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KULTUR KULTUR www.morgenweb.de Samstag 2. JUNI 2018 / Seite 32 MORGEN Gzuz von der Hamburger Hip-Hop- Band „187 Strassenbande“ setzt sich mit seinem Soloalbum „Wolke 7“ an die Spitze der deutschen Charts. In den Single- Charts triumphiert Capital Bra mit „One Night Stand“, teilte GfK Entertainment gestern mit. dpa DIE SPITZE Wetterglück bei Rock im Park NÜRNBERG. Bei bestem Festival-Wet- ter hat das Musikspektakel „Rock im Park“ begonnen: Zehntausende Rock-Fans strömten gestern auf das Zeppelinfeld in Nürnberg. Die Ver- anstalter erwarteten rund 70 000 Besucher und damit etwas weniger als im Jahr zuvor. Auf drei Bühnen drehten Musiker wie die Punkrock-Band Bad Religion schon am Nachmittag mächtig auf. Nach Redaktionsschluss standen am Abend noch Headliner wie die Foo Fighters und Gorillaz auf dem Pro- gramm. dpa Offiziersorden für Grütters PARIS. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ist mit dem französischen Offiziersorden für Kunst und Literatur ausgezeichnet worden. „Frankreich und Deutsch- land sind zwei Kulturnationen, und diesen Begriff füllen wir mit Über- zeugung und Leidenschaft aus“, sagte die Politikerin gestern der dpa in Paris. Grütters erhielt den Orden vor der Verleihung des deutsch-fran- zösischen Franz-Hessel-Preises für zeitgenössische Literatur. Der mit jeweils 10 000 Euro dotierte Preis ging an die Autorin Fatma Aydemir für „Ellbogen“ und den Franzosen Michel Jullien für „Denise au Ven- toux“. dpa Achtstündiges Konzert NEW YORK. In New York ist das acht- stündige Schlafkonzert „Sleep“ des britischen Avantgarde-Komponis- ten Max Richter vor 150 Zuhörern aufgeführt worden. Richter spielte mit verschiedenen Ensembles Stü- cke aus seinen Alben „Infra“, „The Blue Notebooks“ und der Vivaldi- Neuauflage „The Four Seasons – Recomposed“. Am Montag, 4. Juni gibt Max Richter, der auch Pianist ist, in der Berliner Philharmonie ein Kla- vierkonzert. Am kommenden Diens- tag, 5. Juni, spielt Richter im Großen Saal der Alten Oper Frankfurt. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. dpa IN KÜRZE Das Interview: Fotokünstler Jeff Wall über das Haus am Friedrichsplatz, seine Ausstellung und seine persönliche Arbeitsweise „Die Kunsthalle ist recht hübsch“ Wall: In den 1970ern haben wir Fo- tografen mit großen Formaten und Farben experimentiert. Ich war un- zufrieden: Ich wollte einen Weg fin- den, ein Bild groß zu machen, moch- te aber große Drucke nicht. Deswe- gen habe ich es mit Transparenz ver- sucht, wie die Werbung. Ich habe ein paar Sachen gemacht und mochte das. Im großen Format haben sie wie die Malerei eine Bedeutung ange- nommen, die es zuvor nicht gab. Ich mag das lebensgroße Format. Die Dinge werden zum Phänomen wie das Meer, die Welt, das wird für mich physisch. Sie zeigen oft einsame traurige Menschen. Ist das auch eine Form eines sozialen, politischen State- ments? Und wo bleibt der Humor? Wall: Humor markiert für mich oft eine geringere Ambition. Das ist für mich weniger attraktiv. Komik schon eher. Aber ich suche meine Motive nicht aus. Ich bin so. Und Ihr Bild hier in der Ausstellung „Listener“ (Der Zuhörer) ist nicht politisch motiviert? Wall: Doch, aber nicht konkret. Jedes Bild ist politisch. Ich will meinen Bil- dern nichts hinzufügen. Im „Zuhö- rer“ geht es ums Opfer, ums Gefan- gensein. In den Medien sehen Sie im- mer wieder Opfer, von einer Gruppe verurteilt. Sie werden an einen Ort ge- bracht, auf den Boden geworfen, und meistens ist das das Ende für sie. In diesem Moment ist die Diskussion vorbei, niemand hört dem „Listener“ zu, deswegen diese