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Wirtschaft und Gesellschaft Übernahmen, Konzernrecht und Konzernierungsprozesse Rezension von: Klaus E. Herkenroth, Konzernierungsprozesse im Schnittfeld von Konzernrecht und Übernahmerecht. Rechtsvergleichende Untersuchungen der Allokationseffizienz unterschiedlicher Spielregeln von Unternehmensübernahmen, Duncker & Humblot, Berlin 1994,416 Seiten, öS 999,-. In der Schriftenreihe zur wirtschafts- wissenschaftlichen Analyse des Rechts, welche der Verlag "Duncker & Humblot" herausgibt, ist mit Band 18 eine rechts- vergleichende Untersuchung von Klaus E. Herkenroth erschienen, die nach ih- rem Untertitel "Allokationseffizienz un- terschiedlicher Spielregeln von Unter- nehmensübernahmen" die Frage erör- tern will, "welche Anreize von der Rechtsordnung auf Unternehmensüber- nahmen ausgehen". Ausgangspunkte der Untersuchung sind formal zwei un- terschiedliche Ansätze samt einer Infra- gestellung des gesellschaftsrechtlichen Merhheitsprinzips. Erster Ansatz ist die grundsätzliche Kritik an den konzern rechtlichen Minderheitsschutznormen des deut- schen Aktiengesetzes. Dieses erfülle, so auch das Geleitwort der Untersu- chung, nicht jene Erwartungen, von denen man bei der Reform des Aktien- gesetzes im Jahre 1965 ausgegangen sei, nämlich den effektiven Schutz der verschiedenen, von einem Konzer- 136 23. Jahrgang (1997), Heft 1 nierungsvorgang betroffenen Gruppen. Begründet wird die Kritik im Geleitwort Kirchners ganz allgemein damit, daß "der alte Ansatz ... sicher untauglich" sei. Womit das Konzept der geltenden deutschen aktiengesetz-lichen Rege- lung gemeint ist, nach welchem Min- derheitsaktionäre im Falle einer erfolg- ter Konzernierung durch Unter- nehmensverträge mittels aktien- gesetzlichen Ausgleichs- und Abfin- dungsrechten geschützt werden sollen und dessen Probleme auch die Bewer- tung der genannten Rechte lägen. Mit dem zweiten Ansatz wird u.a. schon in der Einleitung der ggstl. Un- tersuchung die Forderung nach gesell- schaftsrechtlichen Take-Over-Regelun- gen erhoben. Solche Regelungen könn- ten grundsätzlich entweder nur dem Mo- dell des deutschen Konzernrechts oder jenem des britischen "City Code on Take-overs and Mergers" folgen. Weiters wird argumentiert, daß es in der Zwischenzeit, also seit 1965, auch in Deutschland zu einer stärkeren Verbrei- tung von Übernahmeangeboten gekom- men sei und deshalb "die grenzüber- schreitende Verallgemeinerung dieser Transaktionsform" auch in der Rechts- wissenschaft zu einem vieldiskutierten Thema geworden wäre. Eigentlicher Kern der vorliegenden rechtsvergleichenden Untersuchung ist jedoch eine radikale Kritik an einer we- sentlichen Institution des geltenden Gesellschaftsrechts, nämlich des Mehr- heitsstimmrechts, das die Beherr- schung von Gesellschaften über die einfache Kapitalmehrheit ermöglicht und daher, so Herkenroth, "die Minderheitstimmrechte leerlaufen läßt". Die Institution des Mehrheitsstimm- rechts wird ausschließlich unter den Be- dingungen der Konzernherrschaft kriti- siert; genauer, unter den Bedingungen verbundener Unternehmen, weil sie als Möglichkeit der Eigenkapitalbeschaf- fung unter dem Marktpreis im Verhält- nis zum Einheitsunternehmen identifi-

Übernahmen, Konzernrecht und Konzernierungsprozesse · unterschiedlicher Spielregeln von Unternehmensübernahmen, Duncker & Humblot, Berlin 1994,416 Seiten, öS 999,-. In der Schriftenreihe

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Wirtschaft und Gesellschaft

Übernahmen, Konzernrecht undKonzernierungsprozesse

Rezension von: KlausE. Herkenroth, Konzernierungsprozesseim Schnittfeld von Konzernrecht und

Übernahmerecht.Rechtsvergleichende

Untersuchungen der Allokationseffizienzunterschiedlicher Spielregeln von

Unternehmensübernahmen,Duncker & Humblot, Berlin 1994,416

Seiten, öS 999,-.

In der Schriftenreihe zur wirtschafts-wissenschaftlichen Analyse des Rechts,welche der Verlag "Duncker & Humblot"herausgibt, ist mit Band 18 eine rechts-vergleichende Untersuchung von KlausE. Herkenroth erschienen, die nach ih-rem Untertitel "Allokationseffizienz un-terschiedlicher Spielregeln von Unter-nehmensübernahmen" die Frage erör-tern will, "welche Anreize von derRechtsordnung auf Unternehmensüber-nahmen ausgehen". Ausgangspunkteder Untersuchung sind formal zwei un-terschiedliche Ansätze samt einer Infra-gestellung des gesellschaftsrechtlichenMerhheitsprinzips.

Erster Ansatz ist die grundsätzlicheKritik an den konzern rechtlichenMinderheitsschutznormen des deut-schen Aktiengesetzes. Dieses erfülle,so auch das Geleitwort der Untersu-chung, nicht jene Erwartungen, vondenen man bei der Reform des Aktien-gesetzes im Jahre 1965 ausgegangensei, nämlich den effektiven Schutz derverschiedenen, von einem Konzer-

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nierungsvorgang betroffenen Gruppen.Begründet wird die Kritik im GeleitwortKirchners ganz allgemein damit, daß"der alte Ansatz ... sicher untauglich"sei. Womit das Konzept der geltendendeutschen aktiengesetz-lichen Rege-lung gemeint ist, nach welchem Min-derheitsaktionäre im Falle einer erfolg-ter Konzernierung durch Unter-nehmensverträge mittels aktien-gesetzlichen Ausgleichs- und Abfin-dungsrechten geschützt werden sollenund dessen Probleme auch die Bewer-tung der genannten Rechte lägen.

Mit dem zweiten Ansatz wird u.a.schon in der Einleitung der ggstl. Un-tersuchung die Forderung nach gesell-schaftsrechtlichen Take-Over-Regelun-gen erhoben. Solche Regelungen könn-ten grundsätzlich entweder nur dem Mo-dell des deutschen Konzernrechts oderjenem des britischen "City Code onTake-overs and Mergers" folgen.Weiters wird argumentiert, daß es in derZwischenzeit, also seit 1965, auch inDeutschland zu einer stärkeren Verbrei-tung von Übernahmeangeboten gekom-men sei und deshalb "die grenzüber-schreitende Verallgemeinerung dieserTransaktionsform" auch in der Rechts-wissenschaft zu einem vieldiskutiertenThema geworden wäre.

