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Bambi ist süß, doch vorn steht der Platzhirsch. Er trotzt Krisen in Wirtschaft und Politik, nutzt Digitalisierung und Globalisierung, greift Trends auf, überlebt technische Revolutionen sowie neue Konkurrenten. Was sind die Erfolgsgeheimnisse der Zwanzigender und wer darf sich zu Recht »Marktführer« nennen? 01–2017 Nº6 DAS MAGAZIN für engineering und it PLATZHIRSCH FERCHAU aktuell FERCHAU aktuell

Kundenmagazin FERCHAUaktuell 2017/01 · nach einem kurzen Höhen˝ ug über die Weltmärkte wieder unter »ferner liefen« rangieren, gelingt es an-deren, sich den Titel »Platzhirsch«

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Page 1: Kundenmagazin FERCHAUaktuell 2017/01 · nach einem kurzen Höhen˝ ug über die Weltmärkte wieder unter »ferner liefen« rangieren, gelingt es an-deren, sich den Titel »Platzhirsch«

Bambi ist süß, doch vorn steht der Platzhirsch. Er trotzt Krisen in Wirtschaft und Politik, nutzt Digitalisierung und Globalisierung, greift Trends auf, überlebt

technische Revolutionen sowie neue Konkurrenten. Was sind die Erfolgsgeheimnisse der Zwanzigender und wer darf sich zu Recht »Marktführer« nennen?

01–2017Nº6

DAS MAGAZ IN für eng ineer ing und i t

PLATZHIRSCH

FERCHAU aktuellFERCHAU aktuell

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impressum

FERCHAU AKTUELLAusgabe 01 | 2017Auflage: 80.00033. JahrgangZKZ: 61482

CHEFREDAKTION (V. I. S. D. P.)Martina Gebhardt

HERAUSGEBERFERCHAUEngineering GmbHSteinmüllerallee 251643 GummersbachFon +49 2261 3006-0Fax +49 2261 [email protected]

REDAKTIONSTEAMIra Cornils Christian EbelNando FörsterStefanie FreitagMichael KröhanFlorian Zeichner

REDAKTION EXTERNBernd Seidel & FriendsFon +49 89 45246970seidelfriends.de

GESTALTUNGgrafish GmbHMatthias MüllerFon +49 211 63559150

DRUCKGronenberg GmbH & Co. KG51674 WiehlFon +49 2261 9683-0

COPYRIGHTDie in diesem Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Wenn als Einzelnachweis auf der Seite nicht anders vermerkt: FERCHAU Engineering GmbH.

Offizieller Engineering-Partner des VfL Gummersbach

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

»Wirtschaft und Waldesrand«, heißt es in der Titelgeschichte dieser Ausgabe, »haben vieles gemein: Auch die ›Platzhirsche‹ unter den Unternehmen müssen immer wieder aufs Neue ihre Stärke beweisen.« Das gilt selbstverständlich auch für FERCHAU, Deutschlands Engineering- und IT-Dienst-leister Nr. 1. Daher fokussieren wir uns auch 2017 auf unsere mit umfassenden Kompeten-zen hinterlegten strategischen Wachstums-felder. Verbunden sind damit eine weitere Ausweitung unseres Projektgeschäfts durch Projektgruppen und unsere Technischen Büros (Engineering Competence) sowie der gezielte Ausbau unserer IT- und OEM-Aktivitäten. Insgesamt haben wir uns für 2017 eine Umsatzsteigerung auf über 680 Millionen Euro zum Ziel gesetzt. Diese Pläne können wir nicht ohne neue Kollegen* umsetzen: Die Zahl unserer Mitarbeiter möchten wir von 7.400 auf deutlich über 8.000 erhöhen.

Eine wichtige Rolle spielt dabei der Automotive-Sektor. Mit der Etablierung von OEM-fokussierten Niederlassungen in München, Ingolstadt und zuletzt in Stuttgart sowie deren organisatorischer Zuordnung in einen eigenen Geschäftsbereich haben wir die Voraussetzungen für weiteres Wachstum ge-scha� en. Bei der verstärkten Ausrichtung auf den Bedarf von OEMs und First-Tier-Suppliern werden wir 2017 noch einen Gang höher-schalten. Hintergrund ist die Überzeugung, dass die Komplexität des OEM-Geschäfts im Hinblick auf die zentralen Wachstumstrends

autonomes Fahren, Elektri� zierung, Komfort, Sicherheit und Digitalisierung eine fortgesetzte Spezialisierung mit einer stark ausgeweiteten Inhouse-Kompetenz erfordert.

Für die Übernahme komplexer Ent-wicklungsaufgaben oder Workpackages bieten wir unseren Kunden passgenaue Lösungen zur Ausgestaltung rechtssicherer Werkverträge. Das schließt auch ein spezielles IT-Tool ein, mit dem sich Dienstanweisungen, Berichte undAbnahmen e� zient steuern lassen. Aktuell passen wir unsere Organisation an die neue Gesetzgebung zur Arbeitnehmerüberlassung inklusive Equal Pay an. Das beinhaltet auch einen intensiven Dialog mit der IG Metall über die Möglichkeiten für eine ebenso gesetzes-konforme wie praxisorientierte Ausgestaltung unseres bestehenden Haustarifvertrags über die Laufzeit bis Juli 2018 hinaus.

Wichtig ist es uns, bei Ihnen, unseren Kunden, für mehr Transparenz hinsichtlich der neuen Gesetzgebung zu sorgen. Daher haben wir im März eine Seminarreihe gestartet, bei der der renommierte Arbeitsrechtler Professor Dr. Wolfgang Hamann über die neuen Regelungen und die damit verbundenen Konsequenzen informiert. Bei Interesse wenden Sie sich bitte direkt an Ihre zuständi-ge Niederlassung.

PS: Möchten Sie mehr darüber erfahren, was

FERCHAU zum Platzhirsch macht und wie Sie

als Kunde oder Mitarbeiter davon pro� tieren?

Dann besuchen Sie uns auf der Hannover Messe.

Infos dazu � nden Sie auf Seite 19.

* Alle Nennungen: m/w

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e d i t o r i a l

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PLATZHIRSCHs c h w e r p u n k t

FERCHAU aktuellFERCHAU aktuellFERCHAU aktuellW O R L D of E N G I N E E R I N G

Berichte, Porträts und Interviews aus den siebenFachbereichen von FERCHAU Engineering

Die FERCHAU-Projektgruppe ist ein Modell mit vielen Vorteilen: unbegrenzter Einsatz externer

Fachkrä� e vor Ort, administrative Steuerung und personelle Skalierung durch FERCHAU sowie

rechtssichere Ausgestaltung.

Schneller Druck machenBei einer integrierten Flexodruck-Lösung setzte FERCHAU-Mitarbeiter Christian Diekmann Impulse.

Dicke FischeBei Werftverbünden zählt die Größe – nicht immer mit Erfolg. Spezialisierung ist manchmal die bessere Strategie.

24s c h i f f b a u u n d m e e r e s t e c h n i k

30i t

Agil auf die BrückeFERCHAU-Mitarbeiter Florian Holdt hat bei der von ihm unterstützten Entwicklung einer Radarsoftware »alles auf dem Schirm«.

28a n l a g e n b a u

Hightech statt HolzplankenFERCHAU-Mitarbeiter Christian Altenscheidt hat ein Programm entwickelt, um Betriebsgebäude von Schlauch-wehren schnell und wirtschaftlich zu konstruieren.

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32

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f a h r z e u g t e c h n i k

l u f t - u n d r a u m f a h r t t e c h n i k

e l e k t r o t e c h n i k

Die großen JungsEine FERCHAU- Projektgruppe unterstützt den Kranbauer Manitowoc. So verbessern sich Planbarkeit und Flexibilität.

Der Gri� nach den SternenEs geht wieder aufwärts in der Raumfahrt. Dabei zählen weniger die technischen Rekorde – wichtiger ist die Kosteneffizienz der Raketen.

Digitalpioniere aus TirolWestcam automatisiert seit 25 Jahren die Fertigung und hilft anderen dabei, es auch zu schaffen.

26m a s c h i n e n b a u

Waldlichtung und Wirtschaft haben vieles gemeinsam: »The winner gets it all.« Ganz oben steht der Platzhirsch.

Doch in der Wirtschaft kommt es nicht zwangsläu� g auf Größe an, wenn man Marktführer werden will – vielmehr zählen die Nähe zum Kunden, technische

Meisterleistungen und � exible Organisationen. In der FERCHAUaktuell zeigen wir gute Beispiele für

Zwanzigender – und Firmen, denen im Laufe ihrer Geschichte ein Zacken aus der Krone gebrochen ist.

Daneben schauen wir, wer wann in der Wirtschaftswelt die besseren Entscheidungen tri� t: der Platzhirsch oder das Rudel? Und mit unserem Selbsttest können

Sie selbst evaluieren, ob Sie das Zeug zum Häuptling haben oder bei den Indianern mitlaufen.

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Wo wir sind, ist vorn

Sie überstehen Krisen, adaptieren neue Branchentrends und stechen alle Konkurrenten aus: Platzhirsche.

Nicht automatisch sind es die größten Organisationen. Doch was genau macht sie so stark und wer darf sich

zu Recht »marktführer« nennen?

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05W irtschaft und Waldesrand haben vieles gemein: Auch die »Platzhirsche« unter den Unternehmen müssen immer wieder aufs Neue ihre Stärke beweisen – ihre Brunft-

schreie sind sozusagen die Rituale der Wirtschaftswelt: Geschäftsberichte, Analystentre� en, Innovationsreports oder Bilanzpressekonferenzen. Hier o� enbart sich, wer der Stärkste ist und wer sein Revier am längsten vertei-digen kann. Während nämlich manche Unternehmen nach einem kurzen Höhen� ug über die Weltmärkte wieder unter »ferner liefen« rangieren, gelingt es an-deren, sich den Titel »Platzhirsch« über Generationen zu sichern. Sie trotzen Wirtschafts- und politischen Krisen, nutzen Digitalisierung und Globalisierung, greifen Trends auf, überleben technische Revolutionen sowie neue Konkurrenten.

»was sind die erfolgsgeheim-nisse der zwanzigender?«

Christoph Müller forscht an der Universität St. Gallen, ihn interessiert vor allem das in� ationär verwende-te Schlagwort des »Weltmarktführers«. Mit den bisherigen De� nitionen war er nicht zufrieden: »Die Kriterien sind unscharf, immer wieder schwirren andere Listen durch die Gegend. Mal mit 100 Unternehmen, mal mit 300, aber nie mit allen angekündigten zirka 1.500.« Müller arbeitet des-halb an einem transparenten Weltmarktführer-Index für die DACH-Region, in den nur Kandidaten aufgenommen werden, die den Titel nach objektiven Kriterien verdienen: Das Unternehmen muss Nummer eins oder Nummer zwei in seinem Weltmarktsegment sein, der Jahresumsatz muss bei über 50 Millionen Euro liegen, mindestens 50 Prozent des Umsatzes müssen im Ausland erwirtschaftet werden.

Auf das Vorarlberger Unternehmen Doppelmayr tre� en all diese Kriterien zu. Sein Revier verteidigt derWeltmarktführer für Seilbahnen schon seit 125 Jahren. 1892 kauft Konrad Doppelmayr im österreichischen Dörfchen Wolfurt die Hammerschmiede seines Lehr-herrn, stellt Werkzeuge her und repariert Maschinen. Konrads Sohn Emil ergreift die Chance des aufblühenden Skitourismus und errichtet 1937 den österreichweit

ersten Schlepplift in Zürs am Arlberg. Heute leitet Michael Doppelmayr das Unternehmen in vierter Generation – und die Doppelmayr-Garaventa-Gruppe ist Weltmarktführer im Seilbahnbau. Ihre Erfolgs-geschichte ist eine Geschichte des Wandels und des Wachstums, der Ideen und der Innovationen. Ständig ver-meldet Doppelmayr neue Er� ndungen: die erste kuppelbare Gondelbahn der Welt, die erste Sitzheizung für Sessel-lifte der Welt, die ersten seilgezogenen Transportbänder für den Bergbau. Dabei hat Doppelmayr nicht einmal eine eigene Forschungs-und-Ent-wicklungs-Abteilung. »Brauchen wir nicht«, sagt Firmensprecher Ekkehard Assmann. »Wir versuchen neue Ideen gemeinsam mit dem Kunden direkt an seinem Projekt umzusetzen.«

Ökonomen wollen seit Jahren dem Geheimnis der Rudelführer auf die Schliche kommen. Neben hoher Innovationsorientierung entdeckten sie dabei einen weiteren Erfolgsfaktor, der viele Platzhirsche eint: die Nähe zu den Kunden und das Verständnis dafür, was diese brauchen. »Erfolgreiche Unternehmen müssen besser sein als ihre Kunden«, sagt Christian Rammer, Innovationsökonom am Zentrum für Euro-päische Wirtschaftsforschung (ZEW). »Sie müssen deren Geschäft verstehen und vorhersehen können: Was braucht der Kunde als Nächstes? Wie kann ich ihm dafür eine Innovationslösung anbieten?« Mittelständi-schen Platzhirschen gelingt es durch diese Nähe oft viel schneller als behäbigen Konzernen, eine Innovation in ein marktfähiges Produkt zu verwandeln.

Beispiele gibt es viele. Auch die Schunk GmbH, Weltmarktführer für Spanntechnik und Greifsysteme zur Produktautomatisierung, ist diesen Weg gegangen. Innovationen für Automatisierungstechnik entstehen im Hause Schunk nicht in einsamen Forschungslaboren, sondern in enger Zusammenarbeit mit der Industrie. Jeder Greifarm wird an die spezi� schen Kundenwün-sche angepasst. Auf dem Weg zur Automatisierung »

marktnischen fi nden

Klasse statt Masse:Mit ihrem Know-

how spezialisieren sich Platzhirsche

auf eine Premium-Nische, in der

weltweit nur wenige andere Unternehmen

mithalten können.

partnerschaften eingehen

Auf Augenhöhe: Auch Platzhirsche können nicht alles selbst leisten. Viele

greifen auf ein Partnernetzwerk zurück,

um Spezialaufgaben wirtschaftlich zu lösen

oder Arbeitspakete umfassend umzusetzen.

probleme lösen

Kundennutzen:Platzhirsche p� egen

enge Kontakte zu ihren Stammkunden.

Gemeinsam mit ihnen entwickeln sie innovative Lösungen

für ihre Branche und setzen neue

Standards.

innovationen entwickeln

Ständig Upgrades: Über 80 Prozent der Hidden Champions

haben laut einer ZEW-Studie in den

zurückliegenden drei Jahren Produkt- oder Prozessinnovationen

eingeführt.

globalisierung nutzen

Mein Feld ist die Welt: Den Großteil ihres

Umsatzes erwirtschaften Platzhirsche und Hidden Champions im Ausland.

Globalisierung und Internationalisierung

machen ihr Nischenangebot erst

ertragsfähig.

forschung fördern

O� ene Labore: Die F&E-Abteilungen

von Platzhirschen kooperieren eng mit

Universitäten und wissenschaftlichen Institutionen – laut

ZEW-Studie gilt dies für 60 Prozent der

Hidden Champions.

platzhirsche – die dna für den erfolg

seilbahn in der stadt

Die Linea Roja in La Paz wurde schon 2014 erö� net –weitere Seilbahnprojekte folgten.Bild: Doppelmayr

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Ausgerohrt ..

in der Produktion stellt jede Fertigungs-stätte schließlich andere Anforderungen – je nach Branche, Unternehmensgröße und Produkt. Schunk entwickelte bereits spezielle Verpackungsgreifer nach hygie-nischen Vorgaben oder Kompaktspanner für die Blechbearbeitung.

