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Landtag von Sachsen-Anhalt Ausschuss für Wissenschaft und Wirt- schaft Textdokumentation 6/WIR/24 Textdokumentation zur Veröffentlichung im Internet über die öffentliche Beratung in der 24. Sitzung am 29. August 2013 in Magdeburg, Olvenstedter Straße 4 Tagesordnung: Seite: Ergebnisse der Gutachten zu den Unfallursachen und dem Sanierungskonzept am Concordia See sowie weitere Schritte zu einer Teilfreigabe des Nordufers Selbstbefassung Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - ADrs. 6/WIR/34 3

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Landtag von Sachsen-Anhalt Ausschuss für Wissenschaft und Wirt-schaft

Textdokumentation 6/WIR/24

Textdokumentation zur Veröffentlichung im Internet über die öffentliche Beratung in der 24. Sitzung am 29. August 2013 in Magdeburg, Olvenstedter Straße 4 Tagesordnung: Seite:

Ergebnisse der Gutachten zu den Unfallursachen und dem Sanierungskonzept am Concordia See sowie weitere Schritte zu einer Teilfreigabe des Nordufers

Selbstbefassung Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - ADrs. 6/WIR/34 3

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Anwesende:

Ausschussmitglieder:

Abg. Herr Tögel, Vorsitzender SPD Abg. Herr Czapek CDU Abg. Herr Harms CDU Abg. Herr Hartung (i. V. d. Abg. Herrn Zimmer) CDU Abg. Herr Rosmeisl CDU Abg. Herr Thomas CDU Abg. Herr Hoffmann DIE LINKE Abg. Herr Lange DIE LINKE Abg. Herr Dr. Thiel DIE LINKE Abg. Herr Mormann SPD Abg. Frau Dr. Pähle SPD Abg. Herr Erdmenger (zeitweise vertreten durch Abg. Frau

Prof. Dr. Dalbert) GRÜNE

Ferner nehmen Abg. Herr Rothe (SPD) und Abg. Herr Herbst (GRÜNE) an der Sitzung teil.

Von der Landesregierung:

vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft:

Staatssekretärin Frau Dr. Zieschang

Textdokumentation:

Stenografischer Dienst

Vorsitzender Herr Tögel eröffnet die Sitzung um 10.04 Uhr.

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Zur Tagesordnung:

Ergebnisse der Gutachten zu den Unfallursachen und dem Sanierungskonzept am Concordia See sowie weitere Schritte zu einer Teilfreigabe des Nordufers

Selbstbefassung Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - ADrs. 6/WIR/34

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragte mit Datum vom 15. Mai 2013, dieses Thema im Rahmen der Selbstbefassung zu behandeln. Der Ausschuss ver-ständigte sich in seiner 21. Sitzung am 23. Mai 2013 darauf, die Thematik in der heuti-gen Sitzung öffentlich zu beraten.

Vorsitzender Herr Tögel: Zunächst wird das Ministerium eine Einleitung in das Thema geben. Anschließend werden die eingeladenen Gutachter ihre Ergebnisse vorstellen. Hiernach besteht die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen. Zum Abschluss wird sich der Ausschuss über die weiteren Schritte zum Umgang mit diesem Thema verständigen.

Abg. Herr Erdmenger: Ich möchte darauf hinweisen, dass der Selbstbefassungsan-trag fünf Teilfragen umfasst und nicht nur die Frage nach den Ursachen. Daher wäre ich dankbar, wenn die eingeladenen Gäste und auch die Staatssekretärin auf alle Punkte des Antrages eingehen würden.

Vorsitzender Herr Tögel: Das haben Sie auch schriftlich dargelegt und der Ausschuss hat das zur Kenntnis genommen. Soweit ich weiß, wird das Ministerium hierauf auch eingehen.

Staatssekretärin Frau Dr. Zieschang (MW): Der Ausschuss hat sich mit dem Bö-schungsunglück in Nachterstedt bereits mehrfach befasst. Eine abschließende Bewer-tung dieses Vorfalls kann noch nicht erfolgen. Das Ministerium hat dem Ausschuss die Gutachten und die viele Ordner umfassenden Anlagen zu den Gutachten zukommen lassen. Das Ministerium hat hierzu einen ergänzenden Bericht vorgelegt, der noch nicht abschließend ist. Denn die vorliegenden Gutachten müssen zunächst ausgewer-tet werden, um darstellen zu können, ob es in der Vergangenheit bereits Hinweise auf die Entwicklungen gegeben hat.

Der betroffenen Region ist stets zugesagt worden, dass Mitte 2013 die Ergebnisse der Gutachten präsentiert werden, damit vier Jahre nach dem Böschungsunglück die ers-ten Erkenntnisse zu den Ursachen dargestellt werden können. Es ist erfreulich, dass dieser Zeitplan eingehalten werden konnte. Mitte 2013 lagen die Gutachten vor und konnten im Rahmen einer öffentlichen Bürgerversammlung den Bürgern und den Be-troffenen vorgestellt werden.

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Das Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) hat ein Gutachterteam unter der Leitung von Herrn Dr. Clostermann mit der Erforschung der Ursachen beauftragt. Die LMBV hat ein Gutachterteam unter der Leitung von Herrn Professor Dr. Katzenbach beauftragt. In sehr intensiven Arbeiten, die einen Zeitrahmen von vier Jahren umfass-ten, wurden die Gutachten gefertigt. Die Ursachen wurden in dieser Zeit mit intensiven Bestandaufnahmen, Erprobungen und Ähnlichem erforscht.

Wenn es zwei Gutachterteams gibt, dann liegt die Vermutung nahe, dass zwei oder drei Schlussfolgerungen gezogen werden. Bemerkenswert in diesem Fall ist jedoch, dass nach der intensiven Arbeit von zwei Gutachterteams eine sehr hohe Überein-stimmung hinsichtlich der Ursachenerforschung des Böschungsunglücks vorliegt.

Beide Gutachterteams sind zunächst der Frage nachgegangen, was theoretisch denk-bare Ursachen sein können. Beide Gutachterteams haben sehr viele Ursachen einver-nehmlich ausschließen können. Letztlich sind einige wenige maßgebliche Ursachen herausgestellt worden.

Aus den zusammenfassenden Berichten der Gutachter und aus dem Bericht des Minis-teriums ergibt sich, dass eine maßgebliche Ursache ein zu hoher Überdruck in einem lokal begrenzten Abschnitt des Liegendgrundwasser gewesen ist.

Nach vier Jahren sind von zwei Gutachterteams in wesentlichen Punkten sehr ähnliche Ergebnisse herausgestellt worden. Dies hilft wiederum bei der weiteren Arbeit, und zwar nicht nur am Concordia See. Diese Erkenntnisse müssen auch in die Arbeit an anderen Bergbausanierungsstandorten einfließen.

Fragen, die sich auch in der betroffenen Region stellen, lauten, wie es konkret weiter-geht und ob eine Perspektive vorhanden ist. Es war nicht unbedingt selbstverständlich, dass nach diesem Böschungsunglück perspektivisch eine touristische Nutzung des Gebietes möglich ist. Das Ergebnis, das sich nach den Erörterungen von LMBV, LAGB und MW herausgestellt hat, lautet, dass eine Perspektive für eine touristische Nutzung des Concordia Sees gegeben ist.

Die beteiligten Institutionen haben sich darauf verständigt, dass das Schadelebener Ufer in der Saison 2015 freigegeben werden kann. Damit kann eine Teilfreigabe des Concordia Sees erfolgen. Dem liegt eine sehr ehrgeizige Zeitplanung zugrunde. Herr Professor Dr. Kuyumcu wird hierauf und auch auf den Aspekt der Schwallwellenthema-tik, die bei Teilfreigaben eine Rolle spielt, eingehen.

Es ist erfreulich, dass der Region eine Naherholungsmöglichkeit dadurch gegeben werden konnte, dass das Tagebaurestloch Frose, das im Zuge des Unglücks nicht mehr genutzt werden konnte, nunmehr seit August 2013 wieder genutzt werden kann und somit zumindest eine Bademöglichkeit gegeben ist.

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Das entspricht zwar keiner touristischen Nutzung, aber für die unmittelbare Naherho-lung und für die Freizeitgestaltung der Anwohner ist dies erfreulich.

Zu den nächsten Schritten. Die vorliegenden Gutachten inklusive der ausführlichen Anlagen müssen ausgewertet werden. Die LMBV und das LAGB werden die Gutachten bei ihren weiteren Arbeiten berücksichtigen. Auch der Staatsanwaltschaft liegen die Gutachten vor. Die Staatsanwaltschaft wird im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Es findet zudem eine behördliche Auswertung der Gutachten statt. Das Ministerium hat um eine wissenschaftliche Auswertung durch das LAGB gebeten. Vor Ende Oktober 2013 wird ein Ergebnis dieser Auswertung nicht vorliegen. Denn angesichts der Tragik des Unglücks ist es angemessen, die Unterla-gen sehr genau auszuwerten.

Insofern müssen beide Gutachten intensiv ausgewertet werden, insbesondere im Hin-blick auf die Frage, ob es im Vorfeld Hinweise darauf gegeben hat, dass es zu einem solchen Unglück kommen kann.

Dr.-Ing. Clostermann Markscheiderisch-Geotechnisches Consulting

Der folgende Vortrag wird mithilfe einer Powerpoint-Präsentation illustriert.

Herr Dr. Clostermann von Dr.-Ing. Clostermann Markscheiderisch-Geotechnisches Consulting: Anlass für die Aufnahme unserer Arbeiten war die Böschungsbewegung, die sich am 18. Juli 2009 um ca. 4.40 Uhr in Nachterstedt ereignet hat. Es ist ein Bö-schungsabschnitt über ca. 1,1 km Länge abgegangen bzw. in Bewegung geraten. Die Rückgriffsweite bis in das Hinterland betrug bis zu 400 m. Die am See gelegene Sied-lung wurde in Mitleidenschaft gezogen.

Unmittelbar nach dem Unglück wurde das Ingenieurbüro Dr.-Ing. Clostermann Mark-scheiderisch-Geotechnisches Consulting durch das LAGB angesprochen und gefragt, ob das Ingenieurbüro bereit ist, das LAGB bei der Ermittlung der Ursachen für die Bö-schungsbewegung zu unterstützen. Das Ingenieurbüro Dr.-Ing. Clostermann Mark-scheiderisch-Geotechnisches Consulting hat dies zugesagt. Allerdings wurde von An-fang an eingeräumt, dass es sich hierbei um ein komplexes Thema handele, mit dem sich eine Vielzahl von Ingenieurdisziplinen beschäftigen müsse.

Das Ingenieurbüro Dr.-Ing. Clostermann Markscheiderisch-Geotechnisches Consulting hat die Erlaubnis erhalten, neben eigenem Personal auch weitere Büros einzuschalten, um Spezialfragen zu bearbeiten. Von Anfang an waren als Gutachter eingeschaltet Herr Professor Dr. Placzek, der sich mit Fragen der Geotechnik und der Standsicher-heitsberechnungen befasst hat, sowie Herr Dr. Lobin, der sich mit regionalgeologi-schen, geologischen und hydrogeologischen Fragestellungen beschäftigt hat.

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Die Aufgaben lauteten wie folgt: Geotechnische Beweisaufnahme der geotechnischen Böschungsbewegungen, Ermittlung der Grundlagen der Bewegungen sowie Begleitung der durch die LMBV vorgesehenen Erkundungsarbeiten. Gleichzeitig bestand die sei-tens der Staatsanwaltschaft formulierte Aufgabe darin, dafür Sorge zu tragen, dass durch die Bohr- und Erkundungsarbeiten keine Beweismittel für ein eventuell später durchzuführendes Verfahren vernichtet werden. Auch unter diesem Aspekt mussten die Arbeiten bewertet und freigegeben werden.