Eigentlicher Kern der vorliegendenrechtsvergleichenden Untersuchung istjedoch eine radikale Kritik an einer we-sentlichen Institution des geltendenGesellschaftsrechts, nämlich des Mehr-heitsstimmrechts, das die Beherr-schung von Gesellschaften über dieeinfache Kapitalmehrheit ermöglichtund daher, so Herkenroth, "dieMinderheitstimmrechte leerlaufen läßt".Die Institution des Mehrheitsstimm-rechts wird ausschließlich unter den Be-dingungen der Konzernherrschaft kriti-siert; genauer, unter den Bedingungenverbundener Unternehmen, weil sie alsMöglichkeit der Eigenkapitalbeschaf-fung unter dem Marktpreis im Verhält-nis zum Einheitsunternehmen identifi-

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ziert wird. Daher fordert der Autor dieBeteiligung von Minderheitsaktionärenu.a. an diesem "Konzerneffekt", da an-sonsten eine Enteignung von Minder-heitsaktionären vorläge.

Konzernierung als billigste Formder Eigenkapitalbeschaffung

Mittelpunkt des I. Teils der Untersu-chung ist die Frage nach dem Stellen-wert des Gesellschaftsrechts für dieEigenkapitalbeschaffung im Konzern.Vorerst werden Strukturmerkmale desKonzerns untersucht. In diesem Zusam-menhang wird festgestellt, daß derKonzernorganisation bei Ausübung ih-rer Leitungsmacht Markt oder Hierar-chie als substituierbare Allokations-mechanismen zur Verfügung stehen. Jenach den zu erwartenden Vorteilenkönnten daher Markt oder Unternehmenzur Ressourcenallokation eingesetztwerden. Wird eine Unternehmens-beteiligung erworben, so reiche zurBeherrschung dieses Unternehmensaufgrund des gesellschaftsrechtlichenMehrheitsprinzips grundsätzlich die ein-fache Mehrheitsbeteiligung aus, was zurFolge habe, daß der erforderliche Ka-pitaleinsatz für diese Investition aufrund die Hälfte des Wertes des zu inte-grierenden Unternehmens reduziertwird. "Externes Wachstum ist unter die-sen Prämissen die billigere Variante desUnternehmenswachstums". Durch die-se wird die Wirtschaftskonzentration inForm des externen Unternehmens-wachstums gefördert, könnten doch die-se verbilligten Investitionen bei inter-nem Wachstum nur über den vollen(Markt-) Preis durchgeführt werden.

Unter Zitierung Immengas (1) wirdzur Therapie dieser konzentrations-fördernden Wirkung des Konzernrechtseine angemessene Leistung an die Ak-tionäre gefordert. Diese Leistung wärenur dann angemessen, wenn ihrer Be-

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messung der volle Wert der gesell-schaftsrechtlichen Beteiligung unter Be-rücksichtigung der wirklichen Vermö-genslage und des Ertragswertes zu-grundeläge. Dieser "richtige Preis wäreim Interesse der Aktionäre und derWirtschaftsver -fassung".

Auf die Frage, wie denn dieser "rich-tige Preis" zu ermitteln wäre, gehtHerkenroth im Zusammenhang nichtweiter ein. Ginge man jedoch nach derKapitalmarkttheorie davon aus, daß derBörsekurs den Marktwert eines notier-ten Unternehmens ausdrückt, undweiters von der von Herkenroth zu-grundegelegten These eines Konzern-effekts aus, daß ein Unternehmen überdie einfache Mehrheitsbeherrschungmit z.B. 50,1% faktisch zur Hälfte sei-nes Wertes erworben wird und logischweitergeführt im Falle einer Publikums-Aktiengesellschaft, welche allenfallsschon mit 33,33% beherrscht werdenkönnte und daher schon um ein Drittelseines Wertes erworben werden kann,so müßte danach der geforderte "rich-tige Preis im Interesse der Aktionäreund der Wirtschaftsverfassung" beimdoppelten bzw. dreifachen Kurswertoder beim doppelten oder dreifachenetc. Verschmelzungswert liegen.

Der "Konzerneffekt" eineEnteignung?

Unter Hinweis auf die "Ambivalenzvon Konzernierungsprozessen" relati-viert Herkenroth scheinbar seine bisdahin mit Immenga wie oben argumen-tierende Position, da er einräumt, daßmögliche Verbesserungen derEig e nka pita Ibesch affu ng sm ög Iich-keiten nur einen Teil der Überlegungeneiner Konzernmuttergesellschaft anläß-Iich der Übernahme eines anderen Un-ternehmens bilden, und argumentiertsodann, die These Immengas' von der"Zurechnung unternehmerischer Res-

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sourcen unter ihrem Wert" ließe außeracht, daß aus der Zusammenfassungvon Unternehmen auch synergetischeEffekte resultieren könnten.

Diese Relativierung seiner Positionändert aber keineswegs Herkenrothsgrundsätzliche Konzeption einer not-wendigen Beteiligung von Aktionärenan dem wie vorhin definierten "Konzern-effekt", sondern dient offenbar der Er-öffnung einer weiteren Argumentations-linie, da er sichtlich eine weitere Vari-ante, den sogenannten "positivenKonzerneffekt" annimmt, und auch indiesem Zusammenhang eine Beteili-gung außenstehender Aktionäre, dies-mal an den Synergieeffekten verbun-dener Unternehmen, fordert. Diese For-derung leitet Herkenroth einerseits ausder Überlegung ab, eine Aktie sichereihrem Eigentümer einen Anteil an denaggre-gierten Ressourcen einer Aktien-gesellschaft, und zweitens daraus, daßam Prozeß der Wertschöpfung durchUnternehmenszusammenschlüsse bei-de verbundenen Unternehmen beteiligtsind.

Für die weitere Analyse ist nunmehrfestzuhalten, daß Herkenroth aus derkonzentrationspolitisch begründetenForderung Immengas nach einem "rich-tigen Preis" (!), der für Unternehmens-übernahmen anstelle des Marktpreisesals Instrument herangezogen werdensoll, um konzentrationspolitisch uner-wünschte Effekte auszugleichen, dieTatsache des Vorliegens der Enteig-nung von Minderheitsaktionären ablei-tet. Unklar bleibt in diesem Zusammen-hang seine Forderung nach einer Be-teiligung an den "positiven Konzern-effekten".

Seine These von den Eigentumsrech-ten an den Unternehmensressourcenleitet Herkenroth aus dem weiteneigentumstheoretischen Begriff derProperty-Rights-Theorie und deren Ver-ständnis des Unternehmens, welchesselbst einen Markt darstellt und daherohne das Konzept eines Eigentümers

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von Unternehmen (im Sinne der "orga-nisierten Erwerbsgelegenheit") aus-kommt.

Nach dem traditionellen juristischenEigentumsbegriff ist Eigentümer derRessourcen einer Aktiengesellschaftjedenfalls die juristische Person Aktien-gesellschaft und der Aktionär auch keinMiteigentümer. Auch im österreichi-schen Aktienrecht findet diese zitierteKonzeption keine Grundlage, da dieAktie als Wertpapier gilt, die einen An-teil am Grundkapital und Mitglied-schaftsrechte sowie Vermögensrechteverkörpert (Gewinnanspruch, Anspruchauf Liquidationserlös), aber keinesfallseinen direkten Anteil an irgendeiner derRessourcen des Unternehmens einerAG vermittelt.

