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Annotation 50. KW ___________________________________________________________16. Dezember 2013
“Kunst ist Leben, Leben ist Kunst“
Sergej Prokofjew, Wladimir Majakowskij und Elsa Triolet
In einer Langen Nacht
Autorin:Beate Bartlewski
Die Veröffentlichung der Erzählungen des Komponisten Sergej Prokofiew im Jahre 2012
wurde als Sensation gefeiert. Entdeckt wurden sie vor einigen Jahren vom Konzertgitarristen
Lucian Plessner im Sergej-Eisenstein-Museum in Moskau. Geschrieben hat Prokofiew die
skurrilen und phantastischen Geschichten zwischen 1917 und 1921, einer Zeit fundamentaler
politischer, gesellschaftlicher und künstlerischer Umwälzungen. 1917 hatte er den Dichter der
Revolution, Wladimir Majakowskij, kennengelernt, der ihm ein Jahr später das Poem “Krieg
und Welt” geschenkt hat, mit der Widmung “Dem Vorsitzenden der Musiksektion des
Erdballs vom Vorsitzenden der Dichtersektion des Erdballs, Prokofjew von Majakowskij”. Da
ahnte Majakowskij noch nicht, dass Prokofjew seine wilde Phase als musikalischer
Bürgerschreck gerade hinter sich gelassen hatte und im Begriff war, nach Amerika
aufzubrechen. Auf dem Höhepunkt der revolutionären Ereignisse ging Prokofjew andere
Wege. Er war Zeit seines Lebens völlig unpolitisch.
Ganz anders Wladimir Majakowskij, einer der größten russischen Dichter des 20.
Jahrhunderts und Mitbegründer des russischen Futurismus, der mittels einer neuen Sprache
die Welt verändern wollte. Mit gewaltiger Sprachkraft erfand er Sprachbilder von bizarrer
Schönheit. Hinter seinem berserkerhaften Auftreten verbarg sich jedoch ein hochsensibler,
schwermütiger und genialer Künstler. Bis zum Ende seines Lebens war er in unglücklicher
Liebe der schönen, kapriziösen Lilja Brik verfallen, der er all seine Werke widmete. Einsam,
krank und zermürbt von wachsenden künstlerischen und politischen Anfeindungen, nahm er
sich mit 36 Jahren das Leben.
Die Schriftstellerin Elsa Triolet, die Schwester von Lilja Brik, hatte Majakowskij als Dichter
entdeckt. Er war ihre erste große Liebe, die sie jedoch an ihre große Schwester verlor. Der
Schmerz der Zurückweisung wird sie ihr Leben lang begleiten. Sie geht nach Paris, wo sie
dem Dichter Louis Aragon, einer der führenden Köpfe der Surrealisten, begegnet. Louis
Aragon wird zu ihrem Majakowskij, dem Mann, mit dem sie Leben und Arbeiten teilen kann.
42 Jahre, bis zu Elsas Tod, bleiben sie unzertrennlich.
.
Der Komponist Sergej Prokofjew
Sein Lebenslauf im Lebendiges Museum Online ( LeMO )
Russisches Musikarchiv
Auszug aus der Langen Nacht:
Moskau im März 1918. Der Komponist Sergej Prokofjew und Wladimir Majakowskij, einer
der berühmtesten russischen Dichter des 20. Jahrhunderts, begegnen sich.
Prokofjew: Mit Majakowskij war ich vor einem Jahr bei seinem Auftreten in Petrograd schon
bekannt geworden, wo er einen großen Eindruck auf mich gemacht hatte. Diese
Bekanntschaft vertiefte sich jetzt, ich spielte ihm viel vor, er las aus seinen Gedichten und
schenkte mir zum Abschied “Krieg und Welt”, in das er “Dem Vorsitzenden der
Musiksektion des Erdballs vom Vorsitzenden der Dichtersektion des Erdballs, Prokofjew von
Majakowskij” hineinschrieb.
„An einem der Abende im “Dichtercafé” erschien der junge Komponist Sergej Prokofjew.
