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Interessengemeinschaft
„Das Ende des Zweiten Weltkrieges
zwischen Oder und Spree.
Ereignisse, Folgen und Erinnern“
Newsletter 02/2017 vom 20.12.2017
Neue Erkenntnisse über die B-Stelle
der 8. Gardearmee auf dem Reitweiner Sporn
Uwe Klar
Nachdem die Beobachtungsstelle (B-Stelle) der Roten Armee auf dem Reitweiner
Sporn lange Zeit ein Schattendasein führte, rückt sie in den letzten Jahren wieder in
den Mittelpunkt des Interesses. Durch die Öffnung des Zentralarchivs des
Ministeriums für Verteidigung der Russischen Föderation (ZAMO) für die breite
Öffentlichkeit und die Veröffentlichung unterschiedlichster Dokumente im Internet
hat sich auch für dieses Objekt die Quellenlage verbessert.
Die Rolle der B-Stelle auf dem Reitweiner Sporn im System der Truppenführung der
1. Weißrussischen Front und der 8. Gardearmee.
Die B-Stelle auf dem Reitweiner Sporn wurde im März 1945 zunächst nur als eine von
drei zeitweiligen Führungsstellen für den
Befehlshaber der 8. Gardearmee, Gene-
raloberst Tschuikow geplant. Sie sollte aus
zwei offenen Beobachtungspunkten mit
mehreren Unterständen bestehen. Der
Plan sah weiter hin vor, die anderen bei-
den B-Stellen auf dem Dachboden des
Reitweiner Schlosses und in einem Keller in
Manschnow einzurichten.
Schloss Reitwein (vor 1945)
Zu diesem Zeitpunkt rechnete noch niemand damit, dass die Höhe 81,5 zum wich-
tigsten vorgeschobenen Führungspunkt des Befehlshabers der 8. Gardearmee und
sogar des Oberbefehlshabers der Front werden sollte. Denn erst nach der er-
folgreichen Beendigung der Teiloperation der 8. Gardearmee zur Erweiterung und
Vereinigung ihres Brückenkopfes an der Oder mit dem der 5. Stoßarmee, bestand
die Notwendigkeit, die begonnene zeitweilige B-Stelle zu einem Führungspunkt für
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den Armeestab zu erweitern. Das heißt, es mussten zusätzliche Unterstände, Erdhüt-
ten, Beobachtungspunkte und Gräben errichtet werden.
Der Bau der B-Stelle durch die 64. Pionierbrigade.
Seit Beginn der Weichsel-Oder-Operation war die 64. Pionierbrigade aus der Reserve
der 1. Weißrussischen Front der 8. Gardearmee operativ unterstellt und erfüllte alle
anstehenden Pionierarbeiten in deren Interesse. Zu ihrem Bestand gehörten neben
einer Führungskompanie und einer selbstständigen Pionieraufklärungskompanie fünf
Pionierbataillone (PiB) zu je drei Pionierkompanien. Die Pionierbataillone wurden in
der Regel den Gardeschützenkorps zugeteilt, konnten aber auch Spezialaufgaben
im Kompaniebestand erfüllen. Eine solche Spezialaufgabe war zum Beispiel die
Sicherstellung der Pioniereinheiten im Brückenkopf mit Bauholz.
Anfang März 1945 nahmen Pioniere der Kompanie von Oberleutnant Awakjan aus
dem 270. Pionierbataillon das Sägewerk in Drossen wieder in Betrieb. Nach anfäng-
lichen Schwierigkeiten im Umgang mit den ungewohnten dampfbetriebenen Sä-
gegattern, gelang es innerhalb von zwei Tagen alle Gatter in Gang zu setzen. Dabei
wurden zu Hilfsarbeiten auch 60 deutsche Kriegsgefangene eingesetzt.
Ansichten des Sägewerks in Drossen nach
der Wiederinbetriebnahme durch die
Rote Armee (Quelle: ZAMO RF, f. 30392,
op. 1, d. 45)
Im Sägewerk wurden insgesamt zugeschnitten:
- 133 019 lfd. Meter 5-cm-Bretter;
- 25 450 lfd. Meter 2,5-cm-Bretter;
- 2354 lfd. Meter 8-cm-Bretter;
- 8842 lfd. Meter Balken 22 x 22 cm;
- 1200 lfd. Meter Spundbretter;
- 231 laufende Meter Bretter für Knüppeldämme;
- Elemente für 6 Brücken mit einer Tragfähigkeit von 60 Tonnen;
- 336 Stützrahmen für unterirdische Gänge.
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Im gesamten Betriebszeitraum des Sä-
gewerks vom 3.3. bis 13.4.45 wurden
65 550 laufende Meter Holz vorbereitet,
verarbeitet und den Pionierbataillonen
für den zugeführt. Etwa 50 % der Bretter
waren auf Maß geschnitten und ge-
hobelt.
Sowjetische Pioniere im Sägewerk Drossen
(Quelle: ZAMO RF, f. 30392, op. 1, d. 45)
Planung und teilnehmende Kräfte
Aufgrund der Bodenbeschaffenheit des Reitweiner Sporns gestalteten sich die Ar-
beiten sehr schwierig. Führten die ursprünglich geplanten Arbeiten zwei Pionier-
kompanie des 270. Pionierbataillons der 64. Pionierbrigade durch, so wurden ab
dem 27. März 1945 zudem zwei Kompanien des 261. Pionierbataillons und ab dem
13. April 1945 noch zwei Kompanien des 262. Pionierbataillons eingesetzt. Zum glei-
chen Zeitpunkt bauten das 19. Gardepionierbataillon zwei B-Stellen für den Kom-
mandeur des 28. Gardeschützenkorps auf der namenlosen Höhe 1 km nordöstlich
der Höhe 76,0 und auf der Höhe 81,5 sowie das 261. Pionierbataillon eine B-Stelle für
den Kommandeur des 29. Gardeschützenkorps auf der Höhe 81,5.
Auf der künftigen B-Stelle des Stabes der 8. Gardearmee waren vier der geplanten
und gebauten Unterstände als Bestandteil der B-Stelle des Kommandeurs des 3. Ar-
tilleriekorps und drei Unterstände als Gefechtsstand der 64. Pionierbrigade vorgese-
hen.
Art des Objekts Geplant Realisiert
1.3. bis 26.3.1945 (zwei Kompanien des 270. PiB)
offener Beobachtungspunkt 2 -
Unterstand (2x6x2 Meter) mit einer 6-lagigen Balkendecke 2 -
Unterstand (2x4x 2 Meter) mit einer 4-lagigen Balkendecke 4 -
27.3. bis 15.4.1945 (zwei Kompanien des 270. PiB, drei Kompanien des 261. PiB, eine
Kompanie des 19. GPiB, zwei Kompanien des 262. PiB – ab 13.4.1945)
Unterstand mit zwei Räumen (4x2x2 Meter) und einer 8-lagigen
Balkendecke 6 6
Unterstand mit zwei Räumen (2x2x2 Meter) und einer 8-lagigen
Balkendecke 6 6
Unterstand mit einem Raum (2x2x2 Meter) und einer 4- bis 6-
lagigen Balkendecke 6 6
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Unterstand mit einem Raum (2x2x2 Meter)und einer 2-lagigen
Balkendecke 7 6
Küchenunterstand 1 1
offener Speiseraum 1 1
Toiletten 2 2
Verbindungsgraben und Graben mit Verschalung 128 lfd. m 266 lfd. m
Treppe am Hang der Höhe 42 lfd. m 42 lfd. m
vertiefter Verbindungsgraben 71 lfd. m 71 lfd. m
Unterstand für Kraftfahrzeuge 12 12
Splittergraben 14 23
Beobachtungspunkt 5 5
Der Bau des unterirdischen Schutzraums
Das wichtigste von den Angehörigen des 270. Pionierbataillons gebaute Bauwerk
war der sogenannte „Shukow-Bunker“. In den russischen Archivunterlagen wird er
als unterirdischer Schutzraum bezeichnet, da seine Hauptaufgabe nicht in der Un-
terbringung von Stabsarbeitern bestand, sondern im Schutz gegen gegnerische
Granaten und Fliegerbomben aller Kaliber, deshalb sollte er auch nur im Falle
möglicher deutscher Luftangriffe aufgesucht werden.
