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Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 46 Informationen für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen Aggressives Verhalten im Klassenraum Ein Modell zur Beschreibung und Behandlung von ausagierendem Verhalten nach Geoffrey Colvin

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Landesinstitut für Schule und Weiterbildung

46 Informationen für Schulpsychologinnen

und Schulpsychologen

Aggressives Verhalten im Klassenraum Ein Modell zur Beschreibung und Behandlung von ausagierendem Verhalten nach Geoffrey Colvin

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In den Informationen für Schulpsychologinnen und

Schulpsychologen des Landesinstituts für Schule und

Weiterbildung werden Materialien und Berichte der

Schulpsychologinnen und Schulpsychologen aus der

Praxis gesammelt und allen Kolleginnen und Kollegen

zugänglich gemacht.

Die Informationen für Schulpsychologinnen und

Schulpsychologen stellen eine Ergänzung zur Fachlite-

ratur und zu Zeitschriften dar. Sie sind

Werkstattberichte schulpsychologischer Arbeit.

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung

z. Hd. Dr. Heiner Wichterich

59491 Soest

@_dresse: [email protected]

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Landesinstitut für Schule und Weiterbildung

Informationen für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen

Heft 46

Aggressives Verhalten im Klassenraum Ein Modell zur Beschreibung und Behandlung von ausagierendem

Verhalten nach Geoffrey Colvin University of Oregon, College of Education

Deutsche Bearbeitung: Dr. Karl Landscheidt mailto:[email protected]

Regionale Schulberatungsstelle der Stadt Oberhausen Schwarzwaldstr. 25, 46119 Oberhausen Tel.: 0208-606942 Fax 0208-6090940

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Impressum

Aggressives Verhalten im Klassenraum.

Ein Modell zur Beschreibung und Behandlung von ausagierendem Verhalten nach Geoffrey Colvin, University of Oregon, College of Education.

Autor: Colvin, Geoffrey.

Deutsche Bearbeitung: Dr. Karl Landscheidt.

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.);

Soest: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 2000.

Informationen für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, Heft 46.

Redaktionelle Bearbeitung der Reihe:

Lothar Dunkel, Dipl.-Psych., Schulpsychologische Beratungsstelle der Stadt Münster

Romualdo Martin Pelegrina, Dipl.-Psych., Regionale Schulberatungsstelle der Stadt Bottrop

Rosemarie Schäfer, Schulpsychologin Schulpsychologische Beratung Schwedt/Oder

Herbert Scheckenhofer, Dipl.-Psych., Gesamtschule der Stadt Herten

Norbert Sommer-Stumpenhorst, Dipl.-Psych., Regionale Schulberatungsstelle im Kreis Warendorf

2000

Vervielfältigung und Nachdruck nur mit Genehmigung durch: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 59491 Soest

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Vorbemerkung Vor der Anwendung der beschriebenen Techniken muss folgendes berücksichtigt werden:

1. Die beschriebenen Vorgehensweisen sollten von allen Lehrerinnen und Lehrern, die den betreffenden Schüler unterrichten, angewandt werden.

2. Eine erfolgversprechende Anwendung ist nur bei systematischem Training möglich.

3. Das Programm bietet grundlegende Richtlinien. Im Einzelfall muss eine individuelle Anpassung erfolgen.

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Einleitung Lehrerinnen aber auch Eltern und Gleichaltrige geraten oft, ohne dass sie das wollen, in die Falle, soziale Interaktionen mit antisozialen Kindern zu eskalieren. Solche eskalierenden Interaktionen zwischen Schüler und Lehrer können sehr intensiv, explosiv und äußerst unangenehm sein. In der Regel lernen antisoziale Kinder ihre nötigenden Verhaltensweisen zu Hause im Umgang mit ihren Eltern und Geschwistern und kommen bereits mit entsprechenden Gewohnheiten und Verhaltensmustern in die Schule. Dieses Verhalten ist die schnellste und sicherste Methode, um von Gleichaltrigen und Lehrern abgelehnt zu werden. Die folgende Tabelle enthält ein typisches Beispiel einer solchen eskalierenden Auseinandersetzung. Während einer Stillarbeitsphase im Mathematikunterricht sollen die Schüler und Schülerinnen bestimmte Aufgaben lösen. Michael hängt auf seinem Stuhl und starrt auf den Boden. Lehrer Schüler Verhaltensmuster „Michael es wird Zeit, dass du mit deinen Aufgaben beginnst.

Welche Aufgaben? Fragen

Die Aufgaben, die du heute morgen nicht beendet hast.

Ich bin fertig. Widersprechen

Dann lass mal sehen! Michael hat zwei Aufgaben bearbeitet.

Gut, das sind zwei, du sollst aber zehn Aufgaben bearbeiten.

Das wusste ich nicht. Widersprechen

Das habe ich doch vorhin klar und deutlich gesagt.

Daran kann ich mich nicht erinnern.

Widersprechen

Schau an die Tafel, da steht es, Aufgabe eins bis zehn.

Das wusste ich nicht. Widersprechen

Unfolgsamkeit So, jetzt reicht es, eins bis zehn, sieh zu, dass du fertig wirst.

Das mach ich nicht, das ist unfair. oder Sie können mich nicht zwingen!

Trotz

Wenn du das jetzt nicht machst, machst du es in der Pause.

L....... mich! verbale Aggressivität

Das lasse ich mir nicht bieten! Hier haben Sie ihre Matheaufgaben! (wirft das Matheheft durch den Raum)

physische Aggressivität

Das geht zu weit! Ich werde deine Eltern benachrichtigen.

Wenn sie das tun... Einschüchterung

Geht zum Schüler, versucht ihn aus der Klasse zu ziehen.

Tritt nach dem Lehrer Angriff

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Ein Modell ausagierenden Verhaltens

In den meisten Schulen würde das Verhalten, das Michael gezeigt hat dazu führen, dass er zum Schulleiter, zur Schulleiterin gebracht wird, dass die Eltern benachrichtigt werden und die in der Allgemeinen Schulordnung vorgesehenen Maßnahmen angewendet werden. Sehr wahrscheinlich würden sich alle schulischen oder auch außerschulischen Maßnahmen auf den physischen Angriff auf den Lehrer beziehen, die vorhergehende eskalierende Verhaltenskette aber weitgehend außer acht lassen. Die folgenden Maßnahmen, - Klassenkonferenz, Ordnungsmaßnahmen, möglicherweise polizeiliche Eingriffe, - können dann vielleicht verhindern (oder auch nicht), dass Michael seinen Lehrer noch einmal angreift, aber sie verhindern nicht, dass der Schüler all die anderen vorausgehenden Komponenten der Verhaltenskette (non-compliance, Trotz, Beleidigungen) erneut zeigt. Die kritische Frage lautet also nicht, wie reagiert die Schule effektiv auf eine solche Entgleisung, sondern wie kann man verhindern, dass die ganze Szene sich wiederholt. Eine sinnvolle Intervention sollte daher am Beginn der Verhaltenskette, die schließlich zu einem körperlichen Angriff führte, einsetzen.

Colvin (1992) hat die Eskalation aggressiven Verhaltens in einem Modell beschrieben, das sieben aufeinander folgenden Phasen unterscheidet. Für jede Phase werden zunächst die Verhaltensindikatoren beschrieben. Diese Kennzeichen haben sich aus langjährigen Beobachtungen bei vielen Schülern als angemessene Beschreibungsdimensionen erwiesen.

Allgemein unterscheidet er drei Kriterien, die eine konflikthafte Interaktion zwischen Lehrer und Schüler (aber auch zwischen Eltern und Kind oder zwischen Gleichaltrigen) kennzeichnen:

1. Anzeichen von Erregung

2. Eine Kette eskalierenden Verhaltens und

3. spezifische sukzessive Interaktion

1. Anzeichen für Erregung

Michael hängt auf seinem Stuhl herum, die Füße ausgestreckt, die Arme verschränkt. Er starrt auf den Fußboden im wesentlichen ohne sich zu bewegen. Diese Verhaltensweisen zeigen an, dass Michael einige Probleme hat, den Aufforderungen des Lehrers zu folgen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bevor dieses Verhalten eskaliert.

2. Eine Kette eskalierenden Verhaltens

Michael beginnt damit, die Anforderungen des Lehrers in Frage zu stellen oder ihn heraus zufordern. Jede der folgenden Reaktionen des Lehrers führt dazu, dass Michael mehr widerspricht. Der Lehrer versucht diese Situation zu beenden, indem er dem Jungen eine klare Anweisung gibt, mit der Arbeit zu beginnen. Darauf hin verweigert Michael offen die Mitarbeit bzw. reagiert mit Trotz (Sie können mich nicht zwingen!). Michael eskaliert die Kette dann über Beleidigungen, Drohungen und physischer Aggressivität bis zum körperlichen Angriff. Jedes neue Verhalten in dieser Verhaltenskette ist gravierender als

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das zuvor gezeigte. Michaels Verhalten begann mit einer Frage und endete in einem Angriff auf den Lehrer.

Was, wenn es gelungen wäre, dem herausfordernden Verhalten anders zu begegnen, es frühzeitig zu beenden? In diesem Fall wäre es nicht zu Unfolgsamkeit gekommen. Ohne Unfolgsamkeit hätte es keine Trotzreaktion, keine Beleidigung gegeben usw. Mit anderen Worten: wenn die Kette am Anfang unterbrochen worden wäre, hätte das schwerwiegendere Verhalten am Ende der Kette verhindert werden können. Im folgenden werden zuerst die aufeinanderfolgenden Phasen dieser Verhaltenskette beschrieben und anschließend die darauf bezogenen Interventionsmöglichkeiten, um solche ungünstigen und kostspieligen Verhaltensabläufe möglichst zu verhindern.

3. Spezifische aufeinander folgende Interaktionsschritte

Die schulischen Maßnahmen, die sich an das Verhalten von Michael anschließen, konzentrieren sich naturgemäß ausschließlich auf das Verhalten des Jungen. Diese Perspektive ist naheliegend und unter rechtlichen Gesichtspunkten auch zwingend. Schließlich war es Michael, der Regeln gebrochen hat, den Lehrer beleidigt, schließlich angegriffen hat. Unglücklicherweise ist diese Perspektive für eine Verhaltensanalyse unbrauchbar, weil sie den Blick ablenkt von der Tatsache, dass das Problemverhalten des Jungen Teil einer eskalierenden Interaktion ist, in die beide, Lehrer und Schüler, verwickelt sind. Für jede Reaktion des Schülers gibt es eine typische, korrespondierende oder reziproke Reaktion des Lehrers. Colvin (1992) beschreibt diese Interaktion als eine Serie von „Ich bin dran, - du bist dran“ Ereignissen. Zum Beispiel: Michael stellt die zugewiesenen Aufgabe in Frage (Michael ist dran), der Lehrer antwortet ihm (der Lehrer ist dran), Michael widerspricht (Michael ist dran), der Lehrer versucht, ihn zum Arbeiten zu veranlassen (der Lehrer ist dran), Michael weigert sich (Michael ist dran), der Lehrer stellt ihn vor die Wahl (der Lehrer ist dran) und so weiter bis zum tätlichen Angriff durch den Schüler.