Um Kunden und ihr Marktumfeld zu verstehen, müssen international agie-rende Platzhirsche ein weltweites Produk-tions- und Vertriebsnetz aufbauen. Doppel-mayr betreibt Produktionsstandorte sowie Vertriebs- und Service-Niederlassungen in mehr als 35 Ländern, von Frankreich über Russland bis Südkorea. »Das alte deutsche Modell, dem zufolge man von hier aus den Weltmarkt bedient, funktioniert heute nicht mehr«, berichtet Ökonom Rammer. Nur wer vor Ort ist, weiß, was vor Ort ge-braucht wird. Kulturelle Unterschiede und wirtschaftliche Besonderheiten machen die Präsenz zumindest in den wichtigsten Märkten unausweichlich.

erfolg hängt aber auch eng mit spezialisierung zusammen.

»Erfolgreiche Unternehmen fokussieren sich auf eine Nische, die so

klein ist, dass nur wenige Unternehmen dort weltweit Angebote machen können«, sagt Rammer. Das Unternehmen PWM aus Bergneustadt beispielsweise stellt elektroni-sche Anzeigen für Tankstellen her – und ist damit weltweiter Marktführer; in Deutsch-land gehören PWM rund 90 Prozent des Marktes. Das spezi� sche Wissen, das in der Nische gefragt ist, schützt Unterneh-men auch vor neuen Wettbewerbern aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Die setzen häu� g auf einfache Massenproduk-te, für die wenig Know-how nötig ist.

Doch die Spezialisierung birgt auch Gefahren: Wer es sich in seiner Nische als »Hidden Champion« zu bequem gemacht hat, übersieht allzu leicht neues Wachstums-potential in anderen Branchen. »Wenn Unternehmen bewusst nicht diversi� zie-ren, vergeben sie Chancen. Weil das globale Marktvolumen begrenzt ist, sind auch die Wachstumsmöglichkeiten begrenzt«, sagt ZEW-Experte Rammer. Zudem können »exogene Schocks« Platzhirsche aus der Bahn werfen – ein technologischer Sprung, eine wirtschaftliche oder eine politische Krise. Die Digitalisierung brachte Druck-maschinenhersteller und Taxiunterneh-mer in die Bredouille, der Klimawandel gefährdet den Wintertourismus. Nach der

Finanz- und Wirtschaftskrise brach die Baubranche zusammen – und mit ihr auch die Firma Putzmeister, der damalige Welt-marktführer für Betonpumpen.

Um weniger angreifbar zu sein,

späht Doppelmayr seit Jahren nach neuen Anwendungsfeldern für seine Seilbahnen. Ausgerechnet im urbanen Raum wurde der Hersteller fündig. 2012 bauten die Vorarlberger in London eine Standseilbahn über die Themse – sie führt von Greenwich bis zu den königlichen Docks. In Caracas verbindet eine Seilbahn die Slums mit der Innenstadt. Und in Bolivien, einem der ärmsten Länder Südamerikas, zog Doppel-mayr einen Großauftrag an Land: In La Paz entsteht das größte Seilbahnnetz der Welt.

Ein weiteres Merkmal haben

viele Platzhirsche gemein: Die meisten mittelständischen Erfolgs� rmen sind Familienunternehmen. »Ist die Familie fähig, hat sie die Möglichkeit, eine län-gerfristige Strategie zu verfolgen als ein rein börsennotiertes Unternehmen«, sagt Ökonom Müller. »Familien betrachten ihr Unternehmen in der Regel nicht als Projekt, das man schnell wieder verkauft.« So auch die Freudenberg-Gruppe, die sich auf Vliesprodukte spezialisiert hat:

Die Bremer Traditions-Automobil� rma Borgward

meldet Konkurs an. Mehr als 15.000 Arbeiter

müssen entlassen werden. Borgwards Enkel Christian

belebte die Marke 2015 wieder. Bald soll wieder produziert werden – in

Bremen.

Tri Top, der beliebte Sirup der 60er und 70er Jahre,

wird nicht mehr verkauft. Schuld ist vor allem das wachsende Bewusstsein für Zahngesundheit. Das Comeback der Kultmarke

2007 scheitert.

Die größte deutsche Werftengruppe,

Bremer Vulkan, meldet Konkurs an. Etwa 850 Millionen Mark waren

für Tochtergesellschaften in den neuen Ländern

zweckentfremdet verwendet worden, um Finanzlöcher

zu stopfen.

Saba war im Nachkriegsdeutschland

einer der renommiertesten Hersteller von Fernsehern und Radios. Im Frühjahr 2007 ist es mit der Marke

vorbei.

1961 2007anfang der

1980er 1996

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Der Modekonzern Steilmann, in den 80ern Europas größter Konfektionär,

geht in die Insolvenz – wie schon im Jahr 2006. Eine

veränderte Wertschöpfung (»Globalisierung«) und

Kundennachfrage sorgten für das Aus des knapp 70 Jahre

alten Unternehmens.

Der Münchner Speicherchiphersteller

Qimonda gerät durch den Preisverfall bei Chips in Turbulenzen und in die Insolvenz. Das Werk in

Dresden wird später von In� neon übernommen.

Im Frühjahr 2009 kommt das Aus für die

Warenhauskette Hertie. Die Verluste waren

am Ende zu groß, alle 54 Filialen mussten

geschlossen werden. Im selben Jahr reicht auch die Quelle GmbH einen

Insolvenzantrag ein.

Der Druckkonzern Schlott aus dem

Schwarzwald rutscht in die Pleite. Zuvor hatte sich das Unternehmen

zur Nummer zwei in ganz Europa hochgearbeitet.

Doch das Kataloggeschäft mit seinen hohen Au� agen

schrumpft.

Die Abendzeitung, ein Platzhirsch auf dem

Münchner Zeitungsmarkt, stellt einen Insolvenzantrag.

Seit 2004 hatte der Verlag Verluste von rund 70 Mio. Euro gemacht. Mit neuem Verleger, kleinerem Team und weniger Inhalt startet

die Zeitung schließlich neu.

»Die � nanzielle Unabhängigkeit erlaubt es uns, langfristig zu agieren«, sagt Unterneh-menssprecher Jens Zillmann.

Viele heimische Platzhirsche von heute wurden Ende des 19. Jahrhunderts gegründet, ein zweiter Schwung an Welt-marktführern entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in den Wirtschaftswunderjahren. »Und dann haben wir auch ein paar gefun-den, die in den letzten Jahren gegründet wurden«, berichtet der St. Gallener Forscher Müller. Doch der Weg nach oben verläuft heute anders als früher:

»es gibt heute mehr wettbewerb, mehr risiken, aber auch mehr chancen dank der digitalisierung und neuer technologien.«

So haben vor allem US-amerikani-sche IT-Konzerne die Digitalisierung und die Globalisierung zu nutzen gewusst: Im Jahr 2000 war unter den fünf größten Kon-zernen weltweit nach Marktkapitalisierung nur ein US-amerikanischer Tech-Konzern zu � nden (Microsoft), klassische Riesen wie Exxon oder Gazprom dominierten die Spit-zenplätze. 2016 fanden sich unter den Top Five plötzlich nur noch US-Tech-Konzerne:

Apple, Google, Microsoft, Amazon und Facebook. Und heute gelingt Start-ups quasi über Nacht der Weg zum Platz-hirsch oder gar zum »Einhorn« – diese »Unicorns« werden von Investoren mit über einer Milliarde US-Dollar bewertet. Viele von ihnen kommen aus einem fruchtbaren Gründer-Ökosystem, mit guter Anbindung an Universitäten, Fördermöglichkeiten und Stipendien.

Bleibt die Frage: Wie alt werden Platzhirsche im Durchschnitt? Eine Halb-wertszeit lasse sich nicht errechnen, sagen die Forscher. »Solange keinen exogenen

Schocks auftreten, ist keine Frist gesetzt«, bilanziert ZEW-Wissenschaftler Rammer. Wenn die Selbstzufriedenheit aufgrund des Erfolgs nicht überhandnimmt und die Bereitschaft zum Wandel bestehen bleibt, kann ein innovativer Platzhirsch auch in Zukunft nur schwer ausgebremst werden. Doppelmayr-Manager Assmann kann dem Begri� »Platzhirsch« ohnehin wenig abge-winnen. »Wir sind nicht die Marktschreier, die sich hinstellen und sagen: Wir sind die Größten und Besten«, sagt er. »Wir setzen lieber auf das Motto: Nicht reden, arbeiten!« Oder, wie der Vorarlberger sagt: »Scha� a, scha� a, Hüsle baua!« //

dr. christian rammer

Innovationsökonom am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)

Bild: Universität St. Gallen Bild: Doppelmayr Bild: ZEW

ekkehard assmann

Firmensprecher Doppelmayr

prof. dr. christoph müller

Ökonom an der Universität St. Gallen

2008 2009 2011 2014 2016

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Emir Kurtagic, Trainer des Handball-Bundesligisten VfL Gummersbach, erklärt, warum Führungsspieler wichtige Vorbilder sind, wie man sich in Zeiten � acher Hierarchien trotzdem durchsetzt und warum zu viele Individualisten einer Mannschaft schaden.

»Platzhirsch ist man oder ist man nicht«

Interview

herr kurtagic, bei platzhirschen im sport denkt man an cristiano ronaldo oder usain bolt. gibt’s solche typen auch in ihrer mannschaft?

Ronaldo und Co. sind herausragende Athleten wie einst Earvin »Magic« Johnson. Auch wenn bei uns in Gummersbach keiner so weltberühmt ist, gibt es Spitzen-sportler, Führungsspieler, die in der Hierarchie unserer Mannscha� einen wichtigen Part einnehmen. Sie sind meist erfahrene Spieler und Individualisten, denen die Mannscha� als Team folgt. Ich denke da an Christoph Schindler oder unseren National-Torwart Carsten Licht-lein. Das sind Spieler, die die Marschrichtung angeben.

welche eigenschaften zeichnen diese führungsspieler aus?

Natürlich bringen sie hohe sportliche Qualität mit. Was aber mindestens genauso wichtig ist: Charak-terstärke, eine Mannscha� zu führen. Dafür muss man nicht unbedingt der beste Spieler sein. Sie sollen nicht nur auf dem Feld, sondern auch neben dem Feld ein Vorbild sein: Mit welcher Einstellung gehen sie in ein Spiel? Wie leben sie? Das zeichnet eine Führungsper-sönlichkeit aus. Diese Vorbildfunktion gilt auch für mich als Trainer.

wie wichtig ist hierarchie fürs team?

Handball ist ein Mannscha� ssport, wir sind 20 Leute, die zusammenarbeiten müssen, um Erfolg zu haben. Wenn alle ihr eigenes Ding durch-ziehen, können wir nicht erfolgreich sein. Jeder Spieler muss seine Aufgabe kennen, egal wie groß sie ist, egal ob er 60 Minuten auf dem Feld steht oder nur fünf. Damit jeder seinen Beitrag leisten kann, braucht man klare Strukturen.

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gar nicht so leicht in einer zeit, in der flache hierarchien trend sind.

Die Dinge verändern sich eben. Früher hatte man – egal ob im Sport oder im Job – mehr Respekt oder auch Angst vorm Vorgesetzten. Das ist heute nicht mehr zeitgemäß. Ich muss mich als Trainer vor allem mit den erfahrenen Spielern austauschen, ihre Ideen einbeziehen, jedem das Gefühl geben, dass er Mitspracherecht hat. Dadurch entsteht kollegiale Führung.

bei ihrem vater, der selbst den vfl gummersbach trainierte, sah das wohl noch anders aus.

Damals sind die Spieler noch einer »normalen« Arbeit nachgegangen. Da war ein anderer Führungs-stil nötig, wenn einer nach acht Stunden Arbeit noch zum Auswärtsspiel musste. Meine Spieler sind Vollpro� s und verdienen gutes Geld. Ich denke au-ßerdem, dass die Jugend heute schneller erwachsen wird, schneller Ansprüche stellt. In allen Beziehun-gen wird Gleichheit angestrebt. Als Chef oder Trainer etwas zu fordern funktionierte früher anders und leichter. Heute muss ich die Leute auf andere Weise davon überzeugen, dass sie trotzdem das tun, was ich will (lacht). Durch die Veränderungen in unserer Gesellscha� werden andere Führungsqualitäten benötigt. Ich setze auf eine Mischung aus Disziplin und einer gewissen Lockerheit im Team. Ich glaube, das funktioniert gut.

und wie gehen sie mit den platzhirschen in ihrem team um?

Das sind Leute, die wissen, dass sie gut sind, und die vom Erfolg besessen sind. Von daher ist das nicht besonders schwer, sie vom Siegen zu überzeugen.

doch mit individualisten sind konflikte vorprogrammiert.

Klar kann man in schwierige Situationen kommen, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Da kann es schon mal sein, dass einer beleidigt ist und sich zurückzieht. Zu viele Platzhirsche schaden einer Mannscha� . Fünf Superstars können keinen Titel gewinnen, das hat man im amerikanischen Basketball immer wieder gesehen. Dann fehlt der Teamgeist. Usain Bolt hat es da leichter. Er ist Indi-vidualsportler und muss sich nur auf seine »Show« konzentrieren.

wird man als führungsspieler geboren oder kann man das trainieren?

Egal ob im Sport oder in anderen Bereichen des Lebens – ich glaube, dass es überall Menschen gibt, die diesen Charakter mitbringen. Sie lieben es, Verantwor-tung zu übernehmen und sich der Herausforderung zu stellen. Sie wollen zeigen, dass sie gut sind, erregen mehr Aufmerksamkeit als andere. Natürlich gibt es bei diesen Menschen auch immer eine Entwicklung, aber forcieren kann man das nicht. Ich kann nicht jemanden zum Platzhirsch machen, wenn das nicht seinem Cha-rakter entspricht. Entweder man ist einer oder nicht.

welcher typ sind sie?

Ich bin ein Typ, der genau weiß, was er will. Ein Platzhirsch bin ich nicht. Ich habe die Aufgabe, Tag für Tag zu entscheiden, was für meine Individu-alisten das Beste ist und wie ich sie als Team nach vorn treiben kann. Beim VfL Gummersbach haben wir keinen Ronaldo, dadurch fällt es leichter, dass die Mannscha� als Team jede Aufgabe angeht. Ich führe gerne Diskussionen und bin kompromissbereit. Ich bestehe nicht darauf, dass nur das, was ich sage, richtig ist. Das ist wie sonst im Leben auch. Da muss ich mich ja auch mit meiner Frau absprechen. //

emir kurtagic,

geboren 1980 in Sarajevo, ist in einer Handballer-Familie aufgewachsen. Vater Esad Kurtagic spielte für die jugo-slawische Nationalmannschaft sowie in der Bundesliga. Er war von 1999 bis 2001 zunächst Co- und dann Cheftrainer des VfL Gummersbach. Auch Emirs älterer Bruder Sead spielte für den Verein. Nach einer Verletzung beendete Emir Kurtagic seine Pro� karriere. 2011 kam er als Trainer zurück zum VfL Gummersbach und bewahrte die Mannschaft vor dem Abstieg.

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FRANK FERCHAUG

eschäftsführer FERC

HA

U Engineering

KATHARINA FIKIELB

asketball-Nationalspielerin

UNSE

RE FR

AGEN 1. WELCHE BEDEUTUNG HAT GRÖSSE

FÜR SIE?

2. WORIN SIND SIE DER/DIE GRÖSSTE?

3. WER ZEIGT FÜR SIE WAHRE GRÖSSE?

4. THINK BIG – EINE ERFOLGSSTRATEGIE?

AUF E

IN W

ORT M

IT

Bildquellen: Katharina Fikiel – Katharina Fikiel/privat; Leslie Schlag – Stefanie Schettler-Schlag; Frank Ferchau – FERCHAU; Thomas Thier – Julia Sulzbach; Frederik Braun – Miniatur Wunderland Hamburg GmbH

1. Für uns als Unternehmen ist Größe wichtig – als »Mittel zum

Zweck«: Gerade für Konzernkunden ist Größe ein Entscheidungs-

kriterium für die Zusammenarbeit mit Dienstleistern, denn sie ist

ein Synonym für ein breites Leistungsspektrum, regionale Nähe und

wirtschaftliche Stabilität. Große Unternehmen bieten aber auch

interessante Karriereoptionen und vielfältige Aufgaben.

