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Anforderungen an Kühlmittel auf Basis alternativer Gefrierpunkterniedrigungsmittel Konzepte zur Leistungssteigerung von Verbrennungsmotoren bei gleichzeitiger Verbrauchs- und Emissionsreduzierung bedingen vergrößerte Wärmeeinträge in das Kühlsystem und damit erhöhte thermische Belastungen des Kühlmittels, das diesen Anforderungen gerecht werden muss. An der TU Darmstadt wurden daher in Zusammenarbeit mit der Universität Regensburg potenziell geeignete Gefrierpunkterniedrigungsmittel untersucht und deren physikalisch- chemische Stoffeigenschaften sowie die thermische Stabilität ausgewählter Alternativstoffe ermittelt. AUTOREN Dipl.-Ing. Thomas Duchardt ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenz- bereich Oberflächen- technik am Zentrum für Konstruktionswerkstoffe (MPA/IfW) der Technischen Universität Darmstadt. Dr.-Ing. Georg Andersohn ist Leiter des Kompetenz- bereichs Oberflächen- technik am Zentrum für Konstruktionswerkstoffe (MPA/IfW) der Technischen Universität Darmstadt. Prof. Dr.-Ing. Matthias Oechsner ist Leiter des Zentrums für Konstruktionswerkstoffe (MPA/IfW) und Professor für das Fachgebiet Werkstoffkunde der Technischen Universität Darmstadt. Dr. rer. nat. Rainer Müller ist Akademischer Oberrat am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie (Solution Chemistry) der Universität Regensburg. © TU Darmstadt FORSCHUNG KüHLUNG 82

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Anforderungen an Kühlmittel auf Basis alternativer Gefrierpunkterniedrigungsmittel

Konzepte zur Leistungssteigerung von Verbrennungsmotoren bei gleichzeitiger Verbrauchs- und Emissionsreduzierung bedingen vergrößerte Wärmeeinträge in das Kühlsystem und damit erhöhte thermische Belastungen des Kühlmittels, das diesen Anforderungen gerecht werden muss. An der TU Darmstadt wurden daher in Zusammenarbeit mit der Universität Regensburg potenziell geeignete Gefrierpunkterniedrigungsmittel untersucht und deren physikalisch- chemische Stoffeigenschaften sowie die thermische Stabilität ausgewählter Alternativstoffe ermittelt.

AUTOREN

Dipl.-Ing. Thomas Duchardt

ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenz-

bereich Oberflächen-technik am Zentrum für Konstruk tionswerkstoffe

(MPA/IfW) der Technischen Universität Darmstadt.

Dr.-Ing. Georg Andersohn

ist Leiter des Kompetenz-bereichs Oberflächen-

technik am Zentrum für Konstruktionswerkstoffe

(MPA/IfW) der Tech nischen Universität Darmstadt.

Prof. Dr.-Ing. Matthias Oechsner

ist Leiter des Zentrums für Konstruktionswerkstoffe

(MPA/IfW) und Professor für das Fachgebiet

Werkstoffkunde der Technischen Universität

Darmstadt.

Dr. rer. nat. Rainer Müller

ist Akademischer Oberrat am Institut

für Physikalische und Theoretische Chemie (Solution Chemistry)

der Universität Regensburg.