Was würde geschehen, wenn der Lehrer dieses Wechselspiel nicht mitmachen würde? In diesem Fall gäbe es nichts, auf das Michael reagieren könnte, kein Ereignis würde eine folgende Reaktion des Jungen vorbereiten. Für den erfolgreichen Umgang mit solchen Verhaltensabläufen ist notwendig sich klarzumachen, dass wir es mit aufeinander aufbauenden Interaktionsschritten zu tun haben. Gelingt es, diese Interaktion anders zu gestalten, ist es möglich, die Verhaltenskette zu unterbrechen oder ihr Auftreten ganz zu verhindern.

Konkret bedeutet das, die im Beispiel beschriebene Verhaltenseskalation hätte verhindert werden können, wenn effektive Strategien zur Verfügung gestanden hätten,

(1) um angemessen mit der anfänglichen Erregung des Schülers umzugehen,

(2) um früh in der Verhaltenskette zu intervenieren,

(3) um angemessen mit den folgenden Interaktionen um zu gehen.

Die eskalierende Verhaltenskette aus dem vorstehenden Beispiel kann anhand von sieben aufeinander aufbauenden Phasen beschrieben werden. Diese Phasen, die die steigende Schwere oder Intensität des Verhaltenszyklus beschreiben sind in Abbildung 1 veranschaulicht. Der Graph steigt an, in dem Maße in dem die Interaktion eskaliert und fällt wieder ab, wenn sie de-eskaliert.

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Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

Abbildung 1: Sieben Phasen eskalierenden Verhaltens

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Das Modell Phase eins - Ruhe

Intensität

1. Ruhe2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

5. Zielorientiertes Verhalten

Allgemein: Kooperatives Verhalten

1. Angemessenes Arbeitsverhalten2. Erfüllen von Anforderungen und Erwartungen3. Ansprechen auf Lob4. Angemessener Umgang mit anderen

Angemessenes Arbeitsverhalten: In der Eingangsphase eines aggressiven Verhaltenszyklus verhalten sich antisoziale Kinder relativ ruhig. Ihr Verhalten ist allem Anschein nach angemessen. Im allgemeinen sind sie kooperativ und reagieren auf die Anforderungen und Vorgaben durch die Lehrerin oder den Lehrer. Lehrer berichten oft, dass „der Schüler die meiste Zeit in der Klasse ruhig mitarbeiten kann, aber dann ..“ . Es ist allerdings wichtig sich klarzumachen, dass antisoziale Schüler wahrscheinlich niemals Modelle für sozial angemessenes Verhalten sind, wenn man sie mit anderen Schülern vergleicht. Immerhin aber verhalten sich auch diese Schüler gelegentlich angemessen, beteiligen sich an gemeinsamen Aktivitäten und nehmen in einem gewissen Ausmaß an den normalen Ereignissen im Klassenraum teil. Erfüllen von Anforderungen und Erwartungen: In dieser Ruhephase betrachten antisoziale Schüler das Befolgen von Regeln und Anforderung häufig als eine Leistung. Oft fordern sie entsprechende Rückmeldung von ihrem Lehrer ein: „Habe ich mich heute gut benommen“ etc. Diese gleichen Anforderungen können jedoch schon wenig später zu einer Quelle von ernsten Konflikten, Grenztestungen und Konfrontationen mit dem Lehrer werden. Ansprechen auf Lob: Wie andere Schüler auch brauchen antisoziale Schüler Lob und Anerkennung durch den Lehrer. Lehrerseitiges Lob kann für sie sehr wichtig sein. Unglücklicherweise wird das angemessene Verhaltens dieser Schüler in dieser Phase oft ignoriert (möglicherweise benötigt der Lehrer eine Pause, um sich von dem anstrengenden Umgang mit diesem Kind zu erholen). Angemessenes Verhalten im Umgang mit anderen: Wenn schwierige Schüler relativ ruhig sind, nehmen sie gelegentlich angemessenen Kontakt mit Gleichaltrigen auf. Sie sind etwa in der Lage, zu teilen oder ihre Hilfe anzubieten. Es ist also wichtig sich

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klarzumachen, dass auch diese Schüler in einigen Situationen angemessenes Verhalten zeigen können. Zielorientiertes Verhalten: Schließlich wollen auch antisoziale Schüler Erfolg und ein Gefühl von Kompetenz haben. Sie können zur Mitarbeit bewegt werden, wenn es gelingt, Ziele zu setzen, die sie erreichen können. Im allgemeinen erlebt diese Gruppe von Kindern wenig schulischen oder sozialen Erfolg. Es ist daher wichtig in dieser Phase Strukturen bereitzustellen, die ihnen helfen, diese äußerst wichtigen Ziele zu erreichen.

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Das Modell Phase zwei - Auslöser

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Anforderungen2. Fehler3. Korrekturen4.Konflikte

EinschränkungenProvokationen

5. Änderungen bei Routinetätigkeiten

Allgemein: Schwierigkeiten, Anforderungen zu erfüllen und negative Rückmeldung zu erhalten

Im allgemeinen kann man zwei Gruppen von Faktoren unterscheiden: schulische Auslöser und außerschulische Variablen. Die Funktion dieser Faktoren besteht darin, das allgemeine Erregungsniveau dieser Kinder zu erhöhen.

Schulische Auslöser

Anforderungen: Die Schule stellt in der Regel eine sehr anspruchsvolle Situation dar, in der von den Schülern während eines Schultages erwartet wird, einer großen Anzahl verschiedener Forderungen Folge zu leisten und eine Anzahl oft komplexer Aufgaben zu erfüllen. Eines der zentralen Probleme von Schülern mit antisozialen Verhaltensweisen besteht darin, dass sie in es nicht oder nicht ausreichend gelernt haben, die Anforderungen von Erwachsenen zu erfüllen. Ihre Weigerung Aufgaben zu erledigen, die andere Schüler ohne Probleme meistern, führt im Allgemeinen dazu, dass sie in ihren schulischen Leistungen hinter Gleichaltrige zurückfallen und gehäuft Misserfolg erleben, wodurch ihre Leistungsbereitschaft noch mehr beeinträchtigt wird.

Antisoziale Schüler können ihre Zeit im allgemeinen nicht gut einteilen, sie haben oft nur geringe Fähigkeiten zu planen und ihre Handlungen zu organisieren. Deshalb können die normalen schulischen Anforderungen sie mehr als andere Kinder unter emotionalen Stress setzen.

Fehler: Oft hören antisoziale Kinder auf zu arbeiten, wenn sie Fehler machen oder sie vermeiden Aufgaben, bei denen sie erwarten Fehler zu machen. Deshalb stellen Fehlerkorrekturen oder auch schwierige Aufgaben oft sehr emotional geladene Situationen dar.

Korrekturen: Aus diesem Grund haben antisoziale Schüler oft Schwierigkeiten nach Fehlern Hilfe anzunehmen, besonders, wenn sie aufgefordert werden die Aufgabe noch einmal zu wiederholen oder es erneut zu versuchen.

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Konflikte. Konflikte mit schwierigen Schülern ergeben sich in zwei Klassen von Situationen:

Einschränkungen: Wenn antisoziale Schüler das Gefühl haben, dass ihnen etwas verweigert wird, das sie brauchen oder wollen, reagieren sie leicht ärgerlich, wütend oder sonst wie unakzeptabel.

Provokationen: Antisoziale Schüler haben häufig nur geringe kommunikative Fähigkeiten. Die Arbeitsgruppe um Dodge hat wiederholt Belege dafür erbracht, dass aggressive Kinder schnell bereit sind, ihrem Gegenüber eine feindliche Absicht zu unterstellen, sich provoziert fühlen und dann entsprechend explosiv reagieren. Wenn diese Kinder dann Sanktionen erfahren, kann sich ihre Wut und ihr Ärger noch steigern, weil sie den Eindruck haben, keine Schuld zu haben, unfair behandelt oder ungerechterweise bestraft zu werden. Auf der anderen Seite führt das hochgradig vorhersagbare Verhaltensmuster, das diese Kinder in entsprechenden Situationen zeigen dazu, dass sie von unauffälligen Gleichaltrigen häufiger als andere Kinder gehänselt oder geärgert werden. Darüber hinaus konnten Walker und Buckley zeigen, dass auch Lehrer nicht nur auf unangemessene Verhaltensweisen aggressiver Schüler in negativer Weise reagieren, sondern auch ihrerseits signifikant häufiger negative Interaktionen mit diesen Schülern aufnehmen, ohne dass ein entsprechendes Schülerverhalten vorausgegangen ist.

Änderungen bei Routinetätigkeiten: Diese Schüler reagieren negativ auf plötzliche Änderungen bei Routinetätigkeiten, insbesondere dann, wenn es sich um eine Aktivität handelt, die sie interessiert hat. Allgemein sind alle Übergänge von einer Tätigkeit zur anderen schwierig für sie.

Uneffektives Problemlösen: Antisoziale Kinder verfügen nur begrenzt über Strategien, die Ursachen für Probleme zu identifizieren, adaptive Lösungen zu überlegen, und diese Lösungen angemessen umzusetzen. Solche Strategien müssen diesen Schülern systematisch beigebracht werden.

Außerschulische Variablen

Dysfunktionale Elternhäuser: Viele Schüler, die ernsthafte Verhaltensstörungen aufweisen, kommen aus Elternhäusern, in denen sie Armut, Arbeitslosigkeit, Vernachlässigung, Misshandlung erleben, in denen die Eltern im allgemeinen eine negative Einstellung zur Schule haben und keine guten Modelle für angemessenes Verhalten sind.

Gesundheitsprobleme: Vor allem bei vernachlässigenden Eltern kann es vorkommen, dass die Kinder nicht im notwendigen Ausmaß medizinisch versorgt werden und mit Infektionen und anderen Erkrankungen zur Schule kommen.

Ernährung: Oft sind diese Kinder schlecht oder zumindest unausgewogen und unregelmäßig ernährt

Schlaf: Häufig sind die Schlafgewohnheiten unregelmäßig, die Schlafmenge unzureichend.

Suchtmittelmissbrauch: In einem Teil der betroffenen Familien, stellen Alkoholmissbrauch aber auch der Missbrauch anderer Suchtmittel ein großes Problem dar. Besonders der Umstand, dass eine steigende Anzahl von Kindern von drogenabhängigen Müttern zur Welt gebracht wird, gibt zur Sorge Anlass. Diese Kinder sind oft leicht erregbar und haben große Aufmerksamkeitsprobleme, was dazu führt, dass es äußerst schwer ist, sie zu unterrichten oder ihnen soziale Fähigkeiten zu vermitteln.

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Gangs: Die Mitgliedschaft in Gangs und Banden führt gewöhnlich zu ernsthaften Problemen in der Schule und ist darüber hinaus in der Regel verknüpft mit einem dramatischen Anstieg kriminellen Verhaltens. Insbesondere die Frage der Sicherheit von Schülern und Lehrern wird in diesem Fall zu einem besonderen Problem.