Dramaturgie. Von unseren Redaktionsmitgliedern S. M. Dettlinger und J. Schulz-Sobez Die Kunsthalle Mannheim zeigt eine spektakuläre Jeff-Wall-Ausstellung. Im Vorfeld der Eröffnung gestern Abend beantwortete der kanadische Fotokünstler dieser Zeitung einige Fragen zu sich und seinem Werk. Mister Wall, Sie eröffnen mit Ihrer Schau die Kunsthalle. Wie ist Ihr Eindruck von dem Gebäude? Jeff Wall: Es ist recht hübsch. Ich hat- te zwar noch nicht die Zeit, alles zu se- hen, aber ich bin sehr glücklich darü- ber, wie mein Werk hier gezeigt wird. Es sind eine Menge Dinge, die eine Schau gelungen machen. Die Propor- tionen sind gut, das Licht ist schön, die Architektur sehr einfach. Sie zeigen 30 Bilder. Haben Sie ein Lieblingswerk? Wall: Nein. Diese Bilder sind so groß. Manche sind besser, andere weniger. Künstler kritisieren sich immer selbst. Meine Einschätzung ändert sich auch im Verlauf der Zeit. Es wäre nicht möglich, etwas hervorzuheben. Es gibt nur 200 Bilder von Ihnen. Manche sagen, Sie seien der lang- samste Fotograf der Welt… Wall (lacht): … das ist möglich, aber für mich ist es ein Vollzeitjob, und: Ich könnte sehr schnell sein, aber ich will nicht. Und ich muss nicht. So kann ich arbeiten, wie ich will. Und das, was ich am Ende zeige, entsteht aus diesem langen Prozess. Ich bin sehr glücklich, nicht hetzen zu müssen. Wie kamen Sie zu Kunst und Foto- grafie? Kam die Kunst zu Ihnen? Wall: Die Kunst kam zu mir, ja. Meine Eltern hatten Kunstbücher. Sie woll- ten die Menschen mit Kunst und Mu- sik erziehen. Das war der Geist der 1950er, -60er Jahre. Das war eine groß- artige, leider aus der Mode gekomme- ne Idee. So sah ich Rembrandt, Picas- so und andere schon als Kind. Menschen durch Kultur verbessern zu wollen, ist Humanismus … Wall: … ja, das war eine sehr gute Phase, und ich habe viel gemalt da- mals. In den späten 1960ern hat sich das geändert. Aber mich hat das fas- ziniert, deswegen habe ich auch Kunstgeschichte studiert, obwohl ich nie Kunsthistoriker werden wollte. Sie sagen oft, wie sehr Kunst, Litera- tur und Film Sie inspirieren. Was ist mit der Musik? Wall: Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich Alltagsgeräusche der Musik vorziehe. Musik bewegt mich nicht, das ist eine Beschränkung in mir. Ich höre schon Musik, kann sie auch be- wundern. Aber sie kann tyrannisie- ren, sie beherrscht die Zeit und die Umgebung. Man ist ihr ausgeliefert. Es ist eines meiner Probleme. (lacht) Wie kamen Sie eigentlich darauf, die großen Lichtboxen zu machen? Wollen Sie ganz gezielt das 19. Jahr- hundert thematisieren, weil die Moderne es ausgespart hat? Wall: Die Moderne ist kompliziert, die Avantgarde wollte nichts mit der Vergangenheit zu tun haben. Es gab für mich nie einen Grund, zu sagen, dass dies der einzige Weg sei. Mit Kunstkritiker Michael Fried gefragt: Warum ist Fotografie als Kunst so bedeutend wie nie zuvor? Wall: In der Tafelbildform hat Fried eine Art Verpflichtung zum Viktoria- nischen gesehen, er sah Parallelen, die er mochte. Ich glaube, er sah bei manchen Fotografen einfach eine aus der vergangenen Kunst herrüh- rende Kontinuität. Für mich ist das so. Es ist wie aktuelle Malerei. Wie würde da Friedrich Hegels Theorie vom Ende der Kunst hi- neinpassen? Wall (lacht): Gute Frage. Das ist die Bedingung, nur so können wir heute Kunst machen. Vielleicht ist Evoluti- on nur so möglich. Viktorianische Kunst ändert sich vor dem Hinter- grund der Abstraktion. Deswegen ist die Mannheimer Sammlung auch so interessant, weil sie so viele interes- sante figurative Werke versammelt und mit abstrakter Kunst konfron- tiert. Deswegen bin