtigen ist. Außerdem gehören das sogenannte Compliance Screening dazu, also die Überprüfung unserer externen Partner anhand der Anti-Terror-Verordnungen der Vereinten Na-tionen und der EU, sowie die Zertifizierung aller KSPG-Gesellschaften als Authorized Economic Operator (AEO), auf Deutsch: zugelassener Wirt-schaftsbeteiligter.

Profil: Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?Schumm: Diese international zunehmend an-

erkannte Zertifizierung ist künftig sozusagen der Dreh- und Angelpunkt für die Im- und Export-abwicklung. Denn der Unionszollkodes (UZK), der von Mai 2016 an greift, sieht vor, die bisher praktizierten zollamtlichen Vereinfachungen und Bewilligungen an den AEO-Status zu koppeln. Für Unternehmen, die diesen Status dann nicht haben, wird die Ein- und Ausfuhr von Waren auf-wändiger, sprich: kostet Zeit und Geld.

Profil: Welche rechtlichen Hürden müssen außerhalb der Europäischen Union genommen werden?

Schumm: Viele Staaten haben die Vorschrif-ten für den Im- und Export verschärft. Es gibt besondere Meldepfl ichten, umfangreiche Prüfun-gen und spezielle Zertifi zierungsanforderungen. Ohne die entsprechenden Dokumente werden die Warensendungen gar nicht erst abgefertigt oder landen auf irgendeinem Zollamt und können dort sogar beschlagnahmt werden. Dann warten die Kunden erst einmal vergebens auf ihre Ware. Aber auch unsere Produktionsstandorte können davon betroffen sein, etwa wenn es sich bei der Ware um Ersatzteile für Maschinen und Anlagen handelt. Dann drohen unter Umständen Produk-tionsausfälle.

Profil: Spielen Zölle heute keine Rolle mehr? Schumm: Doch, allerdings keine so große wie

früher. Dennoch lohnt es sich, genau hinzuschau-en. Dazu ein Beispiel: KSPG liefert seit einiger Zeit Komponenten für Pumpen an einen Partner in Russland, der damit das Endprodukt herstellt. Bei Einfuhr der Komponenten in Russland wäre norma-ler Drittlandszoll zu entrichten. Kommen die Pum-pen dann zurück, fiele in Deutschland nicht nur Zoll auf die Wertschöpfung an, sondern ebenso auf die Komponenten. Zölle auf Komponenten lassen sich grundsätzlich vermeiden, wenn in Deutschland das Zollverfahren „Passive Veredelung“ und in Russland „Aktive Veredelung“ beantragt wird.

Profil: Bestehen noch weitere Möglichkeiten, die Produktion im Ausland – Stichwort Local Con-tent – zolltarifl ich zu optimieren?

Schumm: Der Local Content, also der nationale Wertschöpfungsanteil, ist vor allem bei Schwel-lenländern ein beliebtes Instrument der handels-bezogenen Investitionsauflage, obwohl das teil-weise im Widerspruch zum Welthandelsrecht der World Trade Organization (WTO) steht. Wird der vorgeschriebene Local Content nicht eingehal-ten, fallen regelmäßig höhere Steuern im Inland an, aber auch Importzölle. Die Herausforderung ist, mit einer entsprechenden, ursprungsrechtlich geprägten Produktionsplanung den Local Con-tent zu erbringen, um Eingangszölle zu sparen. Das Präferenzwesen mit der Präferenzkalkulation kann dabei unterstützen.

Profil: Wie können Unternehmen vom Präfe-renzwesen profi tieren?

Schumm: Präferenzabkommen sind laterale, bilaterale oder multilaterale Abkommen wie etwa TTIP, über das gerade die EU und die USA verhan-

Die KSPG AG, die Führungsgesellschaft des Rheinmetall-Unternehmensbereichs Automotive, erwirtschaftet mehr als 75 Prozent des Umsatzes (2013: knapp 2,5 Mrd. €) im Ausland. Dieser Anteil wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Denn die Wachstumsmärkte liegen vor allem in Asien sowie in Nord- und Südamerika. Obwohl das Schlagwort „Globalisierung“ in aller Munde sei, halte der internationale Warenverkehr jedoch nach wie vor zahlreiche Fußangeln und Fallstricke bereit, die schnell richtig Geld kosten können, so Anke Schumm, KSPG-Beauftragte für Zoll- und Außenwirtschaft. Mittlerweile sind zwar rund 160 Staaten der Welthandelsorganisa-tion WTO (World Trade Organization) beigetreten, aber dennoch läuft im weltweiten Handel noch längst nicht alles rund. Denn an die Stelle der Zollbarrieren, die WTO-Mitglieder abbauen müssen, treten zunehmend andere Handelshemmnisse wie technische Normen oder spezielle Zertifi kate, mit denen die Staaten versuchen, die heimische Industrie vor allzu viel internationalem Wettbewerb zu schützen. „Im Ver-gleich dazu mutet der beinahe schranken lose Binnenmarkt der Europäischen Union fast schon wie eine Insel der Glückseligen an“, sagt Schumm. Freihandelszonen mit jeweils eigenen Regeln gibt es aber auch außerhalb Europas, etwa in Nord- und Mit-telamerika (Nafta), Südamerika (Mercosur) oder Asien (Asean). „Außerdem stehen bilaterale beziehungsweise multinationale Abkommen auf der Tagesordnung“, so die 55-jährige Zoll- und Außenwirtschaftsexpertin. Ein brandaktuelles Beispiel dafür ist die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership), die gegenwärtig verhandelt wird und die Vor-schriften und Regeln in der Wirtschaft Europas und der USA langfristig so gestalten soll, dass sie besser zusammenpassen; bei diesen Verhandlungen geht es darum, Zölle und andere Handelsbarrieren im transatlantischen Handel zwischen der EU und den USA abzubauen. Schließlich sind international operierende Unternehmen auch von dem weltweiten Kampf gegen Terrorismus und sogenannte Schurkenstaa-ten betroffen. „Eine nationale Exportkontrolle wacht streng darüber, dass weder Güter, die zu militärischen Zwecken verwendet werden können, noch Geld – dazu gehören übrigens auch Gehaltszahlungen – in die falschen Hände gelangen“, er-läutert Anke Schumm. Als Beauftragte für Zoll- und Außenwirtschaft berät sie den Vorstand von KSPG und die Geschäftsführungen der Tochtergesellschaften der drei KSPG-Divisionen Hartparts, Mechatronic und Motorservice in allen Fragen rund um dieses Thema, das die gesamte Wertschöpfungskette betrifft – vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Vertrieb. Wobei dieser Grundsatz uneingeschränkt gilt: Wenn die Regeln beherrscht werden, lassen sich die Erträge optimieren, und niemand läuft Gefahr, mit mehr als dem sprichwörtlich einen Bein im Gefängnis zu stehen…

Anke Schumm:Die zoll-rechtlichen

Regelwerke sind kein Buch mit

sieben Siegeln!

Guidelinesetzt strikte Wegmarken

03INT ERVIE W

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Auch neue Generation der Aida-Kreuzfahrtschiffe wird mit KSPG-Großkolben angetrieben

Varianten für

Diesel und

Seit Ende der 1940er-Jahre hat das Neckarsul-mer Unternehmen weit über 500 000 Kolben für den maritimen Einsatz gebaut. „Bei Kreuzfahrt-schiffen sind wir weltweit die Nummer eins“, sagt Großkolben-Chef Wolfgang Hartmann, und fügt hinzu: „Das gilt ebenso für Schiffsmotoren mit mehr als 5000 Kilowatt (ca. 7000 PS) Leis-tung.“ Auch eine Reihe der aktuellen Kreuzfahrt-schiffe von Aida Cruises wie die „AIDAluna“, „AIDAblu“ und „AIDAsol“ haben Motoren mit Kolben aus Neckarsulm. „Mit ‚AIDAprima‘, der ein baugleiches Schwesterschiff folgen wird, sind wir jetzt auch in der neuen Generation der Aida-Flotte mit von der Partie“, freut sich der 60-jährige Kolbenexperte.

Die neue Schiffsgeneration macht ihrem Na-men alle Ehre – „Prima“ heißt „die Erste“. Denn das Schiff setzt neue Maßstäbe beim Umwelt-schutz. Ein neuartiges Rumpfdesign steigert die Energieeffi zienz. MALS-Technologie (Mitsubishi Air Lubrication System), die das Schiff auf einem

Luftblasenteppich gleiten lässt, und sogenannte Pod-Antriebe, die unterhalb des Rumpfes in einer um 360 Grad drehbaren Gondel angebracht sind, reduzieren den Treibstoffverbrauch. Durch ein mehrstufi ges Filtersystem wird der Ausstoß von Rußpartikeln sowie Stick- und Schwefeloxiden um 90 bis 99 Prozent gesenkt. Und mit dem neu entwickelten „Dual-Fuel“-Motor kann die „AIDA-prima“ im Hafen mit umweltfreundlichem Flüssig-gas betrieben werden, für das keine Abgasnachbehandlung erforderlich ist.

Im Bauch des Schiffes arbeiten vier Antriebe des Kieler Herstellers Caterpillar Motoren, die jeweils zwölf Zylinder in V-Anordnung ha-ben. Jeder leistet rund 1000 Kilowatt, zusammen also 48 000 (ca. 65 000 PS). Drei werden mit Dieselkraftstoff

betrieben, während der vierte wahlweise auch mit Flüssiggas gefahren werden kann. „Im Die-selbetrieb sind die Kolben vor allem hohen Tem-peraturen von bis zu 500 Grad Celsius ausge-setzt“, sagt Hartmann. Im Gasmodus kommt es dagegen vor allem auf hohe Klopffestigkeit an. „Das sogenannte Klopfen entsteht durch unkont-rollierte Zündungen, die sich nie ganz vermeiden lassen, da die Motoren immer so nah wie mög-

lich an der Leistungsgrenze gefahren werden“, erläutert der Maschinenbauingenieur.

Die Kolben bestehen aus zwei Teilen, die mit vier Steh-bolzen verschraubt sind. Das obere ist aus geschmiedetem Stahl und das untere aus Sphäroguss. „Dadurch hal-ten die Kolben sowohl hohen Temperaturen als auch ho-hen Zünddrucken stand“, er-

klärt der Großkolben-Chef. Die Varianten für die Dieselaggregate haben einen Durchmesser von 430 Millimetern und wiegen 219 Kilogramm. Die Kolben für den „Dual-Fuel“-Motor haben einen um 30 Millimeter größeren Durchmesser. „Sonst würde dieser Motor im Gasbetrieb nicht die glei-che Leistung erreichen wie die Dieselaggregate“, erklärt Wolfgang Hartmann.

Die Jungfernfahrt der „AIDAprima“ führt im Oktober 2015 von Yokohama nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ab Frühjahr 2016 wird das Kreuzfahrtschiff von seinem Hei-mathafen Hamburg aus zu siebentägigen Rund-reisen zu den Metropolen Westeuropas in See stechen, und zwar das ganze Jahr hindurch. Auch wenn das Wetter nicht mitspielt, können die Pas-sagiere tropische Strandatmosphäre genießen. Dafür sorgt ein ausfahrbares Foliendach, das kaum wahrnehmbar ist und – ideal für schöne Urlaubsbräune – UV-Licht durchlässt.

Dr. Thomas Oelschlägel

Rostock/ Neckarsulm. Am 3. Mai 2014 öffneten sich für die „AIDAPrima“ die Schleusentore des Docks im japanischen Nagasaki. Gebaut wird das neue Flaggschiff der Kreuzfahrtfl otte der Rostocker Reederei Aida Cruises von Mitsubishi Heavy Industries Ltd. Mit 300 Metern Länge und gut 37 Metern Breite bietet das Schiff, das 124 000 Bruttoregistertonnen hat, Platz für rund 3300 Passagiere. Luxuriöse Kabinen, zahlreiche Restaurants und ein vielfältiges Freizeitangebot versprechen Urlaubsfreuden pur. Modernste Technik sorgt dafür, dass die Umwelt soweit wie möglich geschont wird. So hat „AIDAPrima“ als erstes Kreuzfahrtschiff überhaupt einen „Dual-Fuel“-Motor, der sowohl mit jedem herkömmlichen Treibstoff als auch mit nahezu emissionsfreiem Flüssiggas (LNG) betrieben wer-den kann. Die Kolben für diesen Motor kommen – wie auch die Kolben für die drei Dieselaggregate des Schiffes, das eine Spitzengeschwindigkeit von 21,5 Knoten (ca. 40 km/h) erreicht – von KSPG.

Bis heute weit über

500 000 Kolben für maritimen Einsatz

„Dual-Fuel“

Fotos: Thomas Klink (2)/Aida Cruises (3)

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Profi l: In welchen Branchen werden die Großkolben von KSPG eingesetzt, und was bedeutet eigentlich „groß“?

Hartmann: Das beginnt bei einem Durchmesser von 160 Millimetern und reicht bis zu 640. Diese „Jumbo“-Kol-ben bringen gut eine halbe Tonne auf die Waage, während die kleinsten Vari-anten um die sieben Kilogramm schwer sind – ein Pkw-Kolben wiegt im Schnitt lediglich 200 Gramm. Eingesetzt wer-den unsere Großkolben, die übrigens ausschließlich für Viertaktmotoren be-stimmt sind, vor allem in Kraftwerken, Schiffen und Lokomotiven.

Profi l: Wer sind die wichtigsten Kun-den?

Hartmann: Heute gibt es in der west-lichen Welt im Grunde nur noch fünf Hersteller von schweren Motoren. Das

sind Wärtsilä, Rolls Royce und MAN in Europa und die beiden US-amerikani-schen Unternehmen Caterpillar und General Electric. Bei allen sind wir als Lieferant gelistet und bei drei von ih-nen mit Abstand die Nummer eins.

Profi l: Dann laufen die Geschäfte des „Großkolben“-Bereichs sehr gut, oder?

Hartmann: Diese Frage würde ich gerne mit einem schlichten Ja beant-worten. Aber ganz so einfach ist das nicht. Denn letztlich sind wir von der Entwicklung der Märkte abhängig. Im Energiesektor ist die Situation zurzeit sehr gut. So konnten wir im vergange-nen Jahr für ein großes Projekt in Jorda-nien die Kolben liefern. Dabei handelt es sich um ein Gasmotorenkraftwerk mit insgesamt 500 Zylindern und einer Leistung von 500 Megawatt. Dagegen

herrscht im Schiffsbau nach wie vor Flaute, was wesentlich dazu beigetra-gen hat, dass unser Umsatz 2013 ge-genüber dem Vorjahr um 15 Prozent zurückgegangen ist. Aber wir sind auf dem besten Weg, dies wieder wettzu-machen.

Profi l: Wie sieht die Strategie für die mittlere Zukunft aus?

Hartmann: Eine zentrale Rolle spielt unser neues Großkolben-Werk in Chi-na, das gerade in Kunshan, einem Vor-ort von Shanghai, errichtet wird. Mit diesem Werk, das zu 100 Prozent KSPG gehört, werden sich unsere Chancen auf dem asiatischen Markt deutlich verbessern. Denn auch unsere Kunden produzieren ihre Motoren zunehmend auf diesem Erdteil, wo mittlerweile mehr als 80 Prozent aller Hochseeschif-fe gebaut werden, und fordern dies auch von ihren Lieferanten – Stichwort „Local Content“. Die Investition in das neue Werk hat sich für uns bereits ge-lohnt. Denn wir konnten zehn neue Pro-jekte unter Dach und Fach bringen, die wir sonst wohl nicht erhalten hätten.

Großkolben von KSPG bei allen Herstellern schwerer Viertaktmotoren gefragt

neues Werk in ChinaWachstum durch

tho Neckarsulm. Im Jahr 2013 hat der Geschäftsbereich „Großkolben“ von KSPG einen Umsatz von 75 Millionen € erwirtschaftet. An der Spitze dieses Bereichs steht seit sieben Jahren Wolfgang Hartmann. Das „Profi l“ sprach mit dem 60-Jährigen, der vor Beginn seiner berufl ichen Laufbahn an der Universität Karlsruhe Maschinenbau mit Schwerpunkt Verbrennungsmotoren studiert hat, über die Marktentwicklung und die künftige Strategie des Geschäftsbereichs.