Der unterirdische Schutzraum
wurde im Zeitraum vom 26.3. bis
14.4.1945 durch eine Pionierkompa-
nie gebaut. Der eigentliche Vor-
trieb konnte jedoch erst nach lang-
wierigen Vorbereitungen am
1.4.1945 begonnen werden. Er war
ein Schutzbauwerk schweren Typs
mit einer 15 Meter starken Erd-
schutzschicht und bestand aus ei-
nem Hauptgang und zwei jeweils 24
Meter langen Zugängen. Die sich
dort befindlichen sechs Räume (je
2x3x2 Meter), konnten als Wohn-
räume genutzt werden. Alle Gänge
(Stollen) waren durch Stützrahmen
gesichert, die miteinander fest ver-
bunden waren. Die innere Ausklei-
dung der Gänge bestand aus Bret-
tern und Furnierholz.
Schema: Aufbau des Schutzraums
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Zeichnung des unterirdischen Schutzraums im Gefechtsjournal der 64. Pionierbrigade
(Quelle: ZAMO RF, f. 30392, op. 1, d. 45)
Als Vortriebsmethode wurden kontrollierte
Sprengungen gewählt. Die Hauptschwie-
rigkeit bei diesen unterirdischen Sprengar-
beiten stellte ausschließlich die durchgän-
gige Lehmschicht dar, die stark mit Fels-
brocken durchsetzt war. Angesichts der
großen Tiefe der Gänge erforderten die
Sprenggase eine starke Ventilation.
Die Pioniere waren einer großen physi-
schen Belastung beim Abtransport des
Erdreichs ausgesetzt, das über 50 Meter
getragen werden musste. Der allgemeine
Umfang des abtransportierten Erdreichs
betrug mehr als 250 Kubikmeter. Für den
Bau waren 900 Arbeitsstunden erforder-
lich.
Tabelle: Übersicht über die Tagesergebnisse
während des Vortriebs
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Die Konservierungsarbeiten in den 1980-iger Jahren
Nach Kriegsende geriet die B-Stelle auf dem Reitweiner Sporn nahezu in Vergessen-
heit und hatte lediglich örtliche Bedeutung. Ein Zeitzeuge berichtete, dass eine FDJ-
Initiative des Brückenbau-Regiments in Seelow in den 1970-er Jahren die B-Stelle in
den ursprünglichen Zustand ver-
setzt wollte. Dazu kam es jedoch
nie, da der damalige 1. Sekretär
der SED-Bezirksleitung Frankfurt
(Oder), Jochen Hertwig das Projekt
abgelehnt haben soll. Zu Beginn
der 1980-iger Jahre war der Zu-
stand des zum Teil verschütteten
unterirdischen Schutzraums so
schlecht, dass Maß-nahmen zu sei-
ner Sicherung und Konservierung
unternommen werden mussten.
Ansicht des Reitweiner Sporns im Juni 1945
Erstmalig wurde eine umfassende Vermessung vorgenommen. Über den Zeitpunkt
dieser Vermessung gibt es unterschiedliche Daten. So schreibt zum Beispiel Tony Le
Tissier in seinem Buch „Durchbruch an der Oder – Der Vormarsch der Roten Armee
1945“ zu diesem Thema, dass die Vermessungsarbeiten im Jahre 1988 durch den
NVA-Oberst Diebbert Lang und dessen Sohn erfolgt seien.
Ansichten verfallener Laufgräben
und des linken verschütteten Gangs
des unterirdischen Schutzraums
(von innen)
Andere Archivquellen nennen dagegen den Oktober 1989, als Pioniere des Pionier-
Regiments 2 aus Storkow das Gelände der B-Stelle säuberten, vermaßen und
sicherten. Auf der Grundlage der erhaltenen Messergebnisse wurde auch ein maß-
stabgerechtes Modell angefertigt, welches lange Jahre Bestandteil der ständigen
Ausstellung der Gedenkstätte Seelower Höhen war und heute in Reitwein steht.
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Legenden um die B-Stelle auf dem Reitweiner Sporn
Im Laufe der Jahre entstanden immer wieder Legenden um die B-Stelle auf dem
Reitweiner Sporn, die inzwischen durch aufgefundene Dokumente widerlegt oder
bestätigt werden konnten. Oft jedoch beruhen diese Legenden nur auf Berichten
von Zeitzeugen, die naturgemäß subjektiv gefärbt waren und durch Publizierung in
den Medien eine gewisse Legitimität fanden.
Beispielhaft dafür sollen im Weiteren vier Fragen stehen, die auf einer derartigen
Legendenbildung beruhen.
Hat sich Marschall Shukow einfach der B-Stelle von Generaloberst Tschuikow
bemächtigt?
Um diese Frage ranken sich verschiedene Mythen, die vorrangig auf Interpretatio-
nen von Memoiren Shukows und Tschuikows beruhen. Jedoch muss man hierbei auf
Erstlauflagen zurückgreifen, da mit jeder Neuauflage der Memoiren diese „ent-
schärft“ wurden. Streitigkeiten zwischen den beiden Heerführern passten nicht ins
offizielle Bild. Die gab es aber wirklich und sie beruhten auf verletzter Eitelkeit.
Der britische Historiker Anthony Beevor bemerkt dazu in seinem Buch „Der Fall von
Berlin 1945“:
„… Tschuikow war nicht erfreut, als man ihm mitteilte, dass Shukow zu ihm
kommen wolle, um gemeinsam die Artillerievorbereitung und den Beginn des
Angriffs zu verfolgen … Seine Voreingenommenheit gegenüber Shukow rührte
vermutlich noch aus dem Winter 1942/43 her. Ihm schien, dass seine 62. Armee,
die heldenhaft Stalingrad verteidigt hatte, nicht die nötige Aufmerksamkeit
erhielt, während die Rolle Shukows bei jenen Ereignissen überhöht dargestellt
wurde … Aber auch Tschuikow selbst brachte Shukow in Rage. Dem
Oberbefehlshaber der 1. Weißrussischen Armee gefielen dessen Kommentare
nicht, dass man Berlin noch im Februar nehmen könne …“
Es könnte also geschlussfolgert werden, dass Tschuikow durchaus von Shukows Plä-
nen wusste, den Beginn der Berliner Operation vom Reitweiner Sporn aus zu verfol-
gen.
Recherchen in zugänglichen Dokumenten zeigen jedoch, dass es dafür keine Be-
weise gibt. Allerdings sind zwei Aspekte zu beachten: Zum einen handelte Tschui-
kows Gardearmee in der Hauptstoßrichtung, wo sich für gewöhnlich auch der
Oberbefehlshaber der Front aufhielt.
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Zum anderen ist fotografisch
belegt, dass der Befehlshaber
Artillerie der 1. Weißrussischen
Front, Generaloberst Kasakow und
der Chef der Politischen
Verwaltung der Front, General-
leutnant Telegin, schon mehrere
Tage vor Operationsbeginn die B-
Stelle der 8. Gardearmee auf-
suchten, um sich vor Ort ein Bild
vom künftigen Gefechtsfeld zu
machen.