ich auch so glück- lich, meine Schau hier zu zeigen. Jeff Wall (Mitte) im Gespräch mit Redakteur Johann Schulz-Sobez (l.) und Kulturchef Stefan M. Dettlinger. BILD: RINDERSPACHER Rock am Ring: Erste Bands heizen am Nürburgring ihren Zuhörern ein / Regen und Sturm zerstören zahlreiche Zelte / Polizei lobt reibungslose Anreise Trübes Wetter, ausgelassene Stimmung Von unserem Korrespondenten Markus Mertens Der Wettergott zeigt sich an Tag eins im Jahr 2018 am Nürburgring nicht als Rock am Ring-Anhänger. Denn noch bevor an der Traditionsrenn- strecke in der Eifel auch nur ein Ak- kord erklingt, wütet in der Nacht auf gestern ein herbes Unwetter. Zwar sprach ein Sprecher des Roten Kreu- zes mit Blick auf mögliche Verletzte am Morgen von einer „verhältnis- mäßig ruhigen Nacht“, die „einsatz- technisch absolut im Rahmen“ ge- blieben sei. Doch ein Blick auf die Zeltlandschaften, in denen dutzen- de Pavillons umgeknickt und hun- derte Zelte samt Inventar vom Regen fortgespült wurden, weckte bereits erste Erinnerungen an die vergange- nen Jahre, in denen 90 000 Festival- gäste in Mendig und auch bei der Rückkehr an den Ring im vergange- nen Jahr massiven Gewitterfronten standhalten mussten. Ein Festival- abbruch war 2015 nach mehreren Schwerverletzten durch Blitzein- schläge und Starkregen die Folge. Besucher nehmen’s gelassen Doch statt zu murren, nehmen die meisten Fans die Regenmassen zu Beginn der 33. Auflage recht ent- spannt. Polizeisprecher Lars Brum- mer erklärte dem „Mannheimer Morgen“ auf Anfrage, er habe die „entspannteste Anreise seit Jahren“ erlebt, mit der man – auch dank kaum vorhandener Rückstaus – or- ganisatorisch „vollauf zufrieden“ sein könne. Das Gros der Heavy Me- tal-Fraktion kommt mit Poncho, Bollerwagen und bester Laune über die Gehwege, um sich auf drei Tage und 75 Bands einzustimmen. Um 13 Uhr öffnet das Festivalge- lände, das von der musikhungrigen Menge zwar nicht im Sturm, aber doch mit hochgereckten Armen er- kundet wird – bis es um kurz nach 14 Uhr dann endlich soweit ist und die amerikanischen Experimental- rocker von „Greta van Fleet“ mit der Volcano Stage die Hauptbühne ein- weihen. Das Quartett aus Michigan lässt es mit einer explosiven Mi- schung aus Experimental Rock und Blues Folk dann auch gleich mächtig krachen und entlockt der müden Menge erste Begeisterungsstürme. Die kommen Patrick Sheehy und den Seinen von „Walking on Cars“ gerade recht. Denn auch, wenn es unerbittlich weiterregnet („Wir ha- ben euch unser irisches Wetter mit- gebracht“) und die Jungs von der In- sel Headlinern wie Marilyn Manson und „30 Seconds To Mars“ nur den Weg bereiten: Als sich die Tausen- den zu „Speeding Cars“ ein erstes Mal vergessen, bekommt die Stim- mung Flügel. Ein herrliches Gefühl. w Fotostrecke unter morgenweb.de/kultur Jim Adkins Frontmann der Band „Jimmy Eat World“ bei Rock am Ring. BILD: DPA Jeff Wall und die Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim Die Ausstellung: Bis 9. September zeigt die Kunsthalle 30 Werke. Neben Dialeuchtkästen und Schwarz-Weiß- Fotografien werden auch Walls far- bige C-Prints ausgestellt. Die Öffnungszeiten: Di-So und Fei- ertage 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr, 1. Mitt- woch im Monat 10-22 Uhr (ab 18 Uhr Eintritt frei). Der Kontakt: 0621/2 93 64 23. dms Der Künstler: Jeff Wall ist 1946 in Vancouver geboren. Dem kanadischen Fotokünstler wird eine Schlüsselrolle zugeschrieben, Fotografie als eigene Kunstform etabliert zu haben. 