Nach dieser Grundlegung wäre nachAnsicht Herkenroths nur mehr die Prü-fung der Frage entscheidend, "wem derKonzerneffekt zuzurechnen sei", da esunter dem Gesichtspunkt einer effekti-ven Allokation von Ressourcen nichtnur darum ginge, wie Minderheitsaktio-näre vor Expropriationen geschütztwerden können (hier beruft er sich for-mal auf Kirchner und zitiert dessenAusführungen) (2), sondern auch dar-um, wie die verschiedenen Aktionärs-gruppen an den Konzerneffekten einesUnterneh menszusa mmensch Iussespartizipieren sollten.

Konzernverbund alsvorherrschende Unternehmensform

in Deutschland

Zu Beginn seiner Darstellung der"Konzernierungsprozesse als Rege-lungsgegenstand des Gesellschafts-rechts" (Überschrift zum I.Teil), stelltHerkenroth unter Zitierung des "AGReports 1991" fest, daß "heute ... mehrals zwei Drittel der deutschen Aktien-gesellschaften in irgendeiner Weise

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konzernverbunden ...sind", und zitiertweiters eine Studie Ordelheides aufBasis einer Zufallsstichprobe deutscherAktiengesellschaften aus dem Jahre1986, nach welcher der Anteil derMehrheitsgesellschaften bei rund 76%lag und dessen Schlußfolgerung, daßdie Aktiengesellschaft als autonomesUnternehmen der Vergangenheit ange-hört. Nach einem in der "FAZ" vom24.2.1997 veröffentlichten Hinweis aufeine empirische Studie über börse-notierten Aktiengesellschaften lag üb-rigens der Anteil konzernverbundenerdeutscher Aktiengesellschaften im Jah-re 1993 bei nahezu 97%, bezogen aufdas Grundkapital waren es sogar98,8%.

Geht man von dieser Organisations-struktur aus (und nimmt man, auf-grund der zunehmenden Wirtschafts-konzentration, eine tendenziell mög-liche analoge Entwicklung derMehrheitsbeherrschung an), so stelltsich die grundlegende Frage nach derZweckmäßigkeit des Herkenroth-schen Vorschlages, die deutschenMinderheitsaktionäre in der Phase un-mittelbar vor der Konzernierung zuschützen. Wäre doch der Schutz au-ßenstehender Aktionäre in der Phasevor einer Konzernierung prinzipiell nurdann sinnvoilI, wenn die Aktiengesell-schaften noch nicht konzern-verbunden wären. Wenn nämlich dieMinderheitsaktionäre, was Herkenrothvertritt, grundsätzlich nur in der Pha-se vor der Kontrollübernahme, zuBeginn des Konzernierungsprozessesgeschützt werden könnten, die Kon-zernierung deutscher Aktiengesell-schaften, wie obige Daten zeigen, fak-tisch jedoch bereits vollendet ist, sostellt sich die Frage, was in diesemFall der Schutz vor Beginn der Kon-zernierung überhaupt soll? Alternativstellt sich dazu die Frage, wieweit die-se Herken-rothsche Argumentationnicht ein Vehikel für völlig andere In-teressen ist?

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Die Regelungen in Deutschland,England, den USA und der EU

Der II.Teil der Untersuchung hat, soHerkenroth, die unterschiedlichenRegelungskonzeptionen in den ange-führten Staaten und der "13. EU-Richt-linie auf dem Gebiete des Gesell-schaftsrechts über Übernahme" zumGegenstand. Eine generelle Darstellungvon Übernahmeregelungen als gesell-schaftsrechtliche Regelungskon-zeptionen ist allerdings insofern mißver-ständlich, als die beschriebenenÜbernahmeregelungen nur zum gerin-geren Teil Normen des Gesellschafts-rechtes sind. Sie gehören fast aus-schließlich zum Kapitalmarktrecht. Au-ßerdem beruhen manche Übernahme-regelungen auf freiwilligen Vereinbarun-gen beteiligter Interessengruppen ohnegesetzliche Grundlage oder auf Emp-fehlungen von Sachverständigen.Herkenroth scheint im Zusammenhangzwar auch das Konzernrecht zu meinen,zieht aber keine scharfe Grenze zumÜbernahmerecht, möglicherweise des-halb, weil erfüreine gesellschaftsrecht-liche Regelung plädiert.

Beispielsweise ist die britischen Re-gelung des "City Code on Take-oversand Mergers" eine freiwillige Vereinba-rung der "Institutionen des Wertpapier-handels" der Londoner City und enthältder britische Company Act vergleichs-weise wenige Normen, die im Falle vonÜbernahmen anzuwenden sind.

Auch die US-amerikanischen Vor-schriften des SEA (Security ExchangeAct 1934) samt seiner Ergänzung durchden "Williams Act" in der Fassung aus1968, wodurch Vorschriften betreffendÜbernahmeangebote in Form von "Ten-der Offers" erlassen wurden, beruhennicht auf US-Gesellschaftsrecht, son-dern auf Kapitalmarktrecht, was sichschon daraus ergibt, daß der US-Bundkeine Kompetenz zur Erlassung gesell-schaftsrechtlicher Regelungen hat.

Ähnliches gilt für die Leitsätze der

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Börsensachverständigenkommissionbeim deutschen Bundesfinanzministe-rium. Sie sind reine Empfehlungen ohneRechtscharakter, wie Herkenroth be-dauernd meint. Wenn er aber ausführt,daß die von der Börsensachverstän-digenkommission aufgestellten Verhal-tensregeln kaum Anwendung finden, sostellt sich die Frage, inwieweit dieseLeitsätze den Interessen der "Institutio-nen des deutschen Wertpapierhandels"Rechnung tragen und wieweit sie aufGrund der Strukturen und Bedingungender deutschen "Märkte für Unter-nehmenskontrolle" überhaupt anwend-bar sind.

Grundsätzlich stellt sich das Problem,warum es zweckmäßig sein soll, Ka-pitalmarktnormen und Fusionskontroll-recht als Gesellschaftsrecht zu veran-kern. Herkenroth geht nicht auf die Hin-tergründe der genannten Kapitalmarkt-regelungen ein. Das ist bedauerlich,weil damit die realen Interessenlagenverschleiert werden. Im übrigen istwohl nicht anzunehmen, daß Kapital-marktregelungen der "Allokations-effizienz" oder "Gerechtigkeitsvor-stellungen" dienen, wie Herkenroth imZusammenhang mit dem Pakethandel( S. 38 ) meint.

