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Landschafts- wasserhaushalt – Wo bleibt das Wasser? Dokumentation einer Veranstaltung „Treffpunkt Landtag“ der SPD-Landtagsfraktion Brandenburg

Landschafts- wasserhaushalt – Wo bleibt das Wasser?publ.ext.zalf.de/web/lsa_ergebnisse_agstruk_indikatoren/... · 2014-05-14 · Gesamtherstellung:kai weber medienproduktionen Hebbelstraße

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Landschafts-wasserhaushalt –

Wo bleibt das Wasser?

Dokumentation einer Veranstaltung „Treffpunkt Landtag“der SPD-Landtagsfraktion Brandenburg

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Impressum

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion BrandenburgAm Havelblick 8, 14473 PotsdamTel: 03 31/9 66 13 40, Fax: 03 31/9 66 13 41V.i.S.d.P.: Wolfgang Klein, Parlamentarischer Geschäftsführer

Redaktion: Birgit Korth, Gregor PrinzensingGesamtherstellung: kai weber medienproduktionen

Hebbelstraße 39, 14469 PotsdamTel.: 03 31/2 00 87 22, Fax: 03 31/2 00 87 24www.weber-medien.de

Bildnachweis: Landesumweltamt Brandenburg, GlaserAuflage: 2.000 StückStand: Oktober 2001

Diese Broschüre wurde auf 100 Prozent Recyclingpapier gedruckt.Sie ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der SPD-Landtagsfraktion, die Abgabe erfolgtkostenlos.

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Inhaltsverzeichnis

Begrüßung durchden Vorsitzenden der SPD-Fraktion Gunter Fritsch 5

Herr Prof. Matthias Freude (Präsident des Landesumweltamtes),Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg:Situationsanalyse und Ausblick 7

Dr. Werner Lahmer (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung)Klimaänderungen und Wasserhaushalt: Beispiel Brandenburg 27

Lukas Landgraf (Landesumweltamt Brandenburg,Referat Ökologische Grundlagen (Q 1), Abteilung Ökologie und Umweltanalytik)Tätigkeitsbericht der Projektgruppe „Landschaftswasserhaushalt“ 39

Rocco Buchta (Leiter des Naturparks Westhavelland)Wassermanagement und Landnutzung in Feuchtgebietenam Beispiel der Unteren Havelniederung 55

Karsten Laudahn (Landwirt)Mutterkuhhaltung auf grundwasserbeeinflussten Standorten:Beispiel Nuthe-Nieplitz-Niederung 67

Horst Gebert (Berliner Stadtgut Großbeeren)Auswirkungen verbesserter Wasserrückhaltung auf den Ertrag von Grünlandflächen am Beispiel der Großbeerener Grabenniederung 71

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Prof. Dr. Jürgen Hahn (Humboldt-Universität zu Berlin)Dr. rer. agr. Annette Prochnow (Institut für Agrartechnik Bornim)Verfahren der feuchtgebietangepassten Landnutzung:Beispielsprojekt moorschonende Landnutzung in derNuthe-Nieplitz-Niederung 79

Dr. Frank Eulenstein (Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung [ZALF] e.V., Institut für Landnutzungssysteme und Landschaftsökologie)Grundlagen und Möglichkeiten zur Verbesserung desWasserrückhaltes auf grundwasserfernen Standorten 89

Walter Thiel (Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern)Das Moorschutzkonzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern –Chancen für die Landnutzung und die Umwelt 107

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Meine Damen und Herren,

ich begrüße Sie herzlich zum Treffpunkt Landtag.Im Faust heißt es: Blut ist ein ganz besondererSaft. Das scheint für Wasser auch zuzutreffen.Denn so viele Gäste hatten wir lange nicht mehrzu einem Thema. Der Volksmund fasst das sehrtreffend zusammen: Ohne Wasser – merkt euchdas – wär unsere Welt ein hohles Fass. Ich glaube,in diesem Spruch steckt sehr viel Wahrheit.

Wir haben heute zum Thema „Landschaftswas-serhaushalt“ eingeladen, nicht zum Thema „Abwasser“, damit hier gar keineVerwechslungen auftreten. Das Thema „Abwasser“ ist auch ein wichtigesThema, es wird auch mit hoher Intensität vom MLUR bearbeitet, ich glaubeauch mit Erfolgen. Trotzdem gibt es eine Schnittstelle und das ist die Frage:Was machen wir denn mit dem Wasser, das aus den Kläranlagen rauskommt,vielleicht auch in die Landschaft geht. Dazu haben wir noch einen Beitragheute aus Großbeeren, den der Kollege Gebert halten wird. Ansonsten bleibtdie Abwasserproblematik heute außen vor, denn es soll um das Wasser in derLandschaft gehen. Sie können an den Redebeiträgen unschwer erkennen, wievielseitig dieses Thema ist. Das geht von der Frage Wasserhaushalt in derFläche, Interessen der Landwirtschaft bei diesem Thema bis hin zu den Fluss-ausbauten, Nutzung der Wasserstraßen – auch ein hoch spannendes und nichtganz streitloses Thema.

Wir haben eine Ausgangssituation, die sehr viele schützenswürdige Flächenauf uns übertragen hat … Es war ja nach der Wende nicht so, dass hier ange-fangen werden musste, Flächen schutzwürdig zu gestalten, sondern was wirnach der Wende vorgefunden haben, war eine Landschaft, die durch ihre bis-herige Nutzung, Pflege und auch den Schutz, den sie erfahren hat, dazugeführt hat, dass Brandenburg eines der Länder mit den meisten Anteilen anSchutzgebieten in Deutschland überhaupt ist. Wenn wir uns anschauen, wiemühsam die Prozesse von Schutzgebietsausweisungen in anderen Bundeslän-dern vorgehen, dann können wir mit Recht sagen, Brandenburg nimmt hier

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Gunter FritschVorsitzender der SPD-Fraktionim Landtag Brandenburg

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einen Spitzenplatz ein, und das durch die vorangegangene Art der Nutzung.Hier haben wir also eine gute Ausgangssituation, die es gilt, nicht zu ver-schlechtern, die aber natürlich auch die Forderung stellt, durch die Nutzungder Fläche den Schutz zu organisieren. Wir sind auf jeden Arbeitsplatz ange-wiesen, der in Brandenburg erhalten werden kann.

Beim Thema „Wasserstraßen“ kommen wir sehr schnell zu der Frage: Sinddie Eingriffe, die hier vorgesehen und geplant sind – eines der heißesten The-men ist ja das Projekt Deutsche Einheit Nr. 17 – Havelausbau –, gerechtfer-tigt? Machen sie mehr Schaden als Nutzen? Und da kommt dann auch wie-der die Frage: Wie erreichen wir denn, dass Verkehr von der Straße auf dieSchiene verlagert wird, das ist eine Forderung und auf die Wasserstraße, dasist die andere Forderung. Reicht dazu ein Ausbau von Wasserläufen? Wirsehen, wie wenig Schiffe im Süden Deutschlands auf dem Main-Donau-Kanalfahren. Mit viel Aufwand ist da ausgebaut worden, braucht hier die Politiknicht noch einmal Hebel zu finden, die sie ansetzen kann? Der Bundesver-kehrsminister Bodewig ist gerade dabei, laut über eine LKW-Maut nachzu-denken. Wird er die Kraft und den Mut haben, so etwas durchzusetzen, umeben auch einen ökonomischen Druck in diese Richtung zu erzeugen? Dennes macht keinen Sinn, Verkehrswege mit viel Steuergeldern auszubauen undvorzuhalten, die dann nicht genutzt werden. Würden sie aber genutzt, bietensie natürlich ein günstiges, ökologisch günstiges Verkehrsmittel an, was viel-leicht dazu führt, dass auf der Straße nicht mehr so viel Verkehr vonstattengeht wie bisher. Das ist ein weiter Bogen, von dem ich glaube, dass Vielesdavon heute angesprochen werden wird. Ich glaube auch, es wird heute nichtszur Entscheidung geführt werden, dafür sind Veranstaltungen wie der „Treff-punkt Landtag“ auch nicht gedacht. Sie dienen der Meinungsbildung, sie sol-len die Vielfalt der Argumente deutlich machen. Denn wenn ParlamentarierEntscheidungen treffen sollen und übersehen wichtige Argumente undZusammenhänge, dann sind sie schlecht beraten und können nicht sachkun-dig entscheiden. Ich wünsche uns also einen interessanten Vortragsreigen,und wenn die Zeit dazu reicht, eine spannende Diskussion, um daraus späterdie richtigen Entscheidungen treffen zu können.

Viel Erfolg für den heutigen Tag!

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Herr Prof. Matthias Freude (Präsident des Landesumweltamtes)

Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg:Situationsanalyse und Ausblick

Es braucht gute Gründe, wenn man in einem gewässerreichen Land wie Bran-denburg über Landschaftswasserhaushalt reden muss. Haben wir nicht in allenLebensbereichen ausreichend Wasser zur Verfügung? Hat sich nicht unserWasserverbrauch in den 90er Jahren deutlich reduziert? Weshalb es dennochkeinen Grund zur Entwarnung gibt, soll im folgenden gezeigt werden.

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Abbildung 1: Oberflächengewässer in Brandenburg

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Bei einem Blick auf die Karte Brandenburgs (Abb. 1) mit den Oberflächenge-wässern gewinnt man unwillkürlich den Eindruck, dass sich viel Wasser in derLandschaft befindet. Ein dichtes Netz an Fließgewässern mit insgesamt32.000 km Fließstrecke durchzieht die Landschaft. Mit 2803 Gewässern > 1ha ist Brandenburg eines der gewässerreichsten Bundesländer. 4 % der Lan-desfläche sind Seen. Mehr als ein Drittel aller natürlichen Seen Deutschlands> 1 Hektar befinden sich in Brandenburg. Dennoch leiden wir vielerorts anWassermangel. Woran liegt das?

Rahmenbedingungen und Trends

Eine Erklärung bietet der Blick auf die Niederschlagsverteilung in Deutsch-land (Abb. 2). Zwischen 1961 und 1990 betrug der mittlere Niederschlag inDeutschland 790 mm. Hohe Niederschlagswerte finden sich im WestenDeutschlands. Der Osten weist einen Übergang zum kontinentalen Klima,sogenanntes subkontinentales Klima auf. Schwerpunkte geringer Nieder-schläge sind die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Für Brandenburg betrug der mittlere Niederschlag lediglich 615 mm. Gerin-ger Niederschlag bedeutet gleichzeitig weniger Grundwasserneubildung. Fürdie Zeit von 1961 bis 1990 kamen im Mittel etwa 105 mm des Niederschla-ges zum Abfluss. Daraus resultierte eine Verdunstung von etwa 510 mm.Betrachtet man den Abfluss von ganz Deutschland, ergibt sich mit 299 mmfür Brandenburg ein Defizit von 194 mm. Die Höhe der Verdunstung von492 mm im Bundesdurchschnitt ist mit brandenburgischen Verhältnissen ver-gleichbar. Die Flusseinzugsgebiete in Brandenburg zeichnen sich also durchsehr niedrige Abflussspenden aus. Tabelle 1 zeigt dazu einen Vergleich mitanderen Flusseinzugsgebieten in Westdeutschland.

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Matthias Freude

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Tabelle 1

Die Einzugsgebiete Brandenburger Oberflächengewässer weisen sowohl inihrer mittleren Abflusshöhe als auch der Abflussspende weitaus geringereWerte (1/2 bis 1/3) als vergleichbare Flusseinzugsgebiete in den Altbundes-ländern auf.

Viel hängt in Zukunft davon ab, einen möglichst großen Anteil des Nieder-schlages für die Grundwasserneubildung zu nutzen bzw. in der Landschaft zuspeichern. Wenn sich eben nur eine geringe Wassermenge im Kreislauf befin-det, muss diese sehr rationell eingesetzt werden. Wasserverschwendung kannman sich dann erst recht nicht leisten. Für die Niederschlagsmenge lässt sichaus der Reihe von 1901 bis 2000 an der Station Potsdam kein signifikanterTrend erkennen. Bei der Betrachtung der Entwicklung der Niederschlagsver-hältnisse im Sommer- und Winterhalbjahr wird jedoch eine Verlagerung derNiederschläge zugunsten der Winterniederschläge deutlich. Im Zeitraum von1901 bis 2000 stiegen die Winterniederschläge bezogen auf den Mittelwertum 12 %, während die Sommerniederschläge in gleichem Umfang zurück-gingen. Das ist durchaus ein deutschlandweiter Trend. Bei der Betrachtungkürzerer Zeitreihen des Niederschlags treten stärkere Rückgänge auf, diejedoch statistisch nicht signifikant sind. Im Zeitraum von 1980 bis 1999 gingdie Jahressumme des Niederschlags z. B. um 28 % zurück.

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

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In dem vergangenen Jahrhundert beobachteten Klimaexperten besorgt welt-weit einen eindeutigen Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um etwa 1 K.Von dieser Entwicklung sind auch Deutschland und Brandenburg erfasst.

Der Jahresmittelwert der Lufttemperatur weist in der Reihe von 1901 bis2000 an der Station Potsdam einen signifikanten, positiven Trend von etwa0,01 K/a bzw. 9 % des langjährigen Mittelwertes auf (Abb. 2). Der Anstieg dermittleren Lufttemperatur führt auch zu einem geringen positiven Trend derpotenziellen Verdunstung, der in der Reihe von 1901 bis 2000 jedoch nichtsignifikant ist (in LUA 2001 c).

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Matthias Freude

Abbildung 2: 100-jähriger Jahrestemperaturverlauf an der Station Potsdam

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das niederschlags- und ab-flussarme Brandenburg?:

Steigt die mittlere Jahrestemperatur, wird sich vor allem die sommerlicheVerdunstung erhöhen. Die Grundwasserzehrung im Sommer nimmt dadurchzu. Niedrigwasserereignisse – wie das im Frühjahr 2000 – werden sich häufen,da der Abfluss zunehmend vom Grundwasserabstrom dominiert wird. Dannsinken die Grundwasserstände in den Niederungen. Davon werden unsere

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Ökosysteme und der wirtschaftende Mensch direkt betroffen sein. Langfristigwird u. U. sogar die Grundwasserneubildung gefährdet. Dann sinken auch aufden Hochflächen die Grundwasserstände deutlicher als bisher. Daraus ergibtsich für uns eine noch höhere Bedeutung winterlicher Wasserspeicherung inder Landschaft, d.h. die Überschussphase im Winter muss noch effektiver zurLinderung von Wasserdefiziten im Sommer genutzt werden. Über die regio-nale Verteilung derartiger Defizite gibt die Karte der klimatischen Wasserbi-lanz Auskunft (Abb. 3).

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

Abbildung 3: Klimatische Wasserbilanz in Brandenburg

Brandenburg nimmt also eine Sondersituation in Deutschland ein, undgerade in den letzten 20 Jahren kann man eine deutliche Entwicklung beob-achten. In Sachsen-Anhalt ist die Niederschlagsmenge zwar ähnlich niedrigwie in Brandenburg, aber dort haben die Böden eine wesentlich höhere pflan-zenverfügbare Feldkapazität, so dass die brandenburgischen Probleme dortnicht so gravierend auftreten. Anschließend werden Auszüge aus einer detail-lierten Situationsanalyse vorgestellt:

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Grundwasser

Für die Situationsanalyse wurden ca. 1.000 Grundwassermessstellen im ober-sten Grundwasserleiter hinsichtlich des Trends ausgewertet (LUA 2001 b).Da nicht mit einem einheitlichen Trend über längere Zeiträume gerechnetwerden kann, wurden 4 Zeitreihen gewählt. Die mit 40 Jahren längste Zeit-reihe weist einen geringen Rückgang des Grundwasserstands in Brandenburgauf. Deutliche Absenkungen fanden zwischen 1980 und 1990 statt. Der nega-tive Trend tritt verstärkt bei Hochflächen auf. In den Niederungsgebieten istder fallende Trend abgeschwächt zu sehen und hat sich mit Beginn der 90erJahre gebietsweise in einen positiven Trend umgekehrt. Bei der Beurteilungdieser Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass in den 60er und 70er Jah-ren, zu Beginn der Messungen, keine natürlichen Verhältnisse mehr im Land-schaftswasserhaushalt gegeben waren. Längst hatte man seit Anfang der 60erJahre mit intensiven Komplexmeliorationen in den Niederungen die dortigenGrundwasserstände erheblich abgesenkt. Viele Flächen wurden dadurch erstintensiv bewirtschaftbar. Natürlich kostete diese intensive Entwässerung vielGeld. Damals wurde das alles staatlich gefördert. Heute überlegt man sichzweimal, ob man in Grenzertragsstandorte weiterhin soviel investiert. Durchden Ertrag auf diesen entwässerten Flächen müssen sich die Kosten zur Ent-wässerung und Gewässerunterhaltung abdecken lassen. Einige Niederungs-standorte haben daher in den 90er Jahren steigende Grundwassertrends. Inden Niederungen ist ein für die Landschaft und den wirtschaftenden Men-schen vorteilhaftes Maß noch längst nicht erreicht.

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Abbildung 4: Trend im ersten Grundwasserleiter von 1970 bis 1999

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

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Abbildung 5: Trend im ersten Grundwasserleiter von 1990 bis 1999

Die Auswertung langjähriger Ganglinien zeigt überwiegend schwach fallendeTrends. Die wenigen stark fallenden bzw. steigenden Trends sind auf anthro-pogene Ursachen zurückzuführen (z. B. Wasserwerke, Bergbau, Einstellungder Rieselfeldbewirtschaftung). Der Grundwasserstand stabilisiert sich lan-desweit auf einem Niveau, das unter den Wasserständen vor 1970 liegt.

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Für die Extremtrends sind folgende Ursachen verantwortlich:

Die langjährig steigenden Trends im südlichen Brandenburg sind überwie-gend anthropogen bedingt, z. B. durch Einstellung der Entwässerung derTagebaue (Sümpfungen und Flutungen). Der Grundwasserstand im Oder-bruch ist durch Schöpfwerke gesteuert. Während intensiver Landnutzung bisEnde der 80er Jahre wurde der Wasserstand im Oderbruch auf extrem nied-rigem Niveau eingeregelt. Nach der politischen Wende war diese intensiveForm der Wasserbewirtschaftung wirtschaftlich nicht mehr tragbar. DieGrundwasserstände steigen seither wieder in dieser Region. Sicher habenauch Maßnahmen im Rahmen von Vertragsnaturschutz und Kulturland-schaftsprogramm zur Verbesserung der Situation in Niederungen beigetra-gen. Extremtrends im Raum südlich Berlins sind auf die Rieselfeldbewirt-schaftung zurückzuführen. Weitere Extremtrends sind in der Umgebung desDosse-Speichers mit dessen Bewirtschaftung verbunden. Es verbleibenjedoch auch Trends, bei denen keine anthropogenen Ursachen zu erkennensind. Als Beispiel hierfür kann der Negativtrend im Fläming genannt werden.Die Ursachenanalyse ist noch nicht abgeschlossen.

Oberflächenwasser

Das Landesumweltamt hat die wichtigsten brandenburgischen Fließgewässerin ihrem Abflusstrendverhalten untersucht (LUA 2001 c).

Ein stabiles Abflussverhalten weisen Oder und Elbe auf. Natürlich habendiese großen Ströme auch größere Einzugsgebiete und eine damit verbun-dene stabilere Speisung. Große Anteile der Einzugsgebiete dieser Flüssebefinden sich in Mittelgebirgsregionen, die stabilere klimatische Bedingun-gen aufweisen.

Im Zeitraum von 1950 bis 1999 trat bei zwei der acht untersuchten Pegel(25 %) ein negativer Trend im Abflussverhalten auf. Es handelt sich dabei umdie Nuthe, Pegel Babelsberg und die Havel, Pegel Rathenow. Im Zeitraum1960 bis 1999 wiesen von den 14 untersuchten Pegeln nur vier (29 %) einen

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

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negativen Trend im Abflussverhalten auf. Es handelt sich dabei um Pegel vonHavel, Spree und Nuthe. Im Zeitraum von 1970 bis 1999 steigt der Anteil vonPegeln mit trendbehafteten Abflüssen auf 38 % der 39 untersuchten Pegel.Alle Pegel mit signifikantem Trend wiesen ein negatives Trendverhalten auf.Die stärksten relativen Trends pro Jahr wurden im Zeitraum 1970 bis 1999für das Greifenhainer Fließ am Pegel Müschen mit -2,9 %, das Hegenstein-fließ am Pegel Ravensbrück mit -2,8 %, das Fredersdorfer Fließ am PegelEggersdorf 2 mit -1,9 % sowie die Buckau am Pegel Birkenreismühle mit -1,6 % ermittelt.

Die beobachteten starken Schwankungen der Wasserstände und Abflüssekönnen in hohem Maße auf klimatische Gründe zurückgeführt werden. DemRückgang der Abflüsse im Zeitraum von 1980 bis 1999 um 50 % steht einAnstieg der potenziellen Verdunstung von 5 % und ein Rückgang der mittle-ren Jahresniederschläge um 28 % gegenüber.

Abbildung 6: Jahreswerte der MHQ-, MQ- und MNQ-Werte für die Havel, Pegel Rathenow.

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Wie die Darstellung der langjährigen Entwicklung der MHQ-, MQ- undMNQ-Werte für den Pegel Rathenow in Abb. 6 zeigt, sind vor allem im Ver-hältnis von MHQ- und MQ-Werten zu den Niedrigwasserabflüssen Verän-derungen eingetreten. So führen die niederschlagsreichen Jahre 1994/95 zueinem deutlichen Anstieg der Hoch- und Mittelwasserabflüsse, die Niedrig-wasserabflüsse steigen jedoch nicht im gleichen Maße wie bei ähnlichenAbflusssituationen in den 60er und 80er Jahren. Gründe für diese Entwick-lung sind weniger in den klimatischen Verhältnissen als vielmehr auch in denNutzungs- und Bewirtschaftungsverhältnissen begründet.

Sondersituation Braunkohle

Der Landschaftswasserhaushalt in den Einzugsgebieten von Spree undSchwarze Elster ist in den vergangenen Jahrzehnten stark durch die Entwick-lung der Braunkohleförderung beeinflusst und geschädigt worden.Großflächige Grundwasserabsenkungen bewirkten ein Defizit an statischemGrundwasservorrat von ca. 13 Mio. m3 bis Ende der 80er Jahre (LUA 2001 d).Dafür mussten jährlich 1,2 Mrd. m3 Wasser gehoben werden.

Der Absenkungstrichter der Spree, dem wichtigsten Zufluss zur Havel,erstreckt sich über ein Gebiet von 2 000 Quadratkilometer und ist mehr als70 Meter tief. Seit den 90er Jahren erhöhen sich die Grundwasserständedurch Flutung der Restlöcher wieder. Das Grundwasserdefizit schätzt manheute noch auf etwa 8 Mrd. m3, das ist etwa das Doppelte von dem, was dasgesamte Oderhochwasser von 1997 an Wassermassen gebracht hat. Soll derLandschaftswasserhaushalt in der Niederlausitz und im Flusseinzugsgebietvon Schwarze Elster und Spree wieder verbessert werden, muss die Auffül-lung des Defizits aus diesen Einzugsgebieten behutsam erfolgen und übereine längere Zeitspanne gestreckt werden. Nach Berechnungen der LAU-BAG (Abb. 7) würden die Spree und die Schwarze Elster ungefähr 20 Jahrebenötigen, um dieses Wasserdefizit aufzufüllen, die Elbe noch ein knappesJahr. Der gewaltige Amazonas hätte die Auffüllung immerhin erst in 32 Stun-den geschafft. Damit wird die Dimension des Grundwasserdefizites in derNiederlausitz deutlich.

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Ein komplexes Speichersystem ist für diese Aufgabe geschaffen worden. DasLandesumweltamt steuert dessen Bewirtschaftung in den nächsten Jahrzehn-ten mit Hilfe des Großraummodells ArcGRM.