2. Wir wollen Marktführer und in diesem Sinne »die Größten« sein.

Dafür strengen wir uns jeden Tag an. »Wir« – das sind vor allem meine

Kollegen, die an die Visionen des Unternehmens glauben, Ziele mit-

gestalten und in ihren Verantwortungsbereichen zum Leben bringen.

3. »Wahre Größe« bewundere ich bei Menschen, die die Gesellschaft

positiv entwickeln, ohne allein auf den eigenen Vorteil bedacht zu

sein – etwa Künstler und Wissenschaftler, die für eine Sache leben

und arbeiten. Vor allem aber zolle ich allen Menschen Respekt, die

mit großer Begeisterung und hohem Zeiteinsatz ein Ehrenamt in

sozialen, sportlichen oder kulturellen Bereichen ausüben.

4. »Think Big« ist ein Zielbild, das über das Tagesgeschäft hinaus

hilft, Zukunft zu gestalten, Menschen mitzunehmen und Begeiste-

rung zu entfachen – vorausgesetzt, dem Bild ist ein Sinn hinterlegt.

Bei uns sind das vor allem Sicherheit, Vielfalt und Unabhängigkeit.

»Think Big« schützt außerdem davor, Ziele zu früh aufzugeben.

1. Größe spielt in vielen Lebensbereichen eine Rolle. Beim Charakter

oder im Umgang mit anderen, bei Kon� ikten. Habe ich die Größe,

die Ansicht meines Gegenübers nachzuvollziehen, seine Argumente

mit Respekt anzuhören, auch wenn ich sie nicht teile? Habe ich

die Größe, zu erkennen, was ich ändern kann und was ich gelassen

ertragen muss? Größe ist viel mehr als nur Körpergröße.

2. Beim Essen von Schokolade, beim Shopping und beim Chillen

an meinen wenigen freien Tagen bin ich die Größte. Im Ernst: Kein

Mensch kann von sich behaupten, der Größte oder Beste zu sein;

es gibt immer einen Besseren. Wichtiger ist, zu erkennen, dass man

in allem, was man tut, lernen und besser werden kann.

3. Wahre Größe zeigen Menschen, die ihre Fahne nicht nach dem

Wind hängen. Eltern, die nicht viel verdienen, aber alles für ihre

Kinder tun, damit es ihnen gutgeht, sie eine gute Ausbildung

erhalten. Die Menschen, die sich ehrenamtlich einsetzen, auch für

den Frauen-Basketball, hier brauchen wir jede Unterstützung.

4. Wenn mit »Think Big« gemeint ist, dass wir in größeren

Zusammenhängen denken müssen und dass die Menschen einsehen

sollten, dass wir alle Teamplayer für das große Ganze sind –

im Basketball und in der Gesellschaft –, dann ist es eine richtig

gute Erfolgsstrategie.

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11FREDERIK BRAUN

Einer der Gründer des M

iniatur Wunderlands

in Ham

burg, der größten M

odelleisenbahn der Welt

1. Es gibt ganz unterschiedliche Arten von Größe. Die rein maßstäbliche spielt, allein durch unser kleines Wunderland, für uns eine besondere Rolle. Große Dinge funktionsfähig und passend klein zu machen ist eine unserer größten Herausforderungen.

2. Fast 8.000.000.000 Menschen leben auf dem Planeten. Sich persönlich über andere zu stellen entspricht nicht meiner Natur und wäre bei 7.999.999.999 Mitmenschen auch irgendwie vermessen.

3. Menschlich und charakterlich gesehen, zeigt sich wahre Größe häu� g in den kleinen Dingen des Alltags.

4. Nicht direkt. Für mich gilt eher »Glaube an deine Träume«. Dafür muss man hin und wieder schon groß denken, aber in meinen Träumen ging es noch nie darum, immer größer zu werden und den Umsatz zu maximieren.

THOMAS THIERVorsitzender des B

erufsverbands »Die K

MU

-Berater –

Bundesverband freier B

erater e. V.«

LESLIE SCHLAGN

anotechnologe an der Technischen U

niversität Ilmenau

1. Größe ist relativ. Ich erforsche die 3D-Anordnung von

Nanopartikeln zu funktionellen Einheiten. Auf einem Qua-

dratzentimeter Substrat stelle ich Millionen dieser Strukturen

her. Die Dimensionen sind klein, dafür ist die Anzahl der

Strukturen sehr groß. Der Physiker Richard Feynman sagte:

»There's plenty of room at the bottom – nach unten ist

noch viel mehr Spielraum.«

2. Auch wenn ich mich persönlich nie als den Größten

bezeichnen würde: für die Nanostrukturen, die ich aus fünf

Nanometer großen Partikeln anordne und charakterisiere,

bin ich der Größte, aus deren Sicht bin ich 400 Millionen Mal

größer. Die Masse eines Nanopartikels im Vergleich zu einem

Menschen verhält sich wie ein Mensch zur Masse der Erde.

3. Wahre Größe zeigen Menschen, die mehr geben, als sie

nehmen. Tugenden wie Selbstlosigkeit und Großzügigkeit

geraten leider in Vergessenheit. Diese Eigenschaften sind

jedoch der Antrieb einer funktionierenden Gesellschaft –

und nicht »Geiz ist geil«.

4. Bei »Think Big« bin ich geteilter Meinung und kann

nicht generalisieren. Aber: Eine Umsetzung gigantischer

Projekte sollte immer die Waage zwischen ökonomisch

notwendig und ökologisch durchdacht halten.

1. Was groß oder klein erscheint, ist eine Frage

der Perspektive. Absolute Größe ist also irrelevant,

relative Größe aber enorm bedeutend. Nur wo das

eine zum anderen passen muss, ist Größe wichtig,

also zum Beispiel beim Schraubenschlüssel.

2. Ich bin der Größte unter allen Menschen,

die kleiner sind als 1,94 Meter. Das ist dann

auch schon alles.

3. Wahre Größe zeigt, wer zur rechten

Zeit nachgibt.

4. Kommt darauf an. Ich empfehle lieber:

Think Great! Denn niemand erreicht jemals mehr,

als er sich zutraut. Nur wer sich immer etwas

mehr zutraut, wächst über sich hinaus und wird

dabei glücklich.

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Quellen: 1) it-times.de, 2) zeit.de, 3) statista.com, 4) worldhappiness.report, 5) techtimes.com,

6) podworks.global

PATENTESTEDER

DIE

DIE

DIE

DIE

DER

TEUERSTE

MEISTENGLÜCKLICHSTEN

SCHNELLSTEN

KLEINSTE

EURO

entfielen im Jahr 2015 auf den US-Technologiekon-zern IBM. Damit ist IBM der »patenteste« Konzern der Welt – 23 Jahre in Folge.1

hat Wal-Mart die meisten Mitarbeiter der Welt – und ist damit der größte private Arbeitgeber.3

Die App Pokémon GO hat im Sommer 2016 nur

gebraucht, um

auf Google Play

heruntergeladen zu

werden.5

das Land setzte sich an die Spitze des »World Happiness Report« der Vereinten Nationen 2016. Deutschland verbesserte sich auf Rang 16.4

für Dänemark –

Ernst oder Scherz? Die Firma Pod Works

möbelt in England die

klassischen Telefonhäuschen

zu Arbeitsplätzen um.

aber dafür eine Heizung

und WLAN.6

Mit

werden pro Quadratmeter in einer

der Penthouse-Wohnungen in der

Hamburger Elbphilharmonie

aufgerufen.2 2.200.000Angestellten

7.355

19 Tage

50Millionen

Mal

7526Punkte

30.000

keine 2 m2 –

US-Patente

12 Größe in Zahlen.

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Bin ich Platzhirsch oder Mitläufer?

für ein gutes team braucht man nicht nur häuptlinge, sondern auch indianer. Trotzdem: Einer muss traditionell der Chef sein

und das Rudel anführen. Mit unserem kleinen Test können Sie heraus� nden, ob Sie vorausgehen oder hinterherlaufen.

Ein Kollege schreit Sie in der Konferenz an und schimpft grundlos über Ihr Projekt. Wie reagieren Sie?

a Ich schreie zurück b Ich verlasse den Raum und hole

den Sicherheitsdienst c Ich entschuldige mich wortreich d Ich freue mich darauf, dem Kollegen

am nächsten Tag heimlich Sand in die Tastatur zu streuen

e Ich fange an zu weinen

Was machen Sie in Ihrer Freizeit, sagen wir am Samstagabend?

a Ich tre� e mich mit Freunden b Ich mache ein Bier auf und/oder schaue TVc Ich koche was Schönes d Überstundene Ich schreibe Bewerbungen für einen

neuen Job

Sie sehen eine fremde, attraktive Person im Büro ur auf sich zukommen. Wie reagieren Sie?

a Ich bekomme eine Panikattacke b Ich mache obszöne Grimassen, wenn sie

vorbeigelaufen ist c Ich werde traurig, weil ich sie nicht

angesprochen habe d Ich lächle und stelle mich hö� ich vor e Ich hypnotisiere den Fußboden

a b c d e

Vielen Dank für Ihre Teilnahme! Bitte zählen Sie die Antworten zusammen, die auf die Buchstaben A bis E entfallen sind. Der Buchstabe mit den meisten Tre� ern zeigt, welcher Typ Sie am ehesten sind. Bei Gleichstand haben Sie es selbst in der Hand!

Die Au� ösung, ob Sie das Zeug zum Platzhirsch haben, � nden Sie auf Seite 29.

Sie stehen in der Kantine: Für welches Gericht entscheiden Sie sich?

a Kleiner Beilagensalatb Suppec Ich hole mir eine Milchschnitted Fisch und Gemüsee Schnitzel/Currywurst/Rumpsteak

Jemand drängelt sich an der Super-marktkasse vor Sie. Was tun Sie?

a Ich beschwere mich lautstark bei der Kassiererin

b Ich warte kurz ab und mache dann das Gleiche

c Ich bemerke es nicht d Ich fahre dem Drängler mit meinem

Einkaufswagen in die Hacken e Ich atme tief aus und versuche zu

entspannen

Was, glauben Sie, schätzen Ihre Kollegen an Ihnen am meisten?

a Meinen Humor b Dass ich ihnen nicht auf den Keks gehec Nichts, keiner mag michd Meine Kompetenz e Meine Loyalität

Sie stehen nach Feierabend im Stau. Auf der linken Spur geht es schneller voran als rechts, wo Sie warten. Wie reagieren Sie?

a Ich ziehe schnell nach links b Ich organisiere Termine auf meinem Handyc Ich habe keinen Führerschein d Ich hupe, damit es schneller gehte Ich suche nach Süßigkeiten im

Handschuhfach

Machen Sie Sport?

a Einmal die Woche b Nie. Ich habe Schmerzen c Nur, wenn mich jemand dazu überredet d Dreimal die Woche e Nie. Ich habe keine Lust

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

a Dort, wo ich jetzt auch binb In der Frührente c In der Nervenheilanstalt d In der Vorstandsetage e Im Sabbatical

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Motivieren statt Führen – das ist ein Megatrend im Management. Hierarchien � achen ab, jeder tut, was er kann, der Schwarm

ist der neue Boss. Wo führt das hin, wenn alle entscheiden, wo es langgeht?

WO, bitte, geht’s

zum Chef?

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stefan kühl

Soziologe, Organisationsberater und Autor des Buchs »Wenn die A� en den Zoo regieren«

Bild: Klaus Nather

D aimler-Chef Dieter Zetsche hat es getan. Ohne Krawatte präsentierte er die Zahlen bei der Bilanzpressekonferenz des Konzerns, einem der wichtigsten Termine des Jahres. Siemens-Chef Joe Kaeser geht auch mal oben ohne. Und

Bosch-Boss Volkmar Denner hat ebenfalls mit dem Schlips Schluss gemacht. Die neue Mode ist mehr als ein Dresscode, dahinter steht ein Megatrend im Management: Hierarchien � achen ab. Bei Daimler beispielsweise sollen sich die Entscheidungswege verkürzen. Statt sechs Ebenen gibt es dann nur noch zwei.

Das Verständnis von Führung verändert sich weltweit. Drei Beispiele: Der US-amerikanische Konzern W. L. Gore lehnt konven-tionelle Führung vollständig ab. Der schwedische Musik-Streaming-dienst Spotify setzt auf Entscheidungen im Team. Und auch Valve, eines der erfolgreichsten Unternehmen im Bereich Computerspiele, hat keine Chefs. Ein Trend, der selbst hierzulande um sich greift: Platzhirsche haben ausgedient, stattdessen bestimmt das Rudel. Die Forscherin Dalia Marin von der Ludwig-Maximilians-Universität(LMU) in München untersuchte, auf welcher Ebene in deutschen undösterreichischen Unternehmen Entscheidungen getro� en werden. Das Ergebnis: Immer seltener entscheiden Chefs allein.

Dafür gibt es gute Gründe. Globalisierte Märkte setzen Unternehmen unter starken Innovationsdruck. Studien belegen, dass mehr Mitsprache die Mitarbeiter kreativer macht. »Wenn es den Boss nicht mehr gibt, fördert das die Kreativität«, sagt die Ökonomin Marin in einem Interview mit der »Wirtschaftswoche«. Auch wer Innovation braucht, setzt gerne auf � ache Hierarchien. Ein weiterer Vorteil: Wer kurze Entscheidungswege hat, agiert angeblich schneller. Das ist besonders wichtig für Unternehmen, die in einem Umfeld arbeiten, das sich schnell wandelt. Im Zeitalter der Digitalisierung sind das sehr viele Märkte. »Wer als Manager die für Industrie 4.0 nötige Flexibilität erreichen will, muss dafür notwendigerweise einen Kontrollverlust in Kauf nehmen«, schrieb Bundesbildungsministerin Johanna Wanka Mitte November in einem Beitrag für die »FAZ«.

Daher blicken DAX-Konzerne wie Daimler wohl neidvoll auf manches Jungunternehmen, das den lässigen Führungsstil lebt. Auf die Hamburger Agentur Elbdudler beispielsweise: Ihre 60 An-gestellten arbeiten in einer ehemaligen Kirche, liegen auf Sitzkissen rum oder hängen mit ihrem Laptop in der Gartenlounge ab. Jeder tut, was er kann, kommt und geht, wie es ihm passt. Der Urlaub ist unbegrenzt. Der Lohn ebenfalls. Und wer etwas verändern will, tut das doch, bitte schön. Herrschaftswissen und Hierarchien haben ausgedient, immer mehr Unternehmen aus der Digitalbranche werben mit einer lässigen Kultur um High Potentials. Pro� s wollen ihre Arbeit selbst gestalten, statt Vorgaben stumpf umzusetzen.

Dabei ist der Ruf nach mehr Demokratie in Unternehmen nichts Neues. Ende der 1970er Jahre propagierten US-amerikanische Zukunftsforscher

das Konzept der »flexiblen Firma«. Anfang der 1990er Jahre verkündeten Managementberater die »Zerstörung der Hierarchie« in der Wirtschaft. Zur Jahrtausendwende forderten die Start-ups der New Economy demokratische Organisationsformen. Aktuell debattieren Berater und Manager das Thema unter dem Namen »Holokratie«, einem sich selbst organisierenden System ohne Hierarchien. Rund 50 Firmen weltweit verwenden die Manage-mentphilosophie des Softwareunternehmers Brian Robertson. Die größte von ihnen ist der US-Online-Schuhhändler Zappos mit 1.500 Mitarbeitern. Aber wo führt das hin, wenn alle ent-scheiden, wo es langgeht?

Einer, der den Trend kritisiert, ist Stefan Kühl. Der Sozio-loge und Organisationsberater schreibt in seinem Buch »Wenn die A� en den Zoo regieren« über die Tücken des Modells. »Als Orga-nisationswissenschaftler staune ich, mit welcher Naivität in der Managementliteratur das ›Ende der Hierarchien‹ in Organisationen verkündet wird«, sagt Kühl. »In Unternehmen, in denen Hierarchien abgebaut oder gar abgescha� t werden, gibt es einen E� ekt: die Zunahme von Machtkämpfen.« Der Wegfall von Ebenen führe zu Unsicherheitszonen im Unternehmen. Die Folge seien Auseinan-dersetzungen zwischen eigentlich gleichgestellten Kollegen.