Profi l: Was wurde getan, um die Schadstoffemission der „AIDAprima“ zu reduzieren?

Kohlmann: Zum einen besitzt sie als erstes Kreuzfahrtschiff überhaupt ein dreistufi ges Filtersystem zur Ab-gasnachbehandlung, mit dem alle drei Emissionsarten, also Rußpartikel, Stick-oxide und Schwefeloxide, zwischen 90 und 99 Prozent reduziert werden. Zum anderen haben wir die Energieeffi zienz nochmals deutlich gesteigert. Denn das ist letztlich der effektivste Beitrag zum Schutz der Umwelt – und senkt zu-dem die Betriebskosten.

Profi l: Lässt sich die Energieeinspa-rung beziffern?

Kohlmann: Im Vergleich zu unserem derzeit jüngsten Schiff „AIDAstella“ benötigt „AIDAprima“ rund 20 Prozent weniger Treibstoff. Dies resultiert je

zur Hälfte aus einer Reduzierung des Stromverbrauchs für den Hotelbetrieb – beispielsweise durch Maßnahmen wie bessere Isolierung, elektronisch gere-gelte Pumpen und LED-Lampen – sowie einem innovativen Antriebskonzept.

Profi l: Was beinhaltet dieses Kon-zept?

Kohlmann: Die „AIDAprima“ gleitet auf einem Teppich aus Luftbläschen durch das Wasser, wodurch der Rei-bungswiderstand erheblich verringert wird. Möglich macht dies das neue Mit-subishi Air Lubrication System (MALS), das in unserem neuen Flaggschiff erst-mals eingesetzt wird. Außerdem ver-fügt es als weltweit erstes Kreuzfahrt-schiff über einen „Dual-Fuel“-Motor, der ebenso wie die drei anderen Moto-ren mit Diesel betrieben werden kann, zur Energieerzeugung im Hafen wahl-

weise aber auch mit emissionsfreiem Flüssiggas. Last but not least hat die „AIDAprima“ zwei sogenannte Pod-Antriebe, die unter dem Rumpf in Gon-deln angebracht sind, die sich um 360 Grad drehen lassen. Da somit weder Antriebswellen noch eine Ruderanlage erforderlich sind, konnte die Form des Hecks optimiert und dadurch die Effi zi-enz der Antriebe nochmals verbessert werden.

Profi l: Wird Aida Cruises seine ge-samte Flotte mit modernster Umwelt-technologie à la „AIDAprima“ nachrüs-ten?

Kohlmann: Ja, das wird nach und nach im Rahmen der regulären Werft-zeiten geschehen. „AIDAluna“ bei-spielweise hat dieses Jahr bereits die ersten Installationen des Filtersystems erhalten.

SaubererAntrieb

AIDAprima setzt neue Maßstäbe beim Umweltschutz

tho Rostock. Hochseekreuzfahrten liegen nach wie vor im Trend. Laut einer aktuellen Studie konnte der deutsche Markt 2013 um über neun Prozent auf insgesamt rund 1,7 Millionen Passagiere zulegen. Die Schattenseite des Kreuz-fahrtbooms: Es werden auch mehr Emissionen in die Luft geblasen. Damit ist jetzt bei der neuen Schiffsgeneration der Rostocker Reederei Aida Cruises Schluss. Denn die „AIDAprima“, die im Oktober 2015 mit Großkolben von KSPG „inside“ zu ihrer Jungfernfahrt auslaufen wird, sorgt mit modernster Antriebstechnologie dafür, dass die Passagiere ihren Urlaub auch ruhigen Umwelt-Gewissens genießen können. Über die Innovationen, die dazu erforderlich waren, sprach „Das Profi l“ mit Jens Kohlmann (Foto links). Der 51-Jährige Ingenieur für Schiffsmaschinenbetrieb ist seit 1995 bei Aida Cruises. Zunächst arbeitete er an Bord, wechselte dann in die Neubauabteilung und ist heute als Director Yards & Strategic Projects unter anderem für die technologische Ausrüstung der Kreuzfahrtfl otte der Rostocker Reederei verantwortlich.

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Was macht eigentlich ein Zerspanungs-mechaniker, welche handwerklichen Fer-tigkeiten kann ich lernen, und wie kann ich mich weiterentwickeln? Diese Fragen hat sich Lars Ringer vor Beginn seiner Aus-bildung selbst gestellt. Heute kennt er die Antworten und will Schülern, die kurz vor ihrem Schulabschluss stehen, einen kon-kreten Einblick in seinen Ausbildungsberuf geben: „Als mir mein Ausbildungsleiter, Jörg Wagener, dieses Ehrenamt angeboten hat, habe ich eine Chance gesehen, mei-ne persönlichen, positiven Erfahrungen an andere junge Menschen weiterzugeben“, freut sich der 19-Jährige, der gemeinsam mit Ausbildungsbotschaftern weiterer Un-ternehmen in Celle unterwegs war.

Für seinen ersten Einsatz hielt der enga-gierte Rheinmetall-Azubi vor jeweils rund 20 Schülern aus zwei Oberschulklassen einen vorbereiteten Kurzvortrag – mit gu-ter Resonanz: „Die Schüler haben interes-siert zugehört und nachgefragt.“ Berichtet hat er über seine vielfältigen Erfahrungen des sehr prägenden ersten Ausbildungs-lehrjahres: „Ich habe den Schülern er-zählt, welche manuellen Grundfertigkeiten man erlernen kann, wie zum Beispiel das konventionelle Fräsen, also das spanab-hebende Bearbeiten von Metallen und Kunststoffen mittels eines Fräswerkzeu-ges.“ Sein Anliegen war es, den Schü-lern die Scheu vor dem Start ins Berufsleben zu nehmen: „Bei uns sind die Azu-bis zu Beginn ihrer Ausbi ldungszei t noch nicht in das tägliche Produk-tionsgeschäft eingebunden. Ohne Druck können wir in der Aus-b i l d u n g s -werkstatt an der Maschi-ne ‚üben‘ und werden dabei sehr gut von den Meis-tern betreut.“

Ringer, der sich mittlerweile im zweiten Lehrjahr be-fi ndet, hat den Schü-lern auch Fragen zur be-rufl ichen Weiterentwicklung beantwortet. So lernen Auszubildende bei Rheinmetall nicht nur handwerkliche Fertigkeiten kennen, sondern im zweiten Lehrjahr auch den Umgang mit computer-

gesteuerten Maschinen, zum Beispiel CNC-Fräsmaschinen, um kompliziertere Werkstücke wie Konturen zu fräsen. Und im dritten Lehrjahr werden hochwertige Werkstücke bearbeitet, die für Waffenan-lagen eingesetzt werden.

Damit die Schüler etwas zum „Anfas-sen“ bekommen, hat Ringer bei diesem ersten Einsatz auch Werksteile mitge-bracht, die er oder andere Azubis in der Ausbildungswerkstatt gefertigt haben. Wenn Lars Ringer das dritte Lehrjahr mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen hat, will er das von der Firma angebotene Duale Studium zum Maschinenbauinge-nieur in Anspruch nehmen: „Das ist ein wirklich tolles Angebot, bei dem man im Beruf arbeiten und gleichzeitig studieren kann. Über diese Möglichkeit zur Weiter-bildung und auch die Qualifi zierung zum Techniker oder Meister hat er den Schü-lern berichtet.“ Für ihn war Rheinmetall in Unterlüß ein Glücksgriff: „Neben den vielen Entwicklungschancen haben wir ein super Betriebsklima. Man kann die Meister alles fragen, und etliche der an-deren Auszubildenden sind mittlerweile meine Freunde geworden.“

Für den Einsatz als Ausbildungsbot-schafter wurde Lars Ringer gut vorbereitet; er hatte – wie auch andere Ausbildungs-botschafter – an einem ganztägigen Prä-sentationsseminar der IHK teilgenom-men. Die im Seminar gelernten Techniken der Moderation und Kommunikation wa-ren für ihn ebenso hilfreich wie das ganz konkrete Feedback zu seinem eigenen Vortrag. „Mit dem Projekt wollen wir auch dazu beitragen, dass Auszubildende ihre soziale Kompetenz stärken“, erläutert Kirsten Deising, Ausbildungsplatzkoordi-natorin der IHK Lüneburg-Wolfsburg.

Im Anschluss an seinen Vortrag stan-den Lars Ringer und die anderen Aus-bildungsbotschafter für persönliche Gespräche mit den Schülern bereit: „Ein Schüler ist auf mich zugekommen, weil er sich in unserem Unternehmen bewer-ben möchte. Ich habe ihm konkrete Tipps zur Bewerbung und zum Einstellungstest gegeben.“ Der gebürtige Dannenberger (Elbe) hat auch Fragen zu weiteren, von der Firma angebotenen Ausbildungsbe-rufen, wie zum Beispiel Industriemecha-niker oder Technischer Produktdesigner, beantwortet. „Es hat mir Spaß gemacht, den Schülern Lust auf eine tolle Ausbil-dung zu machen, ihnen die Scheu vor dem ersten Tag im Ausbildungsbetrieb zu nehmen und sie dazu zu ermutigen, sich bei unserem Unternehmen zu bewer-ben.“ Annette Neumann

auf

Ansprache

AugenhöheLars Ringer als Ausbildungs botschafter unterwegs

ges.“ Sein Anliegen war es, den Schü-lern die Scheu vor dem Start ins

„Bei uns sind die Azu-bis zu Beginn ihrer Ausbi ldungszei t

tägliche Produk-tionsgeschäft

Unterlüß/Lüneburg/Wolfsburg.

Als eines der ersten Unterneh-men im Landkreis Celle engagiert sich

die Rheinmetall Waffe Munition GmbH in Unterlüß für das Pilotprojekt „Ausbildungsbot-

schafter“, an dem sich rund 60 Unternehmen mit über 90 Ausbildungsbotschaftern in der Region be-

teiligen. Das EU-Projekt wurde von der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Lüneburg-Wolfsburg initiiert, um Schülern beim Übergang von der Schulzeit ins Berufsle-ben berufl iche Orientierung zu geben. Die Idee des Pro-jekts ist, dass Auszubildende, die sich bereits im zweiten oder dritten Lehrjahr befi nden, Schülern an allgemein- und berufsbildenden Schulen ihren Ausbildungsberuf

näherbringen. Lars Ringer ist der erste ausgewählte Botschafter des Unterlüßer Unternehmens, der

für den Ausbildungsberuf des Zerspanungs-mechanikers unterwegs ist; Anfang De-

zember 2014 hatte er seinen ersten Einsatz bei einer Oberschu-

le in Celle.

Ausbildungs-botschafter

Lars Ringer und Personal leiter

Jörg Wagener mit dem Unterlüßer

Azubi-Team und den beiden

Ausbildern Petra Främke (Hintergrund

rechts) und Thomas Meyer.

ann Unterlüß. Wer Auszubil-dende für sein Unternehmen gewinnen will, muss mitunter neue Wege bei der Rekrutie-rung des Nachwuchses gehen. Im Rahmen des EU-Projektes „Ausbildungsbotschafter“ der Industrie- und Handelskam-mer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg wirbt die Rheinmetall Waffe Munition GmbH in Unterlüß frühzeitig für die im Hause an-gebotenen Ausbildungsberufe und die Förderung betriebs-wirtschaftlichen Denkens. 15 Ausbildungsplätze in unter-schiedlichsten Berufszweigen wollen jedes Jahr mit engagier-tem Nachwuchs neu besetzt werden. „Die Sicherung des

Nachwuchses hat für unsere Firma eine sehr hohe Priorität. Der Ausbildungsbotschafter als wichtige positive Schnitt-stelle zwischen Schule und Unternehmen spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle“, sagt Werner Wegat (Foto rechts), Leiter Human Resour-ces bei der Rheinmetall Waffe Munition GmbH in Unterlüß.

Die Kooperation mit Schulen ist eine gute Möglichkeit, früh-zeitig mit potenziellen Auszu-bildenden in Kontakt zu treten. „Wir stellen fest, dass bisher bewährte Kanäle, zum Beispiel Stellenanzeigen und -börsen, vor dem Hintergrund des zu-nehmenden Fachkräfteman-

gels nicht mehr ausreichen, um qualifi zierte Bewerber zu gewinnen“, sagt Jörg Wagener, Abteilungsleiter Personal für den Defence-Geschäftsbereich Weapon & Munition. Für den 48-Jährigen, der bereits seit 16 Jahren für die Firmengruppe arbeitet, sind gerade Auszubil-dende in der zeitlichen Mitte ih-rer Ausbildung als Botschafter die idealen Ansprechpartner für Schüler: „Die eigene Schulzeit mit den seinerzeit vorhande-nen Einstellungen und Werthal-tungen liegt noch nicht so lange zurück. Außerdem verfügen sie bereits über eine ganze Palet-te an fachlichen und sozialen Erfahrungen aus dem Berufsle-

ben und wissen damit bereits, worüber sie reden.“

Das Pilotprojekt „Ausbil-dungsbotschafter“ ist auf positive Resonanz gestoßen;

daher sollen die Einsätze des Botschafters auf weitere Schu-len im Landkreis Celle ausge-dehnt werden. Das zum Rhein-metall-Konzern gehörende

Unternehmen hat bereits gute Kontakte zu Schulen in Unter-lüß und Suderburg geknüpft; im Rahmen eines Projektes „Jugend forscht“ bestand zum

Beispiel eine Kooperation mit dem Christian Gymnasium in Hermannburg.

