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Sonntag Aktuell, 30. Juni 2013 4 WIRTSCHAFT Daimler-Personalchef kritisiert Debatte um Lohndumping Stuttgart – Daimler-Personalchef Wil- fried Porth hält die aktuelle Debatte um Lohndumping und Werkverträge für übertrieben. „Ich sehe mit Sorge, dass Dinge skandalisiert werden, die kein Skandal sind“, sagte er. „Mit möglichst hohen Mindestlöhnen oder durch Verän- derungen der Werkvertragsgesetzgebung wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft gefährdet. Im Endeffekt haben die Arbeitnehmer nichts davon.“ Der Autobauer war in die Kritik geraten, weil er über Werkverträge Menschen beschäftigen soll, die ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken müssen. DPA Öffentlicher Nahverkehr in den Städten wächst stark Stuttgart – Der Öffentliche Personen- nahverkehr (ÖPNV) im Südwesten boomt. Fast alle Verkehrsverbunde zäh- len immer mehr Fahrgäste in ihren Bus- sen und Bahnen. Vor allem Berufspendler steigen auf die Öffentlichen um. In Stutt- gart waren 2002 zum Beispiel 306 Millio- nen Menschen mit Bussen und Bahnen unterwegs. 2012 waren es 338 Millionen. Doch der Trend könnte schon bald vorbei sein. Vor allem ländliche Regionen fürch- ten die Folgen des demografischen Wan- dels. Schon jetzt gibt es beim Schüler- verkehr spürbare Einbrüche. DPA Werkzeughersteller Walter von Milliardenumsatz weit entfernt Tübingen – Der Tübinger Spezialwerk- zeug-Hersteller Walter bleibt hinter sei- nen Wachstumszielen zurück. Der Um- satz sei 2012 einstellig gestiegen und liege bei deutlich über 600 Millionen Euro, sagte Vorstandschef Mirko Merlo. In den nächsten Jahren peile man die Marke von 700 Millionen Euro an. Konkrete Zahlen zu Umsatz und Gewinn nennt die 4000 Mitarbeiter große Firma, die der schwe- dischen Sandvik Holding gehört, nicht. 2012 hatte Merlo noch das Ziel bestätigt, den Umsatz bis 2014 auf eine Milliarde Euro zu steigern. DPA Oettinger: Pipeline aus Aserbaidschan „Sieg für die EU“ Berlin EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat das milliardenschwere Gas- pipeline-Projekt TAP begrüßt. „Das ist ein Sieg für die EU“, sagte Oettinger der Zei- tung „Welt“. „Wir haben mehr als sechs Jahre lang dafür geworben, Gas direkt aus Aserbaidschan zu beziehen.“ Dies werde mit TAP nun realisiert. Neben TAP hatte sich auch das von der österreichischen OMV vorangetriebene Pipeline-Projekt Nabucco West um den Transport des Ga- ses beworben. Am Ende kam die anfangs auch von der EU unterstützte Röhre, die im Gegensatz zu TAP nicht in Italien, son- dern in Österreich enden sollte, nicht zum Zug. Oettinger gab sich jedoch zuversicht- lich: „Am Ende des Prozesses werden wir beide Leitungen haben. TAP und später auch Nabucco West.“ SOAK NACHRICHTEN Gold gilt für viele Anleger als sicherer Hafen. Es wirft zwar keine Zinsen ab, dafür aber kann es von den Notenbanken nicht gedruckt werden, was ihm eine gewisse Stabilität verleihen soll. Doch abgesehen davon, dass auch Notenbanken hohe Goldbestände ha- ben, die sie theoretisch in den Markt geben könnten, zeigt sich nun schmerzhaft, dass der Wert sich nicht nur nach oben ent- wickeln kann. Seit US-Notenbankchef Ben Bernanke einen Ausstieg aus den US-Anlei- hekaufprogrammen in Aussicht gestellt hat, sind die Aussichten auf ein Ende der Micker- zinsen gestiegen, was Goldinvestments weniger interessant macht. Viele Anleger sind deshalb ausgestiegen, was die Talfahrt in den vergangenen Tagen noch beschleu- nigt hat. Hinzu kommt, dass die USA derzeit mit unerwartet guten Wirtschaftsdaten aufwarten können. Und gute Zeiten für die Konjunktur sind schlechte Zeiten für die Fluchtwährung Gold. SOAK Flop in dieser Woche: Herbe Einbußen für Gold-Anleger Lange wurde darüber debat- tiert, was der Staat gegen die steigenden