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WISSEN 57 projektManagementaktuell | AUSGABE 4.2018 Seit Charles Darwin (1858) [1] wissen wir, dass Tiere und Menschen sich im Laufe der Evolution weiterentwickelt (im Sinne von Lean Management würde man sagen, „sich kontinuierlich verbessert“) haben. Auch im Projektmanagement gibt es laufende Weiter- entwicklungen (KVPs – Kontinuierliche Ver- besserungsprozesse), in einer Welt, die immer schneller und komplexer wird. Heute wissen wir nicht, wohin die Reise geht. Fest steht: Die Reise geht weiter! Eines Tages werden vielleicht perfekt vernetzte Künstliche Intel- ligenzen (KIs) die Spitze der Projektmanage- mentevolution darstellen und die Rolle eines Projektleiters oder Projektmitarbeiters über- nehmen. Um KIs zu entwickeln, versuchen Forscher unter anderem die Evolution nachzuahmen [2]. Was wäre, wenn wir solche Anregungen auch für mögliche zukünftige Weiterentwicklungen des Projektmanagements nutzen würden? Um die enorme Umgebungsdynamik der heutigen Zeit zu berücksichtigen, ist es außerdem möglich, klassische Projektmanagementmodelle um Ideen des Lean Managements [3] zu bereichern. In dem vorliegenden Artikel werden im Folgen- den neue, unkonventionelle Denkmodelle vorge- stellt, deren Denkansätze einerseits aus einer der komplexesten Industriesparten der Welt, der Automobilindustrie (Wiege des Lean Manage- ments), und andererseits aus der Bionik kom- men. Ziel ist die Schärfung der Sinne und Skills der Projektbeteiligten (des Lesers) gemäß Abra- ham Lincolns Motto: „Hätte ich acht Stunden Zeit, einen Baum zu fällen, würde ich sechs Stunden die Axt schärfen!“ Die vorgestellten Modelle sind: 1. Das Modell eines lebenden Projektorganis- mus und der daraus abgeleitete bionische Projektlebenszyklus 2. Ein bionisches LPM (Lean Project Manage- ment)-Modell: der Panoramablick eines In- sekts als anzustrebende Eigenschaft des Projektleiters 3. Ein LPM-Zieldreieck 4. Der Effekt der Standardisierung und die Idee eines Null-Fehler-Projekts 1 Das lebende Projekt und der daraus abgeleitete Projekt- lebenszyklus De Geus [4] entwarf 1997 das Modell eines „lebenden Unternehmens“. Projekte weisen ana- log dazu folgende von ihm definierte Wesenszüge auf: 1. Geburt bzw. Initiierung, 2. Zielorientierung (Gewinn), 3. Selbstbewusstsein, 4. Krankheitsan- fälligkeit, 5. Veränderbarkeit in allen Lebenspha- sen, 6. Sterblichkeit. Zu jedem Zeitpunkt in einem Projekt kann es zu Veränderungen, Krank- heiten, Stärkung, Schwächung, im Extremfall zum Tode des Projektes kommen. Statt des Begriffs „lebendes Unternehmen“ kann also im Kontext mit Projektmanagement der Ausdruck „lebender Organismus“ verwendet werden. Der lebende Projektorganismus wird im Wesentlichen gebildet aus der temporär limitierten projektor- ganisatorischen Gruppe der Auftragnehmer, die umgeben ist von der Gruppe der Stakeholder. Als Stakeholder nehmen die Auftraggeber eine gewisse Sonderstellung ein und stellen quasi die Genitoren (also „Vater und Mutter“) des lebenden Projektorganismus (ihres „Kindes“) dar. Von den Auftraggebern kommt die Projektidee (z. B. der Bau eines Hauses), die von der temporären Pro- jektorganisation im Zuge des Projekts realisiert wird. Bei Auflösung der Projektorganisation muss dem Auftraggeber das fertiggestellte Produkt (z. B. Haus) übergeben werden. Das Projekt endet und (das Produkt des Projekts) geht danach in die Betriebsphase über. Bis zum Projektende sichern die Eltern (Auftraggeber) das Überleben des Kin- des (lebenden Projektorganismus) mithilfe des Nahrungsmittels Geld et cetera. Um zu über- leben, muss sich ein Organismus seiner Umge- bung (inkl. Stakeholdern bzw. Auftraggebern) und den sich ständig ändernden Umweltbedingungen anpassen. Oft erfolgen gewollte oder auch unge- wollte Veränderungen der Projektorganisations- Das Projekt als lebender Organismus und ein Vorschlag für ein Lean Project Management(LPM)-Zieldreieck (Lean) Project Management neu gedacht Autor: Martin Saier >> Für eilige Leser Ziel des vorliegenden Artikels ist, die Fragen zu beantworten: Wohin kann sich klassisches Projektmanagement weiterentwickeln? Wie und von welchen Disziplinen kann Projekt- management lernen und wie können neue unkonventionelle Cross-over- Modelle der Zukunft aussehen? Im Mittelpunkt und somit zur Diskussion stehen der Mensch und mit ihm vier neuartige (bionische) Modelle, die mit dem „lebenden Organismus Projekt“ zusammenhängen. Die bionischen Projektmodelle beschrei- ben den Projektlebenszyklus und die notwendige Sichtweise eines Projektleiters aus der Warte eines lebenden Organismus. Auf dem Weg zur höchsten Evolutionsstufe eines Projektes (Null-Fehler-Projekt) werden neue im Blick zu behaltende Ziele definiert und die Notwendig- keit der laufenden Standardisierung beschrieben.