Ungestüm stürzte er mit seinen roten Haaren wie ein Feuerbrand auf das Podium, drückte
stürmisch einem jeden von uns die Hand, erklärte sich als überzeugten Futuristen und setzte
sich an den Flügel. Ich eröffnete dem Publikum, dass sich unserer futuristischen Garde der
große Meister und Komponist zeitgenössischer Musik Sergej Prokofjew angeschlossen hätte.
Das Publikum und wir bereiteten ihm erst einmal eine Ovation. Als erstes spielte er uns sein
neuestes Werk “Versuchung” vor.“
„Sein großartiges Spiel, die virtuose Technik, die erfindungsreiche Komposition schlugen alle
so in Bann, dass der neue Futurist lange nicht vom Klavier fortgelassen wurde. Und was hatte
Prokofjew für ein Temperament! Es kam uns vor, als hätte eine Feuersbrunst das Café erfasst,
als stürzten Balken und Pfosten, rotglühend wie die Haare des Komponisten zusammen, und
wir standen da, bereit, bei lebendigem Leibe in den Flammen dieser unerhörten Musik
aufzugehen. Und der junge Meister selbst tobte ungestüm, hingerissen und elementar an dem
Instrument, dem sich geradezu die Haare zu sträuben schienen. Mit dem Kopf durch die
Wand. Wie es vielleicht ein einziges Mal im Leben geschieht, wenn du siehst, empfindest,
dass ein Meister “rast”, in höchster Extase, wie in einer Attacke auf Tod und Leben, und dass
du einem solchen Sturm nie wieder beiwohnen wirst. In jenen Jahren erkannte Prokofjew
natürlich auch die Kritiker nicht an. Wir aber erklärten ihn als Genie, feierlich und ohne
Widerrede. Und er fühlte diese glühende Aufrichtigkeit und gab sich dem Wirbelsturm
allgemeiner Begeisterung hin. Niemals wird uns dieser Abend aus dem Gedächtnis
entschwinden.“
Was die begeisterten Zuhörer nicht wussten, die vier Stücke op. 4, von denen hier die Rede
ist, hatte Prokofjew bereits 1908 geschrieben. 1917 hatte er seine wilde Phase als
musikalischer Bürgerschreck bereits hinter sich gelassen. Auf dem Höhepunkt der
revolutionären Ereignisse ging Prokofjew andere Wege. Die Klassische Sinfonie oder das 1.
Violinkonzert sind Ausdruck seines inneren Wandels.
...
Prokofjew ging nicht nur musikalisch andere Wege, sondern er spielte auch mit dem
Gedanken nach Amerika aufzubrechen. Und genau in dieser Zeit entstand seine erste
Erzählung. Prokofjew hatte zwar immer viel geschrieben, schon als kleiner Junge verfasste er
Opernlibretti. Auch die späteren Libretti zu seinen Opern stammen größtenteils von ihm
selbst. Er hat Zeit seines Lebens Tagebuch geführt, er hat seine Autobiographie geschrieben
und von ihm sind Aufsätze und ein umfangreicher Briefwechsel erhalten. Aber dass
Prokofjew tatsächlich literarische Ambitionen hatte ist neu, auch wenn er als Kind gesagt
haben soll, wenn ich nicht Komponist werde, dann werde ich Schriftsteller. Der
Konzertgitarrist Lucian Plessner hat bei einem Gastspiel in Moskau durch Zufall diese
Erzählungen in der letzten Wohnung des berühmten Filmregisseurs Sergej Eisenstein, die
jetzt ein Museum ist, entdeckt.
Literaturtipps:
Sergej Prokofjew
“Dokumente, Briefe, Erinnerungen”
VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig
Friedbert Streller
“Sergej Prokofjew und seine Zeit”
Laaber Verlag 2003
“Sergej Prokofjew – 11.April 1891 – 5.März 1953”
Beiträge, Dokumente, Interpretationen
Duisburg 1990/91”
Sergej Prokofjew
“Aus meinem Leben - Sowjetisches Tagebuch 1927”
M&T Verlag
Sergej Prokofjev
“Der wandernde Turm”
Die Erzählungen
Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann
Thomas Schippergers
“Sergej Prokofjew“
Rowohlt Verlag
Wladimir Majakowskij
State Museum of Majakovskii
Das Moskauer Akademische Majakowski-Theater
Auszug aus der Langen Nacht:
Majakowskij: Die Proletarier kommen von unten zum Kommunismus aus der Tiefe der
Schächte, der Heugabeln und Sicheln,- ich aber werfe mich in den Kommunismus aus den
Himmeln der Poesie, denn ohne ihn gibt es für mich keine Liebe.