© TU Darmstadt

Kühlung

FORSCHUNG KühLUNG

82

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1 MOTIVATION

Im Motor können Wandtemperaturen von bis zu 260 °C erreicht werden, die deutlich oberhalb der Siedetemperatur des Kühlmittels liegen [1]. Derzeitige konventionelle Kühlmittel bestehen in der Regel, neben Wasser und Korrosionsinhibitoren, zu 30 bis 50 Vol.-% aus dem zweiwertigen Alkohol Monoethylenglykol (MEG), der als Gefrierpunkterniedrigungsmittel dient [2]. Eine thermische Zerset-zung von MEG in diverse Carbonsäuren (wie zum Beispiel Ameisen- oder Glykolsäure) tritt bereits ab circa 165 °C und somit deutlich unter den Spitzenwandtemperaturen auf [3]. Mit steigendem Gehalt an Carbonsäuren kommt es zu einer zunehmenden Verringerung des pH-Werts des Kühlmittels, wodurch unter anderem Korrosion im Kühlkreislauf begünstigt wird. Zur Minderung dieser Auswirkung beinhalten Kühlmittel Korrosionsinhibitoren und pH-Wert-Stabilisa-toren, die sich jedoch teilweise mit der Zeit verbrauchen [4], [5]. Eine Kontrolle beziehungsweise ein Austausch des Kühlmittels ist aus den genannten Gründen der thermischen Instabilität und damit verbundenen Zersetzung sowie dem Verbrauch an Inhaltsstoffen unerlässlich, um den Korrosionsschutz und somit die Sicherheit des Systems zu gewährleisten. Die Verwendung thermisch stabilerer Gefrierpunkterniedrigungsmittel stellt eine Lösung zur angeführten Problematik dar. Derzeit liegt jedoch keine einheitliche Datenbasis zu potenziell geeigneten Stoffen vor, im Speziellen auch nicht für die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften im (Einsatz-) Gemisch mit Wasser.

2 ALTERNATIVSTOFFE

Durch eine umfassende Recherche (Literatur/Datenbanken/Patente der chemischen Industrie) konnten über 140 Stoffe unterschiedlichs-ter Stoffklassen identifiziert werden, die den Gefrierpunkt von Was-ser erniedrigen [6]. In Zusammenarbeit mit dem projektbegleitenden Ausschuss (PA) wurden die Stoffe nach den Kriterien einer verrin-gerten Toxizität gegenüber MEG, der Löslichkeit in Wasser sowie der Höhe des Reinstoffsiedepunkts eingegrenzt. Auf dieser Grundlage wurden folgende 13 Stoffe für die weiteren Untersuchungen ausge-wählt: 1,2-Propandiol, 1,3-Butandiol, 1-Ethyl-3-Methyl-Immidazo-

liumethylsulfat, Diethylenglykol, Diglycerol, Dimethylsulfoxid, Glyce-rin, Kaliumacetat, Kaliumformiat, Kaliumpropionat, Natriumpropio-nat, Tetraethylenglykol sowie Triethylenglykol.

3 UNTERSUCHUNGSMETHODEN

3.1 GEFRIERPUNKTE, MISCHUNGSVERHÄLTNISSE UND THERMISCHE BESTÄNDIGKEITUm eine Beurteilung und Vergleichbarkeit der physikalisch- chemischen Eigenschaften der gewählten alternativen Gefrier-punkterniedrigungsmittel untereinander beziehungsweise zur Referenz MEG zu ermöglichen, wurden alle Stoffe im Gemisch mit deionisiertem Wasser auf einen Gefrierpunkt von -40 °C refe-renziert. Zudem wurden ausschließlich Zweistoffsysteme (Stoff und Wasser) untersucht. Die Ermittlung der hierfür notwendigen Mischungsverhältnisse erfolgte in Anlehnung an Prüfmethode ASTM D1177-12. Die Bewertung der thermischen Beständig-keit erfolgte mittels Gemischauslagerung in druckdichten Reak-toren aus hochlegiertem austenitischen Stahl (1.4571). Diese wurden bei einem Gesamtvolumen von 600 ml mit 400 ml Flüs-sigkeit befüllt. Nach druckdichtem Verschließen unter Atmo-sphäre erfolgte eine Auslagerung für 336 h bei 200 °C in einem Wärmeofen. Über die Auslagerungszeit hinweg wurden der Druck sowie die Flüssigkeitstemperatur im Reaktor kontinuierlich aufgezeichnet.