Konzernierungsprozesse undGesellschaftsrecht

Als Konzernierungsprozesse siehtHerkenroth grundsätzlich den Vorgangder Entstehung von Unternehmens-verbindungen unter der Bedingung derMehrheitsbeherrschung. Konzernie-rungsprozesse laufen - nach deut-schem Konzernrecht - idealtypisch inmehreren Phasen ab:

1. Phase: Mehrheitserwerb;2. Phase: Ausübung der Mehrheits-

herrschaft durch gelegentliche Einfluß-nahme oder in gesteigerter Form durchfaktische Konzernierung;

3. Phase: Vertragliche Absicherung

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der Herrschaft (Vertragskonzern);4. Phase: Fusion, übertragende Um-

wandlung oder Eingliederung.Entscheidend ist aber die Phase des

Mehrheitserwerbs,der durch sukzessi-ve Aktienkäufe, Paketkäufe oder Über-nahmeangebote gekennzeichnet ist.Die Schwächen der deutschen Rege-lung beschreibt Herkenroth damit, daßgemäß §20 dAktG lediglich Mitteilungs-pflichten bei Überschreiten der 25%-bzw. 50%-Beteiligungen normiert sind,aber keine Informationspflicht der Ak-tionäre einer "Zielgesellschaft" hinsicht-lich der Absichten eines Erwerbers be-steht und damit andere potentieller Bie-ter nicht auf den beginnenden Konzer-nierungsvorgang aufmerksam gemachtwerden. Daher könnten Aktionäre nichtam Konzerneffekt partizipieren, denHerkenroth in diesem Zusammenhangoffenbar als "Kurssteigerungseffekt"sieht.

Deutsches Konzernrecht undMinderheitsaktionäre

Anders als die Konzernregelung desösterreichischen Aktiengesetzes (undanders als das RLG 1996) geht dasdeutsche Aktiengesetz vom Tatbestandder "verbundenen Unternehmen" aus.Dieser umschreibt "verbundene Unter-nehmen" entweder als in Mehrheitsbe-sitz stehende oder mit Mehrheit betei-ligte Unternehmen, als abhängige undherrschende Unternehmen, sowie alsKonzernunternehmen wie wechselsei-tig beteiligte Unternehmen oder alsVertragsteile eines Unternehmens-vertrages.

Angelpunkt des deutschen Konzern-rechts sind die Unternehmensverträgenach den Bestimmungen des § 291dAktG. Diese können entweder als Be-herrschungsverträge (die Unterstellungeiner Aktiengesellschaft unter einheit-liche Leitung eines anderen Unterneh-mens), als Gewinnabführungsverträge

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oder als Unternehmensführungsverträ-ge konzipiert sein. Erst durch den Ab-schluß solcher Unternehmensverträgeentsteht ein Vertragskonzern. ErstUnternehmensverträge haben zur Fol-ge, daß Minderheitenschutzbestim-mungen greifen sowie allfällige Verlu-ste bei abhängigen Unternehmen aus-zugleichen sind und außenstehendeAktionäre im Falle von Gewinnabfüh-rungsverträgen wiederkehrende ange-messene Geldleistungen erhalten müs-sen. Überdies müssen Beherr-schungs-wie Gewinnabführungsverträge gemäߧ 305 dAktG vertragliche Verpflichtun-gen zur angemessenen Abfindung vonMinderheitsaktionäre enthalten, sofernediese eine Abfindung verlangen.

Diese Schutzbestimmungen geltenaber nicht für sogenannte faktischeKonzerne. Das sind Konzerne, die zumBeispiel auf Kapitalbeteiligungen ohneUnternehmensvertrag beruhen, selbstwenn der Fall der Abhängigkeit vorliegt.Diese Form des Konzerns stellt denweitaus größten Anteil an verbundenenUnternehmen in Deutschland. Im Falldes Nichtbestehens eines Unterneh-mensvertrages normiert § 311 dAktGeinen nur eingeschränkten Schutz vonMinderheitsaktionären und darf ein herr-schendes Unternehmen seinen Einflußnicht zum Nachteil des abhängigenUnternehmens benutzen, es sei denn,dieser Nachteil wird ausgeglichen.

Herkenroth argumentiert nun zu die-ser Regelung, daß der Schutz der au-ßenstehenden Aktionäre durch § 311dAktG "nach überwiegender Meinung"nicht gewährleistet sei und begründetdas mit dem kaum operablen Nach-teilausgleichsmechanismus und denSchwierigkeiten der Nachteilsermitt-lung. Im Falle konzerninterner Rechts-geschäfte seien Preisvergleiche selbstbei Existenz von Marktpreisen nurschwer durchführbar und "werden ...richtige Preise konzerninterner Leistun-gen .. kaum zuverlässig zu ermittelnsein". Der Abhängigkeitsbericht, wel-

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eher der Sicherung des Ausgleichsver-fahrens dienen soll, leide unter den glei-chen Problemen wie die Nachteilsaus-gleichsermittlung. Diese Defizite seienobjektiver Natur, die selbst bei Kennt-nis aller Sachverhaltselement bei be-stem Willen nicht bewältigt werdenkönnten.

Zum Ausgleichs- und Abfindungs-instrumentarium im Falle des Vorlie-gens von Unternehmensverträgenmeint Herkenroth, im allgemeinen wür-de als Grundlage für Ausgleich undAbfindungen der volle Wert der Beteili-gungen herangezogen. Die Schwierig-keit liege aber in der Ermittlung ebendes vollen Wertes. In diesem Zusam-menhang wird an die ArgumentationHerkenroths zugunsten eines Aus-gleichs zum vollen Wert einer Beteili-gung außenstehender Aktionäre imFalle des "Konzerneffekts unterMehrheitsbedingungen" erinnert. Wäh-rend er im Falle seiner "Konzerneffekte"offenbar keine Probleme bei der Ermitt-lung des vollen Wertes der Unter-nehmensbeteiligungen sieht, argumen-tiert er gegen das Konzept der im deut-schen Aktiengesetz vorgesehenenAbfindungs- und Ausgleichsregelungenbei Unternehmensverträgen mit ebendiesen Schwierigkeiten der Ermittlungdes vollen Wertes.

Zur weiteren Kritik am "unzureichen-den Minderheitschutz" der Konzern-rechtsbestimmungen des deutschenAktG zieht Herkenroth die Audi/NSU-Entscheidung des BGH heran. Im Ge-genstand ging es darum, ob im Falleeines Übernahmeangebots einem be-reits abgefundenen Aktionär aufgrundder aktienrechtlichen Treuepflicht einSchadenersatzanspruch zustehe, wennspäter ein anderer Aktionär vom Erwer-ber aufgrund von Verhandlungen einehöhere Abfindung erhält, was der BGHim Zusammenhang verneint hat. Wieimmer man auch die Entscheidung unddie Auslegung des Grundsatzes vonTreu und Glauben durch den BGH be-

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urteilt, so ist das vorerst kein Argumentdafür, daß eine gesellschaftsrechtlicheRegelung eines Übernahmerechtesnotwendig wäre.