(Lean) Project Management neu gedacht€¦ · WISSEN 61 projekt Managementaktuell | AUSGABE 4.2018 • Zeit, Kosten, Qualität (Ziele im Zentrum, umgeben von Effektivität, Rentabilität,

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projektManagementaktuell | AUSGABE 4.2018

Seit Charles Darwin (1858) [1] wissen wir, dass Tiere und Menschen sich im Laufe der Evolution weiterentwickelt (im Sinne von Lean Management würde man sagen, „sich kontinuierlich verbessert“) haben. Auch im Projektmanagement gibt es laufende Weiter-entwicklungen (KVPs – Kontinuierliche Ver-besserungsprozesse), in einer Welt, die immer schneller und komplexer wird. Heute wissen wir nicht, wohin die Reise geht. Fest steht: Die Reise geht weiter! Eines Tages werden vielleicht perfekt vernetzte Künstliche Intel-ligenzen (KIs) die Spitze der Projektmanage-mentevolution darstellen und die Rolle eines Projektleiters oder Projektmitarbeiters über-nehmen.

Um KIs zu entwickeln, versuchen Forscher unter anderem die Evolution nachzuahmen [2]. Was wäre, wenn wir solche Anregungen auch für mögliche zukünftige Weiterentwicklungen des Projektmanagements nutzen würden? Um die enorme Umgebungsdynamik der heutigen Zeit zu berücksichtigen, ist es außerdem möglich, klassische Projektmanagementmodelle um Ideen des Lean Managements [3] zu bereichern. In dem vorliegenden Artikel werden im Folgen-den neue, unkonventionelle Denkmodelle vorge-stellt, deren Denkansätze einerseits aus einer der komplexesten Industriesparten der Welt, der Automobilindustrie (Wiege des Lean Manage-ments), und andererseits aus der Bionik kom-men. Ziel ist die Schärfung der Sinne und Skills der Projektbeteiligten (des Lesers) gemäß Abra-ham Lincolns Motto: „Hätte ich acht Stunden Zeit, einen Baum zu fällen, würde ich sechs Stunden die Axt schärfen!“Die vorgestellten Modelle sind:1. Das Modell eines lebenden Projektorganis-

mus und der daraus abgeleitete bionische Projektlebenszyklus

2. Ein bionisches LPM (Lean Project Manage-ment)-Modell: der Panoramablick eines In-sekts als anzustrebende Eigenschaft des Projektleiters

3. Ein LPM-Zieldreieck4. Der Effekt der Standardisierung und die Idee

eines Null-Fehler-Projekts

1 Das lebende Projekt und der daraus abgeleitete Projekt-lebenszyklus

De Geus [4] entwarf 1997 das Modell eines „lebenden Unternehmens“. Projekte weisen ana-log dazu folgende von ihm definierte Wesenszüge auf: 1. Geburt bzw. Initiierung, 2. Zielorientierung (Gewinn), 3. Selbstbewusstsein, 4. Krankheitsan-fälligkeit, 5. Veränderbarkeit in allen Lebenspha-sen, 6. Sterblichkeit. Zu jedem Zeitpunkt in einem Projekt kann es zu Veränderungen, Krank-heiten, Stärkung, Schwächung, im Extremfall zum Tode des Projektes kommen. Statt des Begriffs „lebendes Unternehmen“ kann also im Kontext mit Projektmanagement der Ausdruck „lebender Organismus“ verwendet werden. Der lebende Projektorganismus wird im Wesentlichen gebildet aus der temporär limitierten projektor-ganisatorischen Gruppe der Auftragnehmer, die umgeben ist von der Gruppe der Stakeholder. Als Stakeholder nehmen die Auftraggeber eine gewisse Sonderstellung ein und stellen quasi die Genitoren (also „Vater und Mutter“) des lebenden Projektorganismus (ihres „Kindes“) dar. Von den Auftraggebern kommt die Projektidee (z. B. der Bau eines Hauses), die von der temporären Pro-jektorganisation im Zuge des Projekts realisiert wird. Bei Auflösung der Projektorganisation muss dem Auftraggeber das fertiggestellte Produkt (z. B. Haus) übergeben werden. Das Projekt endet und (das Produkt des Projekts) geht danach in die Betriebsphase über. Bis zum Projektende sichern die Eltern (Auftraggeber) das Überleben des Kin-des (lebenden Projektorganismus) mithilfe des Nahrungsmittels Geld et cetera. Um zu über- leben, muss sich ein Organismus seiner Umge-bung (inkl. Stakeholdern bzw. Auftraggebern) und den sich ständig ändernden Umweltbedingungen anpassen. Oft erfolgen gewollte oder auch unge-wollte Veränderungen der Projektorganisations-