Kraftstoffpreise unternehmen kann, da man den Ölkonzernen bisher keine Preisabsprachen nachweisen kann. Nun aber macht das Bundeskartell- amt den Multis das Leben zumindest etwas schwerer. Um den Wettbewerb anzuheizen, müssen sie der Behörde alle Preise an jeder Tankstelle in Echtzeit melden – und diese macht die Daten öffentlich. „Wenn hier alle an einem Strang ziehen, gehe ich davon aus, dass die Autofahrer noch in diesem Sommer die ersten Preisdaten abrufen kön- nen“, erklärte Kartellamt-Chef Andreas Mundt. Ab Mitte Juli könnten Dienstleister ihre Zulassung beantragen, um die Preis- informationen beispielsweise über Apps zur Verfügung zu stellen. Ob die Preise dadurch sinken, weiß zwar niemand, was man aber weiß, ist, dass Preiserhöhungen umso schwerer fallen, je leichter für die Verbrau- cher das Vergleichen ist. SOAK Top in dieser Woche: Verbraucher können Benzinpreise bald live vergleichen Mundt macht Druck. FOTO: DPA Weichwährung Gold? FOTO: DPA Das macht der Dax Trends Nach einem deutlichen Rückgang hat sich der deutsche Aktienmarkt wieder gefangen. Die An- kündigung einer etwas strafferen Geldpolitik hatte zunächst Befürchtungen geweckt, dass der Geldzu- fluss schwinden könnte – doch die Möglichkeiten, diese Ankündigung umzusetzen, sind begrenzt. Dax im Vergleich zur Vorwoche Monat für Monat ermittelt das Nürnberger Konsum- forschungsunternehmen GfK die Kauflaune der Verbraucher. Im Juli war diese so gut wie seit fast sechs Jahren nicht mehr. Das zeigt: Die deutschen Konsumenten sind gegen Krisenmeldungen inzwi- schen ziemlich abgestumpft. Indikator der Woche 1 Liter Super E 5 (Stuttgart) 1,599 € 1,579 € +1,27 % Wert 28.6. 21.6. Veränderung M-Dax 13 706,44 13 578,14 +0,94 % Euro Stoxx 50 2602,59 2549,48 +2,08 % Dow Jones 14 909,60 14 799,40 +0,74 % Nikkei 13 677,32 13 230,13 +3,38 % Wert des Euro in Dollar 1,3080 1,3180 –0,76 % Wert des Euro in Pfund 0,8572 0,8533 +0,46 % Wert des Euro in Schw. Franken 1,2338 1,2257 +0,66 % 1 Feinunze Gold (London) 1192,00 $ 1295,25 $ –7,97 % 1 Barrel Rohöl (London) 103,20 $ 100,80 $ +2,38 % 8000 7950 7900 7850 7800 7750 7700 7650 Mo, 24. 6. Di, 25. 6. Mi, 26. 6. Do, 27. 6. Fr, 28. 6. SOAK-GRAFIK: ETTISCHER +2,2 % 6,6 Punkte für die Konsumenten VON ANNE GUHLICH Christoph Deinhard war schon Chef in über 20 Firmen. Das liegt nicht etwa an einem unsteten Lebenswandel, sondern an seinem Beruf: Deinhard ist Manager auf Zeit. Sein Spezialgebiet sind Krisen. Chief Restructu- ring Officer lautet der englische Fachbegriff dafür: Restrukturierungsmanager. Firmen setzen in schwierigen Zeiten immer häufiger auf Interimsmanager. „Aber auch jenseits von Krisen ist das Interim-Management ein stark wachsender Markt“, sagt Marei Strack, Vorstandsvorsitzende der Dachgesellschaft Deutsches Interim-Management (DDIM). Die Bezahlung von Führungskräften auf Zeit erfolgt auf der Basis von Tagessätzen. Strack rechnet damit, dass sich das Honorar- volumen aller Interim-Manager der ersten und zweiten Führungsebene 2013 auf einen neuen Rekordwert von 1,2 Milliarden Euro summie- ren wird. Das ist ein Plus von 25 Prozent. „Gemessen an allen Einsätzen haben die Restrukturierungs- und Sanierungsmandate in den vergangenen zehn Jahren etwa 30 Pro- zent ausgemacht“, sagt Strack. „Diese Man- date sind in den 1990er Jahren in den Fokus geraten“, sagt sie. „Damals gab es insbesonde- re in Ostdeutschland viele Unternehmen, die kurzfristig saniert werden mussten.“ Die meisten Mandate kommen über persön- liche Netzwerke zustande. Etwa 20 Prozent werden über Agenturen – sogenannte Provi- der – vermittelt. Auch das Stuttgarter Unter- nehmen division one ist in diesem Bereich tä- tig. „Unser Vorteil ist, dass wir eine Vielzahl an Managern in der Datenbank und unserem Netzwerk haben“, sagt Geschäftsführer Björn Knothe. „Wir können unseren Kunden also innerhalb kurzer Zeit eine Auswahl an geeig- neten Kandidaten vorschlagen.