Abbildung 7: Auffüllzeiten des Niederlausitzer Absenkungstrichters durch verschiedene Flüsse

Komplexmelioration

Bereits eingangs, bei der Betrachtung der Oberflächengewässer, verwundertedas dichte Fließgewässernetz in Brandenburg trotz der für Deutschlandunterdurchschnittlichen Abflusshöhen. Fließgewässer entstehen natürlicher-weise nur bei Vorhandensein von Wasserüberschuss in der Landschaft. DerRest bleibt in Form von Boden- und Oberflächenwasser zurück. VieleFeuchtgebiete entstanden so und sorgten ihrerseits für Wasserspeicherungund reduzierte Abflussbildung. Erst der Drang des Menschen zur Nutzungdieser unberührten Feuchtgebiete störte diese wasserhaushaltliche Balance.Etwa seit 300 Jahren werden in Brandenburg Niederungen und Feuchtge-biete großflächig entwässert. Den Höhepunkt bildete die in den 60er Jahrendiesen Jahrhunderts einsetzende Komplexmelioration. Die damalige DDRhatte sich das Ziel hundertprozentiger Eigenversorgung mit Lebensmittelngestellt. Dafür mussten auch die letzten Moore und Auen trockengelegt wer-

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den. Der Landschaftswasserhaushalt wurde in großem Stil verändert. Heutewissen wir, dass die Landschaft in ihren Funktionen dadurch stark geschädigtwurde.

Eine Bilanz lässt sich durch den Vergleich der Situation von 1700 (vor Beginngroßflächiger Entwässerungsmaßnahmen) mit dem heutigen Zustand derFeuchtgebiete ziehen. Dies ist in den Abbildungen 8 und 9 dargestellt.

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

Abbildung 8: Ausdehnung von Feuchtgebieten um 1700 in Brandenburg

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Abbildung 9: Ausdehnung von Feuchtgebieten und verändertes Gewässernetz heute in Brandenburg

Allein Moor- und Auenflächen hatten um 1700 eine Ausdehnung von mindestens 435.813 ha. Fließgewässer waren spärlich. Ihr Abfluss war geringaber gleichmäßig aufgrund der dominierenden Grundwasserspeisung. Kleine

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flache Fließe bremsten den Abfluss zusätzlich und sorgten so für Wasser-rückhaltung in der Landschaft. Dies änderte sich mit dem Ausbau des Gewäs-sernetzes und dem Umbau von Fließgewässern zu Entwässerungskanälen.Heute wird winterliches Überschusswasser und das Gebietswasser aus Nie-derungen und Feuchtgebieten beschleunigt abgeführt. Die Feuchtgebiete, alsnatürliche Speicher der Landschaft, sind großflächig verschwunden. Allein83 % der Moor- und Auenflächen erfüllen diese Wasserspeicherfunktionnicht mehr.

Landnutzung

Einen großen Einfluss auf den Landschaftswasserhaushalt hat die Landnutzung.

Hohe Grundwasserneubildung findet auf offenen, grundwasserfernen Sickerstandorten statt. Wald erhöht die Verdunstung, verbessert damit dasKleinklima und sorgt durch Wasserspeicherung für gleichmäßigen Abfluss.Die Grundwasserneubildung ist unter Wald geringer. Deutliche Unter-schiede zeigen verschiedene Waldtypen. Während in Buchenwäldern bis100 mm Grundwasserneubildung auftreten kann, ist die Neubildungsrate auf vergrasten Kiefernforststandorten nahezu bei 0 mm. Mit ausschlaggebendfür die Grundwasserneubildung ist das Verhältnis Waldfläche zu Offenland-fläche.

Dieses Verhältnis hat sich durch die Entstehung unserer heutigen Kultur-landschaft herausgebildet. Ökosysteme und der Landschaftswasserhaushaltstellten sich über Jahrhunderte darauf ein. An diesem Status sollte man dahernicht in Größenordnungen rütteln. Vielmehr sind qualitative Änderungen zurStabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes sinnvoll. Dazu gehört z. B.die Steigerung des Laubbaumanteils in der Forst sowie die Verbesserung vonWasserspeicherung und Sickerung auf landwirtschaftlichen Flächen.

Keinesfalls sollten Feuchtgebiete weiterhin so intensiv wie in der Vergangen-heit entwässert werden. Eine wichtige wasserwirtschaftliche Funktion derFeuchtgebiete ist der innerjährliche Ausgleich der Abflussdynamik. In den

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

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Phasen hoher Gebietsabflüsse halten Feuchtgebiete Wasser zurück, bremsenden Abfluss in die Vorfluter und erhöhen den Niedrigwasserabfluss. AlleFlächen mit oberflächennahen Grundwasserständen haben eine geringe bzw.negative Grundwasserneubildung. Feuchtgebiete gehören dazu. Das warschon immer so, da auf diesen Flächen die Verdunstung höher als auf grund-wasserfernen Standorten ist. Die Landschaft setzt sich aus Flächen mit Was-serüberschuss neben Gebieten mit Wasserbedarf zusammen. Falsch wäre es,um die Verdunstung in diesen Gebieten zu reduzieren, dort die Grundwas-serstände künstlich abzusenken. Das Ergebnis wäre, dass dieses Wasser, wasu. a. auch zur Veredlung in Biomasse hätte genutzt werden können, völligungenutzt abfließen würde. Ein Rückstaueffekt in die Hochflächen würdeausbleiben. Größere innerjährliche Grundwasserstandsschwankungen wür-den hierdurch provoziert werden.

Leider hört man das Verdunstungsargument heute immer noch, wenn es umden Schutz von Feuchtgebieten geht. Die eben beschriebene Situation hattenwir bereits „ausprobiert“. Man braucht nicht weit zurückzuschauen: Bis Endeder 80er Jahre wurden die Grundwasserstände in Niederungen möglichst tiefgehalten. Die Verdunstung wurde dadurch großflächig deutlich reduziert. Esgibt aber keine Belege dafür, dass der Wasserhaushalt davon profitiert hätte.Nicht berücksichtigt sind die erhöhten Stoffausträge durch die künstlich for-cierte Landschaftsentwässerung. Das trägt zur Alterung unserer Landschaftbei (Ripl 2000). Andere, wasserwirtschaftlich positive Wirkungen der Feucht-gebiete wie mesoklimatische Effekte oder Taubildung werden bislang noch zuwenig berücksichtigt.

Ausblick

Wie soll es weiter gehen: Gedanken werden wir uns um die Zukunft des dich-ten Entwässerungsnetzes mit den über 20.000 Stau- und Wehranlagenmachen müssen. Im Sinne einer nachhaltigen Landnutzung und des Ökosy-stemschutzes ist eine Reduzierung auf ein ausgewogenes Maß sinnvoll. Damitkönnen langfristige Unterhaltungskosten deutlich gesenkt werden.

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Ökologie, Landnutzung und Wasserwirtschaft brauchen aufeinander abge-stimmte Zukunftskonzepte. Es darf nicht – wie in der Vergangenheit – einZweig dem anderen untergeordnet werden. Daran muss gearbeitet werden.

Auf den Hochflächen kann eine standortangepasste Landnutzung viel zurVerbesserung des Landschaftswasserhaushaltes beitragen. Auch diese Maß-nahmen helfen langfristig Kosten zu sparen.

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

Abbildung. 10: Niederschläge an der Station Potsdam kumuliert von Januar bis Juni für 1995 bis 2000

Des öfteren wird die Meinung vertreten, Dürresituationen wie im Frühjahr2000 sind wir hilflos ausgeliefert. Die Niederschläge können wir nicht beein-flussen. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Ein etwas anderes Bild ent-steht beim Vergleich der aufsummierten (kumulativen) Niederschläge an derStation Potsdam für die letzten 6 Jahre. Zwar war die Niederschlagssummevon März bis Juni 2000 deutlich unter dem Durchschnitt, dennoch lag dieSumme der Niederschläge von Jahresbeginn an über denen der letzten 5Jahre (Abb. 10).

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Bis in den März hinein war überdurchschnittlich viel Niederschlag fürGrundwasserneubildung und Bodenspeicherung vorhanden. In der nieder-schlagsarmen Folgezeit war es nicht gelungen, diesen Wasservorrat bis etwaAnfang Juli zu speichern. Dann hatte sich die Niederschlagssituation wiedernormalisiert.

Zukunft haben Strategien, die uns zu dieser längeren Vorratshaltung befähi-gen. Die Fortführung intensiver Landschaftsentwässerung gehört sicher nichtdazu. Nicht alles Schlechte kommt in diesem Fall von oben!

Literatur

LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG (1999): Konzeptentwurf – Stabi-lisierung und Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes in Brandenburg,unveröff., ca. 200 S.

LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG [Hrsg.] (2001a): Flächen-deckende Modellierung von Wasserhaushaltsgrößen für das Land Branden-burg, Studien und Tagungsberichte, Band 27, 77 S.

LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG (2001 b): ZwischenberichtLandschaftswasserhaushalt – Situationsanalyse des oberflächennahen Grund-wassers, Referat W 4, unveröff., 24 S.

LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG (2001 c): Zwischenbericht Land-schaftswasserhaushalt – Situationsanalyse des Oberflächenwassers, Referat W4 und W 5, unveröff., 9 S.

LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG (2001 d): ZwischenberichtLandschaftswasserhaushalt – Bergbaufolgelandschaften, Referat W 10,unveröff., 4 S.

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Matthias Freude

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PROJEKTGRUPPE LANDSCHAFTSWASSERHAUSHALT (2001): Arbeits-bericht, unveröff.

RIPL, W. (2000): „Ohne Wasser merkt Euch das…“: Wenn landschaftlicherStoffwechsel und Wasserhaushalt zur Überlebensfrage werden und wie eineWende sogar wirtschaftlichen Nutzen machen könnte.- Landschaftspla-nung.NET 02/2000, http://www.lapla-net.de/texte/02_00.

WOHLRAB, BOTHO, ERNSTBERGER, HANS, MEUSER, ANDREAS UNDSOKOLLEK, VOLKER (1992): Landschaftswasserhaushalt, Verlag Paul Parey,352 S.

Anschrift des Autors:

Landesumweltamt BrandenburgProf. Dr. Matthias FreudeBerliner Str. 21 – 2514467 Potsdam

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Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg: Situationsanalyse und Ausblick

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Dr. Werner Lahmer, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)

Klimaänderungen und Wasserhaushalt: Beispiel Brandenburg

Spricht man über die Auswirkungen möglicher Klimaänderungen auf denLandschaftswasserhaushalt, so spielen u. a. Dürreperioden und -schäden,Wassermangel, zunehmende Niedrigwasserphasen im Sommer sowie Hoch-wasserabflüsse im Winter und Frühling sowie Absenkungen des Grundwas-serstandes eine wichtige Rolle. In Medienberichten wird deutlich, dass auchdie Öffentlichkeit zunehmendes Interesse an der Problematik „Klimaände-rungen und ihre Auswirkungen“ zeigt. Doch welche konkreten Auswirkungenkönnen Klimaänderungen auf regionaler Ebene haben? Da die wissenschaft-liche Beschäftigung mit diesem Thema aufgrund des Zeithorizonts nicht zuPrognosen (wie beim täglichen Wetterbericht), sondern lediglich zu Wahr-scheinlichkeitsaussagen führt, beeinflussen die angenommenen Randbedin-gungen sehr stark die Ergebnisse.

So könnte es auf der einen Seite durchaus sein, dass es in der Region Bran-denburg zukünftig nicht regnet, sondern nur noch „schüttet“ – ein Phäno-men, das auch mit der bereits jetzt beobachtbaren Verschiebung der Nieder-schläge vom Sommer- in das Winterhalbjahr in Zusammenhang steht. Alter-nativ ist in Zukunft eine Zunahme von Hitze und Trockenheit denkbar, mitentsprechenden Auswirkungen auf viele Lebens- und Wirtschaftsbereiche –so auch die Landwirtschaft. Neueste, auch am PIK berechnete Zahlen spre-chen von klimabedingten ökonomischen Auswirkungen auf die Weltwirt-schaft in der Größenordnung von mindestens 200 Milliarden DM pro Jahr,nimmt man in den nächsten 100 Jahren einen weltweiten Temperaturanstiegzwischen 1,4 und 5,6 Grad an.

Im vorliegenden Beitrag sollen die Ergebnisse einer Studie vorgestellt wer-den, die mittlerweile in gedruckter Form („Studien und Tagungsberichte“ Nr.27 des Landesumweltamtes Brandenburg – LUA) vorliegt. Mit ihr wurde derVersuch unternommen, eine wissenschaftliche Basis für in den nächsten Jah-ren anstehende politische Entscheidungen zum Thema „Landschaftswasser-

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haushalt in Brandenburg“ bereitzustellen. Dazu wurde im Rahmen einerKooperation zwischen dem LUA, dem ZALF Müncheberg und dem PIK dasgesamte Land Brandenburg flächendeckend modelliert. Ziel dieser Studiewar allerdings nicht die Analyse der Auswirkungen von Klimaänderungen aufden Wasserhaushalt. Deshalb sollen im zweiten Teil dieser AusführungenErgebnisse von Untersuchungen zu klimabedingten Auswirkungen auf denLandschaftswasserhaushalt vorgestellt werden, die vor etwa zwei Jahren unterVerwendung einer geringfügig anderen Datenbasis für Brandenburg durch-geführt wurden.

Die Beiträge des PIK zu der aktuellen Studie des LUA fallen vorwiegend inden Themenschwerpunkt „Einzugsgebiet und Niederung“. Hier geht es umdie Untersuchung großräumiger Wasserbilanzen bei Berücksichtigung dernaturräumlichen Besonderheiten, die Betrachtung von gesamten Einzugsge-bieten, um die großräumige Landschaftsnutzung und deren Auswirkungen aufden Landschaftswasserhaushalt, um Fragen der Grundwasserneubildung usw.

Im Rahmen der Studie sollten insbesondere folgende Fragen beantwortetwerden:

1. Welche Flächen haben die größte Bedeutung für die Grundwasserneubil-dung und -zehrung im Land Brandenburg?

2. Welche Rolle spielt hinsichtlich der Grundwasserneubildung das Verhält-nis Wald – Offenlandschaft – Versiegelung?

3. Wo liegen die größten Gefährdungspotenziale für die Funktionstüchtig-keit des Landschaftswasserhaushaltes?

4. Welche Rolle spielt die Niederschlagsverteilung in Brandenburg?5. Wodurch wird das Abflussgeschehen in Brandenburg beeinflusst?

Die wichtigsten Ziele der Untersuchungen waren:

1. die flächendeckende Ermittlung der räumlichen Variabilität und der quan-titativen Ausprägung verschiedener Wasserhaushaltsgrößen wie Nieder-schlag, Verdunstung, Sickerwasserbildung und Gesamtabflusshöhe für denZeitraum 1961 bis 1990,

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2. eine Darstellung der Ergebnisse sowohl in tabellarischer als auch in kar-tographischer Form,

3. der Vergleich unterschiedlicher Modellansätze sowie4. Empfehlungen an die Landespolitik zur Landnutzung, Wasserbewirt-

schaftung und Landschaftsplanung.

Voraussetzungen für eine Beurteilung aktueller Zustände, der Auswirkungenklimatischer Einflüsse oder potenzieller Maßnahmen in der Landschaft sindeine möglichst detaillierte Kenntnis der quantitativen räumlichen und zeitli-chen Ausprägung der verschiedenen Wasserhaushaltsgrößen, der Vergleichmit einem Referenzzustand und der Einsatz von Simulationsmodellen, die beihinreichend genauer Erfassung der räumlichen Variabilitäten auf der hierbetrachteten räumlichen Skala anwendbar sind. Soll ein Gebiet von 30. 000Quadratkilometern flächendeckend hydrologisch modelliert werden, sobenötigt man Wasserhaushaltsmodelle, die in der Lage sind, für solcheGebietsgrößen belastbare Ergebnisse zu liefern. Außerdem sind die Anforde-rungen an die räumlichen und zeitlichen Grundlagendaten der Größe desUntersuchungsgebietes anzupassen.

In die Simulationsrechnungen einbezogen wurden:

1. die meteorologischen Verhältnisse als wesentliche Triebkraft für dengesamten Wasserhaushalt,

2. die Landnutzung mit neun unterschiedlichen Landnutzungsklassen,3. Informationen über die Verteilung der Bodenarten,4. die Grundwasserflurabstände,5. eine topographische Karte,6. die Strukturierung Brandenburgs in hydrologische Einheiten (Einzugsge-

biete).

Um ein komplexes System wie Brandenburg sowohl räumlich als auch zeitlichhoch aufgelöst zu modellieren, sind zunächst alle wichtigen hydrologischenProzesse zu erfassen, beginnend mit dem Niederschlag in Form von Regenoder Schnee, über die verschiedenen Verdunstungs- und Abflussprozesse, dieVersickerung und Grundwasserbildung, bis hin zum Abfluss im Gewässersy-

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Klimaänderungen und Wasserhaushalt: Beispiel Brandenburg

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stem. Daneben spielt im Hinblick auf handhabbare Simulationszeiten auchdie sinnvolle Zusammenfassung hydrologisch ähnlich reagierender Flächeneine bedeutende Rolle.

Einige Ergebnisse der flächendeckenden Berechnung von Wasserhaushalts-größen für das Land Brandenburg sollen hier näher betrachtet werden. Sozeigt Abbildung 1 die im Zeitraum 1961 bis 1990 ermittelten Jahressummendes Gebietsniederschlags, der potenziellen und realen Verdunstung, der mitt-leren Tagestemperatur, der klimatischen Wasserbilanz (Differenz zwischenNiederschlag und maximal möglicher Verdunstung), der Sickerwasser- undOberflächenabflussbildung sowie des Gebietsabflusses. Besonders auffällig istder Verlauf der klimatischen Wasserbilanz, der für einige Jahre extrem nega-tive Werte aufweist. Hierbei handelt es sich um besonders trockene undwarme Jahre, in denen der Niederschlag nicht ausreicht, die in Brandenburgauftretende Verdunstung zu befriedigen. Aber auch die in anderen Jahrenerreichten Werte dieser Wasserhaushaltsgröße zeigen, dass Brandenburgdurch ein – verglichen mit den alten Bundesländern – geringes Wasserdarge-bot charakterisiert ist.

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Abbildung 1: Für das Land Brandenburg ermittelte Jahressummen meteorologischer Eingangs- undberechneter Wasserhaushaltsgrößen für den Zeitraum 1961 bis 1990.

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Abbildung 2: Für die Periode 1961 bis 1990 berechnete mittlere Jahres-, Sommer- und Wintersummender Größen Niederschlag (PI), potenzielle Verdunstung (EP), klimatische Wasserbilanz (WB), realeVerdunstung (ER), Sickerwasserbildung (SWB), Oberflächenabflussbildung (RO) und Gesamtabfluss(QC) im Land Brandenburg.

In Abbildung 2 wurden die im Zeitraum 1961 bis 1990 auf Tagesbasis berech-neten Wasserhaushaltsgrößen in mittlere Jahres-, Sommer- und Wintersum-men überführt. Danach fallen 46 % des Niederschlags in den Sommermona-ten. Im Fall der klimatischen Wasserbilanz werden negative Werte von 177mm im Sommer durch positive Werte von 168 mm im Winter beinahe kom-pensiert. Trotzdem bleibt ein negativer Betrag von etwa 9 mm für dasGesamtgebiet, welcher gleichbedeutend mit „Trockenstress“ ist. PositiveWerte der Sickerwasserbildung (110 mm) im Winter überwiegen negativeWerte (23 mm) im Sommer, doch könnte der mittlere Jahreswert von 87 mmdurch globale Änderungen durchaus zum Negativen verändert werden, wasgleichbedeutend mit einem Absinken der Grundwasserstände wäre.

Betrachtet man die innerjährliche Verteilung der Wasserhaushaltsgrößen(mittlere Monatswerte; hier nicht dargestellt), so zeigt die reale Verdunstungmit ca. 100 mm ihren höchsten Wert im Mai. Die klimatische Wasserbilanzweist von Oktober bis März positive, ansonsten negative Werte auf. Die

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Sickerwasserbildung ist zwischen Mai und September negativ. Die Verdun-stung ist dann so hoch, dass Brandenburg im Mittel als „Zehrfläche“ wirkt,die Verdunstung also den Niederschlag weit übertrifft. Dass die Flüsse inBrandenburg in den Sommermonaten trotzdem nicht gänzlich austrocknen,liegt an der innerjährlichen Verteilung des Gebietsabflusses, der durch hoheSickerwasserbildungsraten im Winter gespeist im Sommer über das Grund-wasser verzögert zum Abfluss kommt.

Für regionale Anpassungsmaßnahmen besonders interessant sind dieFlächenverteilungen der Wasserhaushaltsgrößen. So unterstreicht dieberechnete Verteilung des mittleren jährlichen Niederschlags die ungleich-mäßige „Beregnung“ Brandenburgs, gleichzeitig aber auch die Problematik,die sich aus einem mittleren Jahreswert von nur etwa 620 mm ergibt. Die kli-matische Wasserbilanz ist in großen Teilen Brandenburgs durch negativeWerte charakterisiert, die im Nordosten und Südwesten besonders ausge-prägt sind. Hier fällt besonders wenig Niederschlag bei gleichzeitig hohenTemperaturen. Positive Werte treten dagegen im Nordwesten und Südostenauf, weil die Niederschläge in diesen höher gelegenen Landesteilen höherausfallen.

Die in Abbildung 3 dargestellten Karte der realen Verdunstung weist zahlrei-che Feinstrukturen auf, die sich auf die unterschiedliche Landnutzungzurückführen lassen. So hängt die Verdunstung sehr stark davon ab, ob maneine Wasserfläche (sehr hohe Werte), eine Feucht- oder Niederungsfläche(hohe Werte) oder eine Siedlungsfläche mit entsprechendem Versiegelungs-grad (niedrige Werte) betrachtet.

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Abbildung 3: Für das Land Brandenburg berechnete mittlere Jahressummen der realen Verdunstungfür den Zeitraum 1961 bis 1990.

Die Flächenverteilung der Sickerwasserbildung (nicht dargestellt) zeigt einestarke Korrelation zur Karte der Verdunstung; hohe Werte der Sickerwasser-bildung entsprechen niedrigen Werten der Verdunstung. Besonders geringeoder sogar negative Werte der Sickerwasserbildung treten demzufolge aufgrundwassernahen sowie Feuchtflächen auf. Eine hohe Neubildungsrate fürSickerwasser findet man dagegen auf grundwasserfernen Flächen. Die Karteder Gesamtabflusshöhe schließlich weist im Jahresmittel hohe Werte fürbebaute und grundwasserferne Flächen sowie geringe oder sogar negativeWerte für grundwassernahe Flächen aus. Eine entsprechende Darstellung fürdas Winterhalbjahr unterstreicht, dass der Gebietsabfluss Brandenburgs starkdurch die Wintermonate dominiert wird.

Um die Frage zu beantworten, welche Flächen im Land Brandenburg ver-schiedene Teilprozesse des Wasserhaushaltes dominieren, wurde die Wasser-haushaltsbilanz für verschiedene Flächentypen getrennt berechnet und analy-

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siert. Danach haben grundwasserferne Flächen eine herausragende Bedeu-tung für die Grundwasserneubildung, weil es auf diesen Flächen wegen derraschen Versickerung des Niederschlags zu hohen Grundwasserneubildungs-und relativ geringen Verdunstungsraten kommt. Dem gegenüber stellen diegrundwassernahen Flächen, wie zum Beispiel Feuchtwiesen, Zehrgebiete dar,die in sommerlichen Trockenperioden der Umgebung Feuchtigkeit entziehenund dann letztendlich zu der geringen Sickerwassermenge von 87 mm für dengesamten Untersuchungsraum führen.