“Majakowskij trat in die Revolution wie in ein Eigenheim. Er ging hinein und fing an, in
seinem Heim die Fenster zu öffnen. Er brauchte mehr als die Februarrevolution, - am ersten
Tag sprach er bereits von der großen Häresie des sich erfüllenden Sozialismus. Er hatte das
Bedürfnis, die Straßen umzugestalten, die Straßen mußten ihr eigenes Wort finden. Die
Revolution stärkte und beruhigte Majakowskij. Ich sah Majakowskij fröhlich werden.”
Majakowskij: Ich bin ein Frechling, der kein höheres Vergnügen kennt, als, die gelbe Jacke
übern Rumpf gestülpt, eine Ansammlung von Menschen aufs Korn zu nehmen, die unter ihren
wohlanständigen Gehröcken, Fräcken und Sakkos ehrliebend die Bescheidenheit und das gute
Benehmen wahren.
Ich bin ein Zyniker, dessen bloßer Blick auf den Anzügen der ins Auge Gefaßten Fettflecke
zurückläßt, ungefähr so groß wie ein Dessertteller.
Ich bin ein Fuhrmann, den Sie bloß ins Gästezimmer einzulassen brauchen, und die
Atmosphäre wird, wie unter schweren Axthieben, von den Kraftausdrücken dieses an die
Salondialektik wenig angepaßten Berufsstandes erzittern.
Ich bin ein Reklamesüchtiger, der tagtäglich fieberhaft jede Zeitung durchblättert in der
einzigen Hoffnung, seinen Namen drin zu finden…
„Die Triebfeder seiner Unverschämtheit war eine trotzige Verschämtheit, und hinter seiner
vorgetäuschten inneren Sicherheit verbarg sich eine phänomenal ängstliche, zu grundloser
Schwermut neigende Unsicherheit. Der Mechanismus seines gelben Jacketts war gleichfalls
trügerisch. Er kämpfte mit seiner Hilfe durchaus nicht gegen die Röcke der Spießer an,
sondern gegen den schwarzen Samt seines eigenen Talents.“
...
Majakowskij:
Maria –
willst du?
Du willst nicht?
Ha!
Also ists wieder
düster und bitter,
ich schleppe mein Herz,
das feuerrote,
tränende,
wie ein Hund
in die Hütte
die vom Zug überfahrene
Pfote.
Der Gasse macht das Herzblut Spaß,
das klebt wie Blumen im Kittelstaub.
Die Sonne umtanzt die Erde fast
wie Herodias
des Täufers Haupt.
Und tanzt sie die mir noch gewährten
Jahre restlos aus,
sind die Millionen Blutstropfen Fährten
zu Vaters Haus.
Allmächtiger, du hast die Hände erfunden,
du hast gemacht,
daß wir Köpfe besitzen –
warum brachtest du es nicht fertig,
daß wir ohne Qual
küssen, küssen, küssen!
Ich dachte, du bist ein Gott, der alles schafft,
doch du bist ein halbgebildeter Götze.
Sieh her, ich bück mich
und zieh aus dem Schaft
das Schustermesser.
Geflügelte Buben!
Rückt näher bei!
Sträubt das Gefieder, vor Bange naßkalt!
Dich, Weihrauchbedufteter, hau ich entzwei
von hier bis Alaska!
Laßt mich los!
Ihr haltet mich doch nicht an.
Ob ich lüge,
oder Wahres behaupte,
ich muß immer ruhelos hetzen.
Sieh da –
Der Himmel ist wieder enthauptet,
ohne Sterne und rot vom Gemetzel!
He, Himmel!
Du!
Ich komm!
Hut ab!
Kein Echo, taubstumme Ferne.
Das Weltall schläft,
auf seiner Tatze, schlapp,
das Riesenohr mit den Milben der Sterne.
...