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Das Modell Phase drei - Erregung

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

Zunehmendes Verhalten1.Unkontrollierte Augenbewegungen2. Unkontrollierte Handbewegungen3. Unkontrollierte Gruppenaktivitäten4. Unkontrolliertes Arbeitsverhalten

Abnehmendes Verhalten1. Ins Leere starren2. Reduzierte sprachliche Produktion3. Eingeschränkte Handbewegungen4. Rückzug von Gruppenaktivitäten

Das Verhalten ist nicht fokussiert oder aufgabenbezogen

Diese Erregungsphase kann einen beträchtlichen Zeitraum in Anspruch nehmen je nachdem, welche Ereignisse ablaufen und welche Auslöser präsent sind. Der Graph der Abbildung flacht in der Erregungsphase etwas ab, um die längere Dauer dieser Phase zu illustrieren.

Schüler zeigen oft ein hohes Maß an Erregung, weil sie nicht in der Lage sind, mit den aktuellen Auslösern effektiv umzugehen. Der Begriff Erregung bezieht sich auf Verhalten, schließt aber emotionale Zustände wie Ärger, Wut, Angst Frustration ein. Erregung zeigt sich sowohl in der Zunahme als auch in der Abnahme bestimmter Verhaltensweisen des Schülers.

Zunehmende Verhaltensweisen:

Unkontrollierte Augenbewegungen. Der betroffene Schüler schaut hier hin und dorthin, mit einer bestimmten Intensität, aber ohne erkennbaren Focus oder Zweck.

Unkontrollierte Handbewegungen. Der betroffene Schüler zeigt vermehrt Verhalten wie mit den Fingern trommeln, die Hand am Oberschenkel reiben, mit dem Stift auf die Tischplatte klopfen, das Buch aufschlagen und wieder schließen, an der Kleidung nesteln, allgemein ist eine Zunahme an Handbewegungen zu beobachten.

Unkontrollierte Gruppenaktivitäten. Der Schüler schließt sich einer Gruppenaktivität an, um sie sofort wieder zu verlassen, beginnt mit einem Spiel und wendet sich schnell einer anderen Aktivität zu.

Unkontrolliertes Arbeitsverhalten. Der Schüler beginnt mit einer Aufgabe, unterbricht sie, macht etwas anderes, beginnt von neuem usw.. Im allgemeinen zeigt er nur wenig oder keine Aufmerksamkeit oder Konzentration für lernstoffbezogene Aufgaben oder die dafür notwendigen Aktivitäten.

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Abnehmendes Verhalten

Ins Leere starren: Der Schüler scheint zu träumen oder ins Leere zu starren

Reduzierte sprachliche Produktion: Generell geringe Mitteilsamkeit. (1) Der Schüler antwortet so, dass es schwierig ist, eine Unterhaltung zu führen, antwortet nur einsilbig. Beispiel: Sie fragen: „Wie war das Wochenende Michael?“ Antwort: „Gut“. „Was hast du gemacht?“ Antwort „Nichts“ und so weiter. (2) Der Schüler spricht mit geringer Lautstärke vor sich hin, so dass sie nahe herangehen müssen, um ihn zu verstehen (was ihn möglicherweise beunruhigt, weil Schüler in dieser Phase gern allein sein wollen).

Eingeschränkte Handbewegungen: Viele agitierte Schüler stecken ihre Hände in die Tasche, setzen sich darauf oder verschränken die Arme und schmollen.

Rückzug von Gruppenaktivitäten: Tendenz sich von Gruppenaktivitäten zurückzuziehen, hinterher zu trödeln oder isolierte Tätigkeiten aufzunehmen.

Zusammenfassung dritte Phase: Erregung das Verhalten ist im allgemeinen nicht fokussiert oder aufgabenbezogen.

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Das Modell Phase vier - Akzeleration

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Fragen und Streiten2. Unfolgsamkeit, Trotz3. Kein aufgabenbezogenes Verhalten4. Provokation5. Folgsamkeit mit unangemessenem

Verhalten

6. Partielle Folgsamkeit7. Quengeln, Weinen8. Flucht/ Vermeidung9. Drohungen

10.Beschimpfungen11.Sachbeschädigungen

Schüler versucht den Lehrer in eine Auseinandersetzung hineinzuziehen

Währen die vorausgehende Phase durch Verhalten gekennzeichnet war, das unkonzentriert und gering fokussiert ist, ist das Verhalten in dieser vierten Phase ziemlich fokussiert und konzentriert. Während dieser Phase zeigen antisoziale Schüler typischerweise ein eskalierendes Verhalten, das eine vorhersagbare und schnelle Antwort des Lehrers sicherstellt. Mit anderen Worten, der Schüler versucht eine andere Person in eine Auseinandersetzung hineinzuzwingen (z.B. den Lehrer).

Fragen und Streiten: Der Schüler tut so, als ob er Fragen hätte oder Hilfe benötigte und geht dann dazu über, die Antworten oder Details der Aufgabe zu diskutieren. Typischerweise suchen diese Schüler nicht wirklich Hilfe oder wesentliche Informationen, sondern versuchen, den Lehrer in eine Konfrontation hineinzuziehen.

Unfolgsamkeit und Trotz: Die Schüler weigern sich zu kooperieren, gewöhnlich als Folge einer Vorgabe oder Aufforderung durch den Lehrer. Üblicherweise hört der Lehrer Antworten wie „mach ich nicht“, „das ist unfair“ oder „Sie können mich nicht zwingen“.

Nicht Aufgabenbezogenes Verhalten: Lehrer haben im allgemeinen die Erwartung, dass Schüler sich den gestellten Aufgaben widmen oder an anderen lernbezogenen Aktivitäten beteiligen. Wenn ein Schüler aufhört zu arbeiten oder nicht sofort mit den gestellten Aufgaben beginnt, wird der Lehrer gewöhnlich auf ihn zugehen, seine Hilfe anbieten oder ihn auffordern mit der Arbeit zu beginnen.

Provokationen anderer: Der Schüler zeigt ein Verhalten, das andere irritiert, ärgert und sie möglicherweise veranlasst, scharf zu reagieren (beispielsweise Herabsetzungen anderer, Beleidigungen, ausländerfeindliche Beschimpfungen oder Übergriffe auf fremdes Eigentum).

Folgsamkeit begleitet von unangemessenem Verhalten: Dieses Verhalten, das oft so aussieht, als ob der Schüler Grenzen austestet, hat zwei Komponenten: (1) der Schüler befolgt die Aufforderung oder erledigt die zugewiesene Aufgabe, aber (2) zeigt

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Verhaltensweisen, die unangemessen sind. Zum Beispiel wird Kevin aufgefordert sich hinzusetzen. Er geht zu seinem Platz und setzt sich (Folgsamkeit), aber murmelt eine Beleidigung vor sich hin (begleitendes unangemessenes Verhalten)

Partielle Folgsamkeit: Eine andere Form dieses „grenzentestenden“ Verhaltens wird als partielle Folgsamkeit bezeichnet: der Schüler leistet einer Aufforderung Folge, aber deutlich so, dass das Ergebnis hinter den Erwartungen zurückbleibt. Der Lehrer bittet Dennis etwa, eine schriftliche Aufgabe zu erledigen und Dennis schreibt unsauber und unleserlich.

Quengeln und Nörgeln: Dieses Verhalten erhält gewöhnlich unmittelbar die Aufmerksamkeit des Lehrers, der darauf in der Regel sehr verärgert regiert.

Flucht und Vermeidung: Mit diesem Verhalten versucht der Schüler, gegenwärtige oder in der unmittelbaren Zukunft bevorstehende Anforderungen zu vermeiden. Es bringt den Lehrer oft in die Situation, langandauernde Verhandlungen mit dem Schüler zu führen.

Drohungen und Einschüchterungen: Wenn antisoziale Schüler eine solche Drohung aussprechen, erwarten sie gewöhnlich, dass die bedrohte Person eingeschüchtert reagiert und von ihrer Aufforderung ablässt. Wenn der Lehrer zum Beispiel zu Kevin sagt, er müsse seine Aufgaben entweder jetzt erledigen oder nach dem Unterricht bleiben, antwortet dieser: „ich weiß, wo sie wohnen!“. Solche Formen implizierter Aggressivität stellen eine mögliche Bedrohung dar, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.

Beschimpfungen des Lehrers: Wenn Schüler sich Lehrer gegenüber beleidigend äußern, reagieren diese in der Regel sofort. Nur selten werden solche Situationen ignoriert.

Zerstörung von Eigentum: Auch wenn Schüler fremdes Eigentum zerstören, reagieren Lehrer in der Regel prompt.

Zusammenfassung der vierten Phase: Der Schüler versucht den Lehrer in eine Auseinandersetzung hineinzuziehen.

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Das Modell Phase fünf - Höhepunkt

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Ernsthafte Sachbeschädigung2. Körperverletzung3. Selbstverletzung4. Wutanfälle5.Hyperventilation

Das Verhalten des Schülers ist völlig außer Kontrolle

Alle Verhaltensweisen in dieser Phase stellen sehr ernsthafte Störungen dar und können zu einer Bedrohung für die Sicherheit anderer Personen führen.

Ernsthafte Sachbeschädigung: Die Verhaltensweisen schließen eine gravierende und oft teure Sachbeschädigungen ein.

Körperverletzung: Irgend eine Person ist das Ziel oder das Opfer eines Angriffs, typische Verhaltensweisen sind Schlagen, Treten, Werfen mit Gegenständen, an den Haaren reißen oder noch gravierendere Verhaltensweisen, die Körperverletzungen mit Gegenständen oder den Gebrauch von Waffen einschließen.

Selbstverletzungen: Autoaggressive Verhaltensweisen wie Schlagen, Kneifen, Haarreißen, Schlagen mit dem Kopf und Kratzen.

Wutanfälle: Wutanfälle müssen nicht unbedingt eine Bedrohung für andere darstellen. Aber Verhaltensweisen wie Schreien, Kreischen, sich auf den Boden werfen usw. sind gewöhnlich äußerst störend und unangenehm.

Hyperventilation: Diese Erscheinung ist, obwohl relativ harmlos, ein Indikator für das Ausmaß an Erregung, dem der Schüler ausgeliefert ist.

Zusammenfassung der fünften Phase: Das Verhalten des Schülers ist völlig außer Kontrolle.

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Das Modell Phase sechs - Deeskalation

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Verwirrung2. Versöhnliches Verhalten3. Rückzug4. Verleugnung

5. Die Schuld auf andere schieben6. Ansprechen auf Anweisungen7. Ansprechen auf mechanische/

manipulative Aufgaben8. Vermeidung von Diskussionen

Schüler zeigt verwirrtes Verhalten

Diese Phase ist durch den Rückzug des Schülers und den korrespondierenden Rückgang der Erregung gekennzeichnet. Im allgemeinen sind Schüler in dieser Phase nicht besonders kooperativ oder den Einflüssen von Erwachsenen zugänglich.