US-amerikanisches Konzernrechtund Take-over-Regelungen

Nach der einleitenden Feststellung,das US-Gesellschaftsrecht kenne kei-ne zusammenhängende und umfassen-de Regelung des Konzernphänomens,und der Erkenntnis, es gäbe keine ko-difizierten Regeln zur Beurteilung desSpielraums von Mehrheitsaktionärengegenüber den Minderheitsaktionären- was allerdings Konsequenz der zen-tralen Rolle der Rechtsprechung imUS-amerikanischen Rechtssystem undder gesellschaftsrechtlichen Treue-pflicht (Fiduciary Duties) ist -, ziehtHerkenroth zusammenfassend denSchluß, das Fallrecht - das von ihmanhand konkreter Beispiele eingehenddargestellt wird - sei in bezug auf denSchutz der Minderheit gegen Enteig-nungen durch die Mehrheit oder durchdas Management (!) außerordentlichleistungsfähig, und zwar wegen derdurch konkrete Fallgruppen entwickel-ten Schadenersatz-, Abfindungs- undUntertassungsansprüche. Auch wird, soHerkenroth weiter, "Konzentrations-impulsen, die aus der unzureichendenSicherung der Eigentumsrechte derMinderheitsaktionäre resultieren kön-nen, damit wirksamer entgegengewirkt,als dies im deutschen Konzernrecht derFall ist."

Bei seiner Analyse des "WilliamsAct", der im wesentlichen Regelungenüber den Aktienerwerb und Sonderbe-stimmungen im Falle von "TenderOffers" (3) enthält, zieht Herkenroth denSchluß, daß dieser zweifellos demSchutz der Aktionäre von Ziel-gesellschaften gegen feindliche Über-nahmen dient und durch umfangreicheInformations- und Publizitätspflichten

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verhindern soll, daß Aktionäre ihre Ent-scheidungen unter Zeitdruck oder ohneausreichende Informationen treffen.

Die Nachteile der Regelungen desWilliams Act sieht Herkenroth vor al-lem darin, daß "Tender Offers" nichtdefiniert werden und so die Ausle.~ungden Gerichten überlassen wird. Uber-haupt meint er, wäre die Einschaltungder Rechtsprechung im Falle von Take-overs unter dem Gesichtspunkt derTransaktionskosten eine zu aufwendi-ge Lösung. Er spricht sich deshalbgrundsätzlich gegen die US-amerikani-sche Konzeption aus, die Höhe des An-teilserwerbs der freien Entscheidungeines Erwerbers zu überlassen, undsieht in der Zulässigkeit vonVerteidigungsmaßnahmen des Mana-gements, selbst im besten Interesse desUnternehmens bzw. seiner Aktionäre,ein zentrales Problem. Nach MeinungHerkenroths bleibe nämlich offen, wie-weit hier Eigeninteressen des Manage-ments eine Rolle spielen und fehlge-schlagene Übernahmeangebote dieAktionäre um die Möglichkeit bringen,ihre Anteile zu Preisen zu veräußern,die regelmäßig über ihrem aktuellenMarktwert liegen. Der "richtige"Herkenrothsche Preis zum Ausgleichder Konzerneffekte wäre nunmehr de-finiert.

Britischer "Companies Act" und"City Code on Take-overs and

Mergers"

Herkenroth charakterisiert die "Ver-hinderung der Entstehung vonMinderheitspositionen" als Wesens-merkmal des britischen Gesellschafts-rechts, welches ebenso wie das US-amerikanische keine zusammenhän-gende Konzernrechtsregelung kenne.Der Grundsatz der Mehrheitsherrschaftwerde nur durch gesellschaftsrechtlicheTreuepflichten beschränkt. Minderheits-aktionäre könnten im Falle einer

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Mehrheitsübernahme ausgeschlossenwerden oder die Übernahme ihrer An-teile verlangen. Dazu führt er die Be-stimmungen von Section 428 und 430BCompanies Act an, welche allerdingsnur dann wirksam werden, wenn imFalle einer Übernahme bereits 90% derAnteile der Zielgesellschaft erworbenwurden. Überdies könnten Aktionäre miteinem 15% Aktienanteil Rechtsschutzgegen Beschlüsse in Anspruch nehmenund ebenso Minderheitsgesellschafter,wenn die Gesellschaft so geleitet wird,daß ihre Interessen unangemessenbenachteiligt werden. Daher entstehenschwierige Bewertungsfragen, habedoch das Gericht zu prüfen, in welcherLage die Gesellschaft ohne Beherr-schung durch eine Muttergesellschaftwäre. Nach dieser Darstellung bleibtvorerst unschlüssig, warum das briti-sche Gesellschaftsrecht die Entstehungvon Mehrheitspositionen verhindernsoll.

"Companies Act" und "Rules Gover-ning Substantial Acquisitions of Shares"(SARL-Bestimmungen, die gegen"dawn raids" erlassen wurden, welcheunter 30% blieben) statuieren zwar be-stimmte Veröffentlichungspflichten undauch Informationsrechte, wie z.B.Section 212 Companies Act, jedoch ste-he der "City Code on Take-overs andMergers", das freiwillige Übereinkom-men der den Wertpapierhandel betrei-benden Institutionen der Londoner City,im Mittelpunkt. Dieser "City Code" fin-det grundsätzlich auf alle Übernahme-angebote Anwendung, deren Ziele bri-tische "Public Companies" sind, unab-hängig davon, ob ihre Anteile börsen-notiert sind oder nicht. Die Einhaltungseiner Vorschriften wird durch ein "Pa-nel" überwacht, dem Vertreter der In-stitutionen des Wertpapierhandels derCity angehören. Als Sanktions-mechanismus steht diesem formal zwarnur ein öffentlicher Tadel zur Verfügungoder der Vorschlag an die LondonerBörse bzw. das Department of Trade,

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dem Übertreter die Berechtigung zurTeilnahme am Börsehandel zu entzie-hen, dennoch steht seine faktischeWirksamkeit außer Diskussion.

Nun geht Herkenroth grundsätzlich(vgl. S. 38) davon aus, daß der Zweckvon Übernahmeregelungen die Verhin-derung unerwünschter wirtschaftlicherKonzentrationseffekte, Gerechtigkeits-(Gleichbehandlung der Aktionäre) oderAllokationsgesichtspunkte sind. EineLösung nach dem Muster des britischen"City Codes" wäre für ihn daher die be-ste Lösung auch für das deutsche Ge-seIlschaftsrecht. Daher erscheint eszweckmäßig, vorerst Ursachen und Be-dingungen der Entstehung des Londo-ner "City Codes on Takeovers andMergers" näher zu betrachten.

Der "City Code" und derLondoner "Aluminiumkrieg"

Der "City Code on Take-overs andMergers" geht auf die "Notes on Amal-gamation of British Business" zurückund erhielt erst nach mehreren Refor-men seine heutige Ausprägung. DieGrundlagen wurden von einer Arbeits-gruppe geschaffen, die im Jahre 1959vom Governeur der Bank von Englandaufgrund erbitterter Auseinandersetzun-gen innerhalb der Institutionen der Lon-doner City eingesetzt wurde.