3.2 ERMITTLUNG PH-WERT, LEITFÄHIGKEIT, BRECHUNGSINDEX UND ZERSETZUNGSGRADVor und nach der Auslagerung wurden pH-Wert, Leitfähigkeit und Brechungsindex der Gemische bei 20 °C Raumtemperatur bestimmt, um Veränderungen detektieren zu können. Die Ermittlung der pH-Werte erfolgte mittels pH-Meter inoLab pH 720, die Ermittlung der Leitfähigkeit mittels Messgerät inoLab Cond 720. Zur Ermittlung des Brechungsindex wurde ein Abbe-Refraktometer von ATG ver-wendet. Zur Bestimmung des Zersetzungsgrads wurde der Stoffge-halt der Gemische mittels Ionenchromatografie (IC) beziehungs-weise Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC) detektiert. Der Gehalt vor Auslagerung diente als Referenz (100 %) für die prozen tuale chemische Veränderung nach Versuch.

3.3 SPEZIFISCHE WÄRMEKAPAZITÄT, DICHTE, VISKOSITÄTDie spezifische Wärmekapazität der Gemische wurde mittels DSC 8000 von PerkinElmer bestimmt. Die Messungen der Dichte erfolgten im Temperaturbereich von -35 bis 5 °C mittels DM A60/DMA 602 und im Bereich von 5 bis 85 °C mittels DMA 5000 M von Anton-Paar. Die Viskosität im Bereich von -35 bis -5 °C wurde mittels eines Ubbelohde Viskosimeters und im Bereich von 5 bis 95 °C mittels automatisiertem Mikroviskosimeter (AMVn) von Anton-Paar durchgeführt.

3.4 DAMPFDRUCKKURVE, SIEDEPUNKT UND VERDAMPFUNGSENTHALPIEDie Ermittlung der Dampfdruckkurven und Siedepunkte erfolgte über eine Apparatur bestehend aus einem Zweihalskolben mit Rückflusskühler und Thermometer. Eine Druckregulierung wurde über eine Vakuumpumpe und ein angeschlossenes Manometer ermöglicht. Der Siedepunkt der Lösung wurde in Abhängigkeit des Drucks bestimmt und aus den erhobenen Daten die Verdamp-fungsenthalpie berechnet.

1 MOTIVATION

2 ALTERNATIVSTOFFE

3 UNTERSUCHUNGSMETHODEN

4 ERGEBNISSE

5 RANKING

6 ZUSAMMENFASSUNG

Kühlung

12I2016 77. Jahrgang 83

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4 ERGEBNISSE

4.1 THERMISCHE BESTÄNDIGKEIT DER STOFFGEMISCHEFür die vorausgewählten Stoffe wurden über eine kontinuierliche Gefrierpunktermittlung die jeweiligen stoffbezogenen Mischungs-verhältnisse mit Wasser zur Erreichung des geforderten Gefrier-punkts von -40 °C ermittelt, TABELLE 1. In den angegebenen Ver-hältnissen wurden die Gemische der thermischen Auslagerung ausgesetzt. Die sich im Inneren der Reaktoren über die Versuchs-dauer hinweg einstellenden Drücke sind für ausgewählte Gemische beispielhaft in BILD 1 dargestellt. Auffällig sind die Druckverläufe im Gemisch mit DMSO, 1-Ethyl-3-Methyl-Immidazoliumethylsulfat sowie Kaliumformiat. Diese weisen einen deutlichen Druckanstieg während des Versuchs auf, der auf Zersetzungs- beziehungsweise Umwandlungsreaktionen der ausgelagerten Gemische infolge man-gelnder thermischer Beständigkeit schließen lässt. Eine Begutach-tung der Reaktoren sowie der ausgelagerten Gemische nach Versuch offenbarte einen Korrosionsangriff des Reaktorwerkstoffs im Ver-such mit 1-Ethyl-3-Methyl-Immidazoliumethylsulfat. Im Versuch mit DMSO wurde eine Phasentrennung des Gemischs beobachtet und ein beißender, Brokkoli-ähnlicher Geruch verzeichnet, sodass die drei genannten Stoffe aufgrund mangelnder thermischer Beständig-keit von weiteren Untersuchungen ausgeschlossen wurden. Auch die Gemische mit Triethylenglykol und Tetraethylenglykol weisen Druckanstiege nach 144 h beziehungsweise 240 h auf, die jedoch folgend wieder rückläufig sind beziehungsweise auf erhöhtem Niveau verbleiben. Ursächlich hierfür erscheinen ebenfalls ther-misch induzierte Zersetzungs- und Umwandlungsvorgänge, in deren Verlauf jedoch gebildete Gase wieder abreagieren (Druckabfall) beziehungsweise keine weiteren Umwandlungsvorgänge stattfinden (stabiles Druckniveau).