Tschuikow, Telegin und Kasakow auf der B-Stelle
auf dem Reitweiner Sporn
Trafen Marschall Shukow und Generaloberst Tschuikow ohne gegenseitige Informa-
tionen ihre Entscheidungen?
Ein weiterer Mythos, der oftmals in Publikationen zu finden oder auf Führungen zu
hören ist, beinhaltet die Behauptung, dass das durch die Einführung der Gar-
depanzerarmeen hervorgerufene Chaos auf dem Gefechtsfeld auf eine man-
gelnde Kommunikation zwischen Marschall Shukow und Generaloberst Tschuikow
zurückzuführen sei. Es wird kolportiert, dass der eine den Entschluss zur Einführung der
Panzer fasste, während zeitgleich der andere eine Einstellung der Handlungen seiner
Schützenverbände vor den Seelower Höhen und ihre Umgruppierung für einen
Angriff am nächsten Tag befahl.
Die Realität sah jedoch anders aus. Shukow war total unzufrieden mit den Ergebnis-
sen des ersten Angriffstags. Vermutlich stand er unter hohem Erwartungsdruck sei-
tens des Oberkommandos der Roten Armee, denn seinem Entschluss ging ein län-
geres Telefongespräch mit Stalin voraus.
Der bereits zitierte britische Historiker Anthony Beevor schreibt dazu in seinem Buch:
„… Gegen Mittag entschloss sich Shukow zu Änderungen im Operationsplan.
Zweifellos geschah das nach einem erneuten Telefongespräch mit Stalin. Ur-
sprünglich sollten die Panzerarmeen erst, nachdem die Infanterie die feindli-
chen Stellungen durchbrochen und die Seelower Höhen erreicht hatte, in die
Schlacht eingeführt werden. Doch Shukow konnte nicht weiter warten.
Tschuikow versuchte, den Marschall von einer vorzeitigen Einführung der Pan-
zerverbände abzuhalten, da er das entstehende Chaos in den Gefechtsord-
nungen der Schützeneinheiten voraussah. Doch Shukow ließ sich nicht um-
stimmen …“
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Diese Aussage lässt den Schluss zu, dass Tschuikow sehr wohl vom Vorhaben Shukows
informiert war, ihn sogar davon, wenn auch ohne Erfolg, abzubringen versuchte.
Davon berichtet Tschuikow auch in seinem Redebeitrag auf der Babelsberger
Konferenz zur Auswertung der Berliner Operation. Dennoch erwähnen weder der
Marschall noch der Generaloberst diese Episode in ihren späteren Memoiren.
Wurde die B-Stelle von sowjetischen Flugzeugen angegriffen?
Die B-Stelle der 8. Gardearmee auf dem Reitweiner Sporn wurde nicht direkt
angegriffen. Dennoch kam es am zweiten Operationstag, am 17. April 1945, zu
einem Vorfall, den der Befehlshaber der 8. Gardearmee, Generaloberst Tschuikow,
in einem Vortrag zur Auswertung der Berliner Operation nach dem Krieg wie folgt
schildert:
„… Das war im Oderbrückenkopf, neben meiner B-Stelle, wo sich Marschall
Shukow befand. Da fliegt eine Staffel an, geordnet und mit Zielzuweisung, sie
sollte Alt Tucheband bombardieren. Ohne das Ziel zu erreichen, dreht diese
Staffel ab und führt einen Schlag auf Reitwein. Ich rufe selbst an, schreie, dass
ihr Kommandeur sich geirrt hat und die Eigenen bombardiert. Man sagt mir
‚Hören Sie, er hat einen Fehler gemacht, wir machen ihm das gerade klar,
lassen Sie ihn ein weiteres Mal aufsteigen, einen zweiten Fehler wird er nicht
machen. ‘ Aber beim zweiten Mal, zu allem Übel, fliegt er erneut über Reitwein,
dreht ab und bombardiert genau die Stelle, die Eigenen, zum zweiten Mal …“
Marschall Shukow war darüber so erzürnt, dass
er der Luftabwehr, welche die B-Stelle gegen
deutsche Angriffe aus der Luft decken sollte,
befahl, das Feuer auf die eigenen Flugzeuge zu
eröffnen, falls sie sich ein weiteres Mal der B-
Stelle näherten. Die Lage entspannte sich erst
am Abend des 17. April 1945, nachdem es ge-
lungen war, stabile Nachrichtenverbindungen
zum Stab der 16. Luftarmee zu unterhalten.
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Wurden beim Bau des unterirdischen Schutzraums Flammenwerfer eingesetzt?
Eine besonders hartnäckige Legende rankt sich um den Einsatz von Flammenwer-
fern beim Bau des unterirdischen Schutzraums. Die als glaubhaft dargestellten Zeit-
zeugenberichte reichen vom Vortrieb im Hügel bis hin zur Trocknung der gegrabe-
nen Gänge.
So schreibt zum Beispiel Tony Le Tissier in seinem bereits erwähnten Buch „Durch-
bruch an der Oder – Der Vormarsch der Roten Armee 1945“:
„… Die Wände und Decken der aus dem Lehm gehauenen Gänge waren mit
Flammenwerfern getrocknet, und nur ein kleiner Arbeitsbereich, vermutlich
von Tschuikow, war mit Holz verkleidet worden …“
Diese Behauptung widerlegen die bereits erwähnten Dokumente aus dem ZAMO,
in dem konkrete Angaben zur Holzverkleidung der Gänge des unterirdischen Schutz-
raums mit gehobelten Brettern gemacht werden. Aber auch die zu jenem Zeitpunkt
vorherrschenden Witterungsbedingungen lassen Zweifel an dieser These
aufkommen. Da es keine zivilen Wetterberichte für den Bauort- und Bauzeitraum
gibt, musste ich bei meinen Recherchen auf Wettermeldungen von Truppenteilen
der 16. Luftarmee zurückgreifen. Für jene Tage wird wechselhaftes Wetter mit
Starkregen und Temperaturen über dem Gefrierpunkt gemeldet. Der sicher im Hügel
noch vorhandene Frost dürfte aber nicht ausgereicht haben, um ohne Stützstreben
derartige Gänge vorzutreiben. Vermutlich ist der große Brennstoffmangel in den
strengen Nachkriegswintern dafür verantwortlich, dass bei den Vermessungs- und
Konservierungsarbeiten im Sommer 1989 nur an einigen wenigen Stellen noch eine
Holzverkleidung gefunden werden konnte.