2002 erhielt er den Internationalen Preis für Fotografie (Hasselblad Foundation Award). Besonders seine Großformate haben die Düsseldorfer Schule um Andreas Gursky geprägt. Schauspiel Köln Reker lässt Führungsstil prüfen Nach Mobbing-Vorwürfen gegen die Leitung des Kölner Schauspiels will Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Führungskultur an den städtischen Bühnen untersuchen lassen. „Es ist wichtig, insgesamt zu hinterfragen, wie an den Bühnen ge- führt wird“, sagte die parteilose Poli- tikerin der Deutschen Presse-Agen- tur. Mitarbeiter müssten in jedem Fall wertgeschätzt werden, betonte Reker. „Ich kann mir darüber jetzt noch kein Urteil erlauben, dafür bin ich zu weit weg.“ Sie habe bei Kultur- dezernentin Susanne Laugwitz-Aul- bach einen Bericht angefordert. Der „Spiegel“ hatte von Mob- bing-Vorwürfen ehemaliger und ak- tueller Ensemble-Mitglieder berich- tet. Die Vorwürfe richten sich gegen die Frau des Intendanten Stefan Bachmann, Melanie Kretschmann, die in Köln als Schauspielerin und Regisseurin arbeitet. dpa Echo 2018: Skandal-Rapper wollten nach Auschwitz reisen Besuch verschoben Für den angekündigten Besuch der Rapper Farid Bang und Kollegah in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz gibt es bisher keinen Termin: Der Besuch werde definitiv nicht an diesem Wo- chenende stattfinden, sagte der Vi- zepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, der Deutschen Presse- Agentur gestern in Berlin. Ursprünglich war der 3. Juni ins Gespräch gebracht worden. Er sei aber nie als fester Termin vorgese- hen gewesen, sondern nur in Zu- sammenhang mit dem Beginn eines Besuchs von deutschen und polni- schen Jugendlichen, die den Mitar- beitern der Gedenkstätte auf dem Gelände helfen wollen. Dem hätten sich die Rapper eventuell anschlie- ßen können. Er warte noch auf ein Zeichen des Managements der bei- den Musiker, sagte Heubner. Farid Bang und Kollegah waren im April trotz Antisemitismus-Vor- würfen mit dem Musikpreis Echo ausgezeichnet worden. Besonders kritisiert wurden die Liedzeilen „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen“ und „Mache wieder mal ’nen Holocaust, komm’ an mit dem Molotow“. Etliche Musi- ker gaben ihre eigenen Echo-Preise aus Protest zurück, danach wurde die Auszeichnung abgeschafft. dpa Klimawandel W ir steinalten Mitbürger, die von den Medien so schön wie erfolglos mit „Best Ager“ (was in etwa „Person im besten Alter“ bedeuten soll) schöngeredet wer- den, hatten ja bei den ersten Anzeichen des Klimawandels noch die ein wenig schadenfrohe Überzeugung, dass es uns ja nicht mehr treffen wird. Wir dachten zwar mit einiger Empathie an unsere Kinder und Enkel, wie die wohl damit zurechtkommen würden, dass es vielleicht jedes Jahr um ein, zwei Grad wärmer werden könnte oder dass die Nie- derlande bald unter Wasser ste- hen. Kurz – es ging uns ja eigent- lich nichts mehr an. Ich glaube, wir sollten uns mit dem Gedanken vertraut machen, dass sich die ganze Sache in gespenstischer Weise beschleu- nigt. Die Temperaturen, unter denen wir in diesem Mai gelitten haben, hatten wir früher allenfalls im August. Und die Sache mit den Starkregen-Katastrophen, die sich manchmal auf eine einzige Gemeinde beschränken, wäh- rend vier Kilometer weiter alles trocken bleibt, stimmt uns auch nicht allzu fröhlich. Heute Nacht hat es auch uns getroffen. Der Sturm heulte ums Haus wie in einem Horrorfilm, und als der armdicke Holzmast des riesigen Sonnenschirms, der tief in einer Metallhülse im Rasen steckte, mit einem gewaltigen Krachen durchbrach, da war klar: Wir sind schon mittendrin in der Klimakatastrophe. Und die Nie- derländer sollten den Wohnwa- gen-Exodus Richtung Süden nicht mehr allzu lange aufschie- ben. Waltraud Brunst ZEITZEICHEN