Auch bei Zappos haben einige Mitarbeiter gekündigt, weil sie mit der neuen Holokratie nicht klarkamen. »Eskalierende Kon� ikte können intensive Gefühle auslösen, gerade wenn dazu noch eine fehlende Trennung zwischen Privatem und Arbeitsle-ben kommt«, sagt Kühl. »Das auszuhalten erfordert viel Idealis-mus. Aber das Risiko der Erschöpfung ist hoch.« Hinzu komme: Schwierige Entscheidungen wie eine Kündigung oder schnell zu tre� ende Entscheidungen erforderten die Basta-Kompetenz eines Chefs, also eines, der sagt: »So machen wir’s.«

Wie so oft gibt es bei Managementphilosophien keine allgemeingültigen Antworten, zu unterschiedlich sind die Kul-turen und Organisationen. Doch selbst wenn sich der klassische »Entscheider« noch lange behaupten wird, bildet sich ein wich-tiges Statussymbol des Platzhirschs allmählich zurück: Der Umsatz mit Krawatten und Fliegen sank laut Textilverband in Deutschland von 2011 bis 2015 von rund 25,5 Millionen Euro auf nur noch 15 Millionen Euro. //

»Ich staune, mit welcher Naivität in der Managementliteratur das ›Ende der

Hierarchien‹ in Organisationen verkündet wird.«

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Der russische Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kondratie� hatte die Idee von übergeordneten Wirtschaftszyklen, die 40 bis 60 Jahre andauern. Jeder Zyklus ist von Basis-Innovationen eingeläutet, die die Arbeit und das Leben der Menschen

grundlegend verändern und verbessern: Dampfmaschine, Eisenbahn, Elektrizität, Auto und Computer. Was kommt als Nächstes?

Warten auf den nächsten Platzhirsch

Kondratie� : Der Wellenreiter

erik händelerWirtschaftswissenschaftler und

ZukunftsforscherBild: Carlucci

nikolai kondratieff(1892–1938) Wirtschaftswissenschaftler

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F ragt man Unternehmer momentan, woran es ihnen mangelt, dann ist die Antwort eindeutig: An quali� ziertem Personal. Laut Mittelstandsbarome-

ter 2016 der Wirtschaftsberatung Ernst & Young klagt fast jedes zweite mittelständi-sche Unternehmen über Umsatzeinbußen, weil Fachkräfte fehlen. In Zahlen: Mehr als 300.000 Ingenieure, IT-Experten, Mechatro-niker, aber auch soziale P� egeberufe werden gesucht. Den Schaden durch die fehlenden Ressourcen schätzen die Berater aktuell auf etwa 46 Milliarden Euro im Jahr.

Die menschliche Arbeitskraft war nicht immer Mangelware. Andere Zeiten, andere Probleme: Der Wirtschaftswissen-schaftler Nikolai Kondratie� (1892–1938) ging der Frage nach, warum die »Dynamik des Wirtschaftslebens in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung« so stark schwankt. Als er untersuchte, wie sich die Wachstums-raten von Mengen und Preisen verschiedener Güter seit dem ausgehenden 18. Jahrhundertveränderten, entdeckte er Anfang der 1920er Jahre zweieinhalb Konjunkturwellen, darunter im Kohleverbrauch, im Zins, in den Löhnen, bei Bankeinlagen und der Produktion ein-zelner Industriezweige. Jede Welle war rund zwei Generationen lang.

Die Gedankenwelt Kondratie� s erklärt der Wirtschaftswissenschaftler und Zukunftsforscher Erik Händeler an einem Beispiel: Weil ein Produktionsfaktor – etwa Transport – im Verhältnis zu den anderen Produktionsmitteln zu knapp und daher zu teuer wird, stagniert die Wirtschaft. Denn wenn es an Produktivitätsfortschritten mangelt, machen Unternehmer kaum noch Gewinne und haben damit keinen Grund, zu investieren und Menschen zu beschäf-

tigen. Wenn aber dann eine grundlegende Er� ndung – zum Beispiel die Eisenbahn – die Knappheit überwindet, � ießt das freie Geld in diesen Sektor, weil sich dort gut ver-dienen lässt. Die freigesetzten Ressourcen erscha� en nicht nur neue Unternehmen, sondern führen auch zu Wachstum in allen bestehenden Branchen. Die Welle reißt alle mit, die Wirtschaft boomt. Bis es eben wieder eine neue Knappheit im Produktions-prozess gibt – der Mangel ist Antrieb für neue Kräfte.

Momentan be� nden wir uns im 5. Kondratie� -Zyklus: dem Zeitalter des Computers und der Software. Die Welle hat viel Platzhirsche entstehen lassen: Apple, Google, Microsoft, IBM, Samsung, und Amazon, sechs der zehn wertvollsten Unternehmen 2016 sind laut Agentur Interbrand IT- oder Technologie-Konzerne im IT-Umfeld. Doch trotz des Erfolgs vieler Unternehmen, vieler einzelner Volkswirt-schaften und des Wohlstands in der westli-chen Welt erkennen Experten wie Händeler ein Stottern des Wirtschaftsmotors. »China schwächelt, weltweite Nullzinspolitik, in vielen Ländern ist der Erfolg auf Pump � nanziert, und die Schwellenländer wachsen deutlich langsamer«, sagt er. Alles Indizien für den Abschwung der 5. Welle. Und nun?

Der 6. Kondratieff wird erstmals nicht auf materiellen und technischen Errungenschaften gründen, sondern: auf dem Menschen und dessen Gesundheit. Händeler dazu: »Wir haben es in Zukunft mit unscharfen Wissensprozessen zu tun, die nicht von KI und Automaten gelöst werden können.« Es gehe künftig darum, strukturierte Wissensarbeit e� zienter zu machen, und dazu brauche man Menschen,

die das entwickeln und die die Fähigkeit haben, auf das Wissen anderer zuzugrei-fen. Und vor allem: die möglichst lange gesund sind.

»Wir können es uns nicht mehr erlauben, die Leute halbtot mit Ende 50 in Rente zu schicken, weil das Bildungs- und Beziehungskapital so teuer wird. Die Men-schen werden 15 Jahre und mehr ausgebil-det. Permanente fachliche Weiterbildung sowie Weiterbildung in sozialen Kompetenz-feldern ist nötig und teuer.« Der Mangel an gesunden Menschen als Auslöser für den 6. Wirtschaftszyklus?

Aktuelle Zahlen untermauern die These: In den USA werden 2018 laut OECD die Ausgaben für Gesundheit 20 Prozent des BIP betragen, 2015 waren es noch gut 16 Prozent. In Deutschland und Europa liegt der Anteil bei durchschnittlich elf Prozent. Die Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben steigen jährlich um rund zwei Prozent.

Ein riesiges Einsparpotential schlummert auch in der Verringerung der Schäden und Kosten durch innere, insbesondere mentale und psychosoziale Störungen. Die Kosten der Erkrankun-gen werden laut OECD-Studien 2016 den Betrag von 20 Billionen US-Dollar erreicht haben. Wenn es gelingt, mit Hilfe der neueren Forschungsergebnisse 15 Prozent dieser Kosten und Schäden einzusparen, dann würde das Jahr für Jahr drei Billionen US-Dollar freisetzen. Mit diesem Betrag könnten Wachstumsschwächen überwun-den und ein neuer, langer Aufschwung � nanziert werden, bei dem der Mensch die Hauptrolle spielt. //

buchtipps Erik Händeler: Die Geschichte der Zukunft:

Sozialverhalten heute und der Wohlstand von morgen (Kondratie� s Globalsicht),

Brendow Verlag, Moers 2015.

Nikolai D. Kondratie� (herausgegeben und kommentiert von Erik Händeler): Die langen Wellen der Konjunktur: Nikolai Kondratie� s

Aufsätze von 1926 und 1928, Marlon Verlag, Moers 2013.

dampfmaschine

basisinnovationen schieben die nächste lange welle an. (Quelle: E. Händeler)

Bekleidung Massentransport

elektrotechnik

Massenkonsum

automobil

Individuelle Mobilität

it

Information/ Kommunikation

biotechnologie

Ganzheitliche Gesundheit

eisenbahn

1. Kondratieff 3. Kondratieff 4. Kondratieff 5. Kondratieff 6. Kondratieff2. Kondratieff

1780 1830–1850 1870–1890 1920–1935 1950–1980 2000–2005 20xx

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Die FERCHAU-Projektgruppe ist ein Arbeitsmodell, mit dem sich viele Vorteile für Unternehmen verbinden lassen: der un-begrenzte Einsatz externer Fachkräfte vor Ort, die administrative Steuerung und personelle Skalierung durch FERCHAU sowie eine rechtssichere Ausgestaltung. Boris Meyerdierks, Regional-leiter Bremen-Niedersachsen von FERCHAU Engineering, erläutert Details zu diesem Ansatz, der deutschlandweit bereits über 80-mal erfolgreich verwirklicht wurde.

herr meyerdierks, projekt-gruppen sind bekannt, aber was kann man sich unter einer »ferchau-projektgruppe« vorstellen?

FERCHAU-Projektgruppen sind einer unserer Ansätze, um die gesetzlichen Rah-menbedingungen mit den Anforderungen der Kunden in Einklang zu bringen. In den Grup-pen werden Mitarbeiter nach Bedarf und mit einem Kundenansprechpartner thematisch oder organisatorisch gebündelt und in Ge-werke überführt. Wo man früher versprengte Experten von verschiedenen Dienstleistern antraf, errichten wir jetzt eine Art »Black Box«, um unter dem Strich systematischer zu arbeiten. FERCHAU-Mitarbeiter sti� en so mehr Wert beim Kunden als ihre reine Arbeitsleistung, zudem sind alle Beteiligten rechtlich auf der sicheren Seite.

wie funktioniert das modell und wie kann man sich die zusammenstellung einer projektgruppe vorstellen?

Wir standardisieren die Vertragsla-ge, das kommunikative Vorgehen im Projekt sowie die Dokumentstrukturen, wodurch uns als Lieferanten mehr Eigenorganisation abver-langt wird. Das Ganze funktioniert nach einem � exiblen Baukastenprinzip, bei dem sich der Au� raggeber die passenden Module aussu-chen kann. Wir gründen Projektgruppen etwa im Rahmen eines selbstverantworteten agilen Projektmanagements, wobei eine fachliche Mi-schung aus unseren Experten eine Aufgaben-liste zusammenstellt und die Umsetzung der Aufgaben selbst intern bei uns verteilt. Die Projektgruppe kann aber auch rein thematisch gegliedert sein, etwa für den Bereich MTM in der Automobilindustrie. Während FERCHAU

die Aufgaben umsetzt, ist beispielsweise das Projektmanagement beim Kunden verortet.

was ändert sich denn gegenüber den bisherigen umsetzungsmodellen?

Wir müssen in erster Linie einen Schritt zurücktreten und die arbeitszentrische Sicht auf den Kunden um eine organisa-torische, eine projektorientierte und eine kompetenzbasierte Perspektive ergänzen. Ein Beispiel: Im Rahmen des Projektfortschritts lässt sich das Detaildesign abtrennen und über eine Projektgruppe nach außen verlagern, wäh-rend Vorkonzept und Basisdesign beim Kunden bleiben. Aus organisatorischer Sicht hingegen kann der Kunde eine zusätzliche und eigenstän-dige Arbeitsorganisation über einen gewissen Zeitraum nutzen, um Lastspitzen abzufangen. Wir leisten aber für Unternehmen mittels Pro-jektgruppen auch Aspekte wie die Qualitätssiche-rung. Man muss das Modell der Projektgruppen wie einen Kompetenzbaukasten sehen, bei dem die Bausteine nach Bedarf hergestellt werden.

welche vorarbeiten muss ein unternehmen leisten, um von projektgruppen zu profi tieren?

Der Kunde braucht neben einer soliden Planung auch ein funktionierendes Projektmanagement mit grundlegenden Ver-fahrensanweisungen, also eine gute Eigenor-ganisation. Und er muss sich darüber bewusst werden, welche Risiken die neue rechtliche Lage mit sich bringt. Schließlich schützt die gültige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bei Scheinwerkverträgen ab sofort nicht mehr vor der Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Angesichts der Tatsache, dass die Arbeitneh-merüberlassung begrenzt ist und der Werkver-trag die einzige stabil planbare Grundlage der

kommenden Jahre sein wird, sollten Unterneh-men umgehend auf die Veränderungen reagie-ren, wenn sie Rechtssicherheit, Flexibilität und Kontinuität gewährleisten wollen.

sie sprechen die maximal 18-monatige laufzeit für die arbeitnehmerüberlassung an. wie wirkt sie sich auf projekt-gruppen aus?

Für viele Projekte sind 18 Monate de� nitiv zu kurz. In der IT oder im Schi� -bau kommen Sie schnell auf Durchlauf-zeiten von über drei Jahren, das passt nicht ansatzweise mit dem Gesetz zusammen. Die FERCHAU-Projektgruppe ist jedoch davon nicht betro� en, denn wir machen kein Bodyleasing – wir haben eigene Gewerke und eine eigene unternehmerische Verantwortung. Zudem sind die Mitarbeiter der Projektgruppe gekapselt. Werden Arbeitspakete übergeben, läu� das immer über den Repräsentanten. Der fachlich-inhaltliche Austausch bei Unklar-heiten funktioniert weiterhin direkt mit den Mitarbeitern des Au� raggebers, das ist recht-lich zulässig. In der Regel mieten wir eigene Büroräume direkt beim Kunden oder außerhalb an und kümmern uns um deren Bewirtschaf-tung sowie Ausstattung. Die Projektgruppe arbeitet dann wie eine Botscha� im Ausland.

welche weiteren vorteile neben der rechtssicherheit bietet dieses »selektive outsourcing«?

Ein bunter Mix externer Mitarbeiter und Anforderungen »auf Zuruf« sind nicht mehr zeitgemäß. Der Kunde kann mit Projektgrup-pen genau planen, wie die Kompetenzen zwischen ihm und den Lieferanten optimal abgegrenzt werden. Somit bietet das Modell einen Vorteil für gute, aber auch für schlechte

boris meyerdierks

Regionalleiter Bremen-Niedersachsen FERCHAU Engineering

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Getrennt marschieren, vereint entwickeln

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r e d p a g e s

Zeiten, wenn die Organisation des Kunden »atmen« will und er rasch entscheiden muss, welche Instanzen behalten, abgegeben oder skaliert werden. Darüber hinaus kann der Partner von uns professionelle Dokumentationen, Verfah-rensanweisungen, Abläufe und QM-Strukturen verlangen, die über unseren Repräsentanten koordiniert werden.

was ändert sich mit ferchau-projekt-gruppen bezüglich der fachlichen kompetenzen?

Wir leisten Suche und Einarbeitung, hierfür werden keine Ressourcen beim Kunden gebunden. Zudem kann FERCHAU einen kontinuierlichen Verbesserungs-prozess starten, um Fehler zu erkennen und Probleme besser zu lösen – mit zehn losen AÜ-Krä� en funktioniert das nur schwer. Und schließlich besorgen wir spezielle Kompetenzen aus unseren Technischen Büros oder bei Partnerunternehmen, dadurch spart sich der Kunde den Aufwand für Akquise und Verhandlungen. Das umfasst auch Ressourcen aus Best-Cost Countries wie Spanien, Polen oder Indien, wo FERCHAU mit eigenen Niederlas-sungen, Mitarbeitern und Partnerscha� en vertreten ist. Somit bietet die FERCHAU-Projektgruppe ein globales »Outsourcing im eigenen Haus« – beide Seiten sind zwar rechtlich voneinander getrennt, aber strategisch gesehen entsteht ein enges Miteinander. //

Deutschlands beste Arbeitgeber 2017

FERCHAU Engineering hat im Ranking »FOCUS BUSINESS: Deutschlands beste Arbeitgeber 2017« erneut mit einem sehr guten Ergebnis abgeschlossen. In der Gesamtwertung belegen wir Platz 358 von 1.000 geprüften Unternehmen aller Branchen und Größen. Das große FOCUS-Ranking ermittelt jene Unternehmen in Deutschland, in denen die Beschäftigten mit ihrer Arbeit besonders zufrieden sind. Ausgewertet wurden neben einer Online-Befragung die Portale kununu und XING. So kamen über 100.000 Arbeit-geberbeurteilungen zusammen.