“ Zu den Kun- den zählen vor allem mittelständische Unter- nehmen. „Sanierungsanfragen kommen der- zeit vor allem von Automobilzulieferern“, sagt Knothe. „Die Unternehmen spüren die Absatzkrise in Europa.“ Der Stuttgarter Sanierungsexperte Mi- chael Lanik arbeitet mit division one zusam- men. „Vor 30 Jahren war ich noch ein Exot“, sagt er. Inzwischen gebe es immer mehr Inte- rim-Manager, die sich auf die Sanierung spe- zialisieren wollen, sagt Lanik. „Man merkt es auch daran, dass die Auswahlverfahren der Unternehmen immer härter werden.“ „Viele fühlen sich berufen, in diesem Beruf zu arbeiten“, erzählt Deinhard. „Denn der Job wird gut bezahlt.“ Ein Tagessatz belaufe sich auf 2000 Euro. „Viele können diesen Job aber einfach nicht. Leute wie mich gibt es in Deutschland zwischen 100 und 150.“ An Auf- trägen mangelt es Deinhard nicht: „Ich habe in den 25 Jahren meiner Karriere bisher jeden Fall hingekriegt“, sagt er. „Irgendwann bin ich ein bisschen arrogant geworden, und heute sage ich: Wenn die Rahmenbedingun- gen in einem Unternehmen nicht stimmen, dann mache ich es nicht.“ Der Verband Insolvenzverwalter Deutsch- lands (VID) erwartet in diesem Jahr einen Anstieg an Firmenpleiten. Die Autokrise sei nur der Beginn einer Entwicklung, die zu weiter steigenden Insolvenzen führen wird. „Erfahrungsgemäß wirken sich sinkende Autoverkäufe bald auch auf andere Branchen aus“, teilt Christoph Niering mit, Vorsitzen- der des VID. „Das betrifft nicht nur die Zulie- ferindustrie, sondern auch andere, mit der Automobilindustrie eng verwobene Bran- chen, darunter Chemie, Stahl und Zeitarbeit.“ Über die Frage, wer ein Unternehmen in Krisensituationen am besten wieder in die schwarzen Zahlen führen kann, wird in der Branche derzeit heftig debattiert. Das liegt auch daran, dass der Gesetzgeber das Insol- venzrecht reformiert und für mehr Beteiligte geöffnet hat. Zum Beispiel für Unterneh- mensberater. Deinhard war früher selbst Be- rater – er war Leiter der Prognos Unterneh- mensberatung in Deutschland. Heute zieht er ein vernichtendes Fazit: „Ich habe fest- gestellt, dass nur etwa fünf Prozent der Bera- tungen wirklich zu positiven Änderungen geführt haben“, sagt er. „Von der klassischen Unternehmensberatung, bei der sich jemand einen Berater holt, der ihm dann sagt, was er tun soll, halte ich gar nichts.“ Das Insolvenzrecht sieht seit neuestem einen sogenannten Sachwalter vor, der einem Manager in einer Krise helfen kann, die Insolvenz noch abzuwenden. Kritiker be- fürchten, dass Berater hier einen lukrativen Markt entdecken. Und dass der Manager – als Teil der Krise – im Amt bleibt. „Das heißt aber nicht, dass die Insolvenzverwalter not- wendigerweise besser sind als die Manager“, sagt Deinhard. „Sie haben nur mehr Macht und Geld – beides bekommen sie vom Staat. Das ist keine eigene Leistung.“ Deinhard sagt, dass er seinen Job gern macht, weil er etwas gestalten kann. Sanie- rung mit Stellenabbau gleichzusetzen, hält er für Unfug: „Dass es in der Realität oft so gemacht wird, liegt daran, dass die meisten Leute, die bei Sanierungsgeschäften viel zu sagen haben, Juristen und Wirtschaftsprüfer sind“, kritisiert er. „Die Menschen, die sich jetzt als die Verlierer der Insolvenzrechts- reform bemitleiden lassen, haben überhaupt keine unternehmerische Kompetenz.“ Krisenchefs zum Mieten Über die Frage, wer angeschlagenen Unternehmen am besten helfen kann, wird in der Beratungsbranche heftig gestritten. Und immer mehr Firmen, die sich in Not befinden, setzen neuerdings auf Manager in Zeitarbeit. Wo bitte ist hier der Ausweg? In Krisen engagieren Unternehmen gern externe Chefs auf Zeit. FOTO: FOTOLIA Der Tagessatz eines Krisenmanagers beträgt etwa 2000 Euro