Weiterhin bestanden die Aufgaben der Dokumentation von Bohrkernen, die Entnahme von Bodenproben sowie die Durchführung von Laboruntersuchungen zur Ermittlung der bodenmechanischen Kennwerte.

Somit konnten aus den Erkundungsarbeiten der LMBV Materialien gewonnen werden, um den Ist-Zustand zu ermitteln und die Aussagen und Angaben, die die LMBV mit ihrem Gutachterteam durchgeführt hat, zu verifizieren. Die Hauptaufgabe des Inge-nieurbüros Dr.-Ing. Clostermann Markscheiderisch-Geotechnisches Consulting be-stand darin, eine technische Ursache für die Böschungsbewegungen zu ermitteln.

Die Arbeiten sind in einem umfangreichen Gutachten dokumentiert worden, das mehr als 200 Ordner und Anlagen umfasst. Gegliedert ist das Gutachten in eine Struktur, die sich wie folgt darstellt: Am Anfang wird wie in jedem Sachverständigengutachten zu-nächst die Aufgabenstellung explizit beschrieben, sodass klar ist, was in dem folgen-den Text zu erwarten ist. Danach wird auf die historische Entwicklung des Standortes Nachterstedt eingegangen. Hiernach erfolgt die Darstellung der Böschungsbewegung rein kinematisch und nach zeitlichen Abläufen. Sodann werden die Ergebnisse der sehr intensiven und umfangreichen Aktenrecherche zum Zeitpunkt vor der Böschungs-bewegung dokumentiert, sodass der Kenntnisstand von vor dem Ereignis dargestellt werden kann.

In dem Gutachten folgen dann die Beschreibung der durchgeführten Erkundungsmaß-nahmen und die Darstellung der gewonnenen Ergebnisse. Anschließend erfolgt eine Darstellung und Bewertung des aktuellen Kenntnisstandes. In diesem systematischen Vorgehen sind Schritt für Schritt mögliche Schadensursachen benannt worden. Diese konnten durch die Erkenntnisse eingegrenzt bzw. ausgeschlossen werden, um schließ-lich eine klare Aussage treffen zu können, was in diesem Fall als Ursache des Scha-dens anzuführen ist.

Es wurde eine Vielzahl von Unterlagen eingesehen. Es sind lediglich die gesichteten Unterlagen und die Unterlagen, die für die Ermittlung der Ursachen relevant sind, auf-gelistet worden. Das sind mehr als 14 000 Dokumente, die sich mit verschiedenen Themenbereichen beschäftigen und die Informationen enthalten, die als relevant für die Ursachenermittlung befunden wurden. Die Unterlagen wurden vervielfältigt und den entsprechenden Spezialisten für die jeweiligen Themengebiete zur Verfügung gestellt.

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Nach der Aufgabenstellung haben wir recherchiert, ob es bereits in der Vergangenheit Rutschungen im Tagebau Nachterstedt gab. Es gab eine Reihe von Rutschungen im Tagebau Nachterstedt. Bei der Auflistung dieser Rutschungen wurde nicht differenziert zwischen Rutschungen an Innenkippen während des Betriebes und Rutschungen an Außenkippen. Es wurde lediglich festgestellt, dass es zu einer Häufung von Rut-schungsereignissen mit teilweise auch größeren Folgen kam. Aus dieser Tatsache und aus der Erkenntnis über die Verteilung der Rutschungen konnte abgeleitet werden, dass es bodenmechanische Einflüsse geben muss und dass der Tagebau in seiner Gesamtheit hinsichtlich der Stabilität näher betrachtet werden muss.

Im Rahmen der Arbeiten wurde auch festgestellt, dass es eine Reihe von Altbergbau-strecken gibt, insbesondere des ehemaligen untertägigen Bergbaus. Sämtliche hierzu vorliegenden Unterlagen wurden digital aufgearbeitet. Ein Modell des Altbergbaus wur-de erarbeitet. Der Zustand der Hohlräume des Ist-Tagebaus wurde ebenfalls digital abgebildet. Beide digitalen Modelle wurden miteinander verschnitten und es wurde ersichtlich, welche Strecken überhaupt noch vorhanden sind und welche Strecken zum Zeitpunkt des Ereignisses bereits abgebaggert waren. Auf der Basis der Strecken, die noch verblieben sein könnten, sind weitere Recherchen angestellt worden, inwieweit diese von Relevanz sein könnten. Auch der Zustand der Strecken - sind sie offen oder verwahrt - wurde bei der Bewertung betrachtet.

Wenn man sich einmal mit dem Betriebsgeschehen des Tagebaus beschäftigt, ist es eine logische Konsequenz, dass man auch auf Liegendwasserdurchbrüche und Ta-gesbrüche während der gesamten Betriebsphase stößt. Diese Brüche wurden, soweit dies möglich war, zugeordnet und ihre Lage wurde ermittelt. Es wurde die Situation der oberhalb des Liegendgrundwasserleiters befindlichen stauenden Schicht untersucht. Wo gab es punktuell Schwächungen? Kann es zu Wiederaufbrüchen gekommen sein?

Natürlich kann eine solche Schwächung nicht nur durch Liegenddurchbrüche, sondern auch durch normale Bohrungen und Pegel erzielt werden, die durch diese Liegend-stauerschicht gestoßen werden. Daher hat man sich anschließend auch mit diesen künstlichen Durchbrüchen und Schwächungen beschäftigt. Auch hier ergibt sich eine Vielzahl von Durchörterungen im Bereich des Böschungsbruchs.

Die LMBV hat im Rahmen der Erkundungsarbeiten einige wesentliche Erkenntnisse für die Ursachenermittlung gewinnen können, und zwar dass die vorhandene Geologie im Bereich der Rutschungen eine vollkommen andere Ist-Situation zeigte als sie bisher in der Vergangenheit für diesen Bereich angesetzt worden war.

Im Bereich des Rutschungskörpers stellte sich eine Blase heraus. Bei dieser Blase handelt es sich um einen Bereich unterhalb der Kohle, der eine deutlich höhere Was-serdurchlässigkeit aufzeigt als die benachbarten Bereiche.

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Dadurch ergab sich die Situation, dass es unmittelbar zentral unter dem Rutschungs-kessel zu einer rinnenartigen Struktur gekommen ist, die einen sowohl mengenmäßig erhöhten als auch im Hinblick auf die Fließgeschwindigkeit erhöhten Durchfluss des Liegendgrundwasserleiters gestattete.

Weiterhin ist festgestellt worden, dass es sich hierbei um einen regional begrenzten Bereich handelt, sodass das Wasser, das hereinströmte, nicht abströmen konnte bzw. nur sehr zeitverzögert abfließen konnte. Weiterhin zeigt das Bild, dass die Rinne im hinteren Bereich direkten Kontakt zu den quartären Selkeschottern hat, also zu den Fließgewässern, die sich natürlich als oberster Grundwasserleiter ausgebildet haben.

Das heißt, es erfolgt eine Einspeisung von ständig frischem Wasser, das mit hoher Geschwindigkeit unterhalb des Bruchbereiches hereinfloss und sich aufstaute, weil die umliegenden Schichten geringer wasserdurchlässig waren als diese Rinne. Das führte gerade in Verbindung mit dem Selkeschotter zu einer deutlichen Druckerhöhung bis zum Abbau dieses Wasserstaus.

Die wesentlichen Erkundungsergebnisse lauten wie folgt: Der Grundwasserleiter 6.3 - das ist der Liegendgrundwasserleiter - ist sehr differenziert aufgebaut. Er hat eine rinnenartige Struktur, in denen rollige Sedimente erhöhte Mächtigkeiten aufweisen. Weiterhin ist festgestellt worden, dass der Kohlepfeiler stehen geblieben ist, und zwar in seiner gesamten im Grubenbild dokumentierten Form. Zudem wurde ermittelt, dass der angesetzte Kohledamm zwischen dem Tagebaurestloch Frose und dem Concordia See nicht mehr existiert. Weiterhin sind bohrtechnische Nachweise für tektonische Elementen in Form von Lagerungsstörungen im Kern auch in den prätertiären Schich-ten nicht erbracht worden.

Außerdem wurde festgestellt, dass die Tertiärbasis zum Teil deutlich höher liegt als bisher angenommen. Es hat sich zudem gezeigt, dass mit den Prätertiärbohrungen keine mächtigen Sulfatgesteine angetroffen wurden, sodass in Verbindung mit den Grundwasserverhältnissen nur ein sehr geringes Subrosionspotenzial gegeben ist. Die Prätertiärbohrungen sind Bohrungen, die bis sehr tief in den Untergrund reichen und die auf Festgestein des Tertiärs treffen. Tertiäre sind Sande und Kiese sowie Locker-gesteine. Alles, was unterhalb des Tertiärs folgt, sind Festgesteine.

Es wurde die Zusammensetzung dieser Steine untersucht und es wurde der Frage nachgegangen, ob im festen Untergrund gegebenenfalls eine Situation gegeben ist, dass durch Wasser Karsterscheinungen auftreten können, dass also das Wasser Lö-sungsprozesse innerhalb des Festgesteins auslösen kann, die gewisse Tavernen, Hohlräume oder Ähnliches bilden und durch einen Verbruch dieses Ereignis an der Oberfläche ausgelöst werden könnte. Mit den durchgeführten Prätertiärbohrungen sind keine Hinweise auf derartige Situationen gefunden worden.

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Nachdem sich eine anders als erwartete Situation im Liegendgrundwasser zeigte und bekannt wurde, dass eine Verbindung zu dem freien Grundwasserstrom besteht, wur-de aus den vorhandenen Daten die Grundwasseroberfläche rekonstruiert. Auch dabei hat sich gezeigt, dass ein sehr steiler Grundwasserradient gegeben ist. An der freien Grundwasseroberfläche zeigt sich ein starkes Gefälle im Bereich der später eingetre-tenen Rutschungen.

Gleiche Untersuchungen wurden im Bereich des Liegendgrundwassers angestellt. Auch hier konnte festgestellt werden, dass im Bereich der Rutschungen ein deutlich größeres Gefälle auch über weitere Wege vorhanden ist als im unmittelbaren Umfeld. Dies konnte dann auch erklärt werden durch die Feststellung der Rinnenstrukturen.

Der tiefer liegende Grundwasserleiter zeigt hingegen ein komplett einheitliches Gefälle ohne jegliche Anomalie und Auffälligkeiten. Daher konnte man sich bei den weiteren Berechnungen und Untersuchungen auf den Grundwasserkomplex 6 und auf das Hanggrundwasser beschränken.

Weiterhin wurde betrachtet, wie sich die durchgeführten technischen Maßnahmen zur Erhöhung der Böschungsstandsicherheit auf die herrschenden Grundwasserverhält-nisse auswirken. Daraufhin wurden der Bau der Slipanlage und die nachträgliche Ver-dichtung des RDV-Körpers intensiv betrachtet.

Teile der Slipanlage sind verdichtet und bis in das Liegende angebunden. Der RDV-Körper ist hingegen als sogenannter versteckter Damm, das heißt schwebend, inner-halb der Lockermassen verdichtet worden. Es zeigt sich, dass es genau diese Berei-che sind, die an dieser Stelle tatsächlich stehen geblieben sind.

An den großen Böschungsbruch grenzt der stehen gebliebene Bereich und ein kleiner Nachbruch an. Das heißt, die durchgeführten Arbeiten haben ihre Funktion zur Erhö-hung der Standsicherheit und zur Sicherung dieses Bereiches voll erfüllt; ansonsten wären weitere Bereiche in Mitleidenschaft gezogen worden.