Das Projekt als lebender Organismus und ein Vorschlag für ein Lean Project Management(LPM)-Zieldreieck

(Lean) Project Managementneu gedacht Autor: Martin Saier

>> Für eilige LeserZiel des vorliegenden Artikels ist, die Fragen zu beantworten: Wohin kann sich klassisches Projektmanagement weiterentwickeln? Wie und von welchen Disziplinen kann Projekt-management lernen und wie können neue unkonventionelle Cross-over-Modelle der Zukunft aussehen? Im Mittelpunkt und somit zur Diskussion stehen der Mensch und mit ihm vier neuartige (bionische) Modelle, die mit dem „lebenden Organismus Projekt“ zusammenhängen. Die bionischen Projektmodelle beschrei-ben den Projektlebenszyklus und die notwendige Sichtweise eines Projektleiters aus der Warte eines lebenden Organismus. Auf dem Weg zur höchsten Evolutionsstufe eines Projektes (Null-Fehler-Projekt) werden neue im Blick zu behaltende Ziele definiert und die Notwendig-keit der laufenden Standardisierung beschrieben.

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Ziel-erreichungs-

grad

100 %

Zeit

Fortschrittsverlangsamung

Fortschrittsbeschleunigung

Projekt-wachstums-

phase

Projekt-rückgangs-/

Regressions-phase

Vorprojekt-phase

Nachprojekt-phase

Projekt-initiierung

Projekt-abschluss

Geburt Tod

Abb. 1: Der bionische Projektlebenszyklus

strukturen sowie der beteiligten Personen, der Projektinhalte und -ziele aufgrund externer Ein-flüsse. Je länger die Dauer und je größer der Umfang von Projekten sind, desto größer ist die Summe der benötigten Mittel (Geld und Nahrung bzw. der anfallenden Kosten), potenziellen Krankheiten, Veränderungen und Gefahren, mit denen der Organismus bzw. das Projekt umge-hen muss. Zwischen Geburt und Tod des lebenden Projekt-organismus ergibt sich ein willkürlicher Verlauf von Optimierungen (grüne Kurve: Wissenszu-wachs-, Entwicklungs-, Wachstums- bzw. Pro-gressionsverlauf, Fortschrittsprogressions- bzw. Lernkurve) und Verschlechterungen (orange Kurve: Degression, Krankheit, Reife- bzw. Degressionsverlauf, (Leistungsabfalls-)Kurve), wie in Abbildung 1 zu sehen ist. Die Realität (graue Kurve) ist eine Mischform der beiden (theoretischen) Extremverläufe einer permanen-ten bzw. kontinuierlichen Verbesserung (grüne Kurve) bzw. kontinuierlichen Verschlechterung

(orange Kurve). Der Fall einer linearen gleich-bleibenden Abarbeitungsgeschwindigkeit (lila Linie) kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit nur in Prozessen, die von Maschinen ausgeführt, kaum aber in Projekten, die von Menschen durchgeführt werden, vor. Denkt man an Sätti-gungsprozesse bzw. Wachstum und Alterung bzw. Unfälle, so sind S-Kurven (blaue Linie) und auch Sprünge denkbar. Betrachtet man das Inte-gral (bzw. die Fläche) unter der jeweiligen Kurve, so erkennt man, dass die geringste Fläche (ergo Projektarbeit) unter der grünen Kurve anfällt. Diese progressiv ansteigende Kurve erfüllt hier-mit die Forderung nach kontinuierlicher Verbes-serung (KVP) gemäß dem fünften Lean-Prinzip („Strive for Perfection“). Übersetzt bedeutet das, dass der Projektorganismus wie ein Kind am Anfang lernen muss und erst mit der Zeit die volle Leistung bringen kann. Die von De Geus benannten Eigenschaften liegen normativ, das heißt die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit sichernd [5], über dem Projektlebenszyklus.