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KULTURKULTURwww.morgenweb.deSamstag 2. JUNI 2018 / Seite 32 MORGEN

Gzuz von der Hamburger Hip-Hop-Band „187 Strassenbande“ setztsich mit seinem Soloalbum„Wolke 7“ an die Spitze derdeutschen Charts. In den Single-Charts triumphiert Capital Bra mit„One Night Stand“, teilte GfKEntertainment gestern mit. dpa

DIE SPITZE

Wetterglück bei Rock im ParkNÜRNBERG. Bei bestem Festival-Wet-ter hat das Musikspektakel „Rock imPark“ begonnen: ZehntausendeRock-Fans strömten gestern auf dasZeppelinfeld in Nürnberg. Die Ver-anstalter erwarteten rund70 000 Besucher und damit etwasweniger als im Jahr zuvor. Auf dreiBühnen drehten Musiker wie diePunkrock-Band Bad Religion schonam Nachmittag mächtig auf. NachRedaktionsschluss standen amAbend noch Headliner wie die FooFighters und Gorillaz auf dem Pro-gramm. dpa

Offiziersorden für GrüttersPARIS. KulturstaatsministerinMonika Grütters (CDU) ist mit demfranzösischen Offiziersorden fürKunst und Literatur ausgezeichnetworden. „Frankreich und Deutsch-land sind zwei Kulturnationen, unddiesen Begriff füllen wir mit Über-zeugung und Leidenschaft aus“,sagte die Politikerin gestern der dpain Paris. Grütters erhielt den Ordenvor der Verleihung des deutsch-fran-zösischen Franz-Hessel-Preises fürzeitgenössische Literatur. Der mitjeweils 10 000 Euro dotierte Preisging an die Autorin Fatma Aydemirfür „Ellbogen“ und den FranzosenMichel Jullien für „Denise au Ven-toux“. dpa

Achtstündiges KonzertNEW YORK. In New York ist das acht-stündige Schlafkonzert „Sleep“ desbritischen Avantgarde-Komponis-ten Max Richter vor 150 Zuhörernaufgeführt worden. Richter spieltemit verschiedenen Ensembles Stü-cke aus seinen Alben „Infra“, „TheBlue Notebooks“ und der Vivaldi-Neuauflage „The Four Seasons –Recomposed“. Am Montag, 4. Junigibt Max Richter, der auch Pianist ist,in der Berliner Philharmonie ein Kla-vierkonzert. Am kommenden Diens-tag, 5. Juni, spielt Richter im GroßenSaal der Alten Oper Frankfurt.Beginn ist jeweils um 20 Uhr. dpa

IN KÜRZEDas Interview: Fotokünstler Jeff Wall über das Haus am Friedrichsplatz, seine Ausstellung und seine persönliche Arbeitsweise

„Die Kunsthalle ist recht hübsch“

Wall: In den 1970ern haben wir Fo-tografen mit großen Formaten undFarben experimentiert. Ich war un-zufrieden: Ich wollte einen Weg fin-den, ein Bild groß zu machen, moch-te aber große Drucke nicht. Deswe-gen habe ich es mit Transparenz ver-sucht, wie die Werbung. Ich habe einpaar Sachen gemacht und mochtedas. Im großen Format haben sie wiedie Malerei eine Bedeutung ange-nommen, die es zuvor nicht gab. Ichmag das lebensgroße Format. DieDinge werden zum Phänomen wiedas Meer, die Welt, das wird für michphysisch.

Sie zeigen oft einsame traurigeMenschen. Ist das auch eine Formeines sozialen, politischen State-ments? Und wo bleibt der Humor?

Wall: Humor markiert für mich ofteine geringere Ambition. Das ist fürmich weniger attraktiv. Komik schoneher. Aber ich suche meine Motivenicht aus. Ich bin so.

Und Ihr Bild hier in der Ausstellung„Listener“ (Der Zuhörer) ist nichtpolitisch motiviert?

Wall: Doch, aber nicht konkret. JedesBild ist politisch. Ich will meinen Bil-dern nichts hinzufügen. Im „Zuhö-rer“ geht es ums Opfer, ums Gefan-gensein. In den Medien sehen Sie im-mer wieder Opfer, von einer Gruppeverurteilt. Sie werden an einen Ort ge-bracht, auf den Boden geworfen, undmeistens ist das das Ende für sie. Indiesem Moment ist die Diskussionvorbei, niemand hört dem „Listener“zu, deswegen diese Dramaturgie.