Lilja: Wir flüsterten Elsa zu: “Laß ihn bloß nichts lesen!” Aber sie scherte sich nicht darum,
und so kam es, daß wir an diesem Tag erstmals sein Poem “Wolke in Hosen” hörten. Aus
Platzmangel hatten wir die Tür zwischen beiden Zimmern ausgehoben. Majakowski lehnte
sich an den Türsturz, zog ein Heft aus dem Jackett, warf einen Blick hinein und steckte es
wieder weg. Er überlegte einen Moment. Dann ließ er die Augen umherschweifen, als hätte er
einen weiten Hörsaal vor sich, sprach den Prolog und fragte lässig, mit leiser, mit
unvergeßlicher Stimme: “Ihr meint wohl: Malaria? Fieberdelirien? O nein: das ist in Odessa
geschehen.” Wir hoben den Kopf wie gebannt, ließen bis zum Schluß kein Auge von ihm. Er
stand aufgerichtet, ohne ein einziges Mal die Haltung zu wechseln. Sah niemanden an. Ging
in dem, was er sprach, ganz auf. Klagte, wetterte, spottete, forderte, eiferte, raste. Zwischen
den Kapiteln machte er eine kleine Atempause. Schon saß er wieder am Tisch und verlangte
in gespielt laxem Ton einen Tee. Ich schenkte ihm hastig ein. Ich schwieg, doch Elsa
frohlockte: Seht ihr wohl! Brik fand als erster die Sprache wieder. Wer hätte das gedacht!
Unglaublich! In der ganzen Poesie kenne er nichts Besseres. Majakowski sei ein ganz großer
Dichter, selbst wenn er nichts anderes mehr schreiben sollte. Er ließ sich das Heft geben und
behielt es den ganzen Abend in der Hand. Das alles war für uns wie die Erfüllung eines
langgehegten Traums. In letzter Zeit hatten wir kaum noch Lust zum Lesen gehabt. Alles, was
an Poesie erschien, kam uns langweilig und läppisch vor – es wurde nicht richtig und nicht
von den Richtigen und nicht das Richtige geschrieben. Aber hier war alles beisammen:
richtig, der Richtige, das Richtige. Majakowski saß neben Elsa und schlürfte Tee mit
Konfitüre. Er strahlte. Ich brachte kein Wort heraus. Majakowski nahm Brik das Heft weg,
schlug es auf, fragte mich: “Darf ich es Ihnen widmen?” und schrieb mit gesammelter Miene
über die Überschrift “Für Lilja Jurjewna Brik.”
...
Majakowskij: Liebe ist Leben. Sie ist das Wesentliche. Ihr entspringen Gedichte,
Handlungen, alles übrige. Liebe ist das Herz von allem. Hört es zu arbeiten auf, wird alles
andere überflüssig, unnütz. Solange aber das Herz arbeitet, kann es nicht umhin, sich dabei zu
offenbaren. Ohne Dich (nicht ohne Dich auf Reisen, innerlich ohne Dich) höre ich auf zu sein.
So war es immer, so ist es auch jetzt. Setzt jedoch das Tätigsein aus – bin ich gestorben.
...
Majakowskij:
Ich sterbe, macht niemanden dafür verantwortlich, und bitte kein Gerede. Der Verstorbene
haßte das.
Mutter, Schwestern und Genossen, verzeiht – es ist keine Art (ich empfehle es niemand), doch
ich sehe keinen Ausweg.
Lilja – liebe mich.
Genosse Regierung, meine Familie – das ist Lilja Brik, meine Mutter, meine Schwestern und
Veronika Witoldowna Polonskaja.
Solltest du ihnen ein erträgliches Leben einrichten – danke.
Die unvollendeten Gedichte übergebe man den Briks, sie werden damit fertig.
Wie man so sagt:
der Fall ist jetzt erledigt,
das Boot der Liebe
ist am Sein zerschellt.
Ich bin mit dem Leben quitt,
es ist nicht nötig,
daß man sich Not
und Qual entgegenhält.
Den Hinterbliebenen Glück.
Wladimir Majakowskij
12.4.1930
...