Krisenchefs zum Mieten - Interim management...Lange wurde darber debat-tiert, was der Staat gegen die steigenden Kraftstoffpreise unternehmen kann, da man den lkonzernen bisher keine

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Page 1: Krisenchefs zum Mieten - Interim management...Lange wurde darber debat-tiert, was der Staat gegen die steigenden Kraftstoffpreise unternehmen kann, da man den lkonzernen bisher keine

Sonntag Aktuell, 30. Juni 2013

4 WIRTSCHAFT

Daimler­Personalchef kritisiertDebatte um Lohndumping

Stuttgart – Daimler­Personalchef Wil­fried Porth hält die aktuelle Debatteum Lohndumping und Werkverträge fürübertrieben. „Ich sehe mit Sorge, dassDinge skandalisiert werden, die keinSkandal sind“, sagte er. „Mit möglichsthohen Mindestlöhnen oder durch Verän­derungen der Werkvertragsgesetzgebungwird die Wettbewerbsfähigkeit unsererVolkswirtschaft gefährdet. Im Endeffekthaben die Arbeitnehmer nichts davon.“Der Autobauer war in die Kritik geraten,weil er über Werkverträge Menschenbeschäftigen soll, die ihr Gehalt mitHartz IV aufstocken müssen. DPA

Öffentlicher Nahverkehr inden Städten wächst stark

Stuttgart – Der Öffentliche Personen­nahverkehr (ÖPNV) im Südwestenboomt. Fast alle Verkehrsverbunde zäh­len immer mehr Fahrgäste in ihren Bus­sen und Bahnen. Vor allem Berufspendlersteigen auf die Öffentlichen um. In Stutt­gart waren 2002 zum Beispiel 306 Millio­nen Menschen mit Bussen und Bahnenunterwegs. 2012 waren es 338 Millionen.Doch der Trend könnte schon bald vorbeisein. Vor allem ländliche Regionen fürch­ten die Folgen des demografischen Wan­dels. Schon jetzt gibt es beim Schüler­verkehr spürbare Einbrüche. DPA