» In der Branche Dienstleistungen landete FERCHAU auf Platz fünf von 24 Unternehmen, bei den großen Service-Unternehmen mit über 2.000 Mitarbeitern erreichten wir sogar den zweiten Rang.

» In der Branche Beratung, Agenturen, Kanzleien belegteFERCHAU wie im Vorjahr die Position 14 von 56 Unternehmen sowie Platz acht der Großunternehmen.

» In der Branche Automobil und Zulieferer verbesserte sich FERCHAU auf Platz 31 von 84 Unternehmen und landete auf Position 23 der Großunternehmen.

Unter dem Strich ist FERCHAU damit über alle drei Bran-chenkategorien hinweg der bestplatzierte Engineering- und IT-Dienstleister im Feld der Großunternehmen!

Die Hannover Messe ist nicht nur die zentrale Leistungsschau aller technischen Disziplinen – hier können Sie auch noch Ihre Karriere auf Touren bringen. Sie begeistern sich für Technik, stellen sich gerne neuen beru ichen Herausforde-rungen und möchten Ihr Potential voll ausschöpfen? Dann besuchen Sie uns in Hannover, pro� tieren Sie von einem Einstieg nach Maß in Ihren individuellen Karrierepfad und arbeiten Sie mit an Projekten der Zukunft!

Ob Absolvent oder erfahrener Spezialist, ob Berufseinsteiger oder Professional, ob Ingenieur oder IT-Consultant: Bei FERCHAU sind Techniker und Vertriebler an jedem Punkt ihrer Karriere richtig. Unseren Freiberu ern bieten wir die Chance, ihr Expertenwissen in anspruchsvollen Projekten bei namhaften Konzernen und Hidden Champions unter Beweis zu stellen. Es erwarten Sie attraktive Jobs für jedes Erfahrungslevel und ein Aufgabenfeld mit vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten.

Nutzen Sie Ihren Messebesuch und informieren Sie sich über eine passende Position in Technik oder Vertrieb oder auch über unsere spannenden Aufgaben für Freelancer. Die FERCHAU Job App macht Ihnen die Suche ganz einfach. In sieben Fachbereichen steht Ihnen die ganze Welt des Engineerings zur Verfügung. Sie können in aller Ruhe eine Auswahl tre� en und sich zu Ihrem Traumjob navigieren. Automotive und IT sind unsere Steckenpferde!VDI-Mitglieder haben auf der Messe zudem die Gelegenheit zu einer individuellen Karriereberatung – bringen Sie einfach Ihre Unterlagen mit.

Premiere feiert unsere neue Virtual Reality 360 – an Terminals auf den FERCHAU-Ständen erleben Betrachter die Welt von Engineering und IT interaktiv in 3D. Sie können sich vorab schon einen Eindruck machen und eine Cardboard-VR-Brille gewinnen:

ferchau.com/go/vr

Ob Engineering Support, Kompetenzgeschäft, Managed Services, Projekt-gruppen oder Best-Cost Countries: Für Unternehmenskunden, die Fragen zur strategischen Zusammenarbeit und zu unseren Dienstleistungsmodellen haben, bieten wir in Hannover wieder die Möglichkeit zu einem Austausch auf oberster Ebene an. Unsere Geschäftsführer Frank Ferchau und Alexander Schulz stehen Ihnen direkt auf der Messe für exklusive Gespräche zur Verfügung. Nutzen Sie die Gelegenheit und schicken Sie Ihren Wunschtermin an [email protected]. Wir melden uns umgehend zurück.

HALLE 2, STAND C 47

24.–28.04.2017

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Karriere bei der Nr. 1 in Engineering und IT

ferchau auf der hannover messe

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Seit einigen Jahren hat FERCHAU einen Standort im indischen Bangalore, hinzu kommen Nie-derlassungen in Spanien sowie Partnerschaften in Osteuropa. Mit diesem regionalen Netz lässt sich die Bescha� ung von Engineering-Services optimieren – nicht das billigste Land erhält den Zuschlag, sondern das beste Gesamtpaket für einen Auftrag.

Seit Jahrzehnten arbeiten westliche Unternehmen daran, durch eine Bescha� ung in Niedriglohnländern ihre Kosten zu reduzieren. Das sogenannte Low-Cost-Sourcing zielt immer darauf ab, den billigsten Preis für ein Gut zu be-zahlen. Bei austauschbaren Produkten und Gütern hat sich der Ansatz bewährt, im komplexen Engineering-Umfeld grei� er jedoch zu kurz, denn hier lassen sich Leistungen nicht über einen Kamm scheren. Unternehmen müssen di� erenzierter vorgehen und ein Gesamtpaket schnüren, das zu den Kunden am besten passt.

Einen Lösungsweg ö� net der Best-Cost-Country-Ansatz(BCC), den FERCHAU seit einigen Jahren verfolgt. Der Hintergrund: Viele Großunternehmen fordern inzwi-schen von ihren Lieferanten, dass sie sich international aufstellen – die Konzerne müssen eine gewisse Ar-beitsleistung in Ländern nachweisen, in denen sie ihr eigenes Produkt veräußern möchten. »An Zulieferer wie FERCHAU wird diese Forderung weitergeleitet, weshalb wir beispielsweise Ende 2012 unser O� ce in Bangalore aufgemacht haben«, sagt Walter Geiger, Vertriebsleiter Süd von FERCHAU Engineering.

Doch neben dieser politischen Dimension geht es natürlich darum, Kosten zu senken – und trotzdem deutsche Stan-dards einzuhalten. »Betrachtet man allein die direkten Auf-wendungen, ist Bangalore vom Stundensatz her nicht mal halb so teuer wie Bergisch Gladbach«, berichtet Geiger aus der Praxis. Aber in jedem Projekt gibt es eine Anlau� urve mit Reisekosten, Reisezeiten und teils intensiven Abspra-chen, daher sei die Ersparnis anfangs relativ klein. Dieser Aufwand wird in den Stückkosten aber umso geringer, je mehr Arbeiten in eine Region verlagert werden.

Zudem ist die Produktivität in Deutschland etwas höher, argumentiert der Vertriebsleiter Süd: »Daher kann man nicht einfach die Stundenlöhne vergleichen wie beim Low-

Cost-Sourcing, sondern muss den gesamten Aufwand und die Leistungen im Blick haben.« FERCHAU übernimmt beispielsweise das Handling, die Beau� ragung und Ver-tragsgestaltung sowie die Absprachen mit den Partnern vor Ort. Zudem werden die � nalen Arbeitsergebnisse geprü� , so dass sie der Kunde direkt verwenden kann. »Diese Werte erbringen wir zusätzlich zur Kostenerspar-nis, wodurch das Gesamtpaket nicht nur günstiger wird, sondern auch heimische Qualität beinhaltet.«

FERCHAU ist auch in Indien und Spanien nach DIN ISO 9001 sowie 9100 für den Bereich Aviation zerti� ziert, wobei Untervergaben mit abgebildet sind. Daher sind alle notwendigen Prozesse für die Qualitätssicherung einge-richtet. In Bangalore beispielsweise verfügt FERCHAU neben rund 20 Mitarbeitern und einem indischen Geschä� sführer mit Thomas Ziese über einen deutschen Repräsentanten, der hierzulande bei FERCHAU gearbeitet hat und das Unternehmen kennt. Wo ein Au� rag abgear-beitet wird, sei daher zweitrangig, sagt Geiger: »Wenn ein deutscher Partner etwas für uns leistet, muss dies ja auch immer geprü� und abgenommen werden, bevor wir das Ergebnis an den Kunden übergeben.«

O� sind es großvolumige Projekte mit Anteilen aus Entwicklung und Konstruktion, die einfache und immer wiederkehrende Aufgaben umfassen. Früher hätte man Rotstiftzeichnungen und einfache Softwarepro-gramme in BCCs ändern lassen, heute geht es etwa um die Übertragung von Zeichnungen von einem auf ein anderes CAD-System sowie um So� wareprogrammierung in allen Varianten. »Allerdings können wir nicht an allen FERCHAU-Standorten in Spanien, Osteuropa und Indien alle Engineering-Leistungen anbieten, dieses Verspre-chen wäre unseriös«, so Geiger. Die vor Ort verfügbaren Kompetenzen seien das wichtigste Entscheidungskrite-rium. »Daher steht ›Best‹ in BCC ja auch vor ›Cost‹«. //

walter geiger

Seit 1. August 2016 ist Walter Geiger Vertriebsleiter Süd von FERCHAU Engineering. Sein

Gebiet umfasst Bayern, Baden-Württemberg und Österreich – alles keine Low-Cost-Regionen.

Der Manager ist seit 20 Jahren im Unternehmen tätig und verbringt seinen Urlaub gerne auf dem

spanischen Festland sowie auf den Inseln des Landes.

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Bescha� ung in Best-Cost Countries

»nicht nur günstiger, sondern besser«

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r e d p a g e s

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Schreiben Sie uns einfach auf der Seite ferchau.com/go/gewinnspiel,in welcher indischen Stadt FERCHAU seit einigen Jahren einen eigenen Standort hat. Kleiner Tipp: Für die Lösung müssen Sie nicht mal umblättern.

Einsendeschluss ist der 24. April 2017. Viel Glück!

WIR GRATULIERENIn der vergangenen Ausgabe haben wir 30 Google-Cardboard- VR-Brillen mit attraktiv bedruckten Gehäusen und Linsen aus Acrylglas verlost. Allen Gewinnern einen herzlichen Glück-wunsch!

Anfang des vergangenen Jahres hat FERCHAU Engineering in München ein Automotive-Kompetenzzentrum erö� net, im Herbst folgte ein weiterer spezialisierter Standort in Ingolstadt. Nun wurde bereits die dritte auf Automobilhersteller fokussierte Niederlassung mit Werkstatt in Stuttgart erö� net. Der Hintergrund: »Sowohl die OEMs als auch die großen Systemlieferanten fordern mehr Inhouse-Kompetenz von uns«, sagt Christian Rudolph, Leiter des Geschä� sbereichs Automotive von FERCHAU. Schließlich stehe man vor der Herausforderung, den Wandel in der Zusammenarbeit vom Engineering-Support-Geschä� hin zum En-gineering-Competence-Geschä� zu gestalten. »Der Kompetenzansatz grei� aber nur, wenn wir in eigenen Räumlichkeiten Projekte für einen dynamisierenden Markt umsetzen – ein klassisches Henne-Ei-Problem, das Investitionen in Gebäude und Experten voraussetzt, bevor Kunden uns die Verantwortung übertragen«, argumentiert Rudolph.

In den drei süddeutschen Werkstatt- und Versuchsbereichen können FERCHAU-Experten Entwicklungsumfänge eigenverantwortlich umsetzen. Ziel ist, das Automotive-Leistungsspektrum ganzheitlich und interdisziplinär zu erweitern, sowohl für OEMs als auch für Sys-temlieferanten. »Wir erwarten Wachstum vor allem in den Innovati-onsbereichen E-Mobilität, autonomes Fahren und Connectivity«, sagt Rudolph. Dazu punktet FERCHAU auch mit den traditionellen Werten einer Werkstatt: »Der Kunde spürt Automotive-Kompetenz an einer Hebebühne einfach besser als in einer PowerPoint-Präsentation.«

Das neue Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) forciert den Grundsatz des Equal Pay – aber es gibt auch weiterhin Gestaltungs-spielräume. Auf acht exklusiven Seminaren bietet FERCHAU seinen Kunden eine Basis, um sich über die Veränderungen zu informieren und Rechtssicherheit zu erlangen.

Durch das neue AÜG haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten bei der Arbeitnehmerüberlassung wieder einmal verändert. »Equal Pay« ist nur eines der Schlagwörter in den Medien. Seit Monaten setzt sich FERCHAU mit der sensiblen Thematik aus-einander. Dieses Wissen wollen wir unseren Kunden jetzt aus erster Hand weitergeben.

Unter dem Motto »Aus der Praxis für die Praxis« veranstalten wir insgesamt acht Kundenseminare, um über AÜG-Neuerungen wie die Überlassungshöchstdauer, den Gleichstellungsgrundsatz, die

O� enlegungs- und Konkretisierungsp� icht sowie rechtlich »saubere« Werk- und Dienstverträge zu informieren und Handlungsempfehlun-gen abzugeben. Referent ist Prof. Dr. jur. Wolfgang Hamann von der Universität Duisburg-Essen, ein ausgewiesener Experte und Mithe-rausgeber eines Kommentars zum AÜG.

Sie erfahren direkt, kompetent und praxisnah, worauf der Gesetzgeber abzielt und welche Auswirkungen auf Unternehmen zukommen. Alle Seminare � nden jeweils mittwochs am Nachmittag statt und kosten 200 Euro pro Besucher. Die Teilnehmerzahl ist jeweils auf 25 begrenzt – melden Sie sich rechtzeitig an! Weitere Informationen � nden Sie auf

ferchau.com

Wann und wo?

22. März Leipzig 29. März Stuttgart 5. April Hannover 26. April Wuppertal

3. Mai Berlin 10. Mai Mainz 17. Mai München 31. Mai Hamburg

Bühne frei für Automotive

Equal Pay – aus der Praxis für die Praxis

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Illustration: Stephan WalterFERCHAU AKTUELL 0 1 | 2 0 1 7

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In der welt der technik kommt es auf die inneren Werte der »Platzhirsche« an: Gehirn toppt Geweih. Etwa, wenn es darum geht, einen Großauftrag für

Schlauchwehre möglichst e� zient umzusetzen, ohne dass die Qualität leidet. Oder darum eine integrierte lösung

zur Belichtung von Druckplatten zu entwickeln, mit der die Bedienerzeit um 73 Prozent verkürzt wird.

Auf den folgenden Seiten lesen Sie zudem, wie eine FERCHAU-Projektgruppe dabei hilft, dass krane für den weltmarkt gebaut werden, und welche Tiroler seit einem Vierteljahrhundert die Digitalisierung der

Produktion vorantreiben. Um Platzhirsche geht es wieder in einem Artikel zur Werftindustrie. Schließlich sind in

den vergangenen Jahren viele Branchenriesen gekentert. Nah am Kunden, � exibel und innovativ – technische

Platzhirsche zeichnen sich durch ihre kompetenzen aus, wie Sie auf den folgenden Seiten erfahren können.

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D ie Schiffbauer befinden sich seit Jahrzehnten in einem permanenten Strukturwandel, in dem viele Un-ternehmen auf Grund gelaufen sind

und viele weitere folgen werden. »In den vergan-genen wirtschaftlichen Krisenjahren durchliefen auch mehrere deutsche Werften einen Konsolidie-rungsprozess«, heißt es lapidar beim Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) in Hamburg zur Situation. Hinter den Zusammenschlüssen zu Werft-verbünden steht strategisches Kalkül: Große Schiffe schneiden ruhiger durch raue See. Schließlich werden die Wellen immer höher und sie kommen immer schneller.

In diesem volatilen Geschäft ist Größe jedoch keine Garantie für Beständigkeit, denn sie macht auch unbeweglich. Der internationale Werftenver-bund STX Europe beispielsweise verfügte 2008 über rund 16.000 Beschäftigte. Nach einer finanziellen Krise der koreanischen Muttergesellschaft STX, immerhin viertgrößtes Schiffbauunternehmen der Welt, mussten alle Beteiligungen verkauft werden. Und beim Branchenriesen Daewoo Shipbuilding aus Korea haben Wirtschaftsprüfer Bilanzmanipu-lationen entdeckt – es geht um mehrere Milliarden US-Dollar, mit denen Schulden vertuscht werden sollten, die als Folge des Preisdrucks aufgelaufen sind. Anfang 2017 ist der ehemalige CEO der Werft zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.