Literaturtipps:
Ilja Ehrenburg
“Menschen, Jahre, Leben”
Band 1 und 2
Kindler Verlag, München 1962
“Majakowski”
Werke Bd. I-V
Insel Verlag
Boris Pasternak
“Geleitbrief”
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Joachim Seyppel
“Die Unperson oder Schwitzbad und Tod Majakowskis”
Europäische Verlagsanstalt
Wladimir W. Majakowskij
“Liebesbriefe an Lilja”
hrsg. Karl Dedecius
Bibliothek Suhrkamp
Band 238
Wladimir Majakowskij
“Die Wirbelsäulenflöte”
übersetzt von Karl Dedecius
Insel-Bücherei Nr. 961
Die von Kurt Drawert ausgewählten Liebesgedichte erzählen von Wladimir Majakowskis
eigener, leidenschaftlicher Liebe: zu den Frauen und zur Revolution. Ausdrucksstark und
kraftvoll huldigen sie dem Leben und der Liebe.
Lilja Brik
“Schreib Verse für mich
Erinnerungen an Majakowskij”
Verlag Volk und Welt, München 1993
Nyota Thun
“Ich - so groß und so überflüssig”
Grupello Verlag
Viktor Sklovskij
“Erinnerungen an Majakovskij”
Insel Verlag, 1966
Wolfgang Storch
“Majakovskij”
Deutscher Taschenbuch Verlag
Hugo Huppert
“Majakowski”
Rowohlt Verlag
Wladimir Majakowskij
“Aus vollem Halse”
Übersetzung: Karl Dedecius
Langewiesche-Brandt
Wladimir Majakowski
“Darüber”
Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig 1985
Wladimir Majakowskij
“Ich”
Ein Selbstbildnis
collagiert und kommentiert von Karl Dedecius
Suhrkamp Verlag
Karl Dedecius
“Mein Rußland in Gedichten”
Deutscher Taschenbuch Verlag
Ausgewählt und übersetzt von Karl dedecius. Gedichte der berühmtesten Poeten Russlands -
von Puschkin, Lermontow, Blok, Achmatowa, Jessenin, Majakowskij, Brodskij und Ajgi -
versammelt dieses Buch, dessen Entstehungsgeschichte vor 60 Jahren begann: Karl Dedecius,
der bedeutendste Übersetzer und Förderer polnischer Poesie, Friedenspreisträger des
Deutschen Buchhandels, fand in der russischen Lyrik das Mittel, sich ein geheimes Tagebuch
seiner siebenjährigen Kriegsgefangenschaft zu erarbeiten. Die Gedichte zum Überleben
wurden zum Ausgangspunkt einer lebenslangen Liebe.
Francine du Plessix Gray
“Majakowskis letzte Liebe”
Verlag Berenberg, Berlin 2008
Veronika Polonskaja
“Erinnerungen an Majakowskij”
in “Kontinent”
Jg. 9. 1983 Nr. 25. H. 2 S. 77-94
Elsbeth Wolffheim
“Wladimir Majakowskij und Sergej Eisenstein”
Europäische Verlagsanstalt
Wladimir Wyssotzkij
“Wolfsjagd”
Gedichte und Lieder
Verlag Neue Kritik
Elsa Triolet
Elsa Triolet bei Wikipedia
Elsa Triolet et Louis Aragon – Interview (franz.)
Auszug aus der Langen Nacht:
Aragon: Wladimir Majakowskij, den Elsa im Alter von fünfzehn Jahren traf, als dieser noch
unbekannt bzw. beinahe unbekannt war, hat nicht nur ihr Leben geprägt, er blieb für sie ein
Bild, das sie über Jahre hinweg quälte, so dass man darin den Ursprung für das Thema sehen
kann, das zu einer Obsession wird, dem man von Buch zu Buch wieder begegnet, das sich
wiederholt, so sehr es auch umgestaltet wird, erkennbar für den, der zu lesen weiß: das
Schicksal des schöpferisch tätigen, die Tragödie des schöpferisch tätigen Menschen.
...