Bei den Grundwasserverhältnissen wurde eine Durchflussbarriere aufgestellt. Auch das wurde entsprechend modelliert. Aus diesem Modell konnte bei einem erhöhten Durchfluss unter dem Damm, der wie eine Verengung des gesamten Fließgefälles wirkt, und beim Umfließen des gesamten befestigten Bereiches modelltechnisch ein-deutig nachgewiesen werden, dass durch diese Barriere im Grundwasserbereich die Standsicherheit der Böschung zwar geschwächt wurde, dieses jedoch niemals zum Versagen der gesamten Böschung und zum Böschungsbruch hätte führen können.

Das ist auf verschiedenen Wegen rechentechnisch und modeltechnisch nachgewiesen worden. Es kam zwar zu einer Schwächung der Standfestigkeit, aber dies ist keine ursachenrelevante Situation.

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Weiterhin hat sich das Ingenieurbüro mit den Fragen der Seismizität beschäftigt. Diese sind als schadensauslösendes Ereignis sehr unwahrscheinlich, und zwar aus fünf Gründen. Erstens: Im Raum Nachterstedt sind bisher keine Erdbeben nachgewiesen worden. Zweitens: Im tieferen Untergrund konnte mit den Bohrungen nur ein sehr ge-ringes Subrionspotenzial nachgewiesen werden. Damit sind keine Karststrukturen vor-handen, die hätten verbrechen können. Drittens: Im Rutschungsbereich befinden sich keine bergbaubedingten unverwahrten Hohlräume. Viertens: Für eine Aktivierung der Athenslebener Störung liegen keine Hinweise vor. Fünftens: Die registrierten Erschüt-terungen liegen auf einem sehr niedrigen Beschleunigungs- und Schwierigkeitsniveau innerhalb eines sehr schmalen Frequenzbandes. All diese Aspekte lassen zu dem Schluss kommen, dass die Seismizität als schadensauslösendes Ereignis sehr un-wahrscheinlich ist.

Es wurden Proben an den gewonnenen Kernen genommen. Diese wurden im Labor untersucht. Eine wurde eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt, von denen an dieser Stelle zwei exemplarisch vorgestellt werden sollen. Zum einen wurde eine Untersuchung zur Kornverteilung vorgenommen. Die Kornverteilung stellt in einem Dreieck dar, wie hoch der prozentuale Anteil an Sandkorn, an Schlemmkorn und an Kieskorn ist. Alle Proben enthielten wenig Kieskorn, waren jedoch von Schlemmkorn und Sandkorn dominiert. In dem in der Präsentation lila unterlegten Bereich muss sich ein Sand befinden, der verflüssigungsempfindlich ist. An der Vielzahl der einzelnen Kreise in diesem Bereich lässt sich erkennen, dass dies für eine Vielzahl der unter-suchten Proben gilt.

Weiterhin wurde in einer Triaxialzelle der Boden als Probe eingebaut und entspre-chend mit den wirkenden Kräften, wie Druck und Wasseranstieg, belastet. Im Labor zeigte sich ein schlagartiges Versagen der Festigkeit der Probe. Dies stellt in Verbin-dung mit dem Versuchsergebnis zur Kornverteilung einen eineindeutigen Nachweis dafür dar, dass auch die Materialien im Tagbaurestloch Nachterstedt verflüssigungs-empfindlich sind und schlagartig versagen können.

Außerdem wurden sämtliche Daten zu den Bodenmaterialien gegenübergestellt, und zwar in der Form, dass die während der Erkundung durchgeführte Bohrkernansprache aufgelistet wurde. Daneben wurden die durchgeführten Untersuchungen dargestellt. Die Ergebnisse wurden mit entsprechenden Laborwerten und gewonnen Erkenntnis-sen auf einem Übersichtsblatt zusammengefasst. Diese Daten wurden ausgewertet und es konnten sämtliche Informationen über die Zusammensetzung des Bodens ge-wonnen werden.

Diese Darstellung war als Basis vonnöten, um für die Modellberechnung und die Standsicherheitsnachweise aussagekräftige Parameter zu gewinnen. Deshalb ist die-ser Aufwand betrieben worden.

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Somit wurde eine Datenbasis geschaffen, die es ermöglichte, ein sehr der Realität na-he kommendes numerisches Abbild der Situation zu erstellen.

Innerhalb des Tagebaurestloches Nachterstedt gibt es eine Reihe von geotechnischen Schnittspuren. Das sind Bereiche bzw. linienförmige Darstellungen, über die die ent-sprechende Standsicherheit nachgerechnet und nachgewiesen wird. Für die vorliegen-de Modellberechnung hat man sich an der Schnittspur GS 01 orientiert, weil diese ge-nau durch den Böschungskörper verläuft. Es ist erkennbar, dass sich unmittelbar vor der alten Böschungskante in dem alten Grubenbild ebenfalls Besonderheiten einge-stellt haben, nämlich Liegendeinschnitte und Baugruben. Das heißt, unmittelbar vor dem Böschungsbereich waren entsprechende Schwächezonen in der grundwasser-stauenden Schicht zum Schluss der Betriebsphase technisch hergestellt worden.

Weil der Schnitt sowohl diese Schwächezonen durchläuft aber auch genau durch den Böschungsbereich verläuft, wurde für die Modellierung der geotechnisches Schnitt 1 gewählt. Das heißt, für die in blau dargestellten Linien sind sämtliche Erkundungser-gebnisse in numerischer Form dargestellt worden: Schichtzusammenstellung, Schicht-parameter, Wasserverhältnisse usw.

Nachdem dieses Modell fertig gestellt worden war, sind zunächst mithilfe eines Finite-Elemente-Netzes Knotenpunkte ermittelt worden, die die entsprechenden Eigenschaf-ten darstellten. An dieser Stelle sind die auf die Schnittspur projizierten hydraulischen Verbindungen, also die Baugruben, abgebildet worden. Mit diesem Finitie-Elemente-Modellen ist eine Belastung berechnet worden: Wo ergibt sich bei den gegebenen Ver-hältnissen eine Schwächezone? An dieser Schwächezone ist dann ein Gleitkreis, ein angesetzter Bruch, vorausgesetzt worden, Mit diesem vorgegebenen Gleitkreis sind die Standsicherheitsberechnungen durchgeführt worden.

In der Darstellung bedeutet der rote Bereich eine besondere Beanspruchung. Es sind auch Detailaufnahmen gefertigt worden. Daran ist festzustellen, dass sich durch diesen Bruch der rote Bereich ergibt, weil das Wasser aus dem Liegenden durch die Schwä-chezone durchbricht und dementsprechend Material abtransportiert. Das heißt, für die Berechnung ist an dieser Stelle die erste Schwächezone bzw. der erste Gleitkreis an-gesetzt worden. Es wurde ein Berechnungsschnitt erreicht, der besagt, dass dies die Schwächezone ist.

An dieser Stelle wird gerade noch ein Gleitkörper mit einer Standsicherheit von 1,0 berechnet. Das bedeutet ein sehr labiles Gleichgewichtssystem. Mit dem Einsetzen der Strömung, mit Abgang und Abtransport und des dort befindlichen Materials der Ver-schüttungen, geht die Standsicherheit verloren. Das wurde schrittweise durchgeführt. Im nächsten Schritt, als eine Böschung als abgegangen angesetzt wurde, ist berechnet worden, wo die nächst größeren Spannungsverhältnisse gegeben sind.

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Dort wurde der Gleitkörper angesetzt und es wurde schrittweise immer wieder die Be-rechnung durchgeführt. Nach sieben Berechnungsschritten wurde relativ genau der Punkt erreicht, an dem der Böschungsabriss tatsächlich entstanden ist.

Dass das eine so große Übereinstimmung ist, ist Zufall. Das Ganze geschah nur unter Verwendung von Parametern, die im Rahmen der Erkundungsmaßnahmen als gesi-chert festgestellt worden sind.

Damit kann wir eine sehr konkrete Aussage getroffen werden. Zusammengefasst sind anhand der Auswertungen der umfangreichen Unterlagen, der durchgeführten Feld- und Laboruntersuchungen, der danach aufgestellten Modellbildung und der durchge-führten Standsicherheitsberechnungen die herrschenden Grundwasserverhältnisse, insbesondere im liegenden Grundwasser, und die locker gelagerten Kippenmaterialien unter Wasser die wesentlichen Ursachen für das Böschungsversagen, das an dieser Stelle eingetreten ist.

Institut und Versuchsanstalt für Geotechnik der Technischen Universität Darm-stadt

Der folgende Vortrag wird mithilfe einer Powerpoint-Präsentation illustriert.

Herr Prof. Dr. Katzenbach, Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geo-technik der Technischen Universität Darmstadt: Ich knüpfe an das an, was Herr Dr. Clostermann vorgetragen hat. Ich beginne mit einer Schnittdarstellung, in der Sie die Zuflüsse aus der Selke und aus den Selkeschottern im Süden sowie die hydrauli-sche Verknüpfung bis unter den Concordia See erkennen können. Sie sehen in diesem Bild einen Lageplan. Die rot markierte Kontur findet sich auch auf den folgenden Bil-dern wieder; das ist die sogenannte Abrisskante. Herr Dr. Clostermann hat die Bilder in gleicher Weise aufgebaut. An der schwarzen Linie ist die Zahl 21 vermerkt, da es sich um den geotechnischen Schnitt 21 handelt.

Sie sehen an der stark überhöhten Darstellung die Halde 3. Normalerweise sind das nicht so steile Wände, sondern durch die Überhöhung und die Kompression in der Länge entsteht der optische Eindruck der großen Steilheit. Sie sehen das gesamte Kippenmassiv, die alte Baggerkante des Abraumschnittes. Die Kohle, das Flöz II, ragt noch heraus. Auch der Restkohlepfeiler ist zu sehen. Dieser befindet sich direkt am Fuß der Rutschungen. Seewärts befinden sich die sogenannten Stützkippensysteme. In grün ist die sogenannte Spülkippe markiert.

Der Seewasserspiegel betrug zum Zeitpunkt der Rutschung bzw. kurz davor 82 Meter NHN. Von Herrn Dr. Clostermann ist bereits die hydraulische Verbindung erwähnt wor-den, beginnend in den Selkeschottern - in gelb markiert. Der ockerfarben markierte Liegendgrundwasserleiter GWL 6.3 bringt frisches Wasser.

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Das Wasser schießt von dem Selkeschotter hinein. Weil dieses Material sehr durchläs-sig ist, kommt es mit fast unverändertem Druck unter dem Stützkippensystem an. Wir haben das zusätzlich in einer dünnen Linie markiert. Die Drucklinie in dem GWL 6.3 ist nahezu unverändert auf einem Niveau von 100 m über NN und fällt an der Stelle, an der der GWL 6.3 gefangen ist - der Druck geht nicht mehr heraus -, herunter und staut sich auf.

Der Grundwasserspiegel im Kippenmassiv fällt, wenn es aus den Selkeschottern he-rauskommt, sanft ab, geht der Kontur - das ist die zweite Linie - nach und reißt etwa in der Höhe des Seewasserspiegels aus. Soviel zur Gesamtsituation und zur großen Be-deutung des Grundwasserleiters 6.3.

Die Bedeutung dieses Grundwasserleiters konnten wir erstmals im Zuge der Erkun-dungsmaßnahmen erkennen, weil über Seeerkundungen - die Bohrungen von den Pontons - Detailinformationen gewonnen worden sind. Auf die Details der Wiederan-stiegsmessungen gehe ich an dieser Stelle nicht ein. Sie sehen, als die Brunnen abge-schaltet wurden, ging das wieder hoch und das Niveau hat sich auf einem hohen Druck im Grundwasserleiter 6.3 wieder eingestellt. Der GWL 6.3 wird derzeit bepumpt, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Im Ergebnis hat sich herausgestellt, dass es hier eine sehr lokal begrenzte Besonder-heit gibt, nämlich die, dass die Drucklinie 100 m über NN wie eine Druckblase auf rund 200 m beschränkt wird unter das Stützkippensystem. Das heißt, hier liegt eine geologi-sche Anomalie vor, nämlich die, dass der hohe Druck aus dem Grundwasserleiter 6.3 nach vorn unter den See transportiert wurde. Herr Dr. Clostermann hat das mit seinen Rinnenstrukturbildern bereits angedeutet.