Werkzeughersteller Walter vonMilliardenumsatz weit entfernt

Tübingen – Der Tübinger Spezialwerk­zeug­Hersteller Walter bleibt hinter sei­nen Wachstumszielen zurück. Der Um­satz sei 2012 einstellig gestiegen und liegebei deutlich über 600 Millionen Euro,sagte Vorstandschef Mirko Merlo. In dennächsten Jahren peile man die Marke von700 Millionen Euro an. Konkrete Zahlenzu Umsatz und Gewinn nennt die 4000Mitarbeiter große Firma, die der schwe­dischen Sandvik Holding gehört, nicht.2012 hatte Merlo noch das Ziel bestätigt,den Umsatz bis 2014 auf eine MilliardeEuro zu steigern. DPA

Oettinger: Pipeline ausAserbaidschan „Sieg für die EU“

Berlin – EU­Energiekommissar GüntherOettinger hat das milliardenschwere Gas­pipeline­Projekt TAP begrüßt. „Das ist einSieg für die EU“, sagte Oettinger der Zei­tung „Welt“. „Wir haben mehr als sechsJahre lang dafür geworben, Gas direkt ausAserbaidschan zu beziehen.“ Dies werdemit TAP nun realisiert. Neben TAP hattesich auch das von der österreichischenOMV vorangetriebene Pipeline­ProjektNabucco West um den Transport des Ga­ses beworben. Am Ende kam die anfangsauch von der EU unterstützte Röhre, dieim Gegensatz zu TAP nicht in Italien, son­dern in Österreich enden sollte, nicht zumZug. Oettinger gab sich jedoch zuversicht­lich: „Am Ende des Prozesses werden wirbeide Leitungen haben. TAP und späterauch Nabucco West.“ SOAK

NACHRICHTEN

Gold gilt für viele Anleger als

sicherer Hafen. Es wirft zwar

keine Zinsen ab, dafür aber

kann es von den Notenbanken

nicht gedruckt werden, was

ihm eine gewisse Stabilität

verleihen soll. Doch abgesehen davon, dass

auch Notenbanken hohe Goldbestände ha­

ben, die sie theoretisch in den Markt geben

könnten, zeigt sich nun schmerzhaft, dass

der Wert sich nicht nur nach oben ent­

wickeln kann. Seit US­Notenbankchef Ben

Bernanke einen Ausstieg aus den US­Anlei­

hekaufprogrammen in Aussicht gestellt hat,

sind die Aussichten auf ein Ende der Micker­

zinsen gestiegen, was Goldinvestments

weniger interessant macht. Viele Anleger

sind deshalb ausgestiegen, was die Talfahrt

in den vergangenen Tagen noch beschleu­

nigt hat. Hinzu kommt, dass die USA derzeit

mit unerwartet guten Wirtschaftsdaten

aufwarten können. Und gute Zeiten für die

Konjunktur sind schlechte Zeiten für die

Fluchtwährung Gold. SOAK

Flop in dieser Woche: Herbe Einbußen für Gold­Anleger

Lange wurde darüber debat­

tiert, was der Staat gegen die

steigenden Kraftstoffpreise

unternehmen kann, da man

den Ölkonzernen bisher keine

Preisabsprachen nachweisen

kann. Nun aber macht das Bundeskartell­

amt den Multis das Leben zumindest etwas

schwerer. Um den Wettbewerb anzuheizen,

müssen sie der Behörde alle Preise an jeder

Tankstelle in Echtzeit melden – und diese

macht die Daten öffentlich. „Wenn hier alle

an einem Strang ziehen, gehe ich davon

aus, dass die Autofahrer noch in diesem

Sommer die ersten Preisdaten abrufen kön­

nen“, erklärte Kartellamt­Chef Andreas

Mundt. Ab Mitte Juli könnten Dienstleister

ihre Zulassung beantragen, um die Preis­

informationen beispielsweise über Apps zur

Verfügung zu stellen. Ob die Preise dadurch

sinken, weiß zwar niemand, was man aber

weiß, ist, dass Preiserhöhungen umso

schwerer fallen, je leichter für die Verbrau­

cher das Vergleichen ist. SOAK

Top in dieser Woche: Verbraucher können Benzinpreise bald live vergleichen

MundtmachtDruck. FOTO:DPAWeichwährungGold? FOTO:DPA

Das macht der Dax Trends

Nach einem deutlichen Rückgang hat sich der

deutsche Aktienmarkt wieder gefangen. Die An­

kündigung einer etwas strafferen Geldpolitik hatte

zunächst Befürchtungen geweckt, dass der Geldzu­

fluss schwinden könnte – doch die Möglichkeiten,

diese Ankündigung umzusetzen, sind begrenzt.