1959 war das Jahr des "Alumi-niumkriegs" in der Londoner City. Aus-löser dieses Aluminiumkriegs war dieerste feindliche Übernahme in Großbri-tannien, und zwar des Unternehmens"British Aluminium", dessen Top-Mana-gement von zwei typischen Vertreterndes britischen Establishments gestelltwurde. Eine Fehlinvestition bei einerausländischen Tochtergesellschaft hat-te innerhalb relativ kurzer Zeit zu einemKursrückgang von 80 auf 37 Shilling jeAktie geführt. Ein "City-Merchant-

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banker", der vom Establishment alsNewcomer angesehen wurde, sah auf-grund dieser Sachlage in "British Alu-minium" einen potentiellen Übernahme-kandidaten und zwar nach erfolgreicherIdentifizierung geeigneter Bieter, weI-che der Merchant - Banker im US-Alu-miniumproduzenten Reynolds fand, dergemeinsam mit dem britischen Stahl-hersteller "Tube Investments" an derUnternehmensübernahme interessiertwar. Mit Unterstützung durch die Chase-Manhattan-Bank wurde dem Manage-ment von "British Aluminium" einfreundschaftlicher Deal vorgeschlagen.Für 78 Shilling je Aktie sollte jenes Ak-tienpaket, das im Besitz der "manage-mentnahen Aktionärsgruppe" war, andie "Newcomer-Gruppe" abgetretenwerden. Das Management von "BritishAluminium" lehnte ab. Es suchte dieUnterstützung befreundeter City-Ban-ker, nachdem ihm laufende Börsenauf-käufe von Aktien seines Unternehmensbekanntgeworden waren. Zur Finanzie-rung eines Gegenangriffs und Entmuti-gung der Angreifer wurde ein Teil des"managementnahen Aktienpakets" aneinen Reynolds-Konkurrenten, den US-Aluminiummulti Alcoa, verkauft, umden Preis von nur 60 Schilling je Aktie,und damit wesentlich unter dem Preisdes Angebots der freundlichen Über-nahme. Die umgehende Gegenreaktionder "Newcomer-Gruppe" erfolgte in derdamals in England neuen Form einesöffentlichen Übernahmeangebots überAnzeigen in den englischen Tageszei-tungen. Für jede Aktie von "British Alu-minium" wurde der Preis von 78 Shil-ling geboten.

In der Folge überboten Angreifer undVerteidiger gegenseitig ihre Aufkaufs-preise, so daß die Notierung weit überden alten, vor der Fehlinvestition be-stehenden Börsekurs von 80 Schillingje Aktie stieg. Nun stießen auch die in-stitutionellen Anleger ihre Aktienpake-te ab. Trotz Unterstützung des "British-Aluminium -Establishments" durch die

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City-Akzeptbanken erlangte die "New-comer-Gruppe" schließlich die Kontroll-mehrheit und ging als Sieger aus die-ser mit Erbitterung geführten Ausein-andersetzung hervor; allerdings um denPreis tiefer Gräben in der City und ei-ner noch tieferen Verunsicherung nichtnur des britischen Managements, son-dern vor allem des "Establishments",dessen Angehörige bis dahin die Kon-trolle britischer Unternehmen konkur-renzlos ausüben konnten.

Eine Initiative der Bank von Englandlöste schließlich den Konflikt. Eine Ar-beitsgruppe der maßgeblichen Vertre-ter von führenden Institutionen "derCity" wurde eingesetzt, die Wohlver-haltensregeln für "Take-overs andMergers" festlegten: den "City Code".

Berücksichtigt man die damaligenVorgänge, die Entwicklung der Über-nahmen in England, die von der Domi-nanz institutioneller Anleger geprägtenbritischen Kapitalgesellschaften und dieInteressen der "Institutionen der Londo-ner City" am Geschäftsfeld "Übernah-men", so wird die Funktion des briti-schen "City Code on Take-overs andMergers" deutlich sichtbar: einerseitsInformationsfunktion für Bieter,"Financial Advisers", Aktionäre und Ma-nagement, andererseits Mindestpreis-regelung mit Pflichtübernahmen, unddamit Interessenausgleichsmecha-nismus der Institutionen der LondonerCity. Damit kommt man zum Ergebnis,daß der "City Code on Take-overs andMergers" sicherlich als Instrument zurWahrnehmung der Interessen der Insti-tutionen des Wertpapierhandels derLondoner City anzusehen ist. DerZweck: Vermeidung unkontrollierterÜbernahmekämpfe durch rechtzeitigeInformation und Publizität zur Kontrol-le des lukrativen Marktes für Unter-nehmensübernahmen, die 1982 durchdie "Rules Governing SubstantialAcquisitions of Shares" (SARs) als In-strument gegen "dawn raids" ergänztwurde.

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Die Regelungen des "City Code onTake-overs and Mergers"

Bieter wie Zielgesellschaften verein-baren umfangreiche gegenseitigeInformationspflichten (Absichten desBieters betreffend die Zielgesellschaftund ihre Beschäftigten, Finanzlage desBieters, Verfügbarkeit von Bargeld, Artder Finanzierung der Übernahme, Be-teiligungen des Bieters und Personen"acting in concert", allfällige Vereinba-rungen mit den Direktoren der Ziel-gesellschaft etc.) sowie eine strikteGeheimhaltungsverpflichtun~ vor öf-fentlicher Ankündigung eines Ubernah-meangebots. Überdies sind Zeitvor-gabe!:! einzuhalten (Veröffentlichungdes Ubernahmeangebots binnen 28Tage nach seiner Ankündigung, Antwortder Zielgesellschaft binnen 14 Tagen,Widerrufsmöglichkeit verkaufenderAktionäre binnen 21 Tagen, Bezahlungnach bindender Wirkung des Übernah-meangebots binnen 21 Tagen). Weiterssind (Principle 1 des City Code) alleAktionäre gleich zu behandeln, waskonkret bedeutet, daß ein gleicher Preisfür alle Aktien zu entrichten ist, der nichtgeringer sein darf als der höchste in-nerhalb der letzten 12 Monate gezahl-te Preis. Erwirbt ein Bieter eine Beteili-gung von mehr als 30%, so ist er zueinem Anbot zum Erwerb aller weite-ren Aktien verpflichtet. Kurz zu sam-mengefaßt, scheint mit dem "City Code"eine Art Marktordnung samtMindestpreisregelung für Aktien vorzu-liegen.

EU-Gesellschaftsrecht undÜbernahmeangebote

Grundlage des "13. EG-Richtlinien-vorschlags auf dem Gebiete desGesellschaftsrechts betreffend Über-nahmeangebote" war ein Bericht "Take-overs and Other Bids" aus dem Jahre1974 des britischen Special Advisor of

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the EEC, Robert R. Pennington. Die-ser ging bei seinem Vorschlag, wie des-sen Strukturmerkmalen zu entnehmenist, vom Konzept des britischen "Citygode of Take-overs and Mergers" aus.Uber verpflichtende EU-Richtlinien soll-ten diese Vorstellungen in nationalesGesellschaftsrecht umgegossen wer-den, trafen aber auf massiven Wider-stand der kontinentaleuropäischer EU-Mitgliedstaaten. Nach dem letzten Ent-wurf aus 1996 soll diese 13. Richtlinienicht mehr als zwingendes Recht, wiebisherige Richtlinien, sondern als "softlaw" in Geltung gesetzt werden. Weiterssoll ihre Geltung lediglich jene Wertpa-piere erfassen, welche ganz oder teil-weise zum Handel auf Wertpapierbör-sen der Gemeinschaft zugelassen sindund sollen nur jene Handlungen verbo-ten sein, die nachweislich ein Hemm-nis für den Erfolg von Übernahmensind.