Schelle erwähnt die Wichtigkeit des engen Kon-takts zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer in Projekten [6], denn der Wechsel der Projekt-mannschaften auf Auftraggeber- und Auftrag-nehmerseite stellt eine für den Organismus gefährliche Veränderung dar. Projekte werden in solchen Situationen oft (vertraglich) neu inter-pretiert und die Sinnhaftigkeit eines Projektes diskutiert [3]. Im Extremfall bedeutet das, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer nicht mehr unterstützt bzw. „nährt“. Der Projektorganismus droht also zu verhungern. Gerade in langjährigen politischen Projekten sind derartige Effekte zu beobachten, wie das Beispiel des Flughafens Berlin Brandenburg zeigt: „Flughafen-Experte ist sich sicher: Der Flughafen Berlin Brandenburg wird eingemottet“ [7]. Wünschenswert ist daher, dass sich Auftraggeber ihrer Genitorenrolle bewusst sind und die Forderung einer engen und wohlwollenden Bindung zwischen Auftrag-geber und Auftragnehmer im Laufe eines Pro-jektes erfüllen.

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Abb. 2: Bionisches LPM-Modell: das Facettenauge eines Insekts und die anzustrebende Eigenschaft des Panoramablicks des Projektleiters

2 Das bionische LPM-Modell

Die Realität zeigt, dass Projekte (lebende Projekt-organismen) naturgemäß Lernkurven haben, für die es vom Auftraggeber kein Verständnis gibt. Die Ergebnisse können nicht so schnell geliefert werden, wie erwartet. So wird ein Projektauf-tragnehmer, Projektleiter oder Projektmitarbeiter in der Praxis schnell vom Jäger zum Gejagten. Jäger im Tierreich verfügen über Augen, die einem Taschenlampenkegel ähneln, das heißt, alles, was im Licht ist, wird gesehen, der Rest nicht. Adler erblicken beispielsweise eine Maus aus über einem Kilometer Entfernung. Diesen Blick wenden Auftraggeber an, wenn sie punk-tuell Projektinhalte stichprobenmäßig prüfen. Auch ein Projektleiter kann diesen Adlerblick hierarchisch gesehen von oben nach unten auf seine Projektmitarbeiter anwenden. Was muss er aber tun, um feindlich gesinnten Auftragge-bern Paroli bieten zu können?

Sollte ein guter Projektleiter im Detail vom Pro-jekt nichts verstehen, um den Gesamtüberblick nicht zu verlieren? Im Tierreich muss ein Rudel-führer sein gesamtes Rudel im Blick haben und darf sich nicht nur auf ein Mitglied konzentrie-ren. Ein idealer Projektleiter sollte somit alles, was in seinem Projekt passiert, parallel in Ist-Zeit erfassen und sich immer wieder die Fragen stellen:Ist das, was ich im Projekt sehe (Tätigkeit, Einsatz der Ressourcen, Mensch, Maschine, Management etc.) …1. … auf das Projektziel ausgerichtet, Kunden-

mehrwert generierend in Hinblick auf das Projektziel, vom Kunden gefordert und somit dem Pull-Prinzip folgend?

2. … Verschwendung (Muda) ohne Überlastung (Muri) oder Wechsel von Unterlast und Über-lastung (Unausgeglichenheit = Mura)?

3. … standardisiert im (One Piece) Flow im Streben nach kontinuierlicher Verbesserung?

Bezug nehmend auf die oben angeführten Lean- Kriterien prüft der ideale Projektleiter permanent in Echtzeit dem Check-Plan-Do-Zyklus folgend sein Projekt. Dabei folgt er den Standardmodel-len des Consultings gemäß der Systematik [8] von Analyse bzw. Aufklärung (Check), Planung (Plan) und Durchführung (Do), wie sie auch bei militärischen Operationen zur Anwendung kommt. Nach der idealerweise intuitiven Prüfung (Check) plant er (Korrektur-)Maßnahmen (Plan) und lässt diese schließlich durchführen bzw. führt sie selbst durch („Do“). Ein solcher Projekt-leiter wäre also, wie im Industrie-4.0-Konzept gefordert, mit allem, was mit dem Projekt zu tun hat, in Realtime vernetzt und könnte daraus fol-gend schnell und agil projektbedrohliche Situa-tionen abwenden. Ein Blick in die Bionik zeigt, dass die erfolg-reichste Spezies unserer Erde, die Gruppe der Insekten, teilweise über halbrunde Facettenau-gen verfügt. Mit diesem Panoramablick können

ManpowerMindset & Motivation

Raum Zeit

Maschine

Messung &Maturity

Module & Standards

Qualität

Management & Mediation

Quantität

Material

Mitwelt/ Milieu

Maintenance (nach Projektende)

Methode

Facettenauge(Lean-Brille des

Menschen)