Dax im Vergleich zur Vorwoche

Monat für Monat ermittelt das Nürnberger Konsum­

forschungsunternehmen GfK die Kauflaune der

Verbraucher. Im Juli war diese so gut wie seit fast

sechs Jahren nicht mehr. Das zeigt: Die deutschen

Konsumenten sind gegen Krisenmeldungen inzwi­

schen ziemlich abgestumpft.

Indikator der Woche

1 Liter Super E 5 (Stuttgart) 1,599 € 1,579 € +1,27 %

Wert 28.6. 21.6. Veränderung

M-Dax 13 706,44 13 578,14 +0,94 %

Euro Stoxx 50 2602,59 2549,48 +2,08 %

Dow Jones 14 909,60 14 799,40 +0,74 %

Nikkei 13 677,32 13 230,13 +3,38 %

Wert des Euro in Dollar 1,3080 1,3180 –0,76 %

Wert des Euro in Pfund 0,8572 0,8533 +0,46 %

Wert des Euro in Schw. Franken 1,2338 1,2257 +0,66 %

1 Feinunze Gold (London) 1192,00 $ 1295,25 $ –7,97 %

1 Barrel Rohöl (London) 103,20 $ 100,80 $ +2,38 %

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VON ANNE GUHLICH

Christoph Deinhard war schon Chef in über20 Firmen. Das liegt nicht etwa an einemunsteten Lebenswandel, sondern an seinemBeruf: Deinhard ist Manager auf Zeit. SeinSpezialgebiet sind Krisen. Chief Restructu­ring Officer lautet der englische Fachbegriffdafür: Restrukturierungsmanager. Firmensetzen in schwierigen Zeiten immer häufigerauf Interimsmanager. „Aber auch jenseits vonKrisen ist das Interim­Management ein starkwachsender Markt“, sagt Marei Strack,Vorstandsvorsitzende der DachgesellschaftDeutsches Interim­Management (DDIM).

Die Bezahlung von Führungskräften aufZeit erfolgt auf der Basis von Tagessätzen.Strack rechnet damit, dass sich das Honorar­volumen aller Interim­Manager der ersten undzweiten Führungsebene 2013 auf einen neuenRekordwert von 1,2 Milliarden Euro summie­ren wird. Das ist ein Plus von 25 Prozent.

„Gemessen an allen Einsätzen haben dieRestrukturierungs­ und Sanierungsmandatein den vergangenen zehn Jahren etwa 30 Pro­zent ausgemacht“, sagt Strack. „Diese Man­date sind in den 1990er Jahren in den Fokusgeraten“, sagt sie. „Damals gab es insbesonde­re in Ostdeutschland viele Unternehmen, diekurzfristig saniert werden mussten.“

Die meisten Mandate kommen über persön­liche Netzwerke zustande. Etwa 20 Prozentwerden über Agenturen – sogenannte Provi­der – vermittelt. Auch das Stuttgarter Unter­nehmen division one ist in diesem Bereich tä­tig. „Unser Vorteil ist, dass wir eine Vielzahlan Managern in der Datenbank und unseremNetzwerk haben“, sagt Geschäftsführer BjörnKnothe. „Wir können unseren Kunden alsoinnerhalb kurzer Zeit eine Auswahl an geeig­neten Kandidaten vorschlagen.“ Zu den Kun­den zählen vor allem mittelständische Unter­nehmen. „Sanierungsanfragen kommen der­zeit vor allem von Automobilzulieferern“,sagt Knothe. „Die Unternehmen spüren dieAbsatzkrise in Europa.“