Wie verändern sich die bislang diskutierten, für die Jahre 1961 bis 1990 inBrandenburg berechneten Wasserhaushaltsgrößen unter Klimaänderungen?Eine im Jahre 1996 vom PIK zu dieser Thematik veröffentlichte Pilotstudiehatte zu erheblichem Aufsehen in den Medien geführt. Dort wurde von einer„Versteppung Brandenburgs“ berichtet, wobei einige besonders schlagzeilen-trächtige Teilergebnisse dieser Studie aus dem Zusammenhang gerissen dar-gestellt wurden. Die grundlegenden hydrologischen Ergebnisse dieser Studiekonnten allerdings bestätigt werden, und zwar in Untersuchungen, die voretwa zwei Jahren am PIK durchgeführt und 1999 im Rahmen einer Poster-ausstellung im Brandenburger Landtag präsentiert wurden.

Im Rahmen dieser Studie wurde der Wasserhaushalt Brandenburgs unterVerwendung einer gegenüber der aktuellen Studie des LUA leicht modifi-zierten Datenbasis berechnet, und zwar für ein Referenzszenario („Ist-Zustand“ der Jahre 1951 bis 1990) sowie zwei Klimaänderungsszenarien. Fürdiese wurde in Brandenburg im Zeitraum 1996 bis 2050 eine Temperaturer-höhung von 1,5 Grad bzw. 3 Grad angenommen. Abbildung 4 zeigt einigeErgebnisse der durchgeführten Berechnungen.

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Abbildung 4: Für das Referenzszenario („Ist-Zustand“) und zwei Klimaänderungsszenarien berechnetemittlere Jahressummen der Wasserhaushaltsgrößen Niederschlag (P), Temperatur (T), potenzielle Ver-dunstung (EP), klimatische Wasserbilanz (WB), reale Verdunstung (ER), Sickerwasserbildung (SWB)und Oberflächenabflussbildung (RO). Im unteren Teil der Abbildung sind die prozentualen Differenzengegenüber dem Ist-Zustand angegeben.

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Der erste Eindruck, es handele sich um eher geringfügige Veränderungen, istfalsch, da die Einzelergebnisse auf zum Teil dramatische Änderungen desregionalen Wasserhaushaltes hinweisen. So sinken die mittleren Jahreswerteder klimatischen Wasserbilanz für die beiden Klimaänderungsszenariengegenüber dem Ist-Zustand von 9 mm auf -55 mm bzw. -88 mm. Dies bedeu-tet, dass unter den angenommenen klimatischen Änderungen im gesamtenLand Brandenburg im Jahresmittel ein generelles Wasserdefizit herrscht. Dieprozentualen Änderungen fallen für die Sickerwasserbildung besonders dra-stisch aus und erreichen bei einem angenommenen Temperaturanstieg von 3Grad beinahe 50 %. Die Folgen für die Grundwasserneubildung brauchen indiesem Zusammenhang nicht weiter erläutert zu werden. Ähnlich drastischeÄnderungen lassen sich für den Gebietsabfluss ableiten. So zeigen die für dasim Nordosten Brandenburgs gelegene Einzugsgebiet der Stepenitz parallelberechneten Werte des Gebietsabflusses im langjährigen Mittel einen Rück-gang um 23 % bzw. 27 % gegenüber dem Referenzszenario. Grundsätzlichgilt, dass die Veränderungen aller Wasserhaushaltsgrößen gegen Ende derKlimaänderungsszenarien, das heißt zwischen 2040 und 2050, besondershoch ausfallen.

Analysiert man auch in diesem Fall die flächenhaften Verteilungen der Was-serhaushaltsgrößen (nicht dargestellt), so ergeben sich nicht nur für die Ver-dunstung regional erheblich größere Abweichungen, als sich dies in den inAbbildung 4 dargestellten mittleren Abweichungen von 1 % bzw. etwa 4 %für das Gesamtgebiet ausdrückt. Die Höhe der regionalen Veränderungen derVerdunstung hängt nämlich von mehreren meteorologischen Eingangs-größen gleichzeitig ab, deren Werte räumlich sehr unterschiedlich verteiltsein können. So weisen beispielsweise Regionen mit hohen Niederschlags-mengen und gleichzeitig hohen Temperaturen besonders hohe Verdun-stungswerte auf. Grundsätzlich zeigt sich aber, dass sich die Verdunstunggegenüber dem Referenzzustand insbesondere auf grundwassernahenFlächen sowie für Wasserflächen erhöht, wobei diese Erhöhung für das 3-Grad-Szenario deutlich ausgeprägter ist.

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Im Fall der Sickerwasserbildung weisen die für die Klimaänderungsszenarienund das Referenzszenario abgeleiteten Differenzkarten nur noch negativeWerte auf. Dies bedeutet, dass sich die Sickerwasserbildung unter den ange-nommenen Klimaänderungen flächendeckend verringert, und zwar um diebereits erwähnten 34 % bzw. 46 %. Für die letzten 10 Jahre der Untersu-chungsperiode beträgt der Rückgang sogar 57 % bzw. 74 %, das heißt, bis zudrei Viertel der im Zeitraum 1951 bis 1990 vorhandenen Sickerwassermengewürde dann in Brandenburg fehlen. Dies würde zu entsprechend reduziertenDurchflussmengen in den Flüssen führen, mit der Gefahr der vollständigenAustrocknung einiger Flüsse in Brandenburg in den dann noch trockenerenSommermonaten.

Abschließend kann festgestellt werden, dass die aktuelle Studie des LUA dieBasis für Analysen des globalen Wandels in Brandenburg darstellt, die nebenKlimaänderungen z.B. auch Landnutzungsänderungen einschließen könnten.Gerade der letztgenannte Aspekt spielt für Untersuchungen zu einem geän-derten Flussgebietsmanagement eine wesentliche Rolle. Solche komplexenund zur Zeit angedachten Studien erfordern allerdings die Berücksichtigungaller für den Wasserhaushalt relevanten anthropogenen Eingriffe in die Land-schaft. Um festzustellen, ob der Wasserhaushalt Brandenburgs bereits klima-bedingte Änderungen aufweist, wäre aber zunächst eine Ausweitung der vor-gestellten Studie auf die 90er Jahre sinnvoll. Diese könnte u.a. zeigen, ob dievon Professor Freude im Rahmen dieser Veranstaltung vorgestellten Trendssich auch in der Fläche widerspiegeln.

Anschrift des Autors:

Dr. Werner Lahmer Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIKTelegrafenberg C 414473 Potsdam

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Lukas Landgraf, Landesumweltamt Brandenburg, Referat Ökologische Grundlagen(Q 1), Abteilung Ökologie und Umweltanalytik

Tätigkeitsbericht derProjektgruppe „Landschaftswasserhaushalt“

1. Zusammenfassung

Aufgrund der besonderen Rahmenbedingungen hat Brandenburg eine Son-dersituation im Landschaftswasserhaushalt wie kein zweites Bundesland inDeutschland. Die brandenburgische Landschaft ist von Überentwässerunggeprägt. Die Regulationsmechanismen in der Landschaft wurden geschwächt,Ökosysteme, aber auch der wirtschaftende Mensch sind davon betroffen. Fürden Erhalt einer gesunden Kulturlandschaft ist ein ausgeglichener Land-schaftswasserhaushalt notwendig. Dies ist nur im Einklang von Landnutzung,Ökologie, Wasserwirtschaft und Wassernutzung zu erreichen. Die Europäi-sche Wasserrahmenrichtlinie bildet dazu eine geeignete Grundlage.

Aufgrund der Dürre im Frühjahr 2000 wurde durch das BrandenburgerAgrar- und Umweltministerium die Projektgruppe Landschaftswasserhaus-halt ins Leben gerufen. Ihr Auftrag ist es, einen Sachstandsbericht und eineKonzeption zum Umgang mit den knappen Wasserressourcen zu erarbeiten.

Um Veränderungen herbeizuführen, sind neue Strategien der Landnutzungund Wasserbewirtschaftung notwendig. Sollte sich die Landnutzung zukünf-tig mittels standortangepasster Verfahren mehr an den standorttypischenWasserverhältnissen orientieren, wäre auch der Wasserbewirtschaftung dieMöglichkeit gegeben, für mehr Wasserrückhalt im Einzugsgebiet zu sorgen.

Wichtigste Aufgabe in diesem Zusammenhang bleibt die Stärkung und Ver-besserung der Abflussreduzierung, Wasserspeicherung und Wasserreinigungin der Landschaft. Auf diese „kostenlosen“ Leistungen der Natur sollten wirzukünftig nicht verzichten.

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Die Aufgaben und der Arbeitsstand der Projektgruppe werden kurz vorgestellt.

2. Weshalb gibt es eine Projektgruppe „Landschaftswasserhaushalt“?

Als zwischen April und Juni 2000 die Niederschläge weitgehend ausblieben,meldeten Landwirte in vielen Landesteilen gravierende Trockenschäden ver-bunden mit bevorstehenden Ernteausfällen. Die Stimmung in der Öffentlich-keit reflektierte die lokale Presse mit Schlagzeilen wie: „Wassernotstand,Kostbares Nass muss länger im Land gehalten werden, Mehr Wasser auf Vor-rat usw.“ Das Landwirtschaftsministerium half mit Ausgleichszahlungen, umdie erste Not zu lindern.

Im Juli 2000 setzte Minister Birthler (MLUR) eine Projektgruppe „Land-schaftswasserhaushalt“ ein. Ihre Aufgabe ist es, einen Sachstandsbericht vor-zulegen und konzeptionelle Vorschläge zu erarbeiten, wie die knappen Was-serressourcen zum Vorteil der Landnutzer und der Landschaft langfristigsinnvoll und sparsam eingesetzt werden können. Dürreereignisse gab es auch1992 (GIERK & JUNGFER 1994), 1996 und 1997 – die Dürre 2000 ist alsokein Einzelfall.

Der Name „Landschaftswasserhaushalt“ ist für diese Arbeit bewusst gewähltworden, da hier Ressort übergreifendes Denken gefragt ist. An dieser Arbeitwirken unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Freude (Präsident des LUA)Fachleute aus den Bereichen Ökologie, Wasserwirtschaft, Fischerei, Land-wirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz und Raumordnung mit.

Bild 1: Trockenschäden in Maiskulturen im Jahr 2000

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Die auf Dürre zurück zu führenden Ertragsausfälle in der Landwirtschafterreichten einen Schaden in Höhe von ca. 300 Mio. DM (Bild 1). Beihilfensind an die landwirtschaftlichen Betriebe gezahlt worden, die eine Gefähr-dung ihrer Existenz befürchten mussten. Insgesamt wurden 142 Betriebe mitrund 7 Mio. DM entschädigt. Alle übrigen betroffenen Betriebe konnten dieErtragsausfälle anderweitig kompensieren.

Welche Regionen waren besonders betroffen? In Abbildung 1 sind dieGemeinden markiert, in denen sich dürregeschädigte Betriebe befinden.

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Tätigkeitsbericht der Projektgruppe „Landschaftswasserhaushalt“

Abbildung 1: Gemeinden mit Dürre geschädigten Landwirtschaftsbetrieben

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Insgesamt war ganz Brandenburg flächendeckend betroffen. Bei der Anzahlgeschädigter Betriebe lagen die Schwerpunkte in der Prignitz, im LandkreisElbe-Elster und im Landkreis Märkisch-Oderland. Die betroffenen Gemein-den befinden sich sowohl auf Hochflächen als auch in Niederungen. BeideNaturräume sind gleichermaßen vertreten.

Wassermangelsituationen wirken sich auf die Landwirtschaft besondersschnell aus. Aber auch andere Wirtschaftszweige haben unter verringertemWasserdargebot zu leiden. Längerfristige Grundwasserabsenkungen beein-flussen die Erträge der Forstwirtschaft. Bei Grundwasserabsenkungen von 18dm auf 26 dm unter Flur z. B. im Spandauer Forst verringerte sich die rela-tive Zuwachsrate der Kiefer um etwa 10 % (RIEK 2001).

Die Folgen verringerter Wasserverfügbarkeit lassen sich in der brandenbur-gischen Landschaft mit ihren Ökosystemen schon seit längerem ablesen. Ins-besondere Feuchtgebiete leiden darunter. In den vergangenen 3 Jahrhunder-ten, aber besonders in den letzten 3 bis 4 Jahrzehnten, zeichneten sich bedeu-tende Flächenverluste dieser Ökosysteme ab. Hauptursache ist die langfristigeGrundwasserabsenkung in den Niederungen durch die Entwässerungstätig-keit des Menschen. Der Flächenanteil der naturnahen Feuchtgebiete an derGesamtfläche Brandenburgs änderte sich wie folgt:

• natürliche Moore, Auen und Standgewässer etwa um 1700: mindestens17 %

• naturnahe Moore, regelmäßig überflutete Auen und Standgewässer 2000:etwa 6 %.

Damit verbunden ist ein Flächenverlust an intakten Feuchtgebieten in Bran-denburg von mindestens 360.000 ha (KOCH & LANDGRAF 2000). Derreale Flächenverlust ist vermutlich weitaus höher.

Aus der skizzierten Situationsdarstellung lassen sich für Brandenburg zweigrundsätzliche Defizite ableiten:

• geringe Speicherfähigkeit des Oberbodens:

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Verringerte Niederschläge wirken sich kurzfristig auf den Oberbodenspeicheraus. Die Speicherfähigkeit des Oberbodens wird von der Bodenart, demBodengefüge und dem Humusanteil wesentlich beeinflusst. Dies ist aufHochflächen unabhängig vom Grundwasserstand die wichtigste Standortei-genschaft für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung (Dürre 2000).

• zu tiefe Grundwasserstände in den Niederungen (insbesondere im Som-mer):

Sinkende Grundwasserstände haben negative Auswirkungen auf die Vegeta-tion in den Niederungen. Tiefentwässerung, insbesondere im Winter bisFrühjahr, gefährdet die Existenz von Feuchtgebieten, führt zu einer ungün-stigen zeitlichen Verteilung des Bodenwassers innerhalb des Jahres und zurVerschlechterung der Standortqualität (Podsolierung, Versauerung, Moor-schwund, Humusschwund, Verschlechterung des Bodengefüges u. v. m.).

3. Was sind die Ziele der Arbeit?

Der Landschaftswasserhaushalt wird maßgeblich durch das Klima, die Stand-ortfaktoren inklusive Vegetation und den Menschen beeinflusst. Dies alles hatin den letzten Jahrhunderten vielfach Veränderungen erfahren. BestehendeDefizite in der Landschaft lassen sich durch eine Betrachtung der Land-schaftsentwicklung gut erkennen.

In Abbildung 2 sind die Veränderungen am Beispiel eines typischen Land-schaftsausschnittes in Brandenburg für die Zeitabschnitte Frühzeit (bis 3.Jahrhundert), Mittelalter (7. bis 14. Jahrhundert) und Industriezeitalter(heute) dargestellt.

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Tätigkeitsbericht der Projektgruppe „Landschaftswasserhaushalt“

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Abbildung 2 Landschaft und Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg im Wandel der Zeit.

Frühzeit

In der Frühzeit ist die brandenburgische Landschaft relativ unbeeinflusst vondem Wirken des Menschen. Die dominierende Vegetation war Wald. WenigeFreiflächen gab es auf Mooren, an Seeufern oder kleinflächig im Wald.

Niederschläge wurden langzeitig im Boden gespeichert. Die Verdunstung warhoch. Der Landschaftsabfluss war gering. Davon lebten die wenigen Fließge-wässer sowie Moore und Auen in den Niederungen. Diese Feuchtgebietespeicherten das „Überschusswasser“ aus der Landschaft und akkumulierenNährstoffe. Zahlreiche Seen waren abflusslos.

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Mittelalter

Die Veränderung der Landschaft begannen auf den grundwasserfernenHochflächen. Hier entstand durch Waldrodung eine strukturreiche kleinbäu-erliche Kulturlandschaft. In kleinerem Umfang wurden Fließgewässer neuangelegt bzw. verändert, abflusslose Gewässer entwässert und erste kleinereAuen vom Flusslauf getrennt. Der Waldanteil ging zeitweise auf unter 20 %zurück.

Niederschlagsereignisse führten zu höheren Gebietsabflüssen. Zwischen- undOberflächenabfluss nahmen zu. Die Verdunstung verringerte sich, die Sicker-wasserbildung erhöhte sich. Mit höherer Grundwasserneubildungsrate stie-gen die Grundwasserstände auf Hochflächen und damit auch in den Niede-rungen. Dadurch konnten sich Feuchtgebiete verstärkt entwickeln. AufGrund veränderter Wasserhaushaltskomponenten stellte sich ein neues qua-sistabiles Gleichgewicht ein. Es wuchs vor allem die Wasserspeicher- undNährstoffsenkenfunktion der Moore.

Industriezeitalter

Es begann die Intensivierung der Landwirtschaft. Strukturelemente der Feld-flur verschwanden. Immer größere Flächen wurden einheitlich bewirtschaf-tet. Der Waldanteil stieg geringfügig gegenüber dem Mittelalter. Alle übri-gen, bislang landwirtschaftlich nicht erschlossenen Flächen wurden jetzt inNutzung überführt. Dazu gehörten See- und Fließgewässerränder, Auen undMoore. Um dies zu ermöglichen, begannen nie vorher da gewesene Eingriffein den Wasserhaushalt der Landschaft: Fließgewässer wurden begradigt, ver-tieft oder in Größenordnungen zur Binnenentwässerung angelegt, Seen wur-den abgesenkt oder woanders angestaut, Binneneinzugsgebiete entwässert,Auen kultiviert und gepoldert sowie Moore entwässert und nutzbar gemacht.Ein übergroßes Gewässernetz ohne Berücksichtigung natürlicher Einzugsge-biete entstand. In Siedlungsbereichen begann die völlige Versiegelung desBodens.

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Tätigkeitsbericht der Projektgruppe „Landschaftswasserhaushalt“

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Die Wasserhaushaltskomponenten änderten sich wiederum grundlegend.Künstlich beschleunigt fließt seither ein großer Anteil des Wasserdargebotsaus der Landschaft ab. Der Landschaftsabfluss erhöhte sich weiter. ImGegenzug reduzierte sich die Wasserspeicherfunktion der Landschaft dra-stisch. Hoch- und Niedrigwasserereignisse wurden extremer. Auen, Gewässerund Moore haben weitgehend ihre Retentionsfunktion verloren. Mooregeben die jahrhundertelang gespeicherten Nährstoffe an Boden, Wasser undLuft ab. Aus vielen kleinen Teileinzugsgebieten entstanden wenige große.

Das heißt:

• immer mehr Wasser hält sich immer kürzere Zeit in der Landschaft auf,• ein großer Landschaftsabfluss steht einem geringen Wasserspeicherver-

mögen der Landschaft gegenüber.

Verbunden damit ist ein forcierter Austrag von Nährstoffen und Humussub-stanzen. Die Landschaft verliert ihre Produktivität und altert schneller (RIPL2000). Für die Projektgruppe ergaben sich folgende Oberziele:

• Erhöhung der Speicherwirkung in der Landschaft,• Verringerung überhöhter Wasserabflüsse aus der Landschaft.

Die bisherige Entwässerung unserer Kulturlandschaft provozierte eine zeitli-che Missverteilung des innerjährlichen Wasserdargebots. Der Winter ist dieentscheidende Zeit für die Grundwasserneubildung. Dann füllen sich die ent-leerten Bodenporen wieder mit Wasser. Gerade in dieser Phase ist Was-serrückhaltung in der Landschaft wichtig. Um jedoch für die Landnutzung inNiederungen bewirtschaftbare Grundwasserflurabstände einzustellen,beginnt oft schon im zeitigen Frühjahr die Entwässerung und damit die Lee-rung der Bodenporen. In dieser Zeit fließen große Mengen Wasser ungenutztab. Bei einer künstlich entwässerten Fläche von 350.000 bis 400.000 ha undeiner Entwässerungstiefe von nur 100 mm gehen so jährlich 350 bis 400 Mio.m3 Wasser verloren (MUNR 1998). Das sind 10 % Verlust vom jährlichenpotenziellen Gesamtdargebot im Land Brandenburg. Als Verlust schlägt hier

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weiterhin die Auffüllung der Braunkohletagebaue in der Niederlausitz erheb-lich zu Buche. Die Projektgruppe formulierte daher als weiteres Oberziel:

• Vergleichmäßigung des jährlichen Abflussgeschehens in der Landschaft.

Daraus ergaben sich für die Projektgruppe folgende Handlungsbereiche:

• Bereitstellung des Wasserbedarfs zur nachhaltigen Entwicklung einerangepassten Landnutzung unter Berücksichtigung des vorhandenen Was-serdargebots,

• Gestaltung regionaler und überregionaler Wasserkreisläufe in einerWeise, dass insbesondere in Niedrigwasserzeiten längere Verweilzeitendes Wassers in der Landschaft erreicht werden,

• Wasserrückhalt in der Landschaft insbesondere in Speichern und Feucht-gebieten zum Erhalt bzw. zur Rückgewinnung des Retentionsvermögenssowie Erhalt und Wiederherstellung durchgängiger naturnaher Fließge-wässersysteme,

• Förderung natürlicher Bodenfunktionen (Speicherfunktion, Retentions-funktion, Stoffumwandlungsfunktion) und Reduzierung von Erosionser-scheinungen,

• Erhalt der natürlichen Beschaffenheit des Grundwassers,• Reduzierung der diffusen Nähr- und Schadstoffbelastung der Gewässer.

Betrachten wir den Kreislauf des Wassers durch die brandenburgische Land-schaft und die Möglichkeiten, wo wir steuernd eingreifen können. Es wirddeutlich, dass einige wichtige Rahmenbedingungen kaum veränderbar sind.Dazu gehören Niederschlag und Zufluss. Ganz anders sieht die Situation beider Wasserspeicherung und Abflussreduzierung aus. In diesen Bereichen hatder Mensch in den vergangenen Jahrhunderten einen spürbaren Wandel –durchaus nicht immer zum Wohle der Landschaft – ausgeübt. Abb. 3 zeigteinen Überblick zu den wichtigsten Steuerungspotenzialen für den Land-schaftswasserhaushalt.

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Abb. 3 Steuerungspotenziale für den Landschaftswasserhaushalt

Von 10 km Gewässerlauf in Brandenburg sind 9 km künstlich angelegt. Dasmusste Auswirkungen auf den Wasserhaushalt der Landschaft haben. Natür-liche Fließgewässer sind zu Abflusskanälen ausgebaut und degradiert worden(DRIESCHER 1996). Speicherräume in Mooren und Auen gingengroßflächig verloren. In Brandenburg ist das ein Flächenverlust landschafts-ökologischer Funktionen wie Wasserspeicher- und Wasserfilterfunktion inGrößenordnungen. Die Situation des heutigen Fließgewässernetzes stelltAbbildung 4 dar.

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Abb. 4: Aktuelle Anteile der Fließgewässerlauflängen in Brandenburg

Ein wichtiges Arbeitsfeld wird die Gestaltung des zukünftigen Gewässernet-zes in Anpassung an die neuen Erfordernisse von Ökologie, Landnutzung undübriger Wassernutzung sein. In diesem Zusammenhang ist auch die Zukunftder als Erbe übernommenen 20.000 Stauanlagen neu zu überdenken.

4. Wie ist der Arbeitsstand?

Die Projektgruppe lässt gegenwärtig die Dürreschäden der Landwirtschaft imJahr 2000 auswerten. Eine Ursachenforschung soll Hinweise für Veränderun-gen in der Landnutzung zur Verbesserung des Wasserrückhalts geben. Eineerste, nicht abschließende Zwischenbilanz zeigte Defizite in den Bereichennachhaltige, abgestimmte Wasserbewirtschaftung, standortangepasste Land-nutzungsverfahren und im Angebot an Förderprogrammen auf. Bislang gabes folgende, noch nicht repräsentative Hinweise und Meinungen zum Thema„Wassermangel“ (15 von 75 Betrieben):

• früher gab es weniger häufig extreme Trockenereignisse,• es fehlt eine abgestimmte Wasserbewirtschaftung / Stauhaltung / Bewäs-

serung,

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• die Landwirtschaft unter brandenburgischen Extrembedingungen kannnicht zu Weltmarktpreisen produzieren, vieles von dem alten Wissen zuAnbau, Fruchtwechsel und Zwischenanbau ist verloren gegangen,

• Landwirte werden von Entscheidungsträgern nicht ernst genug genommen,• in der DDR-Zeit funktionierte die Wasserbewirtschaftung besser,• man kommt kaum noch in Umweltförderprogramme rein.