Darüber hinaus arbeitet Rheinmetall in Unterlüß auch

mit dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft zusammen, um die Unter-nehmenspräsenz vor Ort zu verstärken. Als Kooperations-partner von Schulen bietet das Bildungswerk eine fünf-tägige PC-gestützte Unterneh-menssimulation an, bei dem die Schüler in die Rolle von Führungskräften schlüpfen und auf betriebswirtschaft-liche und unternehmerische Fragestellungen vorbereitet werden. Wagener: „Dabei wird ein starker Praxisbezug hergestellt, der als erste echte Schnittstelle zwischen Schule und Beruf betrachtet werden kann.“

Frühzeitig fi nden und gezielt fördern

Fotos: Katja Knöfel (1)/Thomas Klink (5)

AK T UELL06

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Werk inprogress

Fotos: Ralf Grothe (8)/Michael Rennertz (7

)

msc Neuss. Rund 1400 Mitar-

beiter mit ihren Partnern sowie etliche prominente Gäste – da-runter neben Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger zahlreiche Vertreter der städtischen Behörden, der am Bau beteiligten Gesellschaften und von Nach-barunternehmen auf der Hafenmole – feierten am 24. Oktober 2014 die Eröffnung des neuen Pierburg-Werks Niederrhein in Neuss („Das Profi l“ 1/2014). Auf das Get-Together in lockerer Atmosphäre und die

Möglichkeit eines Rundgangs durch die neuen Produktionsanlagen folgte ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm, charmant präsentiert von Mo-

deratorin Angela Julie Wadenpohl. KSPG-Vorstandschef Horst Binnig resümierte in seiner Eröffnungsrede einmal mehr, dass das neue Werk ein deutliches Bekennt-

nis zum Standort Neuss sei. Der Komplex wurde in nur zwölf Monaten erbaut und bietet auf 28 000 Quadratmetern Produktions-, Verwaltungs- und Lagerfl äche Platz für über 700

hochmoderne Arbeitsplätze. Bereits im Frühjahr vergangenen Jahres konnte Pierburg mit dem Be-zug beginnen; einem detaillierten Zeitplan folgend, wurden schrittweise Fertigungsanlagen aus den bei-

den Standorten Neuss und Nettetal in das Werk Niederrhein transportiert und dort aufgebaut. Bis Mitte 2015 sollen alle Nettetaler Mitarbeiter an den neuen Werksstandort gewechselt haben. Bereits in der Planung

des Bauvorhabens hatte der Neusser Automobilzulieferer großen Wert auf eine nachhaltige Bauausführung gelegt und schon im Vorfeld erklärt, dass eine DGNB-Silberzertifi zierung angestrebt werde. Dazu Pierburg-Chef Olaf Hedden: „Wir sind als Automobilzulieferer spezialisiert auf Komponenten zur Schadstoff-reduzierung und zur Verbrauchsminderung. Daher ist es für uns selbstverständlich, dass auch unser neues Werk strengen Nachhaltigkeits-Kriterien entsprechen muss. Das Projekt Niederrhein wird zu einem Leit-werk in seinen Produktbereichen innerhalb der internationalen Standortstruktur von Pierburg werden.“

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msc Hannover. Zum 65. Mal fand im Frühherbst 2014 die IAA Nutzfahrzeuge (Nfz) in Hannover statt; die Fachmesse gilt als eine der weltweit wichtigsten Messen rund um die Logistik und Mo-bilität der internationalen Nfz-Branche und zeigte auf rund 265 000 Quadrat-metern Fläche die gesamte Wertschöp-fungskette dieses Fahrzeugsegments. Die stärkste Ausstellergruppe stellten einmal mehr die Zulieferer dar; von ihnen stammten auch rund siebzig Prozent der gezeigten Innovationen. Insgesamt stieg die Zahl der Aussteller um neun Prozent auf 2066. Mit dabei: die KSPG AG, die sich erstmals auf ei-nem neuen Standplatz in Halle 16 und mit einem deutlich vergrößerten Mes-sestand von rund 170 Quadratmetern Fläche präsentierte. Neuentwicklun-gen und innovative Komponenten für Nutzfahrzeugmotoren standen auf dem Programm, darunter beispielsweise ein Thermomanagementmodul für batte-rieelektrische Anwendungen. Durch die Nutzung einer Wärmepumpenfunktion kann der erforderliche Energiebedarf für das Heizen deutlich reduziert werden, was der Reichweite des Fahrzeugs zu-gute kommt. Das Modul ist als wesent-licher Bestandteil des Klimatisierungs-systems vorgesehen und klimatisiert hauptsächlich den Fahrgastraum sowie den Fahrerarbeitsplatz; vorhandene Aggregate wie der Antriebsmotor und der Generator werden dabei in einer innovativen, bislang nicht bekannten Weise als Wärmequellen in den Wärme-haushalt des Fahrzeugs eingebunden. Die Pierburg GmbH – innerhalb KSPG spezialisiert auf Schadstoffreduzierung

und Verbrauchsminderung – präsen-tierte mechatronische Komponenten für Nutzfahrzeuge, darunter neue elek-tropneumatische Wandler und Ölventi-le sowie komplette Kühlermodule, die durch die konsequente Systemintegra-

tion von Komponenten wie AGR-Ventil, Abgasklappen, Drosselklappenstutzen und AGR-Kühler die Reduzierung von Entwicklungs- und Applikationskosten ermöglichen. Außerdem wurden mo-derne Pumpenkonzepte vorgestellt, die

„on demand“ arbeiten und damit Kraft-stoff sparen. Die KS Kolbenschmidt GmbH hat momentan weltweit Stahl-kolben mit Durchmessern von 95 bis 150 Millimetern für neue Nutzfahrzeug-programme in der Entwicklung. Auf der

Messe in Hannover informierte der Her-steller unter anderem über zwei Kon-zepte aus diesem Bereich: Das erste op-timiert die Kühlung und erreicht damit eine Verringerung des Kühlölbedarfs; das zweite setzt auf eine minimale Bau-

höhe und schafft in Kombination mit einem verlängerten Pleuel eine Redu-zierung der Reibkräfte. So werden maß-geschneiderte Lösungen für teilweise konträre Forderungen präsentiert, die den Kraftstoffverbrauch reduzieren. Ein

neues Dreistofflager-Konzept KS R55Q für Hauptlager in leichten und mittel-schweren Lkw und Bussen stellte die KS Gleitlager GmbH vor. Im Zusam-menspiel der einzelnen Komponenten erreicht das Stahl-Aluminium-Polymer-

Lager ein Belastbarkeitsniveau, das deutlich über der Leistungsfähigkeit der existierenden Stahl-Aluminium-Zweistofflager liegt. Damit dringt es auf eine Leistungsstufe vor, welche bisher den wesentlich aufwändigeren Galvanik-Gleitlagern auf Bronzebasis vorbehalten war. Ein weiteres Mes-sethema waren Stahl-Bronze-Kunst-stoff-Verbundgleitlager, die unter dem Markennamen „Permaglide“ laufen. Wartungsfrei oder wartungsarm wer-den sie überwiegend in automotiven Anwendungen eingesetzt. Betrachtet man den Aufbau eines Nutzfahrzeugs, so müssen vielfältige Fahrzeugsyste-me (z.B. Motor, Getriebe, Achsen oder Hydraulik) zusammenwirken. Für viele von ihnen lässt sich die Lösung einer speziellen Lageraufgabe durch eine gezielte Kombination aus Werkstoff, Oberfläche und Formgebung aus dem Permaglide-Baukasten finden. KSPG-Vorstandschef Horst Binnig zeigte sich zufrieden mit der Messepräsenz: „Der Nutzfahrzeugmarkt gewinnt für uns – nicht zuletzt aufgrund der immer stren-ger werdenden Abgasvorschriften – im-mer mehr an Bedeutung. Wir können hier unsere langjährigen Erfahrungen und Innovationskraft aus dem Pkw-Be-reich einbringen und mit Produkten zur Schadstoff- und Verbrauchsreduktion punkten. Die IAA Nutzfahrzeuge war in vielerlei Hinsicht ein voller Erfolg – wir hatten zahlreiche interessante und wichtige Kundenkontakte, qualitativ gute Gespräche und haben mit unse-rem neuen Marktauftritt unsere um-fassende Kompetenz am neuen Stand-platz professionell präsentiert.“

Frankfurt am Main. Eine zweite hochkarätige Messe war die Automechanika in Frankfurt am Main (16. – 20. September 2014). Die MS Motorservice International GmbH präsentierte sich auf knapp 500 Quadratmetern Fläche in Halle 5 auf einem Gemeinschaftsstand mit den deutschen Tochtergesellschaften MS Motorservice Deutschland GmbH und BF Germany GmbH. Anwesend waren außerdem Vertreter der Tochtergesellschaften aus Frankreich, Spanien, der Türkei, Brasilien und China. Ei-nes der Messehighlights war der neue Onlineshop des Ersatzteilspezialisten. Er verfügt über eine deutlich über-arbeitete Oberfläche mit intuitiver Benutzerführung und Features wie umfangreiche Suchmöglichkeiten, eine ef-fiziente Bestellabwicklung und Verfolgung sowie Zusatz-informationen rund um die Produkte und Bestellungen. Außerdem wurden KS Stahlkolben für Nutzfahrzeuge und Industriemotoren gezeigt. Im Unterschied zu Pen-delschaftkolben, die aus einem Oberteil aus Stahl und einem über den Bolzen verbundenen Schaft aus Alumi-nium bestehen, sind bei Monomaterialkolben aus Stahl

höhere Kräfte, Temperaturen und Drücke realisierbar, so dass strengere Abgasnormen erfüllt werden können. Als einer der ersten wird Motorservice Stahlkolben künftig auch im Aftermarket anbieten. Ein weiteres, auch visuell deutlich erkennbares Thema war der neue Marktauftritt der KSPG AG, für deren Aftermarket-Geschäft die Motor-service-Gruppe zuständig ist. Innerhalb des neuen Auf-tritts zeigt sich der Ersatzteilspezialist als eine der drei Divisionen von KSPG und betont damit stärker als bisher seine Kompetenz als Tochtergesellschaft eines OE-Zulie-ferers. Unter dem Gruppenslogan „Unser Herz schlägt für ihren Antrieb“ definiert sich Motorservice als Service-partner rund um den Motor mit einem breiten Portfolio an Qualitätsprodukten und Dienstleistungen. Divisionschef Hansjörg Rölle: „Die Automechanika war einmal mehr ein Highlight im Jahresgeschehen, und unser Stand war an allen Tagen außerordentlich gut besucht. Viele neue internationale Kunden sind gekommen, bestehende Kontakte wurden gepflegt und neue geknüpft. Wir sind mit dem Messeergebnis rundherum zufrieden.“ msc

Highlights im Messejahr 2014

Fotos: Kornelia Danetzki (27)/EAC GmbH/Messe Frankfurt Exhibition Gmbh, Michael Zargarinejad

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Profil: Mit Motorservice kommen Sie viel rum. Haben Sie noch einen Überblick, welche Länder Sie in den vergangenen Jahren bereist haben?

Szopa: Das ist wirklich schwierig. In der Antarktis, da war ich auf jeden Fall noch nicht (lacht). Aber davon ab-gesehen habe ich tatsächlich schon sehr viel gesehen. Ich war auf jedem Kontinent. In Australien und Neusee-land, Amerika, so gut wie jedem Land in Europa und ganz Nordafrika mit Aus-nahme von Libyen. Auch die restlichen Länder Afrikas habe ich zu einem gro-ßen Teil gesehen. In Asien war ich na-türlich in Japan und China, aber auch in Korea. Vietnam ist eines der Länder, das mir noch fehlt und das mich per-sönlich noch sehr reizen würde.

Profil: In welchem Land oder an welchem Ort haben Sie etwas für Sie ganz Besonderes erlebt? Was waren Ihre persönlichen Highlights?

Szopa: Es ist wirklich schwer, etwas aus der Vielzahl der tollen Begegnun-gen und Orte hervorzuheben. Zum Bei-spiel der Tee in Saudi Arabien mit guten Geschäftspartnern aus Dubai, die man inzwischen schon als Freunde bezeich-nen kann. Inzwischen war ich auch einige Male schon privat dort, zum Urlaub machen. Aber auch die netten Menschen in Sambia und Botswana oder der Flug über den Kilimandscharo sind mir noch in guter Erinnerung. Ein Highlight, das mich schon sehr beein-druckt hat, war sicher Machu Picchu in Peru. Der Himmel, das Blau – das ist gigantisch. Du bist ja praktisch ober-halb der Wolkendecke. Absolut beein-druckend. Und seitdem kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, wie sehr man die Höhe tatsächlich spürt. Man redet in Seminaren auf einmal Unsinn oder wechselt in eine andere Sprache, und alle Einheimischen lachen sich schlapp. Oder man merkt nach ein paar Treppenstufen, dass die Luft zum Atmen fehlt. Aufgrund dieser Höhen-lage bin ich mit einem ganzen Koffer voll handgefertigter Teile, die ich den Einheimischen abgekauft habe, nach Hause gekommen. Unter normalen Umständen hätte ich das wahrschein-lich nicht alles gekauft!

Profil: Bei den zahllosen Kontakten, die Sie berufsbedingt pfl egen, läuft Ih-nen doch sicher auch ab und zu Promi-nenz über den Weg?

Szopa: Nun, ich hatte es schon hin und wieder mit wichtigen Personen zu tun, die in ihren Ländern prominent sind. Bei einem Seminar in Ägypten hatte ich zum Beispiel das Vergnügen, den stellvertretenden Verteidigungs-minister als einen unserer Gäste per-sönlich begrüßen zu dürfen.

Profil: Sie kommen ja in Gegenden, die viele Menschen nie in ihrem Leben sehen. Ist man da nicht manchmal überfordert?

Szopa: Inzwischen hab’ ich so viel gesehen, da haut mich nichts mehr um. Man darf nicht pingelig sein. Man weiß vorher nie, ob man in einem guten Hotel unterkommt, oder eben in einem Zimmer für neun US-Dollar. Manchmal schläft man auch auf einen Fußboden mit ein paar Anderen zusammen. Aber das geht alles und ist defi nitiv eine Er-fahrung.

Profil: Kamen Sie schon einmal in gefährliche Situationen?

Szopa: Ich war in Ägypten und Tu-nesien, kurz vor der Revolution dort, oder in Syrien, eine Woche vor Kriegs-ausbruch – da hatte ich echt Glück mit meinem Timing. Aber mir ist noch nie etwas passiert. Manche sagen: „Du bist ja verrückt, da überall hinzuge-hen!“ Nach Saudi Arabien beispiels-weise oder auch in den Iran. Aber das ist alles kein Problem. Das Schlimmste, was mir jemals passiert ist, war eine Reifenpanne nachts auf der Landstraße in Sambia. Mit unseren Handys hatten wir dort keinen Empfang. Aber selbst das war am Ende ein tolles Erlebnis: Ein Einheimischer, der zufällig vorbei-kam, ist mit seinem Wagen einen Um-weg von 50 Kilometern zu unserem Hotel gefahren und hat dort Bescheid gesagt, dass wir Hilfe brauchen. Und dann kam tatsächlich Hilfe vom Hotel angefahren. Ein Tipp für Afrika-Rei-senden: Auf keinen Fall nachts fahren, egal, wie die Straßen aussehen. Es gibt wirklich unglaublich nette und freund-liche Menschen, die man so auf Reisen trifft.

Profil: Gehen Sie auch viel unter die Menschen und versuchen, etwas von deren Alltagsleben mitzubekommen?

Szopa: Meine Frau ist manchmal neidisch, was ich alles für Orte ken-nenlerne. Aber manchmal sieht man wirklich nur den Flughafen, das Hotel

und den Kunden und ist dann schon wieder weg. Ich war schon zweimal in Moskau, aber habe noch nie den Ro-ten Platz oder den Kreml gesehen. Ich war oft in China – aber die Chinesische Mauer habe ich erst gesehen, als ich 2013 mit meiner Gattin Karin und mei-nem Sohn André dort Urlaub gemacht habe. Bei einem einzelnen Aufenthalt bekommt man sicher nicht viel mit, aber wenn man immer wieder kommt und auch die Menschen nach und nach kennenlernt, erhält man auch tiefere Einblicke. Oft war es so, dass ich durch meine berufl ichen Aufenthalte gemerkt habe, dass mich ein Ort interessiert – und dann bin ich privat noch einmal als Urlauber dort hingefahren.

Profil: Was macht Ihnen bei Ihrer Ar-beit am meisten Spaß?

Szopa: Neue Menschen und Kultu-ren kennenzulernen, das ist für mich das Größte. Man sollte einfach keine Angst oder Bedenken haben. Man muss offen sein. Ich freu’ mich immer auf ein neues Land, in dem ich bis dato noch nie war. Auf neue Leute, neue Ge-sichter. Man passt sich dann einfach den Gegebenheiten an. Wenn man zum Beispiel in einem muslimischen Land ist, in dem gerade Ramadan ist, dann macht man eben mit. Das ist aber auch kein großes Problem, daran kann man sich gut gewöhnen. Einzig mit dem Trinken muss man aufpassen. Vor al-lem in warmen Ländern verliert man natürlich viel Flüssigkeit.

Profil: Was macht die KSPG-Divi sion Motorservice – bzw. Ihre Firma MSI – Ihrer Meinung nach besonders? Was können Sie einfach besser als andere?

Szopa: Ich denke, das Verhältnis zu den Kunden ist schon wichtig. Das ist manchmal wirklich freundschaftlich. Da hat man einen viel direkteren Draht zueinander, das prägt MSI. Jahrelange Beziehungen insgesamt. Es wird sehr honoriert, dass wir einen persönlichen Kontakt zu den Kunden pfl egen und wirklich auch in entlegene Ecken eines Landes kommen, in die sich niemals ein Tourist verirren würde. Das ist für die Menschen eine Ehre, dass jemand aus Deutschland zu ihnen kommt und sich um sie kümmert und ihnen Motor-kenntnisse vermittelt. Viele Mitarbeiter von Kfz-Werkstätten sind ja einfach Schrauber, Tüftler ohne jegliche Aus-bildung, die sich all ihr Wissen selbst angeeignet haben. Die haben ja auch nie die Gelegenheit, über die Materie zu diskutieren, es sei denn, mit ihren Kollegen, die oft auch nicht mehr wis-sen. Da kommt man sich manchmal vor wie ein Lehrer. Aber meine Gastgeber hören gut zu, sind wissbegierig und wollen wirklich intensiv dazulernen.

