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K ONZERNRECHT Universität Wien Institut für Recht der Wirtschaft RA Dr. Christian Knauder DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH

Konzernrecht SS2020 PPP - Compatibility Mode · Grundlagen des Konzernrechts, Konzernbegriff, Rechtliche Rahmenbedingungen der Konzernbildung • Mo16.03.2020 16:45-18:15Uhr, Hs15

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KONZERNRECHT

Universität WienInstitut für Recht der Wirtschaft

RA Dr. Christian Knauder

DLA Piper Weiss-TessbachRechtsanwälte GmbH

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Zeit- und Themenplan

Termine

• Mo 09.03.2020 16:45-20:00 Uhr, Hs 15

Vorbesprechung

Grundlagen des Konzernrechts, Konzernbegriff,

Rechtliche Rahmenbedingungen der Konzernbildung

• Mo 16.03.2020 16:45-18:15 Uhr, Hs 15

Vertragskonzern und faktischer Konzern, Unternehmensverträge,

Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

• Do 19.03.2020 18:30-20:00 Uhr, Hs 3

Organe im Konzern

• Do 26.03.2020 16:45-20:00 Uhr, Hs 15

Organe im Konzern und Konzernkontrolle,

Haftung und Rechtsdurchsetzung im Konzern,

Arbeitsrechtliche Aspekte des Konzernrechts

• Do 02.04.2020 18:30 Uhr, Hs 14

1. Klausur

• Do 23.04.2020 16:45 Uhr, Hs 14

2. Klausur

Literatur

• Knauder/Ruhm/Sima, Konzernrecht2, 2010 (Skriptum LexisNexis)

• Kodex Unternehmensrecht (in aktueller Auflage)

Vertiefende Literatur

• Haberer/Krejci (Hrsg), Konzernrecht (2016)

• Knauder/Sima, Konzernrecht, in Hausmaninger/Gratzl/Justich (Hrsg), Handbuch zur Aktiengesellschaft2 (2017)

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Gegenstand des Konzernrechts

• Recht der verbundenen Unternehmen– Ausgangslage → Unternehmen, die zwar rechtlich selbständig, auf der Grundlage bes�mmter Instrumentarien

(Mehrheitsbeteiligungen, Unternehmensverträge, sonstige Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnisse) aber miteinander verbunden sind

– Konzern → keine eigene Gesellscha�sform und auch nicht Rechtsträger; zeigt bloß ein bes�mmtes "Verbundenheitsverhältnis" zwischen Unternehmen an, die primär zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst sind

– Konzernbildung

• Zusammenschluss selbständiger Gesellschaften – bzw allgemeiner Unternehmensrechtsträger – zu wirtschaftlichen Zwecken zu einer mehr oder weniger integrierten Einheit

• Abgrenzung zum Umgründungsrecht → konzernrechtlich relevant sind lediglich solche Vorgänge, die zwischen den beteiligten Gesellschaften zwar rechtliche oder tatsächliche Verbindungen und damit in gewisser Hinsicht Abhängigkeiten schaffen, die Gesellschaften aber unverändert als rechtlich selbständige Unternehmen fortbestehen lassen

• Konzernrecht → Sammelbegriff für die durch bestimmte Formen der Unternehmensverbindung in rechtlicher Hinsicht aufgeworfenen Fragen

– Frage nach der Zulässigkeit und den gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung solcher Unternehmensverbindungen

– Frage nach den Auswirkungen der Unternehmensverbindung auf die Verfassung der an ihr beteiligten Gesellschaften

– Frage nach notwendigen gesetzlichen Vorkehrungen zum (Minderheiten)Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz

– Frage nach Mitbestimmungsrechten der in einem Konzern beschäftigten Arbeitnehmer

– Frage nach konzernspezifischen Aspekten der Rechnungslegung sowie der Besteuerung

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Gegenstand des Konzernrechts

• Konzernrecht iwS → Inbegriff sämtlicher "konzernbezogener Regelungen", die sich auf die verschiedensten Rechtsgebiete erstrecken

– Gesellschaftsrechtlicher Konzernbegriff (§ 115 GmbHG; § 15 AktG)

– UGB → rechnungslegungsrechtliche Erfassung des Konzerns in § 244 UGB und Begriffsdefinitionen zu "Mutter- und Tochterunternehmen", "verbundene Unternehmen" in § 189a UGB

– Konzernspezifische Vorschrift in § 9 Abs 1 EKEG

– Börserechtliche Beteiligungspublizität in §§ 130 ff BörseG 2018

– "kontrollierende Beteiligung" iSd § 22 ÜbG

– Regelung über die Einrichtung einer "Konzernvertretung" zur Vertretung der gemeinsamen Interessen der in einem Konzern beschäftigten AN (§ 88a ArbVG)

– Konzernrelevante Tatbestände in § 22 Abs 1 Z 2 PSG

– Steuerrechtliche Regelungen iZm Konzernsachverhalten

– Kartellrechtlicher Begriff des Zusammenschlusses in § 7 Abs 1 Z 5 KartG

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Motive der Konzernbildung

• aus betriebswirtschaftlicher Sicht

– Erzielung von Rationalisierungs- und Synergieeffekten durch die Aufteilung von Forschungs- und Entwicklungskosten sowie durch

– Verringerung des wirtschaftlichen Risikos durch die Trennung in verschiedene Produktionszweige sowie die Erweiterung der Produktpalette

• aus gesellschaftsrechtlicher Sicht

– nicht selten bildet die Konzernierung eine Vorstufe zu einer späteren Fusion, gegenüber Fusionierungen weist die konzernmäßige Verflechtung allerdings verschiedene Vorteile auf:

• Obwohl beim Konzern eine einheitliche Unternehmensleitung möglich und vorgesehen ist, bleiben die bereits bestehenden rechtlich selbständigen Unternehmen erhalten, sie treten weiterhin unter ihrer bisherigen Firma auf dem Markt auf, können also den bisherigen good will weiterhin nutzen

• Zudem können Ein- und Ausgliederungen von Konzerngesellschaften einfach durchgeführt werden, so dass sich im Vergleich zu Fusionen eine größere Flexibilität der Gesamtorganisation ergibt

• wirtschaftspolitische Gründe

– Etablierung in den unterschiedlichsten Branchen → Herstellung und Vertrieb verschiedenster Produkte, um rechtzei�g und ohne Mühe die Unternehmensaktivitäten bei ungünstiger Entwicklung auf erfolgversprechende Bereiche verlagern zu können

– abhängige Gesellschaften werden im Lichte der sich bietenden Standortvorteile dort gegründet, wo für die angestrebte Tätigkeit die besten Voraussetzungen (Steuern, Arbeit, Ausbildung etc) bestehen

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbegriff → Erscheinungsformen

• Vertragskonzern und faktischer Konzern

• Gleichordnungskonzern und Unterordnungskonzern

– stellt darauf ab, ob die Konzernunternehmen auf gleicher Stufe miteinander verbunden sind (Gleichordnungskonzern) oder ob zwischen den Konzernunternehmen Abhängigkeitsverhältnisse bestehen (Unterordnungskonzern)

• Einfacher und qualifizierter Konzern

– die diesbezüglichen Beurteilungskriterien stellen auf das Ausmaß der Einflussmöglichkeiten bei der abhängigen Gesellschaft ab

• Einstufige und mehrstufige Konzerne

– Mutter-, Tochter-, Enkelgesellscha� → "Konzern im Konzern"-Problematik

• Horizontaler und vertikaler Konzern

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KONZERNRECHT

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbegriff im Gesellschaftsrecht

• § 115 GmbHG / § 15 AktG → grundlegende Defini�on des Konzerns

• Begriffsmerkmale

– Rechtlich selbständige Unternehmen

– Wirtschaftliche Zwecksetzung

– Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung

• Aktivitäten verschiedener rechtlich selbständiger Unternehmen werden durch entsprechende Einflussnahme auf deren Geschäftsführung planmäßig so koordiniert, dass dies der möglichen Leitungsstruktur eines Einheitsunternehmens entspricht

• dies geschieht etwa aufgrund von Beteiligungen, personellen Verflechtungen, maßgebenden Finanzierungen oder vertraglichen Beziehungen

– Beherrschender Einfluss

• in Bezug auf das für § 115 Abs 2 GmbHG bzw § 15 Abs 2 AktG zentrale Tatbestandsmerkmal des „beherrschenden Einflusses“ gilt es zwischen der bloßen Möglichkeit der Beherrschung (Abhängigkeit) und ihrer Aktualisierung im Wege einheitlicher Leitung (Konzern) zu unterscheiden

• zum Verhältnis der Begriffsmerkmale der Beherrschung und der einheitlichen Leitung zueinander

– während bei einheitlicher Leitung iSd Abs 1 der "beherrschende Einfluss" jedenfalls gegeben ist, stellt sich die Abhängigkeit als bloße Möglichkeit eines solchen beherrschenden Einflusses dar, ohne dass damit bereits eine Aussage über ihre Aktualisierung im Wege einheitlicher Leitung getroffen wäre → erst die (tatsächliche) Ausübung entsprechender Einflussmöglichkeiten gilt grundsätzlich aber als Anknüpfungspunkt für die Frage der Verwirklichung des Konzerntatbestandes

– widerlegbare Konzernvermutung in Abs 2

• bei Vorliegen einer Abhängigkeit, die bei Mehrheitsbeteiligungen mit entsprechendem Stimmgewicht vermutet wird (Abhängigkeitsvermutung), wird die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung oft gegeben sein

• daher wird im Fall der Abhängigkeit die geforderte Einflussnahme und somit das Vorliegen eines Konzerns vermutet

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Anknüpfungspunkte für Konzernsachverhalte

• Tatbestände, die schon am Bestehen bzw Entstehen von Abhängigkeit ansetzen → ein Abhängigkeitsverhältnis liegt bereits vor, wenn die Möglichkeit besteht, ein anderes Unternehmen einheitlich zu leiten

– Konzernvermutung nach § 15 Abs 2 AktG bzw § 115 Abs 2 GmbHG

– kontrollierende Beteiligung nach dem EKEG

– mittelbar kontrollierende Beteiligung iSd § 22 Abs 3 Z 2 ÜbG, für die auch nach Inkrafttreten des ÜbRÄG 2006 auf das Kriterium des beherrschenden Einflusses abgestellt wird

• Bestimmungen, die entweder isoliert oder in Verbindung mit anderen Kriterien auf das Halten einer Mehrheitsbeteiligung abstellen

– dabei kommt es nicht unbedingt auf eine Kapitalmehrheit, sondern zum Teil auch auf eine Stimmrechtsmehrheit an

– Beispiele → der in § 244 Abs 2 UGB geregelte Control-Tatbestand sowie der im Arbeitsverfassungsrecht überwiegend maßgebliche Konzernbegriff (RÄG 2014: § 244 Abs 2 UGB blieb unverändert)

• Tatbestände, die auf das charakteristische Konzernkriterium, dh die Ausübung von einheitlicher Leitung, abstellen

– insb die gesellschaftsrechtlichen Konzerndefinitionen in § 15 Abs 1 AktG bzw § 115 Abs 1 GmbHG

– die Konsolidierungspflicht nach § 244 Abs 1 UGB (Beachte Änderungen durch RÄG 2014)

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Normative Anknüpfung konzernrechtlicher Bestimmungen im AktG

• die Eigenschaft als "herrschendes oder abhängiges Unternehmen" ist ausdrücklich noch in § 80 Abs 1 S 3 AktG (Kreditgewährung an gesetzliche Vertreter oder leitende Angestellte) und § 131 Abs2 AktG (Bestellung eines Sonderprüfers) maßgebend

• auf Konzernierungen wird in § 86 Abs 3 AktG (Mitgliedschaft im AR; wortgleich mit § 30a Abs 3 GmbHG) und § 95 Abs 2 S 1 AktG (Auskunftsrecht des AR gegenüber dem Vorstand; wortgleich mit § 30j Abs 2 S 1 GmbHG) Bezug genommen

• auf den Begriff des Tochter- bzw Mutterunternehmens iSd § 189a Z 6 und Z 7 UGB beziehen sich § 45, § 51, § 65 Abs 5, § 66, § 66a, § 86 Abs 2 Z 2, § 90 Abs 1 und § 95 Abs 5 Z 12 AktG

– diese Bestimmungen betreffen insb die Nachgründung, den Erwerb eigener Aktien, die Aktienübernahme durch oder für Rechnung eines Tochterunternehmens, die Ausübung des Stimm- und Bezugsrechts für die einem Tochterunternehmen gehörenden Aktien sowie die Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zu Vorstand und Aufsichtsrat