Die zwei wichtigsten Vorschläge zur Verbesserung der Situation waren:

• es muss mehr langfristig planbare Ausgleichszahlungen, Umweltpro-gramme und andere Förderungen geben (die Umstellung z. B. auf stand-ortangepasste Landnutzung muss sich betriebswirtschaftlich lohnen),

• notwendig ist eine abgestimmte Wasserbewirtschaftung.

Es zeigt sich, dass die Landnutzung die Triebfeder für Veränderungen derWasserbewirtschaftung ist. Von hier müssen demnach die entscheidendenImpulse ausgehen. Dabei obliegt dem Landnutzer eine große Verantwortungbei der Wahrung ökologischer Landschaftsfunktionen. Neue Wege kann manmit Modellprojekten testen.

Die Projektgruppe Landschaftswasserhaushalt hat Vorschläge für die Novel-lierung des Brandenburgischen Wassergesetzes erarbeitet. Für ein nachhalti-ges Wassermanagement ist die zukünftige Bewirtschaftung der wasserwirt-schaftlichen Anlagen neu zu regeln. Die Bewirtschaftungsrechte liegengegenwärtig bei den Anlageeigentümern. Diese sind auch gleichzeitig dieEigentümer der Flurstücke. Für die abgestimmte Bewirtschaftung mehrererzusammenhängender Stauanlagen ist es mit hohem Aufwand verbunden, vieleunterschiedliche Berechtigte an einen Tisch zu bekommen. Oft sind die Anla-geeigentümer nur schwer zu ermitteln, teilweise wohnen sie weit verstreut inDeutschland bzw. im Ausland. Eine gesetzliche Regelung der Bewirtschaf-tungsrechte im Brandenburgischen Wassergesetz könnte mehr Planungssi-cherheit schaffen. Vorschläge dazu wurden erarbeitet.

Ein wichtiges Instrument, um Wasserrückhaltung im ländlichen Raum zuverbessern, sind Flurneuordnungsverfahren. Hierbei geht es um die Unter-

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stützung geeigneter, standortangepasster Bewirtschaftungsverfahren und dieSchaffung von Strukturen in der Landschaft, die den Abfluss von Wasser ausder Landschaft bremsen bzw. die Speicherung verbessern. Die Projektgruppehat eine Vorlage für die Ämter für Flurneuordnung zum effektiveren Was-serrückhalt durch Bodenneuordnungsverfahren ausgearbeitet.

Neben der Situationsanalyse weist die Projektgruppe auf Handlungserforder-nisse hin. Dies betrifft z. B. eine Intensivierung der Gewässerunterhaltungs-und Bewirtschaftungsplanung, Projektförderung und die Bereitstellung vonGrundlagendaten für Behörden. Um Maßnahmen zum Landschaftswasser-haushalt bündeln zu können, bedarf es einer eigenen Richtlinie zur Förderungvon Projekten mit übergreifender Wirkung auf Ökologie, Wasserwirtschaftund Landnutzung. Grundlagen dafür wurden erarbeitet. Ein wichtiges Instru-ment wird in Zukunft die EU-Wasserrahmenrichtlinie sein. Sie gibt uns dasDenken (und Planen) innerhalb von Einzugsgebieten vor. Damit wird klar,dass innerhalb eines Einzugsgebietes nur das Wasser verplant werden kann,was jährlich neu gebildet wird. Wir sollten also nicht auf höhere Niederschlägehoffen oder langfristig auf Zuschusswasser unserer wasserreichen Nachbarnspekulieren, sondern müssen mit unseren eigenen Ressourcen haushalten.

An der Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Themenfeld arbei-tet das Landesumweltamt bereits seit einigen Jahren. Dies zeigt die gestiegeneZahl an Veranstaltungen zum Thema in der Landeslehrstätte des Landesum-weltamtes in Lebus. Mittlerweile ist im Landesumweltamt auch eine Ausstel-lung zum Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg entstanden. Eine Fach-gruppe im Landesumweltamt arbeitet an Grundsätzen für die Arbeit inner-halb des Amtes (LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG 1999). Indiesem Zusammenhang wurden bereits im vergangenen Jahr Modellprojektebegonnen.

Auch zahlreiche Forschungseinrichtungen widmen sich seither dieser Auf-gabe. Einzelne ermutigende Beispiele zeigen neue Lösungswege auf. DieMaßnahmen spannen den Bogen von der Erprobung moorangepasster Land-nutzung (SUCCOW 1997, WICHTMANN & KOPPISCH 1998, PROCH-

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NOW et al. 1999) bis zur Stützung des Landschaftswasserhaushaltes durchgereinigtes Abwasser (UMD 2001). Es fehlen bislang großflächige, praktischumgesetzte Konzepte.

Die Projektgruppe Landschaftswasserhaushalt baut auf den Vorarbeiten desLandesumweltamtes auf. Sie wird dem Minister für LUR in diesem Jahr ihrenSachstandsbericht mit konzeptionellen Vorschlägen vorlegen, wie die knap-pen Wasserressourcen zum Vorteil der Landnutzer und der Landschaft lang-fristig sinnvoll und sparsam eingesetzt werden können.

In der Schriftenreihe des Landesumweltamtes „Studien und Tagungsbe-richte“ Band 27 ist eine „Flächendeckende Modellierung von Wasserhaus-haltsgrößen im Land Brandenburg“ vorgenommen worden. Damit liegenGrundlagendaten zur weiteren Arbeit am Thema für das Land Brandenburgvor. Diese und weitere Veröffentlichungen sind kostenfrei zu erhalten unter:[email protected]

5. Literatur

Driescher, Eva (1996): Warum, wie und wann hat der Mensch Gewässer ver-ändert?, Der Bürger im Staat, Heft 1, Landeszentrale für politische BildungBaden-Württemberg, Seite 7 – 13.

Gierk, Meike, Jungfer, Eckhardt (1994): Das Trockenjahr 1992 im Land Bran-denburg, Studien und Tagungsberichte, Landesumweltamt Brandenburg,Band 3, 23 S.

Koch, Antje, Landgraf, Lukas (2001): Die Bedeutung von Feuchtgebieten fürden Landschaftswasserhaushalt – Maßnahmen in Flussauen und Mooren,Berichte aus der Arbeit 2000, Landesumweltamt Brandenburg.

Landesumweltamt Brandenburg (1999): Konzeptentwurf – Stabilisierung undVerbesserung des Landschaftswasserhaushaltes in Brandenburg, unveröff., ca.200 S.

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Landesumweltamt Brandenburg [Hrsg.] (2001a): Flächendeckende Modellie-rung von Wasserhaushaltsgrößen für das Land Brandenburg, Studien undTagungsberichte, Band 27, 77 S.

MLUR [Hrsg.] (2000a) 400 Mio. DM Schaden durch Dürre, BrandenburgerAgrar- und Umweltjournal, Heft 4, Seite 15.

MLUR [Hrsg.] (2000b) Politisches Handlungskonzept des MLUR für die 3.Legislaturperiode, unveröff., 24 S.

Mlur [Hrsg.] (2000c): Landschaftsprogramm Brandenburg, Materialien,Selbstverlag.

MUNR [Hrsg.] (1996): Wasserversorgungsplan für das Land Brandenburg, 79S.

MUNR [Hrsg] (1998): Landschaftsprogramm Brandenburg, Karten undMaterialien, Selbstverlag.

Prochnow, A., Bednarz, H., Hahn, J., Knieper, M., Kraschinski, S., Lehrkamp, H.,Tölle, R., Zeitz, J. (1999): Angepasstes Befahren von Niedermoorgrünland,Landschaftspflege in der Nuthe-Nieplitz-Niederung, Heft 3.

Quast, Joachim (1997): Wasserdargebot in Brandenburgs Agrarlandschaftenund gebotene wasserwirtschaftliche Konsequenzen, Archiv für Naturschutzund Landschaftspflege, Band 33, Seite 267 – 277.

Quast, Joachim (1999): Wege zu einem nachhaltigen Miteinander von Land-nutzung, Naturschutz und Wasserwirtschaft, Archiv für Acker-, Pflanzenbauund Bodenschutz, Band 44, Seite 323 – 347.

Rieck, W. (2000): Die Rolle des Waldes im Landschaftswasserhaushalt, Zwi-schenstand der Projektgruppe Landschaftswasserhaushalt (unveröff.).

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Ripl, W. (2000): „Ohne Wasser merkt Euch das...“: Wenn landschaftlicherStoffwechsel und Wasserhaushalt zur Überlebensfrage werden und wie eineWende sogar wirtschaftlichen Nutzen machen könnte. – Landschaftspla-nung.NET 02/2000, http://www.lapla-net.de/texte/02_00.

Succow, Michael (1997): Nutzung, Nutzen und zukünftige Nutzbarkeit vonNiedermoorstandorten, Tagungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Lim-nologie in Schwedt, Eigenverlag Seite 1 – 15.

Umd Umweltvorhaben (2001): Neugestaltung der Klarwasserführung im südli-chen Umland von Berlin – Ergebnisse und Projektskizzen, im Auftrag derBerliner Wasserbetriebe.

Wichtmann, Wendelin. & Koppisch, Doris (1998): Nutzungsalternativen fürNiedermoore am Beispiel Nordostdeutschlands, Zeitschrift für Kulturtechnikund Landentwicklung, Heft 39, Seite 162 – 168.

Wohlrab, Botho, Ernstberger, Hans, Meuser, Andreas und Sokollek, Volker (1992):Landschaftswasserhaushalt, Verlag Paul Parey, 352 S.

Anschrift des Autors:

Landesumweltamt BrandenburgAbteilung Ökologie und UmweltanalytikReferat Q 1Lukas LandgrafBerliner Str. 21 – 2514467 Potsdam

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Rocco Buchta, Leiter des Naturparks Westhavelland

Wassermanagement und Landnutzung in Feuchtgebieten amBeispiel der Unteren Havelniederung

In meinem Vortrag möchte ich darstellen, warum Wassermanagement undUmgestaltungsmaßnahmen an der Unteren Havel erforderlich sind und wel-cher Weg dabei beschritten werden soll.

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Bild 1: Die Untere Havelniederung im Frühjahr (Foto: R. Buchta)

Das erste Bild (Bild 1) zeigt die Untere Havel im typischen Frühjahrsaspekt.So stellte sich die gesamte Niederung über viele Jahrhunderte dar, weit über-flutete Flächen und in der Regel eine daran angepasste Landnutzung. Diesewurde den Menschen damals durch fehlende Alternativen aufgezwungen.Zwischen 1830 und 1900 gab es zum Beispiel beinahe jährlich Ernteverlusteaufgrund von Hochwasserereignissen. So ist es kein Wunder, wenn die Anlie-ger nach Entwässerung gerufen haben.

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Doch schauen wir uns zunächst die damalige Situation an (Bilder 2 und 3):

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Rocco Buchta

Bild 2: Die Untere Havel im 18. Jahrhundert (Rekonstruiert aus alten Karten und Profilaufnah-men: A. Buchta und R. Buchta / Quelle: Preußische Landesaufnahme 1775/76)

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Bild 3: Der Nechako in Kanada, ein natürlicher Tieflandfluss (Foto: R. Buchta)

So stellte sich die Untere Havel im 18. Jahrhundert dar, ein Fluss mit einemgewaltigen Binnendelta. Das Gefälle war so gering, dass kaum Wasser aus derLandschaft fließen konnte, eine gute Bedingung für großflächige Moorbil-dungen. Drei große Urstromtäler, die sich hier treffen, haben nach der letz-ten Eiszeit bereits das Tal dafür geformt.

Die natürliche Havel hatte zahlreiche Verzweigungen und schnellfließendesWasser. In den kleinen Flussarmen floss es mit 0,5 bis 1 m/s, obwohl dabeikaum ein nennenswerter Gesamtabfluss stattfand. Klares sauerstoffreichesWasser wird beschrieben, ebenso ein hoher Anteil an Auenwald. Lachse,Meerforellen und Störe gab es reichlich. Die Wanderfische waren die finan-zielle Grundlage einer prosperierenden Fischerei. Bis zu 5.000 Fischer hat dieUntere Havel noch Anfang des 20. Jahrhunderts ernährt. Erst nach dem Aus-bau der Havel sank die Zahl innerhalb von nur 10 Jahren schlagartig auf1.200. Das war ganz klar eine Ausbaufolge. Entlang der Havel gab es übrigensnoch um 1875 etwa 1 Million Hektar unwegsames Sumpfgebiet, und das nachbereits 200 Jahren erfolgreicher Melioration durch die Preußen.

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Wassermanagement und Landnutzung in Feuchtgebieten am Beispiel der Unteren Havelniederung

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Eine schnelle Abführung des Wassers aus der Landschaft zur Intensivierungder Landnutzung war, wie bereits erwähnt, das vorrangige Ausbauziel. Nunstellt man sich die Frage: „Was hat man gemacht, um dieses Ziel zu errei-chen?“ Wir sehen es auf dem nächsten Bild (Bild 4).

Bild 4: Flussregulierung an der Unteren Havel (A. Buchta und R. Buchta)

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Zunächst hat man den Fluss begradigt. Die Havel büßte 50% ihrer Lauflängeein. Außerdem wurde das Flussbett komplett festgelegt. Das heißt, der Flusshat fast keine Möglichkeiten mehr, selbst seinen Lauf zu verändern. DerQuerschnitt wurde auf 175% erweitert. Wir verzeichnen weiterhin eineAbtrennung von 90% der Aue und beinahe aller Altarme vom Fluss. DieMündung des Flusses in die Elbe wurde weiter stromab verlegt, um das Was-ser noch effizienter weg zu leiten.

Im Ergebnis wurde die Untere Havel eine große Abflussrinne, die das Was-ser schneller aus der Landschaft transportieren konnte. Um im Sommer über-haupt noch einen gewissen Wasserrückhalt zu bewahren, mussten Staustufengebaut werden.

Die Folgen: Wir haben eine Veränderung des Wasserganges. Und zwar sindes zeitlich drei bis vier Wochen und an der Elbmündung sogar sechs, die manaus landwirtschaftlicher Sicht „gewonnen“ hat. Man kann also tatsächlichheute viel zeitiger auf den Wiesenflächen wirtschaften, als im 18. Jahrhundertund man ist vor Sommerhochwässern weitgehend geschützt.

Schlecht ist das natürlich für den Landschaftswasserhaushalt, auch für dieFischerei, denn das sind die entscheidenden sechs Wochen für die Reproduk-tion der Fische und ihrer Nährtiere. Wir haben außerdem eine Verkleinerungdes so genannten Überflutungs- und Wasserrückhalteraums auf 10%. Wirhaben maßgebliche Lebensraumtypen, insbesondere schnell überströmteFlachwasserbereiche, fast komplett verloren. Diese gibt es nur noch in ganzwenigen Altarmen. Außerdem haben wir eine Erhöhung der Wassertempera-tur und eine Verschlechterung der Wasserqualität zu verzeichnen. Die Uni-versität Potsdam hat festgestellt, dass allein durch die regelmäßige Vernich-tung des Zooplanktons im Initialstadium – bedingt durch das zeitige Absen-ken der Wasserstände – sich das Selbstreinigungspotenzial der Havel auf einTausendstel reduziert hat. Die Havel hat außerdem einen gestörten Geschie-behaushalt und eine mangelhafte Migrationsfähigkeit. Wir haben außerdemeinen starken Nährstoffeintrag in die Gewässer, einen verringerten Stoffab-bau in der Landschaft, eine gestörte Primärproduktion sowie ein erhöhtes

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Störpotenzial. Die letzten Schutzgebiete sind verinselt, auch wenn sie nochinsgesamt sehr groß erscheinen.

Letztendlich ist der Feuchtgebietscharakter maßgeblich gestört. Alle auenty-pischen Lebensgemeinschaften sind verändert und im Rückgang begriffen,vor allem die seltenen und die bedrohten Arten. Man kann hier also konsta-tieren: Die Bewirtschaftung hat die Landschaft nicht zu einem Juwelgemacht, sondern, und das lässt sich an der Unteren Havel beweisen, syste-matisch ausgedünnt und verarmt. Was wir heute als Naturreichtum bezeich-nen, sind Reste, in höchster Gefahr, in nur wenigen Jahren ausgelöscht zuwerden.

Die Entwicklungsziele an der Unteren Havel müssen deshalb definiert wer-den:

1. Erhaltung des bedeutsamen internationalen Feuchtgebietes,2. Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes – oder sagen wir lieber:

„besseres Haushalten mit dem Wasser“,3. Wiederherstellung der Grundfunktion des Flusses,4. Strukturanreicherung in Fluss und Aue und5. Verbesserte Migration (Durchwanderbarkeit).

Wir wollen aber auch gleichzeitig garantieren, und da kommen wir schon inden Spagat:

1. Hochwassersicherheit in den Siedlungen,2. Verbesserung der Situation der Fischereien,3. Naturverträglicher Tourismus und4. Erhalt und Entwicklung einer angepassten Landnutzung.

Der letzte Punkt sagt sich so leicht daher. Die Anpassung der Landnutzungwird aber ein Grundproblem all unseres Wirkens in Bezug auf den Land-schaftswasserhaushalt darstellen.

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Welche Instrumente kommen nun zur Anwendung, um die Ziele zu erreichen?

1 Die Ausweisung von Schutzgebieten: Das ist ein sehr restriktives, aberheute leider noch notwendiges Instrument.

2 Die Mitwirkung in Staubeiräten: Das stellen sich die meisten von Ihnensicherlich unter Wassermanagement vor. Ich werde Ihnen gleich zeigen,dass dieses leider nicht so einfach ist.

3 Der Vertragsnaturschutz: Dieser soll eine Anpassung der Landnutzungermöglichen.

4 Praktische Umgestaltung: Hierzu zählen etwa Renaturierungen, die Aus-dünnung von Grabensystemen und der Austausch vernässter Flächen.

Die Hauptprobleme sind gegenläufige Nutzerinteressen, zum Beispiel in denStaubeiräten. Da gibt es etwa die Fischer, die lange und hohe Wasserständebrauchen, um zu überleben. Das ist übrigens auch im Sinne der Feuchtge-bietsschutzstrategien. Auf der anderen Seite sind Landwirtschaftsbetriebe mitMilchwirtschaft, die nach ihrem Betriebskonzept darauf angewiesen sind, zei-tig die Wiesen zu mähen.

Erschwerend kommt hinzu, dass es keine verbindlichen Konzepte für dieWasserbewirtschaftung in Brandenburg gibt. Die Wasserbewirtschaftung istin ihrer Verantwortung weitgehend in die Regionen abgegeben worden undviel hängt vom Fingerspitzengefühl und vom politischen Druck ab, derjeweils aufgebaut wird.

Außerdem haben wir gegenläufige Förderungen. So fördern wir immer nochdas Ableiten von Wasser aus der Landschaft. Auf der anderen Seite fördern wirmit anderen Geldern auf derselben Fläche den Rückhalt von Wasser. Dasklingt paradox, ist aber die Praxis. Die Ursache: Wer gibt denn schon gerne dieMöglichkeit auf, seine Fläche trocken zu bekommen, wenn die Fördermittelfür eine Vernässung im Landeshaushalt jährlich auf dem Prüfstand stehen.Wenn der Bewirtschafter einmal die Möglichkeiten aus der Hand gegeben hat,dann kann er das Rad nicht mehr zurückdrehen und schon ist seine Leistungnicht mehr freiwillig, wie zur Zeit. Ausgleichsmittel für umweltbewussteLandnutzer sind außerdem nicht in ausreichendem Umfang vorhanden.

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Wassermanagement und Landnutzung in Feuchtgebieten am Beispiel der Unteren Havelniederung

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Eine Zonierung landwirtschaftlicher Nutzflächen in verschiedene Vernäs-sungsgrade soll derzeit erst einmal Abhilfe schaffen. Die Ziele dieser Zonie-rung sind eine Kostenminimierung und die Erfassung der tatsächlichenBetroffenheiten bei vermehrtem Wasserrückhalt. Ein anderes Ziel ist die Ver-besserung der Naturschutzwertigkeit der Flächen. Das Ganze kann letztend-lich aber nur eine Übergangslösung sein.

Wir müssen zu sich selbst tragenden stabilen Systemen kommen, die unsnicht dauernd Geld kosten, und die Betriebe müssen dazu Bewirtschaftungs-formen entwickeln, bei denen sie sicher und mit möglichst wenig Subventio-nen auskommen.

Der Pegel Rathenow ist heute viel zitiert worden. Ich werde ihn für meineArgumentation nicht verwenden. Ich zeige Ihnen hier statt dessen den PegelHavelberg, um Ihnen ganz kurz zu umreißen, was ein Management beinhal-ten sollte (Bild 5).

Bild 5: Mittlere Monatswasserstände und Stauziele am Pegel Havelberg Stadt (R. Buchta)

Die waagerechte Linie bei 1,60 m am Pegel, das ist die Geländeoberkantenahe der Stadt Havelberg. Wird dieser Pegel überschritten, ufert der Fluss

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Rocco Buchta

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aus. Und jetzt schauen wir uns einmal die mittleren Abflussgänge der Jahre1811 bis 1908 an, die Ausbaumaßnahmen an der Elbe waren eher mäßig indiesem Zeitraum. Hier können wir sehen, dass zwischen dem 1. und 15. Aprilim Mittel die Hochwasserspitze gelegen hat. Die Kurve senkt sich dann undwir erreichen um den 15.07. die Geländeoberkante. Das waren auch dienatürlichen Verhältnisse in der Unteren Havelniederung. Heute haben wirdiese Kurve. Sehen sie, das Hochwasser ist weg und um den 1. Juni ist dasWasser in das Flussbett zurückgekehrt!

Maximale Vorflut, das heißt auch: Kein Elbe-Wasser steht mehr gegen dieHavel, das Wasser aus Brandenburg wird schneller in die Elbe abgeführt.Meine Damen und Herren, wenn man Wasserrückhalt betreiben will, dannkann man das nicht zulassen. Das Wasser, was im Frühjahr wegläuft, fehlt imFrühsommer und man bekommt es nicht mehr zurück.

Und was brauchen wir, worüber müssen wir reden?

Wir müssen möglichst wieder eine ganzjährige Verbindung zur Elbe habenund ein Maximum an Elbe-Rückstau in die Havelniederung hineinwirken las-sen. Dazu wäre es günstig, sogenannte Unter- und Obergrenzen zu definie-ren. Alle Wasserstände, die zwischen diesen Grenzen seitens der Elbe auftre-ten, könnten wir dann zulassen. Das wäre Management in meinen Augen.

Ob wir das schaffen, hängt maßgeblich davon ab, ob wir einen Konsens mitden Landnutzern erzielen können. Daran wird am Ende alles hängen. Wennwir das aus der Diskussion ausklammern, dann werden wir politisch keineakzeptable Lösung finden und deswegen muss das auch ein Schwerpunkt inder öffentlichen Diskussion um den Landschaftswasserhaushalt sein.

In letzter Konsequenz wird es aber auch darum gehen, signifikante Struktur-verbesserung in unseren Flüssen als dauerhaft wirkende Lösung mit minima-lem Unterhaltungsaufwand im Lande zu schaffen.

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Wassermanagement und Landnutzung in Feuchtgebieten am Beispiel der Unteren Havelniederung

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Fassen wir zusammen:

1. Der Ausbau der Unteren Havel war nach heutigen Maßstäben überzogenund unangemessen.

2. Mit einem Management werden wir keine substantielle Verbesserungerreichen. Wir müssen strukturell etwas verändern. Wir werden aber dieNot mit Managementmaßnahmen mildern können.