Profil: Was ist den Kunden beson-ders wichtig? Gibt es da vielleicht Un-terschiede je nach Land und Leuten?

Szopa: Das Teil muss ein „Original“ sein. Das ist für die meisten der Haupt-punkt. Vor allem, weil natürlich viele Fälschungen im Umlauf sind. Da hilft es auch, dass wir den Menschen zei-gen, wie sie Originalteile von Fälschun-gen unterscheiden können. Wichtig ist natürlich immer der Preis, aber zuneh-mend auch die Qualität. Die Kunden

wissen, dass sie mit uns sehr gute Qua-lität zu einem fairen Preis bekommen.

Profil: Welches Feedback erhalten Sie von den Kunden bezüglich Ihrer Produkte?

Szopa: Je weiter entfernt Sie von Europa und den Industrienationen sind, desto mehr konzentriert sich die Kundennachfrage auf Kolbenschmidt-Produkte. Für viele Kunden, gerade auch in arabischen Ländern, die ganz andere Schriftzeichen benutzen, ist vor allem das KS-Logo ein Zeichen, das sie sofort wiedererkennen. Bei Pierburg ist dieser Effekt weniger häufi g, weil es vielerorts (noch) keine Emissionsge-setze oder Abgasnormen gibt, und der Bedarf an schadstoffreduzierenden Teilen dementsprechend geringer ist. In Israel ist Pierburg aber zum Beispiel sehr bekannt und gefragt; dort haben wir sogar einen Vortrag vor Vertretern des Umweltministeriums gehalten. Das Seminar hat, wie sich im Nachhi-nein herausgestellt hat, dazu beige-tragen, strengere Emissionsgesetze in Israel zu verabschieden.

Profil: Wofür schlägt denn Ihr Herz, abgesehen von der Arbeit?

Szopa: Durch meinen Beruf ist das Reisen nach wie vor meine große Lei-denschaft. Ansonsten schlägt mein Herz für Fußball und für meinen Gar-ten. Ich habe riesige Bananenstauden, auf die ich sehr stolz bin. Die Garten-arbeit entspannt. Das brauche ich, immer ein bisschen zu schnipseln und mich um meine Pfl anzen zu kümmern. Soweit es die Zeit zulässt, bin ich auch noch als Fußballschiedsrichter aktiv.

„In der Antarktis

Johann Szopa ist für die KSPG-Division Motorservice seit zwölf Jahren weltweit unterwegs

war ich noch nicht!“Johann Szopa ist Globetrotter von Berufs wegen. Als Serviceingenieur hält der 57-Jährige für

die KSPG-Division Motorservice auf der ganzen Welt Vorträge über Motorenteile, deren Einbau und deren Wartung. Deutlich mehr als 100 Tage im Jahr ist der gelernte Kfz-Handwerker auf Achse, gut 250 000 berufl iche Reisekilometer kommen übers Jahr dabei im Schnitt zusammen. Von Russland über China bis Südafrika und Australien – Szopa kennt die fünf Erdteile wie seine eigene Westen-tasche. Obwohl es auch für ihn noch weiße Flecken auf dem Globus gibt – zum Beispiel die Antarktis oder in Südamerika. „Das Profi l“ sprach mit dem gebürtigen Oberschlesier (Lambsdorf),

der seit Juli 2002 beim Neuenstädter Aftermarket-Spezialisten MS Motorservice International GmbH arbeitet, der seinerseits geschäftliche Beziehungen in weit über 130 Ländern der Erde unterhält.

Johann Szopa ist Globetrotter von Berufs wegen. Als Serviceingenieur hält der 57-Jährige für die KSPG-Division Motorservice auf der ganzen Welt Vorträge über Motorenteile, deren Einbau und deren Wartung. Deutlich mehr als 100 Tage im Jahr ist der gelernte Kfz-Handwerker auf Achse, gut 250 000 berufl iche Reisekilometer kommen übers Jahr dabei im Schnitt zusammen. Von Russland über China bis Südafrika und Australien – Szopa kennt die fünf Erdteile wie seine eigene Westen-tasche. Obwohl es auch für ihn noch weiße Flecken auf dem Globus gibt – zum Beispiel die Antarktis oder in Südamerika. „Das Profi l“ sprach mit dem gebürtigen Oberschlesier (Lambsdorf),

der seit Juli 2002 beim Neuenstädter Aftermarket-Spezialisten MS Motorservice International GmbH arbeitet, der seinerseits geschäftliche Beziehungen in weit über 130 Ländern der Erde unterhält.

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1 |Doppelradspürgerät – zwei silikon-ummantelte Räder zur lückenlosen, automatischen Erkennung sess-hafter Kampf- und Gefahrstoffe am Boden während der Fahrt

2 |Standoff-Infrarot-Detektor – er er-kennt fl üchtige chemische Gefahr-stoffe in der Luft auf Entfernung

3 |„ABC-Heck“ mit u.a. Röhrenma-gazin zum Probentransport, Markerschleuse, Handschuhaus-griff und Zange zur Probennahme

4 |Massenspektrometer (hinter dem Bedienerplatz) zur chemischen Analyse der gesammelten Proben

5 |Bedienerplatz mit der Rheinme-tall-Software „NBC-Inspector“ – das Herzstück des ABC-Rüstsatzes

6 |Zentrales Computersystem

7 |Fernbedienbare Waffenstation FLW 200 – unter Schutz bedien-bar, zur Selbstverteidigung

7

2

1

Der Fuchs ist schlau und schnell. Beide Attribute des legendären Reineke treffen auch auf den vielseitigen und bewährten Transport-panzer gleichen Namens zu. Sein schlaues Konzept erlaubt zahlrei-che Verwendungsmöglichkeiten, und mit seinem leistungsfähigen Fahrwerk (Antriebsformel 6x6) ist er nicht nur bis zu 100 Kilometer pro Stunde schnell, sondern auch in schwerem Gelände äußerst mobil. Bereits in den 1970er Jahren eingeführt, zählt der Radpanzer Fuchs noch heute zu den zuverlässigsten „Arbeitstieren“ der Bun-deswehr. Rund 900 Fahrzeuge in mehr als 30 verschiedenen Vari-anten (davon 16 Varianten 1A8) werden die deutschen Streitkräfte weiter nutzen – ein großer Teil davon auf dem derzeit modernsten Konstruktionsstand Fuchs 1A8. In dessen Design – unten zu sehen – fl ossen die Erfahrungen aus den zahlreichen Auslandseinsätzen ein. Dies äußert sich durch verstärktes Fahrgestell und Antriebsstrang, höheres Schutzniveau, neues Staukastenkonzept sowie Integration einer fernlenkbaren Waffenstation. Das alles steigert das Gewicht zwar auf rund 20 Tonnen, aber an Agilität geht nichts verloren. Welt-weit erlangte vor allem eine besondere Variante des Fuchses Be-rühmtheit: der zur Aufklärung atomarer, biologischer und chemischer Kampfstoffe ausgelegte „ABC-Spürfuchs.“ 102 befi nden sich im Be-stand der deutschen ABC-Abwehrtruppe, davon bislang acht in der 1A8-Version. Großbritannien hat derzeit elf Spürfüchse im Bestand, Norwegen nutzt sechs, ebenso die Niederlande, Saudi-Arabien zehn und die Vereinigten Arabischen Emirate 32. Von Rheinmetall stammt

nicht nur das Trägerfahrzeug; vor allem für die umfassende Integra-tion und Vernetzung der an Bord befi ndlichen Vielzahl unterschied-lichster Einzelsensoren zeichnet das wehrtechnische Systemhaus verantwortlich. Einen Ausschnitt dessen, was alles dazugehören kann, zeigt die Schnitt-Grafi k auf der rechten Seite. Vier Mann be-dienen in der Regel das System: Fahrer, Kommandant, Spürer 1 und Spürer 2. Von Rheinmetalls Kompetenz im Bereich der ABC-Abwehr (oder wie es heute neudeutsch heißt) CBRNE-Defence (Chemical, Bio-logical, Radiological, Nuclear, Explosives) profi tieren aber auch zivile Einsatzkräfte. So setzt beispielsweise die Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen zivile ABC-Spürfahrzeuge mit Rheinmetall-Technologie ein. Der produktive „Fuchsbau“ befi ndet sich in Kassel: In den ehe-maligen Henschel-Werken unterhält Rheinmetall MAN Military Vehi-cles bis heute alle notwendigen Voraussetzungen für Instandset-zung, Modernisierung – und Neufertigung von integrierten Systemen inkl. der zugehörigen Trägerfahrzeuge! So konnte durch den Auftrag der Vereinigten Arabischen Emirate aus dem Jahr 2005 zur Lieferung von 32 modernen, vollintegrierten ABC-Spürsystemen das neue Trä-gerfahrzeug Fuchs 2 entwickelt werden. Der weitere Erfolg dieses Produkts ist ein eindrucksvoller Beweis für die Richtigkeit dieser Strategie. So laufen aktuell in der documenta-Stadt die ersten Exem-plare für Algerien von den Bändern; das nordafrikanische Land wird freilich demnächst die Endmontage seiner Fahrzeuge in eigens dafür eingerichteten heimischen Produktionsstätten vornehmen. jpw

DasSpürfuchs

ABC 3

6

5

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Auftritt zum

Jubiläum setzte

Rheinmetall Defence auf der Eurosatory 2014 in Paris

viele Akzente

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Die „Hardware“ aus dem gesamten Defence-Bereich von Rheinmetall wurde zudem durch moderne interaktive Präsentations-technik ergänzt – und natürlich standen die Mitarbeiter jederzeit bereit, dem Fachpublikum Rede und Antwort zu stehen.

Weit über 130 hochrangige Delegationen aus aller Welt besuchten Rheinmetall an seinem repräsentativ gestalteten, mehr als 1800 Quadratmeter großen Messestand, der sich u.a. durch zwei mittels einer Brücke verbundene, zweigeschossige Pavillons auszeichnete.

Unter den 1504 Eurosatory-Ausstellern aus 58 Staaten war traditionell auch Rheinmetall-Defence. Zu den auf dem Pariser Messegelände ausgestellten Großgeräten zählten der MBT Evolution, der Bergepanzer 3 Büffel und der Pionierpanzer Kodiak.

jpw Paris. Geburtstag zweier Institutionen: Sowohl der Eiffelturm als auch Rheinmetall feierten 2014 ihr 125-jähriges Jubiläum. Kein Wunder also, dass die Eu-rosatory 2014 als bedeutendste europäische Wehrtech-nikmesse für Landsysteme zu einem Höhepunkt wurde. 1504 Aussteller aus 58 Staaten, 707 akkreditierte Jour-nalisten, 55 770 Besucher, 172 offi zielle Delegationen aus 88 Staaten und von drei internationalen Organisa-tionen – die internationale Fachmesse in Paris gehörte 2014 wieder einmal zu den Spitzenevents der Branche. Rheinmetall setzte dabei alleine schon mit seinem neuen Messestand Akzente: Über 1800 Quadratmeter Grundfl äche und zwei durch eine Brücke verbundene zweigeschossige Pavillons boten viel Ausstellungsfl ä-che; darüber hinaus sorgten sieben Besprechungsräu-me für einen repräsentativen Rahmen, um die vielen Gäste aus aller Welt empfangen zu können. „Mehr als 130 Delegationen aus 54 Staaten hatten sich bereits im Vorfeld angemeldet. Dazu kamen noch weitere überra-schende Gäste, die wir ebenso gerne empfangen ha-ben“, so Dr. Daniel Berger, der mit seinem Team in be-währter Professionalität die Standleitung wahrnahm. Den Messebesuchern bot sich am Rheinmetall-Stand ein Überblick über das umfangreiche Produktportfolio, das die gesamte Wirkungskette „vom Sensor bis zum Effektor“ abdeckte. Unter den dreizehn Großgeräten auf dem Außengelände gab es gleich drei Premieren: das geschützte Fahrzeug „Survivor R“, das Flugab-wehrgeschütz „Oerlikon Revolver Gun Mk2“ sowie das automatisierte Mörsersystem „Vingpos Mortar Weapon Station“. Die besondere Stärke des Düsseldorfer Tradi-tionsunternehmens ist es darüber hinaus, neue und be-reits bewährte Produkte und Systeme zu schlagkräftigen Gefechtsverbunden zu vernetzen. Dabei kann Rheinme-tall sehr fl exibel auf Kundenwünsche eingehen. Genau dies zeigte das Unternehmen auf der Eurosatory unter anderem am Beispiel von Soldatensystemen. Neben der

umfangreichen Produktpräsentation trug aber nicht zuletzt die Leistung des Eurosatory-Teams aus allen

Rheinmetall-Bereichen zum Gelingen der Messe bei. „Es ist immer wieder eine Freude, die-

sen ‚Rheinmetall-Teamgeist‘ zu sehen“, so Dr. Berger zufrieden. Nicht zuletzt des-

halb gehörte der Eurosatory-Auftritt zu den Höhepunkten im Jubilä-

umsjahr von Rheinmetall.

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Frankreich als auch Großbritannien über das Rohrrücklaufgeschütz ver-fügten, musste das Deutsche Reich nachziehen. Und so kam es im Jahre 1904 zum ersten reichsdeutschen Ge-schützauftrag an Rheinmetall: die Um-rüstung des starren Feldgeschützes C/96 in ein Rohrrücklaufgeschütz, das anschließend unter der Bezeichnung C/96 n. A. (= neuere Art) im Heer ein-geführt wurde.

In den folgenden Jahren wurde Rheinmetall zu einem ernsthaften

Konkurrenten Krupps auf dem Geschützsektor. Ob Flugabwehr-kanonen, Feld- und Gebirgsge-schütze, Mörser, Festungs- oder

Belagerungsgeschütze – an der Aufrüstung des Deutschen Rei-

ches vor dem Ersten Weltkrieg war Rheinmetall maßgeblich beteiligt.

Das führte soweit, dass Krupp glaubte wissen zu müssen, was der Nachbar in

Düsseldorf machte. Über die Börse kaufte Krupp heimlich Rheinmetall-Aktien auf und erwarb dadurch bis 1909 die Mehrheit am Unterneh-men. So gelang es den Krupp-Inge-

nieuren, Einblick in technische Unterlagen zu erhalten. Das

Reich war nach 1918 nicht glücklich über den Ein-

fluss, den Krupp auf Rheinmetall hatte –

und das führt uns zur nächsten Ge-

schichte auf dieser Seite. lb

Wilhelm II. hielt nicht viel

von RheinmetallGeschützproduktion startete vor 115 Jahren

1925 verliert Krupp seinen Einfluss auf Rheinmetall

Deutsches Reichhält die Mehrheit

Bedeutende Meilensteine in der Unternehmensgeschichte Rhein-metalls waren gegen Ende des 19.

Jahrhunderts die Patente Heinrich Ehr-hardts zur Herstellung nahtloser Rohre für Patronen und Geschützrohre sowie seine Beteiligung an der Entwicklung des Rohrrücklaufgeschützes. Das Deutsche Reich nutzte allerdings die Technologie des langen Rohrrücklau-fes nicht, denn bei der Heeres- und der Marinetechnik war Kaiser Wilhelm II. allzu sehr auf den Essener Krupp-Konzern und dessen starre Ge-schütze fixiert.