Literatur und Quellen
1. ZAMO RF, f. 30392, op. 1, d. 45 - Auszug aus dem Gefechtsjournal der 64. Pionier-
brigade (operativ der 8. Gardearmee unterstellt) für den Zeitraum vom 01.03. bis
14.04.1945 (Kopie des russischen Originals)
2. ZAMO RF, f. 233, op. 2356, d. 805 – Auszug aus dem Redebeitrag des Befehlshabers
der 8. Gardearmee auf der Konferenz zur Auswertung der Berliner Operation (Kopie
des russischen Originals)
3. Dokumentation der Bunkeranlage der Roten Armee auf dem Reitweiner Sporn –
Überreste der Beobachtungsstelle der 8. Gardearmee auf der Reitweiner Höhe (jet-
ziger Zustand) von 1989
4. Antony Beevor. Berlin: The Downfall 1945 – Viking-Verlag 2002 (Englisches Original)
5. Tony Le Tissier. Durchbruch an der Oder – Ullstein-Verlag. 2. Auflage 2001
6. Privatarchiv Uwe Klar
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Die 16. (sowjetische) Luftarmee beim Kampf um
die Küstriner Neustadt
Gerd-Ulrich Herrmann
Am 28. März 2015 – 70 Jahre nach Ende der Kämpfe um die Festung Küstrin – fand
eine gemeinsame Veranstaltung des Festungsmuseums Kostrzyn und der Gedenk-
stätte Seelower Höhen statt. Nach der Einbettung von sterblichen Überresten ge-
fallener deutscher Soldaten und einer Andacht in Kostrzyn präsentierten in Seelow
beide Einrichtungen die in deutscher und polnischer Sprache erschienene
Publikation „Festung Küstrin 1945 Anspruch und Wirklichkeit“. Seit dem Erscheinen
veröffentlichte das Zentralarchiv der Streitkräfte der Russischen Föderation (ZAMO)
eine Vielzahl von Gefechtsdokumenten und Berichten der 5. Stoß-, der 8. Garde-
und der 16. Luftarmee, die über die damaligen Ereignisse neue Einblicke er-
möglichen.
In diesem Beitrag sollen die Gefechtseinsätze der sowjetischen Bomben-, Schlacht-
und Jagdfliegerkräfte im Kampf um die zur Festung erklärten Stadt zusam-
menfassend dargestellt werden. Die „Abteilung zur Nutzung der Kriegserfahrungen
des Stabes der 16. Luftarmee“ ordnet diese Kampfhandlungen in die Endphase des
Zweiten Weltkrieges ein:
„Betrachteten die Deutschen den Durchbruch der Verteidigung an der
Weichsel und die Einnahme von Warschau durch unsere Truppen als Öffnung
des Tores nach Deutschland, so war der Verlust von Küstrin an der Oder für die
deutsche Führung die Öffnung des Tores nach Berlin.“
Erste Luftangriffe und die Vorbereitung der Fliegerkräfte zur Vernichtung der
deutschen Kräfte in der „Küstriner Neustadt“
Da die metrologischen Bedingungen und fehlende frontnahe Flugplätze
ausreichende Starts verhinderten, konnten im Februar 1945 die sowjetischen Flieger-
kräfte, ihre an der Oder handelnden Bodentruppen nur sporadisch decken und
deutsche Stützpunkte angreifen. Im Streifen der 1. Weißrussische Front wurden in den
ersten beiden Februarwochen 13 950 deutsche Flugbewegungen, bei nur 1 530
eigenen Starts, beobachtet. Erst in der zweiten Monatshälfte, als genügend front-
nahe Start- und Landebahnen zur Verfügung standen, errang die 16. Luftarmee mit
7 272 Starts die Luftherrschaft gegenüber der deutschen Luftwaffe, die nur noch auf
3 140 Einsätze kam. Im gesamten Monat Februar schossen die Piloten der 16. Luft-
armee in 285 Luftkämpfen 229 deutsche Flugzeuge ab.
Ende Februar 1945 erhielt die 16. Luftarmee den Auftrag, mit Luftschlägen den
Angriff des 32. Schützenkorps (5. Stoßarmee) zur Vernichtung der Festungsbesatzung
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zu unterstützen und den Luftraum gegen einfliegende Feindflugzeuge zuverlässig zu
decken. Mit der Ausführung des Kampfauftrages betraute Generalleutnant
Rudenko das 3. Bombenfliegerkorps, die 221. Bombenfliegerdivision, die 242. Nacht-
bombenfliegerdivision, die 300. Schlachtfliegerdivision (9. Schlachtfliegerkorps), das
13. Jagdfliegerkorps und die 1. Gardejagdfliegerdivision. Nach gründlicher Aus-
wertung der Luftschläge auf die Festung Posen wurden den Truppenteilen präzise
Weisungen bezüglich der Vorbereitung und Durchführung von Schlägen gegen
einen sich in urbanem Gelände verteidigenden Gegner erteilt.
Zehn ausgewählte Besatzungen des 3. Bombenfliegerkorps absolvierten eine
intensive Tiefflugausbildung zur Bekämpfung von Punktzielen. Dem diente auch ein,
auf die metrologischen und geografischen Bedingungen abgestimmtes Training der
Steuerleute, die den Zeitpunkt für einen gezielten Bombenabwurf zu ermitteln
hatten. Die Pe-2-Besatzungen sollten großkalibrige Bomben (FAB-500, FAB-250 und
FAB-100) in Kombination mit Brandbomben abwerfen, um die Objekte durch
Sprengwirkung und Brände zu zerstören.
Ein besonderes Augenmerk legten die Kommandeure auf die Ausbildung der Stäbe
und Besatzungen im Zusammenwirken mit den Schützenverbänden. Dabei kam den
Fliegerleitoffizieren, die sich vor Angriffsbeginn mit tragbaren Funkmitteln in die vor-
dere Linie der angreifenden Truppenteile begaben, eine Schlüsselposition zu. Durch
die ständige Luftaufklärung durch die Aufklärungsfliegerregimenter, aber auch
Schlacht- und Jagdflugzeuge der regulären Fliegertruppenteile konnten den Bo-
dentruppen sowie eingesetzten Bomben- und Schlachtfliegerkräften wertvolle
Lageinformationen zur Verfügung gestellt werden.
Wenige Tage vor Einsatzbeginn überprüfte
Generalleutnant Rudenko persönlich die
Bereitschaft der Stäbe und Verbände zur
Erfüllung der gestellten Aufgaben.
Generalleutnant Rudenko (8. Mai 1945 in Berlin-
Tegel)
In Ermangelung einer ausreichenden Anzahl an Brandbomben erhielt die
242. Nachtbombenfliegerdivision den Befehl, Flächenbrände durch Abwurf von
Behältnissen mit erbeutetem Benzin auszulösen. Unter Leitung einer aus Generalen
und Stabsoffizieren der 5. Stoßarmee und des Geschwaders bestehenden
Kommission erprobten am 1. März 1945 ausgesuchte Besatzungen den Abwurf
verschiedener mit Benzin gefüllter Behälter. Metallfässer, Milchkannen oder große
Glasflaschen mit einem Fassungsvermögen von bis zu 40 Litern wurden, mit einem
oder mehreren Zündmitteln des Typs BGS-12 versehen, wie Brandbomben an speziell
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entwickelten Bombenhalterungen befestigt und abgeworfen. Daneben wurde
auch mit zur Panzerbekämpfung entwickelten Container des Typs BAS-11
experimentiert. Anstelle mit kleinen PTAB wurden sie jedoch mit Bier- und anderen
kleinen Glasflaschen bestückt, um durch die Streuwirkung größere Flächen bzw.
Gebäude in Brand setzen zu können. Große Behälter – wie Metallfässer – , mit einem
oder mehreren Zündmitteln des Typs BGS-12 versehen, befestigten die Mechaniker
an speziell entwickelten Bombenhalterungen. Über die Ergebnisse des Tests infor-
miert der Abschlussbericht:
„Die Erprobung der gefüllten Behälter erfolgte aus Höhen von 150 bis 200
Metern auf eine Übungsortschaft, die den Ortschaften auf dem Kriegs-
schauplatz ähnelte ... Während der Erprobung und im Verlaufe der
Gefechtsarbeit konnten keine Probleme beim Abwurf beobachtet werden.