Geld (Money),(Stakeholder- )Zufriedenheit &

Akzeptanzder Auftraggeber

2. Muda (Waste), Muri (Overburden), Mura (Unevenness)?

1. Projektziele (Moving Targets), Kundenmehrwert (Value Stream) und Pull (im Kundentakt)?

3. Standardisierung (Module), (One Piece) Flow und kontinuierliche Verbesserung?

Lean Prinzipien im Sehnerv

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Gejagte auch von hinten nahende Feinde sofort erkennen und damit ihr Überleben sichern. Das bionische Modell des Facettenauges eines Insekts visualisiert das Streben des Menschen nach Perfektion (5. Lean-Prinzip), denn das Facettenauge eines Insekts bzw. diese Lean- Brille kann mit einem Rundumblick von 360° gleichzeitig mehr sehen als das menschliche Auge (Abb. 2). In dem Modell fungiert der Seh-nerv als Filter für die Berücksichtigung der oben genannten Lean-Prinzipien. Er gibt Informationen darüber, ob das Prinzip erfüllt ist oder nicht, fast unbewusst weiter, während sich das Projekt unter (mit den Insektenfühlern) messbarer Qua-lität und Quantität im Raum-Zeit-Kontinuum aus-prägt. Betrachtet man das bionische Modell genauer, so erkennt man, dass darin die Kompo-nenten des klassischen Projektzieldreiecks (Zeit,

Qualität, Kosten) in abgewandelter Form einge-bettet sind. Statt der Kosten (= quantifizierter Werteverzehr im Zuge der Leistungserbringung) wird Geld als Nahrung für den lebenden Projekt-organismus verwendet. Die eingehende Be-schäftigung mit diesen Komponenten führt zu einer Weiterentwicklung des klassischen Ziel-dreiecks im Sinne von Lean Management, die im nächsten Kapitel beschrieben ist.

3 Vorstellung eines neuen Projekt-management-Zieldreiecks im Sinne von Lean & Agile Manage-ment

Es ist seit Langem Standard, dass ein Erreichen der drei klassischen Ziele (Qualität, Zeit, Kosten) aus dem Projektzieldreieck nicht zwingend aus-

reicht, um von einem erfolgreichen Projekt zu sprechen [9]. Betrachtet man die Entwicklung des Projektmanagement-Zieldreiecks, so fällt auf, dass die ursprünglichen Dimensionen (Zeit, Qualität, Kosten) in vielen Büchern unterschied-lich bezeichnet werden und sich weiterentwi-ckelt haben. Je nach Autor zieren unterschiedli-che Bezeichnungen die Ecken des Dreiecks: • Projektdauer (Zeit), Projektkosten (Ressour-

cen), Projektziele (Qualität) [10]; • Terminziel, Sachziel, Kostenziel [11]; • Zeit, Kosten, Leistung (Qualität), (Ressourcen

im Zentrum, gute Kundenbeziehungen als Kreis rund um das Dreieck) [12];

• Zeit, Kosten, Leistung (umgeben von Kunden-zufriedenheit) [13];

• Zeit, Kosten, Inhalt und Umfang (Qualität) [14];

Abb. 3: Das LPM-Sandglas

Quantität

Speed (ehem. Zeit)

Muri

Muda

Qualität

Mensch

Moving Targets

Mura

Zeit Qualität

Kosten

People

Schedule Quality

Cost Kosten Quantität

Dauer Qualität

Money(ehem. Kosten)

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• Zeit, Kosten, Qualität (Ziele im Zentrum, umgeben von Effektivität, Rentabilität, Pro-duktivität) [15].

Wie sieht nun eine Erweiterung des Projektma-nagementdreiecks im Sinne von Bionik, Lean & Agile Management aus? Ersetzt man die klassische Komponente Zeit durch den Arbeitsfortschritt (bzw. den „zurückge-legten Weg eines Projektes“) pro Zeiteinheit, lässt sich die ursprüngliche Zeitkomponente durch einen Geschwindigkeitsvektor ersetzen und führt zur LPM-Vektortheorie.Gemäß dieser Theorie müssen die Geschwindig-keitsvektoren eines Projektes (5. Lean-Prinzip: KVP) bis zum wirtschaftlich optimalen Ausmaß kontinuierlich an Geschwindigkeit zunehmen und die richtige Zielrichtung aufweisen. Das bedeutet eine konstante Verbesserung der Effizienz (= die

Dinge richtig tun) und der Effektivität (= die rich-tigen Dinge tun). Sonnenberg [16] bezeichnet Lean Development als den Versuch, Entwicklungen effektiv und effizient zu gestalten. Die gleichzeitige Verfolgung von Effektivität und Effizienz ist auch im Projektma-nagement allgemein akzeptiert [9] und nicht neu. Der weiterführende Vergleich von Projekten mit Unternehmen führt zum Begriff der organisationa-len Ambidexterität1) oder Ambidextrie (aus dem Lateinischen ambo = beide und dextra = rechts) und Weiteres zur Gleichsetzung von Exploration mit Effektivität und Effizienz mit Exploitation. Ambidexterität bedeutet dabei „rechtshändig“ oder „beidhändig“ und bezeichnet die Fähigkeit des lebenden Projektorganismus, parallel Neues zu erkunden (= Exploration im Sinne von Aus-wahl und Entwicklung der richtigen Dinge bzw.