1912, in dem Jahr, in dem Elsa Majakowskij kennenlernt, heiratet Lilja Ossip Brik. Er ist ihre
große Liebe und Lilja wird später das erste Jahr ihrer Ehe als einzig glückliche Zeit
bezeichnen. 1915 lernt sie durch Elsa Majakowskij kennen und die Dinge nehmen ihren aus
der 2.Stunde bekannten Lauf. Elsa kann zwar für sich in Anspruch nehmen, dass sie
Majakowskij als Dichter entdeckt hat, aber gleichzeitig ist dieses Jahr für sie traumatisch: sie
verliert ihn an ihre Schwester und so wird er für sie Onkel Wolodja. Elsa ist 19 Jahre alt,
anders, aber nicht weniger hübsch als ihre Schwester, über zu wenig Verehrer kann sie sich
nicht beklagen. Der Futurist Wassili Kamenski macht ihr einen Heiratsantrag, der Linguist
Roman Jakobson ist über beide Ohren verliebt in sie und der Schriftsteller Viktor Sklovskij
betet sie sein Leben lang an. Später wird er ein Buch über seine unerfüllte Liebe zu Elsa
schreiben. Aber Elsa ist nicht verliebt, ihr Herz gehört einem anderen. Sie beginnt ein
Architekturstudium und als sie gerade ihr Diplom gemacht hat, bricht die Oktoberrevolution
aus. Die Welt ihrer Kindheit geht unwiederbringlich unter, nichts hält sie jetzt mehr in
Russland. So folgt sie 1918 – ihr Vater war 1915 gestorben - ihrer Mutter nach London. In
Paris heiratet sie 1919 den französischen Offizier André Triolet, den sie zwei Jahre zuvor in
Moskau kennengelernt hatte. Ihm folgt sie im selben Jahr nach Tahiti. Vielleicht hatte sie
gehofft alles hinter sich lassen, ganz neu anfangen zu können. Aber daraus wird nichts, ihr
Ehemann ist mehr am Reitsport und an schönen Frauen interessiert als an einem Eheleben mit
ihr. Sie vermisst das kulturelle Leben in Europa und den Austausch mit ihren Freunden,
zudem zieht sie sich auch noch eine rheumatische Erkrankung zu, so dass sie sich schon ein
Jahr später von ihrem Mann trennt und nach Europa zurückkehrt. Nach einer Zwischenstation
in London zieht sie 1922 nach Berlin. Berlin ist zu der Zeit eine richtige Russenenklave. Elsa
trifft dort ihre alten Freunde wieder, u.a. Majakowskij und ihren Verehrer Victor Sklovskij.
Dieser wirbt weiter vergeblich um sie. Seine unglückliche Liebe verarbeitet er in seinem Buch
“Zoo oder Briefe nicht über die Liebe”, in das er auch einige an ihn adressierte Briefe von
Elsa aufnimmt. Der einflussreiche russische Schriftsteller Maxim Gorki empfindet diese
Briefe als das Beste im ganzen Buch, er ermuntert sie zu schreiben.
...
Elsa: Ich hatte “Pariser Landleben” gelesen, und weil es mir näher, zugehöriger, verwandter
war als alles andere, wollte ich den Mann kennenlernen, der es geschrieben hatte.
In dem Autor dieses Buches, das heute zu den Hauptwerken des Surrealismus zählt, meint sie
einen Seelenverwandten zu erkennen, einen, der mit ihr die Idee der großen, absoluten Liebe
teilt. Am 6. November 1928, einen Tag nach dem Tagebucheintrag, in dem Elsa meint, sich
Veronal kaufen zu müssen, kommt es in der Bar “La Coupole” zur schicksalhaften
Begegnung zwischen Elsa Triolet und Louis Aragon. Elsa hatte dem Schicksal allerdings
etwas nachgeholfen und durch einen Mittelsmann das Treffen arrangieren lassen. Sie
verbringen anschließend die Nacht miteinander im “Istria”.
Aragon: Ich wettete mit mir: Wenn Du nicht willst, noch an jenem Abend, dann zum
Kuckuck mit dem ganzen Leben! Aber verliebt war ich nicht, ich liebte Dich nicht. Ich habe
Dir nicht gesagt, daß ich Dich liebe, weil ich Dich nicht liebte. Aber warum hielt ich so sehr
daran fest… Kanntest Du meinen verborgenen Text jenes Abends? Mein Gott, wie sehr ich
Dir gefallen wollte!