Auch kam es zu keiner Auslösung in der Luft oder beim Anflug.“
Die Gefechtshandlungen zur Einnahme des Verteidigungsbereiches Neustadt
Die Bombardierung Küstrins begann bereits am 17. Februar 1945 durch die
242. Nachtbombenfliegerdivision. Da die deutsche Luftwaffe und die Luftabwehr
der Festung noch aktiv waren, handelten die Besatzungen ausschließlich während
der Dunkelheit. Pausenlos, im Intervall von einer bis zwei Minuten, flogen die leichten
Bomber des Typs Po-2 ins Zielgebiet ein und
warfen Bomben von 2,5 bis 25 Kilogramm
bzw. Brandbehälter auf deutsche Stellungen
ab. Weiterhin hatten die Besatzungen durch
ihre plötzlichen Angriffe aus dem nächtlichen
Himmel zur „Terrorisierung der feindlichen
Garnison“ beizutragen. Ihr charakteristisches
„Surren“ brachte dem Flugzeug bei den
deutschen Soldaten die Bezeichnung
„Nähmaschine“ bzw. „Kaffeemühle“ ein.
Leichter Bomber PO-2
Der Bericht der 16. Luftarmee hebt hervor, dass die Zerstörung des Zentrums vor allem
das Ergebnis der Nachtbomber gewesen war. „Im genannten Zeitraum flog die
Division unmittelbar gegen die Stadt Küstrin und ihre Umgebung 2044 Ge-
fechtseinsätze mit Bombenabwürfen. Dabei wurden 237 133 Kilogramm Bomben
verschiedener Kaliber und 280 000 Flugblätter abgeworfen.“ Ein Regiment warf in
fünf Nächten insgesamt 14 Tonnen Brandflüssigkeit ab und entfachte dabei 100
Brände. Nach ihren eigenen Beobachtungen wurden 96 Explosionen herbeigeführt,
231 Brände entfacht, 57 Gebäude zerstört und mehrere Artilleriefeuerstellungen
niedergehalten. Der Verband wurde aufgrund der erfolgreichen Handlungen im
Befehl Nr. 300 des Obersten Befehlshabers vom 12. März 1945 lobend erwähnt und
dem gesamten Personalbestand der Dank ausgesprochen. Im März und April 1945
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griffen die Nachtbomber 297 Mal Ziele in Küstrin, Golzow, Gorgast, Alt Tucheband
und Sachsendorf mit Brandflüssigkeit an.
In den frühen Morgenstunden des 5. März 1945 warfen 92 Pe-Bomber des 3. Bom-
benfliegerkorps 253 Spreng-, 14 Splitter- und 19 Brandbomben verschiedener Kaliber
Industrieanlagen und Lager im Raum des Hauptbahnhofes sowie im südöstlichen
Stadtteil ab.
Die Pe-2 bildete das Rückgrat der Front-
fliegerkräfte.
Die deutschen Flak-Batterien eröffneten auf die Bombenflugzeuge „starkes Flieger-
abwehrfeuer mit bis zu 25 gleichzeitig detonierenden
Flak-Granaten.“ Ein Flugzeug musste daraufhin
notlanden und fünf weitere Maschinen „wiesen bis zu
acht Löcher von Granatsplittern in der Außenhülle“ auf.
Das Gefechtsjournal berichtet: „Nach bestätigten
Luftbildern wurden durch die Bombenabwürfe bis zu 35
verschiedene Gebäude, die Werkhalle eines Sägewerks
und fünf Werkhallen des Gaswerks zerstört. Bis zu 25
Kraftfahrzeuge wurden vernichtet sowie das Feuer einer
Fliegerabwehrbatterie und einer Artilleriebatterie nieder-
gehalten. Es wurden 5 Brandherde und eine starke Ex-
plosion beobachtet.“
Flak-Batterie an der Warthe
(Sammlung Gerda Körner)
Die 16. Luftarmee meldet:
„Bis zum 7.3.45 flogen die Fliegerkräfte gegen Küstrin 676 Gefechtseinsätze,
davon mit Nachtbombenflugzeugen PO-2 – 495, mit Tagbombenflugzeugen
Pe-2 und „Boston“ – 107 sowie mit Schlachtflugzeugen IL-2 – 74.“
Zur Unterstützung des Angriffs des 32. Schützenkorps starteten gegen Mittag des
7. März 1945 insgesamt 69 Maschinen der 301. und 241. Bombenfliegerdivision. Den
Jagdschutz der Neunerketten stellte die 1. Gardejagdfliegerdivision mit amerikani-
schen P-39 „Airacobra“ sicher. Auf deutsche Verteidigungsanlagen, das Sägewerk
im südöstlichen Stadtteil und das Neue Fort nördlich des Bahnhofs warfen die Be-
satzungen im Sturz- und Horizontalflug 221 Spreng-, 27 Splitter- und drei Brandbom-
ben ab. Nach Auswertung der Luftbilder waren bis zu 60 Gebäude zerstört und fünf
Brände mit begleitenden starken Explosionen entfacht worden. An diesem Tag ver-
lor das Korps drei ihrer Pe-2. Eine Maschine stürzte brennend am nordöstlichen
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Stadtrand ab und explodierte. Eine weitere verlor nach einem Treffer die Manö-
vrierfähigkeit und rammte die vor ihr fliegende Pe-2. Beide Flugzeuge gerieten in
Brand und schlugen im Zielgebiet auf. Alle drei Besatzungen sind vermutlich gefallen.
Einen Tag später starteten das 96. und 34. Bombenfliegerregiment vom Flugplatz
Posen-Eisenmühle, dem heutigen Airport Poznań-Ławica, um das Neue Fort und die
Fabriken nahe den Warthebrücken anzugreifen. Aufgrund „der sich rapide
verschlechternden meteorologischen Bedingungen (Schneefall mit niedriger
Wolkendecke) konnten die Gruppen keinen Wiederholungsschlag“ führen. Nur einer
Besatzung gelang zwei Anflüge, wobei 16 Gebäude des Gas- und Sägewerkes
zerstört wurden.
Die Pe-2-Bomber und die Bomber A 20 „Boston“ (Lieferungen aus dem Leih- und
Pachtgesetz/Lend-Lease-Act) griffen in zwei bis drei Neunergruppen an und warfen
ihre Lasten aus einer Höhe von bis zu 1800 Metern ab, wobei auch fünf erbeutete
deutsche Bomben des Typs SD-500 mit sowjetischem
Zünder zum Einsatz kamen. Die geplanten Einsätze mit
Sprengbomben größeren Kalibers konnten wetterbedingt
und aufgrund der engen Verzahnung der sowjetischen
und deutschen Truppen in den letzten Tagen der
Straßenkämpfe nicht mehr erfolgen. Eine Kommission der
16. Luftarmee stellte nach Ende der Kämpfe fest, dass die
Effektivität der Bombenabwürfe „überwiegend gut, bei
Angriffen im Sturzflug sogar ausgezeichnet“ war.
Sowjetischer Mechaniker bereitet eine deutsche Bombe mit dem
Zünder AW-1 für den Einsatz vor.
Die 300. Schlachtfliegerdivision des 9. Schlachtfliegerkorps erhielt am 6. März 1945
die Aufgabe, die angreifenden Verbände des 32. Schützenkorps beim Durchbruch
des äußeren deutschen Verteidigungsrings zu unterstützen und dabei die in den
Häusern eingerichteten Feuerpunkte und wichtige Objekte der Infrastruktur zu ver-
nichten. Zur Wirksamkeit der Luftunterstützung berichtet ein Offizier der 5. Stoßarmee,
dass die Handlungen der Schlachtflugzeuge während des Durchbruchs des äußeren
Verteidigungsrings einen geordneten Rückzug der deutschen Truppen verhindert
hätten. Der bereits genannte Bericht schildert die Gefechtseinsätze der Schlacht-
flieger, in denen auch über die erreichten Zerstörungen informiert wurde. Auf
Anforderung der Schützendivisionen flogen die IL-2 in Gruppen von bis zu sechs
Maschinen und griffen, nach Zielzuweisung durch die Fliegerleitoffiziere, aus einer
Höhe von bis zu 600 Metern gleichzeitig mehrere Ziele an.