Auch der japanische Traditionskonzern Kawasaki Heavy Industries erwägt die Schließung seiner Schiffbausparte im Zuge einer Restruktu-rierung, und in China hat die ehemals größte Werft Rongsheng 2015 die Tore geschlossen, 30.000 Arbeiter landeten auf der Straße. Das sind 12.000 mehr als in allen deutschen Werften mit mehr als 50 Mitarbeitern zusammen. Hierzulande wurden

Dicke Pötte, große FischeIn der Werftindustrie geht es stetig auf und ab. Die Steigerung der Unternehmensgröße ist eine beliebte Strategie, um den Seegang des Marktes auszugleichen, aber sie ist kein Garant für den Erfolg. Selbst Platzhirsche saufen mitunter ab.

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ebenfalls viele Standorte geschlossen (»Werften-sterben«), und in der Wirtschaftsflaute ab 2008 sind die deutschen Schiffbauer aus dem Rennen um standardisierte Frachter ausgestiegen.

Zwischen Papenburg und Peenemünde ge-deihen Platzhirsche heute nur noch in der Nische der Spezialschiffe. 2004 bestand die Produktion der deutschen Werften zu zwei Dritteln aus Container-schiffen, heute ist deren Anteil verschwindend ge-ring. Stattdessen haben die heimischen Werften auf Tanker für Öl, Gas und Chemie, auf Offshore-Schiffe und -Plattformen, RoRo-Frachter und natürlich auf Mega-Yachten sowie Kreuzfahrtschiffe gesetzt. Glück gehabt, denn Letztere boomen seit Jahren.

Bis 2019 sind bei europäischen Werften 48 Kreuzfahrtschiffe im Gesamtwert von mehr als27 Milliarden Euro bestellt, ein Viertel davon kommt aus deutschen Werften – dass hier die Papenburger Meyer Werft der unangefochtene Platzhirsch ist, hat sich bis ins Hinterland herumgesprochen. Der Erfolg kam nicht von ungefähr, berichtet Michael Gruben, Stellvertretender Niederlassungsleiter von FERCHAU MARINE Bremen: »Das Unternehmen hat sich früh spezialisiert und über Jahrzehnte Kompetenzen aufgebaut, um das komplexe Geschäft zu beherrschen.«

Die speziellen Anforderungen für den Bau eines Kreuzfahrers liegen überwiegend in der Logistik und dem Projektmanagement. So müssen die Arbeiten aller Experten in Einklang gebracht und die Lieferanten passgenau integriert werden, sagt Gruben: »Die Einzelgewerke kriegt jede Werft hin, aber das Zusammenspiel ist die große Kunst.«

Mit der Spezialisierung auf Kreuzfahrer schuf Meyer in der Werft und der Or-ganisation zudem eine Struktur, um die großen Kontingente in einer Fließfertigung abarbeiten zu können. Hierbei würden kleinere Stahlsektionen in der Vorausrüstung mit Kabelbah-nen, Rohrleitungen und Klimakanälen ausgestattet, bevor sie zu Blöcken verbunden würden, berichtet der FERCHAU-Manager: »Die Zeitersparnis gegenüber dem Einbau an Bord ist enorm hoch, so dass man von einer Industrialisierung sprechen kann.«

Dennoch versucht es ein neuer Rivale, den

Platzhirsch Meyer herauszufordern: Die einst zum STX-Konzern gehörige Werft Aker MTW in Wismar und die Warnowwerft in Rostock-Warnemünde wurden 2016 mit einer Stralsunder Werft vom Bran-chenriesen Genting aus Malaysia übernommen und in »MV Werften« umbenannt. An der Ostsee wollen die Asiaten Kreuzfahrtschiffe für den chinesischen Markt bauen, denn vor Ort gibt es auf Jahre hinaus nicht genügend Kapazitäten für die anspruchs-vollen Schiffstypen. Eine verlängerte Werkbank, nur diesmal von Ost nach West. Angeblich sind die Auftragsbücher voll, Millioneninvestitionen wurden angekündigt, Recruiting-Kampagnen gestartet.

Dass auch die Meyer Werft mit der »Genting Dream« und der »World Dream« Schiffe für die Malaysier baut, zeugt von der enormen Nachfrage im Markt. Bleibt eines Tages jedoch das Wachstum der Kreuzfahrer aus, herrscht wieder Flaute. Vielleicht erfindet bis dahin jemand eine Alternative zum 50 Jahre alten Standardcontainer, damit die nächste Investitionswelle losrollt und die Docks nicht frei bleiben. Andernfalls muss man sich an der Küste wieder auf Hans Albers besinnen: »Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern.« //

michael gruben

Stellvertretender Niederlassungsleiter FERCHAU MARINE Bremen

Florian ZeichnerNiederlassungsleiter FERCHAU MARINE Bremen

[email protected]/go/marine/bremen

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»Die Einzelgewerke kriegt jede Werft hin, aber das Zusammenspiel

ist die große Kunst.«

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Wenn Jörg Wolterink, Entwicklungsleiter bei der Esko-Graphics Imaging

GmbH, durch den Supermarkt geht, sieht er in jedem Regal die Resultate seiner Arbeit: Neun von zehn führenden Marken nutzen Esko-Technologie für ihre Ver-packungen – von der Chipstüte bis zum Karton für den UHD-Fernseher. Eskos »Cyrel Digital Imager« (CDI) ist weltweit der meistgenutzte Laserbelichter für Druckplatten für den Verpackungsdruck auf flexiblen Materialien und Wellpappe.

Ein eigenes Expertenteam von Ingenieuren arbeitet am Esko-Standort Itzehoe permanent an der Evolution der kompletten CDI-Familie – von der Maschine über die Software bis zu den Services. Unterstützt wird das For-schungs-und-Entwicklungs-Team von FERCHAU-Mitarbeitern wie Christian Diekmann. Er schätzt an seiner Arbeit für Esko vor allem »das hochinnovative Umfeld und die komplexen technischen Anforde-rungen an die Produkte«.

industrie 4.0 in druck- und verpackungsbranche

Schließlich besteht die Flexo-platten-Herstellung aus vielen komple-xen, manuellen Schritten. Das bean-sprucht Zeit und provoziert Fehler.

Immer mehr Artikel, Kleinauflagen und kürzere Lieferfristen stellen zusätzliche Herausforderungen dar. Der Trend geht deshalb dahin, die Druckplattenherstel-lung drastisch zu beschleunigen. Das bedeutet: Abläufe so weit wie möglich zu standardisieren und zu automatisieren. Die Industrie 4.0 hält auch in der Druck- und der Verpackungsbranche Einzug. Die Strategie von Esko beschreibt Entwicklungsleiter Wolterink so: »Wir helfen unseren Kunden, den Verpa-ckungsprozess zu vereinfachen.«

Einen großen Schritt auf dem Weg zu einer vollautomatisierten Druck-vorstufe markiert die neueste Gene-ration der CDI-Produkte von Esko. Die

Kombination aus einem Laser-belichter mit Faserlaser-

Technologie und ei-nem UV-Belichter

Schneller Druck auf die PlatteDie Firma Esko kombiniert neueste Laserbelichtungstechnik mit einem innovativen UV-LED-Belichter und einem Transport-Roboter. Heraus kommt eine integrierte Lösung für die Belichtung von Druckplatten für den Flexodruck. Bei der Konstruktion der Anlage setzte FERCHAU-Mitarbeiter Christian Diekmann entscheidende Impulse.

christian diekmannin der Produktion bei Esko Itzehoe

mit Esko xps Crystal 5080

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Sebastian DienerSenior Account ManagerFERCHAU Elmshorn

[email protected]/go/elmshorn

esko – das unternehmen

Esko ist ein internatio-naler Anbieter von integrierten Lösungen für die Weiterverarbei-tung von Verpackungen, Schildern und Displays, für den Akzidenzdruck und den professionellen Publishing-Bereich.

Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 1.500 Mitarbeiter und hat seinen Hauptsitz in Gent, Belgien, sowie F&E- und Fertigungsstät-ten in fünf europäischen Ländern, den USA, China und Indien.

mit patentierter UV-LED-Belichtung in der Automati-sierungslösung »CDI Crystal 5080 XPS« reduziert die manuellen Schritte bei der Flexoplatten-Herstellung um die Hälfte. Möglich wird das durch einen Roboter, der die Platten in den Belichter ein-legt, den Belichtungsprozess startet, die belichtete Platte wieder entnimmt und von einem Gerät zum nächsten transportiert. Das verringert die Fehler-anfälligkeit des Prozesses und den fehlerbedingten Plattenabfall. Darüber hinaus verkürzt die Auto-matisierungslösung die erforderliche Bedienerzeit um 73 Prozent.

Bei der mechanischen Konstruktion der Lösung brachte FERCHAU-Mitarbeiter Christian Diekmann sein Know-how als Maschinenbau- und Systemtechnikingenieur ein. Im Vordergrund stan-den für ihn die Konstruktion des komplett neuen UV-Belichters und der Automatisierungsprozess. Seine wichtigsten Arbeitswerkzeuge dabei waren neben der CAD-Software »Inventor 2015 Pro« ganz normale Office-Anwendungen, sagt Diekmann: »Das technische Zeichnen ist ja nur ein Teil meiner Arbeit. Mindestens ebenso wichtig ist die Zusam-menarbeit mit den anderen Teammitgliedern. Und dazu gehört die klare Kommunikation über unsere komplexen Sachverhalte, um auch unter Zeitdruck die beste Lösung zu finden.«

Das zentrale Problem: Nicht alles, was gut aussieht, ist auch technisch und wirtschaftlich um-setzbar. Als Beispiel nennt Diekmann das Bedienpult der »CDI Crystal 5080 XPS«, das ein Touchpanel mit integriertem PC beinhaltet. Äußerlich dominiert elegant geschwungenes Aluminium, optisch klar und

einheitlich gestaltet für die Komponenten Laser- und UV-Belichter. Die Herausforderung lag vor allem in der Abdeckung auf der Rückseite des Panels. Sämtli-che funktionalen Details wie Design, Freiformflächen, Kühlkonzept, Befestigungsbohrungen und Kabelfüh-rung mussten neu konstruiert werden. Mit Alumini-umblech wie an der Vorderseite des Panels ließ sich die Rückseite aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht fertigen.

Aufgrund seiner Konstruktionserfahrung in der Automobilbranche konnte FERCHAU-Mitarbeiter Diekmann die Machbarkeitsfrage bis hin zum optimal geeigneten Fertigungsverfahren schnell klären. Über eine Bewertungsmatrix mit den Kriterien Preis, Machbarkeit und Design wurde das traditionell bei Esko verwendete Metall mit Kunststoffguss, Kunst-stoffspritzgießen und GFK-Laminieren verglichen – Sieger im Auswahlprozess war das Kunststoffguss-verfahren. »Passend zum Design lassen sich dadurch deutlich mehr Freiformflächen und Gestaltungsmög-lichkeiten realisieren, dadurch wirkt das Produkt ansprechender und ›auf dem Stand der Technik‹«, argumentiert Diekmann. »Des Weiteren war die Materialwahl ein Startschuss für Esko, weitere Abdeckelemente ebenfalls über das wirtschaftliche und nachhaltige Kunststoffverfahren herzustellen.«

Für Esko-Manager Wolterink hatte sich damit wieder einmal gezeigt: »Wenn Ingenieure wie Chris-tian Diekmann nicht nur die Technik im Blick haben, sondern auch die Anforderungen des Kunden an Funktionalität und Wirtschaftlichkeit, dann entwickeln wir mit unseren Lösungen die gesamte Druck- und Verpackungsbranche weiter.« //

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Einen Großauftrag wie den der staatlichen Wasserverwaltung Frankreich (VNF) gab es bei der Floecksmühle Energietechnik GmbH noch nie. Für 29 Standorte entlang

der Maas, dem rund 900 Kilometer langen Fluss, der durch Frankreich, Belgien und die Niederlande fließt, und an der Aisne, einer kleineren Wasserstraße nordöstlich von Paris, soll das Unternehmen aus Aachen Dutzende Schlauchwehre bauen. Und das alles in kürzester Zeit. Zum Vergleich: Hatte die Firma zuvor jährlich drei bis maximal fünf Anlagen gebaut, waren es 2016 knapp 30 solcher Wehre aus Gummi-membran, die den Wasserstand regulieren.

alte wehre ersetzen

Je nach Flussbreite entstehen bei Floecks-mühle für jeden Standort zwei bis drei Wehrfelder mit jeweils einem wassergefüllten Schlauchwehr. Dieses ist zwar aufwendiger und damit teurer als das mit Luft gefüllte Pendant. Der entscheidende Vorteil: Schlauch-wehre, die mit Wasser gefüllt sind, sind immer hori-zontal und sicherer bei Havarie – bei einem Schaden in der Gummiwand tritt Wasser langsamer aus. Durch die neuen Schlauchwehre werden in Frankreich die zum Teil mehr als 100 Jahre alten Nadelwehre ersetzt, die aus einzelnen Holzplanken bestehen und immer noch von Hand betrieben werden.

»Für uns ist das Projekt in Frankreich eine riesige logistische Leistung«, sagt Maschinenbau-ingenieurin Mareike Kessels. Ihr Vater hat die Firma

Floecksmühle 1985 gegründet. In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Mitarbeiterzahl wegen des Auftrags aus dem Nachbarland mehr als verdoppelt – auf derzeit 40 Kollegen. Unterstützung bei dem Großprojekt bekommen Mareike Kessels und ihr Team seit Frühjahr 2015 von FERCHAU-Mitarbeiter Christian Altenscheidt. Er ist Technischer Zeichner mit Fachrichtung Maschinenbau und hat ein Pro-gramm entwickelt, mit dem man die Betriebsgebäu-de der Wehre konstruieren kann.

ein programm, viele pläne

Die Besonderheit des Programms: Die Pläne für alle Betriebsgebäude, in denen Pumpen, Schalt-schränke, Steuerungsklappen und Rohrleitungen der Wehre untergebracht sind, werden parametrisch konstruiert. Das heißt, für jedes Bauwerk muss kein einzelner Plan mehr gezeichnet werden. Sondern jeder Plan richtet sich nach bestimmten Standards, nur die entsprechenden Parameter müssen verän-dert werden. Ein Beispiel: Der Sicherheitsabstand zwischen der Wendeltreppe und den Rohrleitungen muss nicht mehr einzeln bestimmt wer-den, sondern wird automa-tisch aus den gegebenen Werten berechnet. Das spart Zeit. Dauerte es zuvor mehrere Tage, den Plan für ein Gebäude zu erstellen, sind es jetzt nur noch Stunden.

Ein Großauftrag aus Frankreich stellte die Floecksmühle Energietechnik GmbH beim Bau von Schlauchwehren vor neue Herausforderungen. FERCHAU-Mitarbeiter Christian Altenscheidt hat für das Aachener Unternehmen ein Programm entwickelt, das die Betriebsgebäude der Wehre parametrisch konstruiert. Das spart wertvolle Zeit.