Deswegen lud Rheinmetall ausländische Gäste aus Eu-ropa, den USA und sogar aus China nach Unterlüß ein und überzeugte einige von ih-nen, z. B. die Militärs aus Großbritannien, Norwegen oder den USA, von der Qualität der Geschütze. Auf dieser Basis be-gann der Erfolg von Rheinmetall: Im Jahre 1900, vor nunmehr 115 Jahren, begann die Produk-tion von Geschüt-zen einschließlich der Geschützrohre. Schließlich konnte sich selbst der Kai-ser der neuen Tech-nik nicht verschlie-ßen. Angesichts der Problematik, dass sowohl

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges hatten die Sieger-mächte, vor allem die Briten und die Franzosen, im Versailler Vertrag festgelegt, dass deutsche Unternehmen nur noch

eine eng begrenzte Anzahl von Rüstungsgütern fertigten durften. Interessanterweise wurden als Fertigungsstätten meist solche ausgesucht, die in den Jahren bis 1918 die „Nummer 2“ bei ihren jeweiligen Produkten gewesen waren. So erhielten z. B. auf dem Gebiet der Handfeuerwaffen nicht die Mauser-Werke in Oberndorf das „permit“, die Erlaubnis zur Fertigung, sondern deren kleinerer Konkurrent, die Simson-Werke in Suhl. Und für den Bau der weni-gen dem Reich erlaubten Geschütze wurde nicht der Essener Krupp-Konzern zugelassen, sondern Rheinmetall in Düsseldorf. Leben konnte das Düsseldorfer Unternehmen davon allerdings nicht, genausowenig wie von dem verlustträchtigen Fertigungs-zweig Lokomotivbau, der anstelle der militärischen Produktion aufgenommen worden war. Unruhen und Streiks, Auftragsannul-lierungen, weitreichende Zerstörungen von Einrichtungen durch die Franzosen und Belgier, die zu Beginn der 1920er Jahre Teile des Rheinlands und des Ruhrgebietes besetzt hielten, oder die Hyperinflation hatten Rheinmetall bis 1925 an den Rand des Ruins geführt. Nur durch Kapitalerhöhungen und die Ausgabe von An-leihen konnte das Unternehmen aufrechterhalten werden – und durch ein hohes Darlehen des Deutschen Reiches. Über dessen Umwandlung in Gesellschafterkapital wurde von 1925 an, vor

nunmehr 90 Jahren, das Deutsche Reich Großaktionär bei Rheinmetall. Seit 1928 besaß die reichseigene VIAG AG sogar die Kapitalmehrheit. Warum stieg das Reich in dieser Zeit bei

Rheinmetall als Aktionär ein? Der Grund ist darin zu su-chen, dass das Militär während der Weimarer

Republik mit teils schweigender, teils offener Zustimmung der Regierung hinter dem Rü-cken der Alliierten Kontrollkommission eine in Teilen illegale Aufrüstung plante. Nun besaß Krupp allerdings seit 1909 die Mehr-heit an Rheinmetall und damit weitreichen-den Einfluss auf das Unternehmen, den das Reich nunmehr selbst ausüben wollte.

Mit der Folge, dass Krupp herausgedrängt wurde: Der Essener Konzern, mittlerweile

selbst wieder ein wichtiger Produzent von Rüstungsgütern, zog sich nach und nach bei Rheinmetall zurück. Die Reichsbeteiligung – samt ihren unheilvollen Auswirkungen auf die nachmalige Rheinmetall-Borsig AG während des Dritten Reiches – blieb bis 1956 erhalten. Die junge Bundesrepublik Deutschland ging nach 1956 den umgekehrten Weg: Die Unter-nehmen, die zur Ausstattung des Bundeswehr herangezogen wurden, sollten nicht im Besitz des Bundes sein. So wechselte Rheinmetall für fast ein halbes Jahrhundert in den mehr-heitlichen Besitz der Röchling-Familie. lb

Beginn der Produktion in Unterlüß

In Unterlüß wird die Fabrikation von Geschütz-

patronen aufgenommen. Täglich werden 2000 –

3000 Patronen gefertigt.

190

5

Erste GleitlagerBei der Karl Schmidt GmbH werden 1935 die ersten Aluminium-Gleitlager her-gestellt.

1935

Geld auf’s Konto1965 führt Rheinmetall die bargeldlose Gehalts-zahlung ein.

196

5Nitrochemie wird zivilMit dem ersten Konzept zur

„Herstellung ziviler Fein-chemikalien“ wird 1965 die Grundlage zur Herstellung chemischer Zwischenpro-dukte bei der Nitrochemie

GmbH in Aschau gelegt.

Tod von Alfred PierburgDer Pierburg-Gründer in Neuss, Alfred Pierburg, stirbt am 3. April 1975,

wenige Tage vor der Vollen-dung des 72. Lebensjahres.

1975

198

5 Neue Kolben für NutzfahrzeugeKolbenschmidt stellt 1985 einen neu entwickelten Pendelschaftkolben, der durch den Einsatz von Eisenwerkstoffen mit ent-sprechend höherer Festig-keit eine Alternative zum Aluminiumkolben darstellt, für die Serieneinführung in Nkw-Motoren zur Ver-fügung.

1915 Neue Hauptverwaltung

An der Ulmenstraße in Düsseldorf lässt Rhein-metall ein neues Haupt-verwaltungsgebäude errichten.

198

5Trennung von WMFRheinmetall trennt sich

nach einem erfolglos durchgeführten Kartellver-fahren von der Beteiligung

an der WMF AG.

200

5 Protective ShieldRheinmetall präsentiert im Erprobungszentrum Unter-

lüß erstmals das Schutz-system Protective Shield.

Kolbenschmidt in den USA1990 gründet Kolben-schmidt in den USA mit der Atsugi-Unisia Corp. ein Gemeinschaftsunterneh-men für Kolben. Im Oktober startet im Werk Marinette die Produktion.

199

0Start für den „Wiesel“Die Krupp MaK-Maschinen-bau GmbH liefert 1990 den

ersten lufttransportfähi-gen, gepanzerten Waffen-

träger „Wiesel 1“ in den Versionen TOW und MK20

an die Bundeswehr aus.

PzH 2000Die Erprobung der Panzer-haubitze 2000 wird mit der Erteilung der Einführungs-genehmigung 1995 erfolg-reich abgeschlossen.

199

5GTKFür das deutsch/französi-sche Projekt „Gepanzerte

Transportfahrzeuge“ grün-det Rheinmetall 1995 ein

Konsortium zwischen den Firmen MaK System Gesell-

schaft mbH, Rheinmetall Industrie GmbH, Wegmann

& Co. GmbH und Krauss-Maffai AG.

GE SCHICHT E(N) 201 514

Illustrationen: Dirk Oberländer

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inklusiveStiche

Mit dem Bienen-Truck durch die USA

inklusiveStiche

Illustrationen: Dirk Meissner (2)/Fotos: Dwight Cendrowski (2)/shutterstock (1)

ßen wir nehmen können, und wo der Ver-

kehr gering sein wird“, erläutert Rich. „Unterwegs benutzen wir ein spezielles Radio, um immer auf dem neuesten Stand der Verkehrsinformationen zu sein. Wenn es einen Stau oder eine Baustelle gibt, su-chen wir uns eine alternative Route, damit wir zügig weiterfahren können.“ Regelmä-ßig inspiziert Rich seinen Lkw, um sicher-zustellen, dass dieser in gutem Zustand ist. Mit dieser wichtigen Vorsichtsmaß-nahme minimiert er Ausfallzeiten. Für den Ernstfall haben Vater und Sohn immer ei-nen Vorrat an Gurten und Schläuchen da-bei, um den Lkw selbst warten zu können. Und sie informieren sich vor der Fahrt, wo sich auf ihrer Strecke Service-Standpunk-te befi nden. Immer mit an Bord: eine Not-fallausrüstung aus Feuerlöscher, Erste-Hilfe-Kasten, Warndreieck, Warnwesten und einen sogenannten EpiPen – ein Au-toinjektor, der Adrenalin enthält und bei einer Bienenstichallergie hilft.

und bequeme Schlafmöglichkeiten ge-hören heute zur Grundausstattung. Sind Vater und Sohn gemeinsam unterwegs, wechseln sie sich mit dem Fahren ab. In

ihrem Lkw ist ein Doppelbett ein-gebaut, auf dem sie sich

ausruhen können. Die richtige Pla-nung ist aus-

schlaggebend beim Bienen-

t r a n s p o r t . B e k o m m t Rich einen n e u e n A u f t r a g , muss er den Ab-lauf der Reise de-t a i l l i e r t

f es t le g en – den Tag

der Abreise, die Uhrzeit der

Abholung der Bienen und die

Zeit, die er benötigt, um zum Bestimmungsort

zu gelangen. Bienen gelten als lebende Fracht; der Lkw muss die ganze Zeit fahren – sonst besteht die Gefahr, dass sie sich überhitzen oder ersticken. „Wir überlegen vorher genau, welche Stra-

Sind Rich und Jayce am Abholort der Bienen angekommen, dauert es mehrere Stunden, bis der Lkw vollständig beladen und alles mit Netzen befestigt ist. „Für gewöhnlich befördern wir je 400 bis 500 palettierte Bienenstöcke zu einer Farm. In jedem Stock befi nden sich zwischen 30 000 und 60 000 Bienen – wir trans-portieren also ungefähr 20 Millionen Bienen auf einmal“, zählt Rich auf. Wenn die beiden ihr Ziel erreicht haben, kann das Entladen ebenfalls mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Bienentransporte sind das Hauptgeschäft der Kussmauls, aber sie befördern nicht ausschließlich die gelb-schwarz gestreiften Insekten: Auf der Fahrt nach Hause holen sie häufi g noch Waren ab, die sie auf ihrer Route mit-transportieren können. Zwischendurch waschen die beiden ihren Lkw immer mal wieder ausgiebig. „Ein sauberer, frisch gewaschener Lkw hat bessere Chancen, durch Wiegestationen und Inspektionen zu kommen als ein schmutziger“, sagt Rich. „Zum Glück nehmen sich Inspekteu-re nur widerwillig ein Fahrzeug vor, in wel-chem Millionen von Bienen transpor-tiert werden.“ Was für Rich wohl der schönste Teil seiner Arbeit ist? „Das Land zu sehen! Es gibt keinen besseren Blick, als den durch das Fenster eines Trucks“, sagt der ame-rikanische Bienenmann.

Auburn Hills. Richard Kussmaul hat ei-nen Stich, manchmal sogar auch fünf oder noch mehr. Der 51-jährige Amerikaner – von Familie und Freunden schlicht Rich genannt – vereinbart zwei Leidenschaften zu einem ungewöhnlichen Beruf: Er trans-portiert Bienen mit dem Lkw. Regelmä-ßig holt Rich mit seiner Spedition „Busy Bee Transport“ hunderte Bienenstöcke ab. Er fährt sie zu Farmen oder Obstgär-ten – überall dorthin, wo Blüten bestäubt werden sollen. Für den Trucker ist das kei-ne große Sache. Seit mehr als 25 Jahren macht er das schon. Unzählige Male wur-de er bereits gestochen. „Ich habe schon mehr Stiche abbekommen, als ich mich erinnern kann“, erzählt der Bienenmann lachend. „Erst neulich kam es während des Verladens zu einem Unfall, 36 Stiche waren die Folge.“ Rich nimmt es gelassen. Normalerweise trägt er keinen Schutzan-zug, wenn er mit den kleinen Tieren arbei-tet. Die Bienen, die sich auf seine Arme und Beine, sein Gesicht oder seinen Bart setzen, wischt er lässig weg.

Rich liebt seinen Job: „Ich fi nde es groß-artig, auf diese Art den Lebensunterhalt für mich und meine Familie zu verdienen.“ Gerne erinnert er sich an seine erste Zeit im Bienenbusiness zurück. Richs Vater war Imker. Bereits als Zwölfjähriger half er ihm bei der Arbeit. „Ich bekam zehn Dollar pro Stunde – damals viel Geld für einen Jungen in meinem Alter!“, sagt Rich.

„In meiner Jugend habe ich mich zwar an-deren Dingen zugewandt. Doch als mein Vater im Jahr 1986 pensioniert wurde, trat ich in seine Fußstapfen.“ Er kaufte sich einen Semi-Traktor mit Anhänger und half einem Freund, Bie-nen zu transportieren. Dabei packte ihn die Leidenschaft – die Firma „Busy Bee Trans-port“ war ge-boren. Die Zulassung, s c h w e r e G ü t e r f a h r e n und ver-laden zu d ü r f e n , hatte er zuvor beim US Marine Corps erwor-ben. Heute ist das Geschäft mit den Bienen ein Familienbetrieb: Sei-ne Frau Patrice kümmert sich um Planung und Buchfüh-rung, sein 23-jähriger Sohn Jayce begleitet ihn bei den Transporten. „Selbst unser Jack Russel Terrier Cheyenne leistet uns bei den Fahrten Gesellschaft“, erzählt Rich.

Die als besonders zuverlässig

geltenden Fahrzeuge des im Jah-re 1900 gegründeten US-Unternehmens

Mack Trucks Inc. tragen eine Bulldogge als Em-blem. Angeblich rührt dies aus einem für ihre cha-

rakteristische Mack-Silhouette vergebenen Spitzna-men her. Fakt ist jedenfalls, dass besonders die Medien

Trucks der Marke Mack lieben. Die Langstrecken-Schwer-gewicht- ler der amerika- nischen H i g h - ways ha-ben sich zu Lein-wandhelden entwickelt und sind vielen Menschen nicht zuletzt aus dem Kult-Film „Convoy“ in Erinnerung.

Mack gehört heute zu Volvo Truck und nutzt deren Motorenplattformen. Unter der formschönen

Mack-Haube vertrauen die Entwickler bei al-len Euro 4- bis Euro 6-Motoren auf me-

chanische variable Wasserpumpen sowie auf Ölpumpen „made

by Pierburg“.

Mack Trucks

Trucker-Romantik mit einem kleinen Stachel: Richard Kussmaul transportiert mit seiner Spedition „Busy Bee Transport“

Bienen quer durch Amerika. Stiche gehören zum Berufsalltag. KSPG-Marketingexperte Paul Klapproth aus Auburn Hills

in Michigan hat den leidenschaftlichen Truckfahrer getroffen.

Ungefähr vier Monate im Jahr ist Rich im Durch-schnitt unter- w e g s . Mehr als 100 000 Meilen legt er dabei zurück, quer durchs Land, von seinem Heimatort in der Nähe von Ypsilanti, Michigan, geht es nach Wis-consin, Georgia oder Maine und bis nach Kalifornien. „Zum Glück übernimmt Jayce viele der Strecken für mich“, sagt der Spediteur, der zwei Lkw besitzt. Die viel-beschworene Trucker-Romantik auf Ameri-kas Highways – für Rich ist sie immer noch lebendig. Auch wenn die Fahrer mit immer strengeren Vorschriften konfrontiert wer-den: mehr Papierkram, höhere Anforde-rungen an die Buchführung, Bilanzprüfun-gen, Fahrzeuginspektionen, Ruhezeiten, Drogentests auf der Strecke. Allerdings sind durch neue Technologien die Zeiten auch sicherer und gemütlicher geworden: Sitzheizung, Servolenkung, Klimaanlage

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Das Unter-n e h m e r -stadt-Puzzle ist perfekt: Mit dem Del-ta-D-Immobilienprojekt wird derzeit die letzte Baulü-cke auf dem ehemaligen Rheinme-tall-Areal im Norden der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf geschlossen. Die Bauarbeiten im Stadtteil Deren-dorf starteten im März vergangenen Jahres; mittler-weile sind Grundsteinlegung und …..??? erfolgt, und das rund 60 Millionen € teure Immo bilienprojekt, in das die neue Konzernzentrale der Rheinmetall AG integriert sein wird, nimmt auch sicht- und greifbar Form an. Der Gebäudekomplex mit seinen bei-den deltaförmigen Neubau-ten und dem als architekto-nisches Bindeglied fungie-renden, rund 100 Jahre alten und original wieder aufgebauten Backsteingebäude stellt eine spannende Mischung aus alter und moderner Architektur dar – Tradition und Mo-derne in konstruktivem Mix. „Profi l“-Fotografi n Ariane Gehlert hat den Baufortschritt von DeltaD in den zurückliegenden zwölf Monaten mit der Kamera begleitet; ihre effektvoll insze-nierten, immer wieder gezielt mit (Gegen)Licht spie-lenden Aufnahmen spiegeln eine emotional ansprechende Ästhetik wider. Und zeigen ganz nebenbei, wie – mit kreativen Augen gesehen – aus einer „ein-fachen“ Baustelle ein durch-aus künstlerisch gestal-tetes Objekt wer-den kann. rds

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M i t dem Griff

zur Flasche oder zu Medika-

menten versuchen Menschen, Probleme zu

lösen. Nach Einnahme ist die Welt scheinbar wieder in Ordnung.