• von "verbundenen Unternehmen" wiederum sprechen die § 118 Abs 1 AktG (Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung), § 118 Abs 3 AktG (Schutzklausel iZm der Auskunfts-verweigerung in der Hauptversammlung) und § 65 Abs 1 Z 4 AktG (Erwerb eigener Aktien)

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbegriff im Rechnungslegungsrecht

Beachte Änderung des unternehmensrechtlichen Konzerntatbestandes durch das RÄG 2014

Eine Kapitalgesellschaft (Mutterunternehmen) hat gemäß § 244 UGB einen Konzernabschluss

aufzustellen,

• wenn Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des Mutterunternehmens stehen (§ 244 Abs 1)

oder

• wenn dem Mutterunternehmen bei einem Tochterunternehmen ein Recht zur Einflussnahme iSd Control-

Tatbestände des § 244 Abs 2 UGB zukommt

Vor dem RÄG 2014 galt: • sofern kein Control-Tatbestand iSd § 244 Abs 2 UGB vorlag, war als weiterer Schritt zu untersuchen, ob kumulativ

eine einheitliche Leitung iSd § 244 Abs 1 UGB sowie eine Beteiligung iSd § 228 UGB aF gegeben waren

• Folge vor dem RÄG 2014 wohl engerer Anwendungsbereich der Konsolidierungspflicht– Keine Konsolidierungspflicht etwa bei Zweckgesellschaften, die nicht durch Beteiligung, sondern aufgrund personeller Verflechtungen (Organidentität)

beherrscht werden

– Frage der Konsolidierungspflicht bei Gleichordnungskonzernen (darunter versteht man insbesondere zwei oder mehrere Unternehmen, die dieselben

Gesellschafter haben, wobei keiner dieser Gesellschafter aber beherrschend ist)

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbegriff im Rechnungslegungsrecht

§ 244 Abs 2 UGB Control-Tatbestände

• die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter (Z 1)– dem Mutterunternehmen muss tatsächlich die Mehrheit aller Stimmrechte zustehen, auch dann, wenn alle Gesellschafter zur

Gesellschafterversammlung erscheinen und ihr Stimmrecht ausüben bloße Präsenzmehrheit nicht ausreichend (Unterschiede zwischen kapitalmäßiger Beteiligung und Stimmrecht)

– zur Berechnung der Mehrheit der Stimmrechte sehen § 244 Abs 4 und Abs 5 UGB genaue Regeln vor zB wirtschaftliche Zurechnung; von den Gesamtstimmrechten sind die Stimmrechte aus eigenen Anteilen des TU abzuziehen

• das Recht, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, sofern das Mutterunternehmen gleichzeitig Gesellschafter ist (Z 2)

– dieser Tatbestand ist idR nur relevant bei Sonderrechten einzelner Gesellschafter in der Satzung

• das Recht, einen beherrschenden Einfluss auszuüben (Z 3)– der häufigste Anwendungsfall dieses Tatbestandes sind die Beherrschungsverträge iSd § 238 AktG

• das aufgrund eines Vertrages mit einem oder mehreren Gesellschaftern des Tochterunternehmens bestehende Recht zur Entscheidung, wie Stimmrechte der Gesellschafter – soweit diese zusammen mit den eigenen Stimmrechten des Mutterunternehmens zur Erreichung der Mehrheit aller Stimmen erforderlich sind – bei Bestellung oder Abberufung der Mehrheit der Mitglieder des Leitungs- oder eines Aufsichtsorgans auszuüben sind (Z 4)

– dieser Tatbestand zielt auf den Syndikatsvertrag mit anderen Gesellschaftern eines Tochterunternehmens ab , wobei die relevanten Themen vorgegeben werden andere Themen, die Gegenstand eines Syndikatsvertrags sind, haben für die Konsolidierungspflicht keine Bedeutung

Beachte:

• Konsolidierungspflicht bei Vorliegen eines Control-Tatbestandes egal, ob die aufgezählten Rechte tatsächlich zur Beherrschung ausgeübt werden oder nicht

• allerdings kann ein Einbeziehungswahlrecht gegeben sein wenn nachgewiesen wird, dass das Mutterunternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Ausübung der Rechte gehindert ist

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Übernahmegesetz (ÜbG)

• Zweck

– Schutz der Minderheitsaktionäre bei Erwerb von kontrollierenden Beteiligungen an einer Zielgesellschaft durch Dritte

– ÜbG gibt diesen Aktionären die Möglichkeit, das Unternehmen gegen die Bezahlung eines gesetzlich festgelegten Preises zu verlassen

• Anwendungsbereich

– Vollanwendung (§ 2 ÜbG) → bei einem geplanten Erwerb von Beteiligungspapieren (öffentliches Angebot), die von einer AG mit Sitz im Inland ausgegeben wurden und an einer österreichische Börse (Wiener Börse) zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind

– Teilanwendung (4. Teil ÜbG):• AG mit Sitz im Inland, deren Aktien nicht zum Handel auf einem geregelten Markt in Ö, aber auf einem

geregelten Markt eines anderen EU-/EWR-Mitgliedstaats zugelassen sind (§ 27b ÜbG)

• AG mit Sitz in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt in Österreich zugelassen sind (§ 27c ÜbG)

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Übernahmegesetz (ÜbG)

• Begriffsbestimmungen gemäß § 1 ÜbG

– Übernahmeangebot (Z 1) → ein öffentliches Angebot an die Inhaber von Beteiligungspapieren einer AG zum Erwerb eines Teils oder aller Beteiligungspapiere gegen Barzahlung oder im Austausch gegen andere Wertpapiere

– Zielgesellschaft (Z 2) → die AG, deren Beteiligungspapiere Gegenstand eines Angebotes sind

– Bieter (Z 3) → jede natürliche oder juris�sche Person und jede Personengesellscha�, die ein Angebot stellt, beabsichtigt, ein solches zu stellen oder hierzu verpflichtet ist

– Beteiligungspapiere (Z 4) → insb börsenotierte Aktien und sonstige übertragbare börsenotierteWertpapiere, die mit einer Gewinnbeteiligung oder einer Abwicklungsbeteiligung verbunden sind; weiters übertragbare Wertpapiere, die zum Erwerb solcher Wertpapiere berechtigen, wenn diese von der Zielgesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen ausgegeben wurden (zBStammaktien, stimmrechtslose Vorzugsaktien, Wandel- und Optionsschuldverschreibungen, Partizipationsscheine)

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Übernahmeangebot → Allgemeine Grundsätze

• Gleichheitsgrundsatz

– alle Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, müssen gleich behandelt werden

• Transparenzgrundsatz

– die Empfänger des Angebots müssen über genügend Zeit und hinreichende Informationen verfügen, um in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden zu können

• Verbot der Marktverzerrung

• Interessenwahrungspflicht

• Beschleunigungsgrundsatz

– die Zielgesellschaft darf durch ein Übernahmeangebot in ihrer Geschäftstätigkeit nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus behindert werden

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Übernahmeangebot → Unterschiedliche Arten

• freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot (§§ 4-21 ÜbG)

– freiwilliges Angebot eines Bieters, welches kein Pflichtangebot auslöst

– der Bieter muss vor der Bekanntmachung der Absicht, ein Angebot zu stellen, insb sichergestellt haben, dass er die baren Gegenleistungen in vollem Umfang erbringen kann

– Geheimhaltungs- und Bekanntmachungspflichten zur Vermeidung von Marktverzerrungen und des Missbrauchs von Insiderinformationen

• Pflichtangebot (§§ 22-27a ÜbG)

– bei Erlangung einer unmittelbaren oder mittelbaren kontrollierenden Beteiligung

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Übernahmeangebot → Ablauf

• Vorbereitungsphase

– Geheimhaltungspflichten sind zu beachten

– Bekanntmachungspflichten

• lösen Geheimhaltungspflichten ab → mit der Bekanntmachung (betreffend Überlegungen oder der Absicht, ein Angebot zu stellen oder Tatsachen herbeizuführen, die zur Stellung eines Angebots verpflichten) sind bestimmte Rechtsfolgen verbunden

• Sperrfrist gemäß § 21 Abs 2 ÜbG beginnt zu laufen, wenn der Bieter nicht innerhalb von 40 Börsetagen ab Bekanntmachung ein Angebot stellt → innerhalb dieser einjährigen Sperrfrist ist es dem Bieter untersagt, ein weiteres Angebot zu stellen und Aktien zu erwerben, die eine Angebotspflicht auslösen würden

• Angebotsphase

– Anzeige des Angebots → das Angebot muss binnen bes�mmter Frist ab Bekanntgabe der Absicht, ein Angebot zu stellen (§ 5 Abs 2 und Abs 3 ÜbG) der Übernahmekommission angezeigt werden (§§ 10, 22 ÜbG)

• auf Antrag des Bieters kann diese Frist uU erstreckt werden

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Übernahmeangebot → Ablauf

• Vorbereitungsphase

– Erstellung der Angebotsunterlage

• Entscheidungsgrundlage für Angebotsadressaten

• Angaben müssen genau, vollständig und transparent sein

• Mindestinhalt → Bieter; Beteiligungspapiere, die Gegenstand des Angebots sind; Gegenleistung; gegebenenfalls den prozentuellen Mindest- und Höchstanteil oder die Mindest- und Höchstzahl der Beteiligungspapiere, zu deren Erwerb sich der Bieter verpflichtet; Bedingungen und Rücktrittsvorbehalte; Frist für die Annahme des Angebots

• Unterlage in deutscher Sprache

• Durchführung des Angebots

– Annahmefristen (§ 19 Abs 1-1d ÜbG) → nicht kürzer als vier Wochen und nicht länger als zehn Wochen ab Veröffentlichung der Angebotsunterlage

– Ergebnisveröffentlichung (§ 19 Abs 2 ÜbG) → nach Ablauf der Angebotsfrist ist das Ergebnis des Angebotsverfahrens unverzüglich zu veröffentlichen

– Nachfrist iSd § 19 Abs 3 ÜbG → mögliche Verlängerung der Annahmefrist um drei Monate ab Veröffentlichung des Ergebnisses

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Pflichtangebot → Auslösetatbestände

• Erlangung einer unmittelbaren oder mittelbaren kontrollierenden Beteiligung (§ 22 Abs 2 und Abs 3 ÜbG)

• Beteiligung ist kontrollierend, wenn mehr als 30% der ständig stimmberechtigten Aktien durch eine der folgenden Personen erworben werden:

– durch den Bieter selbst (unmittelbar)

– durch eine börsenotierte AG iSd § 2 ÜbG, an welcher der Bieter ebenfalls zu mehr als 30% beteiligt ist (mittelbar)

– durch eine nicht iSd § 2 ÜbG börsenotierte AG oder durch einen Rechtsträger anderer Rechtsform, auf welchen der Bieter aufgrund von Anteilsrechten oder sonstigen Rechten einen beherrschenden Einfluss ausübt (mittelbar)

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Pflichtangebot

• Sonstige Arten der Kontrollerlangung, die entweder ein Pflichtangebot oder eine Anzeigepflicht auslösen:

– Bildung, Auflösung oder Änderung einer Gruppe gemeinsam vorgehender Rechtsträger (§ 22a ÜbG) → Angebotspflicht nach § 22 Abs 1 ÜbG, wenn es dadurch auf irgendeine Weise zur Erlangung einer kontrollierenden Beteiligung kommt

– Passive Kontrollerlangung → uU keine Angebotspflicht, aber Anzeigepflicht an die Übernahmekommission

• Ruhen von Stimmrechten für den 26% übersteigenden Anteil der Stimmrechte

• ein Ausbau der Beteiligung löst aber die Angebotspflicht nach § 22 Abs 1 ÜbG aus

– Creeping-In (§ 22 Abs 4 ÜbG) → Pflicht zur Stellung eines Pflichtangebots, wenn ein Aktionär, der bereits über eine kontrollierende Beteiligung verfügt, ohne dass ihm aber die Mehrheit der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte zusteht, innerhalb von zwölf Monaten seine Beteiligung um mindestens 2% aufstockt

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Pflichtangebot → Ausnahmen von der Angebotspflicht

• Überschreiten der Kontrollgrenze, das bei faktischer Betrachtungsweise dennoch keinen beherrschenden Einfluss auf die Zielgesellschaft vermitteln kann (§ 24 Abs 1)

– demonstrative Aufzählung entsprechender Sachverhalte in § 24 Abs 2 ÜbG

• wenn der Rechtsträger, der den beherrschenden Einfluss ausüben kann, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht wechselt

– demonstrative Aufzählung entsprechender Sachverhalte in § 24 Abs 3 ÜbG

• Anzeigepflicht bei kontrollierender Beteiligung ohne Angebotspflicht (§ 25 ÜbG), insb

– bei Erwerb von Aktien zu bloßen Sanierungszwecken oder zur Sicherung von Forderungen