Eine Übersicht der vor und nach der thermischen Auslagerung ermittelten pH-Werte, Leitfähigkeiten, Brechungsindizes sowie des ermittelten Zersetzungsgrads der jeweiligen Gemische ist in TABELLE 2 gegeben. Die Ergebnisse weisen (mit Ausnahme von Tetra-

ethylenglykol) einen generellen Abfall des pH-Werts nach Ende der Auslagerung auf, was durch eine Ansäuerung der jeweiligen Gemische, zum Beispiel durch Zersetzungsprodukte, hervorgerufen wird. Die größte Reduzierung weisen Gemische mit 1-Ethyl-3- Methyl-Immidazoliumethylsulfat, Kaliumformiat, 1,2-Propandiol und Glycerin auf. Die ebenfalls generell nach Versuch vorliegende erhöhte Leitfähigkeit der Gemische kann durch eine der Ansäuerung

TABELLE 1 Ermittelte Mischungsverhältnisse und Gefrierpunkte

Gemisch mit …

Verbindungs-klasse

Mischungs ver-hältnis [% m/m]

Gefrier-punkt [°C]

Monoethylenglykol Alkohol 52,23 -40,2

1,2-Propandiol Alkohol 53,20 -40,2

1,3-Butandiol Alkohol 61,32 -40,2

Diethylenglykol Alkohol 58,13 -40,1

Triethylenglykol Alkohol 60,01 -40,7

Tetraethylenglykol Alkohol 60,96 -40,3

Glycerin Alkohol 61,26 -40,4

Diglycerol Alkohol 66,49 -40,4

Kaliumacetat Carbonsäure Salz 38,41 -40,1

Kaliumformiat Carbonsäure Salz 42,73 -39,8

Kaliumpropionat Carbonsäure Salz 38,93 -40,0

Natriumpropionat Carbonsäure Salz 36,08 -40,6

1-Ethyl-3-Methyl- Immidazolium-ethylsulfat

Ionische Flüssigkeit

65,86 -40,7

Dimethylsulfoxid (DMSO)

Sulfoxid 46,99 -40,3

Standardabweichung von 1,2 Propandiol, Triethylenglykol, Tetraethylenglykol = 1,2 °C, andere = 0,6 °C

BILD 1 Aufgezeichnete Druckverläufe während der Auslagerungsversuche (© TU Darmstadt)

FORSCHUNG KühLUNG

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entsprechende Zunahme an leitfähigen Ionen beziehungsweise durch Korrosion des Reaktormaterials im Versuch mit 1-Ethyl-3-Me-thyl-Immidazoliumethylsulfat begründet werden. Die Ergebnisse zei-gen auf, dass die thermische Beständigkeit von 1,2-Propandiol, 1,3-Butandiol, Glycerin und Diglycerol insgesamt am geringsten ist. Diethylenglykol, Triethylenglykol und Natriumpropionat hingegen weisen eine thermische Beständigkeit auf, die mit der von MEG ver-gleichbar ist beziehungsweise diese sogar übertrifft.