Verwirrung: Unmittelbar nach einem gravierenden Zwischenfall zeigen Schüler oft verwirrtes, zufälliges Verhalten, etwa zielloses Umherwandern, vor sich hin starren, Herumfummeln etc.

Versöhnliches Verhalten: Einige Schüler wollen sich wieder vertragen oder sonst sicherstellen, dass sie noch gemocht werden. Möglicherweise bieten sie Hilfe an oder halten sich in der Nähe des Lehrers auf. Manche versuchen zum Ausdruck zu bringen, dass ihnen das Geschehene leid tut.

Rückzug: Oft legen die Schüler nach einem gravierenden Ausbruch ihren Kopf auf die Arme und versuchen zu schlafen. Manchmal sind sie durch Zwischenfall erschöpft, in anderen Fällen brauchen sie einfach eine Gelegenheit, um sich zu beruhigen. Es kommt auch vor, dass Schüler nach einem gravierenden Zwischenfall tatsächlich einschlafen, wahrscheinlich als Ergebnis einer Kombination von Ermüdung, Depression und Rückzug.

Verleugnung: Viele Schüler streiten nach einem Zwischenfall ihr Verhalten, besonders die gravierenden Anteile der Verhaltenskette ab. Diese Leugnen ist oft verbunden mit Beschuldigungen gegenüber anderen Personen.

Die Schuld auf andere schieben: Häufig versuchen die betroffenen Schüler, die Schuld für den betreffenden Zwischenfall auf eine andere Person zu schieben, dabei versuchen sie den Blick des Lehrers auf Ereignisse zu lenken, die früh in der Verhaltenskette aufgetreten sind. „Wenn der „so und so“ mich nicht beleidigt hätte, wäre das nicht passiert“.

Ansprechen auf Anweisungen. Lehrer stellen oft fest, dass Schüler in dieser Phase auf direkte und konkrete Anweisungen problemlos reagieren. „Michael, setz dich bitte hier auf die Bank“.

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Ansprechen auf manipulative oder mechanische Aufgaben: Der betroffene Schüler wendet sich bevorzugt einfachen, mechanischen Aufgaben zu, Blättern in einem Magazin oder Zusammenstecken von Legosteinen.

Vermeidung von Diskussionen: Die meisten Schüler vermeiden an diesem Punkt Diskussionen oder ein Gespräch über den Vorfall, außer wenn sie Gelegenheit haben, die Schuld auf jemanden anderes zu schieben.

Zusammenfassung sechste Phase: Das Verhalten ist im allgemeinen verwirrt.

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Das Modell Phase sieben - Erholung

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Interesse an unabhängiger Arbeit/ Aktivität2. Eingeschränktes Verhalten in Arbeitsgruppen3. Eingeschränkte Beteiligung an Klassendiskussionen4. Defensives Verhalten5. Vermeidung von Gesprächen über den Vorfall

Schüler weigert sich zu diskutieren oder zu interagieren

In dieser abschließenden Phase kehrt das Verhalten zu einem ruhigen und relativ normalen Zustand zurück.

Interesse an unabhängiger Arbeit oder Aktivität: Typischerweise versuchen sich Kinder in dieser Phase mit Aufgaben zu beschäftigen, bei denen sie relativ unabhängig sind, Schreiben, Buntmalen, Wörter in einem Wörterbuch nachschlagen und deren Bedeutung aufschreiben usw.. Die Aufgaben müssen allerdings relativ einfach sein. Normalerweise vermeiden Schüler an diesem Punkt schwierige Aufgaben oder Aufgaben bei denen sie auf die Unterstützung durch den Lehrer angewiesen sind.

Eingeschränktes Verhalten in Arbeitsgruppen: Aktivitäten, welche die Beteiligung anderer involvieren, sind schwierig in dieser Phase. Strategien wie kooperatives Lernen sollten an diesem Punkt nicht initiiert werden.

Eingeschränkte Beteiligung an Klassendiskussionen: Auch Klassengespräche sind jetzt schwierig für den betreffenden Schüler. Die Antworten sind typischerweise gedämpft und rätselhaft.

Defensives Verhalten. Einige antisoziale Kinder zeigen Verhalten, das sehr vorsichtig ist und fast einstudiert wirkt. Das kann daran liegen, dass sie verwirrt sind oder aber dass sie gelernt haben in dieser Situation nicht zuviel zu sagen.

Vermeidung von Gesprächen über den Vorfall. Im allgemeinen weigern sich antisoziale Schüler an diesem Punkt über den Zwischenfall etwa mit dem Lehrer zu reden. Gespräche also, die klären sollen, was der Schüler getan hat, welche Ereignisse zu dem Vorfall geführt haben und alternative Verhaltensweisen aufzeigen wollen, sollten an diesem Punkte nicht geführt werden.

Zusammenfassung siebte Phase: Erholung

Der Schüler ist an einfachen mechanischen Aufgaben interessiert, weigert sich zu interagieren oder zu diskutieren.

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Interventionsstrategien

Grundsätzlich gilt: eine präventive Intervention ist nur in den ersten vier Phasen - Ruhe, Auslöser, Erregung und Akzeleration - möglich. Danach liegt der Schwerpunkt auf Aspekten der Sicherheit, der Wiedereingliederung und der Konsequenzen.

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Strategien Phase eins - Ruhe

Intensität

1. Ruhe2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

5. Zielorientiertes Verhalten

Allgemein: Kooperatives Verhalten

1. Angemessenes Arbeitsverhalten2. Erfüllen von Anforderungen und Erwartungen3. Ansprechen auf Lob4. Angemessener Umgang mit anderen

Organisation des Klassenraums: Generell gilt, dass ein hoher Grad an Strukturiertheit diesen Schülern hilft, den schulischen Anforderungen zu folgen. Es ist daher wichtig darauf zu achten, dass möglichst keine Grauzonen entstehen. Zum Beispiel: gibt es klare Vorgaben, wann ein Schüler seinen Platz verlassen darf und wann nicht, wann er eine Aufgabe bearbeiten muss und wann nicht, wann geredet werden darf und wann nicht etc.. Wenn die diesbezüglichen Erwartungen nicht klar und unmissverständlich formuliert und wenn möglich das entsprechende Verhalten eingeübt wurde, sind Auseinandersetzungen fast unvermeidlich.

Bei der Sitzordnung sollte darauf geachtet werden, dass die Lehrerin, der Lehrer die ganze Klasse ohne Probleme im Blick haben kann. Am besten bewährt hat sich aus diesem Grunde ein „offenes U“ als Sitzordnung. Diese Form ermöglicht es auch allen Schülern ohne Probleme dem Unterrichtsgeschehen zu folgen und bietet weniger Ablenkungen als andere Sitzordnungen.

Unterrichtsgestaltung: Bei der Unterrichtsgestaltung sollte darauf geachtet werden, dass antisoziale Schüler in der Regel kein selbstinitiiertes Lernverhalten zeigen. Sie sind daher mit entsprechenden Unterrichtsformen überfordert. Am meisten profitieren solche Kinder von direkter Unterweisung, die ein hohes Maß an Übung und Lernerfolgskontrolle enthält.

Zuwendung: Unglücklicherweise erhalten antisoziale Schüler, auch wenn sie sich angemessen verhalten, wesentlich weniger positive Ansprache durch den Lehrer, die Lehrerin, als unauffällige Schüler. Das mag zum einen daran liegen, dass Lehrer und Lehrerinnen von den oft anstrengenden Auseinandersetzungen mit diesen Schülern eine gewisse Pause benötigen. Zum anderen vertreten einige Lehrer auch den irrigen Standpunkt, dass Aufmerksamkeit und Zuwendung von diesen Schülern umgehend mit neuem problematischen Verhalten quittiert wird. Wie alle Schüler brauchen auch Problemschüler ein ausreichendes Maß an Zuwendung und Aufmerksamkeit. Dabei ist zwischen kontingenter und nicht kontingenter Zuwendung zu unterscheiden.

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Kontingente Zuwendung, bezieht sich auf Lob und Anerkennung, die der Lehrer, die Lehrerin im Anschluss an angemessenes Verhalten äußert. Viele antisoziale Schüler haben – aus verschiedenen Gründen - wenig Erfahrungen mit kontingenter Zuwendung. Die entsprechenden Strategien müssen konsistent und über einen langen Zeitraum angewandt werden, um den erwünschten Effekt zu haben.

Nicht kontingente Zuwendung bezieht sich auf positiven Kontakt, den der Lehrer, die Lehrerin zu dem Schüler aufnimmt bevor er sich unangemessen verhält oder verhalten hat. Auch hier kommt es darauf an, Strategien zu entwickeln, die positive Zuwendung systematisch sicherstellt. Nicht kontingente Zuwendung kann dann eine präventive Wirkung entfalten, weil sie antisozialen Kindern positive Beachtung und Interesse an ihrer Person vermittelt – ein seltenes Ereignis im Leben dieser Kinder.

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Strategien Phase zwei - Auslöser

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1.KonflikteEinschränkungenProvokationen

2. Änderungen bei Routinetätigkeiten3. Anforderungen4. Fehler5. Korrekturen

Allgemein: Schwierigkeiten, Anforderungen zu erfüllen und negative Rückmeldung zu erhalten

Auslöser verursachen oder starten Konflikte zwischen Lehrern und Schülern. Strenggenommen gibt es keine Möglichkeiten, die Wahrnehmung bestimmter Ereignisse als Auslöser in der aktuellen Situation zu beeinflussen. Alle Strategien, die versuchen auf wahrgenommene Auslöser Einfluss zu nehmen, sind zeitlich nach einem Eskalationsereignis bzw. davor anzusiedeln. Diese Vorgehensweisen gehören also eigentlich in die erste Phase des Eskalationszyklus. Wir beschrieben im folgenden zwei Strategien, um den Umgang mit Auslösern zu beeinflussen: (1) Formale Problemlösungen, (2) Individuelle Problemanalyse.

Formale Strategien der Konfliktlösung

Vor allem im amerikanisch/englischen Sprachraum wurden eine Fülle von Curricula zur Unterrichtung von sozialen Fähigkeiten, Wutkontrolle, angemessener Problemlösung und verantwortungsbewusster Entscheidungsfindung veröffentlicht. In Deutschland sind nur einige wenige solcher Programme verfügbar, die zudem nur einen begrenzten Bereich sozialer Fähigkeiten abdecken und sich nur bedingt für den Einsatz in der Schule eignen. Darüber hinaus existieren wahrscheinlich eine Vielzahl von nicht veröffentlichten, intuitiven Unterrichtsprojekten, die sich mit der Vermittlung von sozialen Fähigkeiten beschäftigen. Naturgemäß ist es nicht möglich, den Effekt solcher Vorgehensweise abzuschätzen. Wenn Schulen jedoch selbst solche Curricula entwickeln oder Angebote von außerschulischen Einrichtungen in Anspruch nehmen, sind sie gut beraten, sorgfältig darauf zu achten, ob die gewählte Vorgehensweise auch Auswirkungen hat. Im allgemeinen hat sich gezeigt, dass die Programme am effektivsten sind, die angestrebten sozialen Fähigkeiten direkt unterrichten, die Anwendung trainieren und im Anschluss ein Anreizsystem implementieren, dass diese Anwendung positiv sanktioniert.