– bei nur vorübergehender oder unbeabsichtigter Überschreitung der Schwelle, sofern die Überschreitung unverzüglich rückgängig gemacht wird

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Pflichtangebot → Verfahrensrechtliche Besonderheiten

• Verbot von Bedingungen

– ein Pflichtangebot darf gemäß § 25b Abs 3 ÜbG nicht bedingt sein; es sei denn, dass die Bedingung gesetzlich geboten ist (zB Genehmigungsvorbehalte hinsichtlich Aufsichtsbehörden)

• Vorgaben zum Adressatenkreis

– das Pflichtangebot ist gemäß § 22 Abs 1 ÜbG an alle Inhaber von Beteiligungspapieren zu stellen

• Art der Gegenleistung

– das Pflichtangebot muss grds auf eine Barzahlung lauten und der Betrag muss spätestens 10 Börsetage nach Ablauf der Annahmefrist bzw der Nachfrist bezahlt werden (§ 25b Abs 2 ÜbG)

– der Bieter kann daneben auch den Tausch in andere Wertpapiere anbieten

• Höhe der Gegenleistung (§ 26 Abs 1 ÜbG) → doppelte Betragsuntergrenze

– Preis darf nicht geringer sein, als der höchste vom Bieter in den letzten 12 Monaten vor der Anzeige des Angebots bezahlte Preis

– Preis darf nicht geringer sein, als der durchschnittliche Börsenkurs der letzten 6 Monate vor dem Tag der Bekanntmachung der Angebotsabsicht

• Nachzahlungsverpflichtung iSd § 16 Abs 7 ÜbG

– Verpflichtung des Bieters zur Bezahlung des Differenzbetrages an sämtliche Beteiligungspapierinhaber, welche das Angebot angenommen haben, wenn er innerhalb von neun Monaten nach Ende der Annahmefrist Anteile zu einem höheren Preis erwirbt

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Exkurs: Übernahmerecht und kontrollierende Beteiligung

Übernahmegesetz → Sank�onsmöglichkeiten

• Sanktionen bei Verstößen

– Verwaltungsstrafrecht

• Verwaltungsübertretungen iSd § 35 Abs 1 Z 1-6 ÜbG sind mit einer Geldstrafe von EUR 5.000,- bis EUR 50.000,-zu bestrafen

• 1. Instanz → Übernahmekommission

• 2. Instanz → über Beschwerden entscheidet das Bundesverwaltungsgericht

– Zivilrechtliche Konsequenzen

• Ruhen der Stimmrechte bei Verletzung der Angebotspflicht

• Bedingungen und Auflagen durch die Übernahmekommission → etwa Rücktri�srecht, Verlängerung der Annahmefrist, neuerliche Eröffnung des Angebots (vgl § 34 Abs 5 ÜbG)

• sonstige zivilrechtliche Ansprüche (Schadenersatz)

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Satzungsmäßige Grundlagen der Konzernbildung

• Eine ins Auge gefasste Konzernbildung betrifft die Grundordnung der Gesellschaft:

– Gesellscha�en sind prinzipiell so angelegt, dass sie ihre eigenen Interessen selbständig verfolgen → unabhängig von der rechtlichen

Grundlage der Konzernherrschaft stellt sich daher sowohl bezüglich der Vertragskonzerne als auch in Bezug auf faktische Konzerne die

grundlegende Frage nach den Grenzen zulässiger Konzernherrschaft und ihrer Verankerung in der Organisation des einzelnen

Konzernunternehmens

– So macht es einen erheblichen Unterschied, ob man ausschließlich eigene Interessen selbständig verfolgt oder ob man darüber hinaus

die Aufgabe übernimmt, übergeordnete Interessen Dritter bzw eines Unternehmensverbundes (mit) wahrzunehmen und dafür sorgen

zu müssen, dass fremde Vorstellungen und Direktiven in der eigenen Organisation durchgesetzt werden können

– Zu überlegen ist, wie weit sich ein rechtlich selbständiges Unternehmen (vertraglich) der wirtschaftlichen Fremdbestimmung durch die

Konzernspitze unterwerfen darf bzw inwiefern es überhaupt zulässig ist, ein Rechtssubjekt fremden Zielsetzungen unterzuordnen

• Konzernklauseln → durch die beabsichtigte Begründung einheitlicher Leitung und die damit einhergehende

Einflussnahme auf die Autonomie der Konzerngesellschaften kann folglich die Anpassung des jeweiligen

satzungsmäßigen Unternehmenszwecks bzw -gegenstandes notwendig werden

– Absichtsklauseln

– Beteiligungsklauseln

– einfache Konzernklausel

– qualifizierte Konzernklausel

• Satzungsänderungen durch Konzernklauseln, die nicht schon in der ursprünglichen Satzung (bzw Gesellschafts-

vertrag) enthalten sind → Beachtung folgender Aspekte

– Minderheitenschutz

• gesellschaftsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz, Nachteilsausgleich

– Gläubigerschutz

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Vertragskonzernrecht im Ak�engesetz → Unternehmensverträge

• Arten von Unternehmensverträgen → vgl § 238 AktG

– Beherrschungsvertrag

– Gewinngemeinschaft und Gewinnabführungsvertrag

– Betriebspacht-, Betriebsüberlassungs- und Betriebsführungsvertrag

• Abschluss von Unternehmensverträgen

– § 238 AktG stellt klar, dass Unternehmensverträge unter bestimmten Voraussetzungen nicht vom Vorstand allein abgeschlossen werden dürfen, sondern vielmehr die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich ist

– der Beschluss bedarf der ¾-Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, wobei aber die Satzung diese Mehrheit durch eine größere Kapitalmehrheit ersetzen und zusätzlich noch andere Erfordernisse aufstellen darf (§ 238 Abs 3 AktG); zudem wird bei Bestehen von Vorzugsaktien ein Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre iSd § 221 Abs 3 AktG in Betracht zu ziehen sein

– der Hauptversammlungsbeschluss ist nicht nur für das Innenverhältnis beachtlich → dem Vorstand fehlt in den von dieser Bestimmung erfassten Fällen vielmehr die ausschließliche Vertretungsbefugnis (beschränkte Vertretungsbefugnis des Vorstandes); auch nach außen hin wird der durch die vertretungsbefugten Organe abzuschließende Unternehmensvertrag erst mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam

– uU liegen die Voraussetzungen für ein Stimmverbot nach § 125 AktG vor; falls etwa ein Unternehmensvertrag darauf hinausläuft, einen Aktionär zu entlasten oder von einer Verpflichtung zu befreien

– die Gefahr des Insichgeschäfts gilt es insofern nicht aus den Augen zu verlieren, als auch Vertragskonzerne nicht ohne besondere wirtschaftliche und sonstige Beziehungen zwischen den Vertragspartnern entstehen; zu denken ist ua an personelle Verflechtungen zwischen den Gesellschaften (zB Personalunionen im Vorstandsbereich)

– die Frage der Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses der Hauptversammlung stellt sich insb bei einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Verfolgung gesellschaftsfremder Sondervorteile oder die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Faktischer Konzern

• das Kriterium der Beteiligung als Anknüpfungspunkt → wer die auf Grundlage der Beteiligung beruhende Konzernvermutung nicht hinreichend widerlegt, gilt als konzernbeteiligt

• im Vordergrund steht dabei nicht die Frage nach dem Ob, sondern die Bestimmung von Umfang, Reichweite und Nebenbedingungen der jeweils zulässigen Leitungsmacht → Berücksich�gung der Interessen der (Minderheits-)Gesellschafter als auch der Gläubiger

• Konzerneingangskontrolle

– Konzerneingangsschutz auf der Ebene der Obergesellschaft betrifft in erster Linie die Bindung an den Unternehmensgegenstand → der Erwerb von Beteiligungen bzw die Übernahme von Geschä�sführungen müssen im Hinblick auf ihre Zulässigkeit nach hL und Rsp unter Konkretisierung des Geschäftsfeldes in die Satzung aufgenommen werden

– die Notwendigkeit eines Konzerneingangsschutzes auf der Ebene der Untergesellschaft folgt nicht zuletzt daraus, dass die Begründung eines Abhängigkeits- oder Konzernverhältnisses im Grundsatz ohne weiteres zulässig ist

• umso nachlässiger erscheint, dass insb in den Fällen faktischer Begründung von Abhängigkeits- und Konzernverhältnissen beim Konzerneingangsschutz lediglich auf das Instrument der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und den Gleichbehandlungsgrundsatz abgestellt wird → konkrete Ansatzpunkte sind insb die materielle Beschlusskontrolle sowie ein weit verstandenes Wettbewerbsverbot

• wollen die Gesellschafter einen besseren Schutz, müssen sie durch privatautonome Gestaltung vorsorgen, zB durch entsprechende Satzungsgestaltung, Stimmbindungsverträge, Vorkaufsrechte, Aufgriffs- und Andienungsrechte (Call- und Put-Optionen)

– Spezifische Kontrollmechanismen → Austri�srecht nach ÜbG, Vinkulierungsklauseln, materielle Beschlusskontrolle, Wettbewerbsverbot

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Faktischer Konzern

• Konzernleitungs- bzw Konzernzustandskontrolle

– aus den verschiedenen Vorkehrungen der sog Konzernbildungskontrolle darf nicht geschlossen werden, dass sich der Schutz der Interessen der Gesellschaft und ihrer (Minderheits-)Gesellschafter bei bestehender Abhängigkeit erübrigt

• zum einen kann die Konzernbildungskontrolle nicht in allen Fällen der Begründung einer beherrschenden Stellung eingreifen

• zum anderen kann die Abhängigkeitsbegründung im Einzelfall sachlich gerechtfertigt oder von der Zustimmung der Minderheit getragen sein

– Immerhin hat die Ausübung von Leitungsmacht durch einen beherrschenden Gesellschafter sowohl Vor- als auch Nachteile zur Folge

• ein wesentlicher Vorteil ist darin zu sehen, dass von einem beherrschenden Gesellschafter aus Sicht der übrigen Anteilsinhaber und der Gläubiger erwartet werden kann, dass er das Verhalten der geschäftsführenden Organe im eigenen Interesse überwacht

• der Nachteil liegt in der Gefahr des Missbrauchs der Leitungsmacht durch den beherrschenden Gesellschafter

– erforderlicher Schutz vor einem beherrschenden Gesellscha�er → aus den allgemeinen gesellscha�s-, insb aktienrechtlichen Vorschriften werden daher eine Reihe von Rechtsfolgen zur Abwehr von Konzerngefahren abgeleitet

• Ausgangspunkt → zentrale Regelungen iZm Rechtsgeschä�en zwischen Gesellscha� und Gesellscha�ern, dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien, verdeckten Gewinnausschüttungen, der Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss, Vermögensübertragungen etc

• daraus resultieren ua das Verbot der Einlagenrückgewähr iVm dem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie Beschränkungen der vermögensrechtlichen Zugriffe der Aktionäre auf Dividendenausschüttungen und Substanzauskehr bei Kapitalherabsetzung und Liquidation

• aus dem Zusammenspiel vom Verbot des Zugriffs auf die Einlagen (Verbot der Einlagenrückgewähr) und dem Gleichbehandlungsgrundsatz wiederum wird letztlich das Verbot der Nachteilszufügung im Konzern abgeleitet

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KONZERNRECHT

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Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

Überblick relevanter Themen:

• Erwerb eigener Aktien bzw eigener Anteile

• Rechtsgeschäfte im Konzern– Nachteilsausgleich bei Rechtsgeschäften im Konzern

– Finanzierungsgeschäfte im Konzern

• Verbot der Einlagenrückgewähr

• Eigenkapitalersatzrecht– Verhältnis Einlagenrückgewähr und Eigenkapitalersatzrecht

– Kredite bei mittelbarer Beteiligung

– Schwesterkredite

– Eigenkapital ersetzende Gesellschaftersicherheiten

• Nachgründung

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Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

Frage des Erwerbs eigener Aktien bzw eigener Anteile:• Aktienrecht → grundsätzlich gilt

– die Gesellschaft darf selbst keine Aktien zeichnen (§ 51 AktG)

– ein Tochterunternehmen (§ 189a Z 7 UGB) darf als Gründer oder Zeichner oder in Ausübung eines Bezugsrechts gemäß § 165 eigene Aktien der Gesellschaft nicht übernehmen

– auch der spätere Erwerb eigener Aktien ist grundsätzlich nicht zulässig, da er eine Rückzahlung der Einlage an die Aktionäre darstellt (§ 52 AktG)

– aus eigenen Aktien stehen der Gesellschaft keine Rechte zu / ein Tochterunternehmen kann aus diesen Aktien das Stimmrecht und das Bezugsrecht nicht ausüben