3. Letztendlich ist die Schaffung naturnäherer Verhältnisse im Flussbett not-wendig.

Ich möchte noch einmal ganz deutlich auf etwas verweisen: Was wir heute inBrandenburg bezüglich des Landschaftswasserhaushaltes anschieben, ist einParadigmenwechsel, weg vom Ableiten des Wassers aus der Landschaft, hinzum Rückhalt! Das wird landesweit Konsequenzen haben! Und der ersteSchritt dazu fängt im Kopf an und nicht draußen in der Landschaft.

Lassen Sie mich das durch ein Beispiel verdeutlichen: Wenn ein Betriebschließt und 200 Leute sitzen auf der Straße, dann kommt der Landtagsabge-ordnete aus der Region und kümmert sich. Er organisiert Fördermittel,Arbeitsmarktkonferenzen und so weiter. Das ist transparent. Da sieht jeder,dass er aktiv geworden ist. Dagegen wird der schleichende Verlust existenti-eller Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen ohne viel Aufmerksamkeit hinge-nommen, weil er nicht jährlich haushaltsrelevant ist, nicht sofort transparentwird und es beim nächsten Wahlkampf vielleicht sogar unpopulär ist, sichdafür zu engagieren.

Deshalb muss es eine Strategie geben, wie wir vom heutigen Zustand A zueinem besseren Zustand B kommen, ohne dass es uns viel mehr Sorgen undSchmerzen bereitet, als es am Ende nachher einen Zugewinn gibt. Und dienotwendige Umgestaltung müssen wir alle sehr behutsam machen. Wenn wirdas System von heute auf morgen umkippen, werden wir viel mehr Problemebekommen – einschließlich mit denen, für die es ja eigentlich gemacht wer-den soll – als wir gewinnen.

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Rocco Buchta

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Lassen Sie mich zum Schluss noch dafür werben, dass Politiker dieses Lan-des, gestützt von einem breiten gesellschaftlichen Konsens, über dieTagesprobleme hinaus, die Kraft und die Legitimation bekommen, diesesWerk anzugehen. Als die Preußische Fluß- und Strombaubehörde geschaffenwurde, um unsere Gewässer auszubauen, mit dem Ziel, das Wasser aus derLandschaft schneller abzuleiten, gab es diese politische Legitimation. Gebenwir den Parlamentariern und Verwaltungen heute auch die Legitimation zurUmkehr, und auch den Rückenwind, wenn mal hier oder da Rückschläge zuverzeichnen sind. Nur dann werden wir unser Werk nach modernen Maßstä-ben auch umsetzen können.

Anschrift des Autors:

Naturpark WesthavellandHerrn Rocco BuchtaDorfstr. 514715 Parey

Informationen zur Renaturierung der Havel können unter www.untere-havel.de abgerufen werden.

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Wassermanagement und Landnutzung in Feuchtgebieten am Beispiel der Unteren Havelniederung

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Herr Karsten Laudahn (Landwirt)

Mutterkuhhaltung auf grundwasserbeeinflussten Standorten:Beispiel Nuthe-Nieplitz-Niederung

Seit rund 30 Jahren bin ich in der Landwirtschaft in der Gegend um Potsdamtätig, seit zehn Jahren bin ich selbstständiger Landwirt. Mein Betrieb, dieNaturlandfarm Riebener See, liegt im eiszeitlich geprägten Beelitzer Sander.Dort bewirtschafte ich ca. 450 Hektar mit etwa 250 Mutterkühen. 90 % mei-ner Flächen liegen im Naturschutzgebiet Nuthe-Nieplitz. Ich betreibe Rin-derzucht mit 250 Mutterkühen, halte also Kühe zum Zwecke der Kälberer-zeugung.

Die Mutterkuhhaltung wird allgemein als eine sehr umweltverträgliche Formder Landschaftspflege bezeichnet, da Kühe nur für die einfache Aufzuchtihrer Kälber anspruchslos und extensiv zu halten sind. Extensiv, das heißt alsoohne Melioration, Pflanzenschutz, chemische Düngung und, und, und. Inmeinem Betrieb sind die aktuellen Forderungen zum ökologischen Landbauseit der Gründung schon Betriebsmotto, das da selbstverfasst lautet: Im Som-mer Weide, winters Heu, kristallenes Wasser nebenbei, eine Prise Salz nochkriegen sie, wie Luft und Liebe all mein Vieh!

Als ich vor zehn Jahren anfing, waren die Entwässerungspumpen noch intaktund das Weideland war uneingeschränkt zu bewirtschaften. Im Laufe der Zeitwurden dann die Pumpen und Schöpfwerke abgestellt, wodurch annähernd30 Hektar ertragreiches Weideland überflutet wurden. Diese ehemaligenWiesen sind heute knietiefe Wasserflächen. Weitere etwa 20 Hektar wurdenin diesem Zusammenhang zu Randstreifen dieser Wasserflächen, die heutemit Schilf bewachsen sind und somit ebenfalls nicht mehr landwirtschaftlichgenutzt werden können. Mir sind durch ausbleibende Entwässerung etwa 50Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche verloren gegangen. Zur Aufrechter-haltung meines Tierbestandes – für den ich Technik und Stall und derglei-chen angeschafft habe, deshalb könnte ich ihn gar nicht so schnell wiederabbauen – habe ich in der Nachbarschaft Flächen hinzu gepachtet. Landwirt

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sein, heißt Land zu bewirtschaften, und das wiederum fordert dem BauernFingerspitzengefühl ab, den Kreislauf Boden – Pflanze – Tier – Boden so inGang zu halten, dass sein Einsatz mit nachhaltigen Erträgen belohnt wird.Nachhaltig also auch in entfernten Zeiten. Dazu gehört in erster Linie auchein optimaler Wasserhaushalt. Das Wasser muss da sein, gut dosiert vonunten wie von oben. Das Wasser von oben können wir nicht beeinflussen, dasist auch gut so, aber den Grundwasserstand können wir manipulieren, und umdie Abstimmung zwischen den Interessenten geht es uns heute.

Sehr unterschiedlich waren die Interessen aller Beteiligten am Wasser schonseit Alters her: Der Mann aus der Wassermühle ließ das Wasser gerne laufen,der Bauer wollte nur ein bisschen, weil es gerade geregnet hat und der Fischermacht das Wehr wieder ganz zu, weil seine Fische ja schwimmen wollten. Wiralle wären aber egoistische Fischer, Bauern und Müller, wenn wir nicht bereitwären, für die langfristige Bewahrung vernünftiger Wasserkreisläufe der All-gemeinheit zum Nutzen persönlich Opfer zu bringen.

Die derzeitige Situation für meine Wirtschaftsflächen ist folgende: Die Nie-dermoorflächen sind von Dezember bis April bündig mit Wasser gesättigtoder überflutet. Ein Befahren oder ein Beweiden ist nur außerhalb dieserZeit, also im Sommer oder späten Frühjahr möglich, weil sonst die Grasnarbeder Wiesen dem Bodendruck der Tiere und Technik, die dort eingesetzt wird,nicht standhalten kann. Sie wäre dann geschädigt und würde wieder mehrWasser verdunsten. Auf den mir bis heute verbliebenen Flächen sind im Som-mer beim derzeitigen Wasserregime noch die Rinderweide und Vollwerbungmöglich. Jede weitere Zurückhaltung von Wasser in meinem Produktionsge-biet würde meine Existenzgrundlage weiter reduzieren. Die These, dass dieAnhebung von Grundwasser einen höheren Ertrag bringt, trifft für meineBodenverhältnisse nicht zu; Wasser allein kann auf den höheren Sandkuppennicht viel bewirken. Die überfluteten Wasserflächen würde ich natürlich auchnicht mehr pachten, die Produktion wird rückläufig und Arbeitskräfte müss-ten entlassen werden.

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Karsten Laudahn

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Sehr geehrte Damen und Herren, ich stehe heute hier, weil ich verhindernmöchte, dass unqualifiziert und leichtfertig Bauernopfer in blanker Experi-mentierfreude gebracht werden sollen.

Wo ist der wasserwirtschaftliche Effekt des Verlustes von 50 Hektar Grün-land? Wie hat sich die Wasserabsenkung in den umliegenden Gewässern ver-langsamt? Wahrscheinlich überhaupt nicht. Ich denke, das Problem ist soumfassend und vielschichtig, dass die Landwirtschaft nur mit einem kleinenMosaiksteinchen zur Lösung dieses Problems beitragen kann. Ich war undbin bereit, meinen Beitrag zu leisten. So habe ich persönlich dem Pfeffergra-ben durch Einbau von Biegungen seine Fließgeschwindigkeit genommen, ichverzichte seit Jahren auf die Kraut- und Grundräumung meiner Wasserab-flüsse, obwohl ich dafür Geld bezahlen muss. Es ist doch paradox, dass ichheute die notwendige Wasserrückhaltung betreibe und morgen meineBeiträge zum Wasser- und Bodenverband entrichten muss. Dieser verwendetdiese Gelder für die Instandhaltung der Entwässerungssysteme, soll abereigentlich gar nicht entwässern! In diesem Fall haben die Parteien in SachenGesetzgebung ihre Hausaufgaben zu machen und ich appelliere an Sie hier imSaal, diese Gesetze der heutigen Situation anzupassen.

Wir bedauern alle den Rückgang unserer Wasserstände, versuchen, die Ursa-chen zu entschuldigen und unter uns Menschen zu finden, denken dabei viel-leicht aber auch viel zu engstirnig und verurteilen vorschnell den Verkehrten.Nach dem Motto, es könnte ja sein, dass der Wasserspiegel in den Dobbriko-wer Seen steigt, setzen wir aus reinem Verdacht des Bauern Wiesen unterWasser und machen sie zu Überflutungsauen.

Riesige Meere sind erdgeschichtlich gesehen ohne das Zutun der bösen Men-schen zu Wüsten geworden, es gab Eiszeiten und Zeiten der Erderwärmung.Heute leben wir in der Warmphase und dadurch haben wir auch verstärkteSonnenaktivität und ebenfalls auch verstärkte Verdunstung auf unserenGewässern. Könnte dies nicht auch die Ursache dafür sein – es wurde ange-sprochen, aber sicherlich ist es eine von wenigen, eine Ursache, die wir hin-nehmen müssen, da wir deren Regulierung nicht beherrschen. Es steht nicht

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Mutterkuhhaltung auf grundwasserbeeinflussten Standorten: Beispiel Nuthe-Nieplitz-Niederung

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in unserer Macht. Was verkehrt ist und in unserer Macht liegt, sollten wirändern.

So schicken wir Kraft Gesetzes die Abwässer aus den Dörfern in die zentra-len Klärwerke, von dort geht es in kanalisierte Flüsse, in denen es auf schnel-lem Weg dem Meer zugeht. Wäre es nicht sinnvoller, das Abwasser allmäh-lich zu klären und an den Orten verrieseln zu lassen, wo es als Frischwasserdem Boden entzogen wurde? Wir diskutieren gerade den Havelausbau, derwohl auch zu einer Grundwasserabsenkung führen wird.

Ich bin dabei, wenn es darum geht, unseren lieb gewonnenen Lebensraum derNachwelt so zu erhalten, wie wir ihn vorgefunden haben. Schon denkbarlange vor uns waren dort schwer arbeitende Bauern, die unschädlich Rinderauf der Weide hielten, und nicht nur der leckeren Rouladen wegen wurden sieauch geachtet. Dies sollte wieder so werden und dafür will ich gerne arbeiten.Bitte kommen Sie in der Wasserfrage zu einem weisen Entschluss. Ichbedanke mich für die Möglichkeit, hier meinen Standpunkt vertreten zu dür-fen. Auf Wiedersehen, vielleicht einmal am Riebener See.

Anschrift des Autors:

Karsten LaudahnTrebbiner Str. 5514547 Zauchwitz

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Karsten Laudahn

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Horst Gebert, Berliner Stadtgut Großbeeren

Auswirkungen verbesserter Wasserrückhaltung auf den Ertrag von Grünlandflächen am Beispiel derGroßbeerener Grabenniederung.

Ich möchte einige Erkenntnisse bzw. Meinungen eines Landwirtes, der aufeinem Niedermoorstandort Grünland bewirtschaftet, wiedergeben und zei-gen, wie wir versuchen, mit dem Grundwasser und dem Wasserangebot, dasda ist, zu produzieren. Ich bin Gutsleiter eines relativ großen Betriebes, desGutes Großbeeren, ein Betrieb der Berliner Stadtgüter. Wir haben eineBetriebsfläche von 5 000 Hektar. Der Betrieb ist eingeschlossen durch dieSiedlungsachse im Osten – Mahlow, Blankenfelde, Rangsdorf und im WestenTeltow, Ludwigsfelde. Insgesamt haben wir von diesen 5 000 Hektar 3 500Hektar landwirtschaftliche Fläche, 500 Hektar Wald und 1 000 Hektar sons-tige Fläche, d.h. nicht mehr nutzbare Rieselfelder, alte ausgetrocknete Teicheund, und, und. Jedes Jahr gehen uns – im Durchschnitt der letzten Jahre – 50Hektar wertvoller landwirtschaftlicher Boden verloren, der zugebaut wurde,der verplant wurde für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Man hat sichnatürlich nicht die kritischen Standorte ausgesucht, sondern schön an denOrten, wo die guten Ackerflächen waren, und es geht rapide mit unsererAckerfläche bergab.

Von den 3 500 Hektar haben wir 2 650 Hektar Ackerland mit einer Ackerzahlvon 26, bauen dort 1 300 Hektar Mais an für unsere Tierbestände, 850 Hek-tar Getreide, 240 Hektar Winterraps und die obligate Stilllegung. Auf demGrünland, 58 Hektar mit einer Gründlandzahl von 34, ist ein Dauergrünlandinstalliert. Ziel der Grünlandbewirtschaftung und der Ackerlandbewirtschaf-tung ist die bedarfsgerechte Versorgung unserer Tierproduktion. Wir habeneinen Tierbestand von 2 700 Milchkühen und weiteren 1 500 Jungrindern,die zu versorgen sind. Wir haben im vergangenen Jahr eine Milchleistung vonüber 8 000 Litern erzielt – ich erwähne das nur deswegen, weil man mit einemersten Schnitt im Monat September keine solche Milchleistung mehr errei-chen kann, das will ich noch einmal betonen.

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Die Ertragserwartung beim Ackerland liegt bei uns bei Mais bei 350 Doppel-zentner, also rund 80 Doppelzentner TS, bei Getreide 46, bei Raps 26 imDurchschnitt der Jahre. Im Grünland haben wir zurzeit nur einen Ertrag von60 bis 62 Dezitonnen TS je Hektar, insgesamt, um die Größenordnung dar-zustellen, müssen wir 35 000 Tonnen Silage produzieren und einsetzen. In derMaisproduktion, unserer Hauptfutterpflanze, ist es in den letzten Jahrenwirklich gelungen, die Erträge zu stabilisieren, über 80, 90 Dezitonnen TShier zu ernten. Dies ermöglichen bessere Erntetechnik, bessere Sorten undbodenschonende Arbeitsverfahren.

Trotz der geringeren Niederschläge ist es uns gelungen, auf diesen Flächenbesser zu wirtschaften. Wir bauen aber in jedem Jahr 20 % mehr Mais an, alswir eigentlich bräuchten, weil die sinkenden Grundwasserstände auchErtragsschwankungen hervorrufen und erst nach der Ernte wird entschieden,ob die letzten 20 Hektar noch geerntet werden oder als Körnermais anschlie-ßend verkauft werden.

Probleme bereitete unser Grünland in den letzten Jahren sowohl in Qualitätals auch in der Ertragssicherheit, sprich, die Anwelk-Silageproduktion auf denGrünlandflächen der Niederung im Großbeerener Grabengebiet, also dienördliche Niederung des gesamten Großbeerener Grabengebietes. In diesemGebiet wurde in den 60er Jahren melioriert. Es wurden drei Schöpfwerkegebaut, die ständig die Entwässerung dieses Gebietes übernahmen. In denersten Jahren – so von 1965 bis 1975 – wurde es intensiv als Acker genutzt,das Moor wurde umgebrochen, es wurde Mais angebaut, es wurde versucht,Roggen anzubauen. Das ging bis 1975 gut, danach war der Boden nicht mehrbefahrbar. Man ging zur Kleegrasbebauung über, alle drei Jahre wurde Klee-gras umgebrochen und neu angesät. Das ging so bis 1998 gut, ab da an habenwir ein Dauergrünland. Dieses Dauergrünland wird jetzt regelmäßig erneu-ert, oder wir versuchen zumindest, die Qualität der Gräser zu verbessern.

Ursache für den Wandel der Bewirtschaftung war, wie gesagt, der fortschrei-tende Moorabbau. Wir haben heute noch 20, 30, mal 40 Zentimeter Moor.Die Befahrbarkeit der Flächen war nicht mehr gegeben und auch die

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Horst Gebert

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Ansprüche in der Tierproduktion haben sich geändert. Wurden damals nochjeden Tag 300 Tonnen Frischfutter produziert, wird heute kein Frischfuttermehr verlangt, es wird alles über Konservate und die verschiedensten Sachengemacht, und die Kosten für Umbruch und Neuansaat sind auch durch denLandwirt nicht mehr zu tragen. Wenn in den 80er Jahren, ich denke mal sozurück, vor allem technische und technologische Probleme Schuld waren,dass wir keine Anwelk-Silage, kein Heu in vernünftiger Qualität produzierenkonnten, haben wir aber immerhin noch 85, 90 Dezitonnen TS je Hektargeerntet – ohne Probleme.

Trotz pflugloser Graslanderneuerung, trotz neuerer, besserer Technik – wirkönnen jetzt also auch bei ganz hohen Grundwasserständen darüber hinweg-fahren – hat unser Ertragsniveau nach unten, richtig schrittweise nach untengeführt. Ursache für diesen Produktionsabfall war unter anderem, dass wir indem Teil der Großbeerener Grabenniederung wirtschaften, der ganz oben istund dieses Gebiet zeichnet sich durch einen permanenten Wassermangel aus.Wir haben in den Monaten März bis in den April hinein noch Wasser in denGräben gehabt – die restlichen zehn Monate war kein Wasser mehr vorhan-den und kein Tropfen Wasser hat mehr das Niedermoorgebiet bei uns verlas-sen. Es war nichts mehr da.

Dieses Gebiet, wie gesagt, wurde in den 60er Jahren entwässert, aber damalswar ein 3 500 Hektar großes Rieselfeld im Norden unseres Betriebes. Vondiesem Rieselfeldfiltrat stand Wasser in unbegrenzter Menge zur Verfügung.Die drei Schöpfwerke sind deswegen nur gelaufen, weil über fünf verschie-dene Gräben das Wasser ungehindert in die Niederung lief, und es wurdeständig abgepumpt.

Mit dem Wegfallen der Rieselfeldwirtschaft, beginnend 1978 bis 1988, ver-ringerte sich das Angebot an Wasser ständig. 1990 erreichte das letzte Riesel-feldfiltrat unser Niedermoorgebiet. Mit dem Wegfall der Rieselfeldwirtschaftfiel ein ganzer Landstrich im Süden Berlins mit einem Mal trocken. Wirsehen es hier auch bei den Grundwasserständen, das widerspiegelt sich ja beiuns. Der ganze nördliche Kreis Teltow-Fläming oder der Süden von Berlin

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wurden entwässert. Und das trotz konstanter Niederschläge um die 550 Mil-limeter pro Jahr. Die Gräben sind trockengefallen, ebenso die Teiche, da istkein Tropfen Wasser mehr drin.

Die Tiere, die im nördlichen Landkreis bei uns noch Wasser suchen im Som-mer, müssen gut zu Fuß sein. Die Schweine schaffen es noch, sie wühlen janoch ein bisschen rum, aber alles andere ist da wirklich schon auf der RotenListe.

Die Grundwasserstände fallen ständig, wir sehen es ja, wir beobachten esjeden Tag. Wir können es zwar nicht wissenschaftlich begleiten, wir staunennur, dass schon wieder ein Teich trockengelegt wurde, und diese gesamtenBruch- und Erlenwälder, davon haben wir noch einige Hundert Hektar, sehenjetzt so aus, dass mittendrin Holunder wächst. Es geht wirklich bergab mitder Landschaft. Die Entwicklung ist für die Natur bedrohlich, aber genausoauch für den Landwirt.

Der Witterungsfaktor, also regnet es oder regnet es nicht, wird immer ent-scheidender und es ist fast wie „Russisch Roulette“. Mangelnde Grundwasser-neubildung steht einer verstärkten Entnahme und einer verstärkten Abfüh-rung aus unserem Territorium gegenüber.

Am 27.02.1998 erfolgte die Unterschutzstellung der Diedersdorfer Heideund der Großbeerener Grabenniederung als Landschaftsschutzgebiet. Ichmöchte einmal einige Ziele dieser Verordnungen, die man den Landwirteneinfach übergestülpt hat, zum Besten geben: Bodenschutz, Verhinderung vonErosion, Funktionsfähigkeit des Wasserhaushaltes sichern, Grundwasserneu-bildung fördern, Luftreinhaltung, Verhinderung von Moorabbau, Förderungvon naturnahen Wälder, Erlenbruchwälder, grundwassernahe Niederungs-wälder fördern – ja, meine Damen und Herren – ohne Wasser ist da über-haupt nichts mehr zu fördern. Ein ganzer Landstrich wurde trockengelegt.

Wir als Landwirte haben es daher begrüßt, dass ein Probebetrieb der Berli-ner Wasserbetriebe durchgeführt wird, eine Studie durchgeführt wurde,

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indem Wasser der Kläranlage Waßmannsdorf in dieses Gebiet eingeleitetwurde. Nicht unsere gesamte Betriebsfläche wurde dadurch erreicht, das wäreaber möglich, aber zumindest wurde das Niedermoorgebiet bei uns über einzu DDR-Zeiten gebautes Grabensystem erreicht. Die Wasserzuführungkonnte in den Großbeerener Graben und verschiedene Grabensysteme ein-geleitet werden und wir haben gute Unterstützung durch ein Büro gehabt.Wir haben heute ein stabiles System, in dem wir unser Niedermoor bewäs-sern können, eventuell auch entwässern können.

Wir als Landwirte – und das ist dieses Mal etwas Positives, man will ja nichtnur schimpfen – waren von Anfang an bei diesem Versuch mit einbezogen,und wenn man mit einbezogen ist, den Umweltgedanken selbst mit formu-liert hat, kann man auch darüber hinwegschauen, wenn mal 10 Hektar über-flutet werden, wenn es im Endeffekt eine positive Aussicht gibt. Ständig ste-hen uns heute 300 Liter Wasser je Sekunde zur Einleitung zur Verfügung. EinPositives hatte das Ganze auch: Die Schöpfwerke konnten abgestellt werden.Wir brauchen heute die drei Schöpfwerke nicht mehr. Zwei funktionierenschon längere Zeit nicht mehr, eines, das Hauptschöpfwerk, wurde durch uns– ein anderer hat es ja nicht erhalten – noch erhalten, aber wir brauchen esnicht mehr, da jetzt ständig Wasser vorhanden ist.

In den vergangenen Jahren von 1990 bis 1998 wurde der Großbeerener Gra-ben als Wasserspeicher genutzt. Er war 50, 60 Zentimeter im Niveau über derNiederung und im Frühjahr, wenn wir die Flächen befahren und bearbeitenwollten, wurde noch Wasser in den Großbeerener Graben reingepumpt, umdie Flächen befahrbar zu machen. Das ist heute nicht mehr notwendig, dennwir haben ja ständig Wasser da und wenn wir Wasser wollen, dann können wires in das Polder reinlassen und wir können jetzt ständig mit relativ hohenGrundwasserständen arbeiten.