Von diesem Abend an haben sich die beiden bis zu Elsas Tod im Jahre 1970 nicht mehr
getrennt.
...
Aragon:
Du hast mir den Himmel der Güte wieder geöffnet
Durch dich weiß ich von den menschlichen Dingen
Und seitdem sehe ich die Welt auf deine Weise
Mein wirkliches Leben begann
An dem Tag da ich dir begegnete
Du nahmst mich an die Hand in dieser modernen Hölle
Wo der Mensch nicht mehr weiß was das heißt Zu zweit sein
...
Literaturtipps:
Susanne Nadolny
“Elsa Triolet – Il n’y a pas d’amour heureux”
Edition Ebersbach
Viktor Sklovskij
“Zoo oder Briefe nicht über die Liebe”
Bibliothek Suhrkamp
Band 693
Elsa Triolet
“Colliers de Paris”
Übersetzung Susanne Nadolny
Edition Ebersbach
Unda Hörner
“Die realen Frauen der Surrealisten”
Bollmann Verlag
Unda Hörner
“Elsa Triolet und Louis Aragon”
Die Liebenden des Jahrhunderts
Rowohlt Verlag
Als sie sich im November 1928 in Paris treffen, beginnt für beide eine neue Zeitrechnung: die
des Paares. "Mit einem Mann muß einen mehr verbinden als nur die Liebe", hatte Elsa Triolet
geschrieben. Mit Louis Aragon hatte sie diesen Mann gefunden. Er wiederum dankte ihr, daß
sie ihn aus dem "Nebel des Surrealismus" herausgeführt habe.
Aragon hatte das Ende des Ersten Weltkrieges als Hilfsarzt an der Front erlebt. Überzeugt,
daß ein "Kompromiß mit einer Welt" unmöglich sei, "die durch ein so entsetzliches Ereignis
nichts gelernt hatte", brach er sein Medizinstudium ab, schrieb Gedichte und beteiligte sich
zusammen mit Andre Breton und Philippe Soupault an der Pariser Dada-Bewegung. 1924
proklamierten die drei das "Manifest des Surrealismus": die Macht des Unbewußten sollte alle
Lebensbereiche revolutionieren.
Olga Levina
“Russische Musen - Lilja Brik und Elsa Triolet”
GRIN Verlag
Louis Aragon
“Zu lieben bis Vernunft verbrennt”
Gedichte
Verlag Volk und Welt, 1968
Gonzague Saint Bris/Vladimir Fédorovski
“Russische Musen”
Ernst Kabel Verlag
Franziska Meier
“Fellow traveller im 20. Jahrhundert – die Schriftstellerin Elsa Triolet”
in “Damals”
Jg. 43. 2002. H. 6. S. 36-40
Clara Malraux
“Das Geräusch meiner Schritte”
Erinnerungen
Scherz Verlag, Bern 1982
Die Musikliste der Langen Nacht
Sergej Prokofjew
“Composers in Person”
Vol.9/Track6/track4
“Visions fugitives”
Molto giocoso
Sergej Prokofjew, Klavier
“4 Stücke op.4”
Suggestion diabolique
Sergej Prokofjew, Klavier
Bestell.Nr. EMI Classics 1427643
LC 06646
Sergej Prokofjew
Sinfonie Nr. 1
Track 3
“Gavotte”
Orchestre National de France
Lorin Maazel, Dirigent
Bestell.Nr. MDK 46502
LC 0149
Sergej Prokofjew
Skythische Suite
Track 17, track 20
Chicago Symphony Orchstra
Claudio Abbado, Dirigent
Bestell.Nr. Deutsche Grammophon 410598-2
LC 0173
Sergej Prokofjew
Suite aus “Lieutenant Kijé”
Track 13, 14, 15
Orchestre National de France
Lorin Maazel, Dirigent
Bestell.Nr. MDK 46502
LC 0149
Sergej Prokofjew
“Ägyptische Nächte”