• Österreichisches Aktienrecht ermöglicht jedoch in gewissem Ausmaß den derivativen Erwerb eigener

Aktien → § 65 Abs 1 AktG

– insb der Erwerb von Aktien für Stock Options Modelle sowie Mitarbeiterbeteiligungen im Konzern → nämlich aufgrund einer höchstens 30 Monate geltenden Ermächtigung der HV, wenn die Aktien AN, leitenden Angestellten oder Mitgliedern des Vorstands oder Aufsichtsrats der Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens zum Erwerb angeboten werden sollen (§ 65 Abs 1 Z 4 AktG)

– für börsenotierte AG siehe auch § 65 Abs 1 Z 8 AktG → darin ist nur der Handel in eigenen Ak�en als Zweck ausgeschlossen

• Verbot der Finanzierung des Erwerbs eigener Aktien → § 66a AktG

– Verbot bestimmter Rechtsgeschäfte (etwa die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens), wenn der Zweck dieses Rechtsgeschäfts die Finanzierung des Erwerbs von Aktien der Gesellschaft oder eines Mutterunternehmens (§189a Z 6 UGB) ist

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Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

Frage des Erwerbs eigener Aktien bzw eigener Anteile:• GmbH-Recht

– § 81 GmbHG als ein den aktienrechtlichen Bestimmungen entsprechende und sogar strenger ausgestaltete Bestimmung

– Verboten und wirkungslos sind der Erwerb und die Pfandnahme eigener Geschäftsteile durch die Gesellschaft

– Zulässig ausdrücklich nur:

• Erwerb im Exekutionswege zur Hereinbringung eigener Forderungen der Gesellschaft

• Unentgeltlicher Erwerb eigener Anteile

• Erwerb eigener Anteile im Weg der Gesamtrechtsnachfolge

• Erwerb eigener Anteile zur Entschädigung von Minderheitsgesellschaftern

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Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

Rechtsgeschäfte im Konzern:• Nachteilsausgleich bei Rechtsgeschäften im Konzern

– Konzernuntergesellschaften sind bei Vertragsgestaltungen im Konzern aufgrund des Machtgefälles häufig nachteiligen Bedingungen ausgesetzt → Interessen dieser Gesellscha� (zum Teil auch ihrer Gläubiger) durch allgemeine gesellschaftsrechtliche Bestimmungen geschützt

• Verbot der Einlagenrückgewähr

• Eigenkapitalersatzrecht

• Gebot der Gleichbehandlung (ausdrücklich § 47a AktG; aber auch für GmbH anerkannt)

• Treuepflicht (unstrittig beim GmbH-Gesellschafter; nach hL auch beim Aktionär gültig)

– grundsätzliche Annahme → die Konzerninteressen sind den Interessen der einzelnen Gesellscha�en nicht übergeordnet

• auf diese Weise kann also nicht etwa eine verbotene Einlagenrückgewähr gerechtfertigt werden

• Beachte aber zB Ausnahmen im Zusammenhang mit besonderen Informationsrechten im Konzern

– umfassende Prüfpflicht des Vorstands der Konzernuntergesellschaft dahingehend, ob eine geplante Maßnahme (ohne gesetzes-, sitten- oder satzungswidrig zu sein) für die Untergesellschaft nachteilig ist

– eine nachteilige Maßnahme darf durchgeführt werden, wenn sie durch die unverzügliche und vollständige Gewährung von gleichwertigen Vorteilen durch die Obergesellschaft ausgeglichen wird

• Ex-ante Beurteilung im Hinblick auf die Höhe des Nachteilsausgleichs

• Nachteilsausgleich spätestens zum Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme mittels konkreter Leistung

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Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

Rechtsgeschäfte im Konzern:• Finanzierungsgeschäfte im Konzern

– Cash Pooling

• Beim Cash Pooling wird bei einer Konzerngesellscha� (sog Master Company) − die Konzernobergesellscha� selbst oder eine Finanzierungsgesellscha� als "konzerninterne Bank" ─ die Liquidität auf einem Hauptkonto konzentriert

• Dies ermöglicht einen konzerninternen Liquiditätsausgleich und eine flexible Einsetzung der finanziellen Mittel im Konzern

• Als Nachteil kann sich beim Cash Pooling etwa ein erhöhtes Insolvenzrisiko der Konzernuntergesellschaften durch die Übertragung der Verfügbarkeit über liquide Mittel an die Master Company ergeben

• Ergänzt wird das Cash Pooling durch eine zentrale Kreditaufnahme, bei der die Master Company das Fremdkapital für den gesamten Konzern aufnimmt und dieses je nach Bedarf an die Konzerngesellschaften weiterleitet → damit sollen güns�gere Kondi�onen bei der Kreditaufnahme erreicht werden; gleichzei�g wird oftmals der Konzernkredit durch die Tochtergesellschaften besichert (siehe dazu auch gleich unten)

– Arten des Cash Pooling

• Effektives Cash Pooling → dabei werden die Salden der Konten der teilnehmenden Konzerngesellscha�en durch tatsächlichen Geldfluss über das Hauptkonto saldiert und dabei positive Salden übertragen und negative Salden abgedeckt

• Fiktives Cash Pooling

– Spannungsverhältnis zwischen Cash Pooling und Einlagenrückgewähr (siehe gleich unten)

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Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

Einlagenrückgewähr im Konzern:• Zur Zulässigkeit von Finanzierungsmaßnahmen im Konzern

– Allgemeine Grundsätze bei Vorteilszuwendungen zugunsten eines Gesellschafters

• Vorausgesetzt wird eine betriebliche Rechtfertigung anhand von konkreten Vorteilen der Gesellschaft im Vergleich zum Handeln innerhalb rechtlich unverbundener Unternehmen

• Vorgehensweise → Abwägung von Leistung und Gegenleistung sowie Prüfung, ob die Vereinbarung auch mit einem konzernfremden Dritten geschlossen worden wäre

– Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Cash Pooling

• Die Zinsvorteile und die Kosten für das Cash Pooling sind angemessen verteilt

• Entgelt der Master Company ist angemessen

• Die Master Company und die anderen beteiligten Konzerngesellschaften weisen eine ausreichende Bonität auf; oder es ist zumindest eine entsprechende Besicherung gegeben

• Informations- und Kontrollrechte bzw ─ für den Fall der Verschlechterung der Bonität ─ sofor�ge Kündigungsrechte seitens der Konzernuntergesellschaft

– Zentrale Kreditaufnahme durch eine Mutter- bzw Schwestergesellschaft in Verbindung mit der Bestellung von Sicherheiten durch die Tochtergesellschaft

• Zulässigkeit wird gegeben sein, sofern der Kredit zugunsten der Tochtergesellschaft verwendet wird oder ihr ein konkretisierbarer Vorteil erwächst, der dem Drittvergleich standhält

• Die Haftung der Tochtergesellschaft darf den eigenen Finanzbedarf nicht übersteigen

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Wirtschaftsrechtliche Bestimmungen mit konzernrelevantem Hintergrund

Eigenkapitalersatzrecht im Konzern:• Kredite bei mittelbarer Beteiligung gemäß § 8 EKEG

– Erweiterung der Gesellschafterstellung iSd EKEG, wodurch Umgehungen des Eigenkapitalersatzrechts durch Zwischenschaltung von Gesellschaften verhindert werden sollen

– Vom EKEG wird auf diese Weise auch die Kreditvergabe durch eine Großmuttergesellschaft erfasst

• sog "mittelbar kontrollierende Beteiligung", die in § 8 Z 1 - Z 3 EKEG definiert wird

• Schwesterkredite gemäß § 9 EKEG– Grundfall → EKEG gilt auch, wenn eine Konzerngesellschaft auf Weisung ihrer Muttergesellschaft

einen Kredit an eine Schwestergesellschaft gewährt

• Ein Kreditgeber gilt gemäß § 9 Abs 1 EKEG auch dann als erfasster Gesellschafter, wenn er zwar an der kreditnehmenden Gesellschaft nicht beteiligt ist (weder mittelbar noch unmittelbar) , aber mit anderen rechtlich selbständigen Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung oder kontrollierender Beteiligung zusammengefasst ist und er den Kredit auf Weisung eines anderen Konzernmitglieds gewährt

• Die Weisung muss dabei von einem anderen Konzernmitglied erfolgen, das selbst am Kreditgeber unmittelbar kontrollierend beteiligt ist und zugleich erfasster Gesellschaft des Kreditnehmers ist

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Vorstand:• Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand einer Konzernuntergesellschaft– die eigenverantwortliche Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand gilt in Bezug auf den Vorstand einer

Konzernuntergesellschaft auch im Falle eines faktischen Konzerns

– "Weisungen" und sonstige Empfehlungen und Einflussnahmen der Hauptversammlung bzw der Konzernspitze sind zwar nicht verboten, sie sind aber nach hA (rein rechtlich) nicht verbindlich

• der Vorstand der Konzernuntergesellschaft ist nicht verpflichtet, derartige "Weisungen" zu befolgen; auch Beschränkungen in der Satzung, in Syndikatsverträgen sowie in Anstellungsverträgen haben keinen Einfluss auf die Weisungsfreiheit

• freilich darf der Vorstand "Weisungen" – etwa vom Alleineigentümer – im Rahmen der in § 70 AktG genannten Interessen (Wohl des Unternehmens, Interessen der Aktionäre und Arbeitnehmer, öffentliches Interesse) berücksichtigen; dabei können auch Konzerninteressen mitberücksichtigt werden

• besondere Problematik → Frage der Zulässigkeit von Beherrschungsverträgen

– ein übergeordnetes Konzerninteresse hat der Vorstand daher nicht bedingungslos zu verfolgen → bei der Entscheidung der Einbeziehung von Konzerninteressen hat der Vorstand insb das Verbot der Nachteilszufügung im Konzern zu beachten

• im Zuge der Beurteilung der Interessen der Aktionäre ist es bei Vorliegen mehrerer Aktionäre strittig, ob das Interesse des Mehrheitsaktionärs die Richtschnur vorzugeben hat oder die Interessen aller Aktionäre zu verfolgen sind

• aus der rechtlichen Selbständigkeit des Konzernunternehmens wird abzuleiten sein, dass den Organen der beherrschten Gesellschaft jene eigenständige (Rest-)Kompetenz zu belassen ist, die zur Wahrnehmung der trotz Beachtlichkeit der Konzerninteressen verbliebenen

Eigenbestandsinteressen erforderlich ist → jedenfalls darf sich der zur Leitung der Gesellschaft unter eigener Verantwortung verpflichtete Vorstand

nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass die ihm seitens des herrschenden Unternehmens auferlegten Direktiven allen Anforderungen einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung (iSd § 84 AktG) entsprechen

– ABER → Beachtung der Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrates im Rahmen der Zustimmungsvorbehalte• gewisse Einflussmöglichkeiten des beherrschenden Aktionärs durch Bestellung von Vertrauenspersonen zu AR-Mitgliedern

• freilich sind auch AR-Mitglieder an das Unternehmenswohl iSd § 70 AktG gebunden

– ABER → Beachtung der Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung, insb iZm dem Abschluss von Unternehmensverträgen

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Aufsichtsrat:• Aufgaben des Aufsichtsrates der Konzernobergesellschaft– mangels eigenständiger Organe eines Konzerns gibt es auch keinen "Konzernaufsichtsrat" → der Aufsichtsrat der

Konzernmuttergesellschaft, der funktional diese Aufgabe übernimmt, fungiert als Organ dieser Gesellschaft• der AR ist daher in seiner Aufsichtstätigkeit grundsätzlich dem Unternehmenswohl der Obergesellschaft und nicht einem etwaigen

Konzerninteresse bzw dem Interesse der Konzernmitglieder verpflichtet

• außerdem ist Adressat seiner Prüfpflicht – und damit seiner Informationsrechte und Maßnahmen – der Vorstand der Obergesellschaft → der diesbezügliche Aufgabenbereich des Aufsichtsrates bezieht sich also nicht unmittelbar auf die Organe der Untergesellschaften, sondern auf die Überwachung der Leitung der Konzernobergesellschaft durch deren Vorstand

– zumindest insoweit der Vorstand der Obergesellschaft konzernleitende Funktionen tatsächlich ausübt, ist jedenfalls auch eine Konzernüberwachung durch den Aufsichtsrat der Obergesellschaft erforderlich

• da die Beteiligungsrechte der Obergesellschaft durch den Vorstand ausgeübt werden und diese Beteiligungen Teil des Vermögens derObergesellschaft sind, fallen dem Aufsichtsrat der Obergesellschaft in diesem Rahmen sehr wohl Überwachungsaufgaben hinsichtlichder Untergesellschaften zu