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Die Il-2 zeichnete sich besonders durch die
Flugstabilität, dem gepanzerten Schutz und
einer vorzüglichen Bewaffnung aus.
Während eines Einsatzes erfolgten bis zu acht Anflüge. „In großem Umfang wurden
auch nach den Bombenabwürfen Bordkanonen und Bordmaschinengewehre
gegen ... Ziele eingesetzt. Eingesetzte Munition: FAB-100, FAB-50, AO-25 , alle Arten
von Brandbomben und ungelenkte Raketen RS.“
Nach einem Einsatz in den Nachmittagsstunden des 6. März 1945 meldeten die IL-2-
Besatzungen, dass „bis zu 30 Häuser und ein Bunker zerstört, 60 Brände entfacht
wurden und sieben Munitionslager in die Luft“ „flogen“. Außerdem wurden eine
Fabrik am westlichen Stadtrand, der Wasserturm am Bahnhof und eine Lagerhalle
der Reichsbahn getroffen sowie bis zu 30 laufende Meter Bahndamm zerstört und
bis zu 90 Güterwagen in Brand gesetzt. Das Niederhalten der deutschen Flak-Bat-
terien übernahmen die Schlachtfliegerbesatzungen, die über eine 37-mm-Bord-
kanone verfügten.
Schema der Zielgebiete für die Bomben- und Schlachtflieger
(Quelle: ZAMO RF, f. 233, op. 2356, d. 457, Dokument 3)
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Am 9. März 1945 erhielt die Schlachtfliegerdivision vom Stab der 16. Luftarmee eine
Gefechtsanordnung, in der es heißt: „Die 5. Stoßarmee überwindet am 9.3.45 um
17:00 Uhr die Warthe. Die Artillerievorbereitung beginnt um 17:00 Uhr. Der Befehls-
haber hat befohlen, bis 17:00 Uhr einen Schlag auf das Ziel Nr. 4 (Küstrin) zu führen“.
Für diese Aufgabe standen die Bombenflugzeuge Pe-2 aufgrund der metrologi-
schen Bedingungen nicht zur Verfügung. Somit mussten die tieffliegenden
Schlachtflugzeuge allein die deutschen Kräfte zwischen Warthe und der Altstadt
bekämpfen und niederhalten. Während des Anfluges wurden 10 IL-2 von acht FW-
180 angegriffen. Dabei ging eine IL-2 des 106. Schlachtfliegerregiments verloren.
Gegen Küstrin führten die Fliegerkräfte der 16. Luftarmee insgesamt 1743 Ge-
fechtseinsätze (ohne Jagdschutz) durch, davon 180 mit Bombenflugzeugen Pe-2, 83
mit Bombenflugzeugen „Boston“, 299 mit Schlachtflugzeugen IL-2 und 1181 mit
Nachtbombenflugzeugen PO-2. Sie warfen 568 Tonnen Fliegerbomben verschiede-
ner Kaliber, darunter 46 FAB-500, ab. Die vielen Brände entstanden vor allem durch
Volltreffer der Brandbomben ZAB-50 und ZAB-10.
Die Deckung des Einsatzraumes des 3. Bombenfliegerkorps übernahm die 1. Gar-
dejagdfliegerdivision, die des 9. Schlachtfliegerkorps das 13. Jagdfliegerkorps. Das
Gefechtsjournal des 13. Jagdfliegerkorps schildert tageweise die Einsätze, die un-
terschiedlichen Aufgaben, die Abschüsse und die eigenen Verluste. Wobei das
Korps bis in den Raum Stargard – Stettin – Schwedt – Greifenhagen handelte. Im
Verteidigungsstreifen der 9. (deutschen) Armee klärte das Korps im Raum Küstrin –
Wriezen – Strausberg – Werneuchen – Erkner – Beeskow – Lieberrose und Neuzelle –
Frankfurt (Oder) auf. Weitere Jagdmaschinen flogen „freie Jagd“ gegen deutsche
Flugzeuge und Bodenziele. Maschinen im „Diensthabenden System“ patrouillierten
zur Deckung des eigenen Luftraums. So starteten am 5. März 1945 insgesamt 89
Jagdmaschinen (6 Jak-1, 32 Jak-3 und 51 Jak-9) zu 133 Gefechtseinsätzen. Davon
dienten: 74 dem Jagdschutz, 10 der Deckung der eigenen Truppen, 32 der Luftauf-
klärung, 12 der „freien Jagd“ und fünf der Sicherung des eigenen Luftraumes.
Die Jak-9 war das am meisten
verwendete Jagdflugzeug der
sowjetischen Luftstreitkräfte im
Zweiten Weltkrieg. Sie wurde als
Begleit-, Abfang- und Lang-
streckenjäger, Jagdbomber und
Schlachtflugzeug zur Panzer-
bekämpfung eingesetzt.
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Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Anzahl der Flüge und deren
Ergebnisse.
Anzahl
Flugzeuge
Einsätze Tiefflug-
angriffe
Luft-
kämpfe
Abschüsse Eigene
Verluste
1.3. 89 133 30 3 3
2.3. 56 81 9 - - -
3.3. 153 162 30 7 4 1
4.3. 84 99 19 - - -
5.3. 103 168 15 3 3 2
6.3. 105 151 24 4 1 -
7.3. 97 139 16 4 4 2
8.3. 121 192 29 15 11 2
9.3. 62 88 8 3 4 1
10.3. - - - - - -
11.3. 155 283 22 17 13 2
12.3. - - - - - -
13.3. 58 69 3 8 12 2
An den Luftkämpfen nahmen auf beiden Seiten stets mehrere Maschinen teil. So
heißt es im Gefechtsjournal für den 11. März 1945: „An 17 Luftkämpfen waren von
unserer Seite 56 Flugzeuge (22 Jak-3, 34 Jak-9) und seitens des Gegners 81 FW-190
und eine Hs-129 beteiligt. Dabei wurden 13 FW-190 und die Hs-129
abgeschossen“. Zu den Einsätzen der 1. Gardejagdfliegerdivision können, da bisher
keine Gefechtsjournale erschienen sind, keine detaillierten Angaben gemacht
werden.
Die Stäbe der 16. Luftarmee werteten die Einsätze durch eine spezielle Kommission
aus. Davon zeugen die zahlreichen Berichte der an den Luftangriffen beteiligten
fliegenden Verbände, die objektbezogenen Kontrollen und Dokumentationen über
die Wirksamkeit der Bomben und Raketen in den Zielgebieten. Die sowjetischen
Fliegerkräfte sammelten dabei Erfahrungen bei der Bekämpfung und dem
Niederhalten von gegnerischen Truppen und Objekten auf einem urbanen Territo-
rium. Sie fanden Berücksichtigung bei den bevorstehenden Schlägen gegen den
Berliner Verteidigungsbereich, aber auch bei der endgültigen Vernichtung der Ver-
teidiger der Altstadt von Küstrin.
Nach der Einnahme der Neustadt stellte die Kommission fest, dass die Fliegerkräfte
diese zu 85 % zerstört oder beschädigt hatten. Ob diese Zahl den Tatsachen ent-
spricht, ist schwer einzuschätzen.