Drogenkonsum verschafft eine zeitwei-se Leistungserhöhung, Angst- und Schmerz-

freiheit, Entspannung oder seelische und kör-perliche Grenzerfahrungen. Außerdem verhelfen Suchtmittel zu einer zeitweisen Flucht aus drü-ckender Realität. Greifen Frauen eher nach Me-dikamenten in Erwartung einer entlastenden Ab-grenzung gegenüber familiären Anforderungen und um Trauer- und Angstgefühle zu dämpfen, neigen Männer eher zu einem übermäßigen Al-koholkonsum, um berufl iche Belastungen und Spannungen zu reduzieren. „Im Verhältnis sind zwei Drittel unserer männlichen Patienten alko-hol- und rund ein Drittel der Frauen medikamen-tenabhängig. Die Medikamentensucht nimmt allerdings auch bei Männern zu“, stellt zum Bei-spiel Dr. med. Peter Subkowski, Ärztedirektor der Paracelsus-Berghofklinik in Bad Essen, fest. Für den Facharzt für psychosomatische Medizin sind an der Entstehung einer Abhängigkeit von einem Suchtstoff viele Faktoren beteiligt: „Ne-ben einer genetischen Vorbelastung, sozialen Beziehungen und biochemischen Auswirkungen der Droge ist die Suchtmittelabhängigkeit vor allem auf die seelische Persönlichkeitsstruktur eines Menschen zurückzuführen.“ Unternehmen tun sich häufi g schwer im Umgang mit suchtmit-telgefährdeten Mitarbeitern. Vorgesetzte, Perso-nalfachleute und Betriebsräte reagieren mitunter unsicher auf Mitarbeiter, die sich am Arbeitsplatz auffällig im Zusammenhang mit Alkohol oder Tab letten verhalten, krankheitsbedingt ausfal-len und verminderte Arbeitsleistungen zeigen. Die natürliche Reaktion der Betroffenen ist, dass sie ihre Probleme verleugnen und alles dafür tun, ihren Suchtmittelmissbrauch zu verheimlichen. Dadurch wird das Problem verschleppt, der Be-troffene bekommt die benötigte Hilfe nicht oder zu spät, und dem Unternehmen entstehen mit-unter hohe betriebswirtschaftliche Kosten.

Kollegen und Vorgesetzte sind keine Therapeu-ten, die eine Diagnose stellen können, ob ein Mit-arbeiter ein Suchtmittelproblem hat. Sie können den Betroffenen aber auf auffälliges Verhalten ansprechen und auf diese Weise ihrer Fürsorge-

pflicht n a c h -

kommen. „Es ist von

e n t s c h e i -dender Be-

deutung, dass die Führungskräf-

te wissen, wie man auf die Verhaltensauf-

fälligkeiten von Sucht-kranken richtig reagiert.

Falsch verstandene Rück-sichtnahme ist an dieser

Stelle fatal, weil sie dem Be-troffenen erlaubt, dem Problem

auszuweichen“, bekräftigt KSPG-Personalvorstand Peter-Sebastian

Krause, in Personalunion Generalbe-vollmächtigter der Rheinmetall AG. Die Betriebsvereinbarung „Sucht“, die

die KSPG-Firmengruppe im Jahr 2000 ein-geführt hat, regelt den Umgang mit der Proble-

matik „Sucht am Arbeitsplatz“ und bestimmt das Vorgehen mit Suchterkrankungsfällen: Unter an-derem sind darin die Aufklärungsverantwortung der Suchtkommission, Schulungsmaßnahmen und Hilfsangebote aufgeführt. „Hilfe anzubie-ten unter absoluter Schweigepfl icht und mit der Sicherheit des Arbeitsplatzes ist unsere Kern-botschaft an die betroffenen Mitarbeiter. Denn wir wollen die Gesundheit unserer Arbeitnehmer nachhaltig erhalten“, skizziert Wolfgang Tret-bar, Vorsitzender des Konzernbetriebsrates der Rheinmetall AG. „Mittelfristig sollte eine entspre-chende Betriebsvereinbarung für die jeweiligen Defence-Geschäftsbereiche eingeführt werden: Eine ‚Aufklärungsinitiative‘ ist sicherlich erforder-lich, um auch die Vorgesetzten ‚mitzunehmen‘. Denn die Umsetzung einer solchen Vereinbarung steht und fällt mit den handelnden Personen.“

Die Suchtprävention ist im Rahmen des bei Rheinmetall europaweit geltenden betrieblichen Gesundheitsmanagements eine der vier tragen-den Säulen, die das System gemeinsam mit den Säulen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Be-triebliches Eingliederungsmanagement und Ge-sundheitsförderung trägt. Die Idee, die dahinter steckt, ist, dass die einzelnen Säulen miteinan-der vernetzt sind. Krause: „So ist zum Beispiel das betriebliche Eingliederungsmanagement auch für Suchtkranke da, um sie nach Ausfall-phasen zu unterstützen.“

Suchtprävention bedeutet auch, frühzeitig Belastungen der Mitarbeiter zu erkennen. Sonja Gronauer, Personalleiterin der Pierburg GmbH im Werk Niederrhein in Neuss, liegt der Erhalt der Gesundheit der Betroffenen besonders am Herzen: „An unserem Standort werden alle Mit-arbeiter regelmäßig geschult. Dadurch werden insbesondere Führungskräfte in die Lage ver-setzt, offen mit dem Thema umzugehen und nicht zu tabuisieren.“ Zum Suchtpräventions-programm zählt auch die vierwöchige berufs-begleitende Ausbildung der internen Sucht-und Sozialberater, die seit dem Jahr 2000 nach und nach eingeführt wurde.

Für die Betroffenen sind die empathischen Berater eine wichtige Vertrauensperson: Sie begleiten die Mitarbeiter zu verschiedenen An-laufstellen wie Suchtkliniken und Diakonien, bieten moralische Unterstützung und betreuen Betroffene bei der Wiedereingliederung: „Hat der Betroffene nach einer Therapie Schwierig-keiten am Arbeitsplatz, versuchen wir ihn hier zu unterstützen und nach Lösungen zu suchen“, sagt Sabine Ziegler, die seit 2000 als Sucht- und Sozialberaterin bei der KSPG AG in Neckarsulm arbeitet. Annette Neumann

Düsseldorf/Neuss/Neckarsulm. Etwa ein Zehntel aller Beschäftigten in Deutschland – vom Geschäftsführer bis zum Mitarbeiter in der Fertigung – konsumieren regelmäßig Alkohol am Arbeitsplatz. Mindestens fünf Prozent gelten als alkoholabhängig, weitere zehn Prozent sind – so das Ergebnis einer Expertenbefragung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen – alko-holgefährdet. Auch die Zahl derjenigen, die von Medikamenten wie etwa Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmitteln abhängig sind, hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenom-men. Menschen, die suchtabhängig sind, sind oftmals häufi ger krank als ihre Kollegen und erbringen nur 75 Prozent ihrer durchschnittlichen Arbeitsleistung. Die KSPG-Firmengruppe, der Unternehmensbereich Defence und die Holdinggesellschaft des Düsseldorfer Rheinmetall-Konzerns nehmen ihre Fürsorgepfl icht als Arbeitgeber ernst. Im Jahr 2000 führte KSPG die Betriebsvereinbarung „Sucht“ ein, um gesundheitsbewusstes Verhalten zu fördern und den betroffenen Mitarbeitern Hilfe anzubieten. Im Mai 2014 hat der Unternehmensbereich Defence eine Rahmenvereinbarung zum Gesundheitsmanagement abgeschlossen, die auch das Thema Sucht-und Sozialberatung beinhaltet. Welche Tragweite sich hinter dieser Thematik verbirgt, und wie Betroffenen zum Beispiel konkret geholfen werden kann, das und vieles mehr stellt das „Profi l“-Redaktionsteam auf dieser und den drei folgenden Seiten ausführlich vor.

Illustrationen: Dirk Oberländer

Helfen statt

Konzernweite Angebote für suchtgefährdete Mitarbeiter

kündigen

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Profil: Warum fördert Ihr Unterneh-men die Gesundheit der Mitarbeiter?

Krause: Gesundheit ist nicht nur ein hoher individueller Wert, sondern auch von erheblicher Bedeutung für den unternehmerischen Erfolg. Als Un-ternehmen brauchen wir Mitarbeiter, die gesund und engagiert sind. Gleich-zeitig sind die Anforderungen des berufl ichen und privaten Alltags ge-stiegen. Unsere Initiativen im Rahmen des Gesundheitsmanagements sind darauf ausgerichtet, gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz vorzubeugen und Anregungen für eine gesunde Lebensführung zu geben.

Profil: Welche Bedeutung hat die Suchtprävention in diesem Kontext?

Krause: Die Suchtprävention ist eine der vier tragenden Säu-len unseres „Hauses des Gesund-heitsmanagements“. Arbeits- und Gesundheitsschutz, Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) und Gesundheitsförderung sind die drei anderen Säulen, von denen das System getragen wird. Die Basis für das System bilden die Mitarbeiter, und das Dach des Hauses ist der Len-kungskreis, der gemeinsam mit dem Gesundheitskoordinator die systema-tische Umsetzung aller Maßnahmen steuert und kontrolliert.

Profil: Sind die Säulen miteinander verbunden?

Krause: Ja! Kein Haus kann nur auf einer Säule stehen. Daher ist es wich-tig, dass alle Säulen untereinander verbunden beziehungsweise vernetzt sind. So kann einerseits zum Beispiel über Gesundheitsmaßnahmen Stress reduziert und einer Sucht vorgebeugt werden; andererseits ist das betriebli-che Eingliederungsmanagement auch für Suchtkranke da, um sie bei ihrer Wiedereingliederung zu unterstützen.

Profil: Vor rund 15 Jahren führte die KSPG AG bereits die betriebliche Suchtprävention ein. Das sind rund eineinhalb Jahrzehnte Praxiserfah-rung – was hat diese Investition aus Ihrer Sicht gebracht?

Krause: Anlass bei der KSPG AG war eine aus persönlicher Erfahrung ge-triebene Initiative von Arbeitnehmern, Personalverantwortlichen und Vertre-tern der Betriebskrankenkasse. Die gemachten Erfahrungen haben unsere Erwartungen positiv übertroffen.

Profil: Etwas konkreter bitte.Krause: Mit dieser Investition ha-

ben wir glaubhaft machen können, dass gerade beim Thema Sucht Maß-nahmen realisiert werden können, die dem betriebswirtschaftlichen Interes-se an geringen krankheitsbedingten

Ausfallkosten Rechnung tragen und die gleichzeitig von den Betroffenen als echte Hilfestellung wahrgenommen werden. Nach meinem Eindruck rech-nen es uns die Mitarbeiter und Füh-rungskräfte hoch an, dass wir in Zeiten, in denen das Thema Kostensenkung höchste Priorität hat, in der Lage sind, ein solches Angebot zu machen.

Profil: Was verbinden Sie mit dieser Philosophie?

Krause: Das Ziel, unsere Mitarbei-ter positiv für unsere Unternehmung einzunehmen und dabei gleichzeitig einen wirkungsvollen Beitrag zur Re-duzierung der negativen Effekte von Sucht im Betrieb zu leisten. Wir sind si-cher, dass der Krankenstand nicht zu-letzt auch durch diese Maßnahme über die zurückliegende Dekade nachhaltig reduziert werden konnte.

Profil: Und wie steht es mit der Ar-beit der Sucht- und Sozialberater?

Krause: Vor allem die engagierte Arbeit der internen Sucht- und Sozial-berater hat viel Positives bewirkt: Die-se haben über die Jahre hinweg eine große Anzahl von Gesprächen geführt und Hilfe geleistet. Wir konnten bisher elf Sucht- und Sozialberater ausbilden, weitere 15 befi nden sich in der Aus-bildung. Wir sind überzeugt, dass es Sinn macht, das bei KSPG praktizierte Suchtpräventions-Modell oder ein ver-gleichbares Modell für die Mitarbeiter im gesamten Konzern zur Verfügung zu stellen.

Profil: Wann soll die Übertragung auf die Defence-Sparte und die Düs-seldorfer Holding erfolgen?

Krause: Für die erfolgreiche Im-plementierung dieses Modells ist die Akzeptanz durch Führungskräfte, Mit-arbeiter und Arbeitnehmervertreter von entscheidender Bedeutung. Wir bereiten uns derzeit darauf vor, die Gespräche mit allen Beteiligten aufzu-nehmen.

Profil: Welche Rolle spielt die Sucht- und Sozialarbeit bei der Suchtbewälti-gung?

Krause: Eine bedeutende Rolle! Ein direkt Betroffener hat durch das Aufsu-chen eines unserer Sucht- und Sozial-berater die Chance, einen Ausstieg aus einer als ausweglos empfundenen Si-tuation zu fi nden, anstatt in der Sucht-erkrankung eine vermeintliche Lösung zu suchen. Unsere internen Berater sind aber nicht nur für den Suchtkran-ken oder -gefährdeten oftmals erste und einzige Anlaufstelle, sondern ste-hen auch allen Mitarbeitern zur Verfü-gung, die Sucht – ob Alkoholabhängig-keit, Drogen- oder Spielsucht – in ihrem persönlichen Umfeld, beispielsweise bei Angehörigen, erleben müssen.

Profil: Wie können interne Sucht- und Sozialberater gezielt unterstüt-zen?

Krause: Betroffenen Menschen er-scheint ihre eigene Situation zunächst ausweglos. Oft reicht in dieser Situati-on schon, dass der Kontakt zu Instituti-onen eröffnet wird, die kompetent hel-fen können. Hier setzt unser Sucht- und Sozialberatermodell an: Die Sucht- und Sozialberater arbeiten auch im Betrieb, das heißt beide Seiten kennen sich und haben bereits Vertrauen gefasst. Außer-dem macht das direkte persönliche Um-feld es für die Betroffenen viel einfacher, sich bei Bedarf schnelle Hilfe zu holen.

Profil: Warum kommt aus Ihrer Sicht dem Vorgesetzten des Be-

troffenen eine wichtige Rolle im Krank-heitsverlauf und bei der Wiederein-gliederung nach Ausfallphasen zu?

Krause: Im richtigen Umgang mit dem Problem Sucht am Arbeitsplatz hat der Vorgesetzte eine entscheiden-de Rolle. Typischerweise nimmt die Führungskraft zuerst Verhaltensauffäl-ligkeiten im Zusammenhang mit Sucht wahr, auf die es richtig zu reagieren gilt. Falsch verstandene Rücksichtnah-me ist an dieser Stelle fatal, weil sie dem Betroffenen erlaubt, dem Problem auszuweichen. Deshalb ist es von ent-scheidender Bedeutung, dass die Füh-rungskräfte wissen, wie man auf die Verhaltensauffälligkeiten von Sucht-kranken richtig reagiert.

Profil: Die KSPG AG bietet bereits Seminare für Führungskräfte zum The-ma „Sucht“ an – wie ist die Resonanz?

Krause: KSPG-weit wurden alle Füh-rungskräfte geschult. Die Sensibili-sierung für dieses Thema konnten wir damit weiter fördern. Besonders gut kam an, das Thema nicht auf „Sucht-erkrankung“ zu beschränken, sondern

um die Felder „Umgang mit Konfl ik-ten“, „Work-Life-Balance“ und „Burn-out“ zu erweitern. Darüber hinaus hat die Schulung unseren Führungskräften auch erlaubt, eine Einschätzung der sie selbst treffenden Gesundheitsrisiken vorzunehmen.