• dementsprechend erweitert sich – mehr oder weniger – das Aufgabengebiet des Aufsichtsrates der Konzernobergesellschaft im Vergleich zu jenem einer Einzelgesellschaft korrespondierend zu den Leitungsaufgaben des Vorstandes im Konzern

• uU höhere Anforderungen an die Qualifikation der AR-Mitglieder → bei der Ausübung der Kontrolle stellen konzernbezogene Aufgaben an den Aufsichtsrat und seine Mitglieder oftmals höhere Ansprüche, da die Strukturen und Vorgänge innerhalb des Konzerns nicht immer klar sind und die Entscheidungsfindung sowohl fachlich als auch zeitlich aufwendiger wird

– Prinzip der „abgestuften Überwachungspflicht“• angesichts der Kontrollpflicht des Vorstandes der Obergesellschaft als Teil der Konzernführung reicht für die Überwachung der

Vorgänge bei den Untergesellschaften umgekehrt mitunter ein geringeres Ausmaß an Überwachung aus, da hier neben dem Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft auch der Vorstand eine Kontrollfunktion innehat

• dies gilt insb, wenn der Vorstand ein funktionierendes Berichts- und Kontrollsystem etabliert hat, zB mit einem eigenen Aufsichtsrat bei den Konzernuntergesellschaften und entsprechenden Organverschränkungen

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Aufsichtsrat:• Aufgaben des Aufsichtsrates der Konzernobergesellschaft– bei Vorgängen in Konzernuntergesellschaften mit wesentlicher Bedeutung für die Obergesellschaft hat der Aufsichtsrat aber

jedenfalls den üblichen Prüfungsmaßstab anzulegen• wie bei einer Einzelgesellschaft hat der Aufsichtsrat die Prüfung nach den Kriterien der Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit,

Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vorzunehmen

• im Gegensatz zur reinen ex-post-Kontrolle bei der Prüfung des Jahresabschlusses ist davon auszugehen, dass die allgemeine Überwachungstätigkeit iS einer begleitenden Überwachung zu verstehen ist, die sich erforderlichenfalls zu einer unterstützenden oder gestaltenden Überwachung verdichten kann

– dem Aufsichtsrat stehen für seine Kontrolltätigkeit im Hinblick auf Konzernsachverhalte die gleichen Maßnahmen zur Verfügung wie bei Einzelgesellschaften → welches dieser Kontrollinstrumente der Aufsichtsrat einsetzt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen

• Berichtspflicht des Vorstandes und damit korrespondierendes Berichtsrecht des Aufsichtsrates (§ 81 AktG)

• Einsichts- und Prüfrechte (§ 95 Abs 3 AktG)

• Bindung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstandes an die Zustimmung des Aufsichtsrates (§ 95 Abs 5 AktG)

• Abberufung von Vorstandsmitgliedern (§ 75 Abs 4 AktG)

• Einberufung einer Hauptversammlung (§ 95 Abs 4, § 103 Abs 2 AktG)

– Beachte → für den Aufsichtsrat ergeben sich sehr wohl einzelne Aufgaben und Instrumente, die speziell auf einen Konzernsachverhalt abstellen

• freilich nehmen nur wenige Bestimmungen des AktG betreffend den Aufsichtsrat ausdrücklich Bezug auf einen zugrunde liegenden Konzernsachverhalt

• diese Bestimmungen verweisen einerseits ausdrücklich auf den Konzern bzw dessen Mitglieder, andererseits beziehen sie sich auf Beteiligungen iS § 189a Z 2 UGB oder verbundene Unternehmen iS § 189a Z 8 UGB

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Aufsichtsrat:• Zur Stellung des Aufsichtsrates der Konzernuntergesellschaft– der Aufsichtsrat einer Konzernuntergesellschaft hat seine Tätigkeit trotz der Eingliederung in einen Konzern uneingeschränkt auszuüben

– ungeachtet der Zuständigkeit des Aufsichtsrates der Konzernobergesellschaft bleiben Zuständigkeiten der Aufsichtsräte von Konzernuntergesellschaften unberührt

• daher kann es zu mehrfacher Beschlussfassung im Zusammenhang mit den Zustimmungsvorbehalten kommen, wenn der Sachverhalt bei beiden Gesellschaften genehmigungspflichtig ist

• ebenso sind Maßnahmen, die von der Konzernobergesellschaft angewiesen wurden, vom Aufsichtsrat der Konzernuntergesellschaft einer Prüfung zu unterwerfen

• dies ist schon deshalb angebracht, da der Maßstab der Überwachungstätigkeit bei den Aufsichtsräten ein anderer ist → einerseits das Wohl der Konzernobergesellschaft, andererseits das Wohl der Konzernuntergesellschaft

– wie der Vorstand darf auch der Aufsichtsrat der Konzernuntergesellschaft Konzerninteressen grds (nur) mitberücksichtigen

• der Aufsichtsrat hat daher etwa zu prüfen, ob vom Vorstand der Konzernuntergesellschaft gesetzte Maßnahmen dem Verbot der Nachteilszufügung im Konzern zuwiderlaufen

– Wahl der Aufsichtsratsmitglieder erfolgt durch die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen, sofern die Satzung keine besondere Regelung enthält

• vorbehaltlich der Wahl eines Minderheitsvertreters kann sich damit der Allein- oder Mehrheitsaktionär bzw die Konzernobergesellschaft regelmäßig durch die Bestellung von Vertrauenspersonen zu Aufsichtsratsmitgliedern entsprechende Einflussmöglichkeiten sichern

• OGH → die Bestellung eines Aktionärs oder seiner Vertrauensperson zum Aufsichtsratsmitglied ist keineswegs bedenklich oder sittenwidrig ist; dies zeigt sich auch durch das in § 88 AktG ermöglichte Entsendungsrecht

• im faktischen Konzern hat die Besetzung von Aufsichtsratsmandaten in den Konzernuntergesellschaften in der Rechtsform der AG fürdie Konzernsteuerung besondere Bedeutung

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Aufsichtsrat:• Zur Stellung des Aufsichtsrates der Konzernuntergesellschaft– bei Organverschränkungen, dh wenn ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied der Konzernobergesellschaft

Aufsichtsratsmitglied der Konzernuntergesellschaft ist, kann es zu einem Interessenkonflikt iS einer Pflichtenkollisionkommen

• grds ist bei Kaskadenbeschlüssen ein Organträger der Konzernobergesellschaft an die Verweigerung der Zustimmung des Aufsichtsrates der Konzernobergesellschaft zu einer Maßnahme der Konzernuntergesellschaft aufgrund seiner

Pflichtenstellung zur Konzernobergesellschaft gebunden → demnach hat er im Aufsichtsrat der Konzernuntergesellschaft gleichlautend mit der Entscheidung des Aufsichtsrates der Konzernobergesellschaft zu stimmen

• würde eine Entscheidung allerdings zu einer Schädigung bzw Nachteilszufügung bei der Konzernuntergesellschaft führen, gilt dies nicht → diesfalls hat sich das Aufsichtsratsmitglied der Stimme zu enthalten

– Verbot der Nachteilszufügung und Vorrang des Unternehmenswohls → gelten auch, wenn sich das Aufsichtsrats-mitglied der Konzernuntergesellschaft ohne eine Organverschränkung den Interessen der Konzernobergesellschaft verpflichtet fühlt (weil es von dieser entsandt oder nominiert wurde) bzw sich intern zu einer Verfolgung der Interessen der Konzernobergesellschaft verpflichtet hat

• eine Vertretung der Interessen der Konzernobergesellschaft ist somit nur in diesen Grenzen möglich

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Aufsichtsrat:• Unvereinbarkeitsbestimmungen für AR-Mitglieder– auf Konzernsachverhalte abstellende Unvereinbarkeitsbestimmungen → diese sollen Interessenkonflikten vorbeugen

– Verbot der Organbestellung gegen das natürliche Organisationsgefälle im Konzern• § 86 Abs 2 Z 2 AktG bestimmt zunächst, dass Aufsichtsratsmitglied nicht sein kann, wer gesetzlicher Vertreter eines

Tochterunternehmens iSd § 189a Z 7 UGB der Gesellschaft ist

• § 90 Abs 1 AktG sieht vor, dass Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich Vorstandsmitglieder oder dauernd Vertreter von Vorstandsmitgliedern bzw Geschäftsführern der Gesellschaft oder ihrer Tochterunternehmen iSd § 189a Z 7 UGB sein können

• beide Regelungen bezwecken eine strikte Trennung zwischen Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgan und sollen verhindern, dass ein Organmitglied sich selbst überwacht

• eine weitere Einschränkung gibt es für ehemalige Vorstandsmitglieder bei börsenotierten Gesellschaften (Cooling-Off-Periode ) →Aufsichtsratsmitglied darf grundsätzlich niemand sein, der in den letzten beiden Jahren Vorstandsmitglied der Gesellschaft war; außer die Wahl des ehemaligen Vorstandsmitgliedes ist auf Vorschlag von mindestens 25 % des stimmberechtigten Kapitals erfolgt

• außerdem dürfen Aufsichtsratsmitglieder nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein (außer es handelt sich um die gemäß § 110 ArbVGzu entsendenden Arbeitnehmervertreter) → diese Unvereinbarkeit gilt nach der Rsp des OGH auch für Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft

– Verbot von Überkreuzverflechtungen• Aufsichtsratsmitglied kann nicht sein, wer gesetzlicher Vertreter (Vorstand) einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Aufsichtsrat

ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört

• dies soll verhindern, dass ein Aufsichtsratsmitglied Personen überwacht, die wiederum für seine Überwachung zuständig sind

• dieses Verbot gilt nicht, wenn eine der Gesellschaften mit der anderen konzernmäßig verbunden oder an ihr unternehmerisch beteiligt iSd § 189a Z 2 UGB ist → diese Öffnungsklausel erleichtert die Mitwirkung in den Organen von Schwestergesellschaften; die Anwendbarkeit auf Gleichordnungskonzerne ist umstritten

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Aufsichtsrat:• Unvereinbarkeitsbestimmungen für AR-Mitglieder– zulässig sind weiterhin Doppelmandate in Form einer Bestellung des Vorstandes oder Aufsichtsrates der

Konzernobergesellschaft zum Aufsichtsrat der Konzernuntergesellschaft

– außerdem ist eine Höchstzahl an möglichen Aufsichtsratsmandaten vorgesehen → für die aber Ausnahmen im Konzern gelten (Konzernprivileg)

• auf die gemäß § 86 Abs 2 Z 1 AktG vorgesehene Höchstzahl (Aufsichtsratsmitgliedschaft in zehn Kapitalgesellschaften, wobei Vorsitzendentätigkeit doppelt zählt) sind bis zu zehn Sitze, in die das Mitglied gewählt oder entsandt ist, um die wirtschaftlichen Interessen eines mit der Gesellschaft konzernmäßig verbundenen oder an ihr unternehmerisch beteiligten Unternehmens (§ 189a Z 2 UGB) zu wahren, nicht anzurechnen (§ 86 Abs 3 AktG)

• diese Privilegierung resultiert aus der Überlegung, dass die Wahrnehmung der Aufsichtsratstätigkeit mit weniger Aufwand verbunden ist, wenn ähnliche Fragen zur Diskussion stehen; zusätzlich soll auch ein Interessensaustausch ermöglicht werden

• damit wird im Sinne eines Beteiligungsprivilegs eine Mitgliedschaft in bis zu 20 Aufsichtsräten ermöglicht

• Beachte → für börsenotierte Aktiengesellschaften gilt hingegen, dass nicht Aufsichtsratsmitglied sein kann, wer bereits in acht börsenotierten Gesellschaften Aufsichtsratsmitglied ist, wobei wiederum Vorsitzendentätigkeit doppelt zählt

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Organe im Konzern Hauptversammlung:• eigene Entscheidungsbefugnis

– aufgrund des Verwaltungsmonopols des Vorstandes kommt der Hauptversammlung auch im Konzern grds nur in den im Gesetz oder (basierend auf einer Ermächtigung im AktG) in der Satzung ausdrücklich angeführten Fällen Entscheidungskompetenz zu

• darüber hinaus entscheidet die Hauptversammlung bindend für alle anderen Organe über jene (Geschäftsführungs-) Fragen, die ihr vom (Gesamt)Vorstand oder – soweit zulässig – vom Aufsichtsrat vorgelegt werden (§ 103 Abs 2 AktG)

• Konzerneingangskontrolle– die von der Hauptversammlung beschlossene Satzung gibt den Rahmen für die Verwaltung durch den Vorstand vor, da

dieser an die Umschreibung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung gebunden ist

– für die Zulässigkeit des Erwerbs von Beteiligung oder die einheitliche Leitung von Beteiligungen durch den Vorstand ist daher eine entsprechende Klausel in der Satzung Voraussetzung