Auf der folgenden Folie ist ein Luftbild dargestellt sowie Ergebnisse der Seelotung, die uns zeigen, welcher Bereich des Sees in Ruhe geblieben ist. An einer Stelle sind die Höhenlinien völlig durcheinander. Wir haben das abgegrenzt mit einer gelben Umran-dung. An einer Stelle ging es los. Nach rechts und links hat es sich aufgeweitet. Wie durch einen Flaschenhals ist es durchgeflossen und in den See hineingeflossen. Eine bestehende Kontur wurde weggenommen und es floss bis nach Schadeleben hin aus.

Alle Gutachterteams haben sämtliche Messungen, die vorlagen, herangezogen. Es wurde keine Philosophie betrieben, sondern nur harte Fakten wurden genutzt. Unter anderem wurden Messungen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Roh-stoffe in Hannover und von der Universität Leipzig für die Arbeiten genutzt. In den Auf-zeichnungen der Universität Leipzig sind für den 18. Juli 2009 um 2.40 Uhr UTC - es war 4.40 Uhr in Nachterstedt - zwei Magnituden angegeben, nämlich eine Magnitude mit 1,0 - das ist die größte Magnitude, die in diesem Ausriss für diesen Zeitraum vor-kommt - und eine weitere Magnitude mit 2,1 - das ist die Oberflächenmagnitude.

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Diese Aufteilung wiederholt sich in verschiedenen Messsequenzen. Maßgebliche Messstationen sind in Staßfurt mit 17 km Abstand und Wimmelburg mit 35 km Ab-stand. Man hat das Ereignis sogar in der Nähe von Frankfurt im Taunus auf der Mess-station Altkönig gemessen. Die Ausstrahlung war also relativ weit. In dem entspre-chenden Seismogramm ist die Zeit auf der horizontalen Achse aufgetragen. Nach oben ist die sogenannte Schwinggeschwindigkeit aufgetragen.

Es gibt zwei Teilbereiche. Der rot markierte Bereich weist eine Frequenz von 5 Hz auf. Der grün markierte Bereich stellt die Böschungsbewegung, die Lockergesteinsbewe-gung, dar. Hier beträgt die Frequenz ca. 1 Hz. Die erste rote Phase, das Primärereignis hat die Magnitude 1,0. Das Sekundärereignis hat die Magnitude 2,1.

Um eine solche Magnitude auszulösen, ist es ausreichend, dass im tieferen Unter-grund, im Festgestein, eine minimal kleine Verschiebung auftritt von 1 mm bis 2 mm, also praktisch nicht merkbar außer durch die empfindlichen seismischen Messgeräte. Aus diesem Grund führen wir auch die Prätertiärbohrungen durch.

Welche Erscheinungen kennt die LMBV aus der Lausitz, wo es gelungen ist, über Ana-logieschlüsse die Bewertung der Frequenzen zu identifizieren? Danach gilt 1 Hz für ein Primärereignis, beispielsweise Sprengungen, und die Frequenz um 2 Hz für die Rut-schungen von Lockergestein. Es ist zudem gelungen, diese Vorgänge gemeinsam mit einem Team der Technischen Universität Berlin mit einer bodensystematischen Exper-tise nachzurechnen.

Zu einem nächsten Punkt, den Herr Dr. Clostermann ebenfalls ausgeführt hat. Die ge-naue Weiterverfolgung dieses hohen lokal begrenzten Überdruckes in den Grundwas-serleiter 6.3 hat mehrere Effekte gehabt. Beispielsweise auch den Effekt, dass unmit-telbar nach der Böschungsbewegung sogenannte Strudellöcher im Rutschungskessel aufgetreten sind. Dort findet sind Sandboden, der aus 20 cm bis 30 cm Tiefe hochge-sprudelt sein muss, was eine Folge dieses anormalen Druckes ist. Durch diese nach-träglichen Beobachtungen konnte unterstützt durch die Messungen dieser hohe Druck in seiner lokalen Ausprägung belegt werden.

Wir haben mit ähnlichen Werkzeugen wie Herr Dr. Clostermann und Herr Professor Dr. Placzek diese Dinge einer Modellbildung unterworfen und haben erkannt, dass in dem Fall, in dem keine hydraulische Verbindung von dem tiefen Grundwasserleiter 6.3 und dem Stützkippenmassiv vorhanden ist, nichts passiert. Ich glaube, das ist genau die Einigkeit, die die Staatssekretärin angesprochen hat. Das heißt, es muss ein hy-draulisches Fenster geben. Es ist nur die Frage, wo es ist und wie groß es ist. Wir ha-ben es identifiziert. Es ist relativ klein. Es führt, wenn man die Drucklinien berechnet, zu den Effekten, die auch sinngemäß durch Herrn Dr. Clostermann dargestellt wurden. Das Wasser sprudelt von unten nach oben und dann hat die Stützkippe keine Chance mehr. Sie geht kaputt aufgrund der großen Belastung.

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Bei unserer Modellbildung ist es wichtig, um einen Bruch nach der DIN auszurechnen, dass neben diesem großen Druck, der eingeschränkt ist hinsichtlich seiner Ausdeh-nung durch die Messdaten, die erhoben wurden, das dynamische Initial mit der Magni-tude 1,0 als zusätzliche Belastung wirkt.

Es stellt sich die Frage, warum die Altkippe nachgerutscht ist und die Böschungsbewe-gung mit dieser ungewöhnlich großen Rückgriffsweite aufgetreten ist. Auch diesen Prozess haben wir nachmodelliert. Herr Dr. Clostermann hat bereits auf die Modellie-rungstechnik hingewiesen.

Ich resümiere zur Unglücksursache. Das deckt sich zu 100 % mit dem, was Dr. Clostermann ausgeführt hat. Die Belastung auf das Stützkippensystem, also die Einwirkungen, ist größer als die Widerstände. In Zahlen ausgedrückt: Die Einwirkungen betragen ca. 85 000 kNm/m. Die Widerstände sind mit ca. 73 000 kNm/m kleiner. Der Quotient beider Werte ist kleiner als 1,0. Das bedeutet, das System hält nicht. Es tritt ein Böschungsbruch ein.

Es stellt sich die Frage, warum es ausgerechnet an diesem Samstagvormittag um 4.40 Uhr passiert ist. Warum ist es dort und nur dort passiert? Der Unglückszeitpunkt ergibt sich aus den völlig unbekannten und unvorhersehbar ergänzenden Einwirkungen des dynamischen Initials. Das ist mit einer Magnitude von 1,0 nicht sonderlich groß. Aber es ist offenbar so groß gewesen, dass es das Fass zum Überlaufen brachte.

Zum Unglücksort. Warum ist es dort passiert und nicht an der südwestlichen Böschung oder an der Halde 3? Dort und nur dort gibt es im Concordia See diese unterirdische Druckblase mit sehr ungewöhnlichen hohen Drücken. Das heißt, die Lokalität ist zu 100 % durch diese sehr ungewöhnliche Anomalie in Form dieser Druckblase begrün-det.

Zum Unglückshergang. Das Zusammenwirken dieser beiden Komponenten an dieser Lokalität mit der Druckblase im Grundwasserleiter 6.3 führt zu einer Böschungsbewe-gung, die Dr. Clostermann und mein Team modelltechnisch nachgewiesen haben mit den Werkzeugen, die die Bodenmechanik hat und die normativ in der DIN 4084 gere-gelt ist.

Danach ist das Stützkippensystem ausgeflossen. Aus diesem Grund haben wir diese große Reichweite. Herr Dr. Clostermann hat auf das Phänomen der Verflüssigungs-empfindlichkeit hingewiesen. Das ist sicherlich eines der Elemente, das dazu geführt hat, dass es zu einem weiteren Ausfluss kam.

Warum ist die Altkippe gekommen? Dort hat sich das Wasser als gefangenes System gehalten, sodass die Altkippe der fehlenden Stützkippe bzw. der bereits abgerutschten Kippe hinterher gerutscht ist mit staffelbruchartigem Versagen. Wir konnten das in den Modelldarstellungen von Herrn Dr. Clostermann und mir nachvollziehen.

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Danach bestand immer noch ein großer Druck im System. Nur aus diesem Grund sind die Strudellöcher als Ergebnis eines sogenannten hydraulischen Grundbruchs entstan-den. Unterhalb existiert so viel Druck, dass der Boden ab der Stelle, an der er am schwächsten ist, lokal angehoben wird. Das Material, das unten mitgerissen wird, wird nach oben ausgeworfen. Das sieht aus wie kleine Vulkankrater. Hier ist der Sand aus dem tieferen Grundwasserleiter 6.3 nach oben gespült worden. Ein weiterer nachträgli-cher Beleg dafür, nachdem das Unglück eingetreten war, ist, dass dieser hohe Druck immer noch so groß war, um diesen Materialtransport zu verursachen.

Zielstellung sind die Bilder, die Sie, Frau Bürgermeisterin, bereits kennen. Herr Profes-sor Dr. Kuyumcu wird hierauf eingehen.

Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV)

Der folgende Vortrag wird mithilfe einer Powerpoint-Präsentation illustriert.

Herr Prof. Dr. Kuyumcu, Vorsitzender der Geschäftsführung der LMBV: Neben dem stillgelegten Tagebau in Nachterstedt betreut die LMBV weitere stillgelegte Braunkoh-lebetriebe im mitteldeutschen Revier und im Lausitzer Revier. Der ehemalige Tagebau Nachterstedt ist einer 50 großen Standorte der LMBV.

Im Rahmen der Erkundung der Ursachen des Unglücks am Concordia See ist eine Reihe neuer Daten erhoben worden für die jetzt eingeleitete Sicherungs- und Sanie-rungsphase.

Der Ursachenbefund des Gutachtens der LMBV hat sich auch im Rahmen der Fachge-spräche mit dem LAGB und deren Gutachtern im Herbst 2012 konkretisiert. Entspre-chend ist damit begonnen worden, die Sanierungsarbeiten zu planen. Noch im letzten Jahr ist der Betriebsplan zum Rückbau der Häuser auf der Siedlung am Ring erstellt und bei der Bergbehörde eingereicht worden. Nach der Zulassung im Januar 2013 wurde mit den Rückbauarbeiten begonnen. Bis auf eine Doppelhaushälfte waren im Juni 2013 alle Häuser rückgebaut. Inzwischen ist das Areal vollständig zurückgebaut und es wurde bereits damit begonnen, Keller, Hausfundamente und unterirdische Lei-tungen zurückzubauen.

Ein besonderer Schwerpunkt der Sanierung des Concordia Sees besteht in der Neu-gestaltung der Böschung im Bereich des Rutschungskessels. Auch mit diesen Planun-gen ist zum Jahreswechsel begonnen worden auf der Grundlage der Erkenntnisse aus den Ursachenerkundungen, die im Zuge der Erkenntnisse der letzten Monate aktuali-siert wurden. Die Sanierungskonzeption für die Neugestaltung des Bereichs des Rut-schungskessels sind im August 2013 bei der Bergbehörde eingereicht worden. Die Bürgermeisterin der Stadt Seeland und auch der Landkreis haben hiervon eine Kopie erhalten. Die Erörterungen hierzu werden demnächst beginnen.