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Individuelle Problemanalyse

Eine individuelle Problemanalyse soll dazu dienen, (1) die Bedingungen oder Auslöser zu identifizieren, die regelmäßig und in vorhersagbarer Weise zu problematischem Verhalten führen. In einem nächsten Schritt (2) wird nach möglichen Lösungen oder Alternativen gesucht. Darauf hin werden die (3) Lösungsmöglichkeiten bewertet und eine konkrete Lösung ausgewählt. (4) Der Lehrer diskutiert die Lösung und ihre Implikationen mit dem Schüler, (5) entwickelt einen Implementationsplan (d.h. legt die Aufgaben und die Verantwortlichkeiten dafür fest) und (6) entwickelt ein Kriterium, an dem der Erfolg der Vorgehensweise festgemacht werden kann.

1. Untersuchen Sie genau die Quelle des Problems. Ziel des ersten Schrittes ist es, dem Schüler zu helfen, die auslösenden Bedingungen für das Problemverhalten herauszufinden. Fragen wie „warum bist du wütend geworden?“, „was hat dich zuerst wütend gemacht?“, „wie hat das alles angefangen?“ können sehr hilfreich sein.

2. Suchen Sie gemeinsam mit dem Schüler nach möglichen Lösungen oder Alternativen. Sobald sie Auslöser gefunden haben, schreiben Sie mögliche Alternativverhaltesweisen oder andere Lösungen auf. Fragen Sie etwa „was können wir daran ändern?“ „Welche Änderungen können wir vornehmen, um ein solches Ereignis beim nächsten Mal zu verhindern?“ „Welche anderen Verhaltensweisen kann man in dieser Situation benutzen?“ In dieser Phase ist es wichtig dem Schüler deutlich zu machen, dass sie noch nicht nach fertigen Antworten suchen. Sie halten nur fest welche Möglichkeiten es gibt (Brainstorming). Sie werden später sehen, welche der Möglichkeiten am besten funktioniert.

3. Helfen Sie dem Schüler die Lösungsmöglichkeiten zu bewerten und eine Lösung auszuwählen. Jetzt kommt es darauf an, dem Schüler dabei zu helfen, die Vor- und Nachteile der gewählten Lösungsmöglichkeiten zu untersuchen. Viele antisoziale Schüler weigern sich in dieser Diskussion, die Verantwortung für ihr eigenes Verhalten zu übernehmen und sind schnell bereit, Lösungen zu akzeptieren, die die „Schuld“ anderen zuweisen (Lehrern, Eltern, Mitschülern). Hier ist es am günstigsten, den Schüler ausreden zu lassen und dann ruhig aber bestimmt eine Lösung auszuwählen, die der Schüler (mit der Hilfe des Lehrers) selbst kontrollieren kann.

3. Diskutieren Sie das Ergebnis und die Implikationen der gewählten Lösung. Auch wenn der Schüler einem bestimmten Plan zustimmt, braucht er Hilfe um die Implikationen dieses Vorgehens einschätzen zu können. Normalerweise sind die erarbeiteten Lösungen mit Kosten für den Schüler verbunden. Nehmen wir etwa an, die Quelle des Problems bestand darin, dass Alex seine Aufgaben nicht erledigt hatte. Er willigt ein, diese nach dem Unterricht in der Schule zu bearbeiten. Der Lehrer sollte dann darauf hinweisen, dass das bedeutet, dass er nicht mit seinen Freunden nach der Schule zusammen sein kann, dass seine Eltern benachrichtigt werden müssen usw.. Im allgemeinen benötigen antisoziale Kinder die Unterstützung des Lehrers, um eine solch harte Realität zu akzeptieren.

4. Entwickeln sie einen Plan zur Implementation

Im allgemeinen haben antisoziale Schüler nur begrenzte Fähigkeiten, die ausgewählten Optionen auch in die Tat umzusetzen. Der Lehrer sollte daher die Details des ausgewählten Vorgehens genau besprechen, etwa genau die Aufgaben beschreiben und erklären, wer für jede Aufgabe die Verantwortung hat. Außerdem sollte der Lehrer dem Schüler für einige Aufgaben sein Hilfe oder Unterstützung anbieten, etwa bei Gesprächen mit anderen

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Lehrern, dem Schulleiter oder den Eltern. Solche sichtbare Unterstützung fördert im allgemeinen die Kooperationsbereitschaft.

5. Legen Sie ein Erfolgskriterium und ein Datum zur Erfolgskontrolle fest. Für die folgende Zeit ist es wichtig, dass die Schüler eine kontinuierliche Kontrolle ihres Verhaltens erleben und regelmäßig Kontakt zu ihrem Lehrer haben. Bei der Festlegung des Erfolgskriteriums zügeln Sie den Optimismus der Schüler ein wenig. Es hat sich gezeigt, dass antisoziale Schüler sich oft unrealistisch hohe Ziele setzen. Schließlich sollten Sie festlegen, wann und wie die Intervention beendet wird, damit der Schüler ein Ende des Programms sieht.

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Strategien Phase drei - Erregung

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

Zunehmendes Verhalten1.Unkontrollierte Augenbewegungen2. Unkontrollierte Handbewegungen3. Unkontrollierte Gruppenaktivitäten4. Unkontrolliertes Arbeitsverhalten

Abnehmendes Verhalten1. Ins Leere starren2. Reduzierte sprachliche Produktion3. Eingeschränkte Handbewegungen4. Rückzug von Gruppenaktivitäten

Das Verhalten ist nicht fokussiert oder aufgabenbezogen

Wenn Schüler mit auslösenden Bedingungen unangemessen umgehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie wütend werden und ein entsprechend erregtes Verhalten zeigen. Das erste Ziel im Umgang mit antisozialen Schülern in dieser Phase besteht darin Strategien anzuwenden, die diese Erregung reduzieren. Im wesentlichen bestehen diese Strategien in bestimmten Abmachungen, die die Erregung des Schülers zur Kenntnis nehmen und dem Lehrer in dieser Phase einen direkten Einfuß auf das entsprechende Verhalten erlauben. Da diese Vorgehensweisen Ausnahmen von der täglichen Routine in der Schule darstellen und von den Schülern im allgemeinen als angenehm empfunden werden, kommt es entscheidend darauf an, dass sie vor dem Einsetzen ernster Eskalationen angewandt werden; andernfalls besteht die Gefahr, dass die Kette eskalierenden Verhaltens verstärkt wird. Wenn Kevin zum Beispiel bereits einen Stuhl durch die Klasse wirft und den Lehrer beschimpft ist es zu spät, solche unterstützendenden Strategien anzuwenden. Wenn er jedoch beständig mit dem Bleistift auf die Tischplatte tippt, ins Leere starrt oder schlecht verständlich vor sich her murmelt, können Strategien zum Umgang mit Erregung oft erfolgreich angewandt werden. Es kommt also wesentlich auf den Zeitpunkt an: die nun zu beschreibenden Techniken sollten bereits bei den ersten Anzeichen von Erregung, Wut oder Frustration angewandt werden.

Aufmerksamkeit durch den Lehrer: Die wahrscheinlich wirksamste Methode in dieser Phase besteht darin, dem Schüler das Gefühl zu vermitteln, der Lehrer habe Verständnis dafür zu haben, dass der Schüler Probleme hat. Einfache Kommentare wie „meinst du, du schaffst es?“ „geht es dir gut?“ oder „komm, versuch es mal.“, können dem Schüler das Gefühl unterstützt zu werden vermitteln und die Erregung reduzieren.

Abstand: Geben Sie dem Schüler die Möglichkeit sich ein wenig vom Rest der Klasse zurückzuziehen, vielleicht an einen einzelnen Tisch oder in eine ruhige Ecke. Es ist wichtig, Absprachen mit der Klasse darüber zu treffen, dass der Schüler in einer solchen Situation in Ruhe gelassen wird.

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Bevorzugte Aktivitäten. Manchen Schüler hilft es, wenn Ihnen erlaubt wird, sich für eine kurze Zeit irgend einer bevorzugten Tätigkeit zuzuwenden. Allerdings sollte in diesem Fall sehr deutlich sein für welchen Zeitraum diese Erlaubnis gilt und dass im Anschluss die Bearbeitung der zugewiesenen Aufgabe erwartet wird.

Nähe des Lehrers: Die Nähe des Lehrers kann dem Schüler helfen, entspannter zu werden, besonders wenn er weiß, dass der Lehrer versucht ihm zu helfen. Der Lehrer kann sich in der Nähe des Schülers aufhalten und von Zeit zu Zeit beiläufigen Kontakt herstellen (Hand auf die Schulter legen). Lehrer unterschätzen oft den Einfluss dieser Strategie. Unglücklicherweise haben viele antisoziale Kinder keine guten Verhaltensmodelle in ihrem Elternhaus, so dass der Lehrer oft das erste adaptive Modell ist. Achtung: Einige Schüler können in dieser Phase allerdings die Nähe des Lehrers nur schwer ertragen.

Unabhängige Tätigkeiten: Wenn Schüler Aufgaben bekommen, die sie unabhängig von anderen Kindern bearbeiten können, fällt es ihnen oft leichter Anforderungen zu erfüllen und konzentrierter zu sein. Gruppenbezogenes Arbeiten verlangt von diesen Schülern soziale Fähigkeiten, die viele von ihnen nicht besitzen und kann damit sehr leicht Konflikte und negative Interaktionen provozieren.

Bewegung: Viele Schüler zeigen in dieser Agitationsphase eine generelle Zunahme von Verhalten. Aktivitäten, die Bewegungen enthalten sind oft geeignet ihnen zu helfen, ihre Erregung zu steuern. Beispiele solcher Aktivitäten können sein: Etwas vom Sekretariat zu besorgen, die Tafel putzen, Material verteilen etc.