Von unseren RedaktionsmitgliedernS. M. Dettlinger und J. Schulz-Sobez

Die Kunsthalle Mannheim zeigt einespektakuläre Jeff-Wall-Ausstellung.Im Vorfeld der Eröffnung gesternAbend beantwortete der kanadischeFotokünstler dieser Zeitung einigeFragen zu sich und seinem Werk.

Mister Wall, Sie eröffnen mit IhrerSchau die Kunsthalle. Wie ist IhrEindruck von dem Gebäude?

Jeff Wall: Es ist recht hübsch. Ich hat-te zwar noch nicht die Zeit, alles zu se-hen, aber ich bin sehr glücklich darü-ber, wie mein Werk hier gezeigt wird.Es sind eine Menge Dinge, die eineSchau gelungen machen. Die Propor-tionen sind gut, das Licht ist schön,die Architektur sehr einfach.

Sie zeigen 30 Bilder. Haben Sie einLieblingswerk?

Wall: Nein. Diese Bilder sind so groß.Manche sind besser, andere weniger.Künstler kritisieren sich immerselbst. Meine Einschätzung ändertsich auch im Verlauf der Zeit. Es wärenicht möglich, etwas hervorzuheben.

Es gibt nur 200 Bilder von Ihnen.Manche sagen, Sie seien der lang-samste Fotograf der Welt…

Wall (lacht): … das ist möglich, aberfür mich ist es ein Vollzeitjob, und: Ichkönnte sehr schnell sein, aber ich willnicht. Und ich muss nicht. So kannich arbeiten, wie ich will. Und das,was ich am Ende zeige, entsteht ausdiesem langen Prozess. Ich bin sehrglücklich, nicht hetzen zu müssen.

Wie kamen Sie zu Kunst und Foto-grafie? Kam die Kunst zu Ihnen?

Wall: Die Kunst kam zu mir, ja. MeineEltern hatten Kunstbücher. Sie woll-ten die Menschen mit Kunst und Mu-sik erziehen. Das war der Geist der1950er, -60er Jahre. Das war eine groß-artige, leider aus der Mode gekomme-ne Idee. So sah ich Rembrandt, Picas-so und andere schon als Kind.

Menschen durch Kultur verbessernzu wollen, ist Humanismus …

Wall: … ja, das war eine sehr gutePhase, und ich habe viel gemalt da-mals. In den späten 1960ern hat sichdas geändert. Aber mich hat das fas-ziniert, deswegen habe ich auchKunstgeschichte studiert, obwohl ichnie Kunsthistoriker werden wollte.

Sie sagen oft, wie sehr Kunst, Litera-tur und Film Sie inspirieren. Was istmit der Musik?

Wall: Ich habe irgendwann gemerkt,dass ich Alltagsgeräusche der Musikvorziehe. Musik bewegt mich nicht,das ist eine Beschränkung in mir. Ichhöre schon Musik, kann sie auch be-wundern. Aber sie kann tyrannisie-ren, sie beherrscht die Zeit und dieUmgebung. Man ist ihr ausgeliefert.Es ist eines meiner Probleme. (lacht)

Wie kamen Sie eigentlich darauf,die großen Lichtboxen zu machen?

Wollen Sie ganz gezielt das 19. Jahr-hundert thematisieren, weil dieModerne es ausgespart hat?

Wall: Die Moderne ist kompliziert,die Avantgarde wollte nichts mit derVergangenheit zu tun haben. Es gabfür mich nie einen Grund, zu sagen,dass dies der einzige Weg sei.

Mit Kunstkritiker Michael Friedgefragt: Warum ist Fotografie alsKunst so bedeutend wie nie zuvor?

Wall: In der Tafelbildform hat Friedeine Art Verpflichtung zum Viktoria-nischen gesehen, er sah Parallelen,die er mochte. Ich glaube, er sah beimanchen Fotografen einfach eineaus der vergangenen Kunst herrüh-rende Kontinuität. Für mich ist dasso. Es ist wie aktuelle Malerei.

Wie würde da Friedrich HegelsTheorie vom Ende der Kunst hi-neinpassen?

Wall (lacht): Gute Frage. Das ist dieBedingung, nur so können wir heuteKunst machen. Vielleicht ist Evoluti-on nur so möglich. ViktorianischeKunst ändert sich vor dem Hinter-grund der Abstraktion. Deswegen istdie Mannheimer Sammlung auch sointeressant, weil sie so viele interes-sante figurative Werke versammeltund mit abstrakter Kunst konfron-tiert. Deswegen bin ich auch so glück-lich, meine Schau hier zu zeigen.