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Mit Massenumlagerungen aus dem südlichen und östlichen Bereich des Rutschungs-kessels soll die Böschung abgeflacht und dauerhaft sicher gestaltet werden. Zu diesem Zweck muss eine Zuwegung sowohl vom Westen als auch vom Osten hergestellt wer-den. Der Betriebsplan hierzu wurde vor einigen Tagen bei der Bergbehörde einge-reicht. Mit Herstellung dieser Zuwegung werden auch die technischen Voraussetzun-gen geschaffen, an den Stellen, an denen es geotechnisch möglich ist, eine Suche nach Verunglückten vorzunehmen. Auch hierzu erfolgt eine Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft, mit den Behörden und mit den Hinterbliebenen der Verunglückten.

Nach Herstellung dieser Zuwegung wird eine Steinschüttung am Fuße der existieren-den Böschung hergestellt und danach mit den Massenumlagerungen begonnen wer-den. Es erfolgen ein Massenabtrag auf der einen Seite und ein Massenauftrag im inne-ren Teil. So wird dieses Areal neu gestaltet. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen wird ein Zeitfenster bis zum Jahr 2016 veranschlagt, eventuell bis zum Jahr 2017. Dann wird dieses Areal neu gestaltet sein.

Zur Beurteilung der Standsicherheit der übrigen Böschungen, insbesondere der Kip-penböschungen auf der Ostseite und auch auf der Südwestseite, werden die restlichen Daten in den nächsten Monaten erhoben bzw. ausgewertet sein, sodass Anfang des nächsten Jahres damit begonnen werden kann, die eventuell notwendigen Siche-rungsmaßnahmen für die Böschungen im Südwesten und im östlichen Teil des Rut-schungskessels zu definieren und die Arbeiten umzusetzen. Auch diese Maßnahmen werden im Jahr 2016 bzw. im Jahr 2017 abgeschlossen sein.

In dem Selbstbefassungsantrag wird auch nach der Situation auf der Schadelebener Uferseite gefragt. Es handelt sich hierbei um eine gewachsene Böschung. Auch nach dem aktuellen Kenntnisstand ist die Standsicherheit dieser Böschung gegeben. Bei der Abflachung der Böschung am Anfang der 90er-Jahre sind an drei Abschnitten bis zu 10 m mächtige Bodenschichten eingebaut worden, die die Standsicherheit der Bö-schung nicht beeinträchtigen, wohl aber beim Anstieg des Wassers im See aufweichen und dadurch ihre Trittsicherheit teilweise einbüßen können. Um das zu verhindern werden Verdichtungsmaßnahmen durchgeführt.

Die erforderlichen Untersuchungen zu der Frage, welche Verdichtungsmaßnahmen durchzuführen sind, sind im Juni 2013 angestellt worden. Derzeit werden die Ergebnis-se dieser Untersuchungen ausgewertet. Der Betriebsplan hierzu wird im September 2013 bei der Bergbehörde eingereicht. Die erforderlichen Verdichtungsmaßnahmen werden noch in diesem Jahr realisiert werden.

Die Zwischennutzung der Schadelebener Seite des Concordia Sees hat eine große Bedeutung für die Region. Es besteht auch Einvernehmen zwischen dem Wirtschafts-ministerium und der Bergbehörde sowie der LMBV darüber, dass so schnell wie mög-

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lich mit hoher Priorität die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass eine Teilnutzung der Schadelebener Seite stattfinden kann.

Dies kann stattfinden, wenn im Zuge der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen am südlichen Teil des Concordia Sees mit Einsatz von schweren Geräten Böschungsab-brüche von Kippenböschungen ausgeschlossen werden können. Dies kann bereits für die Badesaison 2015 umgesetzt werden.

Im Zuge der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen bis 2016 bzw. 2017 wird auch die unterbrochene Flutung des Concordia Sees mit Selkewasser wieder aufgenommen. Vor dem Böschungsunglück war die Fertigstellung des Sees für 2028 terminiert. Dann sollte der Endwasserstand erreicht sein. Mit der Optimierung der Flutungsanlagen und auch mit Wasserentnahmen aus der wenig Wasser führenden Selke kann trotz der Unterbrechung von vier bis fünf Jahren dieses Ziel erreicht werden. Somit kann an der eigentlichen Zielstellung, dass der Endwasserstand im Jahr 2028 erreicht ist, festgehal-ten werden. Eventuell kann diese Zielstellung sogar vorfristig erreicht werden.

Der Concordia See kann gemäß der gemeinsamen Zielstellung, die auch von der Staatssekretärin genannt wurde, einer vorgesehenen touristischen Nutzung zugeführt werden. Als Beispiel ist der Geiseltalsee und der Goitzschesee zu nennen. Auch diese Seen sind einer Nachnutzung zugeführt worden.

Vorsitzender Herr Tögel: Ich erinnere mich noch an unsere ersten Beratungen nach dem Unglück. Damals haben wir darüber geredet, dass es Monate dauern wird, bis die touristische Nutzung wieder aufgenommen werden kann. Es sind nun Jahre geworden. Das ist für die betroffenen Regionen tragisch. Aber ich denke - das haben auch die Gutachten gezeigt -, dass die Sicherheit vor allen anderen Dingen steht. So bedauer-lich es für die Betroffenen ist, ist es keine Frage, dass zunächst die Standsicherheit der anderen Uferbereiche Vorrang vor allen Dingen hat.

Stadt Seeland

Frau Meyer, Bürgermeisterin der Stadt Seeland: Zunächst einmal vielen Dank, dass der Geschäftsführer der Seeland GmbH und ich als Bürgermeisterin der Stadt Seeland an dieser Sitzung teilnehmen dürfen und noch einmal die Ausführungen der Gutachter hören durften; denn es sind einige Informationen, die wir verglichen mit der Veranstal-tung im Juni neu und intensiver gehört haben. Es kann auch sein, dass die Informatio-nen beim zweiten Mal verständlicher waren. Es war sehr aufschlussreich für uns beide und auch sehr interessant.

Die Gutachter, Herr Professor Dr. Kuyumcu und auch die Staatssekretärin haben es angesprochen: Für unsere Region war es wichtig, dass diese Gutachten nach vier Jah-ren endlich vorliegen. Denn wir haben ja schon mehrere Verschiebungen erlebt.

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Der damalige Wirtschaftsminister Herr Dr. Haseloff meinte auch, dass das Gutachten Ende 2009 vorliegen wird. Es wurde immer weiter verschoben. Für die Bürger war es irgendwann nicht mehr zu glauben, dass es eine Ursachenermittlung geben wird. Es ist aber doch passiert. Das war sehr wichtig.

Die Sicherheit steht auch für mich an erster Stelle. Denn wenn wir diesen See wieder öffnen, möchten wir das auch mit einem ruhigen Gewissen tun. Es darf nicht passieren, dass die kleinste Erschütterung in diesem Bereich das Todesurteil für die Region See-land bedeuten würde.

Daher habe ich es auch über die Jahre hinweg unterstützt, dass wir die Ursachener-mittlung brauchen, um dann gemeinsam mit der LMBV und dem Land die Sanierungs-arbeiten durchführen zu können.

Ich glaube, dass unsere Bürger das akzeptieren. Wichtig ist nur, dass man gesetzte Termine einhält; denn ansonsten wird man unglaubwürdig. Das kann ich aus meinen Erfahrungen auch in anderen Gremien sagen. Wir müssen den Bürgern auch vermit-teln, dass es nach Jahren weitergeht. Das tun wir unter anderem mit der heutigen Ver-anstaltung des Ausschusses. Das zeigt mir auch, dass sich die Landtagsabgeordneten dafür sehr interessieren. Das ist mir wichtig; das nehme ich mit in den Stadtrat.

Ich denke, bei diesem großen Ereignis, das auch über die Medien weit verbreitet wur-de, ist es nicht nur ein Problem für die Stadt Seeland, sondern für ganz Sachsen-Anhalt und für die LMBV. Ich meine, wir können das nur gemeinsam lösen. Ich denke, wir haben es in den vergangenen Jahren auch bewiesen. Ich appelliere an alle Ver-antwortlichen, dass wir das auch weiterhin bis zum Abschluss bringen. Wir wollen kurz-fristig gemeinsam die Sanierungsarbeiten abstimmen und dann, wie es die Kommune vor dem Unglück in einem Masterplan erstellt hat, weiterhin ansetzen. Wir Kommunal-politiker vor Ort sind bereit dafür. Wir können es aber nicht alleine stemmen.

Deswegen lautet mein Appell an alle: Lassen Sie uns da weitermachen, wo es vor dem Unglück schon recht gut vorangegangen ist. Die Region braucht dieses Seelandpro-jekt, weil es dazugehört. Der See befindet sich mitten in der Stadt und verbindet unsere sechs Orte. Wir können das nicht einfach ausblenden. Daher ist es eine wichtige Auf-gabe für uns.

Vorsitzender Herr Tögel: Frau Meyer, Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns auch in der vergangenen Legislaturperiode in diesem Ausschuss um das Projekt und um die Folgen gekümmert haben. Ich glaube, über alle Fraktionen hinweg hat es nie einen Zweifel daran gegeben, dass der Ausschuss und auch der Landtag ein großes Interes-se daran haben, dass die Projekte umgesetzt werden, wenn auch mit Zeitverzögerung. Denn es ist völlig klar, dass es ein wichtiger Aspekt für die Entwicklung der Region ist.

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Ich glaube, wir können für alle Fraktionen sagen, dass überall großes Interesse ge-herrscht hat und auch herrscht; denn ansonsten würde es heute nicht auf der Tages-ordnung stehen.

Auch wenn die Gründe für die Verzögerungen für uns nicht immer erkennbar waren, so hat sich im Nachhinein gezeigt, dass die Gutachten mit einem großen Aufwand ver-bunden waren und ihre Erstellung eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat.

Die Interessen und Ziele, die wir damit verfolgen, sind fraktionsübergreifend vorhan-den.

Abg. Herr Erdmenger: Danke an die Gutachter und an Frau Meyer. Ich kann aus meinem Besuch vor Ort bestätigen, dass es in Nachterstedt nicht das Gefühl gab, dass sich der Landtag sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat. In diesem Sin-ne gibt es eine Kommunikationslücke. Nichtsdestotrotz befassen wir uns heute mit dem Thema, um zu schauen, wo wir nun stehen. Ich habe eine Reihe von Fragen; das bleibt leider nicht aus, nachdem man so viele neue Informationen erhalten hat.

Zu den Ursachen. Herr Dr. Clostermann, ich bin ein bisschen überrascht über die Dar-stellung des Wirtschaftsministeriums, das sagt, wir sind uns über die Ursachen alle einig. Ich lese aus den Kurzfassungen einen erheblichen Unterschied in der Bewertung heraus. Ich lese aus der Kurzfassung des Gutachtens der LMBV eine große Betonung auf das seismische Initial als Ursache. Herr Dr. Clostermann, Sie sagen, aus Ihrer Sicht war das keine wesentliche Ursache. Auf der anderen Seite lese ich aus dem Gutachten von Herrn Dr. Clostermann - das haben Sie auch dargestellt -, dass als we-sentliche Ursachen anzusehen ist, dass sich erstens die Grundwasserverhältnisse an-ders als erwartet zeigten und dass zweitens das Stützmaterial ins Fließen gekommen ist, womit offenbar nicht ausreichend gerechnet wurde.

Zudem lese ich in Ihrer Kurzfassung, dass es entscheidende Hinweise darauf gab, dass das Kippenmaterial sehr fließungsneigend ist, und auch darauf, dass sich das Grundwasser anders verhält. Denn die Sollwerte wurden bei der Grundwassermes-sung angepasst bzw. waren irgendwann nicht mehr übersichtlich. Was ist eigentlich der Sollwert, der an verschiedenen Grundwassermessstellen erreicht werden sollte? Außerdem wurden Grundwassermessstellen während des Verfahrens geschlossen und nicht mehr beachtet. Damit konnte die Kontinuität nicht gewährleistet werden.