Ich muss sagen, wir hoffen, dass dieses System so beibehalten werden kann.Wir können jetzt in natürlicher Vorflut entwässern und Wasser reinlassen, wirhalten die Grundwasserstände – sagen wir einmal – 30, 40 Zentimeter unterGrasnarbe und haben hier befahrbare Flächen erreicht. Wir denken, dass wir

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Auswirkungen verbesserter Wasserrückhaltung auf den Ertrag von Grünlandflächen

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mit einem niedrigen Düngerniveau von 115 Kilogramm Stickstoff, 48 Kilo-gramm Phosphor und 138 Kilogramm Kali, mit veränderter Technik vierSchnitte in einer guten Qualität erzielen können und vielleicht 80 Doppel-zentner TS je Hektar ernten können. Hohe Wasserstände im Niedermoorge-biet sind unser Ziel. Wir nehmen es auch in Kauf, dass 5 bis 8 % unsererFlächen, die Senken usw., voll laufen, teilweise gar nicht mehr oder nur nochextensiv bewirtschaftbar sind – alles ohne Fördermittel. Wir haben noch kei-nen Pfennig dafür bekommen. Wir machen es, weil wir denken, dass es lang-fristig sicher sein wird.

Diesen Kurs verfolgen wir seit 1998. Er hat aber auch das Resultat, dassLandschaftsplaner versuchen, dort Ersatzmaßnahmen einzuplanen. Dasheißt, es entsteht ein Schachbrett-Karo. Dort, wo man Fläche vom privatenEigentümer kaufen kann, möchte man vermessen, 10 Zentimeter, 20 Zenti-meter Wasser, daneben, wo man nicht kaufen kann, sollen wir Qualitätsheuund Silage produzieren, und fünf Meter weiter werden planerisch lukrativBäume verpflanzt. Das ist natürlich Flickwerk, bringt nicht viel, und es lässtsich auch nicht umsetzen. Ich würde sagen, das ist Konfliktplanung vom Fein-sten.

Auf Drängen des Gutes Großbeeren erklärte sich der Landschaftspflegever-ein bereit, eine Planung über diese – sagen wir mal: schwer nutzbaren –Gebiete zu legen und hier diese Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu koor-dinieren. Wasserwirtschaftlich wird dieses Projekt von dem Büro OMD, vonDr. Müller begleitet. Ich denke, wir haben damit gute Voraussetzungen, umhier Erfolg in der nächsten Zeit zu haben. Wir sehen in der Herausnahmedieser Teilflächen eine Möglichkeit, um letztendlich unsere Niedermoor-flächen langfristig zu sichern.

Ich sagte vorhin schon, 20, 40 teilweise nur 15 Zentimeter Moorauflage, daist schon höchste Zeit angesagt. Die landwirtschaftliche Produktion ist nurmachbar mit hohen Wasserständen bei uns in unserem Territorium. Vielesagen, extensiviert doch das ganze Niedermoorgebiet. Wir überfluten eben200 Hektar, so ähnlich wie hier. Ich muss sagen, dann wäre es das Aus für

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unseren Betrieb. Wir sind auf Qualitätssilage mit weit über sechs MegajouleNEL je Kilogramm angewiesen, wir müssen diese Qualität haben. Letztend-lich wollen wir – ich sage ja, man traut es sich kaum noch zu sagen – versu-chen, mit Tieren unser Geld zu verdienen, wir produzieren Milch. Das ist jabeinahe schon verpönt, so etwas offiziell zuzugeben. Und wir brauchen auchSilage mit geringen Rohfasergehalten, mit hohen Eiweißgehalten. Letztend-lich können wir nur so viel Sojaschrot einsparen, wie wir mit einer Qualitäts-silage ersetzen können.

Wir hoffen, dass diese angefangene positive Entwicklung für unseren Betriebund auch die optimistischen Aussichten für den Naturhaushalt nicht gestopptwerden, indem man nicht bereit ist, wissenschaftlich zu begleiten. Nochschlimmer wäre für uns, dass man einfach sagt, wir drehen den Wasserhahnfür die Region in der Kläranlage Waßmannsdorf zu. – Danke für die Auf-merksamkeit.

Anschrift des Autors:

Horst GebertGut GroßbeerenTrebbiner Damm 8115831 Jünsdorf

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Auswirkungen verbesserter Wasserrückhaltung auf den Ertrag von Grünlandflächen

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Prof. Dr. J. Hahn, Humboldt-Universität zu BerlinDr. rer. agr. Annette Prochnow, Institut für Agrartechnik Bornim

Verfahren der feuchtgebietangepassten Landnutzung: Beispielsprojekt moorschonende Landnutzung in der Nuthe-Nieplitz-Niederung

Dieser Vortrag will Ihnen vermitteln, wie die Agrartechnik zur moorscho-nenden Landnutzung und damit zur Erhaltung wichtiger Funktionen desLandschaftswasserhaushaltes im Sinne dieses „Treffpunktes“ beitragen kann.

Niedermoore nehmen in Deutschland große Flächen ein. Allein in Nordost-deutschland sind es rund 450.000 ha, davon die Hälfte in Brandenburg. DieNiedermoore erfüllen wichtige ökologische Funktionen als Wasser- undNährstoffspeicher sowie als Lebensraum für Pflanzen- und Tierarten. Siewerden überwiegend landwirtschaftlich als Grünland genutzt und müssendafür mit Maschinen befahren werden. Voraussetzung für die Erhaltung derNiedermoore ist eine ganzjährig ausreichende Wasserversorgung mit Grund-wasserflurabständen von höchstens 30 cm und Bodenfeuchten von mehr als70 Vol.-%. Damit wird die Befahrbarkeit zu einem zentralen Problem für dieangepasste Bewirtschaftung. Die Belastung beim Befahren muss auf die Trag-fähigkeit der Flächen abgestimmt werden.

Die Tragfähigkeit ist eine komplexe, standortspezifische Größe. Sie kanndurch bodenmechanische Kennwerte beschrieben werden. Bewachsene orga-nische Böden sind im Unterschied zu mineralischen Ackerböden dadurchgekennzeichnet, dass sich an der Oberfläche eine durchwurzelte Schicht mithoher Festigkeit befindet, während der darunter liegende Torf eine geringereFestigkeit aufweist. Die Zerstörung der Grasnarbe durch mechanische Bela-stung führt daher zu einer erheblichen Abnahme der Tragfähigkeit und solltesowohl aus fahrmechanischen als auch aus ökologischen Gründen vermiedenwerden. Technogene Schäden auf Niedermoorgrünland gliedern sich in rad-lastbedingte Schäden, die in einem vertikalen Abscheren der Grasnarbe durchzu hohe Radlasten bestehen, und schlupfbedingte Schäden, die durch hori-

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zontales Abscheren der Grasnarbe infolge von zu hohen Zugkräften charak-terisiert sind. Die kritische Fahrspurtiefe, bei der die Grasnarbe durchbricht,ist abhängig von der Tiefe der durchwurzelten Schicht und beträgt auf Nie-dermoorgrünland etwa 7 cm.

Zur Beurteilung der Tragfähigkeit von Niedermoorgrünland hat sich inumfangreichen Untersuchungen die Scherfestigkeit als geeignete Messgrößeerwiesen. Sie kann mit einem Scherflügel auf einfache Weise ermittelt werden(Bild 1).

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Bild 1 Scherflügel

Die Stabilität von Niedermoorgrünland wird vorrangig von der Grasnarbebestimmt und ist vor allem von der Vegetationsform, der Bewuchsdichte undder Bodenfeuchte abhängig. Die Tragfähigkeit bei mittlerer Bewuchsdichtedifferiert bei den Wiesenbiotopen auf Niedermoor aufgrund der sehr ver-schiedenartigen Durchwurzelung erheblich. Sie ist bei Flutrasen am niedrig-sten und nimmt über Feuchtwiesen bis zu den Frischwiesen hin zu, um beiSeggenrieden die höchsten Werte zu erreichen. Innerhalb der Biotoptypensinkt die Tragfähigkeit bei wachsenden Bodenfeuchten (Tab. 1).

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Tabelle 1: Tragfähigkeit von Niedermoorgrünland

Die mechanische Belastung beim Befahren umfasst vertikale und horizontaleKomponenten. Die vertikale Belastung der Fahrbahn erfolgt durch Radlastenund Druck in der Kontaktfläche von Reifen und Boden. Bei Überschreitungkritischer Werte führt sie zur Bodenverformung durch Verdichtungs- undVerlagerungsprozesse. Es entstehen Fahrspuren bis hin zum Durchbruch derGrasnarbe. Die horizontale Belastung der Fahrbahn erfolgt durch das Auf-bringen von Zugkräften, die von den Treibrädern über den Boden abgestütztwerden. Der dabei entstehende Schlupf führt ab einer Höhe von 10 ... 20 %zum horizontalen Abscheren der Grasnarbe. Der Zugkraftbedarf von Anhän-gern und Arbeitsmaschinen sollte das damit verbundene Zugkraftvermögender Traktoren nicht überschreiten.

Im Ergebnis umfangreicher Befahrversuche mit unterschiedlichen Radlasten,Bereifungen, Zugkräften und Überrollhäufigkeiten ist es möglich, aus techni-schen Daten die erforderliche Scherfestigkeit der Fahrbahn zu berechnen, beider mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Durchbruch der Grasnarbe erfolgt. Indie Berechnungen gehen die Radlasten, Reifenabmessungen und der Zug-kraftbedarf ein. Damit ist es möglich, für das Befahren von Niedermoorgrün-land mit beliebigen Maschinen die mindestens erforderliche Scherfestigkeitzu ermitteln und der tatsächlich vorhandenen Scherfestigkeit bei gegebenen

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Verfahren der feuchtgebietangepassten Landnutzung: Beispielsprojekt moorschonende Landnutzung

Biotoptyp

Bodenfeuchte

Vol.-%

≤ 60

> 60 … 70

> 70 … 80

> 80

Flutrasen

mittel

gering

sehr gering

sehr gering

arme

Feucht-

wiesen

hoch

mittel

gering

gering

reiche

Feucht-

wiesen

hoch

hoch

mittel

gering

Frischwiesen/

Rohrglanzgras-

röhrichte

sehr hoch

sehr hoch

hoch

mittel

Großseggen-

wiesen

sehr hoch

sehr hoch

sehr hoch

sehr hoch

Tragfähigkeitsklasse

(bei mittlerer Bewuchsdichte)

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Standortbedingungen gegenüberzustellen. Die folgenden Beispiele sollen dieVorgehensweise dabei verdeutlichen:

• Beispiel 1: Ein sehr leichter Hangtraktor mit Terrareifen und Front-mähwerk wiegt 2,4 t. Er ist der Belastungsklasse 1 – sehr geringe Belas-tungen – zuzuordnen. Dieses Aggregat kann Niedermoorstandorte abmittlerer Bewuchsdichte immer befahren, da selbst die wenig tragfähigenFlutrasen und Feuchtwiesen bei voller Wassersättigung Scherfestigkeitenvon mindestens 19 kPa aufweisen. Da allerdings keine nennenswertenZugkräfte aufgebracht werden können, ist die Bergung des Aufwuchsesauf diesen Extremflächen nur mit Handarbeitsverfahren oder mit Ladega-beln am Traktor möglich. Derartige Standorte nehmen allerdings nur sehrgeringe Flächenanteile ein.

• Beispiel 2: Ein leichter Standardtraktor mit einer kleinen Rundballen-presse ist der Belastungsklasse 2 – geringe Belastungen – zuzurechnen.Das Aggregat ist für das Befahren von Flächen mit mindestens geringerTragfähigkeit geeignet. Arme Feuchtwiesen können bei Wassersättigung,reiche Feuchtwiesen bei moorschonenden Feuchten befahren werden.Keine Probleme sind beim Befahren von Frischwiesen und Großseggen-wiesen zu erwarten.

• Beispiel 3: Ein Standardtraktor mit einem 19 m3-Ladewagen erfüllt dieMerkmale der Belastungsklasse 3 – mittlere Belastungen. Diese Technikist bei mindestens mittlerer Tragfähigkeit einsetzbar. Arme Feuchtwiesenkönnen bei Bodenfeuchten unter 70 Vol.- % (nicht moorschonend), rei-che Feuchtwiesen bei moorschonenden Bodenfeuchten befahren werden.Problemlos können die weit verbreiteten Frischwiesen sowie Großseg-genwiesen befahren werden.

• Beispiel 4: Die Belastungsklasse 4 ist repräsentativ für hohe Belastungen,die damit auch mindestens hohe Tragfähigkeiten erfordern. Der Einsatzist möglich auf reichen Feuchtwiesen bei Bodenfeuchten unter 70 Vol.-%,auf Frischwiesen bei moorschonenden Bodenfeuchten sowie auf Großseg-genwiesen.

• Beispiel 5: Belastungsklasse 5 steht für sehr hohe Belastungen, die auchsehr hohe Tragfähigkeiten erfordern. Für den Einsatz dieser Technik müs-

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sen auf den Frischwiesen die Grundwasserstände übermäßig abgesenktwerden, während Feuchtwiesen und Flutrasen selbst in trockenen Zeit-spannen nicht die entsprechende Tragfähigkeit aufweisen. Zu dieserKlasse gehören Aggregate mit einachsigen Quadergroßballenpressen,Transporteinheiten mit schweren Kippanhängern, Plattformwagen oderBallenladewagen sowie die meisten selbstfahrenden Mäher und Feld-häcksler. Mit Aggregaten, deren Belastungskennzahlen die Richtwerte derKlasse 5 überschreiten, sind Niedermoorstandorte auch bei Trockenheitnicht befahrbar.

Auf die beschriebene Weise kann für beliebige Standortbedingungen undTechnikvarianten die Befahrbarkeit des Niedermoorgrünlandes beurteilt wer-den. Anhand der Belastungsklassen ist es möglich, die Belastung durch Tech-nikvarianten aus leicht verfügbaren technischen Daten abzuschätzen. Dazugehören z.B. die Motornennleistung oder die Gesamtmasse von Traktorenund Selbstfahrern, die Arbeitsbreiten von Mähwerken, das Ladevolumen vonLadewagen oder die Gesamtmassen von Anhängern. Den Belastungsklassenkann der mögliche Einsatzbereich der Maschinen auf Niedermoorgrünlandzugeordnet werden.

Es wurden im Rahmen des Forschungsprojektes auch betriebliche Erhebun-gen in verschiedenen Niedermoorgebieten Brandenburgs durchgeführt.Neben der Nuthe-Nieplitz-Niederung waren das Rhinluch und die UntereHavel einbezogen. In 20 Betrieben mit einer bewirtschafteten Fläche von31.500 ha, einer Grünlandfläche von 14.050 ha, davon 10.850 ha auf Nieder-moor, wurden Flächenbewirtschaftung und Technikbestand erfasst. Die Ist-Stand-Erfassung mündete in eine Leistungs- und Funktionsbewertung ein.

Die Belastung durch den vorhandenen Technikbestand in den untersuchtenBetrieben erwies sich als überwiegend sehr hoch (Tab. 2).

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Tabelle 2: Belastungsklassen für den vorhandenen Technikbestand in Niedermoorgebieten Brandenburgs

Gerade die leichteren Arbeitsmaschinen wie Wender, Schwader, Anhänge-mähwerke und Rundballenpressen verfügen häufig über zu schmale Räder,die dann trotz geringer Radlasten einsinken. Auch Anhänger sind oft ungenü-gend bereift.

Die höchsten Belastungen beim Befahren von Niedermoorgrünland werdendurch die Transportaggregate verursacht. Neben den maximalen Radlastentragen hier auch die sonst oft untergeordneten Belastungen durch Mehr-fachüberrollung und Aufbringen von Zugkräften in erheblichem Maße zurkritischen Gesamtbelastung bei. Um die möglichen Lademassen innerhalbeiner Belastungsklasse auszuschöpfen, muss die Gesamtmasse auf möglichstviele Räder verteilt werden. Ladewagen, Ballenladewagen oder sonstigeAnhänger sollten daher nicht mit einachsigen Fahrwerken eingesetzt werden.

Verfahrenskosten

Die Anpassung von Technik und Verfahren an die Standortbedingungen desNiedermoorgrünlandes wirkt sich auf die Aufwändungen für die Bearbeitungder Flächen aus. Die Begrenzung der mechanischen Belastung beim Befahrenschränkt gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Maschinen ein, wodurch sich

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Arbeitsgang Anteil der Belastungsklassen[% der genutzten Kapazität]

Belastungsklasse1 2 3 4 5

sehr gering gering mittel hoch sehr hoch

Mähen 0 4 21 40 35Wenden 0 7 80 13 0Schwaden 0 0 89 11 0Pressen 0 0 9 33 58Häckseln 0 0 0 6 94Transportieren Heu 0 0 1 0 99Transportieren Welkgut 0 0 0 0 100

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die Lohnkosten infolge des zunehmenden Arbeitszeitaufwandes erhöhen. Beider Anpassung von Fahrwerken z. B. durch Ausstattung mit Tandemachsenund Breitreifen steigen die Maschinenkosten.

Für Verfahrenslinien der Futterernte können die Verfahrenskosten in den ein-zelnen Belastungsklassen angegeben werden (Tab. 3). Sollen die Fahrwerkeden Anforderungen der unteren Belastungsklassen entsprechen, steigen dieKosten innerhalb der Verfahrenslinien. Die Höhe der zusätzlichen Aufwän-dungen hängt dabei von den konkreten Standortbedingungen eines Betriebesab. Frischwiesen, die insgesamt einen sehr hohen Anteil am Niedermoorgrün-land einnehmen, können z. B. bereits mit Technik der Belastungsklasse 4 beitorferhaltenden Bodenfeuchten befahren werden. Die Mehraufwändungen imVergleich zu Klasse 5 betragen je nach Verfahrenslinie etwa 10…50 DM/ha.Wird jedoch Technik der Klasse 3 für das Befahren von Feuchtwiesenbenötigt, erhöhen sich die Verfahrenskosten um 30…100 DM/ha. Sprung-haft steigen die Verfahrenskosten in Klasse 1, da hier einige Arbeitsgänge vonHand erledigt werden müssen. Solche Pflegemaßnahmen kommen nur fürwenige Flächen mit extremen Standortbedingungen in Betracht.

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Verfahren der feuchtgebietangepassten Landnutzung: Beispielsprojekt moorschonende Landnutzung

Verfahrenslinie Verfahrenskosten in Belastungsklassen

1 2 3 4 5DM/ha DM/ha DM/ha DM/ha DM/ha

Heulinie: Mähen, 3 x Wenden, Schwaden,Pressen, Laden und Transportieren von Rundballen – 440 370 320 290

Heulinie: Mähen, 3 x Wenden, Schwaden,Pressen, Laden und Transportieren von Quaderballen – – – 295 240

Silagelinie: Mähen, Wenden,Schwaden, Häckseln, Transportieren – – 315 255 205

Silagelinie: Mähen, Wenden, Schwaden,Schwadladen mit Ladewagen, Transportieren – 325 250 230 220

Kompostlinie: Mähen und Schwaden mit Einachs-traktor, Transportieren zum Feldrand von Hand auf Bergeplane, Auf- und Umsetzen von Feldrand- mieten, Aufladen und Ausbringen des Kompostes 1.020 – – – –

Tabelle 3: Verfahrenkosten für Heu- und Silagelinien

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Der Trend zum Einsatz von Technik mit wachsender Leistungsfähigkeit undimmer höheren Belastungskennzahlen ist nach wie vor ungebrochen. Diebetrieblichen Erhebungen zeigen, dass der vorhandene Technikbestand über-wiegend hohe bis sehr hohe Belastungen verursacht. Eingesetzt werden häu-fig Mähwerkskombinationen mit übermotorisierten Traktoren, unangepassteQuadergroßballenpressen, selbstfahrende Häcksler mit hohen Eigenmassensowie Transporteinheiten mit zu schweren Anhängern. Breite Bereifungenbilden die Ausnahme. Die leistungsfähige Technik bietet den Betrieben dieMöglichkeit, die Futterernte innerhalb der kurzen optimalen Zeitspannen zubewältigen und die Verfahrenskosten zu senken. Um jedoch das Befahren derNiedermoorflächen mit dieser Technik überhaupt zu ermöglichen, müsstenzwangsläufig während der Bearbeitungszeitspannen sehr niedrige Grundwas-serstände und damit eine weitere Degradierung dieser Standorte in Kaufgenommen werden.

Die Erhaltung von Niedermooren erfordert eine Anpassung der Bewirtschaf-tungstechnik an die veränderten Standortbedingungen bei ganzjährig höhe-ren Grundwasserständen. In drei Szenarien wird die Technikanpassung aufNiedermoorgrünland am Beispiel der Nuthe-Nieplitz-Niederung durchge-spielt.

Szenario 1 entspricht dabei dem Iststand mit den gegebenen Tragfähigkeitenund Belastungen.

Szenario 2 enthält eine Anpassung der Technik an die gegenwärtigen Stand-ortbedingungen. Fahrspurschäden bei niedrigen Grundwasserständen sollenvermieden werden.

Szenario 3 sieht eine Anpassung der Technik an moorschonende Standortbe-dingungen vor. Im Interesse der Torferhaltung werden dabei die Boden-feuchten ganzjährig über 70 Vol.-% gehalten. Es wird unterstellt, dass Was-ser ausreichend verfügbar ist und dass sich Biotoptypen und Nutzungsartennicht ändern.

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Die Verfahrenkostenrelationen für diese Szenarien (Tab. 4), in der etwaigeErlösminderungen allerdings nicht berücksichtigt sind, weisen auch beiAnpassung der Technik an moorschonende Standortbedingungen nur mode-rate Mehraufwändungen aus. Die Zusatzkosten für Anpassung liegen deutlichunter den bisherigen Annahmen. Marktgängige Technik genügt zumeist denAnforderungen oder lässt sich anpassen. In einigen Fällen ist ein Wechsel derVerfahrenslinien erforderlich, um den Anforderungen der unteren Belas-tungsklassen zu entsprechen. Nur in sehr seltenen Fällen wird Spezialtechnikbenötigt, für die sich dann ein überbetrieblicher Einsatz empfiehlt.

Tabelle 4: Mittlere Kosten in Szenarien der Niedermoorbewirtschaftung in der Nuthe-Nieplitz-Niederung

Die standortbedingt unterschiedlichen Verfahrenskosten werden im Rahmender verschiedenen Förderprogramme für die Grünlandnutzung bisher leiderkaum berücksichtigt. Umfassende Ansätze zur Verbesserung der Situation derNiedermoore und des Landschaftswasserhaushaltes müssen auch die Auswir-kungen der Vernässung auf die Kosten für die Flächenbearbeitung einbezie-hen. Flächenbezogene Förderbeträge oder Investitionsförderung zur Tech-nikanpassung sind mögliche Wege. Eine differenzierte Betrachtung ist mitden vorgestellten Erkenntnissen nunmehr möglich.

Die Wissenschaft stellt sich die Aufgabe, das vorhandene Expertenwissen füreine breite Anwendung in Fachbehörden, in der landwirtschaftlichen Bera-tung und in Betrieben zu erschließen. Es wird Anwendersoftware benötigt,mit der die Tragfähigkeit von Niedermoorgrünland an Hand leicht verfügba-rer Standortdaten bewertet werden kann und mit der auf der Grundlage der

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Verfahren der feuchtgebietangepassten Landnutzung: Beispielsprojekt moorschonende Landnutzung

Szenario Verfahrenskosten[DM/ha] [%]

Ist-Stand 271 100

Anpassung an gegenwärtige Standortbedingungen 295 109

Anpassung an moorschonende Standortbedingungen 323 119

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vorhandenen Technikausstattung Empfehlungen für deren Anpassung gege-ben werden können. Eine belastbare Datenbasis für die Verfahrenskosten istdann Grundlage für die Umsetzung des Erkenntnisstandes in Förderrichtli-nien.

Zusammenfassung

Die Erhaltung der Niedermoore erfordert ganzjährig eine ausreichende Was-serversorgung. Um ein angepasstes Befahren der Flächen zu gewährleisten,müssen Radlasten und Zugkräfte begrenzt und geeignete Bereifungen ver-wendet werden. Der Einsatz der gegenwärtig praxisüblichen leistungsfähigenTechnik auf Niedermoorgrünland ist überwiegend mit hohen und sehr hohenBelastungen verbunden und meist nur unter Inkaufnahme der weiteren De-gradierung dieser Standorte möglich. Eine Anpassung der Technik führtstandortabhängig in unterschiedlicher Höhe zu Mehraufwändungen für dieFlächenbearbeitung. Diese sollten in den einschlägigen FörderprogrammenBerücksichtigung finden.