Beziehen Sie den Schüler in die Veränderungsbemühungen ein: Da Selbstkontrolle das letzte Ziel jeder Intervention bei antisozialem Verhalten darstellt, ist es sehr wichtig, den Schüler, soweit das möglich ist, in die Bemühungen der Erregungskontrolle einzubeziehen. Einige Schüler verfügen über Strategien, die ihnen bei der Kontrolle ihrer Erregung helfen und können so zu einer erfolgreichen Intervention beitragen. Insgesamt erhöht eine Beteiligung des Schülers dessen Änderungsmotivation und damit die Erfolgsaussichten der Intervention. Entspannungsaktivitäten. Es gibt verschieden Möglichkeiten kontrollierter Entspannung, Audiokassetten, Atemtechniken oder die Anwendung bestimmter Entspannungstechniken. Allerdings muss der Einsatz solcher Techniken zuvor mit dem Schüler besprochen und geübt werden. Zwei Probleme und mögliche Lösungen Bei der Anwendung der beschriebenen Vorgehensweisen können zwei Probleme auftauchen. Das eine betrifft die Frage der Fairness im Umgang mit anderen Schülern, das andere die Möglichkeit, dass einige der beschriebenen Vorgehensweisen zur Vermeidung von aufgaben- oder unterrichtsbezogenem Verhalten eingesetzt werden. Die Frage der Fairness. Es kann sein, dass die Klassenkameraden die Frage stellen, warum gerade diese Kinder mehr Pausen oder Privilegien erhalten als die anderen Schüler und sich darüber ärgern, dass sie arbeiten müssen und keine solche Vorzugsbehandlung erfahren. Eine mögliche Lösung besteht darin den Schülern zu sagen, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelt. Der Lehrer erklärt die allgemeinen Regeln oder Erwartungen, die für die Klasse gelten und beschreibt dann die als ungerecht empfundenen Maßnahmen als Ausnahmen, die unter bestimmten Umständen angewandt werden. Wann solche

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Umstände vorliegen, entscheidet der Lehrer, die Lehrerin auf der Grundlage der persönlichen Situation eines Schülers. Vermeidung. Es kann vorkommen, dass einzelne Schüler die Vorgehensweisen benutzen um unterrichtsbezogenes Verhalten zu vermeiden. „Ich kann heute kein Mathe machen, ich zu wütend“. Das einfachste Gegenmittel hier besteht darin den Schüler die versäumte Arbeit am gleichen Tag nachholen zu lassen.

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Strategien Phase vier - Akzeleration

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Fragen und Streiten2. Unfolgsamkeit, Trotz3. Kein aufgabenbezogenes Verhalten4. Provokation5. Folgsamkeit mit unangemessenem

Verhalten

6. Partielle Folgsamkeit7. Quengeln, Weinen8. Flucht/ Vermeidung9. Drohungen

10.Beschimpfungen11.Sachbeschädigungen

Schüler versucht den Lehrer in eine Auseinandersetzung hineinzuziehen

Anwendungsbereiche Die verfügbaren Strategien im Umgang mit Akzelerationsverhalten können zu Anfang des Eskalationshöhepunktes oder während einer länger dauernden Akzelerationsphase eingesetzt werden. Beginn des Eskalationshöhepunktes. In dieser Situation zeigt der Schüler Anzeichen, dass sein Verhalten mit großer Wahrscheinlichkeit außer Kontrolle gerät. Entsprechend zielen die Strategien zu diesem Zeitpunkt darauf, eine weiter Eskalation zu verhindern und das Verhalten zu deeskalieren. Verlängerte Akzelerationsphase. Die Schüler zeigen das für diese Phase kennzeichnende Verhalten über einen längeren Zeitraum (gewöhnlich länger als eine halbe Stunde). Obwohl sie ihr Verhalten wahrscheinlich nicht weiter eskalieren, gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie sich beruhigen oder kooperativer verhalten. Ziel ist es hier, das entsprechende Verhalten zu dämpfen und die Situation zu deeskalieren. Strategien Die grundlegenden Strategien gelten für beide Anwendungsbereiche: (1) vermeiden Sie Eskalationsreizen (2) bewahren Sie Ruhe, Respekt, Gelassenheit und Abstand. (3) benutzen Sie Krisenpräventionsstrategien (4) dokumentieren Sie den Vorfall, (5) stellen Sie wieder eine angemessene Ordnung her, (6) kehren Sie zur ursprünglichen oder zur nächsten Aktivität zurück und (7) besprechen Sie den Vorfall. Bewahren Sie Ruhe, Respekt, Gelassenheit und Abstand. Wenn man sich in dieser Phase dem Schüler nähert, um ihn auf sein Verhalten anzusprechen, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Verhalten eskaliert. Das Verhalten des Lehrers in dieser Situation muss extrem kontrolliert sein, um eine weitere Verschärfung des Konflikts zu vermeiden. Im folgenden einige Richtlinien für den Umgang mit Schülern in dieser Situation:

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• Bewegen Sie sich langsam und überlegt auf den Schüler zu. Gehen Sie langsam und vermeiden sie schnelle Bewegungen und Verhaltensweisen, die auf Panik oder Angst schließen lassen.

• Sprechen Sie leise. Nehmen Sie den Schüler zur Seite und vermeiden sie Aussagen vor der Klasse und eine laute Stimme.

• Sprechen Sie ruhig. Benutzen Sie eine leise, kontrollierte Stimme. Seien Sie so sachlich wie möglich. Vermeiden Sie Drohungen.

• Minimalisieren Sie die Körpersprache. Verhalten Sie sich so ruhig wie möglich. Vermeiden sie es, mit dem Zeigefinger auf etwas hinzuweisen, den Schüler anzustarren oder sich vor ihm „aufzubauen“.

• Halten Sie eine vernünftige Distanz ein. Kommen Sie dem Schüler nicht zu nahe. • Sprechen Sie respektvoll. Vermeiden Sie eine harte, ärgerliche Sprache. Benutzen Sie

den Namen des Schülers und sprechen Sie in einer sanften, gelassenen und respektvollen Weise.

• Lassen Sie sich auf Blickhöhe des Schülers herab. Wenn der Schüler sitzt, setzen oder hocken Sie sich neben ihn. Wenn der Schüler steht, bleiben Sie auch stehen.

• Reden Sie kurz. Benutzen Sie eine knappe und einfache Sprache. Vermeiden Sie langatmige Ausführungen oder ärgerliches Herummeckern. Solche Verhaltensweisen führen in der Regel zu weiteren negativen Reaktionen des Schülers.

• Bleiben Sie bei der Sache. Konzentrieren Sie sich auf das aktuelle Problem. Lassen Sie sich nicht ablenken und besprechen Sie andere Probleme später.

• Ziehen Sie sich zurück, wenn das Problemverhalten eskaliert. Beenden Sie die Diskussion, wenn das problematische Verhalten weiter eskaliert, ziehen Sie sich von dem Schüler zurück und folgen Sie den Verfahrensweisen für Notfälle (s.u.).

• Vermeiden Sie Machtkämpfe. Bleiben Sie bei der Sache. Lassen Sie sich nicht in „Du sollst –Nein!“ - Auseinandersetzungen hineinziehen.

• Reagieren Sie mit Anerkennung auf kooperatives Verhalten. Wenn der Schüler sich kooperativ verhält, reagieren Sie anerkennend auf dieses Verhalten und halten Sie die Kooperationsbereitschaft in einem späteren Bericht oder bei einer späteren Besprechung fest.

Insgesamt: Benutzen Sie ihren gesunden Menschenverstand und behandeln Sie das Problem auf eine ruhige, gelassene, wenig hastige, respektvolle Weise. Verwenden Sie Krisenpräventionsstrategien. Krisenpräventionsstrategien sind darauf ausgelegt, die Kette eskalierenden Verhaltens zu unterbrechen und den Schüler mit Vorgaben oder Erwartungen zu konfrontieren. Die Vorgehensweise besteht aus drei Komponenten: (1) Halten Sie eine Auswahl an negativen Konsequenzen bereit, (2) informieren Sie den Schüler und (3) ziehen Sie die Konsequenz. 1. Halten Sie eine Auswahl an negativen Konsequenzen bereit. Negative Konsequenzen können sein: Kurze Unterbringung in einer anderen Klasse, Nacharbeiten in der Pause, zum Schulleiter schicken, Anruf bei den Eltern, Information der Polizei usw.. Jede denkbare Konsequenz sollte zuvor im Kollegium, mit der Schulleitung und möglicherweise mit der Schulaufsicht abgesprochen worden sein und den Schülern erklärt werden, bevor sie angewandt wird. Diese Information der Schüler ist ein gutes Mittel zu verdeutlichen, welche Verhaltensweisen die schulischen Grenzen für akzeptables Verhalten überschreiten.

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2. Informieren Sie den Schüler. Der Schüler sollte in drei Schritten informiert werden !"Teilen Sie dem Schüler mit, welches Verhalten sie erwarten und welche negative

Konsequenz eintritt, falls er sich nicht an diese Erwartung hält. !"Ziehen Sie sich von dem Schüler zurück, wenden Sie sich anderen Schülern oder einer

anderen Aktivität zu. !"Lassen Sie dem Schüler etwas Zeit (10-15 Sekunden), um zwischen beiden

Möglichkeiten wählen. Im folgenden, zwei kurze Beispiele, um die Vorgehensweise zu illustrieren: „Michael, ich möchte, dass Du dich an deinen Platz setzt oder ich schicke dich zum

Schulleiter“. (Entscheidung) „Du hast ein paar Sekunden um dich zu entscheiden (Zeit). Der Lehrer wendet sich dann anderen Schülern zu (Rückzug).

„Mädchen, ich möchte, dass ihr jetzt in euer Klasse geht oder ihr bleibt nach dem

Unterricht hier, um das Versäumte nachzuholen. (Entscheidung). Ihr habt ein paar Sekunden Zeit, euch zu entscheiden. (Zeit). Der Lehrer tritt zurück und wendet sich kurz anderen Schülern zu (Rückzug).

In dieser Situation zeigen die meisten Schüler ein gewisses Ausmaß an reaktiven Verhaltensweisen, meckern, grimassieren oder schmollen. Ignorieren Sie diese Verhaltensweisen oder gehen Sie später darauf ein, falls Sie es für nötig halten. Falls der oder die Schüler ihr Verhalten eskalieren (zum Beispiel Stühle umwerfen oder beginnen herumzuschreien) dann gehen Sie davon aus, dass sie in die nächste Eskalationsphase eintreten und benutzen Sie die entsprechenden Vorgehensweisen. (Siehe Phase fünf). 3. Ziehen Sie die Konsequenzen. Der nächste Schritt des Lehrers hängt davon ab, ob der Schüler das erwartete Verhalten zeigt oder das problematische Verhalten weiter aufrecht erhält. !"Wenn der Schüler sich erwartungsgemäß verhält gehen sie kurz anerkennend darauf ein

und fahren Sie mit dem Unterricht fort. Führen Sie ein Gespräch über das Verhaltensproblem zu einem späteren Zeitpunkt.

!"Wenn der Schüler sich nicht erwartungsgemäß verhält und weiterhin problematisches Verhalten zeigt. Wenden Sie die negative Konsequenz an. Verhalten Sie sich dabei ruhig, gelassen und geschäftsmäßig. Diskutieren Sie nicht und verschieben Sie ein Gespräch über das Verhalten auf einem späteren Zeitpunkt.