Christian Ebel Niederlassungsleiter

FERCHAU Aachen

[email protected]/go/aachen

Floecksmühle Energietechnik GmbH� oecksmuehle-et.com

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Hightech statt Holzplanken

christian altenscheidt

Technischer Zeichner

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Altenscheidt hat das Programm mit iLogic geschrieben, einer einfachen, regelbasierten Pro-grammiersprache für automatisierte Konstruktion. Auch wenn er inzwischen 15 Jahre Berufserfahrung hat und für zahlreiche Kunden Anlagen geplant hat, war die parametrische Konstruktion für ihn neu. »Das Reizvollste und zugleich die Herausforderung meiner Aufgabe ist es, das Ganze so aufzubauen, dass der Kunde damit weiterarbeiten kann und alles über eine einfache Benutzeroberfläche nachvollziehbar ist. Schließlich muss es irgendwann ohne mich funktio-nieren«, sagt Altenscheidt.

vorzeigeprojekt für deutschen markt

Zwar ähneln sich die etwa 40 Quadratmeter großen Betriebsgebäude. Dennoch herrschen an jedem Standort andere Bedingungen und Kunden-wünsche. So sind zum Beispiel Länge, Durchmesser und Anzahl der Rohrleitungen im Betriebsgebäude abhängig von der Anzahl der Wehrfelder, der Höhe sowie der Breite des Schlauchwehrs. Außerdem sind Breite und Fallhöhe des Flusses je nach Standort verschieden. »Ohne Christian Altenscheidts Lösung hätten wir unseren Auftrag zeitlich niemals hinbe-kommen. Das hat vieles erleichtert«, lobt Mareike Kessels den FERCHAU-Kollegen.

Für die Firma Floecksmühle ist es nicht nur der umfangreichste, sondern auch der erste Auftrag für ein staatliches Großprojekt. Bisher wurden die Schlauchwehre »made in Aachen« hauptsächlich für einen Standort gebaut und überwiegend für die Wasserstandsregelung von Schifffahrtsstraßen, die Nutzung von Wasserkraft und den Hochwasser-schutz, aber auch für die Schaffung von künstlichen Gewässern eingesetzt. »Wenn wir das Vorhaben in Frankreich erfolgreich abgeschlossen haben, ist das sicher ein gutes Vorzeigeprojekt«, sagt Kessels. Denn auch auf deutschen Wasserstraßen mit zahlreichen alten Stahlwehren wird es in den kommenden Jahren hohen Investitionsbedarf geben. //

»Bin ich Platzhirsch oder Mitläufer?«ergebnisse des psychotests von seite 13:

A. Der Hysteriker

Sie sind au� ällig, laut und manchmal nervös. Sie glauben, dass Sie das sein müssen, damit Ihnen die Aufmerksamkeit der anderen Menschen sicher ist. Ihre Ausdrucksweise ist manchmal etwas derb, trotzdem werden Sie für Ihren Humor geschätzt und haben viele Freunde. Sie nehmen sich wichtig, aber nicht unbedingt ernst. Ihre angespannte Haltung zeigt sich manchmal auch körperlich: Mögli-cherweise haben Sie ein Hohlkreuz und/oder häu� ger Rückenschmerzen.

C. Der Liebesbedürftige

Sie sehnen sich nach Wärme und Zuneigung. Sie sind nicht besonders gern allein. Ihre äußerliche Erscheinung spiegelt manchmal auch Ihr Innenleben: Sie sind eher blass und wirken oft schlapp. Ihre große Stärke ist Ihr Sinn für Schönheit und Ästhetik. Sie haben außerdem ein untrügliches Gespür für die Stimmung anderer Menschen.

B. Der Rationale

Sie leben eher zurückgezogen und machen viel mit sich selbst aus. Dabei haben Sie durchaus eine sensible Wahrnehmungsfähigkeit und analytisches Denkvermögen. Es fällt Ihnen nicht besonders leicht, zu anderen Menschen Vertrauen aufzubauen. Sie gönnen sich nicht besonders viel, das zeigt sich auch körperlich: Sie könnten ruhig etwas an Gewicht zulegen.

E. Der Verletzliche

Sie sind ein liebevoller und loyaler Mensch, treu und hilfsbereit, allerdings lassen Sie sich auch schnell von anderen Menschen ausnutzen. Sie neigen zu Frustessen und haben daher häufig Gewichtsprobleme. Sie tendieren zur Unterwürfigkeit und regen sich innerlich schnell auf.

D. Der Platzhirsch

Sie sind der geborene Anführer. Sie be-stimmen gern und viel und dirigieren auch unangenehme Aufgaben an andere. Sie sind diszipliniert und durchtrainiert, aber auch häufig egoistisch und dominant. Wenn Sie nicht bestimmen dürfen, werden Sie schnell wütend.

Bitte zählen Sie die Antworten im Test zusammen, die auf die Buchstaben A bis E entfallen sind. Der Buchstabe mit den meisten Treffern zeigt, welcher Typ Sie am ehesten sind. Bei Gleichstand haben Sie es selbst in der Hand!

Eine Schlauchwehranlage in Portugal mit zwei Wehrfeldern (je 27 Meter lang und 2,50 Meter hoch). Bild: Floecksmühle Energietechnik GmbH

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Es war im Jahr 2012, als die von Raytheon Anschütz entwickelte Synapsis Bridge Control als weltweit erste integrierteBrücke die Typzulassung nach den Perfor-

mance-Standards für integrierte Navigationssysteme (INS) erhielt. Gemäß dem Regelwerk der Internatio-nal Maritime Organization (IMO) integriert ein INS die nautischen Aufgaben der einzelnen Navigations-systeme, wie zum Beispiel Kollisionsverhütung, Routenplanung, Navigationsdatenkontrolle, auf Multifunktionsdisplays und ersetzt damit Einzel-arbeitsplätze. Ein wichtiger Schritt im Hinblick auf mehr Sicherheit durch Systemintegration und eine einfachere Bedienung.

»Darüber hinaus«, weiß Florian Holdt, IT-Mitarbeiter bei FERCHAU Kiel, »zeichnen sich die Systeme dadurch aus, dass sie in großem Umfang modular erweiterbar sind. Innerhalb einer Brücke lassen sich beliebig viele Konsolen integrieren, und auf jeder können verschiedene Brücken-

Applikationen laufen. Das heißt: Auf einer Konsole können gleichzeitig ein Radar und beispielsweise ein elektronisches Navigationsinformationssystem installiert sein. Wobei es problemlos möglich ist, zwischen beiden zu wechseln.«

plug-in-basierte architektur

Zentraler Bestandteil jedes Arbeitsplatzes ist eine spezielle Integrationsplattform, die dazu dient, Konfigurationen, Status und Funktionen zu verwalten, aber auch dazu, Schnittstellen für zukünf-tige Systemerweiterungen oder Updates bereitzu-stellen. An der Realisierung eines solchen Updates ist der 31-jährige Diplominformatiker beteiligt: »Ich bin vor drei Jahren zu Raytheon Anschütz gekommen und habe das Unternehmen bei der Entwicklung des militärischen Einsatz-Management-Systems SYNTACS (Schiffsnavigation mit einer integrierten Lagebild-Darstellung) unterstützt. Auf der gleichen Softwarebasis wirke ich aktuell bei der Entwicklung einer zivilen Radarsoftware für die integrierte Brücke mit. Hierbei handelt es sich um ein sehr großes C++-Projekt auf Basis einer Plug-in-basierten Architektur. Sichergestellt werden muss, dass die einzelnen Funktionen gut in die Plug-ins gekapselt sind, so dass man sie bei Bedarf einzeln aktivieren kann, ohne dass dabei die Hauptanwendung tangiert wird. Zudem wird durch eine optimale Kapselung

Der Name Raytheon Anschütz verbindet sich nicht nur mit der Erfindung des Kreiselkompasses durch Hermann Anschütz-Kaempfe, sondern auch mit integrierten Brückensystemen, die als passgenau konfigurierbare Lösungen auf zivilen und militärischen Schiffen zum Einsatz kommen. FERCHAU-Mitarbeiter Florian Holdt hat bei der von ihm unterstützten Entwicklung einer Radarsoftware »alles auf dem Schirm«.

Katharina Bischo� Senior Account

Manager IT FERCHAU Kiel

[email protected]/go/kiel

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Alles auf dem Schirm

»Es geht darum, dass die vom Radar erzeugten Echos verarbeitet und analysiert

werden: Was davon sind andere Schi� e? Was ist die Küstenlinie? Und was ist einfach nur irrelevantes Rauschen?«

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über raytheon anschütz

Die Raytheon Anschütz GmbH, Kiel, ist ein Tochterunternehmen der Raytheon Company (USA). Das Unterneh-men entstand 1995 nach der Übernahme der Firma Anschütz durch den amerikani-schen Rüstungs- und Elektronikkonzern. Anschütz-Gründer Hermann Anschütz-Kaempfe stellte 1907 den ersten bordtaugli-chen Kreiselkompass der Welt vor. Heute ist Raytheon Anschütz ein führender Hersteller maritimer Navigations-systeme.

fl orian holdt

im Testlabor von Raytheon Anschütz in Kiel

auch die Wartbarkeit vereinfacht, da man an Ein-zelbereichen arbeiten kann, ohne gleich das ganze System anfassen zu müssen.«

Hauptaufgabe von Florian Holdt ist es, gemein-sam mit dem Team die in den IMO-Vorschriften fest-gelegten Funktionen der Software für ein solches Radar zu implementieren. Im Fokus steht dabei dieDarstellung der Radarobjekte (Tracks) auf dem Bild-schirm. »Es geht darum, dass die vom Radar erzeugtenEchos verarbeitet und analysiert werden: Was davon sind andere Schiffe? Was ist die Küstenlinie? Und was ist einfach nur irrelevantes Rauschen? Die Software muss gleichzeitig mit vielen dieser Radarobjekteklarkommen, dabei schlüssig arbeiten, performant sein und stabil laufen.« Ein weiterer zentraler Punkt der Implementierung ist die Funktion: Anzeige der Navigationsdaten. Hier muss das Radar zu jeder Zeit genau wissen, wie die aktuelle (Kurs-)Orientierung des Schiffs ist, damit Abweichungen zum Soll-Kurs korrigiert werden können. Außerdem gilt es, Opti-mierungen der Architektur im Hintergrund vorzu-nehmen, so dass auch künftig problemlos weitere Funktionen integriert werden können.

agile softwareentwicklung

Die Softwareentwicklung selbst erfolgt agil in Form verschiedener Sprints, bei denen die Aufgaben Programmieren, Implementieren und Testen im Vor-dergrund stehen. »Wir verwenden als Entwicklungs-umgebung Visual Studio, programmieren in C++ und organisieren unsere Arbeit mit JIRA.« Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts ist Florian Holdt mit der Auswahl und der Integration verschiedener Radarströme befasst: »Auf den Schiffen wird meist mehr als eine Radarantenne verbaut. Daher muss das Radar die Wahlmöglichkeit bieten, von welcher der Antennen Daten auf dem Bildschirm angezeigt wer-den sollen. Die Oberfläche hierfür existiert bereits. Ich beschäftige mich zurzeit damit, die Funktionen im Hintergrund technisch umzusetzen.«

In der Organisation des Auftraggebers arbei-tet Florian Holdt nicht nur mit Kollegen aus ver-schiedenen Softwareabteilungen am Standort Kiel, sondern auch mit Raytheon-Anschütz-Mitarbeitern in England zusammen, da diese mit der gleichen Softwarebasis befasst sind und über entsprechen-des Know-how verfügen. »Außerdem überprüfe ich die Arbeitsergebnisse eines externen Lieferanten«, berichtet der Entwickler über seine Tätigkeit.

Die besondere Herausforderung bei der Realisierung seiner Aufgaben sieht der gebürtige Flensburger vor allem darin, den Überblick über das umfangreiche Projekt zu behalten: »Die Anzahl der Programmierzeilen ist enorm und die Projekt-mappe unglaublich groß.« Was vor allem daran liegt, dass die bereits für frühere Brückenprogram-me genutzte Softwarebasis eine große Variabilität aufweist und für die Realisierung einer Vielzahl von Funktionen genutzt werden kann. »Entscheidend ist herauszufinden, auf welche Weise bestimmte Features am besten umzusetzen sind. Es gibt im Prinzip immer mehrere Möglichkeiten. Daher gilt es, den optimalen Weg zu finden.« //

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D as »Marsfieber« grassiert in den Medien, Raketen sind wieder ein Gesprächsthema, und der Markt für Raumfahrt gilt als prestigeträchtig

und lukrativ. »Mit dem Abwählen des Shuttles als Transportsystem war man gezwungen, sich neue Träger zu erschließen«, erläutert Jan Mantau, Key Account Manager Space und Raketenexperte bei der FERCHAU-Tochter RST Rostock System-Tech-nik GmbH, den Hintergrund. Diesen »Wettflug der Nationen« hatte der Science-Fiction-Autor und In-genieur Hans Dominik bereits 1932 vorausgesehen. Doch inzwischen mischen auch Unternehmer mit: Elon Musk etwa, der begnadete Verkäufer eige-ner Visionen, verkündete den Plan, innerhalb von zehn Jahren die ersten Ausflugsschiffe zum Mars zu starten und langfristig eine Million Menschen anzusiedeln: »Der Traum ist real«, sagt Musk, der von PayPal kam und sich früh an Tesla beteiligte. Er hat auch eine Raketenfirma ins Leben gerufen: Space Exploration Technologies (SpaceX). Sie soll die »Southwest Airlines des Weltraums« werden – eine Billigfluglinie.

Derartige »Moonshot«-Projekte wie die Marsbesiedelung sind Kritikern zufolge nur ein Versuch, PR für die normalen Aktivitäten eines Unternehmens zu machen. Dabei ist SpaceX durchaus der Vorreiter eines Trends, der auch auf die klassischen, nationalen Raumfahrtprogramme abfärbt: Mehr Effizienz.

jan mantau

Key Account Manager und Raketenexperte bei RST

»Die große Herausforderung liegt darin, den Umstieg von der experimentellen Forschung zur wirtschaftlichen Nutzung des Weltalls zu scha� en.«

aufbruch zu den sternen

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»Während die Amerikaner den privatwirtschaftli-chen Weg gehen, fokussiert man sich in Europa auf die neue Ariane 6«, berichtet RST-Manager Mantau. Die Rakete werde komplett wirtschaftlich orientiert entwickelt und betrieben, ohne staatliche Unterstüt-zung. Also weniger Forschung und mehr Business. Daher werden vorhandene Technologien wirtschaft-licher gemacht und in die Ariane 6 übernommen, um die Entwicklungs- und Produktionskosten zu senken. »Ziel ist es, ein finanziell tragfähiges Trägersystem in Europa verfügbar zu haben.«

Der Grund: Mit der »Falcon 9«, die auch die ISS-Raumstation versorgt, hat Musks Firma SpaceX die Preise im Markt nach unten getrieben. Europa müsse Mantau zufolge daher »die erste Halbzeit, die an die Amerikaner verloren wurde, wieder aufholen«. So sollen die Kosten pro Kilo Fracht mit der Ariane 6 um 50 Prozent gegenüber der Vorgän-gerin reduziert werden, hat ESA-Chef Jan Wörner im vergangenen Jahr angekündigt. Andernfalls ist Europas Raketenindustrie im Satellitenmarkt nicht wettbewerbsfähig. »Die große Herausforderung«, so Mantau, »liegt darin, den Umstieg von der experi-mentellen Forschung zur wirtschaftlichen Nutzung des Weltalls zu schaffen.«

Dennoch stehen Forschung und Entwick-lung nicht still, und auch die Rostocker Firma RST arbeitet mit an der Eroberung des Weltraums. Das Unternehmen, eine ehemalige Airbus-Tochter und heute Teil der FERCHAU AVIATION GROUP, entwickelt Ground-Support-Equipment wie Handling- oder Lifting-Devices und Montagestände für die Raum-fahrt. Zudem forschen die Rostocker beispielsweise zusammen mit der Bremer Airbus Defence and Space sowie einem österreichischen Unternehmen an einem neuen Daten-Interface: »Die neuen Raketen liefern eine Unmenge von Daten, die sicher übertra-gen und verarbeitet werden müssen«, sagt Mantau.