track 36
WDR Sinfonieorchester
Gerd Albrecht, Dirigent
Bestell.Nr. ORFEO C 258031 A
LC 8175
Sergej Prokofjew
“Ägyptische Nächte”
track 1
Rundfunksinfonieorchester Berlin
Michail Jurowski, Dirigent
Bestell.Nr. Cappriccio 67 059
LC 08748
Sergej Prokofjew
Suite aus “Die Liebe zu den drei Orangen”
Track 17, 22
Scottish National Orchestra
Neeme Järvi, Dirigent
Bestell.Nr. Chandos 8729
Sergej Prokofjew
“Fagottissimo”
Track 13
“Humoristisches Scherzo” op. 12/9
Gürzenich Fagottquintett
Bestell.Nr.MD+G L 3379
LC 6768
Hanns Eisler
Klavierstücke für Kinder op.31
CD1/tracks 18, 21, 16
00:18, 00:18, 00:13
Gerhard Erber, Klavier
Variationen für Klavier
CD2/track 16
Walter Olbertz, Klavier
Suite Nr.2 op. 24, Suite Nr. 3 op.25
CD6/ tracks 8/ 12
Rundfunk-Sinonie-Orchester Berlin
Heinz Rögner, Dirigent
Suite Nr. 5 op. 34
CD6/ track 18
Suite Nr. 6 op. 40
Track 23
Collegium musicum Leipzig
Adolf Fritz Guhl
Bestell.Nr. Berlin Classics 8212484492
LC 06203
Dmitri Shostakovich
Suite aus “Tale of the Priest and Servant Balda” op.36
CD1/track 5
USSR Ministry of Culture Symphony Orchestra
Gennady Rozhdestvensky, Dirigent
Bestell.Nr. BMG 74321 59058 2
LC 6969
Dmitri Shostakovich
Cellosonate Nr.1 d-Moll
Allegro
Alban Gerhardt, Cello
Steven Osborne, Piano
Bestell.Nr. Hyperion CDA7534LC 7533
Dmitri Shostakovich
Piece for String Quartet
Elegy
Fitzwilliam String Quartet
Bestell.Nr. DECCA MCPS 411 940-2
LC 0171
Vladimir Vissotski
Aus “Wir drehen die Erde”
“Lied von der Erde”
Vladimir Vissotski, Interpret
Bestell.Nr. Verlag pläne GEMA Nr. 88605
LC 0971
Vladimir Vissotski
Aus “Le vol arêté”
“Les poètes”
Vladimir Vissotski, Interpret
Bestell.Nr. Le chant du monde LDX 274762
Filmmusik aus “Pina”
track 5
Bestell.Nr. Wenders Music Rough Trade 673790027795
Moritz Moszkowski
Romantic Piano Favozrits Vol. 3
“Sparks”
Balàzs Szokolay, Piano
Bestell.Nr. NAXOS 8550107
LC 9158
Eddy Louiss, Hammond Orgel
Richard Galliano, Akkordeon und Bandoneon
Aus “Face to Face”
“Sous le ciel de Paris”
Bestell.Nr. FDM 36627-2
LC 9803
Ferrat chante Aragon
“Que serais je sans toi”
“Nous dormirons ensemble”
track 7/track 4
Jean Ferrat, Interpret
Bestell.Nr. Barclay 513220-2
LC 00126
Francis Poulenc
“Allegro tristamente”
track 3
Ralph Manno, Klarinette
Alfredo Perl, Klavier
Bestell.Nr. Arte Nova 74321304652
LC 3480
Filmmusik aus
“Les nuits fauves”
track 6
Bestell.Nr. Philips 515862-2
LC 0305
Aus “In cerca di cibo”
Gianluigi Trovesi, Klarinetten
Gianna Coscia, Akkordeon
Track 15
Bestell.Nr. ECM 1703543034-2
LC 02516
Louis Aragon
“Les yeux d’Elsa”
André Claveau, Interpret
Bestell.Nr. Pathe 45EG177
LC 00300
George Brassens
Aus “Les copains d’abord”
“Il n’y a pas d’amour heureux”
Bestell.Nr. Mercury 602498151150
LC 00268
Henri Vieuxtemps
Elegie op. 30
Kim Kashkashian, Viola
Robert Levin, Klavier
Bestell.Nr. ECM Records 1316
LC 02516