4.2 ERGEBNISSE ZU PHYSIKALISCH- CHEMISCHEN STOFFDATENAusgewählte Ergebnisse der physikalisch-chemischen Stoffdate-nermittlung im Gemisch mit Wasser sind in BILD 2 dargestellt. Es wurden die Stoffe ausgewählt, die im Rahmen der jeweiligen Unter-suchung auffallend unterschiedliche Eigenschaften zu MEG aufwei-

sen und somit Vorteile oder erhebliche Nachteile hinsichtlich einer Verwendung im Kühlmittel mit sich bringen würden. Im Vergleich zu MEG zeichnen sich vor allem die Gemische mit 1,2-Propandiol, 1,3-Butandiol und Natriumpropionat durch eine erhöhte spezifische Wärmekapazität aus. Bezogen auf ein reales Kühlsystem einer Ver-brennungskraftmaschine würde sich dies positiv auf den Wärmeab-transport aus thermisch hochbeanspruchten Bereichen auswirken. Auch zeichnen sich Gemische mit 1,3-Butandiol und 1,2-Propan-diol gegenüber MEG durch eine geringere Dichte aus. Hinsichtlich der Anwendung könnten so Gewicht und Emissionen eingespart werden. Die insgesamt höchste ermittelte Dichte weisen Gemische mit Kaliumacetat und Diglycerol auf. In Bezug auf MEG zeichnen sich vor allem im niedrigen Temperaturbereich Gemische mit Kali-umpropionat durch eine ähnliche, Gemische mit Kaliumacetat durch eine niedrigere Viskosität aus. Mit steigender Temperatur nähern

TABELLE 2 Ermittelte pH-Werte, Leitfähigkeiten, Brechungsindizes und Grad der Zersetzung

Gemisch mit …

pH-Wert [-] Leitfähigkeit [µS/cm] Brechungsindex [-] Zersetzungsgrad [%]

Vor Versuch Nach Versuch Vor Versuch Nach Versuch Vor Versuch Nach Versuch –

Monoethylenglykol (52,23 % m/m)

5,24 3,4 1,3 33,3 1,387 1,3875 0,9

1,2-Propandiol (53,20 % m/m)

6,58 3,25 0,5 46,5 1,392 1,3885 15,2

1,3-Butandiol (61,32 % m/m)

5,56 4,79 1,6 3,1 1,4053 1,405 6,5

Diethylenglykol (58,13 % m/m)

6,4 4,03 0,4 11,1 1,442 1,4446 0

Triethylenglykol (60,01 % m/m)

4,42 4,18 2,4 3,4 1,4242 1,4242 0

Tetraethylenglykol (60,96 % m/m)

4,55 4,58 3,1 7,4 1,4142 1,4141 0

Glycerin (61,26 % m/m)

5,52 2,76 1 46,7 1,4162 1,4149 5,32

Diglycerol (66,49 % m/m)

4,25 3,15 1,3 13,3 1,4329 1,4331 7,86

Kaliumacetat (38,41 % m/m)

9,2 8,88 150 x103 150 x103 1,3798 1,3803 0,48

Kaliumformiat (42,73 % m/m)

12 9,91 289 x103 272 x103 1,3788 1,3809 –

Kaliumpropionat (38,93 % m/m)

10,02 9,23 117 x103 118 x103 1,3851 1,3869 3,6

Natriumpropionat (36,08 % m/m)

9,2 8,64 53,5 x103 50,8 x103 1,3862 1,3879 0

1-Eth.-3-Meth.- Immidazoliumethyl-sulfat (65,86 % m/m)

7,31 1,8 33,9 x103 32,2 x103 1,424 1,4308 –

Dimethylsulfoxid (46,99 % m/m) 6,64 – 0,9 – 1,404 – –

12I2016 77. Jahrgang 85

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sich diese jedoch den Werten von MEG weiter an beziehungsweise weisen sogar eine höhere Viskosität aus. Insgesamt ist für den Ein-satz in Kühlkreisläufen eine niedrige Viskosität des Wärmeträgers erwünscht, da bei gleichen Strömungsgeschwindigkeiten geringere Pumpleistungen notwendig werden.