• die Übernahme von Beteiligungen und Geschäftsführungen ist nach hL und Rsp mit einer entsprechenden Konkretisierung des Geschäftsfeldes in der Satzung festzuhalten

• bei Vorliegen einer solchen Klausel wird vertreten, dass der Vorstand die erworbenen Beteiligungen auch ohne weitere Konzernklausel in der Satzung einheitlich leiten kann, sofern sich die Unternehmenstätigkeit nicht wesentlich ändert

• Zuständigkeiten im Organisationsaufbau– die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder (§ 87 AktG)

– die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates (§ 104 AktG)

– dies ermöglicht der Hauptversammlung mittelbaren Einfluss auf die Konzernleitung bzw Konzernkontrolle

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Allgemeine Konzernkontrolle• Zusammenfassender Überblick der Kontrollmechanismen im Aktienrecht

– Steuerungs- und Überwachungsfunktion des Vorstandes der Konzernobergesellschaft gegenüber den Konzerngesellschaften (§ 70 AktG)

– Informationspflichten des Vorstandes an den Aufsichtsrat bzw entsprechendes Auskunftsrecht des Aufsichtsrates (§ 81 und § 95 Abs 2 AktG)

– Auskunftsrecht der Aktionäre (§ 118 AktG)

– Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrates zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen in der Konzernobergesellschaft und den Konzernuntergesellschaften (§ 95 Abs 5 AktG)

– Einsichts- und Prüfungsrechte des Aufsichtsrates (§ 95 Abs 3 AktG)

– Mitwirkung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, wobei im Konzern eine Sonderregelung für die Vertretung von Arbeitnehmervertretern aus den beherrschten Unternehmen im Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens vorgesehen ist (§ 110 ArbVG)

– Konzernrechnungslegung (§§ 244-267 UGB)

– Prüfung des Jahresabschlusses der Konzernobergesellschaft und des Konzernabschlusses durch den Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft und die Abschlussprüfer (§ 96 AktG und §§ 268 ff UGB)

– Überwachung durch den Prüfungsausschuss (§ 92 Abs 4a AktG)

– Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung oder das Gericht als spezielle Kontrollmaßnahme zur Prüfung von bestimmten Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung der AG (Sonderprüfung, § 130 AktG)

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbezogene Informationsrechte und -pflichten• Grundlegendes– grds haben Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates gemäß §§ 84, 99 AktG über vertrauliche Angaben

Stillschweigen zu bewahren

– für börsenotierte Aktiengesellschaften gibt es darüber hinaus noch kapitalmarktrechtliche Geheimhaltungspflichten • dies würde nahe legen, dass auch die Weitergabe von Informationen an übergeordnete Konzerngesellschaften nicht zulässig ist

– doch sehen aktienrechtliche Bestimmungen umfassende – und im Folgenden dargestellte – Informationsrechte des Aufsichtsrates und der Aktionäre vor, die sich auch auf Konzernsachverhalte beziehen

• um diese Rechte zu gewährleisten, muss es entsprechende Informationspflichten sowohl des Vorstandes der Konzernobergesellschaft als auch des Vorstandes der untergeordneten Konzerngesellschaften geben soweit dies erforderlich und sachlich gerechtfertigt ist

• Berichtspflicht des Vorstandes an den Aufsichtsrat– § 81 AktG spricht zwar vom "Unternehmen" bzw der "Gesellschaft" und verweist nicht ausdrücklich auf den Konzern doch

sind gegebenenfalls auch Konzerngesellschaften davon umfasst

– dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Berichtspflicht auf alle Angelegenheiten der Leitungstätigkeit der Konzernobergesellschaft bezieht und die Leitungstätigkeit auch die Beteiligungs- und Konzernverwaltung umfasst

– außerdem wird idR für die Beurteilung der Lage der Obergesellschaft die Gesamtlage des Konzerns bzw die Darstellung einzelner Konzernbereiche bzw Konzernunternehmen grundlegend sein

– überdies ist eine Pflicht zur Berichterstattung aus § 96 Abs 3 AktG abzuleiten, wonach der Aufsichtsrat den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht zu prüfen hat → es wäre nicht zielführend, wenn er dafür Verantwortung zu tragen hat, aber in der Berichterstattung von diesem Themenbereich abgeschottet wird

– schließlich korrespondiert die Berichtspflicht mit dem Recht des Aufsichtsrates auf Anforderungsberichte gemäß § 95 Abs 2 AktG, von dem ausdrücklich auch die Beziehung der Gesellschaft zu Konzernunternehmen umfasst ist

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbezogene Informationsrechte und -pflichten• Auskunftsrechte von Aktionären gemäß § 118 AktG

– § 118 Abs 1 AktG gibt jedem an einer Hauptversammlung teilnehmenden Aktionär das Recht, in dieser Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung eines Tageordnungspunktes erforderlich ist

– gemäß § 118 Abs 1 S 2 AktG erstreckt sich die Auskunftspflicht auch auf die "rechtlichen und geschäftlichenBeziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen"

• die Bezugnahme auf "verbundene Unternehmen" bedeutet, dass nicht der Konzernbegriff des § 15 AktG, sondern die Begriffsbestimmungen des UGB gemeint sind

• der Verweis auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen ist als Klarstellung zu sehen, was unter anderem als Angelegenheit der Gesellschaft iSd § 118 Abs 1 S 1 AktG zu beurteilen ist.

– werden in der Hauptversammlung eines Mutterunternehmens gemäß § 244 UGB der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht vorgelegt, so erstreckt sich die Auskunftspflicht gemäß § 118 Abs 1 S 3 AktG auch auf die Lage des Konzerns sowie der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen

• diese Auskunftspflicht besteht somit nur in der ordentlichen Hauptversammlung der Muttergesellschaft, in der die Unterlagen gemäß § 104 Abs 2 AktG vorzulegen sind

– § 118 Abs 3 Z 1 AktG enthält eine Schutzklausel, die über die Gesellschaft hinaus auch die verbundenen Unternehmen einbezieht

• der Vorstand darf die Auskunftserteilung auch verweigern, soweit sie nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung geeignet ist, dem Unternehmen oder einem verbundenen Unternehmen einen erheblichen Nachteil zuzufügen

• im Rahmen der ihn treffenden Sorgfaltspflicht wird der Vorstand uU zur Auskunftsverweigerung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sein

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbezogene Informationsrechte und -pflichten• Auskunftsrechte der Konzernmutter im Rahmen der Rechnungslegung– neben § 118 AktG gibt es ein weiteres ausdrückliches Informationsrecht eines Aktionärs (nämlich der

Konzernobergesellschaft) → im Rahmen der für die Aufstellung des Konzernabschlusses nach §§ 244 ff UGB erforderlichen Informationen

– gemäß § 247 Abs 3 UGB haben Tochterunternehmen dem Mutterunternehmen ihre Jahresabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte und, wenn eine Prüfung des Jahresabschlusses oder des Konzernabschlusses stattgefunden hat, die Prüfungsberichte sowie, wenn ein Zwischenabschluss aufzustellen ist, einen auf den Stichtag des Konzernabschlusses aufgestellten Abschluss unverzüglich einzureichen

– das Mutterunternehmen kann von jedem Tochterunternehmen alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, welche die Aufstellung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts erfordert

• Sonstige Auskunftsrechte– der Vorstand kann nach hA auch außerhalb der Hauptversammlung (unter Beachtung seiner Sorgfaltspflichten) freiwillig

Auskünfte erteilen

– es besteht jedoch grds kein Recht des Aktionärs auf Auskunft

– fraglich ist, ob diese Information im Rahmen der Gleichbehandlungspflicht (vgl § 47a AktG) allen Aktionären zukommen muss oder einzelne Aktionäre bevorzugt werden dürfen

• keine gesetzliche Pflicht zur informationellen Gleichbehandlung (vgl dag § 131 Abs 4 dAktG)

• grundsätzlich ist danach bei der Weitergabe von Informationen zu prüfen, ob diese dem Gesellschaftsinteresse (§ 70 AktG) dient und eine differenzierte Informationsweitergabe (etwa aufgrund einer Leistungsbeziehung) sachlich gerechtfertigt ist

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Konzernspezifische Besonderheiten der Unternehmensorganisation

Konzernbezogene Informationsrechte und -pflichten• Sonstige Auskunftsrechte– gerade im Konzern ist von einer gewissen Privilegierung des Informationsflusses auszugehen

• einerseits, dass der Konzernobergesellschaft weitergehende Informationen gegeben werden dürfen und andererseits, dass andere Aktionäre diesbezüglich keinen Anspruch auf Gleichbehandlung haben

• eine solche Privilegierung wird im Gesetz für bestimmte Bereiche ausdrücklich vorgenommen → zB beim Auskunftsrecht des Aktionärs gemäß § 118 AktG, dem Auskunftsrecht des Aufsichtsrates gemäß § 95 Abs 2 AktG oder den Auskunftspflichten im Rahmen der Konzernrechnungslegung gemäß § 247 Abs 3 UGB

• entsprechend wird nicht nur der Vorstand der Konzernobergesellschaft, sondern auch jener der Konzernuntergesellschaft zur Weitergabe von Informationen auch außerhalb der Hauptversammlung verpflichtet sein, um die gesetzlich vorgesehenen Informationsrechte des Vorstandes der Konzernobergesellschaft zu gewährleisten

• im Konzern soll die Grenze der Informationsweitergabe nicht die Gesellschaft, sondern der Konzern als Interessenseinheit sein → da Konzernleitung gestattet ist, akzeptiert der Gesetzgeber den üblichen und dafür notwendigen Informationsfluss; auch die Konzernkontrolle erfordert einen entsprechenden Informationsaustausch

• Beachte → jedoch hat der Vorstand der Konzernuntergesellschaft sicherzustellen, dass allfällige Nachteile im Wege strikter Geheimhaltung der an die Konzernobergesellschaft weitergegebenen Informationen ausgeschlossen sind oder zumindest unverzüglich ausgeglichen werden

– eine Informationsweitergabe kann selbst bei Fehlen von ausgeübter Konzernleitung für Großaktionäre und beherrschende Syndikate zulässig sein

• etwa wenn die Informationsweitergabe der Kontrolle durch Aktionäre dient, die eine Konzernleitung einrichten könnten

• die Informationsweitergabe kann aber auch aus sonstigen Gründen im Interesse der Gesellschaft und sachlich gerechtfertigt sein, etwa zur Vorbereitung und Umsetzung einer vertraglichen Sonderbeziehung

• eine sachliche Rechtfertigung zur Informationsweitergabe durch den Vorstand an einen Großaktionär bzw in dessen Auftrag an einenpotentiellen Erwerber kann auch zum Zwecke der Durchführung einer Due Diligence gegeben sein

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KONZERNRECHT

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Mag. Dr. Christian Knauder

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Haftung im Konzern

Durchgriffshaftung:• Grundlegendes zum Haftungsdurchgriff

– Trennungsprinzip → grundsätzlich haften die Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft nicht, sondern im Regelfall haftet ausschließlich das Gesellschaftsvermögen (§ 61 Abs 2 GmbHG)

– Unter bestimmten Voraussetzungen kann es zu einem sog Haftungsdurchgriff kommen, bei dem das Trennungsprinzip durchbrochen wird → in diesen Fällen können somit auch die Gesellschafter zur Haftung herangezogen werden

• Deliktische Ansprüche des Gesellschaftsgläubigers sind direkt gegenüber den Gesellschaftern geltend zu machen

• Bei vertraglichen Schadenersatzansprüchen gegen die Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger ihre Ansprüche gegen die Gesellschaft zu richten und sich an deren Anspruch gegen ihre Gesellschafter zu halten

– Ein solcher Haftungsdurchgriff ist nach Lehre und Rsp an das Vorliegen bestimmter Tatbestände geknüpft und wird daher nur in den nachstehend beschriebenen Fällen anerkannt

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Haftung im Konzern

Durchgriffshaftung:• Fälle der Durchgriffshaftung

– Qualifizierte Unterkapitalisierung der Gesellschaft, die die Gläubiger gefährdet, dh die Gesellschaft ist im Verhältnis zum Geschäftsumfang unzureichend mit Eigenkapital ausgestattet und ein Schaden der Gläubiger ist sehr wahrscheinlich

• Der Misserfolg lässt sich zu Lasten auch der Gläubiger Gesellschaft bei normalem Geschäftsverlauf mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten

• Bsp → Gesellschaft mit kostenintensivem Investitionsaufwand (zB Fluggesellschaft mit einem Grundkapitalkapital von € 70.000,-)

– Vermögens- bzw Sphärenmischung → Prinzip der Trennung von Gesellschaftsvermögen und

Gesellschaftervermögen wird verletzt

• Vermögen der Gesellschaft und Vermögen der Gesellschafter lassen sich nicht mehr eindeutig trennen