Jeff Wall (Mitte) im Gespräch mit Redakteur Johann Schulz-Sobez (l.) und Kulturchef Stefan M. Dettlinger. BILD: RINDERSPACHER

Rock am Ring: Erste Bands heizen am Nürburgring ihren Zuhörern ein / Regen und Sturm zerstören zahlreiche Zelte / Polizei lobt reibungslose Anreise

Trübes Wetter, ausgelassene StimmungVon unserem KorrespondentenMarkus Mertens

Der Wettergott zeigt sich an Tag einsim Jahr 2018 am Nürburgring nichtals Rock am Ring-Anhänger. Dennnoch bevor an der Traditionsrenn-strecke in der Eifel auch nur ein Ak-kord erklingt, wütet in der Nacht aufgestern ein herbes Unwetter. Zwarsprach ein Sprecher des Roten Kreu-zes mit Blick auf mögliche Verletzteam Morgen von einer „verhältnis-mäßig ruhigen Nacht“, die „einsatz-technisch absolut im Rahmen“ ge-blieben sei. Doch ein Blick auf dieZeltlandschaften, in denen dutzen-de Pavillons umgeknickt und hun-derte Zelte samt Inventar vom Regen

fortgespült wurden, weckte bereitserste Erinnerungen an die vergange-nen Jahre, in denen 90 000 Festival-gäste in Mendig und auch bei derRückkehr an den Ring im vergange-nen Jahr massiven Gewitterfrontenstandhalten mussten. Ein Festival-abbruch war 2015 nach mehrerenSchwerverletzten durch Blitzein-schläge und Starkregen die Folge.

Besucher nehmen’s gelassenDoch statt zu murren, nehmen diemeisten Fans die Regenmassen zuBeginn der 33. Auflage recht ent-spannt. Polizeisprecher Lars Brum-mer erklärte dem „MannheimerMorgen“ auf Anfrage, er habe die„entspannteste Anreise seit Jahren“

erlebt, mit der man – auch dankkaum vorhandener Rückstaus – or-ganisatorisch „vollauf zufrieden“sein könne. Das Gros der Heavy Me-tal-Fraktion kommt mit Poncho,Bollerwagen und bester Laune überdie Gehwege, um sich auf drei Tageund 75 Bands einzustimmen.

Um 13 Uhr öffnet das Festivalge-lände, das von der musikhungrigenMenge zwar nicht im Sturm, aberdoch mit hochgereckten Armen er-kundet wird – bis es um kurz nach14 Uhr dann endlich soweit ist unddie amerikanischen Experimental-rocker von „Greta van Fleet“ mit derVolcano Stage die Hauptbühne ein-weihen. Das Quartett aus Michiganlässt es mit einer explosiven Mi-

schung aus Experimental Rock undBlues Folk dann auch gleich mächtigkrachen und entlockt der müdenMenge erste Begeisterungsstürme.

Die kommen Patrick Sheehy undden Seinen von „Walking on Cars“gerade recht. Denn auch, wenn esunerbittlich weiterregnet („Wir ha-ben euch unser irisches Wetter mit-gebracht“) und die Jungs von der In-sel Headlinern wie Marilyn Mansonund „30 Seconds To Mars“ nur denWeg bereiten: Als sich die Tausen-den zu „Speeding Cars“ ein erstesMal vergessen, bekommt die Stim-mung Flügel. Ein herrliches Gefühl.

w Fotostrecke untermorgenweb.de/kultur

Jim Adkins Frontmann der Band „JimmyEat World“ bei Rock am Ring. BILD: DPA

Jeff Wall und die Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim

� Die Ausstellung: Bis 9. Septemberzeigt die Kunsthalle 30 Werke. NebenDialeuchtkästen und Schwarz-Weiß-Fotografien werden auch Walls far-bige C-Prints ausgestellt.

� Die Öffnungszeiten: Di-So und Fei-ertage 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr, 1. Mitt-woch im Monat 10-22 Uhr (ab 18 UhrEintritt frei).

� Der Kontakt: 0621/2 93 64 23. dms

� Der Künstler: Jeff Wall ist 1946 inVancouver geboren. Dem kanadischenFotokünstler wird eine Schlüsselrollezugeschrieben, Fotografie als eigeneKunstform etabliert zu haben. 2002erhielt er den Internationalen Preis fürFotografie (Hasselblad FoundationAward). Besonders seine Großformatehaben die Düsseldorfer Schule umAndreas Gursky geprägt.