Ich lese heraus, dass Sie klare Hinweise darauf haben, dass es während der Sanie-rung zu Fehlern gekommen ist, die man hätte vermeiden.

In dem Zusammenhang würde ich gern das Wirtschaftsministerium bitten, für uns dar-zustellen, wie der Ablauf des Genehmigungsverfahrens damals war. Wer hat was ge-prüft und was genehmigt? Wer ist die federführende Genehmigungsbehörde?

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Wie erklären Sie sich, dass die Hinweise, auf die Herr Dr. Clostermann in seiner Kurz-fassung eingeht, damals nicht beachtet wurden?

Zur Sanierung. Herr Dr. Clostermann schreibt in seinem Gutachten, dass seiner Mei-nung nach alle aus Kippen gebauten Böschungen neu berechnet und untersucht wer-den müssen mit den neuen Erkenntnissen zum Grundwasser. Das habe ich aus Ihren Plänen, Herr Professor Dr. Kuyumcu, nicht entnommen. Ich möchte Sie bitten, das zu bestätigen. Denn wenn das erforderlich ist, dann erscheint mir die Stabilisierung des Rutschungskessels nur eine vorübergehende Maßnahme zu sein. Wir reden dann über den gesamten Böschungsbereich und wir reden von einem ganz anderen technischen und finanziellen Aufwand. Vielleicht können Sie auch einige finanzielle Angaben zur Sanierung machen.

Das ist deswegen interessant, weil es Geld kostet, über das sich letztlich auch dieser Ausschuss Gedanken machen muss. Aber es ist auch deswegen interessant, weil das Nordufer schneller freigegeben werden soll, was ich sehr begrüße. Sie sagen, das soll bis 2015 passieren. Die Frage ist, wie glaubwürdig das ist.

Die Formulierung in der Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums war diesbezüg-lich sehr gekonnt formuliert. Ich kann sie nicht wiedergeben, aber sie hatte die Aussa-ge, dass es angestrebt wird, wenn es die Umstände ermöglichen. Das zeigt die Unsi-cherheit, die wir im Verfahren haben. Aber das zeigt auch, dass man sich auf das Jahr 2015 kaum verlassen kann. Deswegen sind wir immer noch in der Abwägung, zu sa-gen, ob wir den Uferbereich vorher durch Pontons schützen müssen und eine Teilfrei-gabe erfolgen kann, bevor wir über alle Böschungen ein klares Bild haben.

In diesem Sinne meine Fragen: Herr Dr. Clostermann, welche Hinweise, die es früher gegeben hat, sehen Sie? Wie bewerten Sie das? An das Wirtschaftsministerium: Wie lief das Genehmigungsverfahren? Inwieweit sind diese Erkenntnisse nicht vorgekom-men? Herr Professor Dr. Kuyumcu, müssen wir alle Kippen untersuchen? Werden Sie das tun? Was heißt das für die Sanierung?

Abg. Herr Dr. Thiel: Ich möchte meine Anerkennung zum Ausdruck bringen für die umfangreiche wissenschaftliche und ingenieurtechnische Arbeit, die erforderlich war, um zumindest den Ursachen auf die Spur zu kommen. Ich habe die Gutachter so ver-standen, dass man sich in wesentlichen Punkten einig ist und der Streit vielleicht zu der Frage besteht, was das Initial war.

Erstens. Für mich ist allerdings entscheidend, zu fragen, ob jetzt alle Voraussetzungen vorliegen, um die Sanierung in dem entsprechenden Maße voranzubringen. Das ist die Frage, die ich stellen möchte. Professor Dr. Kuyumcu hat darauf verwiesen und hat auch auf den Zeitplan verwiesen.

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Aus der Stellungnahme des Ministeriums wird auch ersichtlich, dass noch bestimmte Datensammlungen bis zum Herbst 2013 notwendig sind. Vielleicht können Sie das noch einmal skizzieren. Die Arbeit geht offensichtlich weiter.

Zweitens, was die gestörte Kommunikation mit dem Landtag bzw. mit dem Land be-trifft. Ich habe bei meinen Besuchen am Concordia See immer festgestellt, dass es zum einen eine berechtigte Ungeduld gab, mit bestimmten Dingen vertraut gemacht zu werden, bis hin zu einer Resignation, weil es neue Erkenntnisse gibt. Zum anderen gab es den berechtigten Druck auch von Herrn Strohmeyer, der gesagt hat, wir möchten nicht vergessen werden; bitte nehmt uns ernst, auch wenn es etwas länger dauert. Die Bürger der Stadt Seeland sollen die Gewissheit haben, dass das Land und auch die Landtagsabgeordneten dahinter stehen. Das haben wir versucht zu vermitteln. An der einen oder anderen Stelle war dies vielleicht nicht ganz glücklich.

Drittens zu der Frage, ob es bereits vorher Anzeichen gab, dass am Concordia See ein solches Ereignis passieren könnte. Ich habe mit Bergleuten gesprochen. Auch Sie ha-ben in den Gutachten erwähnt, dass es Wassertrübungen gab, die auf eventuelle Ver-änderungen hindeuteten. Gab es vorher Andeutungen, die Sie festgestellt haben, an-gesichts derer man das Geschehen aufmerksamer hätte verfolgen müssen?

Viertens zu den Grenzen der Begehbarkeit. Herr Professor Dr. Kuyumcu, vielleicht können Sie noch einmal die gesperrten Bereiche erläutern. In dem neuen Flyer der Seeland GmbH wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass das Naherholungsgebiet vorhanden ist. Es wird eine Reihe von Aktivitäten angeboten, wie der Abenteuerspiel-platz, der Königsauer See usw. Eine Menge ist in der Vergangenheit gemacht worden. Wie wollen wir uns an dieser Stelle weiterhin bewegen? Ich würde stark dafür plädie-ren, dass wir gegenüber der Stadt Seeland und auch gegenüber der Seeland GmbH eine klare Ansage machen, dass die touristische Entwicklung gemeinsam begleitet wird, sowohl seitens des Landtages und der Landesregierung als auch von der kom-munalen Seite. Wir sollten über die Konzepte weiterhin sprechen. Denn der Wunsch besteht darin, den Zustand wieder herzustellen, der im Jahr 2008 existierte.

Wir wollen dort kein Luxusbad entstehen lassen, sondern der ursprüngliche Zustand soll wieder hergestellt werden. Vielleicht haben sich in den letzten Jahren auch neue Aspekte herausgestellt, wie bestimmte Projekte gestaltet werden sollen.

Deswegen möchte ich nach den Finanzen fragen. Herr Erdmenger hat die Frage auf-geworfen. Ich möchte ganz konkret fragen: Sind die notwendigen Sanierungsmaßnah-men mit den bereitgestellten Mitteln der LMBV zu realisieren oder müssen wir im Rah-men des nächsten Braunkohleabkommens bzw. im Rahmen der nächsten Haushalts-pläne die Titelgruppen festschreiben? In welcher Größenordnung soll das geschehen?

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Der Entwurf des Haushaltsplans 2014 wird in den nächsten Tagen in den Landtag ein-gebracht. Wenn Sie die Kollegen der Regierungsfraktionen fragen, dann sagen sie, es sei alles festgezogen und es gebe keine Bewegung mehr. Deswegen ist es wichtig, zu wissen, was für die Sanierung notwendig ist und ab wann die Maßnahmen beginnen sollen. Wenn das Nordufer im Jahr 2015 freigegeben werden soll, dann muss dort auch etwas passieren. Also müssten in den Jahren 2014 und 2015 entsprechende Mit-tel für die touristische Weiterentwicklung des Concordia Sees auch geplant sein.

Ich will nicht vorschlagen, eine Titelgruppe „Concordia See“ einzuführen, aber zumin-dest bei den Haushältern im Wirtschaftsministerium sollten die Summen klar werden. Was brauchen wir für diesen Zweck? In welchen Etappen brauchen wird das? Das ist auch wichtig, um für die kommenden Haushaltspläne die entsprechenden Weichen stellen zu können. Das halte ich für ein wichtiges Signal für die Region. Wir haben die Region bisher nicht allein gelassen und auch in der Zukunft ziehen wir uns nicht zu-rück.

Abg. Herr Harms: Neben diesem Grundwasserleiter 6.3 und dem hydraulischen Fens-ter scheint mir eine Ursache zu sein, dass sich Grundwasser aufgebaut hat, nicht ab-fließen konnte und dann ein solches Fenster gefunden hat. Kann Professor Dr. Katzen-bach vielleicht noch etwas zur Form und zur Größe dieses Fensters sagen. War das schon vorhanden? Hat sich das durch die Druckverhältnisse herausgebildet? Der Grundwasserleiter ist noch immer da. Das Fenster ist noch vorhanden. Was bedeutet das für die Zukunft? Läuft über diesen Weg Grundwasser in den See hinein? Wie geht man damit um?

Herr Dr. Clostermann: Ich versuche, die Fragen von Herrn Dr. Thiel und von Herrn Erdmenger gemeinsam zu beantworten. Natürlich ist die Frage, ob es Hinweise auf das Unglück gab, grundsätzlich von Interesse. Zum einen interessiert diese Frage im Rahmen einer Ermittlung der Staatsanwaltschaft, zu der ich an dieser Stelle nichts sa-gen werde und auch nichts sagen darf und kann. Zum anderen interessiert diese Frage aus technischen Gründen. Diesen Punkt haben wir untersucht und dazu möchte ich mich gern äußern.

Wir haben, nachdem wir uns die ersten Grundlagen intensiv angeschaut haben, zu-nächst die vorhandenen Informationen bezüglich der Geologie und der Geotechnik zusammengetragen und haben dann ein Modell auf der Basis dieses Kenntnisstandes erstellt. Mit diesem Modell, das den damaligen Kenntnisstand abbildete, haben wir die Standsicherheit dieser Böschung in diesem Bereich berechnet. Wir sind zu dem Er-gebnis gekommen, dass die Böschung standsicher ist. Das ist reine Numerik.

Wir haben alle das Bild vor Augen gehabt, dass die Böschung nicht mehr vorhanden war, also nicht standsicher gewesen sein kann, wie es die Modellbildung unter Voraus-

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setzung des damaligen Kenntnisstandes, der allgemein verifiziert und allgemein an-erkannt war, dargestellt hat.

Deshalb haben die Untersuchungen sehr lange gedauert. Denn wir mussten in einem in sich schlüssigen und vollständigen Bild der Geologie, der Hydrogeologie und der Bodenmechanik einen Fehler bzw. einen Parameter finden, der das ganze System so stark beeinflusste, dass die Rechnung nachweisen konnte, dass an dieser Stelle ande-re Verhältnisse herrschten als angesetzt oder als vorauszusetzen war.

Wir haben in alle Richtungen recherchiert. Wir haben die damaligen Untersuchungen der bodenmechanischen Werte untersucht. Wir haben darüber diskutiert, inwieweit im Laufe der Zeit bei den Sanden ein Verwitterungsprozess oder sonstige Einflüsse ge-wirkt haben, die die labortechnisch ermittelten Kennwerte im Laufe der Zeit beeinträch-tigt haben. Wir haben durch die Bohrungen geringere Werte ausmachen können. Wir haben aber auch deutlich höhere Werte gefunden für die Kohäsion oder andere bo-denmechanische Parameter.

Das heißt, den einfachen Ansatz, dass sich die Eigenschaften im Laufe der Zeit nega-tiv entwickelt haben, konnten wir nicht treffen. Herr Professor Dr. Katzenbach sprach von dem Überdruck, der sich sack- bzw. linienförmig aufgrund der Rinnenstruktur bil-den konnte. Diese Situation konnten wir erst am Ende des letzten Jahres durch durch-geführte Wiederanstiegsversuche und Pumpversuche durch Abstellen der vorhande-nen Pumpen feststellen. Bis dahin haben wir drei Jahre lang trotz intensiver Beschäfti-gung mit dem alten Kenntnisstand und der Auswertung des neuen Kenntnisstandes darauf keine Hinweise gehabt.