Das Projekt „Befahrbarkeit von Niedermoorflächen bei Maßnahmen zuderen Schutz und angepasster Nutzung“ wurde von der Deutschen Bundes-stiftung Umwelt gefördert und gemeinsam von den Fachgebieten Technik inder Pflanzenproduktion und Ökologie der Ressourcennutzung der Hum-boldt-Universität zu Berlin und dem Landschafts-Förderverein Nuthe-Nie-plitz-Niederung e.V. bearbeitet.

Anschriften der Autoren:

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J. Hahn, Annette Prochnow

Prof. Dr. J. Hahn Humboldt-Universität zu BerlinLandwirtschaftlich-Gärtnerische FakultätFG Technik in der PflanzenproduktionPhilippstr. 1310115 Berlin

Dr. rer. agr. Annette ProchnowInstitut für Agrartechnik Bornim e.V.(ATB)Abt. Stoffkreisläufe und TechnikbewertungMax-Eyth-Allee 10014469 Potsdam

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Dr. Frank Eulenstein, Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung[ZALF] e.V., Institut für Landnutzungssysteme und Landschaftsökologie

Grundlagen und Möglichkeiten zur Verbesserung desWasserrückhaltes auf grundwasserfernen Standorten

Meine Damen und Herren, der Titel des Vortrages mutet etwas kompliziertan, man könnte ihn auch einfacher fassen. Wenn Sie den Flyer zu dieser Ver-anstaltung zur Hand nehmen und die Kernsätze zum Abschluss eines Absat-zes zusammenfassen, dann würde sich dieser Text, der von Herrn Fritschtrefflich formuliert wurde, so lesen: Auf vielen Hochflächen sind in den letz-ten 30 Jahren Absenkungen des Grundwasserstandes zu registrieren. DerMensch kann und muss selbst einen Beitrag zu Wasserrückhalt in der Land-schaft leisten. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung steht die Landwirtschaft.

Genau in diesem Sinne, der Beziehung zwischen Landnutzung und Land-schaftswasserhaushalt, werde ich jetzt meine Ausführungen machen.

Zu Beginn dessen habe ich mir zunächst eine der hervorragenden Folien vonHerrn Landgraf ausgeliehen, die heute morgen bereits gezeigt wurde. Bei denbisherigen Ausführungen haben wir uns eigentlich ausschließlich demBereich der Feuchtgebiete in den Niederungen und nicht mit dem Bereichder überwiegend landwirtschaftlich genutzten, aber grundwasserfernenHochflächen befasst. Diese besitzen eine ganz zentrale Funktion, auch zurVersorgung der Niederungsflächen mit Abflusswasser. Letzten Endes – unddas kam in dem Vortrag von Herrn Landgraf auch zum Ausdruck – ist dieNutzungshistorie der Hochflächen dafür ausschlaggebend, dass wir über-haupt diese ökologisch wertvolle Ausprägung der Naturräume in den Niede-rungen vorfinden. Das heißt, ich möchte im Prinzip darüber reden, wie mandie Nutzung auf dieser Hochfläche organisieren muss, damit wir in der Lagesind, die Funktion, die die Hochfläche hat, für die Niederung wahrzunehmen.

Dabei möchte ich zunächst einmal eine Übersicht über die Böden Branden-burgs geben. Ungefähr drei Viertel der Fläche Brandenburgs sind nicht

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grundwasserbeeinflusst. Das heißt, wir haben bislang über die Schwerpunkt-flächen, die sehr stark grundwasserbeeinflusst sind – also einen geringenGrenzflurabstand besitzen – und Oberflächengewässer geredet Das Gros derFlächen in Brandenburg, aus dem die Speisung dieser Gebiete erfolgt, sindeben aber grundwasserferne Standorte. Eine andere Karte, die auch bereitsheute morgen gezeigt wurde, möchte ich noch einmal in die Erinnerungzurückrufen. Es ist die Karte der jährlichen Niederschlagsmengen. Wir sehenhier noch einmal ganz deutlich, dass wir in Brandenburg ein äußerst geringesNiveau an Niederschlägen, um 550 Millimeter (Liter/m2) – ähnlich wie inSachsen-Anhalt – vorfinden. Ich möchte diese Betrachtung von heute morgenergänzen. Wir haben noch etwas anderes, was uns charakterisiert, und dassind neben den geringen Niederschlagsmengen sehr „schlechte“ Böden miteiner geringen Wasserspeicherkapazität. Die Bodenwertzahlen korrelierensehr gut mit demjenigen Wasser, das pflanzenverfügbar im durchwurzeltenRaum des Bodens gespeichert wird. Die Schwarzerdeböden – etwa um denHarz herum – können bis in einen Meter Tiefe 240 Millimeter Wasser pflan-zenverfügbar speichern. Die Sandböden, die wir in der norddeutschen Tief-ebene haben, besitzen etwa 100 bis 150 Millimeter Speicherkapazität in dergleichen Tiefe. An warmen Tagen im Hochsommer haben wir ca. 6 Millime-ter Verdunstung. Eine Schwarzerde in der Magdeburger Börde würde denPflanzen für 40 Tage Wasser zur Verfügung stellen können. Ein Bestand inBrandenburg ist bereits nach 17 Tagen am Ende der Wassernachlieferung ausdem Boden angelangt. Das hatten wir im Jahr 2000 zwischen Ostern undPfingsten, wo es in einigen Gebieten zu dieser Zeit überhaupt nicht geregnethat. Hier sind also die Sandböden, die man auch in Niedersachsen vorfindet.In Niedersachsen sind die Niederschläge aber 200 Millimeter höher.

Bei uns in Brandenburg kumulieren sich diese Probleme der geringen Spei-cherfähigkeit der Böden und der geringen Niederschläge deutschlandweit ineinzigartiger Weise. Innerhalb Brandenburgs kumuliert sich diese Problema-tik zwischen Frankfurt und Seelow an der Hangkante des Oderbruchs bei 460Millimeter Niederschlag und sandigen Grundmoränenböden, die ins Oder-bruch hineinreichen.

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Frank Eulenstein

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Die Konsequenz, die sich daraus für die Landnutzung ergibt ist, dass derbrandenburgische Landwirt so sehr „mit dem Rücken zur Wand steht“ wiekein anderer seiner Berufskollegen in Deutschland.

Diese Standortverhältnisse: Wasser als wichtigster Produktionsfaktor imMangel und dann auf der anderen Seite sehr wenig wasserspeichernde Bödenführen dazu, dass die Produktionsbedingungen für brandenburgische Land-wirtschaftsbetriebe aus ökologischer Sicht eigentlich am Ende der Skala derBetriebe in Mitteleuropa anzusiedeln sind. Jetzt könnte man natürlich sagen,wenn das schon so ist und unsere Landwirte hier überhaupt keine ökologi-schen Rahmenbedingungen für ihre Produktion vorfinden, dann stellen wirdie landwirtschaftliche Flächennutzung ein. Unsere Nachbarn in den Nie-derlanden diskutieren sehr radikale Szenarien der Zukunft der Landnutzung.Dort gibt es Überlegungen, landwirtschaftliche Flächennutzung – wohlge-merkt bei 900 bis fast 1 000 Millimeter Jahresdurchschnittsniederschlag –vollkommen umzustrukturieren. Der niederländische Agrarminister hatzusammen mit der Universität Wageningen ein Konzept erarbeitet, das dieVision für die Landwirtschaft im Jahre 2050 darstellt. Diese Vision differen-ziert ganz klar in einen „Erlebnispark“, in dem nach Kriterien des Organi-schen Landbaues unter Bäumen Ökorinder weiden, und auf der anderen Seite„Agrarfabriken“ Lebensmittel produzieren. In der unteren Etage dieser Pro-duktionstürme befinden sich Fischteiche, die aus Schlachtabfällen gespeistwerden, darüber drei Decks mit Schweinen und Geflügel, dann darüber dreiEbenen mit Gewächshäusern. Das Ganze abgekapselt, mit Biogasanlagen, diedie Energie liefern, das Ganze energieautark. Zwei Windräder stehen obendarauf. Das System funktioniert ohne Emission und vollkommen flächenun-abhängig. Zunächst ist es eher abschreckend, aber es ist wirklich radikal undkonsequent in der Umsetzung. Dieses mögliche Leitbild für die niederländi-sche Landwirtschaft wird ernsthaft diskutiert, bei – wie gesagt – 900 Millime-ter Jahresniederschlag. Die Frage: „Wollen wir so etwas in Brandenburg auchoder nicht?“ sollten wir uns ernsthaft stellen.

Wir haben Mitte der 90er Jahre in Müncheberg am ZALF eine Studieerstellt, die sogenannte Nord-Ost-Studie. Diese Nord-Ost-Studie basiert

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darauf, dass sich die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftlichenBetriebe verschlechtern. Und zwar gingen wir von einer hohen oder niedri-gen Anpassungsfähigkeit der Landwirte an die EU-Agrarreform aus. Dasheißt im Prinzip, sie erwirtschaften 100 oder 200 Mark weniger pro Hektar.Die Landwirtschaft passt sich den schlechteren ökonomischen Rahmenbe-dingungen mehr oder weniger gut an. Wir stellten fest, dass für den Raum,den wir bearbeitet haben, 2 bis 10 % der Fläche aus der landwirtschaftlichenNutzung herausfallen würden. Wir dürfen nur die Augen nicht davor ver-schließen, dass wir jetzt mit der EU-Osterweiterung 30 % Agrarfläche, abernur 6 % Brutto-Inlandsprodukt zusätzlich in die EU aufnehmen. Das heißt,dass da eine Schere aufgeht, die dazu führt, dass die bisherige Förderpraxis fürdie Landwirtschaft weiterhin so nicht durchgeführt werden kann.

Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass es Landwirtschaft in Brandenburgohne Beihilfe nicht mehr geben wird. Wir brauchen sie aber. Das möchte ichaus mehreren Gründen noch herausstellen:

Wir haben in der Nord-Ost Studie mehrere Faktoren berechnet, die sich ver-ändern, wenn die Anpassung hoch oder niedrig ist und wenn wir diese frei-werdenden Flächen „offenhalten“ oder aufforsten. Die Aufforstung stellt dieNutzungsalternative zur landwirtschaftlichen Flächennutzung dar. Wir habenuntersucht, wie sich die Grundwasserneubildung, die Energiefixierung in derBiomasse und zahlreiche sonstige Landschaftsindikatoren verändern werden.Ich möchte betonen, dass die Grundwasserneubildung bei vorrangiger Auf-forstung in ganz dramatischer Weise abnimmt.

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Abbildung 1: Auswirkungen der EU-Agrarreform auf Umweltqualitätsziele in einer Region in Nord-ostdeutschland

In Müncheberg wird nicht erst seit 1992, seit dem es das ZALF gibt, über denLandschaftswasserhaushalt gearbeitet. In sehr komplexer Weise wurde einModell entwickelt, das bereits seit den 70er Jahren kultiviert wurde und zurBeregnungssteuerung eingesetzt wurde. Es kann nahezu alle gängigen land-wirtschaftlichen Kulturen in den relevanten Wasserhaushaltsgrößen model-lieren. Dieses Modell – es nennt sich Thesseus – haben wir anhand tatsächli-cher Messungen geprüft. Die Messkampagnen führten wir gemeinsam mitpolnischen Kollegen aus Poznan durch. In dieser polnischen Region habenwir die gleichen hydrologischen Probleme wie in Brandenburg. Die polni-schen Kollegen haben Messtürme mit in logarithmischen Höhenabständenangeordneten Messwertgebern, die die reale Verdunstung messen. Die Ver-gleiche zwischen Messung und Modellierung zeigen eine sehr gute Überein-stimmung zwischen dem, was das Modell berechnet, und demjenigen, wasgemessen wurde.

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Grundlagen und Möglichkeiten zur Verbesserung des Wasserrückhaltes auf grundwasserfernen Standorten

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In institutsübergreifenden Tätigkeiten können wir tatsächlich Aussagen überdie Veränderungen machen, die sich ergeben, wenn sich die Landnutzunggravierend ändert. Konkret heißt das, dass wir mittels meteorologischer,Landnutzungs-, topographischer und bodenhydrologischer Daten, die wirdann zusammenfassen in einem „geographischen Informationssystem“ (GIS),zunächst die unterschiedlichen Informationsebenen verschneiden. Dazuhaben wir konkret einen Landschaftsausschnitt genommen, der für Branden-burg auch weitestgehend repräsentativ ist. Es ist eine überwiegend agrarischgenutzte Landschaft im Landkreis Märkisch Oderland um Müncheberg, See-low, Wriezen, Neuhardenberg und Golzow. In diesem Gebiet – das sindungefähr 66 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche – haben wir vonjedem Landwirt Informationen zu jedem Schlag und den Betrieben als Wirt-schaftseinheiten aufgenommen. Über den Zeitraum von 1993 bis 1999 wur-den unter anderem Anbaufrüchte, Düngung und Erträge ermittelt. DieseInformationsebene der Landnutzung wurde mit der digitalen Bodenkarte(MMK) verschnitten. Das Modell Thesseus kann genau berechnen, wie vielunter jeder Teilfläche, die sich als Verschnitt aus Landnutzung und ausBodeneinheit ergibt, an Sickerwassermenge oder Verdunstungsmenge anfällt.Wir sehen im Ergebnis von 1993 bis 1995, dass wir tatsächlich im Durch-schnitt der Jahre unter landwirtschaftlicher Nutzfläche um die 100 Millime-ter Grundwasserneubildung haben. Darüber hinaus wissen wir auch, dassunterschiedliche landwirtschaftliche Kulturen – zum Beispiel die Winterger-ste, Sommergerste, Zuckerrüben, Körnerleguminosen, Raps, Mais, Luzerne,Sonnenblumen usw. unterschiedliche Grundwasserneubildungsraten undunterschiedliche Verdunstungsmengen auf unterschiedlichen Böden haben.

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Abbildung 2: Modellierte Sickerwassermengen in Märkisch- Oderland (eigene Erhebungen)

Aus dieser Kenntnis heraus wären wir imstande, Fruchtfolgen so zusammen-zustellen, dass sie im Hinblick auf eine Optimierung der Grundwasserneubil-dung funktionieren würden. Dies ist aber im Moment nicht vorrangiges Zielder Landnutzungsplanung, weil agrarpolitische Rahmenrichtlinien z. B.durch die Förderung bestimmter Anbaufrüchte (Ölsaatenförderung) unddurch agrarpolitische Vorgaben wie der Flächenstillegung in der Fruchtfolge-planung dominieren.

Wenn wir jetzt in den Modellansätzen fortfahren, einmal zu vergleichen, wiees mit der Grundwasserneubildung unter Acker und Wald aussieht, könnteman bereits heute steuernd in der Landnutzungsplanung aktiv werden. Also,wenn schon die Landwirtschaft nicht mehr die Rolle spielen wird, die sie imMoment spielt, muss man abschätzen, was passiert wenn man die Flächen auf-forstet oder einer anderweitigen Nutzung zuführt. Hier sehen Sie jetztUntersuchungsergebnisse aus Kiel. Ich möchte nur einmal die Unterschiedezwischen Acker und Wald in der Verdunstung aufzeigen. Der Wald verduns-tet im Durchschnitt 100 Millimeter mehr als Ackerland. Darüber hinaus gibtes Erhebungen auch aus dem Rheinland. Auch hier wieder ein Unterschied

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von 80 Millimeter in der Grundwasserneubildung – und das bei ca. 700 Mil-limetern Niederschlag.

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Abbildung 3: Sickerwasseranfall bei unterschiedlicher Landnutzung

Untersuchungen aus Polen zeigen genau das Gleiche. Dort wurde zwischendem Landschaftstyp Acker, Grünland, Laubwald usw. differenziert. Wir stel-len auch hier fest, dass der Wald eine deutlich höhere Verdunstung aufweistals Ackerflächen.

Abbildung 4: Aktuelle Evapotranspiration verschiedener Ökosysteme in einer Landschaft

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Es spielt natürlich auch der Grad der Strukturierung der Landschaft eineRolle, denn ein Acker, eingebettet im Laubwald, eine Landschaft mit 10 bis20 % Laubwaldanteil, verhält sich anders als eine reine Ackerlandschaft; derLaubwaldanteil erhöht – ebenso wie der Nadelwaldanteil – tatsächlich dieVerdunstung in der Landschaft.

Die komplexen Zusammenhänge zwischen Landnutzung, Bodenqualität undNiederschlägen sind zusammengeführt worden in diesem kompliziert anmu-tenden Nomogramm nach RENGER, es funktioniert aber im Prinzip ganzeinfach. Aus der Wassermenge, die im Boden pflanzenverfügbar gespeichertwird, und dem Niederschlag – differenziert nach Sommer- und Winternie-derschlag – kann man die Sickerwassermenge abschätzen.

Das Resultat der Abschätzung des Sickerwasseranfalls nach diesem Nomo-gramm für Brandenburger Verhältnisse zeigt ebenfalls einen deutlichenUnterschied zwischen diesen beiden Landnutzungsformen.

Wenn wir also morgen die Frage gestellt bekommen „Was müssen wir tun,um Wasser in der Landschaft zu halten, um die Speisung von Feuchtgebietenaus den Hochflächen heraus, aus den Grundmoränen und Sanderflächen zuoptimieren?“, dann müssen wir deutlich sagen: „Wir müssen die landwirt-schaftliche Flächenbewirtschaftung sicherstellen, und das trotz dieser entge-genstehenden agrarpolitischen Rahmenbedingungen“.

An dieser Stelle sollte noch ein weiterer – die Agrarstruktur betreffender –Aspekt erwähnt werden. Wir sehen hier die Verdunstungsraten reinerAgrarökosysteme und strukturierter Agrarlandschaften mit Hecken. Wirsehen an den in Polen durchgeführten Untersuchungen, dass die künstlichenWindschutzbarrieren, also intelligent angelegte Strukturen, durchaus in derLage sind, die Verdunstung einer Landschaft zu reduzieren. Eine Hecke ansich betrachtet, also isoliert, hat eine deutlich höhere Verdunstung als dieAgrarökosysteme im direkten Umfeld. Offenbar sind die Hecken aber in derLage, den Wind abzubremsen und damit die wasserdampfgesättigte Luft überden Pflanzenbeständen zu halten und nicht zusätzlich noch Wasser zu ver-brauchen und aus der Landschaft abzuführen.

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Abbildung 5: Struktur der Energiebilanz von Landschaften

Das ergibt ein intelligentes Landschaftsmosaik mit Habitatfunktion, das nochdazu beitragen kann, den Austrag von Wasser aus der gesamten Region zuminimieren. Zusammenfassend ist hier noch einmal dargestellt, dass einGrundwasserboden und Wasseroberflächen höhere Verdunstung haben alsWald- und Grasland, und die landwirtschaftlichen Landnutzungsformennoch einmal eine geringere als die forstlichen. Im Prinzip kann man von einergroben Dreigliederung der Höhe der Verdunstung sprechen. Fazit ist, dasswir alles im Bereich des Möglichen realisieren müssen, um landwirtschaftli-che Flächennutzung dauerhaft zu gewährleisten.

Wie sieht es mit den qualitativen Aspekten der Grundwasserneubildung aus?Häufig ist das Nitrat ein großes Problem. Im gesamten Bundesgebiet habenwir jetzt flächendeckend einen Durchschnitt von 90 bis 100 Kilogramm Stick-stoffüberschuss pro Hektar, die aus der landwirtschaftlichen Nutzung kom-men, die potenziell ins Grundwasser verlagert werden können.

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Struktur der Energiebilanz (MJ · m-2) und Evapotranspiration (mm) ganzer Land-schaften während der Wachstumsperiode in einem Untersuchungsgebiet (Standort:Turew, PL)[Daten nach: RYSZKOWSKI und KEDZIORA, 1987]

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Wir haben auch zu diesem Themengebiet Untersuchungen angestellt, dieebenfalls in der zuvor beschriebenen repräsentativen Agrarlandschaft im öst-lichen Brandenburg durchgeführt wurden. In diesem Gebiet wurde der Dün-gemitteleinsatz quantifiziert, der Nährstoffentzug mit dem Erntegut kalku-liert, um daraus die Bilanz zu berechnen – flächendeckend für 66.000 Hektar.Diesen Stickstoffbilanz-Überschuss kann man in einem weiteren Schritt aufdie angefallene Sickerwassermenge verteilen und erhält dann als Resultat diepotenzielle Nitratbelastung des Grundwassers.

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Abbildung 6: Potentielle Nitratkonzentration des Sickerwassers in Märkisch-Oderland (eigene Erhebun-gen)

Im Bereich der Nitratbefrachtung des Grundwassers ist es natürlich in der Tatso, dass die Landwirtschaft ein echter Emittent ist. Wir haben Forschungs-projekte vom BMBF finanziert, die sich aber mit der Filterfunktion der land-wirtschaftlichen Nutzung befassen. Das heißt konkret für atmosphärischeSchwefeleinträge oder auch für andere Stoffeinträge. Mit der Festlegung von

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Schwermetallen in gekalkten Böden befassen wir uns augenblicklich. DieErgebnisse stehen derzeit noch aus. Im Bereich von Nitrat ist es in der Tat so,dass wir aus der Grundwasserzone einen Mittelwert von etwa um die 33 Mil-ligramm Nitrat-Stickstoff pro Liter für unseren Raum haben können, unddas, wo wir tatsächlich nur 50 bis 100 Millimeter Sickerwasser haben. An die-sen Daten, die ich hier jetzt vorstelle, der 93er- und 95er-Erhebung, hat sichvon 95 bis 98 im Grunde genommen sehr wenig geändert, die sind eher nochgeringer geworden, weil die Tierbestände verkleinert wurden. Wir habenStickstoff-, Phosphor- und Kaliumbilanzen berechnet. Der Stickstoffüber-schuss liegt bei 48 Kilogramm pro Hektar und Jahr, Phosphor- und Kalium-bilanzen sind ausgeglichen. Von Emission bei den Nährstoffen Phosphor/Kalikann keine Rede sein, und was Stickstoff anbetrifft, ist der Überschuss halb sohoch wie im Bundesdurchschnitt. Diese Sachverhalte sollte man in der allge-mein geführten Diskussion deutlich herausstellen. Das heißt, die Landwirte,bei denen wir in Märkisch-Oderland die flächendeckende Erhebung durch-geführt haben, wirtschaften mit einer „guten fachlichen Praxis“, die ihresglei-chen sucht.

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Abbildung 7: Nährstoff-Betriebsbilanzen in Ost-Brandenburg (eigene Erhebungen)

Wir haben uns dann noch für Detailuntersuchungen ein 3.000 ha großesAreal herausgesucht, das hydrologisch abgeschlossen eine „Pfanne“ darstellt.Wir sind dabei so vorgegangen, dass wir das ganze Gebiet mit 100 Tiefboh-

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rungen bis 4,20 Tiefe beprobt haben. In 30-Zentimeter-Schichtkomparti-menten wurden Bodenproben entnommen, die auf ihre Stickstoffkonzentra-tion untersucht wurden.

Was man dann aus diesen „Fieberkurven“ sehen kann, ist z. B. Folgendes: Eshandelt sich hier um eine Stilllegungsfläche. Was hier im oberen Bodenab-schnitt enthalten ist, ist aufgrund der Sickerwassermenge einem Bewirtschaf-tungsjahr zuzuordnen und stellt die Menge an Stickstoff dar, die ausgewa-schen ist. Aus den Stickstofffrachten der den Jahren zuzuordnenden Sicker-wassermengen ist Folgendes abzuleiten:

Wenn man landwirtschaftliche Flächen, die in einem guten Versorgungszu-stand und mit Humus angereichert sind, plötzlich stilllegt und unproduktivliegen lässt, dann schütten die den Stickstoff aus der Mineralisation desBodenvorrates. Dies kann, wie in diesem Fall, eine halbe Tonne Stickstoff proHektar über einen Zeitraum von vier Jahren sein.