Profil: Gesund führen gilt als eine erfolgreiche Strategie. Wie fördern Sie diese Führungskompetenz?

Krause: Wir haben zum Beispiel das Seminar „Gesundheitsorientiertes Führen“ in unseren konzernweiten Ent-wicklungsprogrammen für Führungs-kräfte, wie beispielsweise dem „Exec-utive Development program“ (EDP) und dem „Young Manager program“ (YMP), als festen Bestandteil integriert. Darüber hinaus bieten wir es auch im Rheinmetall-Kolleg als Training für alle interessierten Führungskräf-te an. Wie man Belastungen der Mitarbeiter erkennt und damit umgeht, wie man Gespräche führt und die Leistungs- und Wider-standskraft (Resilienz) der Mitarbeiter erhö-hen kann, sind zum Beispiel Themen.

Profil: Wie muss aus Ihrer Sicht das Um-

feld gestaltet sein, damit Sucht und weitere gesundheitliche Schäden erst gar nicht entstehen beziehungsweise das Risiko dafür gemindert wird?

Krause: Aus unserer Erfahrung entstehen die wenigsten Suchter-krankungen durch einen Faktor allein. Deshalb ist es nicht realistisch zu glau-ben, über die Gestaltung des Arbeits-umfeldes jegliche Suchterkrankung ausschließen oder ihr vorbeugen zu können. Viele schwierige Lebenssitua-tionen entstehen außerhalb der Firma und des Arbeitsplatzes im privaten Umfeld, werden aber von den Betrof-fenen mitgebracht. Wenn dann das Arbeitsumfeld zusätzlich als belastend empfunden wird, kann dies eine an sich schon schwierige Situation weiter verschärfen.

Profil: Wie setzen Sie an dieser Stelle an?

Krause: Mit einem positiven Arbeits-klima, das unter anderem auch einen offenen, respekt- und vertrauensvollen Umgang miteinander voraussetzt. Ein solches Arbeitsklima verursacht nicht

nur keinen weiteren negativen Stress, sondern kann, wenn die Arbeit und Leistung Spaß machen, sogar als ent-lastend empfunden werden. Wenn in einer solchen Atmosphäre dann auch das Angebot zur Hilfe – durch unsere Sucht- und Sozialberater – angenom-men wird, haben wir für die Betroffe-nen viel erreicht.

Profil: Wie lassen sich suchtprä-ventive Angebote mit bereits existie-renden Programmen der betrieblichen Gesundheitsförderung kombinieren?

Krause: Die betriebliche Gesund-heitsförderung besteht unter anderem aus Elementen wie gesunde Ernäh-rung, Umgang mit Stress, Rauchfrei-Seminaren, Sportangeboten und einer angestrebten Work-Life-Balance. Wir sind der Überzeugung, dass unsere Mitarbeiter – wenn sie sich in diesen Feldern engagieren und auf ihre eige-ne physische und psychische Gesund-heit achten – deutlich weniger Gefahr laufen, in eine Suchterkrankung zu ge-raten.

ann Düsseldorf. Fragt man Peter-Sebastian Krause nach der Bedeutung der im betrieblichen Gesundheitsmanagement verankerten Suchtprävention, wird seine Grundhaltung schnell deutlich: „Menschen vor einer Suchterkrankung zu bewahren, sie in der Sucht zu begleiten und bei der Reintegration in die Arbeitswelt zu unterstützen, ist eine wichtige betriebliche Gesundheitsaufgabe.“ Die Rheinmetall AG nimmt ihre Fürsorgepfl icht als Arbeitgeber von weltweit rund 21.000 Mitarbeitern sehr ernst. Das zeigt unter anderem die seit Mitte 2012 suk-zessive umgesetzte, europaweit geltende Rahmenvereinbarung zum Gesundheitsmanagement des Konzerns: Mit Aktivitäten auf vier Gestaltungsfeldern – Arbeits-und Gesundheitsschutz, Gesundheitsförderung, Suchtprävention und Re-Integration – soll die Gesundheit der Mitar-beiter erhalten und gefördert, die Arbeitszufriedenheit erhöht und ein gesundheitsgerechtes Betriebsklima geschaffen werden. Die zum ganzheitlichen Gesundheitssystem gehörende Suchtprävention, die sich bei der KSPG-Firmengruppe sehr bewährt hat, soll auf die Defence-Sparte und die Konzern-Holding übertragen werden – vorausgesetzt, dies fi ndet Unterstützung und Akzeptanz bei den Arbeitnehmervertretungen und bei den Führungskräften. Zentrale Fragen in diesem Gesamtkontext sind zum Beispiel: Was können der Einzelne und der Betrieb zur Gesunderhaltung leisten, warum ist die Sucht-und Sozialarbeit ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Vorbeugung und der Bewältigung einer Suchterkrankung, und inwiefern kommt den Führungskräften eine Schlüsselrolle zu? „Das Profi l“ sprach darüber mit Peter-Sebastian Krause, der seit Jahresbeginn 2014 Generalbevollmächtigter der Rheinmetall AG und Mitglied des Bereichsvorstands Defence mit der Zuständigkeit für Human Resources ist sowie seit Juli 2007 als Personalvorstand der in Neckarsulm ansässigen KSPG AG arbeitet. Der 1960 im schleswig-holsteinischen Rendsburg geborene Jurist ist begeisterter Läufer und fährt sehr gerne Ski.

„Gesund führen gilt als

erfolgreiche Strategie.“

„Suchtpräventionist ein

Gemeinschaftswerk“„Profi l“-Interview mit Peter-Sebastian Krause

Sucht kennt keine sozialen Schichten

„Die Sucht- und Sozial arbeit spielt

bei der Bewältigung der Krankheit eine

tragende Rolle.“

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Erwachsenenalter für Sucht anfällig werden; das Suchtmittel wird in solchen Fällen auch als Be-lohnung eingesetzt.

Profi l: Was hilft, um das Suchtproblem in den Griff zu be-kommen?

Subkowski: Ein Schwerpunkt unseres Behandlungsansatzes ist die Entwöhnungsbe-handlung. Wir verfolgen hier einen psychothera-peutischen Ansatz: Unsere Therapeuten arbeiten ganz gezielt mit dem Patienten nicht nur aktuelle Probleme, sondern insbesondere länger zurück-liegende Belastungen auf. Es geht darum, sich das eigene Suchtverhalten bewusst zu machen und zu erkennen, welche Funktion das Suchtmit-tel hat, also ob es zum Beispiel als Mittel einge-setzt wird, um Konfl ikte auszuhalten oder Über-lastungen auszugleichen.

Profi l: Warum ist diese Bewusstmachung der Sucht wichtig?

Subkowski: Nur so kann der Patient andere Bewältigungsmechanismen für seine Probleme fi nden. Im Fall der Überbelastung heißt das, dass

e r

z u m Beispiel

refl ektieren sollte, wie er

seine Arbeit anders strukturieren und wie es

ihm gelingen kann, Aufgaben besser zu delegie-ren und Verantwortung abzugeben. Im Einzelge-spräch kann der Betroffene gemeinsam mit dem Therapeuten über solche Lösungsstrategien spre-chen. Unser Anliegen ist es, den Patienten darin zu unterstützen, sich psychisch weiterzuentwi-ckeln.

Profi l: Was bringt die Gruppenpsychothera-pie?

Subkowski: Zunächst teilen wir den Patienten einer Bezugsgruppe zu, die von seiner psychi-schen Struktur und seinem berufl ichen Umfeld zu den jeweils anderen Patienten passt. Wir haben zum Beispiel eine Bezugsgruppe für Polizisten und Rettungskräfte, die häufi g traumatische Er-fahrungen gemacht haben. Unter Anleitung eines Gruppentherapeuten kann sich die Gruppe über ihre Erfahrungen austauschen, gemeinsam Belas-tungen aufarbeiten und schließlich verarbeiten.

Profi l: Wie unterstützen Sie bei der (berufl i-chen) Reintegration?

Subkowski: In der letzten Phase der Ent-wöhnungsbehandlung wird der Patient von uns motiviert, eine Suchtberatungsstelle zwecks Nachsorge aufzusuchen und Kontakt zu einer wohnortnahen Selbsthilfegruppe aufzubauen. Um einen Rückfall in die Sucht zu vermeiden und dauerhaft abstinent zu bleiben, sind neben der Anpassung der Lebens- und Arbeitsgewohnhei-ten im Bedarfsfall auch anschließende ambulante Psychotherapien, zum Beispiel Paar- oder Fami-lientherapien, ratsam. Denn auch im näheren Umfeld des Patienten hat die Sucht Spuren hin-terlassen.

Profi l: Wie entsteht Sucht?Subkowski: Eine stoffl iche Suchterkrankung

wird von vielfältigen Ursachen bestimmt. Hierbei verfl echten und beeinfl ussen sich unter anderem die individuelle Persönlichkeitsstruktur, gene-tische Vorbelastungen, aktuelle und vergange-ne soziale Beziehungen sowie biochemische Auswirkungen der Droge gegenseitig. Auch Ent-wicklungs- und Reifungsprozesse in der Kindheit spielen eine wichtige Rolle in Bezug darauf, wie jemand als Erwachsener Probleme bewältigen kann.

Profi l: Können Sie dafür ein Beispiel geben?Subkowski: Ist ein Kind zum Beispiel ohne be-

ziehungsweise mit einer häufi g abwesenden Mut-ter oder Vater aufgewachsen, fehlt eine Identifi -kationsfi gur beziehungsweise ein Vorbild, wie man mit Belastungen umgeht. Die Bewälti-gung von Problemen ist jedoch ein wich-tiger Bestandteil für gelungene psychi-sche Reifungsprozesse. Auch eine harte, kalte Kindheit kann süchtiges Verhalten begünstigen. Wer als Kind wenig Be-stätigung und Liebe bekommt, kann im

H a m m . Für suchtkranke Menschen

steht ein bedarfsgerechtes Angebot an Therapieplätzen zur Verfügung. Rund 90

Kliniken in Deutschland haben sich auf Suchtkrank-heiten spezialisiert und bieten medizinische und psycho-

logische Betreuung für die Akutsituation und die Rehabilitation an. Das Angebot der Suchtkliniken wird durch bundesweit aktive

Einrichtungen und Dienste ergänzt, die zur persönlichen, sozialen und berufl ichen Stabilisierung und Wiedereingliederung beitragen kön-

nen. Die Interessen dieser Einrichtungen werden von der im westfälischen Hamm ansässigen Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) gebündelt.

Ihr Hauptanlie- gen ist es, sich der Behandlung, Versorgung und Beratung sucht- kranker Menschen zu widmen. In der E inr ichtungsda-tenbank der DHS ( w w w . d h s . d e ) fi nden Betroffene Informationen zu den ambulanten und stationären Suchthilfeeinrichtungen. Wer sich in seiner Region zu bestimmten Fragen im Bereich Sucht beraten lassen möchte, fi ndet auf der Homepage Adressen der Mitgliedsverbände mit Ansprechpartnern. Psychologen, Pädagogen

oder Mediziner können im Rehabilitationsprozess helfen, soziale Prob-leme zu bewältigen, zum Beispiel die Reintegration am Arbeitsplatz,

Beziehungs- oder Schuldenprobleme. Eine gute Möglichkeit, Rückfällen vorzubeugen und sich mit anderen Betroffenen

auszutauschen, bieten Selbsthilfegruppen. Links zu den Anonymen Alkoholikern oder dem Blau-

en Kreuz fi nden sich ebenfalls auf der Homepage der DHS.

Angebote für Suchtkranke

Ziel der Entwöhnungs-behandlung, die immer in Rehabilitationskliniken an-geboten wird, ist es, die Be-troffenen wieder fi t für das Arbeitsleben zu machen. „Nach einer berufl ich, fa-miliär und persönlich kon-fl ikthaften Zeit können Pa-tienten hier zunächst zur Ruhe kommen und mit Hilfe der intensiven Therapien die Linien für das bevor-stehende suchtmittelfreie Leben legen“, sagt Dr. med. Peter Subkowski, Ärzte-direktor in der Paracelsus-Berghofklinik in Bad Es-sen.

Neben den psychischen Wirkungen und Schädigun-gen durch das jeweilige Suchtmittel befasst man sich in der Klinik auch mit den Entstehungs-bedingungen, dem Verlauf und den Folgen der Suchterkrankung. Subkowski: „Die meisten Pati-enten fragen sich, warum sie zu viel trinken oder Medikamente nehmen. In der Therapie gehen die Therapeuten dieser Frage nach. Frühe Lebens-prägungen, Persönlichkeitsmerkmale, spätere Lebenserfahrungen, aber auch die aktuelle Le-bens-, Arbeits- und Beziehungssituation spielen

eine Rolle und können Auslöser für den Be-ginn einer Abhängigkeit sein.“

Der Wunsch, unangenehme Gefüh-le und schlechte Stimmung zu verän-dern, lässt Menschen zu Alkohol, Me-dikamenten oder Drogen greifen. Damit geht es ihnen kurzfristig besser, hat aber langfristig viele negative Folgen. In der Therapie geht es darum, diese Ent-wicklungen bewusst zu machen. Neue Erfahrungen ohne das Suchtmittel sollen dadurch erlebt und eingeübt werden (le-

sen Sie dazu auch „Wir pa-cken das Suchtproblem an der Wurzel an“).

Ein erfahrenes Thera-peutenteam kümmert sich in Bad Essen um jeden

einzelnen Pa-tienten: „Wir stimmen das

Therapiekonzept auf die jeweiligen Bedarfe

ab. Gruppentherapie, Ein-zelgespräche, Ergo- und Kunsttherapie sowie Ar-beits- und Sporttherapie sind grundlegende The-rapiefelder, die gute Vor-aussetzungen für den ge-wünschten Neustart in ein suchtmittelfreies Leben bieten“, sagt Diplom-Päda-gogin Anne Weikert, die für Öffentlichkeitsarbeit zu-

ständig ist und zuvor viele Jahre als Therapeutin gearbeitet hat.

Auch können indikative Zusatzangebote, wie zum Beispiel Rückfallprophylaxe, Umgang mit Angst oder soziales Kompetenztraining die Betroffenen dabei unterstützen, künftig mit Kon-fl ikten und Problemen auch am Ar-beitsplatz konstruktiv umzugehen. Angebote aus dem Bereich Ernäh-rung, Bewegung und Entspannung können eine suchtmittelfreie, ge-sunde Lebensweise unterstützen.

Weikert: „Hier fi ndet also jeder Patient nach individueller Therapie-planung das Richtige.“ Zusammen-gehalten wird das Ganze durch den jeweiligen Bezugstherapeuten, der als Ansprechpartner begleitet, un-terstützt und manchmal auch kon-frontiert: „Therapie läuft ja nicht im-

mer reibungslos. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann wehtun. Wenn Suchtdruck entsteht, der Lebenspartner sich trennen will, fi -nanzielle Probleme drücken oder die Kündigung ins Haus fl attert, können Patienten in Krisen geraten“, weiß die 59-jährige, die seit 22 Jahren in der Klinik arbeitet. Hier kann der Bezugsthe-rapeut helfen, indem er da ist, zuhört und Hin-weise und Hilfestellungen zum Umgang mit den Problemen gibt. Er arbeitet mit den Therapeuten der anderen Bereiche, zum Beispiel Ergo- und Sporttherapeuten, eng zusammen. Regelmäßig fi nden Besprechungen und Supervisionen statt. Hier werden Eindrücke, Entwicklungen und der jeweilige Stand der Therapie des einzelnen Pa-tienten zusammengetragen und Therapieziele modifi ziert.