Es war für uns schwer nachzuvollziehen, dass die Berechnung der nachgewiesenen und verifizierten Ansätze eine standsichere Böschung zum Ergebnis hatte. Aber es war nicht standsicher.

Somit kann man im Nachhinein sagen, dass es auch früher einen Überdruck gab. Es gab Grundwassermessungen, die erhöhte Werte gezeigt haben. Das wird es auch zu-künftig geben. Entscheidend ist, dass man sich mit den gemessenen Werten intensiv beschäftigt und dass man eine Erklärung dafür findet, warum diese Werte zu hoch sind. Die Gutachter der LMBV und auch die LMBV selbst haben sich sehr intensiv mit diesen Fragestellungen beschäftigt. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass die Messstelle in ihrer Funktion gestört sein muss. Das ist nicht auszuschließen. Aufgrund der festgestellten Daten ist es eine der möglichen Ursachen.

Jetzt wissen wir, dass es einen Überdruck gibt, der gegebenenfalls auch früher gewirkt hat. Heute würde man auch diese Situation bei einer Diskussion und Betrachtung von zukünftig erhöhten Messwerten mit in die Betrachtung einschließen. Aber ich glaube

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nicht, dass aufgrund des technischen Kenntnisstandes vor den Erkundungsarbeiten Hinweise realistisch hätten gesehen werden können.

Die angesprochene Trübungserscheinung ist eine typische Erscheinung, die bei allen künstlich geschütteten Böschungen auftritt, wenn diese erstmalig unter Wasser gera-ten. Wie haben die Situation, dass der Grundwassergradient im Regelfall im Bereich der Seelinie aus der Böschung heraustritt. Das heißt, es kommt zu einer Durchnässung von unten durch das ansteigende Wasser des Kippenbereiches. Zudem ergibt sich eine Strömung aufgrund des Grundwassers, das auf den See spiegelt. Bei den gekipp-ten Bereichen gibt es immer wieder Bereiche mit einem erhöhten Feinstkornanteil.

Dieser Feinstkorn wird durch die Strömung mitgenommen, sodass diese Blasenbildung kein eindeutiges Indiz für ein anstehendes Böschungsversagen ist. Das kommt bei gekippten Böschungen, die unter Wasser geraten, vor.

Abg. Herr Erdmenger: Ich hatte Sie auf die in Ihrer Kurzfassung des Gutachtens auf Seite 7 erwähnten hydrogeologischen Sollwert-Angaben angesprochen. Dort schreiben Sie, dass nach der Sichtung der Analysen festzustellen sei, dass wegen fehlender Grundwassermessstellen, fehlender und teilweise falscher Angaben des zulässigen Sollwertes nicht nachvollziehbar sei, an welcher Grundwassermessstelle der Sollwert in welcher Größenordnung überschritten worden sei. Vielleicht können Sie darauf noch einmal eingehen.

Herr Dr. Clostermann: Einzelne Sollwert-Angaben wurden überschritten. Das sprach ich in meinen Ausführungen mit den erhöhten Pegelständen an. Einzelne Pegel sind aus der weiteren Betrachtung herausgenommen worden, weil sie auch unter Anwen-dung des damaligen Standes der Technik bzw. aufgrund des damaligen Kenntnisstan-des als nicht intakt deklariert wurden.

Es gibt andere Fälle, bei denen die Sollwert-Stände überschritten wurden und die Gut-achter für die Böschungen die Sollwerte hochgesetzt haben. Bei unseren Arbeiten ha-ben wir angemerkt, dass diese Erhöhung der Sollwert-Angaben für uns technisch nicht nachvollziehbar war, da keine entsprechenden Begründungen in den Berichten gelie-fert werden. Die Angaben werden nur hochgesetzt. Wir können dieses jedoch nicht bewerten. Wir wissen nicht, warum sie hochgesetzt wurden und warum sie auf diese Stufe hochgesetzt wurden.

Herr Prof. Dr. Katzenbach: Ich schließe zunächst an die Ausführungen von Dr. Clostermann an, bevor ich auf das hydraulische Fenster eingehe. Sie müssen sich bitte Folgendes vorstellen: Wir befinden uns heute auf einem Wissensstand, den es in den Jahren 2008 und 2009 nicht gegeben hat. Die Welt in Nachterstedt sieht nach un-serer jetzigen Modellbildung ganz anders aus als damals. Wir haben die Nachweiswelt auf den Kopf gestellt und damit die Ursache erkennen können.

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Daher gibt es den Glaubenskrieg, was war vorher und was ist nachher, gar nicht, weil wir heute auf einen neuen Sachverhalt aufbauen können und müssen und diesen bei den Sanierungs- und Sicherungsarbeiten auch umsetzen müssen.

Wir hatten die große Befürchtung, dass durch den durchlöcherten Bereich zwischen Frose und Nachterstedt - dort befinden sich Altstrecken, Bruchfelder usw. - das Wasser aus Frose durchschießt und alles Mögliche mitreißt. Dort steht das Wasser 30 m höher als am Concordia See. Aus diesem Grund gab es sehr strenge Sicherheitsauflagen. Die Sicherheit galt als oberstes Gebot. Das sagte auch die Bürgermeisterin. Nicht, dass bei der Erkundung das nächste Unglück passiert wäre.

Der Altbergbau - das ist unser gemeinsames Wissen - hat mit der gesamten Geschich-te nichts zu tun. Das ist ein wichtiger Punkt für die weiteren Vorgehensweisen.

Wir haben die Erheblichkeit der Überschreitungen sehr genau betrachtet. Ich komme zu der gleichen Einschätzung wie Herr Dr. Clostermann: Diese Vorgänge sind nicht schadensursächlich. Es gibt keine Kausalität zwischen der Bewertung der Grundwas-sermessstellen und dem eigentlichen Schadensunglück. Die Physik ist eine völlig an-dere und diese kannte man damals nicht. Das ist der Hintergrund unserer Analyse, wie wir sie Ihnen präsentiert haben.

Zu dem hydraulischen Fenster. Das ist des Pudels Kern. Wir haben das hydraulische Fenster im eigentlichen Sinn durch die Erkundungen nicht gefunden. Es gibt keine Bohrung, bei der wir sagen können, es gibt eine hydraulische Verbindung, die unkom-mentiert vom Stützkippensystem in den Grundwasserleiter 6.3 übergeht. Aber wir wis-sen vor allen Dingen aus den Wasserdruckmessungen mit den sogenannten Piezome-tern, dass es ein solches hydraulisches Fenster gegeben haben muss. Das heißt, wir grenzen es phänomenologisch ein und setzen es dann in die Modellbildungen als ein Element der Belastung des Stützkippensystems ein. Das Fenster hat eine Größe von 2 m. Es ist also ein relativ kleines hydraulisches Fenster. Es muss so groß sein, dass der Druck nicht völlig herauspufft. Ansonsten hätte es die Sprudel- und Strudellöcher nicht gegeben. Es ist ein hochgradig sensitives hydraulisches und hydromechanisches System.

Dass es dieses hydraulische Fenster gibt, wissen wir aus den Messwerten. Die Lokali-sierung ist technisch nicht möglich und ein reiner Zufall.

Für die Zukunft bedeutet das: Wir wissen, dass es einen Flickenteppich geben muss. Aus diesem Grund werden die Sicherheitspumpmaßnahmen vorgenommen. Es darf nichts passieren und es wird auch nichts passieren. Dieses Element des hydraulischen Fensters ist ein wesentliches Element der Sicherungsmaßnahmen.

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Herr Prof. Dr. Kuyumcu: Ich komme zunächst zu den Fragen des Abg. Herrn Erd-menger und des Abg. Herrn Dr. Thiel, ob die LMBV hinreichend Kenntnis zur Beurtei-lung der Standsicherheit der übrigen Böschungsbereiche hat, sodass sie eine Sanie-rungskonzeption erstellen kann. Wahrscheinlich waren meine Ausführungen nicht ganz verständlich. Ich sagte, dass nach der Vorstellung unserer Sanierungskonzeption für den Bereich des Rutschungskessels für die östliche und die südwestliche Kippenbö-schung noch Restarbeiten durchzuführen bis zum Jahreswechsel sind, auf deren Grundlage wir abschließende Standsicherheitsnachweise für diese Bereiche erstellen werden und auch auf dieser Grundlage befinden werden, ob gegebenenfalls weitere ergänzende Sicherungsmaßnahmen - das werden wahrscheinlich Rütteldruckverdich-tungsmaßnahmen sein - durchzuführen sind.

Zu Beginn hatte ich zur Sprache gebracht, dass im Rahmen der Ursachenerkundung eine Reihe von Daten für die Sanierung und Sicherung erhoben wurden. Aber diese Daten sind noch nicht abschließend. Die restlichen Arbeiten werden wir bis zum Jah-resende abgeschlossen haben, sodass wir die Standsicherheitsnachweise für die rest-lichen Böschungen nach dem Jahreswechsel erstellt haben werden. Von der nördli-chen Böschung, die eine gewachsene Böschung ist, haben wir eine klare Vorstellung, dass die Standsicherheit gegeben ist.

Zu der Frage des Abg. Herrn Dr. Thiel nach dem aktuellen Sperrgebiet. Das aktuelle Sperrgebiet hat sich nicht geändert. Sobald wir diese restlichen Untersuchungen, von denen ich gesprochen habe, bis zum Jahreswechsel abgeschlossen und die Standsi-cherheitbetrachtung für die gesamten Böschungen erstellt haben, werden wir durchaus Anpassungen an dem Sperrgebiet vornehmen. Diesbezüglich hatten wir Frau Bürger-meisterin bei der Vorstellung der Ergebnisse am 9. Juli 2013 zugesagt, dass wir mit ihr zusammen gewisse Prioritäten setzen und Abwägungen vornehmen, zum Beispiel Radwege oder bestimmte Wege.

Ebenso möchte ich zur Sprache bringen, dass unser Sanierungskonzeption sowie das Betriebsplanverfahren, die auch der Stadt und dem Landkreis zugeleitet wurden, vor-sehen, eine Harmonisierung mit dem Masterplan der Region herzustellen, damit die Gesamtaufwendungen für beide Seiten, also bei der Realisierung des Masterplans und bei der Realisierung der Sanierungskonzeption, auf ein Minimum gesenkt werden. Am Rande wurde sich hierüber erneut ausgetauscht. Das ist eine durchaus übliche Ab-stimmung, die wir auch an anderen Sanierungsstandorten mit den verantwortlichen kommunalen Verwaltungen durchführen. Ganz gewiss werden wir das auch mit der Stadt Seeland umsetzen.

Ich komme zu einer weiteren Frage des Abg. Herrn Dr. Thiel. Werden wir in dem lau-fenden Verwaltungsabkommen mit den vorgesehenen Budgets zurechtkommen?

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Die LMBV geht davon aus, dass dies der Fall sein wird. Wir haben noch keine ab-schließenden Ergebnisse über den genauen Umfang der Kosten für die Sanierungs-arbeiten, auch über 2017 hinaus. Das laufende Verwaltungsabkommen deckt den Zeit-raum bis 2017 ab. Wenn die angesetzten Budgetzahlen so zur Verfügung gestellt wer-den - davon gehe ich aus -, sehe ich keine Notwendigkeit, einen Anpassungsantrag zu erarbeiten.