• Voraussetzung ist, dass sich das Vermögen der Gesellschaft und des Gesellschafters auch buchmäßig nicht (mehr) trennen lässt

• Dies kann in der Praxis etwa bei kleineren Konzernen ohne strukturierte Buchhaltung der Fall, womit uU Kontobewegungen nicht eindeutig zuordenbar sind

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Haftung im Konzern

Durchgriffshaftung:• Fälle der Durchgriffshaftung

– Missbräuchliche Verwendung einer juristischen Person

• Etwa durch künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Unternehmens in mehrere Gesellschaften bzw eine künstliche Aufblähung eines Konzerns (Special Purpose Vehicles)

• Zweck kann sein, dass steuer- oder betriebswirtschaftliche Vorteile genutzt werden sollen oder dass man Steuerlasten entgehen möchte oder dass riskante Geschäfte in eine eigene Gesellschaft ausgelagert werden sollen

• Bei der Prüfung eines möglichen Haftungsdurchgriffs kommt es darauf an, dass sich die Gestaltung des Konzerns in einer Gesamtbetrachtung als rechtsmissbräuchlich iSd § 1295 ABGB darstellt → es kommt auf den Missbrauchsvorsatz bei der Wahl einer besonderen Rechtsform an

• OGH → ein Ha�ungsdurchgriff kann insb dann begründet sein, wenn die Rechtsform einer juris�schen Person dazu genutzt wird, dritte Personen zu schädigen oder Gesetze zu umgehen (die bloße Inanspruchnahme einer von der englischen Rechtsordnung bereitgestellten (kapitalschonenden) Gesellschaftsform alleine ist allerdings noch kein Rechtsmissbrauch)

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Haftung im Konzern

Durchgriffshaftung:• Fälle der Durchgriffshaftung

– Faktische Geschäftsführung des Tochterunternehmens durch das Mutterunternehmen

• Fak�sche Geschä�sführung durch das Mu�erunternehmen kann vorliegen, wenn dieses ─ etwa durch Konzernweisungen ─ die Organe des Tochterunternehmens zu Geschä�sführungsmaßnahmen veranlasst, welche die Unabhängigkeit des Tochterunternehmens in Frage stellen bzw nicht im Eigeninteresse der Tochtergesellschaft stehen,

• Dies kann dazu führen, dass eine sorgfaltswidrige Verwaltung des Vermögens des Tochterunternehmens durch den Vorstand bzw die Geschäftsführer gegeben ist

• Leitet das Mutterunternehmen sorgfaltswidrig den Vorstand bzw den Geschäftsführer des Tochterunternehmens zu einer pflichtwidrigen Vorgangsweise (aus Sicht des Tochterunternehmens) an, dann kann die Lehre von der faktischen Geschäftsführung bzw der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte anzuwenden sein

• Je nach Verschuldensmaßstab des Leitungsorgans des Mutterunternehmens kann es dabei zu einer Außen-oder Innenhaftung des Mutterunternehmens kommen

• Außenhaftung → der Vorstand bzw die Geschä�sführer des Tochterunternehmens wurden vorsätzlich zum Vertragsbruch angeleitet bzw dazu angestiftet, ihre Organstellung zu verletzen (Voraussetzung nach der Rsp ist allerdings vornehmlich eine masselose Insolvenz des Tochterunternehmens)

• Innenhaftung → regelmäßig kommt es zur bloßen Innenha�ung der pflichtwidrig handelnden fak�schen Geschäftsführer, insb wenn die Organe der Tochterunternehmen angeleitet wurden, sorgfaltswidrige Entscheidungen zu treffen und solche Entscheidungen außerhalb des kaufmännisch vertretbaren Ermessens liegen (vgl Business Judgment Rule)

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Haftung im Konzern

Durchgriffshaftung:• Fälle der Durchgriffshaftung

– Existenzvernichtungshaftung

• Dieser Fall der Durchgriffshaftung bezieht sich auf Sachverhalte, in denen eine Gesellschaft von einem Gesellschafter (oder im Zusammenwirken mehrerer) zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger so geführt wird, dass sie nicht mehr zahlungsfähig ist oder die noch vorhandene finanzielle Leistungsfähigkeit weiter zum Nachteil der Gläubiger geschmälert wird

• Voraussetzung → ein dem Gesellscha�er zurechenbarer Eingriff in das Vermögen der Gesellscha� (iS einer Nachteilszufügung) ohne angemessene Berücksichtigung der Gläubigerinteressen, der zur Insolvenz der Gesellschaft führt

• Bsp → Übertragung von Know-how, Kündigung von Bezugs- oder sonstigen Dauerschuldverhältnissen, Übertragung von wesentlichen Vermögensgütern, Verlagerung von Ressourcen, Vernichtung von Geschäftschancen, Änderung des Unternehmensgegenstandes, Einstellung der bisher bestandenen Finanzierung durch das Mutterunternehmen

• Rechtsfolge → direkte Außenha�ung des Gesellscha�ers gegenüber Gesellscha�sgläubigern für den durch die Nachteilszufügung entstandenen (häufig allerdings erst subsidiär zu Rechtsfolgen iZm Verstößen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr)

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Haftung im Konzern

Sonstige Haftungstatbestände:• Insolvenzverschleppung

– Mutterunternehmen und seine Organe können Gläubigern des Tochterunternehmens gegenüber unmittelbar haften, wenn

• ein Verhalten des Vorstandes bzw der Geschäftsführer des Tochterunternehmens zur Insolvenzverschleppung geführt hat und

• das Mutterunternehmen oder seine Organe den Vorstand bzw die Geschäftsführer des Tochterunternehmens veranlasst haben, einen erforderlichen Insolvenzantrag nicht zu stellen

– Haftung besteht grundsätzlich aber nur im Fall einer Schutzgesetzverletzung bei grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 1311 ABGB iVm § 159 StGB)

• Haftung nach § 25 Satz 2 URG

– Gesellschafter, welche die Geschäftsleitung des Tochterunternehmens trotz Vorliegens der Reorganisationsvoraussetzungen angewiesen haben, kein Reorganisationsverfahren einzuleiten, haften zur ungeteilten Hand

– Gleiches gilt, wenn sie einem Vorschlag der Geschäftsleitung auf Einleitung eines Reorganisations-verfahrens nicht zugestimmt haben

– Pro Person beträgt die Haftungsobergrenze € 100.000,- für die durch die Insolvenzmasse nicht gedeckten Verbindlichkeiten, wenn die Voraussetzungen des § 22 URG vorliegen

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Haftung im Konzern

Sonstige Haftungstatbestände:• Verfolgung von gesellschaftsfremden Vorteilen– Anknüpfungspunkt ist insb § 100 AktG:

• dies gilt insb für ein Mutterunternehmen, das seine beherrschende Stellung dazu ausnützt, den Vorstand oder einen Aufsichtsrat des Tochterunternehmens dazu anzuleiten, im bloßen Konzerninteresse bzw im Interesse des Mutterunternehmens zu handeln, und dadurch dem Tochterunternehmen, seinen (Minderheits-) Gesellschaftern oder seinen Gläubigern Schaden zufügt

• neben dem Mutterunternehmen haften auch die Vorstände bzw Geschäftsführer des Tochterunternehmens, wenn sie gegen ihre Organpflichten verstoßen haben (§ 84, § 99 iVm § 100 AktG)

– Es kommt zur Außenhaftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft soweit diese von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können (§ 101 Abs 1 AktG)

– Zur Haftungsbefreiung kommt es aber unter folgenden Voraussetzungen:

• Sofern der Einfluss genutzt wird, um einen Vorteil zu erlangen, der schutzwürdigen Interessen dient (§ 100 Abs 3 AktG)

• Bsp → wenn das Konzerninteresse das (bloße) Eigeninteresse des Tochterunternehmens überlagert (Interessen-abwägung erforderlich!)

– Beachte: Für die GmbH besteht aufgrund der generellen Weisungsbefugnis der Generalversammlung gegenüber der Geschäftsführung keine derartige Regelung

• eine Außenhaftung gegenüber Gläubigern ist gesetzlich nicht verankert

• Allerdings gilt es im Rahmen der Beschlussfassung ebenso das Gleichbehandlungsgebot und die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten zu beachten

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Haftung im Konzern

Haftung des Mutterunternehmens aus anderen Gründen:• Deliktische Haftung des Mutterunternehmens

• Vertragliche Haftung

– Vertragliche Haftung gegenüber dem Tochterunternehmen aufgrund von Konzernverträgen

– Vertragliche Haftung aufgrund Patronatserklärung, Bürgschaft oder Garantievertrag

• Um für das Tochterunternehmen eine günstige Finanzstruktur zu schaffen, wird das Mutterunternehmen oft eine weiche bzw harte Patronatserklärung gegenüber den Gläubigern der Tochtergesellschaft abgeben → Mutterunternehmen gibt die Erklärung ab, für Verbindlichkeiten des Tochterunternehmens zu haften bzw die zukünftige finanzielle Ausstattung zu gewährleisten

• Bei der Bürgschaft (§ 1346 ABGB) wird das Mutterunternehmen zum Nachschuldner, auch ein Schuldbeitritt ist möglich (Solidarhaftung) → bei der Bürgscha� gilt es die Voraussetzungen der Akzessorietät und der Schriftlichkeit zu beachten

• Abstrakte Garantie gemäß § 880a ABGB → Garan�evertrag ist nicht akzessorisch, Mutterunternehmen haftet somit selbst dann, wenn die Schuld des Tochterunternehmens nicht besteht, und zwar für die volle Genugtuung (Ersatz des erlittenen Schadens und des entgangenen Gewinns)

– Haftung aus Konzernvertrauen

• Haftung, weil bei Dritten das Vertrauen erweckt wird, dass tatsächlich das herrschende Unternehmen an Stelle des abhängigen Unternehmens hinter den Aktivitäten des abhängigen Unternehmens steht

• Das bloße Bestehen einer Konzernverbindung selbst vermag noch keine ausreichende Grundlage für eine Haftung aus Konzernvertrauen sein

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Haftung im Konzern

Haftung des Mutterunternehmens aus anderen Gründen:• Kartellrechtliche Haftung des Mutterunternehmens bei Kartellverstößen von

Tochtergesellschaften

– Voraussetzungen

• Die Muttergesellschaft muss in der Lage sein, tatsächlich entscheidenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft zu nehmen

• Die Muttergesellschaft muss diesen Einfluss auch tatsächlich ausüben

• Haftung bei Arbeitnehmeransprüchen im Konzern

• Ausgleichspflichten bei Verstößen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr und das Verbot der Nachteilszufügung

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Haftung im Konzern

Fragen der Rechtsdurchsetzung:• Direkte Ansprüche der Gläubiger

– In den Fällen der Durchgriffshaftung bestehen direkte Ansprüche der Gläubiger des Tochterunternehmens gegen das Mutterunternehmen

– Teilweise sieht das Gesetz selbst (zB § 56 Abs 1 AktG) die direkte Geltendmachung oder zumindest die Einziehung von Ersatz- oder Rückerstattungsansprüchen des Tochterunternehmens durch die Gläubiger vor, soweit diese vom Tochterunternehmen selbst keine Befriedigung erlangen können

• Rechtsdurchsetzung durch Mitgesellschafter

– Ein möglicher Schaden der Mitgesellschafter (= vorhandene Minderheitsgesellschafter neben dem Mutterunternehmen) besteht in der allfälligen Wertminderung ihrer jeweiligen Beteiligung am Tochterunternehmen

– Mögliche Ansprüche gegenüber den Verwaltungsorganen der Tochtergesellschaften (aufgrund Organhaftung) sowie in besonderen Fällen auch direkt gegenüber dem Mitgesellschafter

• § 52 iVm § 56 AktG sieht grds einen Anspruch auf Nachteilsausgleich gegen das Mutterunternehmen auch ohne Mitwirkung der Verwaltungsorgane des Tochterunternehmens (und auch gegen den Willen der Hauptversammlung des Tochterunternehmens, in der das Mutterunternehmen die Stimmenmehrheit hätte) vor

• Bsp → Ak�onäre, die über 10% des Grundkapitals verfügen, können eine Klagsführung gerichtlich durchsetzen; Möglichkeiten der materiellen Beschlusskontrolle; Beschlussanfechtung wegen gesellschaftsfremder Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft

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KONZERNRECHT

Universität WienInstitut für Recht der Wirtschaft

Mag. Dr. Christian Knauder

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitnehmermitbestimmung im Konzern:

• Zwei mögliche Formen der Einbeziehung des Konzerns in die betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmermitbestimmung:

– Arbeitnehmerentsendung in den Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft

• § 110 Abs 6 ArbVG regelt die AN-Mitbestimmung im Konzern, wonach auch AN-Vertreter aus den beherrschten Unternehmen im Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens vertreten sind

• Prinzip der Drittelparität der AN im Aufsichtsrat (Verhältnis von Kapitalvertretern zu AN-Vertretern) bleibt durch § 110 Abs 6 ArbVG unangetastet → allerdings kommt es zu besonderen Entsendungsregeln innerhalb der AN-Vertreter (aus dem herrschenden und dem beherrschten Unternehmen)

• § 110 Abs 6 ArbVG gilt gemäß Abs 6a auch für herrschende Unternehmen, in denen kein Betriebsrat zu errichten ist (Bsp arbeitnehmerlose Holdinggesellschaften)

– Möglichkeit der Errichtung von Arbeitnehmervertretungen auf Konzernebene → Konzernvertretung

• Konzernvertretung als "Betriebsrat auf Konzernebene" → resul�ert aus der Tatsache, dass in einem Konzern zahlreiche Unternehmensentscheidungen von der Konzernspitze getroffen werdn und es daher sinnvoll ist, auch auf dieser Ebene eine AN-Vertretung zu installieren

• § 88a Abs 1 ArbVG

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitnehmermitbestimmung im Konzern:

• AN-Entsendung in den Aufsichtsrat

– § 110 Abs 6 ArbVG gilt nur für Konzerne, die folgende Voraussetzungen erfüllen (= engere Definition des Konzerns):

• das herrschende Unternehmen ist eine AG, GmbH, Genossenschaft oder Privatstiftung (die gemäß § 22 Abs 4 PSG in diesem Zusammenhang der GmbH gleichgestellt ist), die

• eine AG, eine aufsichtsratspflichtige GmbH, eine GmbH iSd § 29 Abs 2 Z 1 GmbHG, eine aufsichtsratspflichtige Genossenschaft, eine SE oder eine SCE

• einheitlich leitet ODER aufgrund einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 50% beherrscht (mittelbare Beteiligungen werden demnach nicht erfasst)

– Weitere Voraussetzung

• das herrschende Unternehmen beschäftigt höchstens halb so viele AN als alle beherrschten Unternehmen zusammen

• nur in diesem Fall nehmen an der Entsendung in den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens der zentralbetriebsrat bzw Betriebsrat des herrschenden Unternehmens und die Gesamtheit der Mitglieder aller in den beherrschten Unternehmen bestellten Betriebsräte teil

– Sofern diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, setzt sich der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens nur aus den AN-Vertretern des herrschenden Unternehmens zusammen

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitnehmermitbestimmung im Konzern:

• AN-Entsendung in den Aufsichtsrat → innerhalb der AN-Vertreter gilt folgende Entsendungsregelung:

– der Zentralbetriebsrat bzw Betriebsrat des herrschenden Unternehmens entsendet so viele Arbeitnehmer, als dem Verhältnis der Zahl der im herrschenden Unternehmen beschäftigten AN zur Zahl der in den beherrschten Unternehmen beschäftigten AN entspricht

• Grundsätzlich hat aber jedenfalls 1 AN-Vertreter aus dem herrschenden Unternehmen zu kommen

• Ausnahme → wenn sich die Tä�gkeit des herrschenden Unternehmens auf die Verwaltung von Unternehmensteilen der beherrschten Unternehmen beschränkt; im Fall solcher Finanz- und Vermögensholdinggesellschaften wird nämlich angenommen, dass im Wesentlichen Interessen der AN der untergeordneten Unternehmen berührt werden

– die AN-Vertreter der beherrschten Unternehmen sind von der Gesamtheit der in den beherrschten Unternehmen bestellten Betriebsräte aus dem Kreis der Betriebsratsmitglieder, denen das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat zusteht, nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts geheim zu wählen

– in Konzernen, in denen eine Konzernvertretung eingerichtet ist, hat diese die AN-Vertreter in den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens zu entsenden (§ 110 Abs 6b ArbVG)

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitnehmermitbestimmung im Konzern:

• Konzernvertretung– Zweck → zur Vertretung der gemeinsamen Interessen der in einem Konzern beschä�igten AN

– eine Konzernvertretung kann gemäß § 88a Abs 1 ArbVG in einem Konzern iSd § 15 AktG bzw § 115 GmbHG eingerichtet werden, in dem in mehr als einem Unternehmen Betriebsräte bestehen

• Gesellschaftsrechtlicher Konzernbegriff → Möglichkeit einer Konzernvertretung daher auch im Gleichordnungskonzern

• Abgrenzung → Bildung eines Zentralbetriebsrates nur dort, wo die Voraussetzungen eines einheitlichen Unternehmens iSd § 40 Abs 4 ArbVG erfüllt sind

– Bei Konzernen mit Auslandsberührung → Beratungs- und Informationsrechte der Konzernvertretung richten sich entsprechend dem im Betriebsverfassungsrecht geltenden Territorialitätsprinzip an die Konzernleitung des in Österreich herrschenden Unternehmens (§ 113 Abs 5 ArbVG)

– Errichtung

• Die Konzernvertretung ist ein fakultatives und kein zwingendes Organ; deren Errichtung liegt im Ermessen der (Zentral-)Betriebsräte

• Zustimmung von mindestens 2/3 der Zentralbetriebsräte, die zusammen mehr als die Hälfte der im Konzern beschäftigten AN repräsentieren (bei Fehlen eines Zentralbetriebsrates geht die Aufgabe auf den Betriebsausschuss oder den Betriebsrat über)

• Aufgrund des vorgesehenen Mehrheitserfordernisses ist es möglich, dass eine Konzernvertretung gegen den Willen bzw ohne Beteiligung des größten Konzernunternehmens errichtet wird

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitnehmermitbestimmung im Konzern:

• Konzernvertretung

– Zusammensetzung → nach Errichtung werden die Delegiertenzahlen durch Beschluss festgesetzt

• Jeder Zentralbetriebsrat entsendet 2 Delegierte, sofern er nicht mehr als 500 AN vertritt; für je weitere 500 AN kommt ein weiterer Delegierter hinzu

– Beginn der Mitgliedschaft mit Bekanntgabe des Delegiertenbeschlusses

– Ende der Mitgliedschaft, wenn die Tätigkeitsdauer der Konzernvertretung endet oder die Mitgliedschaft zum Zentralbetriebsrat (bzw Betriebsrat) erlischt oder das Mitglied zurücktritt bzw abberufen wird

– Tätigkeitsdauer beträgt 4 Jahre; sie endet vorzeitig etwa durch

• die Auflösung des Konzerns, Auflösungsbeschluss der Zentralbetriebsräte (2/3 Mehrheit, die zusammen mehr als die Hälfte der im Konzern beschäftigten AN repräsentieren), Beschluss der Konzernvertretung (2/3 Mehrheit ihrer Delegierten), gerichtliche Ungültigerklärung

– Zuständigkeitsbereich, ua

• Entsendung von AN-Vertretern in den Aufsichtsrat gemäß § 110 Abs 6b ArbVG

• Entsendung von AN-Vertretern in das Besondere Verhandlungsgremium und in den Europäischen Betriebsrat

• Abschluss von Betriebsvereinbarungen

• Konzernbezogenes Informations- bzw Beratungsrecht

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitnehmermitbestimmung im Konzern:

• Europäische Betriebsverfassung

– Für gemeinschaftsweit tätige Konzerne spielt neben der Konzernvertretung auch der im Rahmen der Europäischen Betriebsverfassung vorgesehene Europäische Betriebsrat eine wesentliche Rolle#+

– Umsetzung europarechtlicher Vorgaben

– Sachlicher Anwendungsbereich → Begriff der Unternehmensgruppe

• Problematik → s�mmt nicht mit dem gesellscha�srechtlichen Konzernbegriff überein, die Unternehmensgruppe Gleichordnungskonzerne nicht umfasst

• Unternehmensgruppe ist jede Gruppe von Unternehmen, die aus einem herrschenden und einem abhängigen Unternehmen bestehen

– Voraussetzungen

• Zentrale Leitung von Unternehmen und Unternehmensgruppen liegt im Inland

• Insgesamt mindestens 1000 AN in den Mitgliedstaaten

• Jeweils mindestens 150 AN in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten

– Besonderes Verhandlungsgremium → stellt Verhandlungsberech�gten iZm der Errichtung des Europäischen Betriebsrats auf AN-Seite dar; muss zuvor errichtet werden

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitnehmermitbestimmung im Konzern:

• Europäische Betriebsverfassung

– Räumlicher Anwendungsbereich

• Sog "transnationale Regelungen" → Anwendbarkeit der betreffenden na�onalen Regelungen, sofern die zentrale Leitung in Österreich liegt; diese sind dann aber auch für ausländische erfasste Unternehmen relevant

– Europäischer Betriebsrat

• Fakultatives Organ

• Errichtung setzt grds eine Vereinbarung zwischen dem Besonderen Verhandlungsgremium und zentraler Leitung voraus (Ausnahme: gesetzliche Anordnung)

• Mitgliedschaft → beginnt mit der Bekanntgabe des Entsendungsbeschlusses und endet ua mit dem Ende der Tätigkeitsdauer des Europäischen Betriebsrats, dem Ende der Mitgliedschaft zum Betriebsrat, dem Rücktritt des Mitglieds

• Tätigkeitsdauer → 4 Jahre (sofern diese nicht aus bes�mmten Gründen vorzei�g endet)

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitsvertragsrecht im Konzern:

• Konzern als Arbeitgeber

– Der Konzern als solcher besitzt keine Arbeitgebereigenschaft

– Werden AN in verschiedenen Unternehmen eines Konzerns tätig, lässt sich häufig nur schwer ermitteln, wer Arbeitgeber ist:

• Abzustellen ist bei der Prüfung der Verträge auf die sog Vertrauenstheorie: durfte der Arbeitnehmer darauf vertrauen, dass der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber handelt?

• Derjenige, der als Arbeitgeber auftritt, soll Arbeitgeber sein (Vertrauensschutz)

• Nehmen mehrere Unternehmen die Arbeitgeberfunktion wahr, so ist im Einzelfall zu entscheiden: uU ist nicht nur ein Unternehmen im Konzern, sondern sind mehrere Unternehmen als Arbeitgeber eines einzigen Arbeitsvertrages heranzuziehen

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitsvertragsrecht im Konzern:

• Fragen zu Arbeitsverhältnissen im Konzern

– Unterschiedliche Beschäftigungsvarianten

• Ua zwei Konzernunternehmen treten gemeinsam als Arbeitgeber auf (zB bei Auslandsentsendungen), Arbeitskräfteüberlassung (sog Konzernleihe), Arbeitgeberwechsel (Vertragsübernahme oder Vertragsauflösung samt nachfolgendem Neuabschluss mit dem neuen Arbeitgeber)

– Auch der Arbeitgeberwechsel im Konzern bedarf grds der Zustimmung des Arbeitnehmers

• Diese kann vorab im Arbeitsvertrag im rahmen einer sog Konzernbeschäftigungsklausel gegeben werden (dadurch wird etwa die Arbeitskräfteüberlassung oder der Arbeitgeberwechsel gerechtfertigt)

– Versetzung → jede Änderung des örtlichen oder sachlichen Tä�gkeitsbereichs oder beider Arbeitsbedingungen

• Versetzungsschutz → Zus�mmung des AN ist erforderlich, sofern Versetzungen keine Deckung im Arbeitsvertrag finden

– Sonderfall Betriebsübergang → der neue Inhaber tri� als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein (AVRAG)

• Erfolgt jedoch eine bloße Konzerneingliederung liegt kein Betriebsübergang vor (in diesem Fall sind bei einem möglichen Arbeitgeberwechsel weiterhin die allgemeinen Rechtsgeschäftsregeln anzuwenden)

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Arbeitsrecht und Konzern

Arbeitsvertragsrecht im Konzern:

• Fragen zu Arbeitsverhältnissen im Konzern

– Beschäftigung mit Auslandsbezug

• Auf entsprechende vertragliche Schuldverhältnisse ist Rom I-VO anzuwenden (insb Rechtswahl der Parteien oder Anknüpfung am gewöhnlichen Arbeitsort)

• Entsenderichtlinie sorgt dafür, dass bei Entsendungen innerhalb eines Konzerns kein Sozialdumping betrieben werden kann (in Bezug etwa auf Entgelt, Urlaub, Arbeitszeit)

• Einfluss des Konzerns auf die Rechte und pflichten des Arbeitnehmers

– Gleichbehandlungspflicht → grds betriebsbezogen zu sehen (jedenfalls in Bezug auf Betriebspensionszusagen

– Kündigungsschutz → Frage der Weiterbeschä�igung im Konzern bei betriebsbedingter Kündigung

– Abfertigung

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