Die City-Interessen konnten aller-dings auch auf EU-Ebene durchgesetztwerden, denn nicht zufällig legt unteranderem sowohl der alte Artikel 6 wieder nun vorliegende überarbeitete Ent-wurf zum 13. Richtlinienvorschlag inArt. 4 Abs 1 ausdrücklich fest, daß auch"Vereinigungen oder privaten Stellen"die Funktion eines staatlichen Aufsicht-<?organszur Kontrolle der Einhaltung vonUbernahmenregelungen übertragenwerden können.

Die ökonomischen Grundlageneines Übernahmerechts

Die Theorien zur Rechtfertigungfeindlicher Übernahmen (Pro- Take-over-Standpunkte), auf welche sichHerkenroth stützt, gehen von der Tren-nung von Eigentum und Kontrolle immodernen Großunternehmen aus. Die-se bewirke grundsätzlich - dazu wirdAdam Smith zitiert - daß management-kontrollierte Unternehmen nicht im In-teresse ihrer Eigentümer, der Aktionä-

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re, geführt werden und daher das Ma-nagement solcher Unternehmen grund-sätzlich ineffizient wäre. Manager ha-ben, so etwa die "Managerial School",ein stärkeres Interesse am Unter-nehmenswachstum als an der Maximie-rung der Aktionärsrendite und überdieseine Präferenz für die Gewinnthe-saurierung. Maßstab für die Qualitäteines Managements wäre der Aktien-kurs einer Gesellschaft, der sinkt, wenndie Qualität eines Managements nach-lasse.

Feindliche Unternehmensübernah-men wären daher zur Disziplinierungeines ineffizienten Managements not-wendig. Dazu diene der Markt für Unter-nehmenskontrolle. Mittels feindlicherÜbernahmen kann das leistungsschwa-che Management einer Zielgesellschaftdurch ein neues, effizienteres Manage-ment ersetzt werden. Das Aktionärs-stimmrecht wäre der Mechanismus desMarktes für Unternehmenskontrolle undwürde damit die Aktionäre in ihre Rech-te als Eigentümer wiedereinsetzen.Verteidigungsmaßnahmen des Mana-gements werden abgelehnt, weil da-durch das Stimmrecht der Aktionäreverwässert wird, auch wenn solche imInteresse (z.B. im Falle eines "sharks")des bestehenden Untemehmens wären.Herkenroth, der von einem uner-wünschten konzentrationspolitischenEffekt und der Vermeidung einer Ent-eignung von Minderheitsaktionären imFalle der Konzernierung ausgeht unddaher eine richtige Aufteilung vonKonzerneffekten an alle Aktionäre for-dert, stellt vorerst die Vor- und Nach-teile der Aufteilung von Konzern-effekten einander gegenüber: "Werdendie außenstehenden Aktionäre übermä-ßig an den Synergie-Gewinnen betei-ligt, sinkt der Anreiz zur Realisierungdieser Verbundvorteile, und es kann zuEffizienzverlusten kommen. Ist ihr An-teil hingegen zu gering, dann wird zu-nehmend zweifelhaft, ob der Konzen-trationseffekt durch hinreichende

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Effizienzvorteile aufgewogen wird".Herkenroth erkennt, wohl zu Recht, daßdie "eigentliche Schwierigkeit in der Ent-wicklung eines Verteilungsmaßstabes...Iiegt". Zum Problem seines Vertei-lungsmaßstabes meint Herkenroth vor-erst grundsätzlich, und zwar unter Zi-tierung von Nonnemacher, Kirchner,Dirrigl und Carney (vgl. dazu Anm. 6,S. 298): "Eine Regel zur Aufteilung desVerbundnutzens läßt sich logisch nichtbegründen, da der Verbundnutzen nurdurch das Zusammenwirken der beidenParteien zustandekommt und eine Zu-rechnung nach dem Verur-sacherprinzip nicht möglich ist."

Trotz dieser Feststellung übernimmter nun Versuche, dennoch "Kriterien zurAufteilung von Konzerneffekten" zuentwickeln und überdies Erkenntnissezu gewinnen, wie die richtige Aufteilungvon Konzerneffekten praktisch umge-setzt werden könnte. Zu diesem Zweckmacht er "sich die in der US-amerika-nischen Literatur entwickelten Ansätzezunutze, in denen, "nach seiner Auffas-sung," die wesentlichen Fragestellun-gen der Problematik bereits formuliertund diskutiert worden sind." Dazu ziehter die theoretischen Grundelementeund Argumentationen der Manne -Schule (u.a. Easterbrook, Fischei) her-an, die er im wesentlichen anhand derProperty-Rights-Theorie (z.B. R.Coase:sind Eigentumsrechte an vorhandenenRessourcen eindeutig festgelegt undfrei übertragbar, werden Ressourcenautomatisch ihrer effizientesten Nut-zung zugeführt, wenn keine Trans-aktionskosten bestehen) prüft und kriti-siert.

Herkenroth stützt sich damit jeden-falls einseitig auf jene Thesen, welcheeinen "Pro-Take-over Standpunkt" ver-treten und von der generellen Behaup-tung wirtschaftlicher Effizienzgewinnendurch Übernahmen ausgehen. DiesenStandpunkt nehmen vor allem Anhän-ger der neoklassischen Wirtschafts-theorie ein. Obgleich alle Vertreter des

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"Pro- Take-over-Standpunkts" für dieZweckmäßigkeit feindlicher Übernah-men plädieren, artikulieren sie in bezugauf die "Aneignung von Verbund-effekten" durchaus gegensätzliche In-teressen. Die Manne-Schule gehtgrundsätzlich von der notwendigen An-eignung der Verbundeffekte durch denKontrollübernehmer aus und meint, dieAneignung der Verbundeffekte durchden Erwerber wäre als Anreiz zu Unter-nehmensübernahmen und damit zu ei-ner effizienten Kontrolle des Manage-ments nötig. Außenstehende Aktionä-re wären lediglich Trittbrettfahrer.