Der Stuttgarter Sanierungsexperte Mi­chael Lanik arbeitet mit division one zusam­men. „Vor 30 Jahren war ich noch ein Exot“,sagt er. Inzwischen gebe es immer mehr Inte­rim­Manager, die sich auf die Sanierung spe­zialisieren wollen, sagt Lanik. „Man merkt esauch daran, dass die Auswahlverfahren derUnternehmen immer härter werden.“

„Viele fühlen sich berufen, in diesem Berufzu arbeiten“, erzählt Deinhard. „Denn derJob wird gut bezahlt.“ Ein Tagessatz belaufesich auf 2000 Euro. „Viele können diesen Jobaber einfach nicht. Leute wie mich gibt es inDeutschland zwischen 100 und 150.“ An Auf­trägen mangelt es Deinhard nicht: „Ich habein den 25 Jahren meiner Karriere bisherjeden Fall hingekriegt“, sagt er. „Irgendwannbin ich ein bisschen arrogant geworden, undheute sage ich: Wenn die Rahmenbedingun­

gen in einem Unternehmen nicht stimmen,dann mache ich es nicht.“

Der Verband Insolvenzverwalter Deutsch­lands (VID) erwartet in diesem Jahr einenAnstieg an Firmenpleiten. Die Autokrise seinur der Beginn einer Entwicklung, die zuweiter steigenden Insolvenzen führen wird.„Erfahrungsgemäß wirken sich sinkendeAutoverkäufe bald auch auf andere Branchenaus“, teilt Christoph Niering mit, Vorsitzen­der des VID. „Das betrifft nicht nur die Zulie­ferindustrie, sondern auch andere, mit derAutomobilindustrie eng verwobene Bran­chen, darunter Chemie, Stahl und Zeitarbeit.“

Über die Frage, wer ein Unternehmen inKrisensituationen am besten wieder in dieschwarzen Zahlen führen kann, wird in derBranche derzeit heftig debattiert. Das liegt

auch daran, dass der Gesetzgeber das Insol­venzrecht reformiert und für mehr Beteiligtegeöffnet hat. Zum Beispiel für Unterneh­mensberater. Deinhard war früher selbst Be­rater – er war Leiter der Prognos Unterneh­mensberatung in Deutschland. Heute zieht erein vernichtendes Fazit: „Ich habe fest­gestellt, dass nur etwa fünf Prozent der Bera­tungen wirklich zu positiven Änderungengeführt haben“, sagt er. „Von der klassischenUnternehmensberatung, bei der sich jemandeinen Berater holt, der ihm dann sagt, was ertun soll, halte ich gar nichts.“

Das Insolvenzrecht sieht seit neuestemeinen sogenannten Sachwalter vor, der einemManager in einer Krise helfen kann, dieInsolvenz noch abzuwenden. Kritiker be­fürchten, dass Berater hier einen lukrativen

Markt entdecken. Und dass der Manager – alsTeil der Krise – im Amt bleibt. „Das heißtaber nicht, dass die Insolvenzverwalter not­wendigerweise besser sind als die Manager“,sagt Deinhard. „Sie haben nur mehr Machtund Geld – beides bekommen sie vom Staat.Das ist keine eigene Leistung.“

Deinhard sagt, dass er seinen Job gernmacht, weil er etwas gestalten kann. Sanie­rung mit Stellenabbau gleichzusetzen, hälter für Unfug: „Dass es in der Realität oft sogemacht wird, liegt daran, dass die meistenLeute, die bei Sanierungsgeschäften viel zusagen haben, Juristen und Wirtschaftsprüfersind“, kritisiert er. „Die Menschen, die sichjetzt als die Verlierer der Insolvenzrechts­reform bemitleiden lassen, haben überhauptkeine unternehmerische Kompetenz.“

Krisenchefs zum MietenÜberdieFrage,wer angeschlagenenUnternehmenambestenhelfenkann,wird inderBeratungsbrancheheftig gestritten.

Und immermehrFirmen, die sich inNot befinden, setzenneuerdings aufManager inZeitarbeit.

Wobitte ist hier derAusweg? InKrisen engagierenUnternehmen gern externeChefs auf Zeit. FOTO: FOTOLIA

Der Tagessatz eines Krisenmanagersbeträgt etwa 2000 Euro