Gegen Ende der Entwöhnungsbehandlung geht es darum, auf die Zeit danach vorzube-reiten. Besuch der Arbeitsstelle während einer Heimfahrt, Gespräche mit Vorgesetzten oder Kol-legen sowie die Anbindung an die Betriebliche Sozialberatung, die Nachsorge in der Suchtbera-tungsstelle und der Selbsthilfegruppenbesuch bilden wichtige Bausteine zur Stabilisierung der Abstinenz.

ann Bad Essen/Düsseldorf. Unter dem Motto „Leben ohne Sucht“ therapiert die Paracelsus-Berghofklinik Bad Essen – sie ist eine von rund 90 Einrichtungen dieser Art in Deutschland – seit 1977 alkohol-, medikamenten- und cannabisab-hängige Männer und Frauen mit Hilfe einer so ge-nannten Entwöhnungsbehandlung. Diese dauert zwischen acht bis 15 Wochen. Der Entwöhnungs-behandlung geht in der Regel eine fünf-bis zehn-tägige Entgiftung voraus, die auf Einweisung des Hausarztes im Krankenhaus stattfi ndet und aus-schließlich der Linderung körperlicher Entzugs-erscheinungen, wie zum Beispiel Zittern oder Schwitzen, dient.

an der Wurzel an“Ärztedirektor Dr. med. Peter Subkowski von der Paracelsus-Berghofklinik

„Wir packen das

Suchtproblem

Leben ohne

Sucht

Die Störung der Persönlichkeit ist der Boden, auf dem Sucht wächst.

ann Bad Essen/Düsseldorf. Arbeit und Alkohol passen nicht zusammen. Leistungsabfall, Fehler in der Produktion, Zoff unter Kollegen und hohe Fehlzeiten kosten viel Geld. Daher kann es sich für Unternehmen lohnen, im Rahmen des Gesundheitsmanagements in die innerbetriebliche Beratung zu investieren. Das ist auch im Sinne der Rentenver-sicherungsträger: Sie übernehmen die Kosten für die Entwöhnungsbehandlung und beauftragen die Kliniken mit der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. Um diese Ziele zu erreichen, arbeiten die betrieblichen Sucht- und Sozialbe-rater des Rheinmetall-Konzerns unter anderem eng mit den Therapeuten der Paracelsus-Berghofklinik zusammen. So ist im Laufe der Jahre ein Kompetenznetzwerk entstanden, auf das die Sucht- und Sozialberater, aber auch die Füh-rungskräfte bei Rheinmetall in Form von Schulungen und Einzelfallberatungen zurückgreifen können. Den kranken Betroffenen kommt das zugute. Nach dem Motto „Gewusst wie“ kann ihnen so direkter und schneller geholfen wer-den. Ob ein Mensch suchtabhängig wird, kann verschiedene Ursachen haben. Neben einer genetischen Vorbelastung spielen Umweltfaktoren und die chemische Wirkung eines Rauschmittels eine Rolle. Für Dr. med. Peter Subkowski, Ärztedirektor der Paracelsus-Berghofklinik in Bad Essen, ist die Abhängigkeit von einem Suchtstoff wie Alkohol oder Medikamenten primär auf die seelische Persönlichkeitsstruktur eines Menschen zurückzuführen. „Das Profi l“ sprach mit dem 58-jährigen Facharzt für psychosomatische Medizin über die Entstehung der Sucht, die Entwöhnungsbe-handlung zur Aufarbeitung von Belastungen und Therapieangebote zur berufl ichen Wiedereingliederung.

Page 20: Kompetenter Partner Meilenstein in Spanien - … · hat kürzlich eine Sondergenehmigung zur Beschaffung des derzeit welt- ... Tag/Nacht-Übungsmunition und zwei für 66mm-Granaten

Profi l: Herr Trierweiler, wie verste-hen Sie Ihre Rolle als Sucht- und So-zialberater?

Trierweiler: Ich sehe mich als Be-gleiter im gesamten Prozess und als Vertrauensperson, denn als Sucht- und Sozialberater unterliegen wir der Schweigepfl icht. Wir wollen und kön-nen den Betroffenen umfangreiche Hil-festellungen geben. Das fängt mit mo-tivierenden Gesprächen an, mit dem Ziel, dass der Betrof fene Einsicht für sein

Pro-

blem zeigt und sein Verhalten än-dern will. Auf Wunsch stellen wir den Kontakt zu Kliniken her. Weil wir gute Kontakte zu den dortigen Ansprech-partnern haben, gelingt es uns in vie-len Fällen, schon in wenigen Wochen einen Therapieplatz zu vereinbaren. Im Normalfall beträgt die Wartezeit für eine Therapie ungefähr sechs Monate.

Profi l: Wie gehen die Beteiligten mit der Suchterkrankung um?

Trierweiler: Meine Erfahrung ist, dass die Mitarbeiter, die im Zusam-menhang mit Suchtmitteln auffallen, ihre Probleme zunächst verleugnen und alles dafür tun, den Suchtmittel-missbrauch zu verheimlichen. Den Vor-gesetzten fällt es schwer, das Problem anzusprechen, und die Kollegen haben häufi g Mitleid. Dieses Mitleid ist kont-raproduktiv, es verlängert nur die Qual

für den Betroffenen und dessen Ange-hörige.

Profi l: Wie sollten sich Ihrer Mei-nung nach Vorgesetzte und Kollegen bestenfalls verhalten?

Trierweiler: Wichtig ist, dass der Verdacht auf eine Suchterkrankung in einem möglichst frühen Stadium ange-sprochen wird. Weggucken verschärft das Problem. Wenn man wissentlich den Alkoholkonsum des Mitarbeiters toleriert und seine Fürsorgepfl icht bewusst oder unbewusst zur Seite schiebt, spricht man auch von Co-Ab-hängigkeit.

Profi l: Wie lässt sich Co-Abhängig-keit verhindern?

Trierweiler: Wir haben bisher rund 300 Mitarbeiter und zirka 150 bis 180 Vorgesetzte in so genannten Lernstät-ten zum Thema Prävention und Co-Abhängigkeit geschult. Das bedeutet,

dass wir sie darüber aufgeklärt ha-

ben, wie sie im Falle eines Verdachtes auf Abhängigkeit mit dem Betroffe-nen umgehen sollen, welche Schritte eingeleitet werden müssen, um dem Betroffenen aus seiner abhängigen Situation herauszuhelfen. Im Idealfall sprechen wir auch mit den Partnern oder Freunden; dieses Gespräch ist häufi g für alle Beteiligten sehr wertvoll und nachhaltig.

Profi l: Ein sensibles Thema zu kom-munizieren, fällt Führungskräften oft schwer. Wie bereiten Sie auf solche Konfl iktgespräche vor?

Trierweiler: Wichtig ist, dass der Vorgesetzte unmittelbar dann, wenn er das Problem erkennt, auf seinen Mitarbeiter zugeht und ihn auf das Suchtverhalten anspricht. Wichtig bei diesem ersten Gespräch unter vier Au-gen ist das Signal an den Mitarbeiter,

dass die Angelegenheit vertraulich behandelt wird. Das Gespräch sollte möglichst kollegial ablaufen, das heißt, der Vorgesetzte sollte seinen Mitar-beiter nicht anschuldigen, sondern möglichst offen kommunizieren, dass er sich Sorgen macht, und gleichzeitig betonen, dass er ihn wertschätzt und nicht verlieren möchte.

Profi l: Was passiert, wenn nach dem ersten Gespräch nicht der ge-wünschte Erfolg eintritt?

Trierweiler: In diesem Fall gibt es ein weiteres Gespräch zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem sowie möglichst ei-ner Vertrauensperson, zum Beispiel ei-nem Sucht- und Sozialberater des Kon-zerns. In diesem Gespräch bieten wir konkret Hilfe an und informieren zum Beispiel über Selbsthilfegruppen, Fach-ärzte oder Therapiekliniken. In diesem Gespräch klären wir auch über mögli-che Konsequenzen, also den Arbeits-

platzverlust, auf. Meine Erfahrung zeigt, dass die Mitarbeiter spätestens jetzt der Realität ins Auge sehen und bereit sind, ernsthaft an ihrer Krankheit zu arbeiten und die Hilfsangebote anzunehmen.

Profi l: Wie geht das Verfahren dann weiter?

Trierweiler: In diesen Fällen können wir dem Mitarbeiter durch unsere An-gebote, wie z.B. der Vermittlung eines Therapieplatzes, helfen, und es kommt zu keinen weiteren Verhaltensauffällig-keiten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass in rund 80 bis 90 Prozent aller Fälle die Kündigung nicht angedroht werden muss. Und dass ein Mitarbeiter das Problem überhaupt nicht in den Griff bekommen hat und das Unternehmen verlassen musste, ist zum Glück in un-serem Unternehmen bisher noch nie vorgekommen.

Profi l: Worauf führen Sie dieses gute Ergebnis zurück?

Trierweiler: Wir kümmern uns da-rum, dass der Betroffene nach einer Therapie eine vernünftige Wiederein-gliederung in den Arbeitsalltag erhält. Entsprechend des Empfehlungsschrei-bens der jeweiligen Therapieklinik legt die Personalabteilung in Abstimmung mit dem Werksarzt fest, wie viele Stun-den der Betroffene täglich arbeiten soll. Wichtig ist, dass er noch nicht voll belastet wird, also zum Beispiel zu-nächst „nur“ halbe Tage arbeitet. Der Vorgesetzte sollte als Ansprechpartner für den Betroffenen und die Kollegen zur Verfügung stehen und möglichst normal mit dem Mitarbeiter umgehen; schließlich will er keinen Sonderstatus haben.

Profi l: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Trierweiler: Wir wollen vor allem

Jugendliche in der Ausbildung für das Thema „Sucht“ sensibilisieren. Mit den Azubis des 1. Lehrjahres absol-vieren wir heute schon ein zweitägiges Präventionsseminar, zu dem auch der Besuch einer Klinik für suchtkranke Ju-gendliche gehört. Im Übrigen fi nde ich es gut, dass grundsätzlich alle neuen Mitarbeiter (in der Fertigung am Stand-ort Neuss) zu den Themen „Co-Abhän-gigkeit“ und „Umgang mit Alkohol am Arbeitsplatz“ geschult werden.

Profi l: Was bedeutet Ihnen Ihre Ar-beit?

Trierweiler: Für mich ist es nicht ein-fach nur ein Job, sondern eine Lebens-aufgabe. Auch wenn ich gelegentlich an meine Grenzen komme, empfi nde ich es als großes Privileg, Kolleginnen und Kollegen, die ein Problem haben, im Namen der Firma helfen zu können.

ann Werl. Nach erfolgreicher stationärer The-rapie haben suchtkranke Menschen einen gro-ßen Schritt zur dauerhaften Abstinenz geleistet. Gestärkt und motiviert streben sie nun notwen-dige Veränderungen im privaten und berufl ichen Umfeld an. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass gerade in den ersten Monaten nach einer Be-handlung die Gefahr eines Rückfalls besonders hoch ist. Der Nachsorge und dem Erfahrungsaus-tausch mit Gleichgesinnten kommt daher eine wichtige Bedeutung zu.

Im Laufe der Therapie hat sich der Betroffene intensiv mit seinem eigenen Verhalten ausein-andergesetzt und viele Anregungen bekommen, wie er sein Verhalten zugunsten eines stressfrei-eren und glücklicheren Lebens verändern kann. Was theoretisch erlernt wurde, gilt es nun in der Praxis einzuüben. „Genau hier setzen wir an und unterstützen den Betroffenen dabei, angestrebte Ziele schrittweise umzusetzen“, sagt Suchtbera-ter Rolf Biermann von der Diakonie Ruhr-Hellweg e.V. in Werl, die sich – beispielhaft für zahlreiche Einrichtungen dieser Art in Deutschland – als eine auf Suchtfragen spezialisierte Institution für die persönliche, soziale und berufl iche Stabilisie-rung und Wiedereingliederung von Suchtkranken engagiert.

Der 59-jährige Diplom-Sozialarbeiter weiß aus langjähriger Erfahrung, dass die Umstellung von der zuvor erlebten „ich-bezogenen“ Zeit in das „alte“ Umfeld nicht konfl iktfrei abläuft: „Viele, die zu uns kommen, sind in dieser Phase voller Tatendrang und wollen alles, was sie neu ge-lernt haben, sofort umsetzen. Das funktioniert

in der Realität jedoch selten und kann zu wei-teren Belastungen führen. Auch kann dieses Verhalten Probleme mit Bezugspersonen nach sich ziehen; viele Partner wissen nicht, wie sie mit dieser ‚neuen Persönlichkeit‘ umgehen sol-len.“ In Einzel- und Paargesprächen refl ektieren die Suchtberater der Diakonie gemeinsam mit ihren Klienten, welche Veränderungen Priorität haben, welche nachstehenden Ziele in welchen Zeitabständen angegangen werden sollten, und wie der Partner und weitere Familienangehörige unterstützen können.

Wurden psychische Belastungen zum Beispiel im berufl ichen Umfeld erlebt, sollte der Betroffe-ne nun anstreben, Barrieren zu überwinden und Probleme anzusprechen: „War er zum Beispiel mit dem Arbeitsvolumen überfordert, geht es da-rum, mit dem Vorgesetzten offen über die Über-

forderung zu sprechen und sich dafür einzuset-zen, dass Aufgaben anders verteilt werden. Wir führen im Bedarfsfall auch Gespräche mit Vorge-setzten und stellen dabei fest, dass sich manche der enormen Belastungen ihres Mitarbeiters zu wenig bewusst und dankbar für unsere Anre-gungen sind“, sagt Biermann. Der Sozialarbeiter wünscht sich einen noch stärkeren Austausch mit Vorgesetzten in Unternehmen, um die po-sitive Entwicklung des Betroffenen weiter zu stabilisieren und Rückfällen vorzubeugen.

Die Diakonie arbeitet wie viele andere Einrichtungen auch mit so genannten Sucht-selbsthilfegruppen zusammen, die von Selbstbetroffenen in Eigenregie ohne anwe-sende Mitarbeiter der Diakonie geleitet werden. Für die Betroffenen ist der regelmäßige Aus-tausch in der Gruppe ein wichtiger Bestand-teil der Nachsorge: „In der Gruppe kann jeder etwas beitragen; unabhängig davon, ob jemand seit 25 Jahren ‚trocken‘ ist oder erst seit ein paar Wochen nicht mehr trinkt. Es geht vor allem da-rum, von den Erfah-r u n g e n der ande-ren zu ler-

nen und sich gegenseitig in der Abstinenz zu un-terstützen“, sagt der Suchtberater und ergänzt: „Obwohl Alkoholismus eine vom Gesetz her an-erkannte Krankheit ist, ist sie für die Betroffenen oftmals mit Scham besetzt. Wenn wir als Pro-

zessbegleiter zur dauerhaften Abstinenz unserer Klien-

ten beitragen können, haben wir unser Ziel

erreicht. Überwin-det der Einzelne die Sucht, ist das vor allem sein Er-folg.“

ann Neuss. Josef Trierweiler arbeitet seit dem Jahr 2000 als Sucht- und Sozialberater bei der Pierburg GmbH in Neuss. Der 60-Jährige (2.10.1954) ausgebildete Kfz-Mechaniker

ist seit 40 Jahren für das Unternehmen tätig. Er betreut und begleitet Suchtkranke und Mitarbeiter mit psychischen Erkrankungen, zum Beispiel Burn Out. Außerdem schult er Vor-

gesetzte, Mitarbeiter und darunter insbesondere Auszubildende fl ächendeckend an allen Auto-motive-Standorten des Rheinmetall-Konzerns zum Thema Prävention und Sensibilisierung für Suchter-

krankungen. Für Josef Trierweiler ist seine Tätigkeit nicht nur ein Job, sondern eine Lebensaufgabe.

Starkandere

für

Gut ein Viertel der bundesdeutschen Bevölkerung steht an der Schwelle zum Alkoholismus oder ist alkoholkrank.

Interview mit Sucht- und Sozialberater Josef Trierweiler

Problemverschärft das

Weggucken