Tätigkeiten) und Bestehendes inkrementell wei-terzuentwickeln (= Exploitation im Sinne von Optimierung der richtigen Dinge bzw. Tätigkeiten in einem Projekt). Daraus abgeleitet ergibt sich die Forderung nach Parallelisierung von nicht zwingend sequenziell aufeinander folgenden Arbeitspaketen mit unterschiedlichen Ressour-cen (Chinesenprinzip).Im Projektmanagement stand und steht der Mensch schon lange im Mittelpunkt, wie es die Arbeiten von Bruce Baker (1979) [17], McFarlan [18] aus dem Jahre 1981 und das darauf auf-

Abb. 4: Das (Lean & Agil)-Project-Management-Zieldreieck

Met

hod

ManagementMediationMitwelt

MilieuMessungMaturity

Maintenance

Muri

Muda

Mura

Moving Targets

Totale Vernetzung

(Industrie 4.0)

Maschine

Material

Quantität

Geld (Kosten)

durch(Stake-holder-)Auftrag-

geber-Zufrie-den-heit

Geschwindigkeit (Zeit)

Qualität

1) Eine Möglichkeit der Gleichsetzung der Begriffe Exploration und Exploitation (Ambidextrie) mit Effizi-enz und Effektivität wurde von Dr. Wolfgang Marko (Autor der Dissertation „Innovationsfähigkeit und organisationale Ambidextrie“) bestätigt.

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bauende Buch „The Human Side of Project Management“ von Ruth Sizemore House (1988) [19], belegen [20]. 1992 stellten Kliem und Ludin in „The People Side of Project Manage-ment“ den Menschen in das Zentrum des Project- Management-Zieldreiecks [21]. Die zentrale Stel-lung des Menschen manifestierte sich letztend-lich durch die Einfügung des Zieles „Stakehol-derzufriedenheit“ als Oberziel im Zentrum des Zieldreiecks von Projekten [22].Sneed erweiterte das goldene Projektmanage-ment-Zieldreieck um die vierte Dimension der Quantität und veränderte das Dreieck zum Teu-felsquadrat [23, 24]. In der Verknüpfung mit Lean Management (One Piece Flow) scheint eine Aufnahme der Dimension „Quantität“ ins Ziel-dreieck sinnvoll. In der aus der Automobilindustrie und von Toyota stammenden Lean-Philosophie steht der Mensch ebenfalls im Mittelpunkt. Setzt man nun den lebenden Projektorganismus (Mensch, Projekt-auftragnehmer) als treibende Kraft eines Projek-tes in das Zentrum dieses Quadrats und erhöht dessen Stellung, so erhält man eine Pyramide. Bei der Erreichung der Projektziele (Moving, pho-netisch: „Muving“, Targets) kann es zu Unausge-glichenheit (Mura), Überbelastung (Muri) und

Verschwendung (Muda) kommen, die es zu ver-meiden gilt. Spiegelt man diese 4 „Mus“ an der Pyramidenspitze zum Teufelsquadrat, so erhält man das LPM-Sandglas.Weitere wichtige Lean-Faktoren sind in einer auf Tihamer Vendeg [25] zurückgehenden Grafik, dem sogenannten Lean Rad, visualisiert: Jedes Projekt ist eingebettet in eine (Projekt-)Organisa-tion und eine das Projekt umgebende Kultur, die Fehler als Ansatz zu Optimierung und nicht als Makel erkennt und somit eine Fehlerkultur zulässt. Ein idealer Führungsstil inkludiert Selbst-steuerung und Selbstmanagement im Mentor-Mentee-Ansatz, ist vergleichbar mit dem Meis-ter-Geselle-Modell im Mittelalter oder den Meister-Schüler-Modellen in den Ausbildungen östlicher Kampfsportarten (z. B. der Shaolin-Mönche) und gewährleistet, dass zuerst in die Mitarbeiter investiert wird und erst danach ein ausgereiftes Produkt geschaffen wird. Modul-strategien im Lean-Rad stehen letztlich für Pro-zess- und Produktbausteine, die durch Econo-mies of Scale kostengünstige Produkte auf den Markt bringen. Das Vorgehen im Lean & Agil-Projektmanagement bedeutet im Vergleich zu klassischen Ansätzen also auch immer einen kulturellen Mindchange in der Organisation. Füh-