Über TTEthernet (Time-triggered Ethernet) wird der Medienzugang so gesteuert, dass zeitkritische Infor-mationen Vorrang haben vor weniger zeitkritischen. »So kann das auf der Erde etablierte Ethernet auch in der Raumfahrt genutzt werden.«

Die Weite des Weltraums hat auch andere Pioniere in den Markt gelockt. Blue Origin beispiels-weise, eine Firma von Amazon-Chef Jeff Bezos, arbeitet seit dem Jahr 2000 daran, Menschen in sub-orbitale Höhen von rund 100 Kilometern zu bringen. Gleiches plant der Virgin-Gründer Richard Branson mit seiner Firma Virgin Galactic, deren Technologie auf dem »SpaceShipOne« basiert. Derweil erpro-ben freie Raumfahrtexperten in Dänemark eine »Open-Source-Rakete«, und auch die Start-und-Lande-Plattform Sea Launch, von der aus 15 Jahre lang Satelliten ins All geschossen wurden, soll mit Hilfe neuer Investoren wieder in See stechen.

Daneben streben viele Nationen nach oben. So wurde die neue chinesische Raumstation Tian-gong-2 letztes Jahr erstmals bemannt. Die Russen bauen an einem Weltraumbahnhof auf eigenem Territorium, in Wostotschny im Osten des Landes – ein milliardenschweres Prestigeprojekt für die Regierung. China hingegen hat 2016 schon sein viertes Kosmodrom eröffnet, von dem aus die Rake-ten des Typs »Langer Marsch« abheben. Und Indien wiederum schickte bereits 2013 eine kostengünstige Sonde zum Mars.

Doch auch wenn der Weltraum keine Balken hat, kann der Traum vom Flug ins All jäh enden: Im kasachischen Kosmodrom Baikonur schlummert die sowjetische Antwort auf die amerikanischen »Space Shuttles«, die Raumfähre »Buran«, in einem riesigen Hangar. Das Programm lief von 1976 bis 1993 mit Tausenden von Raumfahrtexperten, dann war plötzlich kein Geld mehr da. Ein Hangar, in dem ein Schwesterschiff der Buran stand, ist schon vor 15 Jahren eingestürzt. Dennoch bleibt die Raumfahrt so faszinierend: Egal, wie groß der Einsatz auch ist – der mögliche Gewinn ist noch viel größer. //

Jan Mantau RST Rostock System-Technik [email protected]

Copenhagen Sub-orbitals – dänische Enthusiasten entwi-ckeln eine sogenannte »Open-Source-Rakete«. bit.ly/2gsqaZz

Sea Launch – hier starten Trägerraketen aus dem Meer ins All.bit.ly/2g1kDIQ

Rocketlab – kleine Raketen mit Ruther-ford-Triebwerk aus Neuseeland.bit.ly/2fxC9Zj

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matthias ullrich,norbert mühlburgerGeschäftsführer der Westcam-Gruppe

Die Digitalpioniere aus TirolEin Unternehmen aus den Alpen macht seit 25 Jahren das, was man heute unter Industrie 4.0 versteht: Es automatisiert die Fertigung. Und hilft anderen dabei, es auch zu tun.

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A nfang der 90er Jahre, als noch niemand von Industrie 4.0 gesprochen hat, gab es einen Tiroler, der sie be-

reits lebte: Norbert Mühlburger, gelernter Werkzeugbauer. Er vertrieb CAM-Systeme im Westen Österreichs. Seine Ein-Mann-Firma nannte er daher folgerichtig West-cam. Bis heute berät er Unternehmen, die ihre Fertigung automatisieren wollen, und das längst über die Grenzen Tirols hinaus: Die Westcam-Gruppe arbeitet an sechs Standorten in Österreich und an einem in Tschechien.

westcam betreut die gesamte prozesskette

»Wir begleiten Unternehmen auf ihrem Weg zur Industrie 4.0«, sagt Ge-schäftsführer Mühlburger. Westcam hat im Jahr 2015 einen Umsatz von 15 Millio-nen Euro erwirtschaftet und verzeichnet jährliche Wachstumsraten von zehn bis zwölf Prozent. Zwei Unternehmen zählen zur Gruppe: Die Westcam Datentechnik GmbH betreut den gesamten Prozess, der nötig ist, um die Fertigung zu digi-talisieren. Sie berät die Kunden, imple-mentiert die Technologien und schult die Mitarbeiter darin, sie anzuwenden. Die Westcam Technologies GmbH hingegen entwickelt eigene Fertigungssysteme für die smarte Fabrik und wendet sie an. Diese Kombination aus theoretischem Know-how und praktischer Erfahrung zeichnet die Firma aus.

ein experte in intelligenter und additiver fertigung

Seit man bei Westcam in den 90er Jahren mit dem Automatisieren und Digitalisieren von Fertigungsprozessen begann, verfolgt man ein übergreifendes Ziel: die effiziente teil- bis vollautomati-sierte Produktion. Die Wege dorthin haben sich jedoch radikal gewandelt: Anfangs vertrieb Mühlburger ausschließlich CAD- und CAM-Systeme. Dieses Kerngeschäft hat der Unternehmer längst ausgeweitet: Die Tiroler rüsten Fertigungsprozesse mit künstlicher Intelligenz auf oder erschaffen individuelle Werkzeuge und Produkte mit

3D-Druck. Ein Geschäftsfeld mit Zukunft: Die weltweiten Umsätze mit 3D-Druck verdoppeln sich bis zum Jahr 2020, pro-gnostizieren IDC-Marktforscher.

in einem netzwerk aus starken partnern aktiv

Um sich in den komplexen Geschäftsfeldern zu positionieren, setzt Westcam – ähnlich wie FERCHAU – auf eine Strategie der Partnerschaften. »Man muss nicht alles selber erfinden«, sagt Mühlburger. »Wir passen bewährte Lösungen individuell an.« Im Bereich 3D-Druck kooperiert das Unternehmen mit einem deutschen Hersteller. Um Großaufträge annehmen zu können, greift die mittelständische Firma, die 65 Mitarbeiter beschäftigt, auf ein stabi-les Netzwerk aus österreichischen und deutschen Geschäftspartnern zurück. So haben die Tiroler namhafte Kunden in der Automobil- und Flugzeugindustrie überzeugen können.

innovative technologien für die smarte fabrik

In einer Nische sind sie jedoch einsame Spitze: Westcam Technologies baut unter anderem Fertigungsanlagen für Kunststoffzähne, die weltweit im Einsatz sind. Die Hightech-Systeme stellen Kunst-stoffzähne auf Knopfdruck her. »Wir sind hier Technologieführer und sehen weiter große Chancen am Markt«, sagt Mühl-burger. Zuletzt machte Westcam Technologies positive Schlag-zeilen: Die Firma gewann den »Handling Award 2016«, der jährlich auf der Stuttgar-ter Fachmesse Motek für herausragende technische Leistungen verliehen wird. Die Branche zeichnete damit Westcams »Gripplan-ning« aus, die automatisierte Berechnung von Griffpunkten für komplex geformte Bauteile.

ein wechsel an der spitze steht an

Trotzdem ist das Herz der Gruppe die Westcam Datentechnik GmbH. Sie erwirtschaftet rund drei Viertel des Um-satzes. »Industrie 4.0, 3D-Printing und die individualisierte Produktion sind die wich-tigsten Trends, die unsere Arbeit heute und in Zukunft antreiben«, sagt Mühlburger.

Der 58-Jährige wird die künftigen Ent-wicklungen im Unternehmen vor allem strategisch mitgestalten, er zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück. Sein Nachfolger und mittlerweile gleichberech-tigter Geschäftsführer ist Matthias Ullrich, 41, seit zehn Jahren im Unternehmen. Er geht mit dem Automatisierungsunterneh-men Westcam Technologies nun in die Zukunft. »Das Führen mit flachen Hierar-chien ist eine Form des Managements, die wir schon lange praktizieren. Wir gehen kollegial miteinander um, nicht paternalis-tisch«, sagt Ullrich. Mit dem jungen Mann an der Spitze streben die IT-Pioniere aus dem Inntal weiter nach oben. Ullrich sagt: »Wir wollen auch künftig im zweistelligen Bereich wachsen.« //

zahnprothesen auf knopfdruckDie Firma Westcam passt standardisierte Ferti-

gungssysteme den Bedürfnissen ihrer Kunden an.

Ein Beispiel: Sie digitalisiert das Herstellen von

Vollzahnprothesen. Und so geht’s: Bislang sucht

der Zahntechniker aus Tausenden Standardzähnen

die bestpassenden Formen für den Patienten aus.

Die Zähne scannt er. Ein CAD-System bereitet die

Auswahl auf und konstruiert basierend auf diesen

Daten ein passendes Modell. Dann geht alles an

den 3D-Drucker. Er druckt die Totalprothese. Diese

Schritte digitalisiert Westcam. Am Ende drückt

der Zahntechniker nur noch einen Knopf, und der

Computer stellt die Vollprothese her. Die

Vorteile des digitalen Weges: Geht

schneller und erzeugt weniger

Fehler als der normale Weg,

der händische Schritte

beinhaltet.

Stefan Jaud Account ManagerFERCHAU Innsbruck

[email protected]/go/innsbruck

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Die großen JungsDer US-Konzern Manitowoc baut Mobilkrane in Wilhelmshaven. Unterstützt wird er dabei von einer FERCHAU-Projektgruppe. Diese gewährleistet Planbarkeit und Flexibilität bei allen nötigen Ressourcen und Kompetenzen.

Jörg HaverkampNiederlassungsleiter

FERCHAU Bremen

[email protected]/go/bremen

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A m Banter See in Wilhelmshaven, wo vor über 100 Jahren die U-Boot-Werft und die Kaiserliche Marinewerft stan-den, werden heute schwere Maschinen

für den zivilen Einsatz gebaut – immer noch ein-drucksvoll und technisch anspruchsvoll, aber weitaus bodenständiger: Es geht um Mobilkrane beziehungs-weise All-Terrain-Krane (GMK – Grove-Mobil-Kran) des US-Konzerns Manitowoc. Diese »großen Jungs« haben es Renke Schlarmann angetan, wie der Konstrukti-onsleiter der Manitowoc Crane Group Germany GmbH einräumt: »Wenn die Maschinen auf dem Hof an dir vorbeifahren, ist das schon beeindruckend.« Mani-towoc ist auf dem Weltmarkt die Nummer zwei der Mobilkranhersteller. Unter dem Markennamen Grove werden die Krane aus Wilhelmshaven in alle Kontinen-te der Erde verschifft. »Wir haben das Glück, dass wir an diesem Standort vom ersten Strich bis zur letzten Ausfahrt alles miterleben können«, sagt der Director Engineering, der nur ein paar Gehminuten weiter an der Hochschule Maschinenbau studiert hat.

Knapp 1.000 Mitarbeiter – davon rund 120 im Engineering-Bereich – konstruieren und mon-tieren die Mobilkrane am Standort und nehmen sie anschließend in Betrieb. Zugekauft werden einige Komponenten wie Schweißbaugruppen, der Rest ist Eigenleistung. »Spannend für die Mitarbeiter ist, dass wir hier nicht nur ein Rädchen im Getriebe sind«, sagt Schlarmann, »weil wir das komplette Produkt entste-hen sehen.« Dabei handelt es sich einerseits um den Kranaufbau, zum anderen aber auch um das Fahr-zeug selbst, das nicht einfach dazugekauft, sondern ebenfalls am Standort entwickelt wird. »Jeder, der eine Affinität zum Fahrzeugbau hat, ist daher bei uns gut aufgehoben.«

Mit fünf technischen Fachbereichen (Stahl-bau/Statik, Antriebsstrang/Maschinenbau, Elektrik/Elektronik, Hydraulik sowie Software) und einer Vielzahl von Kran-Baureihen steht Manitowoc vor der Herausforderung, dass die Auslastung in allen Engineering-Gewerken variiert. Sind bei einer kompletten Neuentwicklung beispielsweise Statik und Stahlbau stark gefragt, braucht bei einem neuen Motor das Team vom Antriebsstrang zusätzliche Res-sourcen. »Da die Projekte im Verlauf unterschiedliche Schwerpunkte haben, müssen wir die geforderten Kapazitäten schnell hoch- und wieder herunterfahren können«, erläutert Konstruktionsleiter Schlarmann.

Hier kommt FERCHAU ins Spiel: »Wir haben in jedem Fachbereich FERCHAU-Mitarbeiter installiert, um die nötige Flexibilität zu gewährleisten.« So könne man die eigene Kernmannschaft stabil aufstellen und auf Veränderungen der Nachfrage schnell – ohne eigene Personalmaßnahmen – reagieren. »Zudem sichern wir uns über die FERCHAU-Experten Know-how aus anderen technischen Gebieten und Lösungen«, sagt Schlarmann. »Die Mitarbeiter haben viele Erfahrungen gesammelt und können ihre Ideen dann bei uns einbringen.«

Statt jedoch einzelne FERCHAU-Ressourcen bei Bedarf zu buchen und vor Ort einzusetzen, haben die Partner eine gemeinsame Projektgruppe gegrün-det, die im rund 50 Kilometer entfernten Oldenburg Büros bezogen hat. Knapp 20 Experten greifen hier mit einer Standleitung auf die Systeme von Manitowoc zu. Derzeit entstehen in Oldenburg unter anderem die Service-Applikationen für den Fachbereich Software: »Alles, was wir an Software brauchen, um unsere Krane zu warten, wird unter unserer Führung von FERCHAU entwickelt«, berichtet Schlarmann.

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»Spannend für die Mitarbeiter ist, dass wir hier nicht nur ein Rädchen im Getriebe sind, weil wir

das komplette Produkt entstehen sehen.«

Zu dieser Arbeitsweise gehört auch, dass in erster Linie ganze Arbeitspakete nach außen gegeben werden. Dafür müsse man den eigenen Mitarbeitern beibringen, Aufgaben zu erklären und zu delegieren, so Schlarmann. »Mittlerweile haben wir kein Pro-blem mehr damit, denn die FERCHAU-Mitarbeiter sind hochakzeptiert und in Projektbesprechungen und Meilensteine eingebunden.« Allerdings müsse erst ein gemeinsames Verständnis für die Aufgaben geschaffen werden, schließlich haben Unternehmen und Produkte ihre Eigenarten. Zudem bedeute ein Arbeitspaket auch ständige Kommunikation, Kontrolle und Abstimmung: »Abtauchen und nach drei Monaten liefern, das funktioniert nicht.«

Mit dem Leiter der Projektgruppe hat Schlarmann einen Ansprechpartner, der sich um Führung und Planung der Einheit sowie um Termi-ne und Prioritäten kümmert. Zudem ist durch die Projektgruppe eine unbefristete Zusammenarbeit im Dienstvertrag möglich. In einem nächsten Schritt plant FERCHAU, auf Basis der Kooperation mit Mani-towoc ein Kompetenzzentrum für mobile Maschinen in Oldenburg aufzubauen. Schließlich gibt es in der Region viele Hersteller von Landtechnik, Lkw-Aufbau-kranen und Baumaschinen mit großen technischen Gemeinsamkeiten, etwa bei den Steuerungsarchi-tekturen. Ein etabliertes Modell mit Zukunft: »Den klassischen Ansatz der Arbeitnehmerüberlassung verfolgen wir schon viele Jahre nicht mehr«, berich-tet Schlarmann, »denn nur Arbeitspakete und die Projektgruppe geben uns die volle Flexibilität und entlasten uns wirklich.« //

über manitowoc

Das US-Unternehmen Manitowoc, gegründet 1902, ist ein Maschinenbaukonzern. Das Krangeschäft bildet inzwischen ein Standbein. Anfang des Jahrtausends expandierte das Unternehmen durch die Übernahmen von Potain und Grove Cranes. Im Jahr 2015 hat der Konzern in dem Bereich rund 1,87 Milliarden Dollar umgesetzt.

Heute verfügt Manitowoc über fünf Kransparten:

» Grove-Fahrzeugkrane

» Potain-Turmdrehkrane

» Manitowoc-Raupenkrane

» National-Crane-Lkw-Aufbaukrane

» Shuttlelift-Industriekrane

Die deutsche Niederlassung von Manitowoc liegt in Wilhelmshaven, wo das Unternehmen knapp 1.000 Mitarbeiter beschäftigt.

renke schlarmann

Konstruktionsleiter der Manitowoc Crane Group Germany GmbH

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