!"Wenn der Schüler sich erst angemessen verhält, nachdem die zugestandene Bedenkzeit überschritten ist, wenden sie die negative Konsequenz an. Diskutieren Sie nicht und verschieben Sie ein Gespräch über das Verhalten auf einem späteren Zeitpunkt

Dokumentieren Sie den Vorfall. Eine Dokumentation ist aus verschiedenen Gesichtspunkten sinnvoll und notwendig. Zum einen kann sie der Evaluation schulischer Maßnahmen dienen, zum anderen bietet sie eine gute Grundlage für eine spätere Nachbesprechung mit dem Schüler, möglicherweise auch mit den Eltern. Nicht zuletzt zwingt sie auch den Lehrer, sich an vereinbarte Vorgehensweisen zu halten. Dokumentationen werden am besten auf vorbereiteten Formblättern (s. S. 37) festgehalten. Auf diese Weise kann man sicherstellen, dass die Schreibarbeit nicht zu zeitraubend ist, und alle notwendigen Informationen später verfügbar sind. Es ist auch hilfreich, den Schüler selbst eine Beschreibung des Problems vornehmen zu lassen. Ein entsprechendes Formblatt sollte neben Angaben zur Person folgende Fragen beantworten:

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1. Wie hast du dich verhalten? 2. Was war dein Problem, was wolltest du? 3. Wie könntest du dich bei einer ähnlichen Situation in Zukunft verhalten? 4. Wie solltest du dich in einer ähnlichen Situation in Zukunft verhalten? 5. Kannst du dich angemessen verhalten? Diese Angaben des Schülers sind gut geeignet eine Nachbesprechung des Problems zwischen Schüler und Lehrer vorzubereiten und zu strukturieren. Stellen Sie wieder eine angemessene Ordnung her: Wenn Schüler Verhaltensweisen gezeigt hat wie „Bücher herumwerfen“ „Stühle umstoßen“ o.ä., dann sollte er aufgefordert werden, die ursprüngliche Ordnung wieder herzustellen. Wenn Schüler zuvor ein Verhaltensformular ausgefüllt haben, sind sie wahrscheinlich in diesem Punkt kooperativer. Kehren Sie zu den normalen Aktivitäten zurück: Hat der Schüler den Verhaltensbogen ausgefüllt und die ursprüngliche Ordnung wieder hergestellt, ist sinnvoll, zu den normalen Unterrichtsaktivitäten zurückzukehren, es sei denn, es erscheint günstiger, den Schüler weiterhin zu isolieren. Nachbesprechung: Ziel der Nachbesprechung ist es, Lösungen zu erarbeiten und den Schüler darauf vorzubereiten, sich in ähnlichen Situationen in Zukunft angemessen zu verhalten. Das vom Schüler bearbeitete Verhaltensformular kann dem Lehrer behilflich sein, den Kontext des Problems zu erfassen, das Problemverhalten und mögliche Alternativen zu beschreiben und den Schüler zu verpflichten, bei ähnlichen Anlässen alternative Verhaltensweisen zu zeigen. Die Nachbesprechung sollte erst stattfinden, wenn der Schüler wieder in seiner normalen Umgebung ist. Das Problemverhalten hat hier begonnen, also sollte auch die Besprechung hier stattfinden, besonders wenn der Lehrer die Besprechung durchführt. Wenn ein anderes Kollegiumsmitglied die Besprechung durchführt, sollte sie stattfinden, nachdem der Schüler wieder in der Klasse ist. Es ist am besten, das Gespräch am Tage des Vorfalls zu führen. Es sollte aber seit der Wiederherstellung der Normalsituation eine gewisse Zeit, mindestens etwa 30 Minuten vergangen sein. Inhaltlich orientiert sich das Gespräch am besten an den Vorgaben des Verhaltensformulars. Achten Sie darauf, dass sie nicht auf den Schüler einreden und sich nicht in eine Diskussion verwickeln lassen. Sein Sie nicht zu besorgt, dass sie ohne es zu wollen zu einer Eskalation des Schülerverhaltens beitragen. Sie werden bald eine Chance bekommen, es noch einmal zu versuchen.

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Strategien Phase fünf - Höhepunkt

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Ernsthafte Sachbeschädigung2. Körperverletzung3. Selbstverletzung4. Wutanfälle5.Hyperventilation

Das Verhalten des Schülers ist völlig außer Kontrolle

Wenn Lehrer antisoziales Verhalten oder aggressives Verhalten beschreiben, beziehen sie sich typischerweise auf Verhaltensweisen, die während diese Phase auftreten. Es handelt sich hierbei um ernsthafte, äußerst störende Verhaltensweisen, die unter Umständen die Sicherheit von anderen Personen gefährden können. Gewöhnlich versuchen Lehrer in solchen Situationen, den Schüler aus dem Klassenraum zu entfernen. Solche Versuche bergen jedoch große Risiken: Zum einen können solche Versuche, wenn das Verhalten des Schülers völlig außer Kontrolle ist, leicht dazu führen, dass der Lehrer dem betroffenen Schüler (und seinen Klassenkameraden) seine Ohnmacht demonstriert, weil es ihm nicht gelingt den Schüler aus dem Raum zu bringen. Diese Situation ist äußerst problematisch, weil sie eine mächtige Verstärkung für das problematische Verhalten des betroffenen Schülers darstellt. Zum anderen kann der Versuch, den Schüler aus der Klasse zu entfernen, besonders wenn Gewalt angewandt wird, dazu führen, dass der Schüler zu einer ernsthaften Gefahr für sich und andere wird. Die grundlegenden Verfahrensweisen in dieser Situation sind (1) Vorbereitung und Vorsichtsmaßnahmen, (2) kurzfristige Interventionen und (3) langfristige Interventionen (die sich zum einen auf Aspekte der Sicherheit und der Vermeidung von Störungen beziehen, zum anderen auf die Behandlung des betroffenen Schülers). Diese Vorgehensweisen müssen sorgfältig erarbeitet werden und mit dem Kollegium, den Schülern und ihren Eltern besprochen werden. Vorbereitung und Vorsichtsmaßnahmen. Zunächst ist es notwendig, dass die Schule ein allgemeines Konzept oder eine allgemeine Vorgehensweise erarbeitet, die allen Kollegiumsmitgliedern bekannt ist und das Verhalten der Lehrer in solchen extremen Situationen regelt. Dabei hat es sich als günstig erwiesen folgende Richtlinien zu beachten:

!"Entwickeln sie genaue Kriterien dafür, wann der „Notfallplan“ zum Einsatz kommt

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!". Prinzipiell sollte in Notfallsituationen ein zweiter Lehrer zur Hilfe geholt werden. In Krisensituationen muss der Lehrer auf viele verschiedenen Aspekte der Situation reagieren, etwa die Sicherheit des betroffenen Schülers ebenso wie die der anderen Schüler im Auge behalten und diesbezüglichen Entscheidungen treffen und realisieren. Damit ist eine einzelne Person in der Regel überfordert. Allerdings ist das Hinzuziehen eines zweiten Lehrers nicht ganz unproblematisch, weil viele Lehrer das als Eingeständnis eigenen Versagens auffassen zumal, wenn es sich bei dieser zweiten Person um den Schulleiter handelt. Es ist daher notwendig, diese Strategie im Kollegium genau zu besprechen und auf vorhersehbare Schwierigkeiten aufmerksam zu machen.

!"Entwickeln Sie eine Vorgehensweise, wie eine zweite Person schnell und sicher benachrichtigt werden kann.

!"Planen Sie, wo der Schüler unmittelbar im Anschluss untergebracht werden soll, wie er beaufsichtigt und wie beschäftigt wird.

!"Planen Sie, in welchem Fall die Polizei zu benachrichtigen ist. Sprechen sie ihre Kriterien mit der örtlichen Polizei ab und versichern sich im Vorfeld, deren Unterstützung.

!"Informieren Sie die Schulaufsicht und die Eltern. Kurzfristige Interventionen. In aller Regel ist das unkontrollierte Verhalten eines Schülers in dieser Situation nicht mehr zu beeinflussen. Alle kurzfristigen Maßnahmen müssen sich zu diesem Zeitpunkt entsprechend auf Aspekte der Sicherheit richten: Sicherheit der anderen Schüler, Sicherheit des betroffenen Schülers und möglicherweise die Sicherheit des Lehrers.

!"Isolieren Sie den Schüler. Wenn es sich um junge Schüler handelt und eine Gefährdung anderer aus diesem oder anderen Gründen auszuschließen ist, versuchen Sie die Aufmerksamkeit der anderen Schüler vom Geschehen durch einschneidendende Maßnahmen abzulenken. Wenn das nicht möglich ist, bringen Sie die anderen Schüler aus der Klasse. Versuchen Sie nicht den Schüler mit Gewalt aus dem Raum zu bringen. Sorgen Sie dafür (s.o.), dass der Schüler während dieser Zeit durch eine zweite Person beaufsichtigt wird.

!"Informieren Sie Eltern !"Informieren sie ggf. die Polizei. !"Schließen Sie den Schüler kurzfristig vom Unterricht aus. !"Halten Sie den Zwischenfall schriftlich fest.

Langfristige Interventionen. Gibt es wiederholt Situationen, in denen das Verhalten eines Schülers bis zum Extrempunkt eskaliert, ist das ein klares Zeichen dafür, dass die angewandten Maßnahmen wirkungslos sind. In diesem Fall sollte überlegt werden:

!"Sind die vorgeschlagenen Maßnahmen angemessen realisiert worden? Denken Sie daran, dass es schwierig ist die angesprochenen Strategien ohne systematisches Training richtig anzuwenden.

!"Gibt es zusätzliche angemessene Unterstützungsmöglichkeiten? !"Können Sie die Eltern in die Intervention einbeziehen? !"Gibt es außerschulische Einrichtungen, Beratungsstellen etc, die eine angemessene

Behandlung durchführen oder unterstützen können.

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Strategien Phase sechs - Deeskalation

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Verwirrung2. Versöhnliches Verhalten3. Rückzug4. Verleugnung

5. Die Schuld auf andere schieben6. Ansprechen auf Anweisungen7. Ansprechen auf mechanische/

manipulative Aufgaben8. Vermeidung von Diskussionen

Schüler zeigt verwirrtes Verhalten

Das extreme Verhalten des Schülers wird nach einiger Zeit mit Sicherheit nachlassen, entweder aufgrund der angewandeten Verfahrensweisen, oder aufgrund einsetzender Erschöpfung. Die folgenden Maßnahmen haben das Ziel das Verhalten des Schülers nach einem ernsthaften Zwischenfall zu beeinflussen: (1) Isolieren Sie den Schüler; (2) geben Sie ihm etwas Zeit sich zu beruhigen; (3) geben Sie ihm eine Aufgabe, die er selbständig in einer angemessenen Zeit lösen kann und die ein greifbares Ergebnis hat; (4) veranlassen Sie den Schüler, das Verhaltensformblatt auszufüllen. (5) Lassen Sie die Ordnung im Klassenraum wieder herstellen, (6) fahren Sie mit dem normalen Unterricht fort. Isolieren Sie den Schüler: Der Schüler sollte in eine Umgebung gebracht werden, in der er isoliert von anderen Schülern ist, aber beaufsichtigt werden kann: Ein Raum oder ein Bereich in der Nähe des Lehrerzimmers oder ein Nebenraum des Klassenzimmers sind ausreichend. Es ist wichtig, dass kein Kontakt zu anderen Schülern stattfinden kann. Geben Sie dem Schüler etwas Zeit, sich zu beruhigen: Nach einem schweren Zwischenfall braucht der Schüler eine gewisse Zeit der Ruhe aus verschiedenen Gründen: (1) um sich zu beruhigen, (2) um eine erneute Eskalation zu vermeiden, (3) um ihm die Möglichkeit zu geben sich zu sammeln und (4) ihm die Möglichkeit zu geben, sein Gesicht zu wahren. Geben Sie ihm eine Aufgabe, die er selbständig in einer angemessenen Zeit lösen kann und die ein greifbares Ergebnis hat: Der Zweck dieser Maßnahme besteht darin, den Schüler zu kooperativem Verhalten und konzentrierterem Verhalten zu veranlassen. Die Aufgabe sollte relativ leicht und mechanisch sein. Es sollte keinerlei Hilfe oder Unterstützung gewährt werden, weil sonst die Gefahr besteht, dass die damit verbundene Interaktion zu erneutem Problemverhalten führt. Legen Sie eine bestimmte Zeitspanne fest (etwa 20 Minuten) und sagen Sie dem Schüler, dass sie nach dieser Zeit ein Ergebnis sehen wollen (etwa eine Seite leichterer Mathematikaufgaben o.ä.).