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Beispiele aus dem Bericht: „Kurze operativ-taktische Übersicht Nr. 3 des Stabes der
16. Luftarmee zum Thema: „Die Rolle der Fliegerkräfte beim Kampf um Küstrin“ vom
21.03.1945, ZAMO RF, f. 233, op. 2356, d. 457, Dokument
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http://www.geschichte-erinnern.de/interessengemeinschaft/mailto:[email protected]
21 www.geschichte-erinnern.de/interessengemeinschaft/
Quellen:
Kurze operativ-taktische Übersicht Nr. 3 des Stabes der 16. Luftarmee zum Thema:
„Die Rolle der Fliegerkräfte beim Kampf um Küstrin“ vom 21.03.1945, ZAMO RF, f. 233,
op. 2356, d. 457, Dokument 3. Veröffentlicht im Internet auf der offiziellen Archivseite
des Archivs unter: https://pamyat-naroda.ru/, Suchmaske: 16 ВА, geöffnet am:
16.02.2017. Kopie auf 15 Schreibmaschinenseiten mit einem Schema, einer Karte
und Anhang mit 22 Fotografien.
Autorenkollektiv: Militärhistorischer Abriss des Kampfweges der 16. Luftarmee (1942-
1945), Kapitel 4: Von der Weichsel zur Oder. Unterkapitel: In den Kämpfen um den
Küstriner Brückenkopf, Moskau, Militärverlag des Verteidigungsministeriums der
UdSSR, 1973.
Material über die Erprobung und den Gefechtseinsatz von erbeutetem Benzin zur
Inbrandsetzung von Gebäuden in der Stadt Küstrin durch die 242.
Nachtbombenfliegerdivision der 16. Luftarmee. ZAMO RF, f. 233, op. 2356, d. 457,
Dokument 3. Veröffentlicht der offiziellen Archivseite des Archivs unter:
https://pamyat-naroda.ru/. Suchmaske: 16 ВА, geöffnet am: 16.02.2017. Kopie auf 5
Schreibmaschinenseiten und einem Anschreiben.
Gefechtsjournal des 3. Bombenfliegerkorps der 16. Luftarmee für den Zeitraum vom
01.03. bis 31.03.1945. ZAMO RF, f. 20513, op. 1, d. 49. Veröffentlicht der offiziellen
Archivseite des Archivs unter: https://pamyat-naroda.ru/, Suchmaske: 3 бак,
geöffnet am: 22.02.2017. Kopie auf 36 Schreibmaschinenseiten.
Gefechtsjournal des 9. Schlachtfliegerkorps der 16. Luftarmee für den Zeitraum vom
01.03. bis 31.03.1945 (80 Schreibmaschinenseiten). ZAMO RF, f. 20540, op. 1, d. 113.
Veröffentlicht im Internet auf https://pamyat-naroda.ru/, Suchmaske: 9 шак,
geöffnet am: 12.01.2017.
Gefechtsjournal des 13. Jagdfliegerkorps für den Zeitraum vom 01.03. bis 31.03.1945.
ZAMO RF, f. 20548, op. 1, d. 14. Veröffentlicht im Internet auf der offiziellen Archivseite
des Archivs unter: https://pamyat-naroda.ru/, Suchmaske: 13 иак, geöffnet am:
02.12.2017. Kopie auf 47 Schreibmaschinenseiten.
Herrmann, G.-U., Die Festung Küstrin 1945. Anspruch und Wirklichkeit, Helios-Verlag,
Aachen 2015.
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Erinnerungen wachhalten!
„Soldatengräber sind die besten Prediger des Friedens.“
Gerd-Ulrich Herrmann
Diese oft zitierten Worte des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer haben in
Bezug auf heutige Kriege und weltweite Spannungen nicht an Bedeutung verloren.
Mit ihrem Engagement am Volkstrauertag bestätigten viele Menschen, dass die Bot-
schaft dieses Gedenktages angesichts täglicher Meldungen immer noch aktuell ist
und gedachten der Opfer zweier Weltkriege.
Im Landkreis Märkisch Oderland erinnern heute 174 gepflegte Kriegsgräberstätten mit
fast Grabstellen für 30 000 Tote der letzten Kriegsmonate. Jedes Jahr werden die
sterblichen Überreste von Gefallenen vieler Nationen auf dem ehemaligen Schlacht-
feld Oderbruch und der Höhenstufe geborgen. Rotarmisten finden ihre letzte Ruhe auf
dem Zubettungsfriedhof Lebus bzw. auf den Kriegsgräberstätten Reitwein und
Manschnow. Für die Gefallenen der Wehrmacht wurden die Kriegsgräberstätten Liet-
zen und Wuhden durch den Volksbund und die zuständigen Kommunen umfangreich
saniert.
Neu gestaltete Fläche für die
Zubettung, Kriegsgräberstätte
Lietzen (2017)
Am 23. Oktober 2017 fand in Lietzen die Zubettung der sterblichen Überreste von 50
deutschen Gefallenen statt. Leider wird nicht jeder seinen Namen zurückerhalten. An
der würdevollen Veranstaltung nahmen zahlreiche Bürger unterschiedlichen Alters teil.
Unter ihnen befand sich ein ehemaliger Angehöriger der 9. Fallschirmjägerdivision, der
nach der Kranzniederlegung tief bewegt von seinen Erlebnissen in den Apriltagen des
Jahres 1945 berichtete.
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Die Worte des Gedenkens sprach an diesem sonnigen Sonn-
abend Gebhard Graf von Hardenberg. Er dankte allen, die in
den Jahren bis 1989 diesen Friedhof gepflegt haben.
„Sehr persönliche Worte fand auch Neuhardenbergs Pfarrer
Thomas Krüger in der Andacht. Er nahm eine Jugendfahrt vor
fünf Jahren in die Ukraine zum Gegenstand der Reflektion [sic]
über die heutigen Kriegsschauplätze in aller Welt. Dort habe
man auch die Schlachtfelder von vor mehr als 70 Jahren be-
sucht und konnte sich nicht vorstellen, dass so etwas wieder
passieren sollte. Nun seien Teile der damals so schwer zerstörten
Ukraine wieder Kriegsschauplätze ... Angesichts von wiederer-
starkendem Nationalismus und erneuter Grenzziehung vor al-
lem in den Köpfen sei das Anliegen des Volksbundes Kriegsgrä-
berfürsorge um so wichtiger: Versöhnung über Gräbern".
(Märkische Oderzeitung 23.10.2017).
Auf den ehemaligen Schlachtfeldern ruhen noch Tausende Gefallene in unbekannten
Grablagen. Auch sie sind in unserem Gedenken
einge-schlossen. Erwin Kowalke, langjähriger Umbetter
und nun im „Unruhestand“, verwendet in diesem
Zusammenhang gern die Worte von Emanuel Kant:
„Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot,
der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird.“
Männer und Frauen, die beruflich oder ehrenamtlich
sterbliche Überreste von Gefallenen bergen, den
Toten ein würdevolles Grab und den Angehörigen
Gewissheit geben, gebührt Respekt und Dank. Sie
leisten damit eine aktive Friedensarbeit. Nachfolgend
sollen einige von Ihnen, die auch auf
brandenburgischem Gebiet seit vielen Jahren
Hunderte Tote geborgen haben, vorgestellt werden.
Lietzen (Oktober 2017)
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24 www.geschichte-erinnern.de/interessengemeinschaft/
Umbetter Joachim Kozlowski
Der einzige Umbetter des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge in Deutschland,
Joachim Kozlowski, betonte in einem Interview: „Sich der Vergangenheit auf diese
Weise zu nähern, ist eine besondere Arbeit mit hohen moralischen Ansprüchen".