rung, Selbststeuerung und Selbstentwicklung erfolgen im Sinne von laufender Verbesserung mit dem immerwährenden Ziel „to strive for Per-fection“. Ebenso spielen duale, also ambidex-tere Strukturen, Verhaltenskontext, Team und Management zusätzliche wichtige Rollen.Die Fähigkeiten (Skills) der Mitarbeiter zu entwi-ckeln ist zentral bei Toyota verankert. Für Morgan und Liker sind somit drei am Toyota-Dreieck visualisierte Faktoren für den Entwicklungserfolg Toyotas ausschlaggebend [26]: 1. Skills beziehungsweise Fähigkeiten der Mitar-

beiter (Mensch), 2. (Standard-)Prozesse sowie 3. Tools und Technologien. Nach Trapp und Warschat stellt dieser Ansatz die derzeit umfassendste Methodik im Lean Project Development dar [27] und kann so auf das Lean & Agil-Projektmanagement angewendet werden.Legt man die oben genannten Modelle überein-ander, so entsteht eine Weiterentwicklung des klassischen Projektmanagement-Zieldreiecks unter Lean-Kriterien, die eine mehr oder minder logisch zwingende Kombination gängiger Einzel-konzepte der Unternehmungsführung als Anstoß für neue Sichtweisen im Projektmanagement darstellt [9]. In diesem Modell steht der lebende

Abb. 5:

Prinzip der Standardisierung

(Keil = neuer Standard,

„Com“ steht für „Command“

oder weniger militant ausgedrückt

„Communicate Plan“)

Plan

Do

MacroC

om

Check

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Projektorganismus im Zentrum. Die im LPM-Sandglas beschriebenen Elemente bilden sich nun in Armen und Beinen des vitruvianischen Menschen2) ab. Der lebende Organismus steht dabei auf den Standbeinen der Projektqualität, der im Projektumfang gewünschten Quantität (One Piece Flow), der Umsetzungsgeschwindig-keit und dem Standbein Geld, das durch die Akzeptanz und Zufriedenheit des Auftraggebers zustande kommt und sein Überleben sichert. In der Umsetzung gilt es, Moving Targets, Muda, Muri und Mura einzudämmen und idealerweise zu eliminieren. Die Forderung nach paralleler Erfassung aller Projektumfeldausschnitte wurde bereits im Modell des Panoramablicks des Projektleiters postuliert und gilt hier für den gesamten Projekt-organismus. Die Realität bringt es mit sich, dass die gleichzeitige Erfassung aller im Modell dar-gestellten Parameter nicht möglich ist, weshalb das Modell als eine Abwandlung von Rubik’s Cube verstanden werden kann.

Bei diesem Modell kann jedes einzelne Element zum Mittelpunkts des Modells (Mensch) verdreht, gesondert im Detail betrachtet und in Folge sequenziell statt optimalerweise parallel mit den anderen Elementen optimiert werden.

4 Der Effekt der Standardisierung und der Leitstern eines Null-Fehler-Projekts

Die Optimierung wird untermauert durch Wissen und Erfahrungen aus der Standardisierung [28], die durch eine Modulstrategie unterstützt wird. Über die Modularisierung erfolgt dabei sowohl die Standardisierung einzelner Produkt- und Prozessbausteine als auch die Standardisierung des gesamten Projekts, der zu erzeugenden Pro-dukte und der zu erbringenden Gesamtdienst-leistungen. Ein Beispiel für eine derartige Stan-dardisierung im Projektmanagement liefert die Automobilindustrie, in der sich der sogenannte Produktentwicklungsprozess (PEP) als Standard-modul für Automobilentwicklungen etabliert hat. Der PEP beschreibt auf Basis des Wissens aus vergangenen Automobilentwicklungsprojekten den Prozess, wie Automobile von der Idee bis zur Serienreife gebracht werden. Er wird laufend weiterentwickelt und optimiert. Das entspricht dem 5. Lean-Prinzip der kontinuierlichen Ver-

besserung. Neue Projekte werden nach dem Vorbild des Master-PEPs maßgeschneidert und die Erkenntnisse, Erfahrungen (Lessons Lear-ned) und Optimierungsmöglichkeiten nach Be-endigung eines konkreten Projektes wieder in eine neue und optimierte Version des Master-PEPs rückgeführt. Diese Standards erlauben der Organisation, wie gut trainierte Feuerwehrmän-ner und -frauen schnell und lean zu agieren. Abbildung 5 veranschaulicht den Prozess der Standardisierung (bzw. der immer höheren Ent-wicklung), in der der Keil den neuen Standard auf höherer (optimierter) Ebene darstellt.Spinnt man die Idee der laufenden Optimierung über die Standardisierung weiter, so kommt man zu dem Leitbild eines Null-Fehler-Projekts (NFP). Am Ende der Evolution im Projektmanagement steht eine ideale Abwicklung von Projekten (lean & agile), die sich durch Prozesse auszeichnet, deren Aktivitäten nach dem ersten Lean-Prinzip Kundenmehrwert generierend exakt auf das Ziel gerichtet sind und analog dem 5. Lean-Prinzip des KVP sich laufend verbessern (grüne Pfeile, Abb. 6). In der Praxis (bspw. durch ein Projektvorgehen ohne Standards) kann der Projektorganismus, im Gegensatz zum idealen „Do it First Time Right“- Ansatz, jedoch irren, weshalb es zu Schwankun-gen und Abweichungen von der Ideallinie kom-