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Veranlassen Sie den Schüler, das Verhaltensformblatt auszufüllen: Der Schüler sollte im Anschluss ein Verhaltensformblatt (s.u.) oder eine vergleichbare Problembeschreibung schriftlich vornehmen. Diese Aufgabe hat einmal den Sinn Selbstkontrolle und Veränderungsbemühung zu fördern. Zum anderen hat der Lehrer die Möglichkeit, - wie schon bei dem vorherigen Schritt - die Kooperationsbereitschaft des Schülers einzuschätzen. Wenn der Schüler sich weigert, die Anforderung zu erfüllen oder es nur in einer oberflächlichen und unangemessenen Form tut, wird er sich wahrscheinlich auch nach der Rückkehr in seine Klasse nicht kooperativ verhalten. In diesem Fall sollte der Schüler für eine längere Zeit isoliert bleiben. Wenn ein Schüler nicht über die notwendigen Fähigkeiten für eine schriftliche Beantwortung der Fragen verfügt, kann der Lehrer sie ihm mündlich stellen und die Antworten festhalten. Lassen Sie die Ordnung im Klassenraum wieder herstellen: Falls der Schüler die Klasse in Unordnung versetzt hat, sollte er die ursprüngliche Ordnung wieder herstellen. (Stühle aufheben, aufräumen, saubermachen etc.). Wenn der Schüler sich bei den vorherigen Schritten kooperativ verhalten hat, wird er sich jetzt wahrscheinlich ebenso verhalten. Fahren Sie mit dem normalen Unterricht fort: Bis jetzt hatte der Schüler Gelegenheit sich zu beruhigen. und seine Kooperationsbereitschaft bei drei Anforderungen zu zeigen (Aufgabenbearbeitung, Problembeschreibung, Wiederherstellen der Ordnung). Man kann daher davon ausgehen, dass er bei der Rückkehr in die Klasse ebenso kooperativ ist. Der Lehrer sollte allerdings daran denken, dass viele der betroffenen Schüler jetzt Schwierigkeiten bei Aufgaben haben, die eine Interaktion mit den Klassenkameraden einschließen, etwa sich an Diskussionen oder kooperativen Lernaktivitäten zu beteiligen. Eine Aufgabe, die sie unabhängig von anderen bearbeiten können, ist jetzt die angemessene Beschäftigung.

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Strategien Phase sieben - Erholung

Intensität

1. Ruhe

2. Auslöser

3. Erregung

4. Akzeleration

5. Höhepunkt

6. Deeskalation

7. Erholung

Zeit

1. Interesse an unabhängiger Arbeit/ Aktivität2. Eingeschränktes Verhalten in Arbeitsgruppen3. Eingeschränkte Beteiligung an Klassendiskussionen4. Defensives Verhalten5. Vermeidung von Gesprächen über den Vorfall

Schüler weigert sich zu diskutieren oder zu interagieren

In dieser Schlussphase des Verhaltenskreislaufs befindet sich der Schüler wieder in der normalen Klassenumgebung. Nun kommt es darauf an, (1) dem Schüler zu helfen, sich auf die ablaufenden Aktivitäten zu konzentrieren, (2) den Verhaltenskreislauf zu rekonstruieren und (3) mögliche Lösungen des Problems zu entwickeln. Konzentrieren Sie sich auf den Ablauf des normalen Unterrichtsgeschehens: Das primäre Ziel muss jetzt sein, dem Schüler zu helfen, sich an den laufenden Aktivitäten der Klasse zu beteiligen und aufgabenbezogenes Verhalten aufrecht zu erhalten. Geben Sie entsprechende Hinweise und kurze verbale Unterstützung (Lob). Manche Schüler wollen zu diesem Zeitpunkt über den Vorfall reden, vor allem darüber, wer die Schuld für das Geschehene trägt. In diesem Fall sollten sie den Schüler kurz auf ein späteres Gespräch verweisen. „ Wir werden nachher darüber reden, jetzt konzentrieren wir uns auf Mathe.“ Verhandeln Sie nicht über die Konsequenzen für das vorausgegangene Verhalten: Einige antisoziale Schüler haben wahrscheinlich gelernt, dass sie mit Erwachsenen über die Konsequenzen ihres Verhaltens verhandeln können, wenn sie sich im Anschluss kooperativ verhalten. Lehrer sollten sich grundsätzlich nicht auf solche Versuche einlassen. Die Konsequenzen, die auf unangemessenes Verhalten folgen, sollen dem Schüler verdeutlichen, welches Verhalten in der gegebenen Situation inakzeptabel ist. Wenn solche Konsequenzen später verhandelt werden besteht die Gefahr, dass die Schüler daraus lernen, dass es möglich ist auch sehr problematisches Verhalten zu zeigen, wenn man sich im Anschluss kooperativ verhält. Nachbesprechung: Unglücklicherweise wird dieser Schritt oft ausgelassen. Möglicherweise ist der Lehrer froh darüber, dass der betroffene Schüler sich wieder beruhigt hat und er befürchtet neue Auseinandersetzungen, falls er den Schüler anspricht. Allerdings sollte nach ernsten Zwischenfällen niemals auf eine Nachbesprechung

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verzichtet werden, da es sehr wahrscheinlich ist, dass die gleichen Umstände, die das eskalierende Verhalten ausgelöst haben, erneut eintreten. Es ist daher notwendig mit dem Schüler die Verhaltenskette zu analysieren, mögliche Auslöser zu identifizieren und Alternativen zu entwickeln, möglicherweise auch einzuüben. Solche Nachbesprechungen sollten erst dann stattfinden, wenn der Schüler für einen gewissen Zeitraum, mindestens eine halbe Stunde lang, wieder in den normalen Ablauf der Klassenaktivitäten integriert ist. (vgl. Strategien für Phase eins, S.) Unterstützen Sie vehement alle Versuche der Selbstkontrolle: Wenn es Schülern gelingt sich in Situationen, die zuvor problematisches Verhalten ausgelöst haben, angemessen zu verhalten, sollte der Lehrer für massives Lob und Anerkennung sorgen. Vermitteln Sie dem Schüler positive Erwartungen: Schüler, die sich häufig antisozial verhalten, haben oft nur geringes Vertrauen in ihre Fähigkeit, ihr Verhalten ändern zu können. Die meisten von ihnen haben bereits Dutzende von Gesprächen über ihr Verhalten geführt und Änderung gelobt, ohne dass das Erfolg gehabt hätte. An diesem Punkt sollte der Lehrer (1) den Schüler ermutigen es weiter zu versuchen und (2) besprechen, wie er den Schüler bei seinen Bemühungen unterstützen kann. Entwickeln Sie eine konkrete Vorgehensweise mit spezifischen Schritten: Die Nachbesprechung sollte zu einer Übereinkunft darüber führen, dass der Schüler konkrete Schritte zur Problemlösung unternimmt (im wesentlichen für bestimmte auslösende Situationen alternative Verhaltensweisen auswählen und anwenden). Der Lehrer sollte darauf achten, dass der Plan hinreichend konkret ist und die Umsetzung ausreichend kontrolliert werden kann.

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Verhaltenkorrekturblatt: Name:________________________________ Datum:_____________ Wie hast du dich verhalten? _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ Was war dein Problem, was wolltest du? _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ Wie könntest du dich bei einer ähnlichen Situation in Zukunft verhalten? _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ Wie solltest du dich in einer ähnlichen Situation in Zukunft verhalten? _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ Kannst du dich angemessen verhalten? _____ Ja ______Nein Unterschrift: Schüler____________________________Lehrerin___________________________

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Literatur Colvin, G. (1992). Managing Acting-Out Behavior. A Staff Development

Program To Prevent and Manage Acting-Out Behavior. Longmont, CO: Sopris West.

Walker, H.M., Colvin, G. & Ramsey, E. (1995). Antisocial Behavior in School: Strategies and Best Practices. Pacific Grove, CA: Brooks/Cole.

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Informationen für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen

Stand: April 2000

Heft 19 Gesprächsvorbereitung in der Schule: Ein Abschlußpapier für Trainingsseminare

1989

Heft 21 Wer sind eigentlich unsere Klienten? 1990 Heft 24 Veränderte Lebenswelt, veränderte Kinderwelt, veränderte Lernwelt Heft 27 Struktur-Lege-Technik in der schulpsychologischen Beratung 1991 Heft 29 Ausgangsbedingungen und Ansatzpunkte der schulinternen und

schulkooperierenden Beratung

Heft 30 Motorische Unruhe und Hyperaktivität 1992 Heft 32 Systemorientierte Schulberatung und Schulberatung im System Heft 34 Organisationsberatung und Einzelfallhilfe. Zur Vereinbarkeit

schulpsychologischer Rollen

Heft 35 Pädagogische Konferenzen zur Linkshändigkeit Heft 37 Kooperationsstruktur an der Schule – Ein Ansatz zur

Gewaltprävention

Heft 38 Schulpsychologische Arbeit vor Ort – Neue Erfahrungen und Weiterentwicklung des Konzepts

Heft 39 Suizidpräventionsprogramme in der Schule 1994 Heft 40 Beiträge der Schulpsychologie zur Kooperation und Innovation in

Schulen 1995

Heft 41 Über Kinder, die auf ihren Ohren sitzen. Auditive Wahrnehmung in der Schule

Heft 42 Was leistet die Schulpsychologie? 1996 Heft 43 Gewalt und aggressives Verhalten bei Kindern und Jugendlichen.

Eine kritische Diskussion und ein alternatives Erklärungsmodell 1997

Heft 44 Die Behandlung aggressiver/oppositioneller Kinder. Empirische Befunde und schulische Interventionsmöglichkeiten

1998

Heft45 Computerprogramme für die Lese-Rechtschreibförderung. Bestandsaufnahme und Perspektiven

1999

Heft 46 Aggressives Verhalten im Klassenraum. Ein Modell zur Beschreibung und Behandlung von ausagierendem Verhalten nach Geoffrey Colvin

2000

Bezug: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 59491 Soest - DM 3,-- je Heft