Joachim Kozlowski bei der Gebeinaufnahme (Volksbund / Brandenburg 2017)
Seine erste Exhumierung führte der gelernte Industrie-Elektroniker unter Anleitung von
Erwin Kowalke im Jahr 2008 noch in seiner Freizeit durch. Er musste einiges lernen, zum
Beispiel das Protokollieren von Funden und medizinische Fakten zur Bestimmung von
Alter und Größe, Todesursache sowie des Gräbernachweises auf den Zubettungs-
friedhöfen. 2010 übernahm er den Staffelstab von Erwin Kowalke, der sich bereits seit
1980 im Auftrag der evangelischen Landeskirche um den Lietzener Soldatenfriedhof
gekümmert hatte.
Seitdem ist Joachim Kozlowski häufig auch im östlichen Territorium des Landkreises
Märkisch Oderland unterwegs, um Tote aus bisher unbekannten Grablagen zu ber-
gen. So Anfang Mai 2017, als bei Bauarbeiten für den künftigen Radweg entlang der
Bundesstraße 1 in der Nähe von Alt Tucheband, die Gebeine von 24 gefallenen Rot-
armisten aufgefunden wurden. In einem DPA-Bericht heißt es: „... das Bergen der To-
ten, das Erfassen der historischen Grabanlagen und das Festhalten der Auffindesitua-
tion ist nur eine Aufgabe. Danach beginnt das zeitaufwendige Recherchieren, Unter-
http://www.geschichte-erinnern.de/interessengemeinschaft/mailto:[email protected]
25 www.geschichte-erinnern.de/interessengemeinschaft/
suchen, Dokumentieren. [Kozlowskis] ... Erkenntnisse und auch Funde wie Erkennungs-
marken und persönliche Gegenstände, beispielsweise Ehering oder Uhr mit Gravur
meldet er der Deutschen Dienststelle, der früheren Wehrmachtsauskunftsstelle, die der
Familie des Toten dann mitteilt, was mit dem seit Jahrzehnten Gesuchten passiert ist.
‚Die Toten zu ehren, ist mir wichtig. Ich will aber auch den Angehörigen zeigen, dass
der Volksbund sich 73 Jahre nach Kriegsende noch um die Gefallenen und ihre
Schicksale kümmert‘, erklärt Kozlowski.“
Joachim Kozlowski während der Ausbettung (Volksbund / Brandenburg 2017)
Beim Auffinden von Toten der 1. Weißrussischen Front sind die Recherchen oftmals
komplizierter: „Auch bei den Russen gab es Erkennungsröllchen mit den wichtigsten
persönlichen Angaben. Bei den Toten rund um die Seelower Höhen habe ich so etwas
allerdings nur selten gefunden‘, erzählt der Umbetter, der in diesem Jahr bereits etwa
500 Kriegstote geborgen und noch ‚etliche Feldgräber‘ vor sich hat. Anhaltspunkte für
die Identität des Gefallenen gäben auch bei den gefallenen Sowjetsoldaten
entdeckte Orden, die eingestanzte Nummern hätten. Diese Erkenntnisse leitet der 45-
Jährige an die russische Botschaft weiter.“
(siehe: http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1618438/).
http://www.geschichte-erinnern.de/interessengemeinschaft/mailto:[email protected]://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1618438/
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Der Verein zur Bergung Gefallener in Osteuropa e.V.
Seit der Gründung des „Vereins zur Bergung Gefallener in Osteuropa e. V.“ im Jahr
1992 führten die ehrenamtlichen Mitglieder ca. 180 Sucheinsätze auf vielen ehemali-
gen Schlachtfeldern durch, bei denen über 7700 Gefallene gefunden wurden. Der
Vereinsvorsitzende Albrecht Laue und der Militärhistoriker Wolfgang Ockert haben seit
Jahren eine enge Verbindung zur Gedenkstätte Seelower Höhen. So fand die
Ausstellung „Vermisst in Klessin“ (2012) und die Buchpräsentation „Die Panther-Abtei-
lung ‚Brandenburg‘ 1945 und ihre Vorgeschichte als I. Abt. Pz.Rgt. 26“ (Wolfgang
Ockert/Axel Urbanke, 2015) ein sehr großes Interesse. In der ständigen Ausstellung der
Gedenkstätte informieren Tafeln auch über die Arbeit des Vereins.
Gedenken an den Gräbern deutscher Soldaten in Friedersdorf
Seit 2005 suchen Männer und Frauen aus Deutschland, Frankreich, Holland, Russland,
Italien, Polen und der Schweiz sowie der Ukraine Tote, die während der Kämpfe um
die Brückenköpfe und der „Schlacht um die Seelower Höhen“ unter anderem in
Klessin, Alt Tucheband, Reitwein und Grunow gefallen waren und in einer
unbekannten Grablage ruhen.
Im Zeitraum vom 30. September bis 07. Oktober 2017 fand der 15. Sucheinsatz des
VBGO e.V. in dem ehemaligen Kampfgebiet um die Ortschaft Klessin statt. Dank der
akribischen Vorbereitung und den Bemühungen aller Grabungsteilnehmer konnten
neun sowjetische und fünf deutsche gefallene Soldaten geborgen werden. Eine ge-
fundene Erkennungsmarke wird ein weiteres Soldatenschicksal klären.
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Ob weitere Funde zu Namen der
Gefallenen führen, wird die Zusam-
menarbeit mit der Botschaft der
Russischen Föderation und der Deut-
schen Dienststelle (WAST) zeigen.
Damit erhöht sich die Zahl der in
diesem Gebiet Gefundenen auf 95
deutsche und 110 sowjetische Ge-
fallene.
Klessin Oktober 2015
Neben der eigentlichen Aufgabe, der Gefallenenbergung, sicherten drei mit Baggern
und Drohnentechnik ausgerüstete Teams im Oktober 2017 zusätzliche Informationen
von militärhistorischer Bedeutung. Sie legten nach Auswertung von Luftbildern,
Gefechtsberichten und anderen Dokumenten ein im Februar 1945 angelegtes weit-
verzweigtes Grabensystem mit Unterständen und Feuerstellungen frei.
Luftaufnahme nach dem Freilegen des Grabensystems bei Podelzig,
Oktober 2017 (Foto VBGO e. V.)
Auch bei vorangegangenen Suchaktionen brachten das Freilegen der Kellerräume
des ehemaligen Gutshauses, der Landarbeiterhäuser und zahlreicher Stellungen neue
Erkenntnisse, mit denen Militärhistoriker und historisch Interessierte das Geschehen um
die wochenlangen und äußerst hart geführten Kampfhandlungen im Kessel von Klessin
besser rekonstruieren können.
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Vorschau:
Unsere nächste Veranstaltung wird im Frühjahr 2018 in Berlin stattfinden.
Folgende Themen sind vorgesehen:
Die Strafeinheiten der Roten Armee
Struktur und Aufgaben der Einheiten des NKWD während der Berliner Operation
und in den ersten Friedensmonaten
Berlin in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges auf europäischem Territorium
Ort, Datum und Themen geben wir rechtzeitig auf unserer Internetseite und per E-Mail
bekannt.
Für Anregungen sind wir Ihnen dankbar. Bitte teilen Sie uns Ihre Hinweise mit:
https://www.geschichte-erinnern.de/interessengemeinschaft/kontakt/
Wir würden uns freuen, wenn Sie den Newsletter an Interessierte weiterleiten oder auf
unsere Internetseite aufmerksam machen.
Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie eine harmonische Weihnachtszeit mit
vielen kleinen und großen Freuden, erholsame Stunden der Gemütlichkeit
sowie einen erfolgreichen Start in das Jahr 2018!
Uwe Klar und Gerd-Ulrich Herrmann
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