Schauspiel Köln

Reker lässtFührungsstil prüfenNach Mobbing-Vorwürfen gegendie Leitung des Kölner Schauspielswill Oberbürgermeisterin HenrietteReker die Führungskultur an denstädtischen Bühnen untersuchenlassen. „Es ist wichtig, insgesamt zuhinterfragen, wie an den Bühnen ge-führt wird“, sagte die parteilose Poli-tikerin der Deutschen Presse-Agen-tur. Mitarbeiter müssten in jedemFall wertgeschätzt werden, betonteReker. „Ich kann mir darüber jetztnoch kein Urteil erlauben, dafür binich zu weit weg.“ Sie habe bei Kultur-dezernentin Susanne Laugwitz-Aul-bach einen Bericht angefordert.

Der „Spiegel“ hatte von Mob-bing-Vorwürfen ehemaliger und ak-tueller Ensemble-Mitglieder berich-tet. Die Vorwürfe richten sich gegendie Frau des Intendanten StefanBachmann, Melanie Kretschmann,die in Köln als Schauspielerin undRegisseurin arbeitet. dpa

Echo 2018: Skandal-Rapperwollten nach Auschwitz reisen

BesuchverschobenFür den angekündigten Besuch derRapper Farid Bang und Kollegah inder KZ-Gedenkstätte Auschwitz gibtes bisher keinen Termin: Der Besuchwerde definitiv nicht an diesem Wo-chenende stattfinden, sagte der Vi-zepräsident des InternationalenAuschwitz Komitees, ChristophHeubner, der Deutschen Presse-Agentur gestern in Berlin.

Ursprünglich war der 3. Juni insGespräch gebracht worden. Er seiaber nie als fester Termin vorgese-hen gewesen, sondern nur in Zu-sammenhang mit dem Beginn einesBesuchs von deutschen und polni-schen Jugendlichen, die den Mitar-beitern der Gedenkstätte auf demGelände helfen wollen. Dem hättensich die Rapper eventuell anschlie-ßen können. Er warte noch auf einZeichen des Managements der bei-den Musiker, sagte Heubner.

Farid Bang und Kollegah warenim April trotz Antisemitismus-Vor-würfen mit dem Musikpreis Echoausgezeichnet worden. Besonderskritisiert wurden die Liedzeilen„Mein Körper definierter als vonAuschwitz-Insassen“ und „Machewieder mal ’nen Holocaust, komm’an mit dem Molotow“. Etliche Musi-ker gaben ihre eigenen Echo-Preiseaus Protest zurück, danach wurdedie Auszeichnung abgeschafft. dpa

KlimawandelW ir steinalten Mitbürger, die

von den Medien so schönwie erfolglos mit „Best Ager“ (wasin etwa „Person im besten Alter“bedeuten soll) schöngeredet wer-den, hatten ja bei den erstenAnzeichen des Klimawandelsnoch die ein wenig schadenfroheÜberzeugung, dass es uns ja nichtmehr treffen wird. Wir dachtenzwar mit einiger Empathie anunsere Kinder und Enkel, wie diewohl damit zurechtkommenwürden, dass es vielleicht jedesJahr um ein, zwei Grad wärmerwerden könnte oder dass die Nie-derlande bald unter Wasser ste-hen. Kurz – es ging uns ja eigent-lich nichts mehr an.

Ich glaube, wir sollten uns mitdem Gedanken vertraut machen,dass sich die ganze Sache ingespenstischer Weise beschleu-nigt. Die Temperaturen, unterdenen wir in diesem Mai gelittenhaben, hatten wir früher allenfallsim August. Und die Sache mit denStarkregen-Katastrophen, diesich manchmal auf eine einzigeGemeinde beschränken, wäh-rend vier Kilometer weiter allestrocken bleibt, stimmt uns auchnicht allzu fröhlich.

Heute Nacht hat es auch unsgetroffen. Der Sturm heulte umsHaus wie in einem Horrorfilm,und als der armdicke Holzmastdes riesigen Sonnenschirms, dertief in einer Metallhülse im Rasensteckte, mit einem gewaltigenKrachen durchbrach, da war klar:Wir sind schon mittendrin in derKlimakatastrophe. Und die Nie-derländer sollten den Wohnwa-gen-Exodus Richtung Südennicht mehr allzu lange aufschie-ben. Waltraud Brunst

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