Dagegen treten u.a. die Vertreter derProperty-Rights-Theorie, wie z.B.Ronald Coase, aufgrund der Auffas-sung, daß gesellschaftsrechtliche Mehr-heitsprinzip führe zu einer Verdünnungder Eigentumsrechte von Minderheits-aktionären und die Aneignung derVerbundeffekte durch den Mehrheitsak-tionär wäre daher eine Enteignung,wenn auch die Rechte von Minderheits-aktionären formal unangetastet bleiben,für die "Aneignung der Verbundeffekte"durch alle Aktionäre ein. Unter ZitierungBebchuks argumentiert Herkenrothu.a., die konsequente Fortentwicklungdes Auschlusses der Aktionäre der Ziel-gesellschaft von Verbundeffekten wäreein faktische Enteignung, und meintzum Argument von Fischel/Easter-brook, wonach die Beteiligung außen-stehender Aktionäre an Verbund-effekten zur Verteuerung des GutesUnternehmenskontrolle führe, daß die-ses zwar zutreffend wäre, aber nur dannwirksam sei, wenn dadurch eine ge-samtwirtschaftlich effiziente Ressour-cenallokation verhindert werden würde.Im übrigen könne diese Frage nur em-pirisch beantwortet werden. Außerdemwürden Unternehmensübernahmennicht ausschließlich aus Gründen dereffizienten Ressourcenallokation vorge-nommen werden.

Die Argumente der "Anti- Take-over-Standpunkte" zieht Herkenroth bei sei-

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ner Untersuchung nicht heran, obgleicher Ergebnisse einzelner empirischer Un-tersuchungen (z.B. Herman/Lowensteinoder Scherer/Ravenscraft) zitiert. Die"Anti- Take-over -Vertreter" verweisen,nämlich im Gegensatz zu Manne-Schu-le und Property-Rights-Theorie nämlichentweder überhaupt auf die negativenAuswirkungen feindlicher Übernahmenauf Unternehmensstrukturen (kurzfristi-ge Gewinnpolitik mit negativen Auswir-kungen auf langfristige Investitionen,Verschlechterung der Gewinnrate,Rekordverschuldung bei US-Publikumsgesellschaften etc.) oder stei-len nahezu einhellig fest, daß Zusam-menschlüsse bestenfalls neutrale, sonstaber negative Auswirkungen auf Unter-nehmen haben. Scherer/Ravescraftkommen sogar zum Ergebnis, daß dieZusammenschlüsse der achtziger Jah-re wesentlich zur sinkenden Produkti-vität der amerikanischen Wirtschaftgeführt haben (4). Manche stehen infeindlichen Übernahmen ein Null-summenspiel, wo der Gewinn einerSeite ein Verlust für die andere ist. Über-nahmen vergrößern den wirtschaftli-chen Kuchen nicht, der vorhandeneKuchen wird nur neu verteilt.

Zusammenfassung

Sowohl der "City Code on Take-oversand Mergers" wie der "Williams Act"sind Kapitalmarktregelungen. Herken-roth begründet nicht näher, warum dieRegelungen des Markts für Unter-nehmenskontrolle gerade in deutschesbzw. europäisches Gesellschaftsrechtumgegossen werden sollten, zumal erdie britische freiwillige Lösung des "CityCode" als beispielhaft ansieht. (6)

Auch ist nicht schlüssig abzuleiten,warum das britische System des frei-willigen "City Code" im deutschen bzw.über die 13. gesellschaftsrechtliche EU-Richtlinie im EU bzw. kontinentaleuro-

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päischen Gesellschaftsrecht verankertwerden soll, wenn man die unterschied-lichen gesellschaftsrechtlichen und fak-tischen Beherrschungsstrukturen kon-tinentaleuropäischer AG' s mit US-ame-rikanische und britische Strukturen ver-gleicht.

Gesellschaftsrecht, Kapitalmarkt-recht und Zusammenschlußrecht habenunterschiedliche Funktionen, obgleichsie sich in ihren Auswirkungen über-schneiden können. Erschwernisse vonÜbernahmen durch gesellschaftsrecht-liche Regelungen erscheinen grund-sätzlich als wenig sinnvoll, da Übernah-men sowohl positive als auch negativeAuswirkungen auf Volkswirtschaft undWettbewerb haben können. Wie sie tat-sächlich wirken, ist im Einzelfall zu be-urteilen. Welchen Interessenstandpunktman auch immer in der Frage einernotwendigen Beteiligung außenstehen-der Aktionäre an "Konzerneffekten" ein-nimmt, die Begründung Herkenrothsscheint jedenfalls unschlüssig. Über-nahmen in Form von Konzernierungenhaben zwar grundsätzlich einen wirt-schaftlichen Konzentrationseffekt, dochsetzen im Gefolge von Übernahmen er-fahrungsgemäß "Restrukturierungs-maßnahmen" ein, welche ihrerseits so-wohl Konzentrations- wie Dekonzen-trationseffekte haben können.

Grundsätzliches Anliegen der "Schrif-tenreihe zur wirtschaftswissenschaftli-chen Analyse des Rechts" ist, so derKommentar zur Reihe, die Tradition,wirtschaftliche, gesellschaftliche undrechtliche Fragen im Zusammenhangzu betrachten. Dieses Anliegen erfülltdie vorliegende Untersuchung nicht,was allein daraus zu schließen ist, daßzwar mit wettbewerbspolitischen Fra-gen argumentiert wird (z.B.konzentrationsfördernde Wirkung des"Konzernrechts"), auf die dadurch ent-stehenden wettbewerbspolitischen Fra-

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gen aber nicht eingegangen wird.Dennoch muß abschließend festge-

stellt werden, daß die vorliegende Un-tersuchung Herkenroths, selbst wennman manche ihrer Wertungen, Prämis-sen oder Schlußfolgerungen nicht tei-len kann, eine ungemein interessanteund wertvolle Arbeit ist, welche auchdurch die Fülle des aufgearbeitetenMaterials und der Literaturhinweise be-sticht.

Anmerkung

(1) Immenga, U., Der Preis derKonzernierung, in: Sauermann, H.;Mestmäcker, E.-J. (Hrsg.), Wirt-schaftsordnung und Staatsverfassung(Tübingen 1975) 255.

(2) Kirchner, Ch., Ökonomische Über-legungen zum Konzernrecht, in: ZGR(1985) 214.

(3) "Tender Ofters" sind Transaktionen, beiwelcher der Bieter den Aktionären einerZielgesellschaft anbietet, ihre Anteileinsgesamtoder teilweisegegenZahlungeiner Prämie über den aktuellenMarktwert der Anteile zu erwerben unddas Kaufangebot nur eine begrenzteZeit wirksam ist. "Privately NegotiatedPurchases" und "Open MarketPurchases" werden von seinen Regelnnicht erfaßt.

(4) Ravenscraft, D.J.; Scherer, F.M.,Merges, Seil-offs and EconomicEfficiency (Washington D.C. 1987);dieselben, Mergers and ManagerialPerformance, in: Coffee, J.C. u.a.(Hrsg.), Knights, Raiders, and Targets(New York 1988).

(5) Reich, R.B.,The NextAmerican Frontier(New York 1983).

(6) § 20 Abs.1 dAkt verpflichtet eineGesellschaft, welche mehr als 25 % derAktien eines Unternehmens erwirbt,diesen Erwerb unverzüglich demUnternehmen mitzuteilen, und ist dieeinzige gesellschaftsrechtlicheVorschrift für Übernahmen.