2) Der vitruvianische Mensch ist eine von Leonardo Da Vinci im Jahre 1490 skizzierte Darstellung des Men-schen nach den vom antiken Architekten und Inge-nieur Vitruv(ius) formulierten und idealisierten Pro-portionen. Marcus Vitruvius Pollio (80–15 v. Chr.) stellt, wie vom Autor hergeleitet [8], eine historische Wurzel des PDCA- bzw. CPD-Zyklus dar.

Abb. 6: Prinzip der LPM-Vektortheorie und der Leitstern eines Null-Fehler-Projekts (NFP)

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projektManagementaktuell | AUSGABE 4.2018

men kann (blaue Linien). Mithilfe der „Check- Plan-Do“-Logik gelingt es, Fehler und Rich-tungsabweichungen zu erkennen und zu korri-gieren, Standards unterstützen dabei. Die Forderung nach Standardisierung in Projek-ten rüttelt dabei an den Grundfesten des Pro-jektmanagements, denn Projekte sind per defi-nitionem einzigartig. Dem ist entgegenzuhalten, dass Häuser, Autos, Züge, Raumfähren millio-nen- bis x-fach gebaut werden und sich nur in Details, Umgebungen, Konzepten und Destinati-onen (bei Mobilien) unterscheiden. Vergleichbar dazu ist, dass es Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen gibt, jeder Mensch für sich betrachtet jedoch ein einzigartiges Individuum (Projekt) darstellt. (Projekt-)Standards stellen also die Basis des Wissens über die Gemein-samkeiten dar. Mit diesem Wissen können indi-viduelle Krankheiten bekämpft und einzelne Leben (Projekte) gerettet oder verbessert wer-den. Das Wissen sollte entsprechend Industrie 4.0 in einer idealen Welt auf firmenübergreifen-den, weltweit vernetzten, für alle frei zugängli-chen Datenbanken liegen, auf Basis derer sich kontinuierlich verbessende Projektstandards (z. B. ein weltweiter Automobilstandard PEP etc.) ab-leiten. Standardisierungen können auch auf organisa-torischer Ebene im Sinne von: „Never change a winning team!“ erfolgen. (Spezial-)Wissen wird dabei im Rahmen von Schwarmintelligenzen in temporären Projektorganisationen gebunden. Auf Basis der organisatorischen und techni-schen Standardisierung und Vernetzung würden in Verbindung mit den Datenbanken aus (leben-den) Projektorganismen und temporären Pro-jektteams immer höher entwickelte Spezies entstehen. Die Spitze der Evolution bzw. Stan-dardisierung könnten hier wieder Künstliche Intelligenzen (KIs) darstellen, die Projekte schnellstmöglich und fehlerfrei realisieren. Hier schließt sich nun der Kreis zum am Anfang des Artikels erwähnten lebenden Unternehmen von De Geus und zur Evolutionstheorie von Charles Darwin.

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Schlagwörterbionisches Lean-Project-Management-Modell, bionischer Projektlebenszyklus, Check-Plan- Do(CPD)-Zyklus, Lean Management, Lean Pro-ject Management (LPM), Lean-Projectmanage-ment-Sandglas, Null-Fehler-Projekt (NFP), Standardisierung

Kompetenzelemente der ICB 4.03.04 Ablauf und Termine, 3.06 Qualität, 3.10 Planung und Steuerung

AutorMartin Christopher Saier (geb. 1973) studierte Wirtschaftsingenieur-wesen Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Projektmanagement (Prof. Gerold Patzak) an der TU Graz und an der

TU Wien. Beruflich konnte er fast 20 Jahre Erfahrung im Bereich der Automobil-, Flug-zeug-, Railways-, Motorrad-, Papier- und Zulie-fer- Industrie in verschiedenen Ländern (Öster-reich, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Katar, China, Polen, Slowenien, Slowa-kei) sammeln. Derzeit schreibt er seine Disser-tation im Bereich des „Lean Project Manage-ment“ an der TU Graz (Prof. Stefan Vorbach). Sein wissenschaftliches Paper „Going back to the roots of W. A. Shewhart (and further) & Int-roduction of a new CPD Cycle“ ist 2017 im „International Journal of Managing Projects in Business“ erschienen (www.emeraldinsight.com/doi/abs/10.1108/IJMPB-11-2015-0111).Anschrift: Sankt Peter Hauptstraße 35 a, 8042 Graz, Österreich, E-Mail: [email protected]