Und auch das, was man aus den hundert Bohrungen ableiten kann, ist einThema der allgemeinen politischen Diskussion, wenn es um Wasserschutzgeht. Wenn man sich die Ergebnisse dieser Untersuchungen an den drei Ver-suchsbetrieben näher betrachtet, haben wir einen Bilanzwert von 32 im orga-nischen Landbau, im integrierten Landbau 28 und im konventionellen 33 kgStickstoff pro Hektar und Jahr. Die Grenze zwischen – sagen wir mal – inte-griertem Landbau und konventionellem müsste aufgrund der „Grenzdiffe-renz“ 26 und größer sein, damit sie sich tatsächlich statistisch unterscheiden.

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Abbildung 8: Kenngrößen der Stickstoffbefrachtung des Sickerwassers bei unterschiedlichenLandnutzungssystemen (eigene Erhebungen)

Ökologischer Landbau und integrierter Landbau unterscheiden sich im Falleunserer Untersuchungen hinsichtlich der jährlich ausgewaschenen Stickstoff-mengen nicht voneinander. Die Grenzdifferenz von 19 kg N/ha ist nichtüberschritten. Aber beide gemeinsam unterscheiden sich sehr wohl vom kon-ventionellen Landbau.

Neben der Maximierung des Abflusses zur Speisung von ökologisch wertvol-len Feuchtgebieten trägt die Versickerung auch zur Speisung der Grundwas-servorkommen bei. Diese werden ihrerseits dann wieder zur Trinkwasserge-winnung abgepumpt. Sie müssen sich einmal vor Augen halten, dass untereinem Quadratmeter 100 Liter Grundwasser neu gebildet werden. ZehnQuadratmeter liefern daher ein Kubikmeter und ein Hektar liefert 1.000Kubikmeter. Diese 1.000 Kubikmeter verkauft die Wasserwirtschaft zu einemMehrfachen dessen, was der Landwirt mit seinen 50 Doppelzentnern Roggenan Einkommen erwirtschaftet. Unter dem Acker wird nicht selten mehr Geldverdient als auf dem Acker.

Als Zusammenfassung stellt sich die Frage: wo liegen die zukünftigen Per-spektiven der Landnutzung. Ich habe vorhin gesagt, wir müssen eigentlich

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alles tun, auf grundwasserfernen Standorten und eigentlich auch nicht nurdort, landwirtschaftliche Flächennutzung auch zukünftig zu gewährleisten.Was wir können, ist dem Landwirt die Möglichkeiten in die Hand zu geben,so effizient wie möglich zu produzieren, denn nur so kann er dem ständig stei-genden Kostendruck ausweichen. Anders geht es nicht. Unsere Böden, geradedie, die wir hier in Brandenburg haben, sind häufig sehr heterogen. Das heißt,es handelt sich häufig um Grundmoränenböden, die durch Flugsanddeckennivelliert sind. Das heißt, Mergel und Sand können nebeneinander vergesell-schaftet vorkommen und bilden oft kleinräumige Bodenmosaike.

Diese Böden, egal wo man hinkommt, sind in jedem Fall heterogen. Selbstdas homogen erscheinende Oderbruch ist eigentlich bodenkundlich extremheterogen. Wir entwickeln derzeit Verfahren zur sogenannten teilschlagspe-zifischen Bodennutzung. Das heißt also, wir entwickeln Verfahren, mit denenes möglich, ist über Anweisungskarten heterogenen Böden Rechnung zu tra-gen. Dies geschieht durch: Bodenbearbeitung, durch standortangepasste Aus-saat, durch standortangepasste Düngung, usw. Das System ist gekoppelt miteiner Ertragserfassung und letzten Endes mit einer Ertragskarte, die dannwiederum Informationen für die neue Anweisungskarte ergibt. Das heißt, aufSandflächen, wo der Bestand nicht die doppelte Aussaatmenge haben muss,wird die Aussaatmenge oder die Stickstoffdüngung reduziert. Auf Lehm-standorten mit höherem Wasserspeichervermögen, wo der doppelte Ertragrealisiert werden kann, wird das Produktionsverfahren auf höherem Niveaugefahren. Das hilft Kosten sparen, das hilft auch Stoffauswaschungen zu ver-ringern. Diesbezüglich sind Ökologie und Ökonomie keine Gegensätze. HerrFritsch, der uns heute in das Thema eingeführt hat, hat als Landwirtschafts-minister damals dieses Projekt eröffnet. Es ist einiges daraus geworden, ausdem Pilotprojekt „Reduzierte Bodenbearbeitung“ auf dem Betrieb „Nuthe-quelle-Niedergörsdorf“.

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Abbildung 9+10: Standortangepasste und teilschlagspezifische Bodenbearbeitung im Pilotprojekt „Redu-zierte Bodenbearbeitung“ auf dem Betrieb „Nuthequelle-Niedergörsdorf (Fotos: Frank Eulenstein)

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Das was ich vorhin sagte, dass nämlich unter dem Acker häufig mehr verdientwird als auf selbigen, ist in Brandenburg noch nicht ganz angekommen. InNiedersachsen gibt es schon einen Wasserpfennig. Da werden bei jedemKubikmeter 10 Pfennig abgeführt, die der Landwirtschaft zugute kommen,und das sind bei den Grundwasserneubildungsraten in Niedersachsen 200 bis300 DM pro Hektar. Dort werden 2.000 bis 3.000 Kubikmeter unter einemHektar neu gebildet, hier nur 1.000. Wenn die Landwirtschaft existenzge-fährdet ist, was wir alle nicht hoffen wollen, dann heißt die Nutzungsalterna-tive nicht Aufforsten, denn Aufforsten hieße, dass eben diese ökologischenKonsequenzen, ökologische Folgeleistungen für die anderen umgebendenFeuchtgebiete nicht mehr gegeben wären, und deshalb muss eine Offenhal-tung der Agrarlandschaft einfach schlicht und ergreifend gewährleistet sein –und das wollte ich noch einmal sagen. – Vielen Dank.

Anschrift des Autors:

ZALFInstitut für Landnutzungssysteme und LandschaftsökologieDr. Frank EulensteinEberswalder Str. 8415374 Müncheberg

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Walter Thiel, Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern

Das Moorschutzkonzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Chancen für die Landnutzungund die Umwelt

Ich möchte von unseren Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern berich-ten. Was hat uns Mecklenburger bewogen vorzupreschen, wo wir docheigentlich dafür bekannt sind, dass wir 50 Jahre hinterherhinken?

Aber in diesem Falle hat man uns irgendwie auf Trab gebracht.

Vorweg ein paar kurze Bemerkungen zum Einstieg, damit Sie die Situationverstehen. Ich komme nachher nicht umhin, auch einige naturräumlicheGegebenheiten kurz vorzustellen, weil sie eine wesentliche Rolle spielen.

Am Anfang stand ein Auftrag des Landtages von Mecklenburg-Vorpommernan die Landesregierung, ein Konzept über den Erhalt und die Entwicklungder Niedermoore vorzulegen. Die Politik also hat uns in diesem Falle malgezwungen. Warum eigentlich, was lag da vor?

Da war folgende Situation: 1995 gab es heftige Diskussionen über die Moore.Klimaschutz spielte damals in den Jahren 1994/1995 eine große Rolle undwurde intensiv diskutiert. Prof. Succow hatte an die Universität in Greifswaldzu einem Kolloquium auch Vertreter der Landwirtschaft eingeladen. Bei die-sem Kolloquium war der Umgang mit Mooren Thema. Das war am4. November 1995, und ich war von unserem Ministerium beauftragt, denAbteilungsleiter Agrarwirtschaft bei der Vorbereitung zu unterstützen. Wirwaren den ganzen Tag mit Landwirten, mit Leuten von Wasser- und Boden-verbänden und regionalen Politikern unterwegs, um draußen vor Ort dieFrage zu diskutieren, welche Probleme bei der Nutzung von diesen großenNiedermoorflächen anstehen. Und zufällig an diesem Tage, nachdem derWind tagelang die Ostsee von Südwest nach Nordost geweht hatte und dasganze Wasser weggedrückt hatte, drehte der Wind um und das ganze Wasser

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kam zurück und die Ostsee stieg und stieg und die Situation war folgende: Imersten Polder, zu dem wir frühmorgens hinkamen, war noch Normalwasser-stand und es wurden einige Probleme diskutiert. Die Organisatoren hattenmehrere Polder im Gebiet ausgesucht, weil dem Abteilungsleiter unter-schiedliche Typen dargestellt werden sollten, und wir hatten immer ungefähreine Stunde Fahrt bis zum nächsten. Und jedes Mal nach einer Stunde, wennwir wieder an ein Polder kamen, war der Wasserstand höher und die Gesich-ter der Leute vor Ort, die ja diese Problematik kannten – uns aus dem Bin-nenland war das ja nicht so vertraut – die wurden immer länger, es war un-übersehbar, die wurden immer länger. Und so am späten Nachmittag trafenwir dann an einem Polder ein, der stand schon komplett unter Wasser und dasWasser war kurz unter der Deichoberkante. Das war so die Situation, bei derdie ganze Problematik diskutiert wurde. Also besser ging es gar nicht. UnsereUmweltleute hatten sich schwerpunktmäßig auf den Abteilungsleiter Agrar-wirtschaft eingeschossen, weil sie dem ja ordentlich einheizen wollten, abersie konnten ihre Argumente wohl nicht richtig loswerden. Dem Abteilungs-leiter Agrarwirtschaft brauchte nichts mehr gesagt zu werden.

In der Nacht waren 11 000 Hektar unter Wasser gegangen, davon 3 000 Hek-tar dauerhaft, nicht mehr abzupumpen, nicht mehr reparabel. Und das zeigtejedem, dass die Diskussion in den letzten zwei Jahren nicht ohne Grund war.Die Höhenverluste im Moor betragen in unseren Gebieten bis zu zweiMetern. Flächen, die zum Zeitpunkt der Eindeichung für die landwirtschaft-liche Nutzung noch ungefähr 30, 40, 50 Zentimeter über NN gelegen haben,haben inzwischen so viel an Höhe verloren, dass sie eben 70, 80 Zentimeterund bis zu 1,10 Metern unter NN lagen. Die Überflutung war das Ergebnis.Das konnte nun jeder sehen, da gab es nichts mehr zu diskutieren.

Das alles passierte in dieser Nacht, und wenige Tage danach wurde im Land-tag die Landesregierung beauftragt, ein Konzept vorzulegen. Auch so ent-steht politischer Druck, einfach durch Wind, den wir nicht bestellt und auchnicht umgedreht haben. Es soll ja Leute geben, die behaupten, Petrus sei auchein Mecklenburger, vielleicht stimmt es.

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Aber es war trotzdem noch ein langer Weg. Wir hatten einige Erfahrungenmit Regenmooren und deren Renaturierung, wobei wir da auf Erfahrungenvon Niedersachsen aufgebaut haben. Aber wir hatten immer noch keineErfahrungen mit den großen Niedermooren und davon haben wir sehr viele.Obwohl der Druck von der Politik nun groß war, haben wir erst die land-schaftsökologischen Grundlagen ausgearbeitet, haben das Heft „Land-schaftsökologische Grundlagen“ veröffentlicht und haben sowohl in denSchützer- als auch den Nutzerverbänden diskutiert, in den Kreisbauernver-bänden, im Landesbauernverband, bei Seminartagungen. Wir haben so langediskutiert, bis man uns überall im Land mit den Wort empfing „Was einMoor ist, braucht ihr uns nicht zu sagen, das wissen wir inzwischen auch,reden wir über die Probleme“.

Dann wurde die interministerielle Arbeitsgruppe gebildet, die aus Agrarwirt-schaft, Wasserwirtschaft, Naturschutz, Forstwirtschaft und Emissionsschutzbestand und auch die nachgeordneten Fachbehörden und auch die For-schungsanstalt der Landwirtschaft mit einbezog. Einen vielleicht besonderenWeg sind wir gegangen, als wir die erste Phase der Erarbeitung dieses Moor-schutzkonzeptes der Landwirtschaft übertragen haben. Über weite Streckenhat also die Landwirtschaft die Führung gehabt und erst kurz vor demAbschluss hat die Landwirtschaft von sich aus gebeten, jetzt möge doch derNaturschutz die Sache übernehmen, jetzt wird es langsam heiß.

Das ging also nach einigen heftigen Diskussionen am Anfang nachher rechtsachlich zu und die Landwirtschaft hat dafür gesorgt, dass die Landwirt-schaftsämter beauftragt wurden, Analysen über die Betroffenheit von Land-wirtschaftsbetrieben bei Entzug von Moorflächen zu erarbeiten und die Mög-lichkeiten zum Ersatz von Flächen zu prüfen. Diese Analyse hat uns spätersehr geholfen, sie spielte eine große Rolle bei den Entscheidungen, die wirgetroffen haben.

Wir haben unsererseits eine Schöpfwerksanalyse angefertigt; 570 Schöpf-werke haben wir im Lande, 135 000 Hektar wurden gepumpt, davon eineganze Menge mittlerweile unter dem Mittelwasserstand der Vorflut. Die

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Wasserwirtschaft hat ihrerseits Untersuchungen angestellt, wo die Grenzedes Machbaren ist, es gibt Gebiete, da kann man heute einfach nichts mehrrückbauen, weil die Infrastruktur so entwickelt ist, dass es nicht mehr geht.Die Forstwirtschaft hat ihre Anforderungen definiert, ebenso der Natur-schutz, und dann haben wir einen Konzeptentwurf erarbeitet. Dieser wurdedem Kabinett vorgelegt mit der Bitte zur Freigabe der öffentlichenAnhörung. Wir haben von diesem Papier 150 Exemplare verschickt, über 60Antworten und Stellungnahmen wieder zurückbekommen, haben die aufge-arbeitet, haben in einer Veranstaltung eine Auswertung vorgenommen, ineiner weiteren Veranstaltung die Auswertung der Anhörung vorgenommen,die Vorschläge veröffentlicht und erläutert, wie sie berücksichtigt wurden.

Daraufhin wurde das Konzept gefasst und verabschiedet, anschließend wur-den die Richtlinien erarbeitet – das war auch nicht ganz einfach. Wir wollteneine 100%ige Förderung absichern, weil wir davon ausgehen, dass diejenigen,die heute dort in den Mooren sind, das nicht verschuldet haben. Da das Lan-desinteresse, dort eine Veränderung herbeizuführen, überwog, infolgedesseneine 100%ige Förderung angestrebt wurde, hat nach einigem Hin und Herauch die EU zugestimmt. Wir haben gleich noch eine Richtlinie hinterhergeschoben, nämlich zur Renaturierung von Söllen und Binnenentwässe-rungsgebieten mit ebenfalls einer 100%igen Förderung. Auch die haben wirgekriegt.

Inzwischen haben wir im Landesamt für Umwelt und Natur eine Koordinie-rungsstelle Moorschutz installiert, die gleichzeitig als Bewilligungsbehördefungiert. Wir haben durchgesetzt, dass dem auf jeden Fall ein Naturschützeran der Spitze steht, ein Landwirt dorthin delegiert wird aus dem Landwirt-schaftsministerium und dass auch jederzeit der Zugriff auf die Wasserwirt-schaft möglich ist, damit dort ein Fachgremium vorhanden ist, das dann auchsehr gute Anleitungen bei Problemen geben kann. Ein Moorbeirat hilft beiden Entscheidungen, welche Projekte angenommen werden und welchenicht. Dort sind mehrere Abteilungen dabei, so die Raumordnung, die Was-serwirtschaft, der Naturschutz, die Landwirtschaft und da sind der Bauern-verband und die Schützerverbände mit einem Vertreter vertreten, die Kom-

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munalverbände mit einem Vertreter, die Wasser- und Bodenverbände miteinem Vertreter und auch die Wissenschaft ist in dieses Gremium mit einge-ordnet.

Dieses Gremium tritt zwei Mal im Jahr zusammen, dann werden alle Anträgeauf den Tisch gelegt, vorgestellt und erläutert und dann wird entschieden,welche Projekte gefördert werden. Wir haben weitestgehend abgesichert,dass auch in die laufenden Verfahren sehr viele eingebunden sind und dass dasVerfahren immer transparent bleibt.

Nun möchte ich noch etwas zu unserer konkreten Situation sagen.

12,6 % der Landesfläche sind Moore. Das ist also nicht wenig, das ist jeden-falls doppelt so viel, wie wir Seen haben und darauf waren wir schon immerstolz. Viele dieser Moore haben Abflussbahnen aus der Eiszeit, große ver-moorte Flusstäler, z. B. von Peene, Recknitz und Warnow. Alle tragen dasWasser in Richtung Norden aus.

Es ist dabei Folgendes zu beachten: Alles was nördlich der Hauptendmoräneist, entwässert in die Ostsee. Wir sitzen gemeinsam mit anderen Bundeslän-dern in Helsinki in einer Kommission, die sich darum den Kopf zerbricht, wieman die Ostsee wieder einigermaßen von den hohen Nährstofffrachten ent-lasten kann.

Die werden natürlich hier über unsere Flüsse ausgetragen, auch das war denLandwirten und der Wasserwirtschaft sehr schnell deutlich zu machen. Diesegroßen Flusstäler sind alle in den letzten 100, 150 Jahren landwirtschaftlichnutzbar gemacht worden. Das ging nur, indem man die Flusstäler mit Fang-gräben versehen hat, denn das Wasser kommt von den Seiten und fließt durchden Moorkörper in Richtung Fließgewässer. Ziel war es, den Moorkörper freizu kriegen vom Sickerwasser, um ihn nutzen zu können. Und das hat aber lei-der dazu geführt, dass ein Moorverbrauch in Größenordnungen da ist, einerhebliches Gefälle entstanden ist und natürlich vor allem eine große Zahlvon Ackerstandorten entwässert wurde.

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Nach vorsichtigen Berechnungen der Wasserwirtschaft sind es ungefähr 150Millionen Kubikmeter Wasser, die jedes Jahr frisch vom Acker ungereinigtflussabwärts in die Ostsee transportiert werden.

Eiszeitlich gesehen ist Mecklenburg-Vorpommern ein sehr junges Land. Wirhaben sehr viele dieser Toteisformen, Sölle genannt. Diese sind im GrundeBinnenentwässerungsgebiete, wir rechnen mit ungefähr 80 000 im Lande.Während der Phase der Komplexmelioration sind sie zu großen Teilen an dieVorflut angeschlossen worden. Mit Hilfe der Sollschutzrichtlinie soll erreichtwerden, dass das Frühjahrswasser möglichst lange vor Ort bleibt, durch dieVegetation gehalten wird und nicht in die Fließ- oder – noch schlimmer – indie Standgewässer eingeht, und vor allen Dingen nicht in die Ostsee.

In einer Konfliktanalyse haben wir den Anforderungen des Naturschutzes andie Moore die Anforderungen der Wasserwirtschaft und der Forst gegen-übergestellt und bewertet. Folgende Erkenntnis entstand: die Tierbeständesind gegenüber der Vorwendezeit um mehr als 50% zurückgegangen. Unge-fähr 80 000 Hektar von den derzeit genutzten Niedermooren würden land-wirtschaftlich heute nicht mehr benötigt werden. Nur die landwirtschaftlicheFörderung hält sie in der Nutzung.

Von den 290 000 Hektar Mooren, die wir noch im Lande haben, sind 8 000Hektar noch als naturnah zu bezeichnen. Die sollten konsequent geschütztwerden. Wir haben den Unteren Naturschutzbehörden klar gemacht, dasswir nicht in der Lage sein werden, diese Moore auch noch zu pflegen, son-dern dass wir sie der natürlichen Entwicklung überlassen. Einer pflegendenEntwicklung ist nach harten Diskussionen nur noch für 3 500 Hektar zuge-stimmt worden. Die Koordinierungsstelle muss fachlich entscheiden, welcheFlächen so gefördert werden.

Für die Pflegenutzung stehen auch keine EU-Mittel zur Verfügung,250.000 DM Landesmittel wurden zur Verfügung gestellt.

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Walter Thiel

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Ein Förderprogramm wird für eine moorschonende landwirtschaftliche Nut-zung angeboten. Dabei wird auf die natürliche Vorflut gebaut, also nicht aufPumpen, sondern die Wasserregulierung nur mit Stauen. Dort werden geradedie ersten Verträge vorbereitet. Wir werden sehen, wie es ausgeht.

Unser Ziel für die nächsten 20 Jahre ist die Renaturierung von 75 000 Hek-tar. Wir haben die Koordinierungsstelle, wir haben die ersten zehn Projektebewilligt, der Beirat hat schon zweimal getagt, aber ein ernsthaftes Problemist das Finden von Projektträgern. Der Landwirt ist in aller Regel nicht dazuin der Lage, das ist klar, der muss seinen Betrieb führen und kann nichtnebenbei noch Projektträger sein. Aber entgegen den Voraussagen der Was-serwirtschaft haben die Wasser- und Bodenverbände sich für die Projektträ-gerschaft beworben. Die Wasser- und Bodenverbände sind ja personell sehrschwach besetzt; da gibt es einen Geschäftsführer, einen Techniker und einenIngenieur, das war es dann. So dass sie solche Großprojekte – bei uns geht esimmer gleich in einem Projekt um 1 000 Hektar und mehr – so ohne Weite-res nicht handhaben können. Das muss durch die Plangenehmigung durch, damüssen viele Dinge beachtet werden. Wir haben mit der Landgesellschaftvereinbart, dass sie sich bereithält, weitestgehend über Vertragsbasis dasManagement für diese Wasser- und Bodenverbände zu machen. Wir haben soStrukturen geschaffen, derer sich die Projektträger bedienen können.

Zur Förderung: Wir setzen konsequent auf das Prinzip der Freiwilligkeit. Wirhaben eine Karte herausgegeben, in der die Vorranggebiete definiert sind, dassind die großen Flusstalmoore, das sind die überflutungsgefährdeten Moore,das sind einige nährstoffarme Moore im Inland, mehr nicht. Aber wo ange-fangen wird zu fördern, das möge vor Ort entschieden werden. Für etlicheBetriebe geht es darum, dass sie die Fläche getauscht bekommen. Dort ist dieLandgesellschaft eingebunden, um Flächen bereitzustellen. Der Landwirtkann sich die neuen Flächen kaufen oder pachten. Das Management zumErwerb der Flächen wird auch über die Förderrichtlinie abgegolten. Manch-mal braucht die Landgesellschaft zwei, drei Jahre, bis sie über Ringtauschealles so weit zurecht geschoben hat, bis z. B. die 300 Hektar, die verlorengegangen sind, in größeren Einheiten angeboten werden können. Und es

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Das Moorschutzkonzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Chancen für die Landnutzung und die Umwelt

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geht immer nur über Plangenehmigung oder Planfeststellung, denn es gehtletztendlich um neues Wasserrecht.

Zur Finanzierung: Wir mussten gegenüber der EU immer wieder nachwei-sen, dass wir nicht überkompensieren – 100%ige Kompensation ist erlaubt.Jährlich stehen uns 8,7 Millionen DM zur Verfügung.

Es sind viele Landwirte dabei, gerade in diesen schwierigen Gebieten, dieAngst haben, denn die haben ja die Finanzierung erst einmal nur bis zum Jahr2006 gesichert. Länger macht ja zurzeit in der EU keiner ein Programm. Jetzthaben sie alle Angst, was wird nach dem Jahr 2006. Nun gibt es von einigenSeiten schon Stress, so schnell wie möglich in das Programm hinein zu kom-men.

Vielen Dank.

Anschrift des Autors:

Umweltministerium Mecklenburg-VorpommernAbt. Integrierter Umweltschutz und nachhaltige EntwicklungWalter Thiel19048 Schwerin

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Walter Thiel

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