TABELLE 3 dokumentiert die ermittelten Siedepunkte (bei 760 Torr = 1,013 bar) sowie die dem Gemisch entsprechende Verdamp-

fungsenthalpie. Im direkten Vergleich zu Gemischen mit MEG zei-gen Gemische mit Glycerin sowie Kaliumacetat geringfügig höhere, Gemische mit 1,2-Propandiol und Tetraethylenglykol geringere Siedepunkte auf. In der Praxis kann ein im Vergleich zu MEG-Gemischen unterschiedlicher Siedepunkt eine direkte Auswirkung auf die Kühlstrategie und den positiven Effekt der Verdampfungs-kühlung in sogenannten Hot Spots haben und muss deshalb zwin-gend berücksichtigt werden.

5 RANKING

Hinsichtlich des Projektziels, Gefrierpunkterniedrigungsmittel auf-zuzeigen, die potenziell für den Einsatz in Verbrennungskraft-maschinen geeignet sind und sich gegenüber MEG bevorzugt durch eine gesteigerte thermische Stabilität auszeichnen, wurde nach Abschluss der Untersuchungen ein bewertendes Ranking zum besseren Vergleich durchgeführt. In Abstimmung mit den Industrievertretern wurde als Hauptbewertungskriterium der Zer-setzungsgrad während der thermischen Auslagerung gewählt. Nebenkriterium war die ebenfalls während der thermischen Aus-lagerung auftretende Änderung des pH-Werts. Das sich hieraus ergebende Stoffranking ist in TABELLE 4 dargestellt. Hieraus geht hervor, dass Gemische mit Triethylenglykol, Natriumpropionat, Diethylenglykol und Kaliumacetat gegenüber MEG deutliche Vor-teile aufweisen und als potenzielle Alternativstoffe am geeignets-ten erscheinen.

BILD 2 Spezifische Wärmekapazität, Dichte und dynamische Viskosität ausgewählter Stoffe (© TU Darmstadt)

TABELLE 3 Siedepunkte und Verdampfungsenthalpie

Gemisch mit …

Siedepunkt bei 760 Torr [°C]

Verdampfungs-enthalpie [kJ/mol]

Monoethylenglykol (52,23 % m/m)

109,3 43,6

1,2-Propandiol (53,20 % m/m)

105,9 43,1

1,3-Butandiol (61,32 % m/m)

106,3 44,4

Diethylenglykol (58,13 % m/m)

108,8 42,7

Triethylenglykol (60,01 % ,/m)

106,2 43,4

Tetraethylenglykol (60,96 % m/m)

105,4 43,9

Glycerin (61,26 % m/m)

110,7 43,0

Diglycerol (66,49 % m/m)

108,3 43,9

Kaliumacetat (38,41 % m/m)

109,8 43,9

Kaliumpropionat (38,93 % m/m)

107,1 44,0

Natriumpropionat (36,08 % m/m)

107,6 44,2

Standardabweichung = 0,9 °C

FORSCHUNG KühLUNG

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6 ZUSAMMENFASSUNG

Ziel war es, die potenziell geeignetsten Vertreter eines alternativen Gefrierpunkterniedrigungsmittels für den Einsatz in Kühlkreisläu-fen von Verbrennungskraftmaschinen zu identifizieren, die gegen-über MEG eine verbesserte thermische Stabilität bei ansonsten vergleichbaren oder besseren Stoffeigenschaften bieten. Hierzu wurden über 140 Stoffe recherchiert und 13 für weitere Versuche ausgewählt. Folgend wurden sowohl deren thermische Stabilität als auch deren physikalisch-chemische Stoffeigenschaften im Gemisch mit Wasser bestimmt. Um eine Vergleichbarkeit der Stoff eigenschaften zu gewährleisten, wurden alle Gemische auf einen Gefrierpunkt von -40 °C referenziert. Die Bestimmung der thermischen Stabilität erfolgte anhand von IC- und HPLC-Analysen der Gemische vor und nach der thermischen Auslagerung in Reak-toren, die der physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften (spe-zifische Wärmekapazität, Dichte, dynamischer Viskosität, Dampf-

druck, Siedepunkt, Verdampfungsenthalpie) mit entsprechenden messtechnischen Apparaturen.