Staatssekretärin Frau Dr. Zieschang (MW): Von beiden Gutachtern ist dargelegt worden, dass mit den Gutachten auch ein neuer Erkenntnisstand verbunden ist, insbe-sondere in Bezug auf den Grundwasserleiter 6.3. Das ist einerseits wichtig für die Zu-kunft, für die weiteren Standsicherungsarbeiten. Andererseits muss es natürlich eine Rückschau geben. Daher werden die Gutachten von der Landesregierung ausgewertet werden. In einem ersten Schritt wird das LAGB dies tun und danach auch das Ministe-rium selbst. In diesem Zusammenhang wird es natürlich auch darum gehen, sich die Sanierungsarbeiten gerade an der Südböschung im Detail anzuschauen und abzuglei-chen, ob es bereits zu einem früheren Zeitpunkt Hinweise gegeben hat. Dann wird man sehen, zu welchem Zeitpunkt welche Erkenntnisse vorlagen, zu welchem Zeitpunkt Hinweise vorlagen und wie man mit diesen Hinweisen umgegangen ist, ob man sich damit auseinandergesetzt hat und ob diese in den Gutachten, Stellungnahmen und Betriebsplänen berücksichtigt worden sind oder nicht. Das ist eine sehr kleinteilige Ar-beit, die in den nächsten Wochen und Monaten geleistet werden muss.

Über die Frage, ob es möglich ist, quasi als zwischenzeitliche Maßnahme Pontons im Concordia See zu verankern, um Schwallwellen abzufangen, wurde intensiv mit der LMBV diskutiert. Pontons sind nicht geeignet, Schwallwellen zu verhindern. Es handelt sich bei Schwallwellen nicht um Wellen wie am Meer, die durch Wind verursacht wer-den und sich an der Wasseroberfläche aufbauen, sondern um Wellen, die vom Grund des Sees ausgehen und sich von dort bis zur Wasseroberfläche aufbauen. Sie entwi-ckeln eine gewaltige Kraft und können von Pontons an der Wasseroberfläche nicht aufgehalten werden. Die Alternative wäre, das Nordufer des Concordia Sees mit einer Betonmauer abzugrenzen und quasi ein Schwimmbad entstehen zu lassen. Sinnvoller ist es aber, mit den Sanierungsarbeiten wie geplant zu beginnen mit der Zielstellung, die Saison 2015 im Auge zu behalten.

Frau Meyer: Ich bedanke mich bei der LMBV und beim Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft, dass sie die Stadt Seeland und die Bürger zeitnah darüber informieren, wie die Sanierungsarbeiten aussehen sollen und wie die Zusammenarbeit in den nächsten Wochen gestaltet werden soll. Ich fand es gut, dass beide entsprechend an die Stadt Seeland herangetreten sind. Das Ministerium, die LMBV und die Stadt See-land werden sich zusammensetzen, um die Sanierungsarbeiten im südlichen Teil des Concordia Sees abzustimmen.

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Ein Masterplan ist schon vor dem Unglück fertiggestellt worden. Man muss schauen, inwieweit die Planungen noch aktuell sind und sich noch umsetzen lassen. Ich hoffe, dass wir dem Ausschuss vielleicht schon am Jahresende berichten können, wie der Masterplan umgesetzt werden kann.

Ich finde es auch gut, wie Abg. Herr Dr. Thiel sagte, dass der Ausschuss das Thema gemeinsam mit der Stadt Seeland weiter begleiten möchte. Ich bin sehr optimistisch und der Stadtrat der Stadt Seeland und die Bürger auch, dass man den Masterplan Stück für Stück wird umsetzen können.

Es liegt jetzt auch an der Stadt Seeland, die Planungen weiter voranzutreiben. Ich hof-fe, dass die Fördermittel der Investitionsbank nach wie vor zur Verfügung stehen. Ich habe bereits ein Schreiben bekommen, dass wir dort eine Abstimmung vornehmen müssen.

Abg. Herr Erdmenger: Ich habe die Bitte, dass wir die Sanierungskonzeption, von der Herr Professor Dr. Kuyumcu sprach, bekommen. Bisher liegen uns nur die Gutachten zur Ursachenermittlung vor. Ich habe Herrn Professor Dr. Kuyumcu so verstanden, dass die LMBV nach und nach die übrigen Böschungen auf der Grundlage der neuen Erkenntnisse untersuchen und gegebenenfalls Sicherungsarbeiten vornehmen wird.

Sie haben ausgeführt, dass Sie befürchten, bei den Bauarbeiten an der Südböschung Schwallwellen auszulösen, weil sie Material umverteilen wollen. Ist das bei den Bau-arbeiten an den anderen Böschungen ausgeschlossen? Ich frage das deshalb, weil mich das von der LMBV ausgegebene Ziel einer Teilfreigabe im Jahr 2015 nicht in Si-cherheit wiegt, sondern ich meine, dass das eine sehr vage Aussage ist. Ich glaube, es ist für die Menschen vor Ort sehr wichtig zu wissen, ob das Ziel wirklich realistisch ist. Wenn durch Bauarbeiten Schwallwellen ausgelöst werden könnten, ist es dann nicht möglich, die Bauarbeiten aus der Badesaison herauszuhalten? Das ist für die Region entscheidend.

Ich vermisse auch noch eine Antwort auf die Frage, was die Arbeiten kosten werden. Für die Erkundungsarbeiten sind immer wieder Mittel aus dem Landeshaushalt freige-geben worden. Von daher wäre es interessant zu erfahren, was die Arbeiten kosten sollen. Herr Professor Dr. Kuyumcu sprach davon, dass er zumindest die Kosten ken-ne, die bis zum Jahr 2017 anfielen.

Herr Prof. Dr. Kuyumcu: Zunächst zu unserer Aussage zur Nutzung des Concordia Sees am Nordufer, die Abg. Herrn Erdmenger zu vage erscheint. Diese Aussage müs-sen wir nicht allein, aber insbesondere unter dem Blickwinkel sehen, dass noch weitere Daten erhoben und ausgewertet werden müssen. Wir benötigen diese Daten, um die Standsicherheit der übrigen Kippenböschungen am östlichen und südwestlichen Ufer beurteilen zu können.

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Wir wissen heute noch nicht, ob und, wenn ja, in welchem Umfang an diesen Bö-schungen ergänzende Sicherungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen. Wir gehen davon aus, dass diese Maßnahmen womöglich nicht allzu umfangreich ausfal-len müssen. Mit einer Beurteilung möchte ich aber warten, bis wir die Untersuchungen bis zum Jahreswechsel abgeschlossen und die Standsicherheitsnachweise haben werden. Dann können belastbare Aussagen getroffen werden, ob beim Einsatz schwe-rer Geräte Rutschungen an Kippenböschungen auftreten können oder nicht und wel-che Art von Rutschungen.

Man weiß, dass im Zuge solcher Maßnahmen durchaus Böschungsabbrüche auftreten können. Diese dürfen aber nicht so gravierend sein, dass sie eine Schwallwelle auslö-sen. Bei einer Schwallwelle würde der gesamte Wasserkörper in Bewegung geraten, wie es Staatssekretärin Frau Dr. Zieschang bereits ausgeführt hat.

Die LMBV ist bergrechtlich verantwortliches Unternehmen und haftet, wenn etwas pas-siert. Die Bergbehörde hat gemeinsam mit der LMBV darüber zu wachen, dass es da-zu nicht kommt.

Ich bitte um Verständnis, dass die Aussage der LMBV heute noch nicht konkreter sein kann. In einem halben Jahr wird man klarer sehen. Dann wird man Gewissheit haben, damit sich Badegäste keine Sorgen machen müssen.

Was den finanziellen Umfang angeht, kann ich Ihnen im Moment nicht die konkrete Höhe der Mittel nennen, die in dem Verwaltungsabkommen für die Zeit von 2013 bis 2017 für den Concordia See vorgesehen sind. Das kann ich gern nachliefern. Es bleibt aber bei meiner Aussage, dass die LMBV derzeit keine Veranlassung hat, eine Anpas-sung vornehmen zu lassen.

Abg. Herr Dr. Thiel: Der Ausschuss hat am 10. März 2010 über die finanziellen Mittel gesprochen. Damals hat Minister Herr Dr. Haseloff festgehalten, dass bis zum Jahr 2012 Mittel in Höhe von etwa 41 Millionen € für die Beseitigung der Schäden be-nötigt würden. Er ging davon aus, dass die LMBV davon Mittel in Höhe von 30,8 Millio-nen € bekommt; Mittel in Höhe von 9,2 Millionen € dienten der Schadensregulierung und mit einem Betrag in Höhe von 1 Million € sei der Nothilfefonds ausgestattet. Ich würde gern wissen, ob die LMBV die Aussage bestätigen kann, dass bis zum Jahr 2012 Mittel in Höhe von 30,8 Millionen € zur Verfügung standen, wobei ich nicht glaube, dass die Mittel schon in voller Höhe abgeflossen sind, weil bestimmte Maß-nahmen noch nicht durchgeführt worden sind.

Ich habe die Aussage von Herrn Professor Dr. Kuyumcu so verstanden, dass dies der Betrag ist, der im Rahmen des Verwaltungsabkommens bereitsteht, und dass seitens des Landtags als Haushaltsgesetzgeber keine Veranlassung besteht, diesen Betrag zu erhöhen.

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Herr Prof. Dr. Kuyumcu: Ja, das habe ich gemeint. Die LMBV ist derzeit mit der Er-stellung der gesamten Sanierungskonzeption befasst. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand sehe ich keine Veranlassung, den Betrag zu erhöhen, der nach dem Verwaltungsabkommen zur Verfügung steht. Ich erwarte aber, dass die zugesagten Mittel auch zur Verfügung stehen.

Vorsitzender Herr Tögel: Abg. Herr Erdmenger hatte noch die Frage aufgeworfen, ob dem Ausschuss die Sanierungskonzeption zur Verfügung gestellt werden kann. Nach den Worten von Herrn Professor Dr. Kuyumcu wird diese gerade erstellt. Ich möchte gern wissen, auf welche Bereiche des Sees sie sich beziehen soll.

Herr Prof. Dr. Kuyumcu: Ich habe den Begriff „Sanierungskonzeption“ auf den Rut-schungskessel bezogen. Diese Sanierungskonzeption wird die LMBV zur Verfügung stellen. Für die restlichen Bereiche stehen noch einige Untersuchungen aus. Es ist klar, dass das erst im Laufe des nächsten Jahres kommen wird.

Vorsitzender Herr Tögel: Ich bitte, die Unterlagen an das Ausschusssekretariat zu senden, damit sie an die Mitglieder des Ausschusses verteilt werden können. - Weitere Fragen sehe ich derzeit nicht.

Abg. Herr Erdmenger: Ich möchte für das weitere Verfahren vorschlagen, das Thema nach dem angekündigten Abgleich der Gutachten im LAGB wieder aufzugreifen, und zwar sowohl in Richtung der Aufarbeitung des Unglücks und der Frage, wer das Un-glück gegebenenfalls zu verantworten hat, als auch in Richtung der daraus für die Zu-kunft zu ziehenden Schlüsse.

Vorsitzender Herr Tögel: Ich gehe davon aus, dass das Ministerium wieder berichten wird. Ich würde dafür einen Termin Anfang des nächsten Jahres ins Auge fassen, weil der Ausschuss in diesem Jahr aufgrund der anstehenden Haushaltsberatungen sicher-lich nicht mehr die Ruhe und Zeit haben wird, sich mit dem Thema in der gebotenen Weise zu befassen. Ich bitte das Ministerium, sobald Informationen vorliegen, ein Si-gnal zu geben, sodass der Ausschuss das Thema vorsehen kann.

Ich bedanke mich bei der Bürgermeisterin der Stadt Seeland, bei der LMBV und bei den Gutachtern sowie bei den anderen Gästen für ihre Teilnahme an der Sitzung und wünsche für die weitere Sanierung eine glückliche Hand. Ich gehe davon aus, dass sich der Ausschuss mit dem Thema weiter befassen wird.

Schluss der öffentlichen Sitzung: 12.12 Uhr.