Nach Abschluss der Untersuchungen wurden alle Versuchser-gebnisse in einem Ranking gegenübergestellt. Hauptkriterien des Rankings waren die thermische Stabilität sowie die Änderung des pH-Werts während der thermischen Auslagerung. Das Ranking zeigt auf, dass Triethylenglykol, Natriumpropionat, Diethylenglykol und Kaliumacetat grundsätzlich am geeignetsten als Alternativen zu MEG für den Einsatz in Kühlkreisläufen erscheinen. Die Erkenntnisse können somit als Basis für die weitere Entwicklung und Erprobung neuer, thermisch stabilerer Kühlmittel dienen.

LITERATURHINWEISE[1] Lehrheuer, B.; Pischinger, S.: Aufbau eines hubraumreduzierten DI-Otto-Motors für die Verwendung von Biokraftstoffen zur Reduzierung von CO2 Emissionen. Informationstagung Motoren, Bad Neuenahr, 2013[2] Gebhardt, N.: Fluidtechnik in Kraftfahrzeugen. heidelberg: Springer, 2010[3] Andersohn, G.: Methodenentwicklung zur Korrosionsuntersuchung thermisch beanspruchter Werkstoffe in Kühlsystemen für Verbrennungs-motoren. Aachen: Shaker, 2013[4] hillerns, F.; Schrimpf, h.: Korrosionsschutz und thermische Belastbarkeit. Sonne Wind & Wärme, 1999[5] Stichel, W.: Einsatz von Frostschutzmitteln in heizanlagen. IKZ-haustechnik, 1997[6] Duchardt, T.; Andersohn, G.; Oechsner, M.: AlFreD – Alternative Gefrierpunkterniedrigungsmittel. FVV-Abschlussbericht zum Vorhaben Nr. 1169, heft 1093, 2016

DANKEDas Projekt Alternative Freezing Point Depressants – AlFreD (Nr. 1169) wurde

durch Eigenmittel der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e. V.

(FVV, Frankfurt) finanziell gefördert. Die Autoren danken der FVV für die Mög-

lichkeit der Projektdurchführung sowie für die finanzielle Unterstützung. Das

Projekt wurde von einem Arbeitskreis der FVV unter der Leitung von Hans Koch,

Mahle Behr GmbH & Co. KG, begleitet. Diesem Arbeitskreis gebührt unser Dank

für die große Unterstützung. Ferner danken die Autoren Prof. Werner Kunz vom

Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Regensburg

für die gute Zusammenarbeit und die durchgeführten Untersuchungen im Rah-

men der Stoffdatenermittlung.

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– Monoethylenglykol 52,23 0,90 35,11 3,10 1,06 3,35 109,30 43,60

1 Triethylenglykol 60,01 0,00 5,43 3,03 1,09 8,29 106,20 43,40

2 Natriumpropionat 36,09 0,00 6,09 3,60 1,17 6,79 107,60 44,20

3 Diethylenglykol 58,13 0,00 37,03 3,05 1,08 7,27 108,80 42,70

4 Kaliumacetat 38,41 0,48 3,48 2,90 1,20 2,77 109,80 43,90

5 Tetraethylenglykol 60,96 3,30 -0,66 3,07 1,09 11,60 105,40 43,90

6 Kaliumpropionat 38,93 3,60 7,88 3,31 1,16 3,33 107,10 44,00

7 Glycerin 61,26 5,32 50,00 2,94 1,15 9,13 110,70 43,00

8 1,3-Butandiol 61,32 6,50 13,85 3,27 1,02 10,93 106,30 44,40

9 Diglycerol 66,49 7,86 25,88 2,83 1,18 28,08 108,30 43,90

10 1,2-Propandiol 53,20 15,20 50,61 3,30 1,04 5,96 105,90 43,10

TABELLE 4 Ranking

12I2016 77. Jahrgang 87

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